Kitabı oku: «Die Seele des Zauberlehrlings», sayfa 5

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Die Serpentinen sind eine Herausforderung für Reiter und Tier, weshalb wir nur langsam vorwärtskommen. Auch der steile Abfall des Berges bremst uns. Hat zu Beginn des Abstiegs die Sonne gerade den Horizont berührt, schiebt sie sich jetzt gnadenlos tiefer. Nicht mehr lange, und die Dunkelheit senkt sich über die Umgebung. Wir müssen uns beeilen, wenn wir rechtzeitig ein provisorisches Lager errichten wollen.

Als sich endlich vor uns der Weg weitet und wir auf einer kleinen Ebene einlangen, fühle ich Erleichterung. Der Gedanke, nach Sonnenuntergang unterwegs sein müssen, hat mich mit Sorge erfüllt. Wir haben uns auch beträchtlich dem Sumpf genähert. Ein Fußmarsch von vielleicht einer Viertelstunde trennt uns von den ersten Ausläufern der nebelverhangenen, abgestorbenen Baumlandschaft. Ich bin nicht böse, wenn wir dazu nachts reichlich Abstand halten.

Unser Fürst gibt den Befehl, einige Sträucher am Wegesrand auszureißen, um Platz für unsere Männer zu machen. Dann wendet er sich an mich. »Seid Ihr mit diesem Lagerort zufrieden?«

Ich schließe die Augen, stelle eine Verbindung zu meinem Großvater her. Tagsüber habe ich ihm, wie sonst auch immer wieder, Informationen über den Verlauf unserer Reise zukommen lassen. Er weiß also, wo wir uns befinden. Das ermöglicht es ihm, in den Zeiten zwischen unseren stummen Unterhaltungen Erkundigungen einzuholen. Jetzt sendet er mir Bilder, durch die ich die Gunst des Fürsten für mich gewinnen kann.

Mit einem vorsichtigen Lächeln wende ich mich an den Mann, der mich neugierig beobachtet. »Ich denke, er ist nahezu ideal. Allerdings sollten wir uns ein paar Armlängen in den Wald schlagen. Dort finden wir eine Lichtung, die für unsere Zwecke geeignet ist.«

Wir werden keinen anderen Wanderern begegnen. Hier kommt nur vorbei, wer eine Abkürzung erhofft oder Umock um die Erfüllung eines Wunsches bitten will. Ich weiß nicht, ob der König der Nebelseelen tatsächlich im Austausch für die Seele des Bittstellers dessen Träume wahr werden lässt. Wer würde schon seine Seele vor seinem Tod verschachern, nur um lächerlichen Tand zu erhalten, den er nicht in die Anderswelt mitnehmen kann? Ich könnte mir nichts vorstellen, wofür ich die Reinheit meiner Seele opfern würde.

»Seid Ihr sicher, dass es eine Lichtung mitten im Wald gibt?«, fragt der Fürst nach. »Es führt kein Pfad dorthin. Wir müssten Bäume abholzen, damit die Reitechsen hindurch können.«

»Die Lichtung befindet sich direkt vor uns. Nur ungefähr zehn Armlängen in diese Richtung. Schickt Botschafter aus, damit sie meine Aussage bestätigen. Es werden uns nicht viele Bäume im Weg sein. Das versichere ich Euch.«

Der Blick des Fürsten ruht noch einmal mit unangenehmer Intensität auf mir. Dann nickt er und gibt die Befehle weiter. Zum Glück sind die Aussagen meines Großvaters genau. Ich bin ein weiteres Mal der Enthüllung als Scharlatan entkommen.

Es dauert ungefähr eine Stunde, bis alle Männer auf der Lichtung angekommen, die Reitechsen versorgt und die Zelte für die Truppen aufgestellt sind.

In der Mitte der Lichtung hat man Lagerfeuer entzündet. In deren Nähe und damit gut beleuchtet und gewärmt, steht das Zelt, das der Fürst bewohnen wird. Daneben übernachten seine Ratgeber. Mir wird wieder eine Sonderstellung eingeräumt. Mein Zelt steht weder bei diesen wichtigen Männern, noch ist es Teil des Ringes von auf dem Boden ausgerollten Decken, der das Lager umgibt. Dort werden die Soldaten sich zur Ruhe begeben, um den Fürsten vor Angriffen zu schützen, während ich zehn Armlängen von den anderen in einem Zelt nächtigen werde. Es ist deutlich kleiner als die der Ratgeber. Ich muss allerdings meinen Kopf nicht direkt auf das Gras betten und habe ein Dach über dem Kopf. Viel mehr kann ich nicht verlangen.

Überall, wo ich meine Hilfe anbiete, werde ich abgewiesen. Jeder bedenkt mich mit einem vorsichtigen Blick, als könnte ich versehentlich Decken in Brand stecken oder die Reitechsen verschrecken. Ich komme mir wieder einmal überflüssig vor und bin froh, dass ich zumindest heimlich mit einem Zauber einen Krug heilmachen kann, der während der Reise zerbrochen ist. Wieso muss ich immer der Außenseiter bleiben?

Als es schließlich den Anschein hat, als wäre alles für die Nacht vorbereitet, nähere ich mich den Feuern in der Mitte des Lagers. Über den Flammen werden Schwimmechsen gebraten. Der Duft steigt mir sofort in die Nase und erinnert mich daran, dass ich seit Stunden nichts zu mir genommen habe. Die Soldaten haben große Exemplare dieser Flussbewohner erlegt. Ihr Geschmack erinnert an den von Hähnchen, aber viel würziger. Mir läuft das Wasser im Mund zusammen. Ob die fast eine Armlänge großen Tiere dieser Gegend ähnlich lecker sein werden?

Ich nähere mich den Feuern. Bevor ich mich erkundigen kann, wie lange es noch dauert, bis ich vom Fleisch kosten darf, erscheint Janifik neben mir. Abgestellt, um mir zu dienen, scharwenzelt er um mich herum, sobald meine Füße festen Boden berühren. Ich sollte dankbar dafür sein, dass er sich so viel Mühe gibt. Dennoch fühle ich mich von seiner ständigen Nähe erdrückt. Der bewundernde Ausdruck in seinen Augen macht mir klar, welch große Hoffnungen er in mich hegt. Denen kann ich unmöglich gerecht werden.

»Wünscht Ihr zu speisen?«, fragt der Mann, der vermutlich sogar ein paar Jahre älter ist als ich. »Man hat mir gesagt, dass die Echsen in einer halben Stunde fertiggegart sind. Ich kann Euch in der Zwischenzeit Suppe und Brot organisieren.«

»Das ist sehr freundlich von Euch, aber nicht notwendig.«

Bestürzung zeigt sich in seinem Blick. Er tritt näher an mich heran. »So dürft Ihr mich nicht ansprechen. Ich bin nur ein einfacher Soldat, während Ihr der Vertreter des Großen Zaubermeisters seid.«

Müde unterdrücke ich ein Seufzen und nicke. »Es tut mir leid. Natürlich hast du recht. Ich werde auf meine Worte achten.«

Man muss mir meine Erschöpfung ansehen, denn Janifik schiebt mich zu einem Holzstamm und deutet mir, mich zu setzen. Meine Knochen protestieren. Jetzt kann ich nichts für sie tun. Morgen wartet zusätzlich noch eine längere Wanderung auf mich.

Janifik sieht mich fragend an. »Darf ich Euch Euren Tee bringen?«

Ich nicke. »Danke für Eure … deine Mühe.«

»Es ist mir eine Ehre, Euch zu dienen.« Er deutet eine Verbeugung an und verschwindet.

Würden wir diese Unterhaltung nicht jeden Tag führen, hätte ich mich durch seine Worte eingeschüchtert gefühlt. Doch da er die gleiche Floskel morgens, mittags und abends wiederholt, hat sie ihre beängstigende Bedeutung verloren.

Er sieht in mir einen Helden. Er denkt tatsächlich, er wäre dadurch geehrt, zu meinem Diener ausgewählt worden zu sein.

»Janifik erkennt das Feuer in dir«, sagt Elevander, der sich leise genähert hat. »Schau nicht so finster, weil er dir seine Ehrerbietung so deutlich zeigt.«

»Solltest du nicht bei deiner Einheit bleiben?«

»Nicht heute Abend. Nicht in den Stunden, in denen du dich auf das Zusammentreffen mit diesem Monster vorbereitest.« Mit einer geschmeidigen Bewegung nimmt er neben mir Platz.

Unsere Schultern berühren sich, weil auf dem Holzstamm so wenig Platz ist. Diese Nähe hat eine beruhigende Wirkung auf mich. Wieder einmal ist Elevander gekommen, um meine Seele aus der Dunkelheit zu retten.

»Woher nimmst du nur immer deine Selbstsicherheit?«, frage ich. »Woher stammt deine Fähigkeit, in allem und jedem etwas Gutes zu sehen?«

Mehrere Minuten lang schweigt er. Ich weiß, dass er über die richtige Antwort auf meine Fragen nachdenkt. Er gibt keine leichtfertigen Erklärungen, wenn es um die wirklich wichtigen Dinge im Leben gibt.

»Die Liebe meiner Eltern ist die Kraft, aus der ich jeden Tag schöpfe«, sagt er schließlich. »Sie haben mir immer das Gefühl gegeben, ich könnte sie niemals enttäuschen. Was auch immer ich tue, wie auch immer ich mein Leben gestalte, solange ich dabei glücklich bin, werden sie mich unterstützen. Das ist die Erklärung für meine Selbstsicherheit und möglicherweise auch der Grund, weshalb ich mich im Licht wohler fühle. Ich habe niemals so Schreckliches erlebt wie du.«

»Der Tod meiner Eltern hat mich schwer getroffen«, gebe ich zu.

»Du gibst dir tief in deinem Inneren die Schuld. Den Grund dafür verstehe ich nicht. Du warst bei dem Kutschunglück nicht mit dabei. Du hast der Reitechse nicht befohlen, vom Weg abzuweichen und vor der Klippe nicht Halt zu machen.«

Sein ruhiger, besonnener Tonfall lässt das, was geschehen ist, so harmlos klingen. Ich weiß, dass er absichtlich die Gefühle aus seiner Stimme gestrichen hat. Trotzdem trifft er mich direkt ins Herz.

»Vielleicht hätte ich mit ihnen sterben sollen«, murmle ich und starre in das Feuer vor uns.

»Unsinn. Oremazz hat sich dir gegenüber niemals verhalten, als wärest du sein Enkel. Ich glaube, du erinnerst ihn an seinen Sohn. Meine Mutter sagt ständig, dass du deinem Vater unglaublich ähnlich siehst. Vielleicht hat der Große Zaubermeister Angst, dich zu nahe an sich heranzulassen.«

»Weil er mich ebenfalls verlieren wird, wenn ich bei dieser Aufgabe scheitere.«

Elevander lacht leise auf. »Nein, du erinnerst ihn an seinen größten Verlust. Ich bin mir sicher, dass er dich tief in seinem Herzen liebt.«

Ich gebe ein Schnauben von mir. »Dann ist sein Herz tiefer als die tiefste Schlucht.«

»Manchen Menschen fällt es schwer, ihre wahren Gefühle zu zeigen.« Jetzt klingt mein Freund, als würde dieser Satz auch wieder eine geheime Bedeutung haben.

»Was bedrückt dich?« Die Traurigkeit auf seinem Gesicht lässt mich nicht kalt.

Einen Moment lang scheint es, als würde er mir etwas anvertrauen wollen. Doch er blinzelt bloß und lächelt. »Nichts. Unsere Welt ist ein dunkler Ort geworden. Ich vermisse das Licht.«

»Du bist das Licht«, flüstere ich. »Du erhellst meine Dunkelheit. Was würde ich nur tun, wenn ich nicht dein bester Freund sein dürfte?«

»Vermutlich würdest du noch mehr an dir zweifeln.«

»Das ist kaum möglich. Eigentlich sind wir noch mehr als Freunde. Es fällt mir allerdings immer noch schwer, das anzuerkennen. Es jagt mir Angst ein.«

Elevander holt hörbar scharf Luft. »Was meinst du?«

»Du bist mein Bruder. Deine Eltern … Sie waren so gut zu mir. Ich bin ihnen unendlich dankbar dafür, dass sie mich bei sich aufgenommen haben. Trotzdem fällt es mir schwer, sie auch als meine Familie zu sehen. So viele Jahre habe ich bei ihnen leben dürfen. Dennoch kann ich ihnen immer noch nicht zeigen, wie viel sie mir bedeuten.«

»Bruder?« Elevanders Stimme klingt seltsam, als er das Wort wiederholt.

»Deine Mutter nennt mich Sohn, wenn sie mich tadelt. Ja, wir sind Brüder. Obwohl nicht das gleiche Blut in unseren Adern fließt, sind wir untrennbar miteinander verbunden. Das geht weit über Freundschaft hinaus.« Ich blicke zu Elevander und suche in seinem Gesicht nach Bestätigung. »Das siehst du doch genauso, nicht wahr?«

Langsam nickt er. Es scheint, als wäre er nicht gänzlich überzeugt. Ich kann seine Miene nicht deuten.

Besorgt runzle ich die Stirn. »Trete ich dir damit zu nahe? Ich habe nicht vor, dir deine Eltern wegzunehmen. Natürlich bist du für immer ihr einziger wahrer Sohn. Diese Position will ich dir nicht streitig machen. Ich dachte bloß …«

»Nein, nein«, unterbricht Elevander mich rasch. »Natürlich sind sie auch deine Eltern. Du wohnst inzwischen so lange bei uns, dass es keinen Zweifel daran gibt. Die Wortwahl hat mich überrascht, weil du die Formulierung noch niemals benutzt hast.«

»Wie du vorhin gesagt hast. Manchen Menschen kommt nicht leicht über die Lippen, wie sie wirklich empfinden. Ich hätte deinen Eltern vor unserer Abreise mitteilen sollen, dass ich sie liebe. All die Jahre, die sie für mich gesorgt haben, konnte ich mich ihnen nicht öffnen. Ein Teil von mir flüstert mir immer noch zu, dass ich meine leiblichen Eltern verleugne, wenn ich deine in mein Herz lasse. Hätte ich mich allerdings nicht so vehement dagegen gewehrt, mehr als Dankbarkeit zu empfinden, wäre ich vielleicht in der Lage gewesen, die Meinung meines Großvaters über mich nicht zu meiner einzigen Wahrheit zu machen.«

»Meine Eltern wissen, wie viel sie dir bedeuten.« Elevander unterbricht den Blickkontakt.

Irgendetwas beschäftigt ihn. Das kann ich an den Schwingungen seiner Aura erkennen. Er scheint mir nicht verraten zu wollen, was wirklich in ihm vorgeht, aber möglicherweise sehe ich lediglich Schatten, die gar nicht existieren. Vermutlich lässt auch ihn das, was vor uns liegt, nicht so gleichgültig, wie er mich glauben lassen will.

Janifik tritt in den Feuerschein. Er hat einen Becher und eine Kanne bei sich. Den Becher drückt er mir in die Hand und füllt ihn mit einer heißen, duftenden Flüssigkeit. »Wünscht Ihr ebenfalls einen Tee?«, fragt er an Elevander gewandt.

Der schüttelt den Kopf. »Keine Umstände wegen einem einfachen Soldaten wie mir.«

»Wir sind beide nicht mehr als Diener für die Macht von Lesithder, dem Großen.«

Elevander unterdrückt das Lachen, bis Janifik verschwunden ist, um einen zweiten Becher zu holen. »Langsam bekomme ich eine Vorstellung davon, weshalb du ihn anstrengend findest.«

»Ich wünschte, du könntest einen Tag meine Rolle übernehmen«, sage ich mit einem Seufzen.

»Das wäre schrecklich für mich. Es tut mir leid, wenn ich direkt bin. Doch die Last, die auf deinen Schultern lastet, wäre zu schwer für die meinen.«

Dem möchte ich widersprechen. Elevander ist so viel stärker, mutiger und freundlicher als ich. Er hätte kein Problem damit, Umock um den Finger zu wickeln. Er würde ihm schmeicheln, ihn mit seiner Nettigkeit umgarnen, bis der sogar zustimmen würde, seinen Thron mit ihm zu teilen.

Schritte nähern sich uns. Elevander springt als Erster von uns beiden auf, als wir den Fürsten erkennen, der sich uns nähert. Mein Freund nimmt Haltung an.

»Lass uns allein«, befiehlt der Fürst in seine Richtung.

Elevander nickt. Bevor er sich auf den Weg zurück zu seiner Einheit macht, wirft er mir noch ein aufmunterndes Lächeln zu.

Der Fürst wendet seine Aufmerksamkeit ganz meiner Person zu. »Morgen wird sich unser Schicksal entscheiden. Wenn es Euch nicht gelingt, Umock auf unsere Seite zu ziehen, werden wir mit großer Wahrscheinlichkeit scheitern.«

Weshalb spricht er es aus und macht es dadurch zu einer unumstößlichen Wahrheit? Ist der Druck, der auf mir lastet, bisher nicht groß genug gewesen?

Sein Blick brennt sich in meine Seele ein. »Seid Ihr bereit?«

Mein Mund ist ganz trocken. Da ich auch meiner Stimme nicht traue, nicke ich.

»Das hoffe ich«, sagt unser Fürst düster. »All unsere Hoffnung ruht auf Euch.«

Ach, wenn es weiter nichts ist. »Ich werde mein Bestes geben.«

Ein grimmiges Lächeln erscheint auf dem Gesicht unseres Anführers. »Möge das genügen.«

Ich möchte fliehen, mich irgendwo verstecken, um diesem Albtraum zu entkommen. Das würde ich allerdings niemals wagen. Nicht, weil ich dann meinem Großvater Schande bereiten würde oder sich meine toten Eltern für mich schämen müssten. Nein, es hängt einfach zu viel vom Gelingen meiner Mission ab.

»Wann werdet Ihr aufbrechen?«, erkundigt sich Janifik, der sich herangeschlichen hat.

»Noch vor dem Sonnenaufgang«, antworte ich. In der Dunkelheit fühlen sich die Nebelseelen am wohlsten. Ich will ausnutzen, dass Umock sich auf sicherem Terrain wähnt. Die Dämmerung wird mir Sicherheit schenken, wenn die Verhandlungen nicht verlaufen, wie ich geplant habe. Der Anbruch des Tages wird es mir möglich machen, das Gespräch zu unterbrechen, wenn ich Gefahr laufe, die Kontrolle über die Unterhaltung zu verlieren.

Mein Blick huscht in die Richtung, in der der Sumpf liegt. Ob der dichte Nebel, der daraus aufsteigt, mir überhaupt ermöglichen wird, das rettende Sonnenlicht zu erkennen? Ich werde es bald herausfinden. Zu bald, wenn es nach meiner Einschätzung geht.

Ich schüttle den Gedanken ab und wende mich an Janifik. »Du musst mich nicht begleiten. Ruhe dich aus. Ich werde einen Zauber sprechen, der mich zur rechten Zeit weckt.«

Er deutet eine Verbeugung an. »Ganz wie Ihr wünscht. Dann werde ich jetzt Euer Lager bereiten, damit Ihr noch ein wenig schlafen könnt, bevor Ihr zu Eurer wichtigen Mission aufbrecht.«

Nach einem knappen Dank von meiner Seite verschwindet er.

Der Fürst mustert mich. »Informiert mich sofort, wenn Ihr von der Verhandlung mit Umock zurückkehrt. Ich will wissen, wie das Gespräch verlaufen ist. Wenn weitere Treffen notwendig sind, werden wir unser Lager befestigen müssen.«

»Selbstverständlich, mein Fürst.«

»Ich wünsche Euch viel Erfolg. Im Namen unseres ganzen Volkes bete ich, dass Ihr Umock davon überzeugen könnt, uns zu helfen. Zu viel hängt davon ab, als dass ein Scheitern infrage käme.«

Worte, die ich viel zu oft von meinem Großvater gehört habe. Ab morgen haben sie hoffentlich ihren Stachel verloren.

»Setzt Euer ganzes Vertrauen in mich«, presse ich hervor. »Ich werde nicht aufgeben, bis der König der Nebelseelen mir seine Zustimmung erteilt hat, uns bei unserem Kampf zu unterstützen.«

»Dieses Selbstbewusstsein habe ich mir seit zwei Wochen an Euch gewünscht. Ruht Euch aus. Der Segen unserer Götter möge Euch morgen begleiten.« Er nickt mir zu und lässt mich dann ebenfalls allein.

Ich setze mich noch einmal auf den Baumstumpf und nippe an meinem Tee, der in der Zwischenzeit kalt geworden ist. Reglos starre ich in die Flammen, bis die Kälte in meine Glieder und die Erschöpfung in meinen Verstand dringen. Dann erst bette ich meinen Kopf zur Nacht, um meine Sinne für den nächsten Tag zu sammeln.

4. Kapitel

Jeder einzelne Schritt fällt mir schwer. Ich habe den Eindruck, dass Gewichte an meinen Füßen hängen. Möglicherweise wird auch die Anziehung der Erde immer stärker, je näher ich dem Sumpf komme. Das Licht meiner Lampe, das ich mit Magie erzeugt habe, flackert. Ich halte das metallene Gefäß mit einem Arm hoch, um erkennen zu können, was vor mir liegt. Der Nebel dringt in die Ritzen der Öffnung an einer Seite der Lampe. Er versucht, das Licht zu ersticken, doch mein Zauber ist mächtiger. Zumindest im Augenblick kann ich die Dunkelheit ausreichend vertreiben.

Mein Herzschlag dröhnt in meinen Ohren. Meine Brust ist so eng, dass es schmerzt. In meinem Magen sammeln sich alle Ängste meines Lebens. Nun entscheidet sich, ob ich der Verlierer bin, für den mich mein Großvater hält. Unter Umständen schaffe ich es nicht ohne seine Hilfe. Dann hätte ich ihm bewiesen, dass er einen guten Grund hat, mich klein zu machen.

Er hat mir von diesem Teil seiner Vision erst spät erzählt. In dieser Wahrsagung hat er Umock und mich gesehen. Oremazz konnte hören, wie ich mit dem König der Nebelseelen Verhandlungen führe. In seiner Vorstellung war ich der Mensch, der das machtvolle Wesen überzeugt hat. Das ist der Grund, weshalb ich heute hier stehe.

Die Vorstellung irritiert mich immer noch. Je länger ich darüber nachdenke, umso mehr Fragen fallen mir dazu ein. Möglicherweise hat mein Großvater deshalb so lange geschwiegen. Er muss geahnt haben, dass ich seine Erzählung sezieren würde.

Mein innerer Widerstand wird mit jedem Schritt größer. Ich kämpfe mit meiner Verunsicherung, mit meinen Selbstzweifeln und meinem Verantwortungsbewusstsein. Wie sehr ich mir in diesem Moment Elevander an meine Seite wünsche. Nur er wäre in der Lage, einen Funken Mut in mir zu entzünden.

Der Nebel um mich wird immer dichter. Er schiebt sich mir in kompakten Wolken auf dem Boden entgegen, bäumt sich vor mir auf, bevor er wieder zusammensinkt. Meine Sicht wird von dem feuchten, grauen Vorhang eingeschränkt. Als ich mich umwende, habe ich den Anfangspunkt meiner Reise in den Sumpf aus den Augen verloren. Der Weg wird von der Dunkelheit verschluckt. Es ist ohnehin wichtiger, dass ich mich auf die Umgebung vor mir konzentriere. Rund um mich herum sind nur abgestorbene Sträucher zu erkennen. Bäume recken ihre nackten Arme gen Himmel, als würden sie um Gnade flehen. Noch befinde ich mich auf einem Weg, den ich ein paar Fuß weit erkennen kann und der sich zwischen den toten Pflanzen entlangschlängelt.

Gleich links von mir blubbert Wasser. Es riecht unangenehm faulig. Ich will mir nicht vorstellen, dass hier möglicherweise bereits ein sorgloser Wanderer die Orientierung verloren hat und von dem durchweichten Boden in eine tödliche Umarmung gezogen worden ist. Dringt der Gestank eines verwesenden Körpers zu mir, oder handelt es sich um den typischen Duft des Moores?

Spielt mir mein Gehirn vielleicht bereits einen Streich, als ich glaube, vor mir einen Schatten zu erkennen? Er wirkt zu massiv und bewegt sich viel zu schnell, als dass es einfach nur wabernder Nebel sein könnte. Dann ist der Schatten verschwunden. Hat mich Oremazz nicht genau vor solchen Sinneswirrungen gewarnt?

Bevor ich das Lager verlassen habe, habe ich den Zauber gesprochen, der verhindert, dass fremde Magie in meinen Verstand eindringen kann. Das ermöglicht mir noch kleine Zauber wie den mit dem leuchtenden Stein. Großes kann ich nun nicht mehr wirken. Obwohl ich vorsichtig sein muss, kann mir nichts geschehen. Trotzdem fürchte ich, dass die Energie, die hier im Sumpf mit fühlbarer Kraft vibriert, Einfluss auf mich haben könnte. Die Macht ist so stark, wie ich sie noch niemals erlebt habe. Selbst dann nicht, als mein Großvater mich gezwungen hat, den Unschuldigen zu Testzwecken zu verletzen. Als er mich meiner Gegenwehr beraubt hat und das volle Ausmaß seiner Magie durch mich geflossen ist, habe ich nichts Vergleichbares gespürt. Ich weiß, dass der Große Zaubermeister einer der Mächtigsten seiner Art ist. Dennoch war das damals übermächtige Gefühl, seine Energie wie einen Wirbelsturm in mir zu spüren, im Vergleich zu den jetzigen Eindrücken wie das Streicheln einer Feder auf meiner Haut. Hat sie beim Zauber von Oremazz nur geprickelt, steht sie jetzt in Feuer.

Ich bleibe stehen, hole tief Luft, sauge sie in meine Lungen. Obwohl die Feuchtigkeit jeden Atemzug zu einem anstrengenden Unterfangen macht, ringe ich ihr Sauerstoff ab, um meinen Brustkorb bis zum Anschlag mit Luft zu füllen. Ein paar Sekunden lang weigere ich mich, sie wieder zu entlassen. Ich warte, bis mein Herzschlag sich verlangsamt und Ruhe in meine Gedanken kehrt. Es gelingt mir, mich auf meine Aufgabe zu fokussieren, meine Ängste und Unsicherheiten zu überwinden und nur noch mein Ziel vor Augen zu haben. Dann stoße ich die Luft aus, heiße die Kraft willkommen, die mich durchflutet, und mache den nächsten Schritt.

Energisch schreite ich weiter den Weg entlang. Irgendwo vor mir, inmitten dieser Nebelwände, muss der Mittelpunkt des Sumpfes liegen. Das Zentrum der Macht, die Umock innehat. Direkt vor mir ragt ein riesiger, blätterloser Baum gen Himmel. Einer seiner Äste ist abgenickt. Ob er von einem Blitz getroffen worden ist? Ob die Feuchtigkeit ihn von innen heraus aufgefressen hat? Ich befasse mich nicht lange mit ihm, den plötzlich habe ich ein anderes Problem.

Vor mir teilt sich der Weg, dem ich gefolgt bin, doch ganz instinktiv wähle ich eine Richtung. Mein Herz gibt die Entscheidung vor. Ich folge dem Wink der Magie, die in mir wohnt, und beschleunige meine Schritte. Ich will den einen Moment nicht länger hinausschieben, der alles entscheidet. Ich will endlich das Wesen sehen, mit dem ich es zu tun habe.

Noch einmal gelange ich an eine Weggabelung. Wieder flüstert mir mein Herz ein, wohin ich mich wenden soll, und ich haste weiter. Wie lange irre ich bereits in diesem Nebel? Wie lange bin ich schon in dieser Dunkelheit gefangen? Habe ich mich etwa verlaufen, weil mir meine Sinne falsche Selbstsicherheit eingeflüstert haben?

Nein, ich bin stärker, als es ein Normalsterblicher ist. Es wird diesem verdammten Nebel nicht gelingen, mich aufzuhalten. Ich werde es schaffen, weil Scheitern nicht infrage kommt. Hier in diesem Sumpf die Orientierung zu verlieren, würde bedeuten, Elevander in Gefahr zu bringen. Ich muss zurückkehren. Ich muss Umock dazu überreden, uns zu helfen. Ich muss meinen Teil dazu beitragen, dass wir diesen Krieg gewinnen. Denn nur so kann ich meinen Freund auf die gleiche Art unterstützen, wie er es schon seit Jahren tut. Auch wenn er die Wahrheit nicht ahnt: Er hat mich bereits mehrmals gerettet. Ohne ihn hätte ich diese für mich hoffnungslose Welt längst verlassen. Die Liebe zu ihm ist der Grund, weshalb ich weiterkämpfen werde, solange ich dazu in der Lage bin. Und vielleicht noch darüber hinaus.

Die Magie, mit der ich das Licht in meiner Lampe entzündet habe, wird schwächer. Das Flackern des glühenden Steins darin wird stärker. Vermutlich wird das Licht bald zur Gänze erlöschen.

Ich beschleunige noch einmal meine Schritte, um so viel Weg wie möglich zurückzulegen, bevor ich meinen nächsten Zauber wirken muss. Tatsächlich habe ich das Gefühl, die schwarze Energie, die mich seit dem Betreten des Sumpfes umfängt, nimmt zu. Es ist nicht mehr weit. Nur noch ein paar Fuß, dann habe ich es hoffentlich geschafft.

Das Glühen in der Lampe wird ein letztes Mal schwächer, bis es gänzlich verschwindet. Von einem Moment zum anderen befinde ich mich in absoluter Dunkelheit. Abrupt bleibe ich stehen, um keinen falschen Schritt zu tun. Der Gestank des Sumpfes brennt in meiner Nase und erinnert mich daran, wie gefährlich meine Umgebung ist. Die Schwärze ist so vollkommen, dass ich auch genauso gut die Augen geschlossen haben könnte. Nein, denn dann würden Lichtpunkte mich an das erinnern, was ich gerade noch gesehen habe. Die Finsternis rund um mich lässt mich jedoch an Tod und völliges Vergessen denken.

Mit dem Erlöschen des Lichts wird es plötzlich um einige Grad kälter. Ein Schauer läuft mir über den Rücken, dort wo der Angstschweiß das Oberteil unter meiner Tunika getränkt hat. Die Feuchtigkeit der Luft fühlt sich wie eine nasse Hand in meinem Gesicht an. Ich weiß, dass es sich um eine Täuschung meines Verstandes handelt. Dennoch kann ich ein Zittern nicht unterdrücken.

Lautlos formuliere ich einen Zauber zum Verbessern meiner Sehkraft. Langsam schälen sich Umrisse aus der Dunkelheit. Es ist nur ein schwacher Trost im Vergleich zu dem Licht, das der Stein abgestrahlt hat, doch ich werde mir damit behelfen können.

Ich drückte die Lampe an mich und gehe vorsichtig weiter. Niemals würde ich sie freiwillig zurücklassen. Möglicherweise kann ich den gewirkten Zauber benutzen, wenn ich mich wieder auf den Rückweg mache.

Graue Schatten schieben sich an meinem Sichtbereich entlang. Wie ein Hindernis aus Watte verwehren sie mir die Sicht auf meine Umgebung. Ich setze vorsichtig einen Fuß vor den anderen, hebe meine Beine nach Möglichkeit nicht, um die Verbindung mit dem Boden nicht zu verlieren und dadurch einen Schritt neben den Pfad zu machen. Solange der Untergrund sich fest anfühlt, müsste ich auf dem richtigen Weg sein.

Ein Ast erscheint so plötzlich neben mir, dass ich zusammenzucke. Ich habe den Baum erst bemerkt, als ich beinahe dagegen gelaufen bin. Weiterzugehen wäre der absolute Irrsinn. Beim nächsten Mal befindet sich vielleicht direkt vor mir ein Hindernis, an dem ich mich verletze. Also bleibe ich stehen. Dieser Platz muss reichen.

Nach einem tiefen Atemzug, der bei Weitem nicht genug Luft in meine Lungen saugt, schließe ich die Augen und sammle die Magie in mir. Ich lasse sie anwachsen, bis sie auch den letzten Flecken meines Inneren ausfüllt. In Gedanken forme ich die Worte, die Umock herbeirufen sollen.

»Geister dieses Sumpfes, hört mich an. Verkündet eurem König die Botschaft, dass ich seine Gegenwart erbitte. Sagt ihm, dass ich gekommen bin, um mit ihm zu sprechen und ihm einen Vorschlag zu unterbreiten.«

Stille herrscht rings um mich herum. Lediglich ein sanfter Windhauch streift über meine Wangen, die sich vor Aufregung erhitzt haben.

Sollte nicht irgendetwas passieren? Sollte nicht ein Geisterwesen erscheinen, um mich nach Details zu fragen? Sollte nicht ein Nebelungeheuer vor mir aufragen, um mich zu vertreiben? Sollte nicht eine unsichtbare Macht versuchen, mich in ihre Fänge zu ziehen? Sollte sich nicht irgendetwas verändern?

Angestrengt lausche ich ins Nichts. Die Schwingungen der Magie, die ich seit dem Betreten des Sumpfes gespürt habe, werden immer deutlicher. Doch eine Reaktion der Wesen, die hier leben, bleibt aus. Schön, dann hat man meine Bitte wohl nicht gehört.

»Geister dieses Sumpfes«, setze ich noch einmal an, benutze diesmal nicht Magie, um die Worte zu transportieren, sondern spreche sie laut aus. »Hört mich an.«

»Schhhhhhhhon gut.«

Ich erstarre. Hat mir tatsächlich ein Flüstern geantwortet? Hat der Wind zugenommen und mir die Worte zugetragen oder handelt es sich bloß um Einbildung? Bin ich kurz davor, verrückt zu werden?

»Geister dieses Sumpfes …«

»Süssssssser kleiner Menschhhhhhhhh«, säuselt jemand … etwas … der Wind.

»Ist da jemand?«, frage ich ängstlich.

Die Nebelschwaden vor mir verformen sich und nehmen den Umriss eines Körpers an. »Natürlich«, antwortet jetzt eine Stimme, die viel deutlicher als das Gemurmel ist. Sie dringt nicht von außen an mein Ohr. Sie erklingt direkt in meinem Kopf. »Wer stört?«

»Ich … Lesithder vom Volk der Maëlle … ein Mensch.«

»Das kann ich sehen. Was willst du?«

»Mit Umock, dem großen König der Nebelseelen, sprechen. Ich bitte um eine Audienz bei seiner Gnaden …«

Ein Sturm kommt auf. Er ist so stark, dass er mich beinahe von den Füßen fegt. Ich kneife die Augen zusammen, die zu brennen begonnen haben, und drehe den Kopf zur Seite. Immer noch ist es völlig dunkel, weshalb ich nichts verpasse. Das Zentrum, von dem der Wind ausgeht, scheint näherzukommen. Eisige Nadelstiche treffen auf meine Wangen. Ist die Feuchtigkeit des Nebels gefroren, oder spielt mir meine Fantasie einen Streich?

Mit einem Mal spüre ich die Aura eines machtvollen Wesens. Energie hat schon vorher die Luft zum Vibrieren gebracht. Nun kann ich auf meiner Haut fühlen, wie Magie kleine elektrische Ladungen entstehen lässt. Jemand ist angekommen. Etwas. Ich glaube nicht, dass ein Mitglied von Umocks Armee in der Lage ist, solche Effekte zu erzeugen. Der König der Seelenlosen selbst muss eingetroffen sein.

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