Kitabı oku: «Europarecht», sayfa 34

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3. Nationale Europol-Stellen

812

Die Organisation von Europol wird komplettiert durch die nationalen Europol-Stellen. Gem. Art. 7 Europol-VO hat jeder Mitgliedstaat eine nationale Stelle zu errichten oder zu benennen, die als Verbindungsstelle zwischen Europol und den zuständigen nationalen Behörden dient. Damit wird eine schnellere Kommunikation ermöglicht und eine Konfusion mit nationalen Zuständigkeitsgeflechten verhindert. Die nationalen Europol-Stellen stehen unter alleiniger Organisations- und Personalhoheit des jeweiligen Mitgliedstaats, der dabei aber die Vorgaben der Europol-VO einzuhalten hat. In Deutschland ist gem. § 1 Europol-Gesetz das BKA die nationale Europol-Stelle i.S.v. Art. 7 Europol-VO.

813

Wesentliche Aufgabe der nationalen Europol-Stellen ist der Informationsaustausch mit Europol nach Maßgabe der Europol-VO. Die Merkmale der übermittlungspflichtigen Informationen sind dabei jedoch recht weit und offen formuliert: umfasst sind alle „für die Verwirklichung der Ziele von Europol notwendigen Informationen – einschließlich der Informationen über Kriminalitätsformen, deren Verhütung oder Bekämpfung von der Union als vorrangig angesehen wird“ (Art. 7 Abs. 6 Buchst. a Europol-VO). Dies bedeutet eine erhebliche Ausweitung des Datenaustauschs gegenüber den Erfordernissen, die zuvor der Europol-Beschl. aufgestellt hatte. Ausnahmen sind nur gestattet, soweit grundlegende Interessen der Mitgliedstaaten betroffen sind, laufende Ermittlungen oder die Sicherheit einer Person beeinträchtigt wären oder es sich um Informationen über nachrichtendienstliche Tätigkeiten im Bereich der nationalen Sicherheit handelt (Art. 7 Abs. 7 Europol-VO).

E › Europol (Björn Schiffbauer) › V. Kontrolle und Rechtsschutz

V. Kontrolle und Rechtsschutz

1. Kontrolle

814

Europol wird de iure auf unterschiedliche Weise beaufsichtigt. Zunächst unterliegt sie der parlamentarischen Kontrolle sowohl des → Europäischen Parlaments als auch der Parlamente der Mitgliedstaaten, Art. 88 Abs. 2 UAbs. 2 AEUV, Art. 51 f. Europol-VO. Basis dafür ist ein gemeinsamer parlamentarischer Kontrollausschuss, der die Tätigkeiten Europols bei der Erfüllung ihres Auftrags – einschließlich hinsichtlich der Auswirkungen dieser Tätigkeiten auf die Grundrechte und Grundfreiheiten natürlicher Personen – überwacht. Dazu werden dem Ausschuss die notwendigen Daten und Dokumente überlassen, zudem sind ihm gewisse Zugangsrechte zum Datenbestand von Europol eingeräumt.

815

Eine spezielle datenschutzrechtliche Kontrolle wird in dreifacher Hinsicht gewährleistet, nämlich erstens durch einen eigenen Europol-Datenschutzbeauftragten (Art. 41 Europol-VO), der die interne Befolgung der einschlägigen Rechtsvorschriften unabhängig überwacht. Zweitens wird die nationale Kontrollbehörde (Art. 42 Europol-VO) in die Pflicht genommen, die in Deutschland der Bundesdatenschutzbeauftragte ist, § 5 Abs. 1 Europol-Gesetz. Drittens ist auch der Europäische Datenschutzbeauftragte (dazu auch → Datenschutz, Europäischer) zur Kontrolle und Sicherstellung der Anwendung der Europol-VO verpflichtet, Art. 43 Europol-VO.

816

Schließlich ist eine finanzielle Kontrolle durch den Europäischen Rechnungshof, Art. 285 ff. AEUV, gewährleistet. Diese ist näher ausgestaltet in Art. 60 Europol-VO.

2. Rechtsschutz

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Dem möglichen Rechtsschutz gegen die unzulässige Verarbeitung personenbezogener Daten ist ein Beschwerdeverfahren beim Europäischen Datenschutzbeauftragten vorgeschaltet, Art. 47 Europol-VO. Dieser prüft eingegangene Beschwerden und trifft hierzu eine Entscheidung. Diese können sodann auf dem Klageweg vor dem → Europäischen Gerichtshof (EuGH) angefochten werden, Art. 48 Europol-VO.

818

Unabhängig davon hat jede Person gem. Art. 50 Europol-VO die Möglichkeit, wegen Verletzung personenbezogener Daten Schadensersatz gegen Europol geltend zu machen. Eine entsprechende Klage kann sowohl beim EuGH als auch vor nationalen Gerichten erhoben werden.

819

Darüber hinaus bestehen weitere Klagemöglichkeiten des Europäischen Datenschutzbeauftragten (Art. 43 Abs. 3 Buchst. h Europol-VO) sowie des Europäischen Bürgerbeauftragten (Art. 65 Abs. 2 Europol-VO).

E › Europäische Atomgemeinschaft (EAG) (Ulrich Vosgerau)

Europäische Atomgemeinschaft (EAG) (Ulrich Vosgerau)

I.Begriff820

II.Geschichte der EAG821 – 824

III.Aufgaben und Arbeitsweise der EAG825 – 831

1.Grundprobleme der Nutzung der Kernenergie in Europa826

2.Regelungsgegenstände des EAG-Vertrags827, 828

3.Besonderheiten des Kernenergierechts nach dem EAG-Vertrag829 – 831

IV.Ausblick832, 833

Lit.:

J. Grunwald, Das Energierecht der Europäischen Gemeinschaften, 2003; A. Johnston/G. Block, EU Energy Law, 2012; W. Loth, Der Weg nach Europa, 3. Aufl. 1996; ders., Vor 40 Jahren: Die Verhandlungen über die Römischen Verträge, Integration 20 (1997), 1; K. Papenkort, Der Euratom-Vertrag im Lichte des Vertrags über eine Verfassung für Europa, 2008; W.-G. Schärf, Europäisches Atomrecht, 2. Aufl. 2012; W. Schroeder, Der Euratom-Vertrag, JA 1995, 728; K. Schwabe, Jean Monnet, 2016.

E › Europäische Atomgemeinschaft (EAG) (Ulrich Vosgerau) › I. Begriff

I. Begriff

820

Die Europäische Atomgemeinschaft wurde am 25.3.1957 mit Wirkung zum 1.1.1958 durch die Römischen Verträge (→ Europäische Union: Geschichte) durch die Bundesrepublik Deutschland, Frankreich, die Benelux-Staaten und Italien begründet. Es handelt sich bei ihr um eine eigenständige supranationale Organisation (→ Supranationalität; → Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl [EGKS]), die heute eigenständig neben der EU fortbesteht, sich mit dieser jedoch die Organe teilt. Sie bildet daher (nach dem Auslaufen der Westeuropäischen Union [WEU], eines militärischen Beistandspakts, im Jahre 2011) gegenwärtig die letzte Europäische Gemeinschaft neben der EU, mit deren Strukturen sie jedoch institutionell vollkommen verklammert bleibt. Die Gründe für die Fortsetzung dieser formalrechtlichen Eigenständigkeit einer Europäischen Gemeinschaft über den Vertrag von Lissabon (2009) hinaus – der ja eigentlich die Europäischen Gemeinschaften hatte auflösen und deren Sachzuständigkeiten restlos in die nunmehr als Rechtssubjekt verselbständigte EU hätte einbringen sollen – lag in der zunehmend unterschiedlichen Einstellung der Mitgliedstaaten zur zivilen Nutzung der Atomenergie. Die EAG (CEEA, Communauté européenne de l’énergie atomique, bzw. EAEC, European Atomic Energy Community) wird oft auch synonym als Euratom oder EURATOM abgekürzt, was immerhin den Vorteil hätte, dass diese Abkürzung auch im englischen wie französischen Sprachraum verstanden wird. Auch findet sich diese Abkürzung im EAG-Vertrag (vgl. Präambel und Art. 1 und 2). Die im Internet ubiquitär anzutreffende Behauptung, die Abkürzung Euratom ersetze mittlerweile die Abkürzung EAG, ist aber unzutreffend. Ihre Mitglieder sind – bis auf weiteres, da ein Austritt möglich wäre (str.) – mit den Mitgliedstaaten der EU identisch, außerdem ist die Schweiz seit 2014 assoziiertes Mitglied. Nach h.M. soll aus Art. 106a Abs. 1 EAGV i.V.m. Art. 49 EUV folgen, dass ein Beitritt zur EU stets auch den Beitritt zur EAG mitenthalte; überzeugend ist dies kaum.

E › Europäische Atomgemeinschaft (EAG) (Ulrich Vosgerau) › II. Geschichte der EAG

II. Geschichte der EAG

821

Die Gründung der EAG wurde von den Benelux-Staaten auf der EGKS-Außenministerkonferenz in Messina (auf Sizilien) Anfang Juni 1955 angeregt. Die Weiterentwicklung der zivilen Nutzung der Kernenergie schien wegen deren technischer Komplexität wie Kapitalintensität die Kräfte der einzelnen Mitgliedstaaten zu übersteigen; um (zivile) Atommächte zu werden und zu bleiben, mussten die Mitgliedstaaten in der Nachkriegszeit Real- wie Humankapital konzertieren. Diese Erwägungen überwanden schließlich auch anfängliche Widerstände in Frankreich, das grundsätzlich die gesamte Kernenergienutzung, militärisch wie zivil, lieber weiter als nationale Angelegenheit behandelt hätte, jedoch durch die Suez-Krise (Oktober/November 1956) vor Augen geführt bekam, keine Großmacht mehr zu sein.

822

Die Suez-Krise hatte überdies große Sorgen um die Sicherheit der Energieversorgung und die Abhängigkeit des Westens von Ölquellen im Nahen Osten geweckt. Auch hatte v.a. Jean Monnet (→ Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl [EGKS]; → Europäische Union: Geschichte) bereits seit längerem für eine europäische Atomgemeinschaft geworben (wohingegen er der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, dem eigentlichen späteren Integrationsmotor der EU, zunächst einige Skepsis entgegenbrachte). Frankreich setzte – entgegen der Intention Monnets, dem eigentlich ein mit der EAG-Gründung verbundener Verzicht aller Mitglieder auf Atomwaffen vorgeschwebt hatte – seine Hoffnungen nicht zuletzt auch deswegen auf die Integration der Atomenergie, weil Frankreich einerseits unabhängig von den USA eigene Atomwaffen entwickeln und andererseits die seit Aufhebung des Besatzungsstatuts nunmehr erlaubte deutsche Kerntechnikentwicklung unbedingt unter Kontrolle behalten wollte. In Deutschland wollte man in Atomfragen hingegen zunächst mit den technisch viel weiter fortgeschrittenen US-Amerikanern und Briten zusammenarbeiten, da allzu deutlich wurde, dass die EAG recht einseitig dem französischen Interesse, ebenfalls zur Atommacht aufzusteigen, dienen sollte. Dieser Erwägung trat aber wiederum der Wille entgegen, die nach dem sog. EVG-Schock, d.h. dem Scheitern der geplanten Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (→ Europäische Union: Geschichte), befürchtete Lähmung des Integrationsprozesses durch neue Einigungsprojekte zu überwinden, die auf geringere Widerstände stoßen würden. Zudem bestand damals die fast allseitige Überzeugung, dass die Kernenergie die Energiequelle der Zukunft sei, deren Erschließung eine beispiellose technisch-industrielle Revolution und ungeahnten Massenwohlstand nach sich ziehen würde.

823

Deutschland und die Benelux-Staaten strebten jedoch nach wie vor eine Wirtschaftsgemeinschaft an und speziell Deutschland machte die Einführung einer Atomgemeinschaft von der gleichzeitigen Gründung auch einer weitergehenden Wirtschaftsgemeinschaft abhängig. Entscheidend für die französische Zustimmung war dann die Zusicherung Adenauers im November 1956 gegenüber den Franzosen, dass die EAG sich nicht auf den militärischen Bereich erstrecken würde, obwohl sie das Eigentum an den besonderen spaltbaren Stoffen innehaben müsse (weil dies wiederum Voraussetzung für die Unterstützung des Ausbaus der europäischen Kernenergie durch die USA war, was die Franzosen klarer gesehen hatten als zunächst Adenauer). Nach diversen weiteren Verhandlungen auf drei Außenministerkonferenzen und einer Konferenz der Staats- und Regierungschefs konnte die EAG schließlich als eine der drei Europäischen Gemeinschaften (→ Europäische Union: Geschichte) durch die Römischen Verträge vom 25.3.1957 ins Leben gerufen werden und trat am 1.1.1958 in Kraft.

824

Der EAG-Vertrag wurde seither wiederholt der sich wandelnden Primärvertragslage angepasst, jedoch in der Sache kaum verändert. Seit dem Reaktorunglück von Tschernobyl 1986 erweiterte sich die Tätigkeit der EAG allerdings auch auf die Vorsorge für radiologische Notstandssituationen; sie setzt seither, gestützt auf Art. 30 EAGV, als sog. Grundnormen für den Gesundheitsschutz im Verordnungswege zulässige Höchstwerte an Radioaktivität in Futter- und Nahrungsmitteln fest. In der heutigen Zeit bildet der Schutz von Umwelt und Gesundheit vor radioaktiver Strahlung (und nicht mehr die Förderung der Kernforschung) eindeutig den Schwerpunkt der Aktivitäten der EAG.

E › Europäische Atomgemeinschaft (EAG) (Ulrich Vosgerau) › III. Aufgaben und Arbeitsweise der EAG

III. Aufgaben und Arbeitsweise der EAG

825

Die EAG besitzt Rechtspersönlichkeit und ist in allen Mitgliedstaaten rechts- und geschäftsfähig; seit 1967 wird sie (infolge des EG-Fusionsvertrags von 1965, vorbereitet durch das Fusionsabkommen von 1957) von der Kommission vertreten, seit dem Vertrag von Lissabon kann man dies als Organleihe verstehen (da die Kommission seither „eigentlich“ das Organ einer einzigen anderen Rechtspersönlichkeit ist, nämlich der EU). Aufgabe der EAG ist es ausweislich von Art. 1 EAGV, „durch die Schaffung der für die schnelle Bildung und Entwicklung von Kernindustrien erforderlichen Voraussetzungen zur Hebung der Lebenshaltung in den Mitgliedstaaten und zur Entwicklung der Beziehungen mit den anderen Ländern beizutragen“.

1. Grundprobleme der Nutzung der Kernenergie in Europa

826

Der EAG-Vertrag schreibt den Mitgliedstaaten nicht eine bestimmte Kernenergiepolitik vor, insbesondere nicht, Kernkraftwerke zu betreiben oder zu fördern, sondern regelt die Bedingungen der Kernenergienutzung, wo sie politisch gewünscht wird. Daher können auch Staaten Mitglied sein, in denen die Nutzung der Kernenergie innerstaatlich verboten ist, wie herkömmlich etwa Österreich oder perspektivisch wohl auch Deutschland. Wegen der unterschiedlichen politischen Haltung der Mitgliedstaaten kommt es allerdings immer wieder zu Streitigkeiten über die Sicherheit grenznah betriebener Atomkraftwerke, so v.a. zwischen Österreich und seinen Nachbarländern Tschechien, der Slowakei und Slowenien, aber auch zwischen Deutschland und Belgien um das umstrittene Kernkraftwerk Tihange (bei Aachen). Dass zahlreiche französische Kernkraftwerke auffällig grenznah und v.a. im „Westwindgürtel“ positioniert sind, wodurch bei einem Störfall nuklearer Fallout einigermaßen vorhersehbar nach Deutschland verweht würde, war hingegen, soweit erkennbar, nie Gegenstand regierungsamtlicher Vorhaltungen von deutscher Seite.

2. Regelungsgegenstände des EAG-Vertrags

827

Der EAG-Vertrag regelt die Förderung und Koordination der Forschung und Ausbildung auf dem Gebiet der Kerntechnik, die Verbreitung und Mitteilung nukleartechnischer Kenntnisse, den Schutz der Gesundheit der Bevölkerung, die Koordination von Investitionen auf dem Gebiet der Nuklearforschung, deren „abgestimmte Entwicklung“ erleichtert werden soll, die Errichtung gemeinsamer Unternehmen, die für die Entwicklung der Kernindustrie in der Gemeinschaft von ausschlaggebender Bedeutung sind, die Versorgung mit kerntechnischen Grundstoffen („Erzen, Ausgangsstoffen und besonderen spaltbaren Stoffen“), wofür die gemeinsame, unter Aufsicht der Kommission stehende Euratom-Versorgungsagentur (l’Agence d’approvisionnement d’Euratom; Euratom Supply Agency, ESA [nicht zu verwechseln mit der weitaus bekannteren European Space Agency, ebenfalls ESA]) mit Sitz in Luxemburg gegründet wird. Weiterhin geregelt sind die Überwachung der Sicherheit, das Eigentum an Kernbrennstoffen (s.u. Rn. 830), der Gemeinsame Markt auf dem Gebiet der Nukleartechnik und die Außenbeziehungen der EAG einschließlich der Genehmigungsbedürftigkeit kerntechnischer Verträge der Mitgliedstaaten mit einem dritten Staat, einer Internationalen Organisation oder einem Angehörigen eines dritten Staates durch die Kommission.

828

Speziell die Kompetenz der EAG zum Erlass von sog. Grundnormen zum Gesundheitsschutz (s. o. Rn. 824) auch im Verordnungswege wurde ursprünglich seitens des → Europäischen Parlaments (mit Verweis auf den Wortlaut des Art. 33 EAGV) in Abrede gestellt, wird aber mittlerweile schon aus pragmatischen Gründen (Notwendigkeit des unverzüglichen und unmittelbaren Einschreitens gegen neu erkannte Gefahren im Strahlenschutz) allseits akzeptiert. Die Mitgliedstaaten sind ihrerseits berechtigt, den Strahlenschutz jeweils noch zu erhöhen.

3. Besonderheiten des Kernenergierechts nach dem EAG-Vertrag

829

Der EAG-Vertrag sieht im Vergleich zum EU-Vertrag oder auch AEU-Vertrag eine viel geringere Bedeutung des Europäischen Parlaments bei der Normsetzung vor. Ein echtes Mitentscheidungsverfahren gibt es hier nicht, sondern nur eine Anhörung des Europäischen Parlaments (Art. 31 EAGV). Dies wird teils kritisiert, teils aber auch damit begründet, dass der Bereich der Kerntechnik aufgrund seiner hohen sicherheitspolitischen wie militärischen Bedeutung ein besonderes Maß an Vertraulichkeit erfordert, was einer ständigen parlamentarischen Behandlung kerntechnischer Einzelfragen entgegenstehe.

830

Nach Art. 86 EAGV (der insofern dem Vorbild einer älteren, in den USA bestehenden Regelung folgt) stehen alle „besonderen spaltbaren Stoffe“ i. S. v. Art. 197 Nr. 1 EAGV, d.h. Plutonium 239, Uran 233 oder sonstige mit Uran 233 oder 235 angereicherte Uranisotope, im Eigentum der EAG; dies bedeutet in praktischer Hinsicht, dass diese Stoffe ohne Zustimmung der EAG nicht privatisierungsfähig, nicht pfändbar (str.) und nicht vollstreckungsfähig sein sollen. Dabei ist freilich im Auge zu behalten, dass dieses „Eigentum“ als ein „im Gemeinschaftsrecht einmaliger Typus des öffentlichen Sachenrechts“ (Jürgen Grunwald) quasi als ein „lediglich rechtliches Eigentum“ (Wolf-Georg Schärf) zur Erleichterung der allgemeinen und umfassenden Atomaufsicht zu denken ist, wohingegen das wirtschaftliche Eigentum sehr wohl bei den Verwendern und Betreibern der kerntechnischen Anlagen verbleibt (sog. Bucheigentum). Ansonsten bleibt die Eigentumsordnung der Mitgliedstaaten unberührt (Art. 91 EAGV).

831

Da der EAG-Vertrag jedoch nur die friedliche Nutzung der Atomenergie zum Gegenstand hat (früher teils bestr.), erstreckt sich diese Regelung nicht auf die durch das Vereinigte Königreich wie auch Frankreich militärisch genutzten spaltbaren Stoffe, sei es als spaltbares Material in atomaren Gefechtsköpfen wie auch als Kernbrennstoff für Kriegsschiffe, d.h. vor allem U-Boote. Kernbrennstoffe werden derzeit, soweit bekannt, nur von drei Wirtschaftsunternehmen geliefert, nämlich Areva (Frankreich), TVEL (Russland) und Westinghouse (USA, von Toshiba/Japan übernommen). Innerhalb der EAG wird der Handel mit Kernbrennstoffen gem. Art. 65 Abs. 1, Art. 60 EAGV über die Euratom-Versorgungsagentur (s. o. Rn. 827) abgewickelt. Diese Abwicklung ist jedoch formalrechtlicher Natur und dient Kontrollzwecken; in der Sache beschaffen sich die Kernenergiebetreiber die Kernbrennstoffe selbst bei ihren Anbietern, d.h. die Versorgungsagentur übt ihr (Allein-)Bezugsrecht (das immer schon Ausnahmen kannte) nicht mehr aus. Hintergrund dessen ist letztlich, dass entgegen den Erwartungen bei Schaffung der EAG heute kein Mangel oder Unterangebot an Kernbrennstoffen besteht.

E › Europäische Atomgemeinschaft (EAG) (Ulrich Vosgerau) › IV. Ausblick

IV. Ausblick

832

In der EU gab es 2016 insgesamt 131 Kernkraftwerke in 14 Mitgliedstaaten. Mittlerweile stehen v.a. Deutschland, aber auch Österreich, Italien, Irland und Luxemburg der Atomkraft grundsätzlich ablehnend gegenüber. Diese Haltung ist aber jedenfalls im Weltmaßstab eher untypisch. So sollen nach Angaben der World Nuclear Association (die die Interessen der Kernkraftbetreiber vertritt) derzeit 58 Reaktoren im Bau sein, davon allein 22 in China, sieben in Russland, fünf in Indien, vier in den USA wie auch in den Vereinigten Arabischen Emiraten (von Südkorea gebaut) sowie drei in Südkorea selbst sowie zwei in Japan (wo sie möglicherweise durch die Klagen lokaler Bürgerinitiativen noch gestoppt werden). In der EU bauen derzeit Finnland und Frankreich jeweils ein Atomkraftwerk, die Slowakei zwei; Spanien strebt Laufzeitverlängerungen für bestehende Atomkraftwerke an, in Schweden sollen die dort in Betrieb befindlichen, meist schon älteren neun Reaktoren nunmehr nach und nach durch bis zu zehn neue ersetzt werden (der dort geraume Zeit geplante Ausstieg aus der Kernenergie wurde jedenfalls vorerst wieder aufgegeben). Konkret geplant werden nach derzeitigem Stand sechs neue Kernkraftwerke in Polen, jeweils zwei in Tschechien, Ungarn und Rumänien, jeweils eins in Finnland und Bulgarien und vier in Großbritannien.

833

Die bisherige Abhängigkeit vieler EU-Mitgliedstaaten von Energieimporten bleibt vielfach Anlass zur Sorge. Die EU-Kommission plant derzeit, die zivile Nutzung der Atomenergie – und zwar zur Verringerung der Abhängigkeit von Russland beim Erdgas und zur Erreichung der Klimaschutzziele – u.a. durch die Förderung der Entwicklung sog. Mini-Reaktoren (deren erster etwa 2030 in Betrieb genommen werden soll) stark zu fördern. In solchen kleinen und mobilen Flüssigsalzreaktoren (insbesondere in Gestalt des vergleichsweise risikoarmen Thoriumreaktors) wie auch in einer kommenden Generation vollkommen unterirdisch angelegter Kernkraftwerke erblicken jedenfalls kernkraftfreundliche Experten heute die mögliche weitere Zukunft der Atomenergie.

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