Kitabı oku: «Dies Buch gehört dem König», sayfa 4

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Nun gut! — Der ist geliefert — der wird seiner Lebtag nicht mehr klar denken, nur um dem Bomeranzenbäumchen seinen Wachstum nicht zu stören, und so wird er denn freilich nichts dargegen haben, wenn der Herr Pfarrer immerfort noch von der Bomeranz predigen wird — denn warum, er hat seinen Glauben gefangen geben. Einem Gefangnen kann’s einerlei sein, mit was man ihm eine Mauer vor der Nas aufführt, wann er zufrieden ist, dahinter hocken zu bleiben, ein Gefangner hat keine Geschäfte, keine Wirksamkeit, er sitzt da und lulelt seine Zeit weg, und wenn es ihm nicht aus Langeweil einfällt, über die Blanke zu steigen und im Chausseegraben hinter dem Gefangenwärter seinem Rücken vielleicht ketzerische Zusammenkünfte sich zu erlauben, und wenn der Rost der Langenweile nicht endlich die Ketten seiner Gebundenheit zernagt, daß er auf einmal aufwippt und über die Staketen hinausfliegt und dem guten Gefangenwärter das Nachsehen läßt, so wird er selig gesprochen. — Bei so bewandten Umständen Sprech ich ihn aber nicht selig, denn die Albernheit kann meinen Begriffen nach nicht Seligkeit genießen. Der Himmel ist für den Geist da, nicht für den Faulpelz, der die Ohren nicht einmal in die Höhe reckt, um etwas zu hören und innerlich zu bedenken, und der sich fürcht, seine Seligkeit zu verlieren, da die ihm doch nichts anders sein kann als eben ein bequemes Leben, wo er aller Sorgen quitt ist. Denn sonst kann er sich ja nichts anders erdenken, so kann er auch nichts anders erfahren. — Es ist zum Lachen, denen ihren verschlafne Einbildungen das Daunenkissen unterm Kopf aufzuschütteln und das Religion zu nennen.

Nun da hätten wir bei der Predigt Station gemacht. Ich wollt nur unter die Füß geben: daß ohne Geistesfreiheit auch selbst das Wort Gottes zur Heuchelei wird, und daß alle Anstrengungen nichts helfen für den, in dem der Geist noch ein Funke Leben hat, denn warum? der wird nicht an der Erd kriechen, weil am Boden nichts für den Geist zu suchen ist, und der allein berät sich mit Gott. Fliegen! — das ist dem Geist seine Art und Weise, wie er sich hinaushelfen muß über all die irdischen Deputationen an ihn, daß er doch hinter der spanisch Wand soll verharren. Nein, er soll selbst hinausfliegen und in allen Blumen des Feldes suchen, er wird überall Honig finden. — Ja! so kümmerlich sind diese Verbote gegen die Vernunft, daß die Lilien auf dem Feld, die nicht spinnen, nicht am Gespinst des Aberglaubens dem Menschengeist schon zutunlich bejahen, was er aus geheimen Drang als Wahrheit ahnt. — Und gegen solche unschuldsvolle blühende Zeugnisse himmlischer Geistesnatur ziehen die Schergen der Geistessklaverei los! Gegen die Schwalbe warnen sie, die die Lüfte durchkreist und mit ihrem Gezwitscher nach alle vier Winde hin laut ihren Freiheitssinn ausjubelt, vor den hohen Bergen warnt sie, wo man das Sonnenlicht trinken kann in erster Morgenfrische, und im Schatten verbietet sie zu ruhen von der mächtigen Eiche, wo der Held zur Besinnung kommt der eignen Kräfte, wo er der Glut sich freut, die in seinen Adern rollt, und der Macht, die ihm stoßweise im Herzen aufflammt im kühlenden Schatten der Eiche. — Und! — seht um euch! In allem Leben der Natur, heilige Freisprechung von allem, was sie euch aufbinden! —

Nun, wie oft werd ich noch von den sieben Schöpfungstagen abirren. — Also, das war mir ein Anstoß, daß der tätige Gott sollt am siebenten Tag ausgeruht haben. — Da geb ich euch all miteinander zu bedenken, ob das eine Sach ist für einen Gott, daß der gleichsam die Arbeitsschürze (denn er hat viel in Ton gearbeit) an den Nagel hängt, sich die Händ abwäscht und sein Sonntag hält? — Das könnt mir nun einer für eine Kinderei auslegen, daß ich so was überleg, aber grad aus so kindische Ansichten hat sich mein ganzer Begriff reformiert, und wenn doch einer nicht immer dächt, es müßte lauter unverständige Hieroglyphen sein, aus denen man Erkenntnis schöpfen könnt; nein, es sind die einfachste Anschauungen, die einem die Wahrheit predigen. — Von diesem Gedanken nun, daß es etwas Lächerliches ist, daß ein Gott sollte einen Sonntag halten, kam ich auf den Gedanken: Was dem einen recht ist, das ist dem andern billig, oder wie dem Vater, so dem Kind. Ruht der Vater nicht, warum soll das Kind lunzen und heuchlen, denn geheuchelt ist das alleweil, wenn ich Betrachtungen halten wollt und Gottesverehrung, wobei nicht ein Körnchen gesunder Menschenverstand erblühen kann. Denn alles Zeugnis predigt Himmels und der Erde, daß Geist allein Religion ist. Denn Sein ist nicht, denn ausgenommen, der Geist ist. — Und also ist alles Sein nur die lebendige Religion. Aus diesen Betrachtungen geh ich nun über: Aber was hätt denn unser Herrgott nun getan nach dem siebenten Tag, da er sich geruht hatte? — Wenn nun nichts mehr zu schöpfen war, ist das so fort geblieben, in einem Ruhen bis auf den heutigen Tag? — Und wird es auch so bleiben bis auf den jüngsten Tag? — Oder waren Gottes Schöpfungstage so groß, daß sie eine viel größere Zeit umfaßten ein jeder, als unser bisherig geschichtlich Erdenleben umfassen kann? Und ist der Ruhetag vielleicht immer noch nicht am End? — Und wimmeln wir Menscheninsekten nur so um die ruhende Gottheit herum, bis der Ruhetag vorbei ist, und Gott vielleicht wieder aufsteht, um weiter zu schöpfen? — Denn ich kann mir doch noch allerlei denken, das geschaffen wird, was ich mir nicht denken kann, weil ich’s nicht weiß, was aber doch sein kann und einst zu meinem weitern Werden und Sein dienen wird. — Und ich kann mir denken, daß, wann Gott auch nur einen Augenblick das Handwerk der Schöpfung niederlegt, daß es dann um alle Kreatur geschehen wär. — Seht, das ist mein Kapitalgedanken, an dem häng ich mit fester Überzeugung, nämlich daß Gott unendlich erschafft und nicht um einen Atemzug innehält — und daß diese Schöpfungen ins Unendliche, also natürlich ins Unbegreifliche für den armen Menschenwitz gehen, daß aber die Hoffnung auf unendliche Entwicklungen den Menschengeist aus seiner verengten Lage, worin er sich steif und kaputt gelegen hat, herausarbeiten wird — das ist mein Glauben an Gottes Schöpfungen, die nie aufhören können. Wo soll er aber fort und fort schaffen? — Das Weltall ist aus ihm hervorgegangen, im Weltall muß er weiter schaffen. Wo aber kein Gotteshauch etwas verhängt, wie im eigensinnigen Menschengeist, soll er da den Lebenseifer umsonst ausgeatmet haben? Ach! das ist eben wieder der Menschenhoffart. Er denkt wohl gar, der Gott hängt vom Menschen ab, und wenn er den nicht hätt zum Nachbar, wo er dann seine Weisheit anbringen könnt. — Ei, um so schlimmer wär’s vom eigensinnigen Menschen, daß er sich gegen die ewig erneuernde Wirksamkeit des göttlichen Geistes sperrt mit seinem abgesperrten Glauben, weil er dadurch unserm Herrgott seinem vornehmsten Willen abspenstig wird in sich. Aber so ist’s nicht nach meinen Gedanken, die Kreatur, die Gottes Geist atmen lernt, die ist auch unendlich wie Gott selbst, sie ist die ganz Natur. — Wo Gott ist, da ist die Natur, wo die Natur nicht ist, da ist kein Gott, das ist nun wieder so mein Glauben, wozu ich kein Bomeranzenkern in die Nas zu stecken brauch, um mir per exempli grazié eine Überzeugung da herauswachsen zu lassen. Bild sich keiner ein, der Mensch sei das vornehmst Geschöpf Gottes, weil er mit seinen fünf Sinnen kein edleres wahrnimmt, er kann vielleicht mit der Zeit noch Sinnen kriegen, mit denen er manches begreift, was er jetzt nicht ahnt und was doch da ist, und kann vielleicht entdecken, daß da Wesen sind, die ohne Bande und Satzungen dem ewigen Schöpfer seine Kräfte in ihrem Geist verarbeiten. Wann wird aber das sein, daß der Mensch so weit kommen wird? — Nimmermehr, wenn er nicht denken lernt; sie werden dahinsterben wie die Fliegen.

Die Natur ist der allumfassende Begriff von Gott. Der Mensch, der Weltgeist in der Natur, wird so lang dem Tod verfallen sein, bis er seine Vermögenheiten ganz zum Empfängnis Gottes hingibt, da wird er an seiner Unsterblichkeit erst anfangen zu bilden. — Das heißt: so denk ich mir das, wie einen Keim, der erst dann in sein recht Element kommen wird, um sich zu einer neuen Kreatur der Unsterblichkeit zu bilden, wenn der Geist in ihm erst zur freien und durchaus nirgend gehemmten Existenz kommen tut. — Kein Wesen ist gehemmt in der Natur, sonst könnt nichts draus werden.

Ei, da wollen wir einmal das Salz nehmen oder den Schwefel oder was vor ein Naturerzeugnis als wir wollen. Es könnt nichts draus werden, wenn etwas seiner Natur Widersprechendes mit vorging. — Noch weniger kann aus dem Geist was werden, wenn die Lüge ihm will Gesetze vorschreiben, nach denen er sich soll verhalten. — Was kostet es vor Müh, wenn wir nur wollten im Backofen ein kleines Hühnchen ausbrüten ohne Glucke. Erst muß uns die doch das Ei legen, sonst könnten wir ewig umsonst versuchen, so ein Hülmchen aus was anderm als aus dem Ei kriechen zu lassen, und dann, wie müssen wir genau uns nach der Natur richten, Tag und Nacht, um die Hühnercher auszubrüten; und wenn wir eine Minute versäumen, so sterben die kleinen Lebenskeimchen und die Eier werden taub. — Nun! der Menschengeist ist so ein Lebenskeim, der sich aus soll brüten aus dem irdischen Leben, das ist die Eierschal, aus der soll der Geist sich herauspicken und flück werden, aber nun unverständige hochmütige Einbildungen die Stell vertreten wollen von der Mutterwärme der Natur, da ist nicht abzusehn, wie lang und wie oft noch die Brut wird mißglücken; aber die Natur fängt immer wieder von vorne an. Und seid nur ruhig, das Unsterbliche im Menschengeist kann ja doch nicht verlorengehn, es wird allmählich alles Bollwerk übersteigen, und dann werden die, welche so eigenmächtig die vornehmste Erscheinung Gottes, den Menschengeist, wollten regieren und ihn zum Weg des Heils leiten, sich gewaltig wundern, daß sie ihn über einen Gänsedreck geführt haben, und werden sich mit langen Ohren zurückziehn und nicht dergleichen tun, und gar auch selbst nicht wissen, wo ihr alt Ignorantegesetz geblieben ist, denn das schmilzt hinweg wie der Schnee im Frühlings weiter, und keiner kann Form noch Inhalt davon bewahren.

Seht, das ist mein Glaubensbekenntnis, es steckt keine große Pfiffigkeit dahinter, aber es kostet mich keine Lüg, es zu glauben. Wenn mir’s einer als Glaubensartikel vorschrieb, nun, so fänd das keinen Widerspruch in meinem Geist, obschon es eine Lächerlichkeit ist, die Wahrheit als Glaubensartikel festzustellen und den Geist dran zu binden wie an einen Pfahl. — Ei, durch die Wahrheit wird ja der Menschengeist — was soll ich ihn an seine Erzeugung durch Schwüre binden? — Ich mach ihn ja grad dadurch zum Lügner, daß ich von ihm verlang, er soll noch einmal apart Kontrakt machen mit seinem eignen Sein, daß er’s wirklich ist. — Also das End von meiner langen philosophischen Abhandlung ist, ich glaub nicht an die sieben Schöpfungstage. Erstens, weil mir’s nicht beliebt, zweitens, weil keiner dabei war und die Sach doch so akkurat erzählt ist, als wenn einer dabei gewesen wär, und drittens, weil ich nicht glauben kann, daß Gott schon am siebenten Tag geruht soll haben und nichts mehr getan, und weil ich mir nicht kann weismachen, daß die Schöpfung je aufgehört hat, fort und fort lebendig durch Gottes Eifer.

Das ist mein Glauben; was nun noch andre menschliche Feststellungen anbelangt, die notdürftig genug in ihrer unbequemen Denkanstalt herumgrabblen und aus Mangel an Nahrungsgeist, an Wahrheit heißt das, Todes verbleichen werden, darüber wollen wir das Schicksal walten lassen.

Sie haben mir all andächtig zugehört, manche mögen die Frau Rat für nicht recht gescheut halten, ich verzeih’s ihnen; sie sind ja selbst nicht gescheut, wie konnten sie also nicht närrische und absurde Gedanken über mich haben. Manche mögen eingeschlafen sein bei meiner langen herumschweifenden Abhandlung oder ungeduldig geworden sein. Mögen sie’s dem guten Willen nachsehn, der drin verborgen ist, da sie in dieser Planlosigkeit doch nicht den geheimen Plan werden anerkennen, der immer im Geistestrieb schon liegt. Manche aber, die eine Verwandtschaft zu der Art zu denken in sich spüren, wann ich denen kindische Dinge vorgeschwätzt hab, die sie besser noch als ich verstehn, so werden sie sich doch freuen, daß es wieder einmal ein Zeugnis ist, daß die Wahrheit auch wie ein fliegender Same, ohne daß man ihn apart zu säen braucht, angeflogen kommt und in der Einsamkeit einen fruchtbaren Boden findet. — Nun aber will ich zum Beschluß denen Liebhabern von meiner Geschichte auch noch das End von meinem bestandnen Hofabenteuer erzählen. Ja, ich seh’s, Sie machen alle freundliche Mienen dazu, daß es jetzt endlich wieder im Trapp gehen wird. Ich weiß noch genau, wo wir geblieben waren in der fatalen Situation, wo ich hinter der Gesellschaft geblieben war und ein bißchen eingenuppt; unterdessen war alles im Ballsaal und tanzte. Die Nacht war eingebrochen, und ich, unbekannt mit der Hofetikett, und doch mit einem Schicklichkeitsgefühl, was vielleicht grad aus grader herzlicher Aufrichtigkeit den entgegengesetzte Weg hätt eingeschlagen von dem, was statuiert wär, ich stand in der Klemm, wie ich mich zu verhalten hätt, aber ich wurde sehr bald herausgerissen. Die gute Frau Königin hatte mich in all dem Trubel nicht vergessen. Wie sie ihren ersten Tanz ausgemacht hat, da sieht sie sich um nach mir, und wie sie mich nicht finden kann, da gibt sie gleich Order. Das könnt ich durch die Fensterscheiben bemerken; — kaum hat sie nach mir gefragt, da laufen die Kammerherren, die Lakaien durch den ganzen Saal im Kringel herum, um mich zu finden. Aber, dacht ich, sucht ihr nur. — Wie sie mich nicht finden können, da fällt ihnen doch ein, daß ich vielleicht könnt im Garten geblieben sein, nun kommen sie heraus und verteilen sich in alle Regionen, ich drück mich dicht bei der Tür an die Wand, denn im Garten wollt ich mich nicht finden lassen, da hätt ich mich zu sehr geschämt. Nun dacht ich, jetzt ist der wichtige Moment, da muß ich einen energischen Streich machen, und mich auf gut Glück wieder ins Meer stürzen, unter die Hofwogen, und mich da um die Wett mit denen aufbauschen. Wie also ein Hoflakai wie ein Schuß Pulver von der Tür abblitzt in den Garten hinaus, um mich im Gebüsch zu suchen, so fahr ich an dem blinde Hans vorbei, grad in den Saal herein, wo mir glücklicherweis alle Leut den Rücken drehten. —

Ach!! — Gott sei Dank! — denn das Herzklopfen, was ich nach überstandner Katastrophe empfand — nun — wer sich das denken kann! — bis ich mich so allmählich wieder beruhigte. — Denk sich einer, wenn die Windbeutel, die Kammerherren und Kammerdiener, da die Frau Rat unter dem Vogelkirschbäumchen gefunden hätten, und hätten mit ihre Windlichter mir unter mein schlafend Angesicht geleucht. Nein, ich frag alle gute Freund, ob einer sich das gewünscht hätt? — Antwort: Nein! — Aber was man sich nicht wünscht, das soll man andern nicht gönnen. Ich auch hab mir’s nicht gewünscht, und hätt’s meinem Feind nicht gegönnt.

Wie ich mich etwas erleichtert fühlte, so rückte ich allmählich hinter den vielen Leuten hervor, die an der Tür standen, und kam so ganz nah an die Frau Königin heran, die winkt mir, und nun kommen die Kammerjäger von ihrer Jagd durchs Buschwerk zurück und wollen eben mein Verschwinden melden, da sehn sie zu ihrer Verwundrung, wie ich eben mit denen Prinzen von Gotha, noch ein paar ganz jungen Bürschercher, Bekanntschaft mach. Die erzählen von meinem Sohn, weil sie ihn sehr gut kenne von Weimarer Hof, und ich erzähl auch mein Bestes, und das war eine ganz vergnügte halbe Stund, wo ich mich ganz mit meinem Schicksal wieder aussöhnte. Auch hatte sich meine Verlegenheit nach und nach beschwichtigt über meine Toilette, denn ich hatte mir gleich vorgenommen gehabt, nur in keinen von denen großen hellerleuchtete Wandspiegel zu gucken, das war gar nicht so leicht. — Daß, wenn allenfalls was an mir in Unordnung geraten wär, daß ich nicht auch noch den Schreck auf mein gepreßt Herz laden müßt, weil aber die Leut mich all ganz vernünftig ansehn, und keiner eine zum Lachen gestimmte Miene macht, da wag ich’s und tu einen Seitenblick, und finde mich nicht nur ganz menschlich, sondern ich gefalle mir auch sehr wohl mit meinem kuraschierten Aug, das da thront über alle verkehrte Eingebildtheiten, mit dem sie mich rund umher zu überschauen meinten. Ich schaute auf sie wieder herab, wie ein Wetterdach, das sie in Schutz genommen hat gegen den erfrischenden Regen und den kühlenden Wind, dem sie sich auszusetzen Bedenken tragen, und so ließ ich sie mich umirren mit ihren nichtssagende Blicke, als bloß wie dürres Laub, was im Wind dahinfliegt.

Die gute Frau Königin sah mir’s an, daß es Zeit wär mich zu entlassen, sie nahm da mein Dank recht freundlich auf, und erinnert mich an die Zeiten, wo sie in meinem Haus unter meinem Schutz gewohnt hatte und tausend lustige Spielstunden in meinem Hof sich gemacht. —

Da ich nun entlassen war, so kam gleich wieder so ein dienender Geist von morgens früh und frägt mich, ob ich vielleicht den Wagen bestellen wollt lassen? — Nichts lieber wie das, sag ich, bester Freund, verdienen Sie sich einen Lohn im Himmel, und helfen Sie mir über die königlich Schwell hinüber in mein bürgerlich Dasein. Wie ich nun wieder im Wagen saß, wer war froher wie ich? — Ich hatte vor allen überraschenden Verlegenheiten und Sorgen gar nicht können an meine goldne Kett denken, jetzt beguckt ich sie im Mondschein, und sie machte mir doch großes Pläsier. — Denn alle Auszeichnungen, die mir werden, das weiß ich, die hab ich doch meinem Sohn zu danken, und wie soll das eine Mutter nicht freuen? — Kurz, ich hatte die schönsten Gedanken.

Ja, es war eine pläsierliche Fahrt in der Kastanienallee heimwärts. Alle Baumschatten flogen im Vorbeifahren mir über meine geblendete Augen, die ganz in tiefen Gedanken mit der in den Mondstrahlen blinkenden Kett sich beschäftigten.

Es muß ein Weltengeist geben, der alle wahre und kräftig natürliche Gefühle nicht in den Lüften verschwirren läßt. So ein Seufzer aus dem Mutterherzen, auf der Darmstädter Chaussee, ist nicht dort geblieben, als irrender Geist herumzuschweifen. Er wird sein Ziel gefunden haben, auch war mein Herz ganz feurig, und ich dacht, so wird auch heut nacht die Frau Königin eine vergnügliche Ahnung von mir haben, daß sie mich hat so in einem feurigen Rapport gesetzt mit meinem Sohn, daß ich ihn da im Mondschein zwischen dem Baumgeflüster vor mir schweben sehe, und kann die schönste Rede führen mit ihm, weil da allerlei Meldungswürdiges mir begegnet ist. Ach, was man sich nicht vor unschuldige Unmöglichkeiten einbilden kann! — Aber Muttergefühl ist eine Wünschelrut, die schlägt in allen weiblichen Herzen an. Und die Frau Königin auch wird nicht ohne Absicht das Verdienst als Mutter in mir belohnt haben, sie wird gedacht haben: wenn sie doch auch so ein Sohn möcht zur Welt bringen, der diese mit seiner Unsterblichkeit könnt ausfüllen. — So ein Wunsch ist kein schlecht Gebet für eine erhabne Landesmutter — es begreift das Wohl des ganzen Menschengeschlechts in sich und es kann erhört werden, eben weil es der Müh wert ist, so zu beten, so lohnt es auch dem Schicksalsgott die Erfüllung.

Ich hab’s im Mutterleib schon gespürt, was aus meinem Kind wird werden, und hab auch keinen Augenblick dran gezweifelt, seit er auf der Welt war, daß es zu ihrem Heil werde sein. Warum? Meine Gedanken waren immer aufs unverschuldete Naturleben gerichtet, wo ich den Verkehrtheiten aus dem Weg rücken könnt, denn nie hab ich heller empfunden, wie sehr das Geschick des Menschen ins Gedräng kommt bei dem Lehren und Predigen verkehrter Grundsätze, als während ich auf meinen Sohn gewartet hab, daß der das Licht der Welt sollt erblicken. Und mein sehnend Gebet war stets, daß sein Dasein, seine Seele einst eine Beweisführung für das alles sein möchte, was ich in der Natur als heilige Widerlegung ihrer verkehrten Erziehung, ihrer Umschaffung des Menschengeschlechts empfand. Obschon nun als die pedantischen Unglücksseher haben die Händ überm Kopf zusammengeschlagen über meine unpädagogische Grundsätze, so ließ ich mich’s nicht anfechten, denn ich hielt mich an die Natur, die mein Gebet gleichsam aus mir herausgelockt hatte, so wüßt ich also, wonach ich mich sehnte, auf was ich hoffte, das war die Wahrheit. Und vom ersten Augenblick, da er geboren war, ist mir über alle Dinge ein ander Licht aufgegangen, und hab erst meine wahre Erziehung genossen in dem unschuldigen heldenmütigen Übermut meines Sohnes, der alles Große auf der Stelle bewähren zu können keinen Augenblick zweifelte, und der mit allen Kräften auch dahin strebte, daß, was sein Gefühl einmal berührte, das ward eine Flamme in ihm, in der er den eignen Sinn erhoben hat über das Gewöhnliche. Da sind mir erst recht die Gedanken gekommen über die Engherzigkeit, mit der man dem frischen Geist den Boden vor den Füßen abgräbt! Wie die Welt sich da selbst im engen Netz verfängt und allen Verlust davon hat, aber wenn einmal ein großer Geist geboren würde mit unverderbbarer fester Charakterstärke, und der käm unter eine Krone zu stehen, wie ich’s der Frau Königin damals in der Nacht auf meiner Heimfahrt hundertfältig gegönnt hab, und er begreift seine Mission recht, was er nämlich der Menschheit schuldig ist, wenn er seine wahre Unsterblichkeit gründen will, nicht aus Eitelkeit, sondern aus hohem weitsehendem Geist, der aus Ehrfurcht vor der Wahrheit sich keine Lüge erlaubt, in keinem Stück, nicht in der Politik, und nicht in seinem Herzen, und nicht über seine Fehler, der würde eine unerreichbare Höhe über der Menschheit einnehmen. Wie ein glänzender Stern würde er dastehen, und die Menschheit würde dann erst begreifen, was das bedeuten will, auf einer so hohen Stellage, als ein Thron ist, ihr Ebenbild wahrzunehmen, um zu begreifen nämlich, wie sie sein sollte und was sie aus sich machen sollte. — Das ist gewiß, die Menschheit würde hinter so einem Fürsten nicht lang zurückbleiben, im Gegenteil, sie würde ihm bald vorherlaufen und ihm den Weg ebnen über alle finstere Klüfte des Aberglaubens und der Angst um nichts, wo er das Sehnen alle, was der Menschheit den Busen schwellt, aus eignen unverkümmerten Himmelsgaben stillt, sie würde ihn auf ihren Schultern tragen ins Paradies des Bewußtseins. Das heißt, wo der Geist freies Spiel hat und braucht sich nicht mehr zu verbergen vor dem Vorurteil, was mit gewappneter Faust ihm ins Gesicht sonst geschlagen und hat ihn betäubt ganz, jetzt aber geblendet von seinem Glanz ihm unterliegt, da muß dann auch die Lieb offenbar sein zwischen Fürst und Volk, das wird schon der erste Schritt sein zur Sündenlosigkeit; daß eine ganze Nation nicht mehr zu heuchlen braucht, und braucht nicht mehr Glocken zu läuten, weil’s Geburtstag ist, und Kirchenfeierlichkeiten zu halten, wo der Prediger sich ein Loch in den Kopf studiert, eine Festpredigt zu halten, wo man ein Tedeum singen soll, daß ein so edler Fürst die Zeiten regiert, der nicht wie der bewußte Nebukadnezar ein grasfressendes Tier wär, sondern er hätt nur aus reinem Pläsier an den Naturwissenschaften die schöne Wiesenkräuter eher beliebt zu speisen. — Ja, was kann das uns batten, aus was vor einem Grund so ein Fürst Liebhaberei hat am Grasfressen, ob’s ein tierischer Trieb wär oder sonst ein Grund, immer ist es tyrannisch, Menschen, die keine Schafe sind und keine Ochsen, so zu dene Heubündel und zu solcherlei Kräuter einzuladen, die kein Salat sind oder Christkohl oder Spinat und gelbe Rüben, sondern Futterkräuter. — Und wenn auch alle Herzen disponiert wären, ihm den Weg mit Palmen zu bestreuen und Hosianna zu singen, es müßte ihnen über dem Erbsenstroh und Häcksel doch am End in der Kehl stecken bleiben.

Was hilft alles Nachdenken und Sehen in die Zukunft, wenn’s der Eigensinn von sich stößt? — Wenn der Hoffart nichts will zu danken haben der Natur, die doch allein das folgsame Kind Gottes ist. Und da muß freilich die Langmut das einzige Rettungsmittel sein, mit der man abwartet, bis eine höhere Zeit kommt, wo der Geist sich aufschwingt und der Tyrannengeißel vergißt, denn es hilft alles nichts, sie begraben nur sich selbst. Der Geist ist’s ja, der immer am dritten Tag wieder aufersteht, sie können aber die Lieb nicht auslegen, und buddlen den Auferstandnen immer wieder ins Loch ihrer Albernheit ein.

Ich hab als gedacht: kommst du heunt nicht, so kommst du morgen. Das ist ein Sprüchwort, was seine zwei Seiten hat. — Nicht allein gegen die Trägheit ist das eine Spottrede, sondern ein Geißelhieb ist’s für die schwachherzige Menschen, die in die Speichen vom Schicksalsrad eingreifen. Das Rad hat einen so gewaltigen Schwung, daß es über alle Vorkehrungen hinaus sich Bahn macht, und nur der Geist darf ihm begegnen, denn seine Weisheit ist einverstanden mit ihm. Aber die, welche sich ihm widersetzen, streut es wie Spreu durch seinen Gegenstoß in die Lüfte, daß sie sich selber nicht wiederfinden und nicht wissen, wer sie gewesen sind. Sie werden, wenn ihnen noch Besinnung bleibt, an ihr eigen Nichts glauben müssen aber die heilig Unsterblichkeit, die jedes Fürsten heiligste Aufgab ist (denn das ist der einzige Schritt zur ewigen Seligkeit), die ist versäumt. Und was sie ganz der Vernichtung preisgibt, das ist, daß die Erleuchtung, die von ihnen hätt über die Völker ausstrahlen sollen, in einen düstern Keller sich verwandelt, wo keiner die Hand vor den Augen sieht, und natürlich lauft da alles zusammen in so einer Dunkelheit, wie eine Herd Schaf, die im Pferch auf dem Feld sich vor dem Donnerwetter fürchtet, sie ducken sich eins unter das andre vor dem Blitz.

Sprecht ihr mir die prophetische Gab ab? —

Du nicht, die hier zu meinen Füßen sitzt, dein feurig Aug spiegelt meinen Seherblick. Was mach ich mir aus den Kalbsaugen der Welt, die jede Wahrheit ungläubig anstieren, oder auch unbewußt, von was die Red ist.

Vom Heil der Welt ist die Red, vom allebendigen Geist, der soll nicht unterdrückt werden, in welcher Gestalt er auch erscheine. Der Aberglaube, der dieser Gestalt zwar anhängt, aber in dem ihr Geist nie lebendig geworden der diesen Geist verfolgt und ihn zwingen will, in seinen heiligen Umwandlungen stillzustehen, der muß verfolgt werden, der ist der boshafte Tyrann, welcher aus der Wahrheit eine Lüge macht. Aber ihr! — Nicht ihr allein! alle Welt, was hilft ihr Hallelujasingen und Glockengeläut? Nur ein Ton dringt ins göttliche Ohr.

Was mag das vor ein gewaltiger Ton sein, fragt ihr, der zwischen allem Weltgetümmel, durch die Wolken hinauf dringt, der den himmlischen Heerscharen ihre Fanfaronaden übertönt, und ihre Freudensalven und unendliche Lobgesänge, die die Himmelswölbungen durchdröhnen, und sich allein vernehmbar machen kann dem göttlichen Gehör! —

Wie soll ich darüber Aufschluß geben? — Horcht einmal! — Wie still ist’s eben in der abendlichen Stunde hier in der freien Natur! — Kein Lüftchen geht! — kein Blättchen regt sich! — Seht einmal, auf dem Main kräuselt sich kein Wellchen — so still ist’s — man hört ein Käferchen summen von weiter Fern, eben kommt’s daher geschwirrt! — Die Sonn mit majestätischen Schritten geht schon abwärts, man hört ihre Sohlen nicht aufklappen, so einen leichten Tritt hat sie. Es ist bewundernswürdig! — es rührt mein Herz, daß eine so allgewaltige Stille Macht hat über den ungestümen Weltlärm, der sich gleichsam vernichtigt in ihr, wie die Atome, die sich herumtummlen in dem Sonnenstrahl, der da durch die Zweig zu uns heruntersteigt! — Und das Bienchen, das eben von seiner langen Reis kommt, unterbricht die abendliche Stille mit dem Auftappen seiner Kurierstiefel und seine klirrende Sporen, mit denen es so ritterlich die Blumenknöspercher anfährt, die sich nicht gleich auftun wollen. — »Holla! Wirtshaus!« Jetzt wird’s auch lebendig unter denen Federnelkercher. Horcht! — wie sie aufplatzen! — Und es kommen noch mehr Gäst! und es regen sich noch mehr Sträuchelcher, seht emal den langbeinigen Lavendel an, der klirrt zusammen mit denen Mückelcher und Schnacke, die in beflügelter Eil durchrenne, als wenn man auf einer neuen Chaussee rumpelt. — Und — ei, das nimmt ja kein End mit dem Nationengeschwirr von fliegende und krabbelnde Reisende! Und was sie schnattern und bunt aussehn und lachen übereinander und galern, wie so ein Zug von emigrierte Franzosen! — Ja, an ihrem lustige Humor und wie sie all Platz finden und jeder den andern ungehindert vorbeiläßt, und zufrieden sind, wie sie unterkommen, und wie sie ritterlich vornehm aussehn derbei, und jeder so stolz auf seine Eigenheiten, ohne den andern zu verachten. Man könnt sie wohl mit einem französischen Emigrantenzug vergleichen. — Nun, ich hör alles, ich fühl alles, was unter denen Tiercher da vorgeht, und ihr Getue füllt mir Ohr und Herz und Geist! daß ich mich mitten auf dem Marktplatz befind des Lebens. — Aber lauscht einmal in die Fern rund umher, so seid ihr dennoch umgeben von der unermeßlichen Allgewalt der Stille. — Das bejaht ihr mir. — So ist’s mit Gott auch, im Reich der Stille waltet sein hörsamer Geist, und der klingt zusammen wieder mit Geist, der allein diese Stille zu unterbrechen vermag. Nur, was mit dem göttlichen Geist zusammen erklingt, das vermag ihn zu berühren. Er muß sich selber vernehmen in dem, was zu ihm dringen will. Und ihr seht, daß das nicht grad braucht ein gewaltiger Ton zu sein. — Nein, der himmlische Klang von seinem Geist ist so leicht zu reizen wie die allebendige Natur, wo auch ein einzig Bienchen schon ihren schönsten harmonischen Einklang wecken kann, und sie läßt sich rühren und umstimmen in ihrem geistigen Vermögen, bald durch einen Vogel, durch ein murmelnd Wässerchen, durch den daherschwirrenden Morgenwind, durch die blökende Herde, und so geht’s durch alle Tonleitern ihrer Musik bis zum brausenden Meeressturm, den sie in ihrem sanften Schoß wiegt, alles, was mit ihr anklingt, das wird auch von ihr vernommen, denn sie gibt ja deutlich Antwort! — Und! — horcht ihr! — Es ist lauter tröstlicher allbelebender Balsam, ihre Sprache! — Also die Sprache Gottes so deutlich nachgeahmt, daß man glauben dürft, man hört ihn selbst. Ja, was soll sie auch widerhallen als Gott allein! — Und darum, seht ihr, mach ich den richtigen Schluß, daß die Natur in fortwährendem Geistanklingen ist mit Gott, und daraus schließ ich ferner, daß aller Geist aus der Natur entspringt, und der Schluß, der jetzt folgt, ist, daß der Geist unbehindert hervor soll treten aus der Menschennatur, weil es die alleinige Kraft der Berührung ist mit Gott, und weil unmöglich das göttliche Gehör was anders vernimmt als den freien Geist. — Der ist die lebendige Kirch, die Gemeinschaft des Heiligen, die alle in sich versammelt, welche Anspruch haben an Unsterblichkeit. — Wie kann einer mit Gott sich vernehmen wollen, daß der in ihm walten soll, der Sinn und Leben in uns erst frei erschaffen, er aber zwingt sie in eherne Bande und fordert Tag für Tag widersinnigen Gebrauch ihnen ab? Und nun erschallt aus denen nur Widerspruch gegen die Wahrheit. Der dringt nicht zu Gott. Er hat keinen Klang, nur Gespenstergerumpel, wie das vom erstorbnen gewürgten, erst irregeleiteten und dann mit heimliche Martern über die Seite gebrachten Prinzip des Lebens nicht anders zu erwarten ist, es wandert um als Gespenst unter denen, die es durch trügliche Mittel auf falsche Bahnen geleitet haben, es droht ihnen, es rächt sich an Kinder und Kindskinder, — jagt sie in Schrecken mit seinem Kettengeklirr. Ja selbst die Zeichen seiner Gefangenschaft befallen seine Schergen mit Angstschweiß durch sein Gepolter in dem Geschlecht seinem Denkkapitol, das ganz verödet und nur Nachteulen und Schuhu drin nisten und dann solch Gewürm, was sich keine Rechenschaft darüber zu geben vermag, warum dem freien Geist, der die einzige Vermittlung ist mit Gott, diese versagt soll sein. Wie könnt ihr’s verantworten, ihr Potentaten!

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