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2 Die Geschichte der Enzyklopädie
Mit dem ersten Grundprinzip (fr. Wikipédia est une encyclopédie/it. Wikipedia è un’enciclopedia) stellt sich Wikipedia in die Tradition der Enzyklopädien und damit in eine historische Reihe von Werken wie der Encyclopédie ou Dictionnaire des sciences, des arts et des métiers von Denis DiderotDiderot, Denis und Jean le Rond d’Alembertd’Alembert, Jean le Rond, aber auch mit der Enciclopedia delle scienze, lettere ed arti von Giovanni TreccaniTreccani, Giovanni oder der Britannica. Was auf den ersten Blick als eine kontinuierliche Geschichte der Enzyklopädie erscheint, ist eine Vorstellung, die erst seit dem 19. Jahrhundert Bestand hat und eher auf einer Rekonstruktion als auf einer historischen Tatsache beruht (cf. Henningsen 1966: 327).
2.1 Wort- und Begriffsgeschichte
Sowohl die Bezeichnung Enzyklopädie (fr. encyclopédie/it. enciclopedia) als auch die Sache selbst unterliegen dem Wandel:
„Enzyklopädie“ ist eine dem historischen Wandel unterworfene Bezeichnung für eine Sache, die selbst in der Zeit sich wandelt, wobei einerseits die Bezeichnung das Bezeichnete vorprägt und damit eine gewisse Kontinuität der „Enzyklopädie“ […] gewährleistet, andererseits durch Umstrukturierung, Erweiterung und Einschränkung des Inhalts auch die Bedeutung des Wortes beeinflußt wird (Henningsen 1966: 274).
Deswegen ist zwischen der Geschichte der Bezeichnung Enzyklopädie und der Entwicklung einer außersprachlichen Vorstellung von EnzyklopädieEnzyklopädie zu unterscheiden und das Zusammenspiel dieser beiden Komponenten zu berücksichtigen.
Den Ausgangspunkt stellt die Wortgeschichte von fr. encyclopédie/it. enciclopedia dar. Anders als in einigen WörterbüchernWörterbuch angegeben, lässt sich die Bezeichnung nicht auf ein griechisches oder lateinisches Etymon zurückführen: „Ein Substantiv enkyklopaideia ist antik nicht zu belegen“ (Vogelgsang 2004: 19). Es handelt sich vielmehr um eine Neuschöpfung der Humanisten, die auf einer fehlerhaften Überlieferung beruht:
Il termine […] nasce come corruzione dell’espressione greca enkuklios paideia, che troviamo usata in alcuni autori latini (Vitruvio, Plinio il Vecchio e Quintiliano), e che viene erroneamente riprodotta come parola unica, enkukliopaideia, in qualche manoscritto rinascimentale (Picone 1994: 15f.).
Die Belegstellen in der Naturalis Historia des PliniusPlinius der Ältere und der Institutio Orationis des QuinitilianQuinitilian, Marcus Fabius zeigen, dass die Wendung enkuklios paideia ein pädagogisches Programm bezeichnet, wobei die „innere Zusammengehörigkeit des Wissenskanons“ hervorgehoben wird (Henningsen 1966: 284). Diese Bedeutung lässt sich in den griechischen Quellen jedoch noch nicht feststellen. Die frühesten Belege finden sich ab dem 4. Jahrhundert bei ZenonZenon von Kition, außerdem etwas später bei Dionysius von HalikarnassosDionysius von Halikarnassos und PlutarchPlutarch. In den griechischen Quellen ist mit enkuklios paideia jedoch keine allumfassende Bildung gemeint, sondern eine Art Grundbildung, „die ein Erwachsener benötigt, um mitreden zu können“ (Henningsen 1966: 308):
Unsere modernen Vorstellungen von „Enzyklopädie“ im Sinne von „umfassendem Wissen bzw. „umfassender“ Bildung leiten sich nicht aus der antiken enkuklios paideia her. Die enkuklios paideia umfasste ursprünglich nur einen Teilbereich der zu lehrenden und zu lernenden Gegenstände (Henningsen 1966: 308).
Erst in den römischen Quellen wird vermehrt der innere Zusammenhang des Wissens betont und in eben dieser Bedeutung wird der Ausdruck von den Humanisten rezipiert:
Da man im 16. und 17. Jahrhundert, als das neue Wort sich in Europa verbreitete, vom Altertum vornehmlich durch die Römer und die Kirchenväter Kenntnis hatte, bei diesen aber schon die charakteristische Bedeutungswandlung von „landläufiger, gewöhnlicher (Vor-)Bildung“ zum „Kreis des Wissensinsgesamts“ sich vollzogen hatte, bot sich die Möglichkeit an, „encyclopaedia“ auf dem Umweg über „orbis doctrinarum“ auch direkt auf ὲγχύχλιος παιδεία zu beziehen (Henningsen 1966: 309).
Der älteste Beleg für den Ausdruck encyclopaedia ist in einem Brief aus dem Jahre 1490 zu finden, in dem Franciscus PucciusPuccius, Franciscus dem Grammatiker PolitianPolitian zu dessen neuem Werk gratuliert und dieses als encyclopaedia bezeichnet (cf. Henningsen 1966: 283). Ab diesem Zeitpunkt verbreitet sich der Ausdruck in Europa und findet auch Eingang in die VolkssprachenVolkssprache. Der Erstbeleg im Französischen findet sich bei RabelaisRabelais, François (1537), der damit in Pantagruel 2,20 ironisierend auf ein Bildungsprogramm verweist. Etwas später tritt der Ausdruck bei Christoffe de Savignyde Savigny, Christoffe in Tableaux accomplis de tous les arts libéraux (1587) auf und referiert auf die Verbindung einzelner Künste und Wissenschaften (cf. Henningsen 1966: 286). Die frühesten Belege zeigen, dass mit encyclopédie zunächst „ein Wissensinsgesamt, dessen hervorstechendes Merkmal eine innige Verknüpfung des unter ihm Begriffenen ist“, gemeint ist und der Ausdruck erst später „ein Buch, das dieses Insgesamt zum Inhalt hat und „enzyklopädisch“ darbietet“ bezeichnet (Henningsen 1966: 303). Als einer der ersten, der encyclopaedia in einem Werktitel verwendet, gilt AlstedAlsted, Johann Heinrich, der eine umfassende Theorie der EnzyklopädieEnzyklopädie entwirft. Bekannt ist auch seine knappe Definition: „Encyclopaedia est methodica comprehensio rerum omnium in hac vita homini discendarum“ (Alsted nach Herren 2016), die in humanistischer Tradition den Zusammenhang, aber auch den Totalitätsanspruch der enzyklopädischen Bildung herausstellt.
In der Folge werden auch Werke in die Tradition der Enzyklopädie gestellt, deren Titel zwar anders lauten, deren Konzeption aber dem etablierten Enzyklopädiebegriff entspricht:
Viele als enzyklopädisch aufzufassende Texte (aus der Vormoderne) tragen nicht den Titel “Enzyklopädie”, sondern zum Beispiel “Schatzhaus”, “Goldgrube” oder “Marktplatz”. Umgekehrt können sich unter dem Titel “Enzyklopädie” ganz andere Werke verstecken (Herren 2016).
Die zeitgenössische Vorstellung von einer Enzyklopädie ist in etwa durch die folgenden Merkmale geprägt: Das Werk enthält „eine geordnete Darstellung eines jeweils für wichtig erachteten und für einen grösseren Kreis von Wissbegierigen brauchbaren Gesamtwissens“ (Schenda 2002: 21). Zudem erhebt es den Anspruch, eine umfassende Darstellung des Wissens zu bieten (Totalitätsanspruch). Dabei kann dieses Wissen aus mehreren Gebieten stammen oder es wird ein Wissensgebiet vertieft dargestellt. Die Wissensinhalte werden in spezifischer Weise angeordnet. Dabei gibt es je nach Weltanschauung verschiedene Typen der DispositionDisposition, beispielsweise die Anordnung des Wissens nach der Schöpfungsgeschichte, in einem Wissensbaum oder nach dem Dewey-Dezimalsystem (cf. Michel 2002: 40–46). Enzyklopädien werden nicht als Ganzschrift gelesen, sondern konsultiert. Dieser Lesemodus wird über eine ZugriffsstrukturZugriffsstruktur auf die Inhalte, aber auch durch Register erleichtert. Enzyklopädien beziehen zudem Informationen aus zweiter Hand und stellen dieses zusammen (KompilationKompilation). Auf diese Weise wird das gespeicherte Wissen von der Wissensproduktion abgeschnitten. Jedoch versuchen andere Typen von Enzyklopädien an die Quelle der Wissensproduktion heranzuführen und stellen Plattformen des Diskurses dar (z.B. BayleBayle, Pierre, DiderotDiderot, Denis). In der OnlineenzyklopädieEnzyklopädie– Online-~ Wikipedia sind mit dem Artikel, der eine neutrale Darstellung der Information anstrebt, dessen DiskussionsseiteDiskussionsseite und VersionsgeschichteVersionsgeschichte verknüpft, die diskursive AushandlungsprozesseAushandlungsprozess zeigen. Im Gegensatz zu Wörterbüchern geben Enzyklopädien Informationen zu Sachverhalten, nicht zu Wörtern. Die Sachinformationen in Enzyklopädien werden häufig von ParatextenParatext begleitet, die das Werk präsentieren und inszenieren (Vorrede, Frontispiz) oder dessen Erschließung erlauben (taxonomische Ordnungsangaben, Marginalien, Inhaltsverzeichnis, Register) (cf. Herren 2016). Neben der vordergründigen InformationsfunktionInformationsfunktion spielen in Enzyklopädien auch weniger offensichtliche Ziele eine Rolle. Dazu gehören die systematische Anordnung kontingenter Inhalte und die Legitimierung dieser Ordnung, das Lob auf die göttliche Ordnung, oder das Lob auf den Fortschritt durch Erkenntnis und die Ermöglichung gesellschaftlicher Konversation durch die Bereitstellung salonfähiger Themen. Zudem können Enzyklopädien unterhalten, einen Ersatz für eine fehlende Bibliothek darstellen, Gegenständen Wertschätzung verleihen, Lebensweisheiten bestätigen, die allgemeine Bildung fördern, und nicht zuletzt dienen sie Kulturen dazu, sich ihrer selbst zu vergewissern (cf. Herren 2016).
2.2 Von den Anfängen bis zur Aufklärung
Schon in der römischen Antike wurden Texte verfasst, die den Inhalten und Zielen moderner Enzyklopädien nahestehen. Das Wissen wurde häufig in thematischen Kapiteln oder in ganzen Büchern präsentiert, die zumeist den Wissensgebieten aus den artes liberales gewidmet waren. Als römische Enzyklopädien gelten CatosCato, Marcus Porcius Libri ad Marcum filium, die Werke VarrosVarro, Marcus Terentius (Disciplinarum libri IX, Rerum divinarum et humanarum antiquitates, Imagines) und die Naturalis historia von PliniusPlinius der Ältere dem Älteren, welche in 37 Bänden Wissen zu ganz unterschiedlichen Gebieten wie beispielsweise Geografie, Zoologie, Botanik oder Medizin vermittelt (cf. Rey 2007: 94–99; Collison 1966: 23f.).
Im Mittelalter trat neben die artes liberales ein christliches Wissen, das verbreitet wurde. So enthalten die Institutiones des CassiodorCassiodor neben Inhalten zu den Freien Künsten Anweisungen zum Klosterleben, da das Werk der Unterrichtung von Mönchen diente und auch für die mündliche Instruktion geeignet war. Ebenso wird in den Etymologiae (lat. Origines) des Isidor von SevillaIsidor von Sevilla antikes und christliches Wissen vermittelt, indem der ‚wahre‘ Sinn ausgewählter Wörter erläutert wird, der einen tieferen Einblick in die Natur der Dinge gewährt. Ebenfalls zu erwähnen ist De naturis rerum von Hrabanus MaurusHrabanus Maurus (9. Jh.), ein Werk, das enzyklopädisches Wissen in 22 Büchern enthält, darunter viele kompilierte Abhandlungen früherer Autoren. Für Klosterschüler ist auch das Didascalion (1127) von Hugo von Sankt-ViktorHugo von Sankt-Viktor gedacht, das Informationen zu den Sieben Freien Künsten, aber auch zu sieben mechanischen Künsten enthält und damit letztere in den Kanon des Wissenswerten aufnimmt. Die wohl bekannteste Enzyklopädie des Mittelalters ist der Speculum Maius von Vinzenz von BeauvaisVinzenz von Beauvais (1240–1260), der in den vier Teilen Speculum naturale, Speculum doctrinale, Speculum morale und Speculum historiale Wissen zu den genannten Gebieten bereitstellt (cf. Collison 1966: 60–62).
Die Enzyklopädien des Mittelalters sind zumeist für Geistliche und Gelehrte auf Latein verfasst. Mit dieser Tradition brach Brunetto LatiniLatini, Brunetto, der die erste volkssprachlichevolkssprachlich Enzyklopädie, Li livres dou Trésor (1260–1266) im Exil auf AltfranzösischAltfranzösisch erstellte (cf. Reutner/Schwarze 2011: 65; Rey 2007: 125; Collison 1966: 64f.). Das Werk war für das aufstrebende Bürgertum in Italien gedacht:
Latini wanted to reach the Italian cultured classes: he therefore used French, their common language, as his vehicle (Collison 1966: 64).
Das Werk enthält ein säkulares Wissen, das sich aus antiken Quellen wie Cicero und Seneca speist, und die Bereiche Philosophie, Politik und Wirtschaft abdeckt. Der dritte Teil, der Anweisungen für das gute Regieren enthält, nimmt bereits die politischen Konzepte der italienischen Renaissance vorweg (cf. Collison 1966: 64; Rey 2007: 126). Eine kürzere Darstellung enzyklopädischen Wissens findet sich im Lehrgedicht Il Tesoretto, das auf ToskanischToskanisch verfasst ist (cf. Reutner/Schwarze 2011: 65). Neben diesen ersten Versuchen enzyklopädischer Werke in der VolksspracheVolkssprache bestanden jedoch noch lange Werke auf LateinLatein wie etwa die Enzyklopädie Fons memorabilium universi (1444–1448) des italienischen Humanisten Domenico BandiniBandini, Domenico.1 Ebenfalls auf Latein erschien das Dictionarium historicum, geographicum et poeticum (1553) von Charles EstienneEstienne, Charles, das Erläuterungen zu Eigennamen enthält und von Collison als „the first indigenous French encyclopedia“ (Collison 1966: 79) eingestuft wird. Das Adjektiv French bezieht sich hier jedoch lediglich auf die inhaltliche Ausrichtung der Enzyklopädie, während andere Werke übersetzt wurden:
But for encyclopaedias in their own language, the French were still relying – in Estiennes time – on translations of the encyclopaedias of other nations, such as Les diverses leçons de Pierre Messie, contenans de variables histoires et autres choses mémorables, mises en françoys par Cl. Gouget (Collison 1966: 79).
Diese ÜbersetzungÜbersetzung basiert auf dem Werk des spanischen Historikers Pedro MexíaMexía, Pedro, das allerdings von mittelmäßiger Qualität ist. Ebenso handelt es sich bei Domenico DelfinosDelfino, Domenico Sommario di tutte le scientie (Venedig 1556) um ein Plagiat von Alfonso de la Torresde la Torre, Alfonso Visión deleitable (1435) (cf. Collison 1966: 79). Selbst wenn zur Zeit EstiennesEstienne, Charles noch keine eigenständigen volkssprachlichenvolkssprachlich Enzyklopädien verfügbar waren, so zeigt sich an wissenschaftlichen Abhandlungen, dass die VolksspracheVolkssprache immer weiter in die Domäne wissensvermittelnder Texte vordringt. Zu nennen sind hier der Thrésor de l’histoire des langues (1613) von Claude DuretDuret, Claude, das Praedium rusticum von Charles EstienneEstienne, Charles (1554), oder das Théâtre d’agriculture (1600) von Olivier de Serresde Serres, Olivier. Zudem wurden Sammlungen von FachterminiTerminus erstellt wie die Historia stirpium von Leonhart FuchsFuchs, Leonhart (1542), in deren französischer Fassung sich lateinischelateinisch Fachtermini in theoretischen Wissensgebieten und französische Bezeichnungen in angewandten Gebieten abwechseln. Diese Auflistungen von Fachtermini, aber auch von Eigennamen prägten das 16. Jahrhundert:
Si l’encyclopédisme global sous forme de grands ouvrages didactiques est absent au XVIe siècle, il n’en va pas de même pour la description des savoirs et usages spéciaux et des nomenclatures scientifiques, qui vont donner naissance à la notion plus récente de « terminologie » – d’abord sous forme de « nomenclature » –, ainsi que pour le répertoriage des noms propres et la bibliographie (Rey 2007: 162).
Im 17. Jahrhundert setzte sich das alphabetische Eigennamenlexikonalphabetisches Eigennamenlexikon vollständig durch und genoss große Popularität:
Mais les succès de ce temps furent surtout des dictionnaires de noms propres, réunissant alphabétiquement, sans angoisses classificatoires (Rey 2007: 171).
Neben Werken, welche die traditionelle DispositionDisposition enthalten, traten über den Weg des EigennamenlexikonsEigennamenlexikon im französischen Sprachgebiet Werke mit enzyklopädischen InformationenInformation– enzyklopädische in stichwortförmiger Anordnung auf. Zu nennen ist hier das Dictionnaire theologique, historique, poetique, cosmographique et chronologique (1627) von Daniel de Juigné Broissièrede Juigné Broissière, Daniel, das in alphabetischer Reihenfolge EigennamenEigenname von Orten oder auch Personen enthält und zu diesen ausschließlich enzyklopädische InformationenInformation– enzyklopädische liefert. Das Werk ist eine Übertragung des Dictionarium historicum, geographicum ac poeticum (1553) von Charles EstienneEstienne, Charles ins Französische, die später von Louis MorériMoréri, Louis im Vorwort von dessen Lexikon aufgrund der Unselbstständigkeit kritisiert wurde. Ebenfalls in Verbindung mit Eigennamen wird die enzyklopädische Information in La bibliothèque universelle (1649) von Paul Boyer präsentiert. Dabei handelt es sich um ein rückläufiges WörterbuchWörterbuch– rückläufiges, das zunächst Wörter und in einer eigenen Sektion Eigennamen mit den genannten Endungen präsentiert und dazu enzyklopädische Informationen gibt. Im 17. Jahrhundert traten auch italienischsprachige Enzyklopädien mit einer alphabetischen Anordnung der StichwörterStichwort auf, wie das Teatro de gl’inventori di tutte le cose (1603) von Bruno Vincenzo,Vincenzo, Bruno oder das Convito morale per gli etici, economici, e politici (1639), selbst wenn sich im Italienischen die Bezeichnung dizionariodizionario erst ab dem 18. Jahrhundert für solche Werke durchsetzte.
In der französischsprachigen Enzyklopädielandschaft zeichnete sich im 17. Jahrhundert eine Entwicklungslinie anhand dreier Enzyklopädien ab, die Merkmale der Grande Encyclopédie aus dem 18. Jahrhundert vorwegnehmen: Es handelt sich um Le Grand dictionnaire historique, ou le mélange curieux de l’histoire sacrée et profane von Louis MorériMoréri, Louis (1674), das Dictionnaire universel von Antoine FuretièreFuretière, Antoine (1694) und das Dictionnaire historique et critique von Pierre BayleBayle, Pierre (1697) (cf. Rey 2007: 172). Den Anfang bildet MorérisMoréri, Louis EigennamenlexikonEigennamenlexikon, dessen historische und biografische Einträge die Tradition enzyklopädischer Informationen in Lexikonform mitbegründen:
premier dictionnaire de noms propres de conception moderne, joignant biographies et descriptions géographiques ou textuelles […] arrangés alphabétiquement (Rey 2007: 172).
Jedoch übernahm MorériMoréri, Louis Material aus früheren Quellen, was später die Kritik BaylesBayle, Pierre hervorrief. Ein weiterer Wegbereiter der Grande Encyclopédie war Antoine FuretièresFuretière, Antoine Dictionnaire universel, ein enzyklopädisches Wörterbuchenzyklopädisches Wörterbuch, das anders als das Dictionnaire de l’Académie (1694) den FachwortschatzFachwortschatz der damaligen Zeit berücksichtigte und zu diesem enzyklopädische Informationen bereitstellte:
[il] inaugure dans un dictionnaire strictement alphabétique les développements factuels, les références textuelles récentes, les discussions sur la valeur des informations scientifiques qui vont renouveler le discours de l’encyclopédie (Rey 2007: 173).
Allerdings ist FuretièresFuretière, Antoine Werk zum Großteil darauf bedacht, eine verlässliche Synopse relativ unstrittiger Fakten zu geben:
On the whole, Furetières approach to scientific matters is to avoid controversial interpretations and instead to provide a synopsis of the subject matter in usually no more than five or six lines in length (Ross 1981: 61).
Die Wende von der neutralen Faktensammlung hin zu einer kritischen Darstellung wurde durch Pierre BaylesBayle, Pierre Dictionnaire historique et critique eingeleitet, das ursprünglich als Verbesserung von MorérisMoréri, Louis LexikonLexikon gedacht war, sich aber nach und nach zu einem eigenständigen Werk entwickelte:
Bayle fait entrer la critique textuelle, inaugurée au XVIe siècle par l’humanisme, dans le projet encyclopédique, en attendant que Diderot et d’Alembert y fassent entrer la polémique, mais aussi l’observation et l’esprit scientifique (Rey 2007: 173).
BaylesBayle, Pierre EnzyklopädieartikelEnzyklopädieartikel enthalten zwei Typen von VerweisenVerweis: Kleinbuchstaben zeigen bibliografische Referenzen zum Artikeltext an, Großbuchstaben verweisen auf den kritischen Kommentar, der sich in kleinerer Schriftart etwas abgesetzt unterhalb des Artikels befindet. Dieser Kommentar enthält wiederum Verweise in arabischen Ziffern auf die im Kommentar verwendeten Quellen. Die kritische Methode BaylesBayle, Pierre erstreckt sich somit auf drei Ebenen, nämlich auf das Belegen des Artikelinhalts mithilfe von Quellen, die Reflexion der Fakten in einem kritischen Kommentar und die Absicherung der Positionen in diesem Kommentar durch weitere Quellen. In etwas vereinfachter Form findet die kritische Methode auch in der Grande Encyclopédie Anwendung. MorérisMoréri, Louis Aufnahme von enzyklopädischen Inhalten, FuretièresFuretière, Antoine Erweiterung dieses Wissens um Informationen aus den aufkommenden Naturwissenschaften und BaylesBayle, Pierre kritische Methode bereiteten den Weg für die Grande Encyclopédie und stellten in ihrer Innovativität zeitgenössische Werke wie das Dictionnaire général et curieux (1685) von César de Rochefortde Rochefort, César oder das Dictionnaire des arts et des sciences von Thomas CorneilleCorneille, Thomas in den Schatten.
In der Tradition von MorériMoréri, Louis, FuretièreFuretière, Antoine und BayleBayle, Pierre steht auch die erste, jedoch unvollständige, italienische Enzyklopädie, die Biblioteca universale sacro-profana, antico romana (1701–1717) von Vincenzo CoronelliCoronelli, Vincenzo, die für die kulturelle Erneuerung des Franziskaner-Minoriten-Ordens konzipiert wurde, dessen Vorstand CoronelliCoronelli, Vincenzo war (cf. Barzazi 1996: 61). Die französischen LexikaLexikon dienten als Quellen für die KompilationKompilation, wie auf dem zweiten Frontispiz erklärt wird:
presentare inoltre notizie ed « erudizioni » contenute nel dizionario storico di Moréri e in quello geografico del Baudrand, « confrontati » rispettivamente con le « critiche » del Bayle (Barzazi 1996: 71).
Jedem Band ist ein Index vorangestellt, der die LemmataLemma des Bandes enthält. Die Artikel behandeln nicht nur Themen aus der Religion, sondern berücksichtigen auch die Wissenschaften:
Non poche pagine erano infatti riservate alla medicina. In una voce generale, « Anatomia », Coronelli ripresentava in otto colonne l’immagine del corpo umano della vecchia medicina galenica e umorale, inserendo però alla fine una bibliografia in cui figuravano i maggiori rappresentanti della tradizione sperimentale italiana e straniera (Barzazi 1996: 74).
Trotz seiner innovativen Züge gerät das Werk schnell in Vergessenheit und wird von den Nachfolgern lediglich sporadisch erwähnt (cf. Barzazi 1996: 83).