Kitabı oku: «Perry Rhodan Neo Paket 2: Expedition Wega», sayfa 7

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10.

25. Juli 2036

Thora da Zoltral

Was mache ich hier eigentlich?

Thora stützte sich mit beiden Händen gegen die strukturvariable Wand, die sie und ihre menschlichen Begleiter vom Hangar trennten. Sie vibrierte in unregelmäßigem schnellem Rhythmus. Die Menschen mussten die Wand mit ihren Projektilwaffen traktieren.

Ihr war schwarz vor Augen. Dagor war eine mächtige Waffe. Sie setzte unvermutete, außerordentliche Kräfte in jedem frei, der die Disziplin in mühevoller, jahrelanger Arbeit erlernt hatte – doch Dagor verlangte auch außerordentliche Kräfte. Kräfte, die Körper und Geist nur kurz aufzubringen vermochten. Und nur zu einem hohen Preis.

Thora zitterte. Sie lehnte ihr ganzes Gewicht gegen die Wand, stützte sich mit der Stirn ab. Die Wand war fest und weich zugleich, warm, als wäre sie ein lebendiges Wesen. Das Gefühl war ihr vertraut seit ihrer Kindheit. Ein Stück Heimat fern von der Heimat.

Falls sie noch eine besaß.

Vor einem Monat noch hätte sie die Frage bejaht, wenn auch zögerlich.

Vor einem Monat war sie die Kommandantin der AETRON gewesen. Auf einer Forschungsmission, deren Tragweite alles in den Schatten gestellt hatte, was Arkoniden seit Jahrhunderten gewagt hatten. Es war ein zähes Ringen gewesen, die Expedition Wirklichkeit werden zu lassen. Ein Kampf gegen Gleichgültigkeit, Bequemlichkeit und Gewohnheit, der sie oft hatte verzweifeln lassen. Aber schließlich war es gelungen, und sie und Crest hatten Arkon hinter sich gelassen. Die Heimat, der Inbegriff dessen, was ein gutes Leben ausmachte, und die längst zu einer Fessel geworden war.

Doch Thora war nicht geflohen. Sie hatte Arkon hinter sich gelassen auf der Suche nach Hoffnung. Für Arkon, für Crest, dessen Lebenszeit sich unerbittlich dem Ende zuneigte, und schließlich für sich selbst. Sie hatten die Welt des ewigen Lebens gesucht, eine oft belächelte und gleichzeitig nicht zu erstickende Legende. Crest, ihr Ziehvater, ein Gelehrter von einem Format, wie es Arkon in seiner langen Geschichte noch nicht gesehen hatte, glaubte daran, dass diese Welt existierte. Und Thora glaubte an Crest.

Und nun? Die AETRON war von Wilden vernichtet. In blinder Furcht, weil nicht sein konnte, was nicht sein durfte. Sie und Crest waren die einzigen Überlebenden, waren unter diesen Wilden, den Menschen, gestrandet. Und sosehr sich Thora auch bemühte, sie kam immer wieder zum Schluss, dass es Crest selbst gewesen war, der dieser Katastrophe den Weg geebnet hatte. Es war Crest gewesen, der Kontakt zu den Menschen aufgenommen hatte, wider alle Regeln, wider jede Vernunft, und sie erst auf die AETRON aufmerksam gemacht hatte.

Thora hatte sich dem Irrsinn entgegengestemmt, mit aller Kraft.

Sie war gescheitert.

Sie hätte niedergeschlagen sein sollen, von rasender Wut erfüllt. Sie hätte dieser würdelosen Existenz längst ein Ende mit Würde setzen sollen. Sie hatte es nicht getan. Aus Furcht vor dem, was nach dem Tod kommen mochte? Aus Furcht, dass nichts nach dem Tod kam? Weil ihr die Ironie, auf der Suche nach dem ewigen Leben das eigene Leben zu nehmen, unerträglicher anmutete als ihre Verzweiflung?

Alle diese Antworten trafen zu, aber sie blieben weit hinter der Erkenntnis zurück, dass ein ganz anderes Gefühl sie bestimmte. Ein Gefühl, das Thora so fremd war, dass sie Tage gebraucht hatte, es zu verstehen.

Thora fühlte Zufriedenheit.

Sie hatte alles verloren, was ihr Leben ausmachte.

Sie war frei, zum ersten Mal in ihrem Leben.

Und passte sie nicht auf, war sie bald tot.

»Thora! Kommen Sie bitte!«

Es war Perry Rhodan. Der Mensch, der ihr Crest genommen hatte – und ihn ihr zurückgegeben hatte. Geheilt und um Jahre verjüngt. Rhodan beugte sich über John Marshall. Der Mensch, der Gedanken las, lag am Boden.

»Was ist mit ihm?« Thora kniete neben dem Bewusstlosen nieder. Ihre eigene, momentane Schwäche war vergessen. Sie mochte John Marshall. Er war ein stiller, unauffälliger Mann, der von vielen seiner Artgenossen unter der Hand als Spinner bezeichnet wurde, weil er ein Leben in Luxus weggeworfen und seinen Reichtum an andere verschenkt hatte. Aber Marshall war nicht verrückt. Er hatte sich lediglich befreit.

»Überhitzung. Dehydration.«

»Das ist unmöglich. John hat getrunken, unmittelbar bevor wir den Helikopter verlassen haben. Ich habe es gesehen.« Und Thora hatte sich gewundert. Marshall hatte eine Flasche Wasser in einem Zug geleert.

Rhodan legte eine Hand auf die Stirn des Bewusstlosen, zog sie wieder zurück. »Das hat er. Aber es hat nicht gereicht.«

»Das glaube ich nicht. Sie führen eine raue Existenz auf Ihrem Planeten. Menschen können nicht derart empfindlich sein!«

»Gewöhnliche Menschen nicht. Aber John ist kein gewöhnlicher Mensch. Er hat laufend die Gedanken des Generals gelesen, mir souffliert. Seine Gabe erfordert enorme Energien. Der Körper kann sie kurzzeitig bereitstellen, aber erzeugt dabei eine enorme Hitze …«

»… die er versucht, durch Schweiß abzuleiten.«

»Genau.«

Thora musterte den Menschen, der vor ihr lag, fühlte sich plötzlich mit ihm verbunden. War John Marshalls Gabe nicht wie Dagor? Einen kurzen Augenblick lang wuchs man über sich hinaus – aber nur um einen Preis.

»John muss trinken«, sagte Rhodan. »Wo gibt es hier Wasser?«

Eine schlichte Bitte. Aber beinahe unmöglich zu erfüllen. Die TOSOMA IX war in der Hand der amerikanischen Armee. Überall waren Soldaten, die nur darauf warteten, dass sie sich zeigten. Sie …

John Marshall regte sich. Er stöhnte, schlug die Augen auf. Sie glänzten, wirkten größer als sonst. Oder erweckte es nur den Anschein, weil das Gesicht des Menschen eingefallen war?

»S… Sid! Was ist mit Sid? Und Anne?«

»Sie sind in Sicherheit, John.« Rhodan drückte den Oberkörper des Telepathen sanft wieder auf den Boden.

»Woher wissen Sie das? Die Soldaten …«

»Sid hat die Explosion einer Atombombe überlebt. Der Junge weiß nach sich zu sehen. Er wird mit Anne und Mercant teleportiert sein.«

John Marshall schwieg und verarbeitete, was Rhodan gesagt hatte. Dann flüsterte er rau: »Ich habe Durst!«

»Natürlich. Wir finden Wasser für Sie, John. Thora kümmert sich darum. Nicht wahr, Thora?« Rhodan sah auf, blickte Thora mit diesem Blick an, der sie vom ersten Moment an unruhig gemacht hatte. Als hätte sie Furcht, vor diesem Mann zu bestehen.

Unsinn!

Wasser. Natürlich. Aber unmöglich. Zuerst …

Sie tastete nach der Hand des Telepathen, fand und hielt sie. »John?«

»Ja?«

»Ich habe eine Bitte an Sie: Können Sie den Durst noch etwas aushalten?« Thora ignorierte Rhodan, der scharf Atem holte.

»I… ich glaube schon«, antwortete Marshall. Er vertraute ihr. »Wieso?«

»Weil es zu gefährlich wäre. Die amerikanischen Soldaten warten nur darauf, dass wir uns sehen lassen. Und wir sind ja schließlich hier, um uns dieses Schiff zu holen, nicht?«

»Was haben Sie vor, Thora?«, ging Rhodan dazwischen, bevor Marshall etwas sagen konnte.

»Der aktivierte Energieschirm belegt zwei Dinge«, sagte Thora und wunderte sich dabei, mit welcher Mühelosigkeit sie Rhodans Blick standhielt. Dieses Schiff war ein Stück Heimat. Hier kannte sie sich aus. »Erstens: Das Schiff ist in dem Zustand, den wir uns erhofft haben. Es ist zumindest teilweise funktionstüchtig. Das bedeutet, dass die Autoreparatur-Routinen greifen. Und zweitens: Den amerikanischen Soldaten ist es gelungen, zumindest teilweise die Bedienung des Schiffs zu erlernen. Das bedeutet für uns: Wir müssen ihnen die Herrschaft über das Schiff abnehmen, wollen wir überleben.«

»Wie wollen Sie das anstellen? De Sotos Leute sind klar in der Übermacht.«

»Ja. Aber sie sind hier fremd. Das hier ist ein Kriegsschiff der arkonidischen Flotte. Ausgelegt auf maximale Autonomie. Dazu, monate-, oft jahrelang ohne Kontakt zum Mutterschiff oder zu einem Stützpunkt zu operieren.«

»Das ist gut zu wissen. Und was hilft uns das?«

Thora ignorierte den Sarkasmus Rhodans. Er gab ihr nur zurück, was sie ihm mehr als einmal verabreicht hatte. »Die Erfahrung hat die Flotte des Imperiums schon vor langer Zeit gelehrt, dass ihre Schiffe nicht nur von außen bedroht sind«, fuhr sie fort. »Bei planetaren Aufenthalten droht die Gefahr, dass ein Schiff gestürmt oder infiltriert wird. Auf langen Missionen kommt es erfahrungsgemäß immer wieder zu Meutereien. Das natürliche Ziel von Angreifern ist die Schiffszentrale. Wem die Zentrale gehört, dem gehört das Schiff.«

»In unserem Fall de Soto. Wie wollen Sie ihn und seine Leute aus der Zentrale vertreiben?« Rhodan hatte eine Hand unter den Hinterkopf Marshalls geschoben, stützte den Gedankenleser. Marshall hatte die Augen geschlossen. War er noch bei Bewusstsein?

»Gar nicht«, entgegnete Thora. »Das wäre aussichtslos. Wir ignorieren de Soto und die Zentrale. An Bord jedes arkonidischen Kriegsschiffs existiert eine zweite, versteckte Zentrale. Sie ist übergeordnet.«

»Das heißt, die eigentliche Zentrale wird nutzlos?«

»So ist es.«

Rhodan nickte langsam. »Wo ist diese Notzentrale?«

»Ihr Standort ist nur dem Schiffskommandanten bekannt. Ich weiß es nicht.«

»Sie wissen es nicht? Aber wie …«

»Ich habe meine Vermutungen.«

»Und die sind?«

»Ich denke, die Notzentrale muss sich in der Nähe der eigentlichen Zentrale befinden.«

»Wie kommen Sie darauf?«

»Der grundsätzliche Aufbau eines arkonidischen Kriegsschiffs. Er hat sich in den letzten Jahrtausenden nicht verändert. Jedes Schiff hat eine innere Kugel. Dort, im geschützten Zentrum, sind die Zentrale, die überlebenswichtigen technischen Einrichtungen, die Mannschaftsquartiere. Darum legt sich eine Kugelschale, in der sich das Transitionstriebwerk befindet. Es nimmt den Großteil des Schiffsvolumens ein. Eine weitere, äußere Kugelschale reicht bis zum gepanzerten Rumpf. Dort sind die Hangars, die Schutzschirmgeneratoren, die Bewaffnung und nicht überlebenswichtige Einrichtungen.«

»Wir sind in dieser äußeren Kugelschale«, stellte Rhodan fest. »Wie gelangen wir unbemerkt in den inneren Bereich?«

»Ich muss Sie korrigieren. Wir sind an der äußeren Kugelschale. Der Raum, in dem wir uns befinden, ist ein positronisch toter Raum. Der Bordrechner kennt ihn nicht. Also kennen ihn auch Eroberer oder Meuterer nicht.«

Rhodan überlegte. »Angenommen, wir finden diese Notzentrale. Wie gelangen wir hinein?«

Er hatte den wunden Punkt getroffen. »Sie vergessen, ich war die Kommandantin der TOSOMA IX. Ich habe das Schiff von der Venus zur Erde gebracht. Die Notzentrale wird sich mir öffnen.« Es war eine Hoffnung, mehr nicht, aber Thora wollte vor dem Menschen nicht eingestehen, dass sie sich ihrer Sache nicht sicher war. Rico, der sich im Nachhinein als Roboter entpuppt hatte, hatte das Schiff geführt.

»Also gut, versuchen wir es!«, sagte Rhodan. Er wandte sich an den am Boden Liegenden. »John, können Sie aufstehen?«

»Ich glaube, ja«, sagte der Gedankenleser leise.

»John kann hier auf uns warten«, wandte Thora ein. »Gelingt es uns, die Notzentrale zu erreichen, ist er gerettet.« Und sie kämen schneller voran. Marshall wäre auf dem Weg eine Bürde.

»Nein. Was, wenn die Soldaten einen Weg finden, sich durch diese Wand zu arbeiten? John wäre verloren. Wir nehmen ihn mit!«

Thora widersprach nicht, auch wenn Rhodans Ansinnen allem widersprach, was man sie auf der Raumakademie gelehrt hatte. Arkon war weit weg – und sie mochte diesen Menschen John Marshall. Sie wollte, dass er lebte.

Sie kamen nur langsam voran.

John Marshall gab sein Bestes, aber der Gedankenleser war erschöpft, dem Zusammenbruch nahe. Dazu war ihr Weg schwierig, stellenweise unmöglich. Er führte durch enge, gewundene Röhren, gerade groß genug, um einen Menschen oder Arkoniden passieren zu lassen. Stellenweise führten Sprossen nach oben. Eine verborgene Welt in der Welt des Schiffes. Eine Welt, frei von technischen Gerätschaften, deren Streustrahlung sie hätte verraten können.

»Wie weit noch?«, fragte Rhodan, als sie einen Knotenpunkt erreichten. Drei Röhren zweigten von hier ab.

»Einige Minuten«, log Thora. Sie hoffte, dass die Notzentrale tatsächlich in dem Bereich lag, den sie genannt hatte. Mehr nicht. Ihre Selbstsicherheit gegenüber den Menschen war gespielt. Sie deutete auf die mittlere der Röhren, die steil anstieg. »Hier entlang!«

Ihre Worte gingen in metallischem Schlagen unter. Es schien von überall herzukommen. Als würden Hunderte von Hämmern gleichzeitig auf das Schiff einschlagen. Der Boden vibrierte.

»Was ist das?«, fragte sie.

»Vermutlich Gewehrkolben«, antwortete Rhodan.

»Sie meinen, die Soldaten dreschen mit ihren Waffen auf das Schiff ein? Wozu?«

»Psychologische Kriegführung. De Soto lässt eine Treibjagd auf uns veranstalten. Er hofft, uns aufzuscheuchen.«

»Treibjagd? Was ist das?«

Rhodan erklärte es ihr.

»Ich verstehe den Sinn nicht.« Das Hämmern machte es schwer, sich zu konzentrieren. »Wo ist das spielerische Element? Die Beute hat keine Chance.«

»Eben.«

Sie sah sich suchend um. »Der Begriff ist nicht passend. Wir sind kein Wild. Die Soldaten können uns hier nichts antun.«

»Ich hoffe es«, sagte Rhodan.

Sie setzten ihren Weg fort. Der Schacht führte zur Kugelschale des Transitionstriebwerks. Ein Steg überquerte den Raum, der im Halbdunkel lag. Seine Maße waren exakt bestimmt, und dennoch vermochte Thora das Gefühl von einer endlosen Weite nicht abzuschütteln. Das Hämmern der Soldaten schien hier wie aus weiter Ferne zu kommen.

Der Steg endete an einem weiteren Knoten. Unvermittelt brach das Hämmern wieder über sie her. Es war lauter als je zuvor, als bearbeiteten die Soldaten die angrenzenden Wände.

»Wohin?«, fragte Rhodan, der John Marshall unter den Schultern gepackt hatte. Er ließ den Gedankenleser sanft auf den Boden gleiten.

Vier Röhren standen zur Auswahl. Thora hatte keine Ahnung, welche sie wählen sollte. Die Arkonidin musterte die unverkleideten Wände auf der Suche nach einem Hinweis. Es musste einen geben. Ein Kommandant in einer Notsituation würde wie sie sich an irgendeiner Stelle in das Geflecht der Röhren retten. Von dort musste er seinen Weg finden. So rasch wie möglich. Also musste es …

Ein Licht flammte in einer der Röhren auf. Es flackerte wie die Flamme einer Kerze.

Thora versteifte sich.

»Was ist?«, fragte Rhodan.

»Dort!« Sie zeigte auf das flackernde Licht.

»Was ist dort?«

»Das Licht natürlich!« Sie musste beinahe schreien, um das Hämmern zu übertönen.

»Ich sehe kein Licht. John?« Rhodan wandte sich an den Gedankenleser. Marshall kniff die Lider zusammen, sah in die angegebene Richtung und schüttelte den Kopf.

Spielten ihre Sinne unter dem Druck verrückt? Thora schloss die Augen, öffnete sie wieder. Das Licht war noch da, schien sogar an Helligkeit gewonnen zu haben. Sie ging auf das Licht zu, um es sich genauer zu beschauen – und das Licht bewegte sich weg von ihr, in die Röhre. Was hatte das zu bed…?

Thora schlug sich mit der flachen Hand gegen den Kopf, als sie plötzlich verstand. Das Licht war das Zeichen, das sie gesucht hatte! Ein Zeichen, das nur sie sehen konnte.

»Die zweite Röhre von rechts!«, sagte sie laut. »Kommen Sie!«

Die Röhre stieg schräg an. Der Winkel wurde steiler, bis die Röhre senkrecht nach oben reichte. John Marshall war in diesem Abschnitt auf sich allein gestellt. Die Röhre war zu eng, als dass Rhodan oder sie selbst dem Gedankenleser hätten helfen können.

Keuchend ließ sich Marshall fallen, als sie wieder ebenen Boden erreichten. Thora ging neben ihm in die Knie. Das Vibrieren des Bodens übertrug sich auf den ganzen Körper. »John?« Sie beugte sich über ihn. »Wir sind gleich da. Halten Sie durch, ja? Wir …«

Sie brach ab, als das Hämmern aussetzte. Die plötzliche Stille fühlte sich wie eine Bedrohung an.

»Was ist los?« Sie sprach unwillkürlich leise. »Haben die Soldaten aufgegeben?«

»Das bezweifle ich.« Rhodan drehte sich langsam auf dem Absatz. »De Soto hat keinen Grund dazu. Wir können ihm nicht weglaufen.«

John Marshall regte sich. Sein Kopf ruckte hoch. »Sie … sie sprengen!«

Rhodan warf sich herum, prallte mit voller Wucht gegen Thora. Sie kam hart auf dem Boden auf. »Was fällt Ihnen ein?«, brüllte sie. »Sie …«

Eine Explosion schnitt ihr das Wort ab. Der Boden bäumte sich unter ihr auf, heiße Luft strich über sie, wollte sie davonzerren.

Im nächsten Moment packte sie jemand an der Schulter. Rhodan. »Thora!«, brüllte er. »Dieses Licht! Sehen Sie es noch?«

Es war noch da. Die Explosion hatte es nicht zum Erlöschen bringen können. »Ja!«, brachte sie hervor und zeigte in den Gang, der sich zu ihrer Rechten öffnete.

»Schnell!« Rhodan riss an ihrer Schulter. Sie kam auf die Beine. Rhodan bückte sich, half Marshall auf. Thora stolperte los. Hinter ihr hörte sie laute Stimmen. Menschenstimmen. Die Soldaten! Sie würden sie fangen und dann …

»Stehen bleiben!«, hallte ein Befehl durch die Röhre.

Thora rannte schneller, folgte dem Licht. Ihrer Hoffnung.

»Stehen bleiben, oder wir schießen!«

Das Licht bewegte sich schneller – und verschwand in der Wand.

Einen Augenblick lang war Thora wie gelähmt, dann erkannte sie, was geschah. Ihre Rettung. Sie rannte auf die Wand zu. Eine verborgene Tür öffnete sich für sie, gewährte ihr Einlass. Mit einem Sprung war sie durch. Sie kam auf, wirbelte herum und sah Rhodan und Marshall, die durch die Röhre torkelten.

Hinter ihnen strömten Soldaten in den Gang.

»Stehen bleiben!«

Der vorderste der Soldaten hob das Gewehr, zielte und drückte ab. Einige Schüsse schlugen über den Köpfen Rhodans und Marshalls ein, prallten an dem Stahl ab und heulten als Querschläger durch die Röhre.

Dann waren die beiden Menschen heran. Die verborgene Tür schloss sich hinter ihnen, schützte sie vor dem Kugelhagel, der ihnen folgte.

Die Notzentrale erwies sich als kleiner, kahler Raum, gerade groß genug für Thora und die beiden Menschen.

»Das ist sie?«, fragte Rhodan. »Sie sind sich sicher?« Er führte John Marshall, der sich auf seine Schultern stützte an die Wand, löste sanft den Griff. Der Gedankenleser sank an der Wand hinab, blieb gegen sie gelehnt sitzen. Er war bleich, das Weiß seiner Augen hatte einen gelben Stich angenommen.

»Ja, natürlich.« Thora bemühte sich, ihre Enttäuschung zu verbergen. Der Raum war staubig. Es stank nach Schimmel. Ein mechanisch im Boden verankerter Sessel war die einzige Einrichtung, die zu sehen war. Immerhin, sie waren vor den Soldaten sicher. Die Notzentrale war gepanzert.

»Gibt es hier Wasser für John?« Rhodan drehte sich langsam auf dem Absatz.

»Ich hoffe es.« Thora glitt in den Sessel. Ein holografisches Menü entstand automatisch vor ihr, bildete eine aus sich selbst heraus leuchtende Sichel. Sie berührte es. Aus der nackten Wand zu ihrer Rechten löste sich ein Nahrungs- und Wasserdispenser heraus. Es musste Rhodan wie pure Magie anmuten. Der Mensch ging mit der Selbstverständlichkeit auf den Dispenser zu, als handele es sich um einen ihm vertrauten Wasserhahn, formte mit beiden Händen eine Schale und hielt sie unter die Öffnung.

Der Wasserstrom blieb aus.

Thora wischte über das Holo-Menü, rief eine Anzeige auf. »Der Tank ist leer. John muss noch etwas durchhalten.«

Die Arkonidin wandte den Kopf ab, damit Rhodan nicht die Tränen in ihren Augen sah. Der leere Tank traf sie. Arkonidische Technik, die versagte. Es war diese märchenhafte Technologie, auf der ihr Anspruch der Überlegenheit beruhte – und es war dieselbe Technologie, von der ihr Überleben abhing.

Thora machte eine Geste. Ein zweites Holo entstand. Es schwebte in Kopfhöhe und mutete wie ein Fenster an. Es blickte auf die Zentrale des Schiffs. Sie war voller Menschen. Soldaten in Uniformen, Dutzende Männer und Frauen in Overalls. Techniker, Wissenschaftler, Spezialisten. Menschen, denen es gelungen war, diesem Schiff, das jenseits ihrer Vorstellungskraft lag, zumindest in Teilen ihren Willen aufzuzwingen – der Energieschirm, der nach wie vor aktiviert war, belegte es.

In der Mitte der Zentrale stand de Soto. Der wuchtige General war über ein primitives irdisches Computer-Tablet gebeugt, las eine Nachricht oder einen Bericht in einer Seelenruhe, als hätte er nicht rätselhafte Eindringlinge an Bord. Er erinnerte Thora an ihren Onkel Charron da Gonozal. Der unerschütterliche Charron hatte die Expedition der AETRON erst möglich gemacht, gegen den ausdrücklichen Willen des Regenten. Thora fragte sich, was aus ihm geworden war. Der Regent vergaß nie eine Niederlage. Charron würde für sein Vorgehen bezahlen, früher oder später. Wenn er es nicht bereits getan hatte.

»De Soto hat die Ruhe weg.« Rhodan war neben sie getreten. »Kein Wunder. Er weiß, dass er nur warten muss. Der Schirm verhindert, dass wir Hilfe von außen bekommen. Und hier im Schiff hat er eine erdrückende Übermacht …«

»Ja. Aber de Soto ahnt nichts von der Notzentrale.«

»Dabei soll es auch bleiben. Vorerst. In welchem Zustand ist das Schiff? Ist es startbereit?«

Thora schob das Holo beiseite, ging durch die Statusmeldungen des Schiffs. Es sah übel aus. Einen Augenblick fühlte sie sich in ihre Jugend zurückversetzt, an die Akademie auf Arkon. Die Ausbilder hatten einen geradezu sadistischen Hang besessen, die Kadetten mit unmöglich zu bewältigenden Simulationen zu konfrontieren. Zumindest waren sich die Kadetten, von denen nur jeder zehnte zur Flotte zugelassen wurde, darin einig gewesen. Jetzt erkannte Thora, dass sie sich geirrt hatten: Die Ausbilder hatten lediglich die Realität abgebildet. Ihre Härte war tatsächlich Güte gewesen.

»Was ist, Thora?«, drängte Rhodan. »Sieht es so schlimm aus?«

Thora gab sich einen Ruck. »Es sieht zumindest nicht gut aus. Vier der 16 Impulstriebwerke sind ausgefallen, drei weitere erbringen nur noch zwischen 21 und 46 Prozent der Soll-Leistung. Einer der beiden Fusionsreaktoren ist einsatzbereit, der zweite wird es in voraussichtlich vierzehn Stunden sein, prognostiziert die Autoreparatur-Routine. Die Andruckabsorber und der Antigrav in ungefähr siebzehn Stunden.«

»Die Andruckabsorber – das sind die Geräte, die die g-Beschleunigung neutralisieren?«

»Ja. Jedes arkonidische Raumschiff ist mit ihnen ausgestattet. Ohne Andruckabsorber könnten wir nur einen Bruchteil der Triebwerksleistung ausnutzen.«

»Bis nach Terrania kommen wir ohne sie aus«, sagte Rhodan.

»Ich denke, ja.« Thora rief weitere Statusmeldungen auf. »Aber der Ausfall des Antigravs ist gravierender. Ohne Antigrav ist die TOSOMA IX nur über die Impulstriebwerke in der Luft zu halten. Die Serie von Explosionen, die Iwan Goratschin ausgelöst hat, hat die Masseverteilung des Schiffs verändert. Dazu kommen die ausgefallenen und angeschlagenen Impulstriebwerke.«

»Ihre Positroniken sollten das spielend ausgleichen. Die Bordcomputer der STARDUST …«

»Wir haben keine Positronik zur Verfügung.«

»Was?«

»Die Explosionen haben Teile der Positronik und der Redundanzrechner zerstört. Was übrig war, hat sich nach dem Absturz selbst blockiert, um dem Gegner keine Informationen in die Hand fallen zu lassen. De Sotos Leute waren klug genug, die Positronik bisher nicht anzufassen. Sonst hätte sie sich selbst vernichtet.«

Rhodan musterte sie skeptisch. »Und das Schiff selbst. Etwas zu drastisch, wenn Sie mich fragen.«

»Nein«, widersprach Thora. »Die einzige Möglichkeit. Es ist das Erste, was Kadetten auf Arkon lernen. Keine Daten an den Gegner. Insbesondere nicht die Position der eigenen Welten und Stützpunkte. Andernfalls beschwört man unvorstellbare Gefahren herauf.«

»Ich werde es mir merken. Aber Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet: Können Sie das Schiff in die Luft bringen oder nicht?«

»Ich kann es. Aber was wäre damit gewonnen? De Soto und seine Leute sind wir damit nicht los.«

»Doch. Im Augenblick sind wir in der Unterzahl. Landen wir erst in Terrania, sind sie es.«

Natürlich. So offensichtlich. Und eigentlich hätte sie selbst darauf kommen sollen. Meist ist der Umweg der kürzeste Weg!, hatten ihnen die Ausbilder immer wieder eingebläut.

»Langsam verstehe ich, wie Sie es geschafft haben, Crest auf Ihre Seite zu ziehen …«, sagte Thora.

»Sie irren sich«, antwortete Rhodan. »Wir standen niemals auf verschiedenen Seiten.«

Thora sagte nichts. Sie rief die Steuerung auf. Mehrere Holos entstanden, gespeist von den im Rumpf integrierten Außenkameras. Viel war nicht zu sehen. Der Schirm lag eng um das Schiff wie eine Hülle, die man über den Rumpf gestülpt hatte. Mehrere der Stege fehlten, sie mussten im Schirm verpufft sein. Doch die Außenwände der Grube hielten.

Rhodan bemerkte ihren skeptischen Blick. »Die Wände werden abrutschen, sobald die Triebwerke einsetzen.«

»Wahrscheinlich.«

»Lose Erde und Geröll werden in den Schirm rutschen. Kann er eine solche Masse absorbieren?«

»Ja. Aber wir werden keinen Schirm haben. Ich benötige die Kraftwerksleistung für die Triebwerke.«

»Der Rumpf hält die Belastung aus?«

»Spielend.« Der Sessel war mit Gurten ausgestattet. Primitive Technologie, aber passgenau für verzweifelte Situationen wie diese. Thora legte die Gurte an. »Setzen Sie sich zu John und halten Sie ihn fest. Ich kann für nichts garantieren.«

Sie schaltete den Schirm ab. Über das Holo sah sie, wie in die Menschen der Zentrale Unruhe kam.

Thora gab vorsichtig Schub, einen Bruchteil der Leistung, die die Impulstriebwerke aufbrachten. Ein Test, um zu sehen, wie die Triebwerke auf echte Belastung reagierten. Nummer 13, bislang als funktionstüchtig aufgeführt, reagierte nicht.

Das Schiff erbebte. Ein ohrenbetäubend lautes Schrammen erfüllte den Raum. Es durchdrang alle Räume des Schiffs, wusste Thora. Ein Prasseln gesellte sich dazu, als Teile der Grubenwände ins Rutschen kamen und Steine und Geröll gegen den Rumpf knallten.

Thora erhöhte die Leistung. Quälend langsam wie eine der primitiven Raketen der Menschen löste sich das Schiff vom Boden. Die einstürzenden Wände rieben und kratzten am Rumpf, dann kam das Schiff frei. Die Außenkameras fingen das Flusstal ein, das im hellen Licht der Nachmittagssonne lag. Die verkohlten Ruinen von Fort Sunrise stachen heraus, daneben der Landeplatz, in seiner Mitte das ausgebrannte Wrack eines Hubschraubers.

De Soto hatte nicht gezögert. Thora hatte es nicht anders erwartet. Sie hätte an seiner Stelle nicht anders gehandelt. Doch sie zweifelte nicht daran, dass Sid ihre Gefährten in Sicherheit gebracht hatte. Mercant war ein Gespür zu eigen, mit dem er vielleicht sogar in der Schlangengrube des Regentenhofs hätte bestehen können.

Geschützläufe schwenkten herum, richteten sich auf das Schiff. Soldaten warfen sich auf den feuchten Boden, zielten mit ihren Gewehren. Sie feuerten nicht. Erkannten die Menschen, dass sie nichts gegen das Schiff ausrichten konnten? Oder folgten sie dem Befehl de Sotos, der zu klug war, um seine Grenzen nicht zu kennen?

Thora erhöhte den Schub. Der Beschleunigungsdruck presste sie in den Sessel. Das Schiff gewann an Höhe, und Thora nahm Kurs nach Osten, Richtung Atlantik. Das Dröhnen der Triebwerke flachte ab, als das Schiff die Schallmauer durchstieß. Thora beschleunigte weiter.

Sie hatten es geschafft!

Thora sah zu Marshall. Der Telepath hatte die Augen wieder geöffnet. »Halten Sie durch, John! Bald sind wir in Terran…«

Ein brutaler Schlag schnitt ihr das Wort ab.

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11 kasım 2024
Hacim:
1515 s. 10 illüstrasyon
ISBN:
9783845333847
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