Kitabı oku: «Das Herz des Zauberers», sayfa 6

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»Ihr müsst mir noch einmal erklären, was Ihr mir sagen wollt«, bittet unser Fürst. »Ich höre Eure Worte, doch sie ergeben keinen Sinn für mich.«

»All die Informationen, die ich Euch gegeben haben, müssen Euch verwirren. Um dieses Gespräch unter vier Augen habe ich Euch gebeten, weil Ihr die Wahrheit verdient habt. Ihr solltet Euch nicht mehr auf mich verlassen. Ich bin Eures Vertrauens nicht mehr würdig.«

Manekas’ Stirn runzelt sich. Er seufzt tief auf. »Die Zauber der letzten Schlacht haben Euch viel Kraft gekostet. Ich habe zu viel verlangt. Wir alle verdanken Euch so unendlich viel. Ich kann in Euren Augen erkennen, dass Ihr von Unsicherheit geplagt werdet. Die Magie mag Euch im Augenblick verlassen haben. Möglicherweise kehrt sie wieder zurück. Wir haben unsere Feinde nur durch Eure Hilfe vernichtend schlagen können. Das, was uns jetzt noch erwartet, werden wir auch ohne Eure Zauber überstehen. Ihr habt die Voraussetzungen dafür geschaffen. Ihr habt für die empfindliche Reduzierung der Übermacht unserer Feinde gesorgt. Nur dank Euch haben wir jetzt eine Chance.«

Das Lob klingt falsch in meinen Ohren. Immer noch bin ich nicht sicher auf meinen Beinen. Als ich schwanke, drückt Manekas mich auf einen Stuhl nieder. Für meine Schwäche schäme ich mich zutiefst. Für unseren Fürsten will ich aufrecht stehen. Doch nicht einmal das ist mir während meiner Beichte vergönnt. »Ich hatte Hilfe. Genau das habe ich versucht, Euch zu erklären.«

»Euer Großvater hat also während unserer gesamten Reise Kontakt mit Euch gehalten? Er hat durch Euch gewirkt?«

»Genau. Ich war lediglich sein Werkzeug, seine Marionette. Ihr habt mich gesehen, doch eigentlich hat er die Zauber gesprochen und die Magie umgesetzt.«

Immer noch wirkt Manekas verwirrt. Er läuft in dem Raum, in dem er sonst allein zur Ruhe kommt, auf und ab. »Aber diese Verbindung ist abgerissen? Jetzt könnt Ihr nicht mehr mit ihm sprechen, um ihn um Rat zu fragen, und er ist nicht mehr in der Lage, durch Eure Hände Zauber zu erschaffen?«

Dann hat er es doch verstanden. Ich nicke und fühle eine gewisse Erleichterung, dass das Ausmaß meiner Unfähigkeit jetzt kein Rätsel mehr darstellt. »Oremazz kann uns nicht mehr helfen. Schon vorher hatten wir … nun, ja … Differenzen, was die Zusammenarbeit mit Umock angeht.«

Ein Ausdruck, den ich nicht deuten kann, huscht über Manekas’ Gesicht. Weiß er von der Hintertür, die mein Großvater in den Zauber eingebaut hat, der Umock von seinem Fluch befreien wird? Hat er seine Finger bei dieser Verschwörung im Spiel?

Ich lege den Kopf schief. »Gibt es möglicherweise etwas, worüber wir uns unterhalten sollen?«

»Ihr meint neben der Tatsache, dass Euer Großvater und Ihr mich belogen habt?«

Hitze tritt auf meine Wangen. Beschämt senke ich den Blick. »Es war ein Fehler. Die Entscheidung über diese Täuschung habe nicht ich getroffen. Dennoch bin ich dafür verantwortlich, wie sich die Lüge entwickelt hat. Ich habe versprochen, all meine Fähigkeiten für diese Sache einzusetzen. Das tue ich noch immer mit voller Überzeugung. Auch ohne die Anweisungen von Oremazz und die Unterstützung von Umock werde ich tun, wozu ich in der Lage bin. Allerdings weiß ich aufgrund meines Zusammenbruchs nach der letzten Schlacht nicht, ob ich überhaupt noch von Nutzen sein kann.«

Manekas kommt auf mich zu und legt eine Hand auf meiner Schulter ab. »Ihr ladet unglaublich viel Verantwortung auf Euch. Es wäre die Aufgabe Eures Großvaters gewesen, in diesem Krieg an vorderster Front zu stehen. Als ich seiner Versicherung, Ihr würdet die Magie in Euch tragen, Glauben schenkte, habe ich einen Fehler begangen. Er sollte hier sein und Euch nicht zwingen, ein Geständnis abzulegen, das jetzt für mich allerdings nichts ändert.«

Der letzte Halbsatz ergibt für mich keinen Sinn. »Nichts ändert?«

Er nickt. »Ihr habt Eure Aufgabe bis jetzt zu meiner vollsten Zufriedenheit erledigt. Egal, wie es dazu gekommen ist. Ich zweifle auch jetzt nicht an Euch. Ihr habt doch bereits bewiesen, keine Hilfe zu benötigen.«

Habe ich? Meiner Meinung nach habe ich sehr deutlich gezeigt, ohne die Unterstützung meines Großvaters und die des Königs der Nebelseelen völlig versagt zu haben. Unsere Feinde sind vorgewarnt. Die, die wir überfallen haben, sind lieber in den Tod gegangen, als sich von uns gefangen nehmen zu lassen. Ich kann keinen Erfolg erkennen, für den ich mir die Verantwortung zuschreiben darf.

»Nun habe ich Schwierigkeiten, Euch zu verstehen«, gebe ich zu.

»Ihr braucht weder Oremazz noch Umock. Ihr habt mir bereits gezeigt, ein wahrer Zaubermeister zu sein.«

»Ich habe versagt«, erinnere ich ihn. »Ich habe meine Kräfte nicht im Griff. Heute habe ich zu viel gewagt und habe dadurch meine Magie verloren.«

Man muss es Manekas hoch anrechnen, nicht die Geduld mit mir zu verlieren. Sein Gesichtsausdruck bleibt warmherzig und beruhigend. »Euer Großvater mag ein Großer Zaubermeister sein. Für die Heldentaten, die Ihr bereits vollbracht habt, ist er allerdings nicht verantwortlich. War er heute Morgen anwesend, als Ihr unsere Feinde mit dem Nebel verwirrt habt?«

»Nein«, antworte ich wahrheitsgemäß.

»Hat er Euch geholfen, unsere Männer unsichtbar zu machen und sie so leise zu machen, dass wir unsere Gegner überrumpeln konnten?«

»Nein, aber …«

Manekas hebt seine Hand. »Musste Euch Oremazz bei allen Aufgaben helfen, die Ihr bis jetzt für mich erledigt habt? Hat der König der Nebelseelen allein dafür gesorgt, unsere Verbündeten ausfindig zu machen?«

Langsam schüttle ich den Kopf. Das Wort ›dennoch‹ hallt so laut in meinen Ohren, dass es schmerzt.

Unser Fürst lächelt mich an. Sein Blick ruht fragend auf mir. »Wieso könnt Ihr nicht sehen, was Ihr alles geschafft habt? Weshalb erkennt Ihr Eure Macht nicht? Warum glaubt Ihr nicht an Euch, wenn ich dazu in der Lage bin?«

»Ich habe nicht gelernt, an mich zu glauben.« Natürlich ist das eine weitere Ausrede, die mir ermöglicht, mich für meine Unfähigkeit zu entschuldigen. »Sobald ich meine Kräfte zurückerhalten habe, bin ich bereit, mein Bestes zu geben. Ich weiß zu schätzen, dass Ihr mir keinen Vorhaltungen macht, weil ich nicht verhindert habe, dass unsere Feinde sich selbst das Leben nehmen. Es tut mir unendlich leid, die Verletzten nach der letzten Schlacht nicht heilen zu können. Gleich nach unserem Gespräch werde ich versuchen, die Energie zurück in meinen Körper zu locken. Dann kann ich bestimmt leichte Verletzungen versorgen, obwohl ich befürchte, das könnte mir bei größeren Wunden nicht gelingen. Ich werde …«

»Ihr werdet Euch ausruhen, während meine Ratgeber die nächsten notwendigen Schritte planen. Gönnt Euch eine Pause. Ich weiß, in den letzten Tagen wurde viel von Euch gefordert. Ich habe Euch Druck auferlegt, unter dem Ihr nur zusammenbrechen konntet. Ich trage Mitschuld daran, dass Euch die Magie verlassen hat. Noch einmal werde ich meinen besten Zauberer nicht in Gefahr bringen. Ihr werdet Euch schonen, bis Ihr wieder ganz bei Kräften seid.«

»Aber unsere Feinde … Das, was jetzt zu tun ist …« Ich versuche, mich aufzurichten.

Manekas schüttelt den Kopf. »Wir haben von Euch die genaue Lage der feindlichen Truppen erfahren. Natürlich werden unsere Gegner uns nun erwarten. Doch durch Euch und nur durch Euch haben wir genug Männer auf unserer Seite, um es mit ihnen aufnehmen zu können. Ihr habt es geschafft, unsere Verbündeten zu uns zu bringen. Dank Euch haben wir Aussicht auf Erfolg! Egal, was Euch Oremazz eingeredet hat: Ihr seid bereits ein großer Zauberer. Also gönnt Euch die Zeit, die Euer Körper braucht, damit Ihr danach wieder tun könnt, wofür Ihr prädestiniert seid.«

Mein Verstand wehrt sich dagegen, diese Absolution anzunehmen. Auch wenn ich jetzt ein halbes Lächeln auf meine Lippen schiebe, fühle ich mich schlecht. Ich habe nicht das Gefühl, genug getan zu haben. Aus irgendeinem Grund ist Manekas bereit, mir zu verzeihen. Ich glaube allerdings nicht, ich habe tatsächlich so viel Zeit, wieder zu meiner alten Form zurückzufinden.

Die Männer, die Umock abgestellt hat, damit sie die Truppen im Auge behalten, sind nicht mehr in der Lage, mich zu kontaktieren. Möglicherweise sind sie entdeckt worden. Sie können mir nicht mehr mitteilen, was in den Stützpunkten unserer Feinde vor sich geht. All die Gefahren, die drohen könnten, wenn wir uns vorschnell auf den Weg zu unseren Gegnern machen!

Ich halte mich an der Tischplatte vor mir fest, um mich aufrichten zu können. Immer noch fühlen sich meine Beine so schwach an, als würden sie in der nächsten Sekunde ihren Dienst versagen wollen. Doch ich habe nicht vor, hier zu sitzen und darauf zu warten, bis ein Wunder geschieht. Ich möchte mein Schicksal selbst in die Hand nehmen und dafür sorgen, meine Zauberkräfte zurückzuerhalten. Noch weiß ich nicht, wie ich das anstellen soll. Ich muss einen Weg finden. Hier in Manekas’ Unterkunft wird mir das allerdings nicht gelingen.

»Danke für Eure Worte«, sage ich mit fester Stimme. »Es bedeutet mir unheimlich viel, dass Ihr in dieser Angelegenheit auf meiner Seite steht. Ich werde Euer Vertrauen nicht noch einmal enttäuschen. Ab jetzt herrscht absolute Ehrlichkeit zwischen uns.«

Unser Fürst nickt. Sein Gesichtsausdruck bleibt ernst und unbewegt.

Langsam bewege ich mich zum Ausgang der Hütte. Mir fehlt noch immer die Kraft, um mich so schnell fortzubewegen, wie ich es sonst immer tue. Aus einem Impuls heraus will ich mich transportieren, bevor ich bemerke, das nicht mehr zu können. Der Verlust meiner Zauberkraft schmerzt. Wenn ich sie nicht zurückerhalte, bleibt mir gar nichts. Dann kann ich nur noch darauf warten, durch den Tod von meinem Leiden erlöst zu werden.

Endlich lange ich bei der Tür an und öffne sie. Die Sonne wärmt meine Haut. Ich blicke gen Himmel und bemerke, dass ein Teil der Wolken, die unsere Erde verdunkelt haben, verschwunden ist. Die Macht, die unsere Feinde ausgeübt haben, scheint etwas von ihrer Wirkung verloren zu haben. Die lange nicht mehr gespürten Sonnenstrahlen könnten mir Hoffnung schenken. Ich kann dieses Gefühl jedoch nicht in mir wachrufen. Da ist nichts als Traurigkeit, Einsamkeit und Verlorenheit, die auf meine Seele drücken.

Janifik eilt an meine Seite, um mich zu stützen. Ich lasse seine Hilfe zu, obwohl ich mich tief in meinem Inneren für meine Schwäche schäme. Wie sehr ich es hasse, in meine Grenzen verwiesen worden zu sein. Wie demütigend, mich von Janifik in meine Hütte und ins Bett bringen lassen zu müssen! Ich bin nicht einmal in der Lage, wie sonst einen Blick auf Elevander zu werfen. Zu sehr geniere ich mich, vollkommen versagt zu haben.

Auf meinem Lager rolle ich mich zusammen. Mein gesamter Körper schmerzt. Janifik bringt mir etwas zu trinken und zu essen. Die Vorräte in unserem Lager neigen sich dem Ende zu. Ein weiterer Punkt, weshalb wir uns beeilen müssen, unsere Feinde endgültig zu vertreiben. Die Menschen aus der Umgebung haben uns geholfen, wenn Manekas’ Abgesandte sie um Lebensmittel gebeten haben. Viel ist ihnen selbst nicht mehr geblieben. Es wird Zeit, dass dieser Krieg ein Ende findet.

Müde nehme ich etwas zu mir, bevor ich die Augen schließe und mich ganz in die Dunkelheit fallen lasse, die sich in mir ausgebreitet hat. Ich heiße die Schwärze willkommen, die meine Seele befallen hat. Viel tiefer kann ich nicht mehr sinken. Irgendwann nicke ich ein.

Beinahe bin ich froh, als mein Unterbewusstsein mich in eine Fantasiewelt schickt. In meinen Träumen befinde ich mich wieder in Maëlle. Ich ahne noch nichts von diesem Krieg. Elevander wurde nicht verletzt und bringt mich mit seiner Weisheit und seinem Gesang zum Lachen. Ihn wieder lebendig vor mir zu haben, erfüllt mich mit so viel Glück, dass mein Herz überfließt. Ich verspüre so große Erleichterung, mir wird ganz schwindelig. Doch langsam sickert die Realität wieder zu mir durch. Die Feuchtigkeit auf meinen Wangen will mich zurück in die Gegenwart holen, in der ich ihn schmerzlich vermisse. Ich will nicht in die echte Welt zurück. Ich spüre allerdings, wie ich ins Hier und Jetzt gezogen werde.

»Warte eine Sekunde«, bittet Elevander und greift nach meiner Hand. »Es gibt etwas, das du wissen musst.«

Ein paar Sekunden kann ich vielleicht noch in meiner Fantasiewelt bleiben. Ich entspanne mich, atme ruhig weiter, um die Verbindung mit dem Traum nicht abreißen zu lassen. Wenn ich so tue, als würde ich die Realität nicht bemerken, kann ich hoffentlich noch bleiben.

Elevander drückt meine Finger. »Du bist ein ganz besonderer Mensch. Lass dir von niemandem etwas anderes einreden.«

»Niemand außer dir hat es jemals geschafft, mich glauben zu lassen, kein Verlierer zu sein.« Ich ziehe ihn näher an mich heran, umarme ihn, klammere mich so fest an ihn, wie ich kann. »Ich will dich nicht verlieren. Du darfst mich nicht verlassen. Ich brauche dich. Weiß du denn nicht, wie wichtig du mir bist? Ohne dich hat mein Leben keinen Sinn mehr.«

»Sag nicht so einen Unsinn«, tadelt Elevander. »Du weißt genau, da ist noch jemand, der dich so sehen kann, wie du wirklich bist.«

Sofort flüstert eine Stimme in meinem Ohr Umocks Namen. Hastig schüttle ich den Kopf. »Nein.«

»Dein Herz kennt die Wahrheit. Hör auf, dich dagegen zu wehren.«

»Es spielt keine Rolle. Er hat mich im Stich gelassen.« Wieder fließen Tränen über meine Wange. Ich hasse es, mich so klein und unwichtig zu fühlen. Vorübergehend hat Umock mir eine Welt gezeigt, in der es anders für mich sein könnte, in der ich mehr bin als ein Werkzeug meines Großvaters. Er hat mich glauben lassen, ich sei ihm wichtig, er empfände etwas für mich. Doch das alles war nur ein Trick, eine Manipulation. Wenn Elevander wüsste, was ich getan habe …

»Mir bleibt nichts verborgen.« Mein bester Freund lächelt mich an. »Es gibt nichts, was du vor mir verheimlichen kannst. Ich kenne dein Herz. Ich verstehe dich. Ich weiß, was geschehen ist und wie verwirrt du bist.«

»Es war ein Fehler, ihm zu vertrauen.«

Elevander zuckt mit den Schultern. »Davon bin ich nicht überzeugt.«

Wie kann er das nicht sein? Wie kann er daran zweifeln, bei Umock würde es sich um einen Verräter der schlimmsten Sorte handeln? Dieses Wesen hat mich nicht nur belogen. Es hat mich nicht nur ausgenutzt, um einen Vorteil davon zu haben. Es hat mich benutzt, mein Herz erobert und mir Dinge versprochen, die nicht möglich sind. Er hat mir einen Moment des Friedens und des Glücks geschenkt, um mein Herz in der nächsten Sekunde wie einen trockenen Zweig zu zerbrechen. Ich werde niemals wieder jemanden so nahe an mich heranlassen. Ich habe ihm vertraut und musste dafür bezahlen. Wie soll ich jemals wieder in der Lage sein, jemanden in mein Herz zu lassen?

»Vielleicht gibt es Gründe, die sein Verhalten erklären?«

Ich lache ungläubig auf. »Um welche sollte es sich handeln? Hat er etwas Wichtigeres zu tun? Existiert ein Ort, an dem er dringlicher benötigt wird?«

»Würdest du ihm glauben, wenn er das behaupten würde?«, fragt Elevander neben meinem Ohr.

»Nein.«

»Würdest du ihm überhaupt eine Chance geben, sich zu erklären?«

Ich schiebe ihn auf Abstand. »Das steht nicht zur Debatte. Wir werden uns niemals wiedersehen. Bevor ich nicht gestorben bin, werden unsere Wege sich nicht wieder kreuzen. Bestimmt wird er auf diesen Moment warten. Mein Körper wird noch nicht erkaltet, nicht erstarrt sein. Doch er wird neben mir auftauchen und mein Versprechen einfordern. Aber daran fühle ich mich nicht mehr gebunden. Er wird meine Seele nicht erhalten.«

Mitleid zeigt sich in Elevanders Gesicht. »Wie sehr du leidest.«

So armselig soll er mich nicht sehen. Das ist nicht die Art, wie er meine Worte beurteilen soll.

»Du weißt, er kann dich hören? Er kennt deinen Plan, weil du ihn ihm verraten hast. Du hast seinen Namen ausgesprochen, hast kurz darauf behauptet, deinen Schwur nicht einhalten zu wollen …«

»Das war keine Behauptung. Das ist mein Plan. Daran werde ich festhalten. Davon lasse ich mich nicht abbringen. Auch nicht von dir. Ich wurde genug verletzt. Ich habe genug Zugeständnisse gemacht. Ich bin klein genug gemacht worden.«

Elevander nickt. »Ich verstehe. Trotzdem solltest du deine eigenen Ansprüche nicht verraten. Du hast deine Versprechen immer eingehalten. Es war dir wichtig, dass man sich auf dein Wort verlassen kann. Daran hat sich doch nichts geändert.«

Das Wort Nein liegt mir auf der Zunge. Doch so einfach ist es nicht mehr. Ich habe mich verändert. Dieser Krieg hat mir neue Seiten an mir gezeigt. Die Liebe hat mir das Herz gebrochen. Weshalb sollte ich noch der Gleiche sein? »Ich stehe zu meinen Schwüren den Menschen gegenüber, die es verdient haben.«

»Ich habe dich anders kennengelernt. Trotz deiner Enttäuschungen erkenne ich den Jungen von Früher tief in deinem Inneren immer noch.« Ein trauriges Lächeln schiebt sich auf sein Gesicht. »Du weißt, ich liebe dich, nicht wahr? Du weißt inzwischen, wie wichtig du mir bist?«

»Nicht.« Mein Herz wird schmerzhaft zusammengepresst. Natürlich ist mir bewusst, worauf er anspielt. Ich will sein Geständnis allerdings nicht hören. Mit der Bedeutung dieser Worte möchte ich mich nicht auseinandersetzen. »Tut mir leid.«

»Du musst nicht so empfinden, wie ich es tue. Ich habe vor langer Zeit verstanden, es ist besser, wenn wir durch meine Gefühle unsere Freundschaft nicht zerstören lassen. Selbst wenn du irgendwann deine Zuneigung zu mir entdeckt hättest, wäre zwischen uns nichts möglich gewesen. Ich bin deiner nicht würdig.«

Widerspruch regt sich in mir. Wie kann er so einen Unsinn sagen? Wie kann er andeuten, er würde nicht mit mir auf der gleichen Stufe stehen?

Elevander legt den Kopf schief. »Umock hat mehr mit dir gemeinsam als ich. Obwohl wir uns kennen, solange ich denken kann, obwohl ich dich liebe, seit ich das erste Mal von einem Kuss zwischen uns geträumt habe, versteht er besser, was in dir vorgeht. Euch zusammen zu sehen, hat mir klar gemacht, dich nur daran zu hindern, Großes zu tun. Vor dir liegt eine strahlende Zukunft. Umock kann dich lehren, was du wissen musst. An seiner Seite kannst du wachsen und dich weiterentwickeln. Mit ihm wirst du fremde Länder kennenlernen. Selbst wenn ich gegen jede Hoffnung zurückkehren sollte …«

»Dafür werde ich alles tun«, unterbreche ich ihn. »Sobald dieser Krieg vorbei ist, werde ich jeden Zaubermeister aufsuchen, von dem ich jemals gehört habe. Irgendjemand wird mir helfen können, dich zu retten.«

»Selbst wenn ich zurückkehren sollte, wirst du mich hinter dir lassen müssen. Ich bin nicht in der Lage, das zu sein, was du brauchst. Für einen großen Zauberer wie dich wäre ich nur ein Klotz am Bein. Es wäre selbstsüchtig von mir, wenn ich dich nicht freigeben würde.«

»Ich werde dich nicht zurücklassen. Sollte ich tatsächlich die Welt erforschen, dann nehme ich dich mit. Wir können uns gemeinsam an jeden beliebigen Ort transportieren. Gemeinsam können wir jedes Hindernis überwältigen. Dieses Abenteuer ist für uns beide gemacht.«

Er schüttelt den Kopf. »Danke, dass du mich mit dabeihaben willst. Das wird nur nicht funktionieren.«

Wütend balle ich die Hände zu Fäusten. »Mir egal. Ich werde das nicht akzeptieren.«

»Konzentriere dich auf deine Aufgabe. Du wirst gebraucht.«

»Durch meine eigene Schuld bin ich nicht mehr in der Lage, meine Aufgabe zu erfüllen«, berichte ich düster. Das schlechte Gewissen nagt an mir. »Ich habe versagt. Ich habe alle enttäuscht.«

»Unsinn. Sobald du den Schmerz zulässt, sobald du dir eingestehst, wie es in dir aussieht, wirst du stärker sein als jemals zuvor.«

Die Vorstellung, meine Gefühle zu akzeptieren, jagt mir Angst ein. Wenn ich meine Mauern fallen lasse und zugebe, wie verloren ich mich fühle, wird die Panik mich überrollen. Ich werde untergehen in einem Meer aus Traurigkeit. Daraus kann ich niemals wiederauftauchen. Auch wenn ich spüre, wie kleine Blasen voller Sehnsucht bereits an die Oberfläche steigen, will ich sie zurückdrängen. Sie dürfen sich nicht befreien. Denn dann bin ich verloren.

Mit einem Aufschluchzen klammere ich mich an Elevander fest. Ich genieße es, ihn lebendig und wohlbehalten vor mir zu haben, seinen Rat zu hören, nicht mehr allein zu sein. Doch die Angst vor dem Versagen kann ich nicht abschütteln.

»Du trägst die Kraft in dir«, behauptet Elevander. »Vertrau auf sie, und sie wird dich nicht wieder verlassen. Glaub an dich, und du wirst zu dem Zauberer werden, der du gerne sein willst.«

So verlockend. So verführerisch. »Ich kann nicht.«

»Du wirst es können, wenn es so weit ist. Du bist nicht allein. Ich bin an deiner Seite, auch wenn du mich nicht sehen kannst. Ich unterstütze dich, auch wenn ich nicht neben dir kämpfen kann. Du bist mein Seelenverwandter, mein leuchtender Stern in der Dunkelheit. Gemeinsam sind wir stark.«

Ich nicke, während Tränen in meinen Augen brennen.

Elevander streicht über meinen Rücken. »Lass es zu. Lass dich in deine Traurigkeit fallen. Akzeptiere sie als einen Teil von dir. Und dann steige neugeboren aus dem Meer der Beklommenheit.«

Die Wellen schlagen bereits über mir zusammen. Unter der Last all dessen, was ich verdrängt habe, breche ich zusammen. Mein bester Freund hält mich fest, während ich tobe, trauere, leide. Sämtliche Kanäle in meinem Inneren öffnen sich. Die Traurigkeit, die Angst, die Scham brodeln in mir. Sie werden zu einer Sturzflut, die mich nach Atem ringen lässt. Es dauert lange, bis ich mich davon freigestrampelt habe. Meine Reise durch meine Emotionen ist allerdings noch nicht zu Ende.

Meine Träume und Hoffnungen drängen ins Freie. Alles, was ich so lange ignoriert habe, vermischt sich zu einem Strudel, der mich mit sich reißt. Ich löse mich auf, zerfließe, werde zu einem Teil des göttlichen Ganzen, bis sich meine Zellen wieder zu einem neuen Wesen zusammensetzen. Nach und nach gewinne ich meine Stärke zurück. Ich schöpfe Mut. Hoffnung bringt mein Innerstes zum Glühen. Und dann erstrahle ich in einem Licht, das mich blendet und alles um mich herum verschwinden lässt, bis es nur noch die Helligkeit gibt, die aus meiner Seele kommt.

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