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II. Arbeitnehmer und Beschäftigte
1. Der Arbeitnehmerbegriff im eigentlichen Sinne
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Im vorstehenden Abschnitt wurde herausgearbeitet, dass es letztlich bereichsunabhängig für die Definition des Arbeitgeberbegriffs auch einer Bestimmung des Arbeitnehmerbegriffs bedarf. Dabei überrascht es nach den vorstehenden Ausführungen kaum, dass auch dieser in den Regelungsbereichen des Arbeits-, Sozial- und Steuerrechts verschieden definiert ist.
a) Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne
aa) Arbeitsrechtliche Definition des Arbeitnehmerbegriffs
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Bei der arbeitsrechtlichen Definition des Arbeitnehmerbegriffs, die die Rechtsprechung und Lehre entwickelt haben und an der sich durch die Einfügung von § 611a BGB nichts geändert hat, kommt es nicht auf die Parteibezeichnung im Rahmen des Vertrages an.[1] Dies folgt aus dem Grundsatz vom sog. Rechtsformzwang, demzufolge die Parteien sich nicht durch vertragliche Regelungen dem durch das objektive Recht ausdrücklich vorgegebenen Schutz für Arbeitnehmer entziehen können sollen.[2] Relevant ist vielmehr der tatsächliche Inhalt des Vertragsverhältnisses. Arbeitnehmer kann danach nur sein, wer unselbstständige und fremdbestimmte Dienste zu leisten hat.[3] Hieraus wiederum folgt, dass Arbeitnehmer nur eine natürliche Person sein kann.[4]
Mit § 611a BGB hat der Gesetzgeber mit Wirkung ab dem 1.4.2017 versucht, eine gesetzliche Definition des Arbeitnehmers zu schaffen. Diese ist allerdings unscharf und beinhaltet keine neuen Erkenntnisse außerhalb der von der Rechtsprechung entwickelten Definition.[5] Es gibt Stimmen in der Literatur, die die Neuregelung des § 611a BGB als fehlerhaft und unbrauchbar sehen[6] und andere wiederum als gelungene Regelung, die Rechtssicherheit schafft.[7]
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Wichtigstes Merkmal zur Bestimmung des Arbeitnehmerbegriffs ist nach dem BAG die Unselbstständigkeit bzw. persönliche Abhängigkeit.[8] Arbeitnehmer ist nach der weitgehend anerkannten Definition des BAG, wer „aufgrund eines privatrechtlichen Vertrages im Dienste eines anderen zur fremdbestimmten Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet“ ist.[9] Die Abgrenzung zur selbstständigen Tätigkeit kann anhand von § 611a Abs. 1 S. 3 BGB erfolgen. Hiernach ist weisungsgebunden, wer nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Maßgeblich ist, ob die Person nach Art, Ort und Zeit seines Tätigwerdens den Weisungen eines anderen unterworfen ist.[10] Ausschlaggebend sind die persönliche und fachliche Weisungsgebundenheit. Der Grad der persönlichen Abhängigkeit hängt dabei auch von der Eigenart der jeweiligen Leistung ab, § 611a Abs. 1 S. 4 BGB. Nach der h.M. kommt es hingegen auf eine wie auch immer geartete wirtschaftliche Abhängigkeit nicht an.[11] Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 611a Abs. 1 S. 1 BGB, der lediglich die persönliche, nicht aber die wirtschaftliche Abhängigkeit anführt.[12] Für diese Sichtweise spricht insbesondere auch die Regelung des § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG, wonach Personen aufgrund ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit eben nicht als Arbeitnehmer, sondern lediglich als arbeitnehmerähnliche Personen angesehen werden.[13] Zu beachten ist, dass nach dem BAG Personen, mit denen zwar eine Vertragsbeziehung besteht, diese allerdings nicht oder nur in geringem Umfang weisungsgebunden sind, gleichwohl als Arbeitnehmer eingestuft werden können.[14]
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Da der Arbeitnehmerbegriff keine tatbestandlich klar umrissene Bezeichnung ist, sondern ein „Typus-Begriff“[15], haben sich die vorstehenden Grundsätze berücksichtigend einige Indizien herausgebildet, bei deren Vorliegen von einer Unselbstständigkeit und im Ergebnis auch von einer Arbeitnehmerstellung auszugehen ist[16]:
– | Eingliederung in fremden Organisationsbereich (Betrieb, Haushalt etc.)[17], |
– | Eigenart und Organisation der Tätigkeit, siehe jetzt auch ausdrücklich in § 611a Abs. 1 S. 4 BGB |
– | persönliche Leistung oder Einsatz Dritter, |
– | Weisungsgebundenheit bzgl. Inhalt, Ort, Zeit, Durchführung, also Dauer und Art der Tätigkeit, vgl. § 611a Abs. 1 S. 2 BGB |
– | Überwachung und Verhaltens- und Ordnungsregeln, |
– | Unternehmerrisiko[18] und |
– | Art der Vergütung. |
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Die vorstehend aufgelisteten indiziellen Merkmale zur Bestimmung der Arbeitnehmereigenschaft können sich überschneiden und „in unterschiedlichem Maße und verschiedener Intensität gegeben sein; je für sich genommen haben sie nur die Bedeutung von Anzeichen oder Indizien“. Letztlich entscheidend für die Einordnung eines Dienstleistenden als Arbeitnehmer ist folglich das Gesamtbild, welches sich bei der Betrachtung des Einzelfalles ergibt und nicht etwa die Bezeichnung oder der formale Inhalt des Vertragsverhältnisses.[19] Anzustellen ist eine Gesamtbetrachtung aller Umstände, wie § 611a Abs. 1 S. 5 BGB klarstellt.
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Die Kasuistik der Rechtsprechung beinhaltet zahlreiche Entscheidungen, die für „Normalfälle“ den Arbeitnehmerbegriff in ausreichender Weise konkretisieren.[20] Von diesen Fällen abgesehen ist der Arbeitnehmerbegriff im Hinblick auf neue Beschäftigungsformen wie die des „freien Mitarbeiters“ zum Teil schwierig zu bestimmen, sodass hier in Ermangelung einschlägiger Rechtsprechung auf die Kriterien zur Bestimmung der abhängigen Beschäftigung zurückgegriffen werden muss.
bb) Gesellschafter als Arbeitnehmer
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Bei Personengesellschaften begründet die Erfüllung von Dienstpflichten durch einen Gesellschafter keine Arbeitnehmerstellung des Gesellschafters, wenn sie auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage erfolgt. Dies folgt daraus, dass der Gesellschafter selbst Partei des Gesellschaftsvertrages ist und daher an der Gestaltung seines Inhalts und an der Willensbildung in der Personengesellschaft beteiligt ist.[21] Demzufolge fehlt es im Regelfall an dem für eine Arbeitnehmerstellung erforderlichen Kriterium der persönlichen Abhängigkeit. Folglich sind vor allem die persönlich haftenden Gesellschafter der Personengesellschaften regelmäßig keine Arbeitnehmer.
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Selbstverständlich ist es gleichwohl möglich, dass zwischen einer Gesellschaft und einem ihrer Gesellschafter neben dem Gesellschaftsvertrag ein Arbeitsverhältnis begründet wird. Wird der Gesellschafter nicht auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage, sondern aufgrund dieses Arbeitsvertrages für die Gesellschaft tätig, so kann er bei entsprechender Vertragsgestaltung als Arbeitnehmer anzusehen sein. Voraussetzung ist, dass der Geschäftsführer der Gesellschaft dem Gesellschafter gegenüber auf der Grundlage des Arbeitsvertrages trotz dessen Gesellschaftsanteilen sein Weisungsrecht uneingeschränkt ausüben kann. Dies richtet sich vor allem nach den Stimmrechtsverhältnissen. Anerkannt ist insoweit, dass Mehrheitsgesellschafter und Gesellschafter, die aufgrund ihrer Gesellschaftsanteile über mehr als 50 % der Stimmrechte verfügen, ungeachtet ihrer Tätigkeit für die Gesellschaft nicht deren Arbeitnehmer sein können. Gleiches soll für den Minderheitengesellschafter gelten, der aufgrund einer Sperrminorität maßgeblich auf die Geschicke der Gesellschaft Einfluss nehmen kann.[22]
cc) Organe als Arbeitnehmer
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Organe juristischer Personen und Personengesellschaften, wie der Geschäftsführer einer GmbH,[23] der Vorstand einer Aktiengesellschaft[24] oder der Vorstand einer Genossenschaft,[25] sind gesetzliche Leitungs- und Vertretungsorgane, die die Geschäfte des Unternehmens nach innen leiten und das Unternehmen nach außen repräsentieren. Sie sind grundsätzlich keine Arbeitnehmer, vgl. nur § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG.[26] Als Organmitglieder stehen sie vielmehr in einem freien Dienstverhältnis. Sie repräsentieren die juristische Person als Arbeitgeber.[27]
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Begründet wird die Stellung als Organ des Unternehmens dadurch, dass eine natürliche Person zum gesetzlichen Vertreter der Gesellschaft bestellt wird. Dies geschieht durch Beschluss des zuständigen Gesellschaftsorgans durch gesellschaftsrechtlichen Organisationsakt.[28] Durch den Bestellungsakt entstehen unmittelbar die aus der Organstellung erwachsenden Rechte und Pflichten, sofern der Bestellungsbeschluss dem künftigen Organmitglied bekanntgegeben wird.[29]
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Bei juristischen Personen und Personengesellschaften ist die Organstellung streng vom Anstellungsvertrag zu trennen. Die gesellschaftsrechtliche Stellung als Organ endet durch Abberufung oder Niederlegung des Amtes, während der Anstellungsvertrag nach den allgemeinen Regeln des Allgemeinen Teils des BGB abgeschlossen wird und ordentlich oder außerordentlich nach den §§ 621, 626 BGB gekündigt werden kann.[30] Aus dieser Aufteilung, dem sog. Trennungsprinzip, folgt, dass die Abberufung als Geschäftsführer nicht zugleich auch zur Beendigung des Anstellungsverhältnisses führt. Ausfluss dieses Dualismus von gesellschaftsrechtlicher Stellung als Organ und dienstrechtlichem Anstellungsvertrag ist, dass ein Sachverhalt für die Gesellschaft einen wichtigen Grund für den Widerruf der Bestellung, aber nicht für die Kündigung des Anstellungsvertrags bilden kann.[31]
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Im Gegensatz zum Vorstand einer Aktiengesellschaft ist der Geschäftsführer einer GmbH gem. § 37 GmbHG den Gesellschaftern gegenüber einem umfassenden Weisungsrecht unterworfen.[32] Nach bis dato ständiger Rechtsprechung der Zivilgerichte wird gleichwohl die Arbeitnehmereigenschaft eines GmbH-Geschäftsführers unter Hinweis auf dessen Organstellung durchweg verneint.[33]
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Demgegenüber vertritt das BAG die Auffassung, dass in Ausnahmefällen auch der Dienstvertrag eines GmbH-Geschäftsführers als Arbeitsvertrag zu qualifizieren sein kann und ihm demnach auch die Stellung eines Arbeitnehmers zukommen kann.[34] Ein solcher Ausnahmefall soll nach dem BAG dann gegeben sein, wenn der in Rede stehende Geschäftsführer so stark weisungsgebunden ist, dass über die unternehmerische Weisungsgebundenheit hinaus eine persönliche Abhängigkeit und dadurch der Arbeitnehmerstatus begründet wird.[35]
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Das Verhältnis des Geschäftsführers zur GmbH kann demnach nur dann als Arbeitsverhältnis eingeordnet werden, wenn über die gesetzlich verankerten gesellschaftsrechtlichen Weisungsverhältnisse hinaus die Gesellschaft vertraglich ermächtigt wird, für das Arbeitsrecht typische Weisungen gegenüber dem Geschäftsführer zu erteilen, die die konkreten Modalitäten der Leistungserbringung steuern.[36] Ein solcher Fall ist nach der Auffassung des BAG wohl nur im Rahmen einer „Mehrpersonen-Geschäftsführung“ denkbar, bei der die anderen Geschäftsführer die maßgeblichen Aufgaben wahrnehmen können, sodass der „Arbeitnehmer-Geschäftsführer“ von Repräsentation, Willensbildung und Wahrnehmung von Arbeitgeberfunktionen ausgeschlossen werden kann. In diesem Sinne hat das BAG das Vorliegen der Arbeitnehmereigenschaft eines Alleingesellschafters und -geschäftsführers folgerichtig verneint.[37] Im Ergebnis kommt die Ansicht des BAG der des BGH allerdings dadurch sehr nahe, dass derartige Situationen nur selten, nämlich in „extremen Ausnahmefällen“[38], auftreten und demnach die Dienstverhältnisse von GmbH-Geschäftsführern in der Praxis regelmäßig keine Arbeitsverhältnisse darstellen.[39]
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Das Schrifttum geht grundsätzlich ebenfalls davon aus, dass der Anstellungsvertrag eines GmbH-Geschäftsführers keinen Arbeitsvertrag darstellt.[40] Daneben gibt es allerdings eine im Vordringen befindliche Ansicht, der zufolge die Arbeitnehmereigenschaft von GmbH-Geschäftsführern nicht von vornherein abzulehnen ist.[41] Diesbezüglich wird etwa angeführt, dass das Argument der h.M., ein GmbH-Geschäftsführer könne deshalb nicht Arbeitnehmer sein, weil er die Stellung eines Vorgesetzten inne habe, im Hinblick auf die gleichzeitige Bejahung der Arbeitnehmereigenschaft von leitenden Angestellten nicht verfange.[42] Nach dieser Ansicht sind zumindest Fremd-Geschäftsführer als Arbeitnehmer der GmbH zu qualifizieren, da diese nicht am Stammkapital der Gesellschaft beteiligt und daher ähnlich einem Arbeitnehmer wirtschaftlich abhängig sind.[43] In Ausnahmefällen soll demnach das Rechtsverhältnis zwischen GmbH-Geschäftsführer und GmbH als Arbeitsverhältnis zu qualifizieren sein, wenn anderenfalls eine Umgehung der Arbeitnehmerschutzvorschriften droht.[44]
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Ähnliches kann sich aber auch aus der neuesten EuGH-Rechtsprechung, welche sich insbesondere auf die EU-Richtlinie 92/85/EWG („Mutterschutz-Richtlinie“) beruft, aber sich nicht auf diese beschränkt, ergeben.[45] Dieser zufolge ist der unionsrechtliche Arbeitnehmerbegriff wohl auch auf Fremd-Geschäftsführer einer GmbH sowie Fremdvorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften zu erweitern.[46] Inwiefern sich diese Rechtsprechung auf das deutsche Arbeitsrecht auswirken und welche Anpassungen erforderlich werden, bleibt allerdings abzuwarten. Nach einer Auffassung sollen infolge dieser Entscheidung und unter Berücksichtigung des Art. 288 AEUV im Zuge einer richtlinienkonformen Auslegung der Richtlinie Wirkung verliehen und somit Arbeitnehmer-Geschäftsführerinnen in den Schutzbereich des Mutterschutzrechts einzubeziehen sein.[47] Nach der sog. „Balkaya-Entscheidung“ des EuGH ist – was durchaus kritisch zu werten ist, (Fremd-)Geschäftsführer im Rahmen von § 17 Abs. 5 KSchG als Arbeitnehmer zu berücksichtigen.[48] Maßgeblich für § 17 KSchG soll insoweit der europarechtliche für die Massenentlassungsrichtlinie maßgebliche Arbeitnehmerbegriff sein. In der Folge kommt es darauf an, ob der Geschäftsführer – ungeachtet der seiner Tätigkeit zugrundeliegenden Verträge – in einem Unterordnungsverhältniss steht. Maßgeblich für das Vorliegen eines Unterordnungsverhältnisses i.d.S. sind die Bedingungen, unter denen der Geschäftsführer als Leitungsorgan bestellt wurde, die Art der übertragenen Aufgaben, der Rahmen, in dem diese Aufgaben ausgeführt werden, der Umfang der Befugnisse des Mitglieds und die Kontrolle, der es innerhalb der Gesellschaft unterliegt. Dabei soll selbst weder ein weiter Ermessensspielraum des Geschäftsführers dem Bestehen eines Unterordnungsverhältnisses entgegenstehen, noch soll entscheidend sein, ob der Geschäftsführer Gesellschaftsanteile hält, soweit er hierdurch nicht als Mehrheitsgesellschafter zu qualifizieren ist. Des Weiteren darf in Anbetracht der Entscheidung des EuGH in der Rechtssache „Betriebsrat der Ruhrlandklinik“ erwartet werden, dass auch der Anwendungsbereich der EU-Richtlinie 2008/104/EG („Leiharbeitsrichtlinie“) für Fremdgeschäftsführer als eröffnet angesehen werden wird, was wiederum zu erheblichen Weiterungen im Bereich des nationalen Rechts der Leiharbeit führen würde.[49] Klargestellt hat das BAG in einer aktuellen Entscheidung demgegenüber nochmals, dass der Fremdgeschäftsführer als „arbeitgeberähnliche“ Person einzustufen ist, mit der Folge, dass in Rechtsstreitigkeiten zwischen ihm und der Gesellschaft, für die er bestellt ist, der Rechtsweg zu den Zivilgerichten eröffnet ist.[50]
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Aber auch dann, wenn die Arbeitnehmereigenschaft eines GmbH-Geschäftsführers verneint wird, ist allgemein anerkannt, dass einzelne arbeitsrechtliche Schutzvorschriften entsprechende Anwendung auf Geschäftsführer einer GmbH finden können. Dies ist dann der Fall, wenn der betroffene Geschäftsführer sich in einer mit einem Arbeitnehmer vergleichbaren Lage befindet und sich demnach als entsprechend schutzbedürftig erweist. Dies gilt insbesondere für die Kündigungsschutznorm des § 622 BGB dann, wenn der Geschäftsführer dem Arbeitgeber seine Arbeitskraft wie ein Arbeitnehmer hauptberuflich zur Verfügung stellt und er daher aufgrund seiner wirtschaftlichen Abhängigkeit ausreichend Zeit benötigt, um eine neue hauptberufliche Beschäftigung zu finden.[51]
Der BGH bejaht unter europarechtskonformer Auslegung die Arbeitnehmereigenschaft eines Fremdgeschäftsführers einer GmbH im Rahmen des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AGG.[52] Der Anwendungsbereich des AGG ist in diesem Fall eröffnet.
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Zumeist wird die entsprechende Anwendung arbeitsrechtlicher Vorschriften bei Fremd-Geschäftsführern geboten sein, die die für die Arbeitnehmereigenschaft erforderliche Schutzbedürftigkeit deshalb aufweisen, weil sie nicht am Stammkapital beteiligt sind.[53] Bei einer Beteiligung am Stammkapital von mehr als 50 % wird es dagegen überwiegend an dieser fehlen.[54] Keine Anwendung auf den GmbH-Geschäftsführer finden nach herrschender Auffassung die Normen des Arbeitszeitgesetzes[55] sowie des Bundesurlaubsgesetzes.[56] Ebenfalls nicht anwendbar sind arbeitsrechtliche Schutzvorschriften dann, wenn die Anwendung der Vorschriften aufgrund der Organstellung der betroffenen Person durch gesetzliche Vorschriften wie § 5 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG, § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG oder § 14 Abs. 1 Nr. 1 KSchG ausgeschlossen ist.[57]
b) Arbeitnehmer im sozialversicherungsrechtlichen Sinne
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Für das Arbeitsstrafrecht ist der sozialversicherungsrechtliche Arbeitnehmerbegriff (auch „Beschäftigtenbegriff“[58]) vor allem wesentlich für die Straf- und Bußgeldtatbestände des SGB III und des SchwarzArbG. § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV erklärt das Arbeitsverhältnis zum Hauptanwendungsfall des Beschäftigungsverhältnisses.
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Der sozialversicherungsrechtliche und der arbeitsrechtliche Arbeitnehmerbegriff stimmen weitgehend überein, jedenfalls solange es um die Einordnung einer entgeltlichen Beschäftigung geht.[59] Auch hier erfolgt die Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft anhand des Kriteriums der persönlichen Abhängigkeit. Das BSG stellt – wie auch das BAG – das Vorliegen der Unselbstständigkeit des Arbeitnehmers anhand eines Indizienkataloges fest, der in den entscheidenden Punkten dem arbeitsrechtlichen Katalog entspricht.[60]
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Im Rahmen des sozialversicherungsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs sind Indizien, die für eine unselbstständige Beschäftigung sprechen, vor allem folgende:[61]
– | keine wesentliche Teilhabe am Ergebnis, |
– | Weisungsunterworfenheit bezüglich Zeit, Ort, Art und Ausführung der Arbeit,[62] |
– | Eingliederung in Betrieb,[63] |
– | keine eigene Entscheidungsverantwortlichkeit für die wesentlichen Funktionen des Unternehmens, |
– | feste, keine erfolgsabhängige Vergütung, |
– | Urlaubsantritt nicht ohne vorherige Genehmigung, |
– | Weiterzahlung der Vergütung im Krankheitsfall und |
– | Bewertung als nicht selbstständige Arbeit durch eine andere Stelle. |
Auch hier ist das Gesamtbild entscheidend und nicht das bloß zahlenmäßige Überwiegen einiger Kriterien.[64]
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Zu beachten ist, dass insbesondere die Beurteilung der Arbeitnehmerstellung von Organmitgliedern im Rahmen des Sozialversicherungsrechts abweichend zum Arbeitsrecht ausfallen kann. Die Organmitgliedschaft schließt nicht aus, dass die erbrachte Arbeit in einer GmbH oder einer sonstigen juristischen Person nicht selbstständig i.S.v. § 7 Abs. 1 SGB IV erbracht wird, sodass bei Organmitgliedern – obschon keine Arbeitnehmer im arbeitsrechtlichen Sinne – dennoch ein sozialversicherungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis zu ihnen bestehen kann.[65] Ein Fremdgeschäftsführer wird also zwar sozialversicherungsrechtlich als abhängig Beschäftigter, allerdings arbeitsrechtlich nicht als Arbeitnehmer qualifiziert.[66]
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So ist der GmbH-Geschäftsführer nicht selbstständig i.S.v. § 7 Abs. 1 SGB IV tätig, wenn er persönlich abhängig ist. Die persönliche Abhängigkeit des Geschäftsführers beurteilt sich nach einer Gesamtschau von gesellschaftsrechtlicher Stellung, Anstellungsvertrag und der konkreten Durchführung des Vertragsverhältnisses.[67] Infolgedessen ergibt sich, dass Fremd-Geschäftsführer einer GmbH regelmäßig als abhängig Beschäftigte der GmbH und somit versicherungspflichtig einzustufen sind, wobei Ausnahmen denkbar sind.[68] Eine solche Ausnahme liegt dann vor, wenn „das die abhängige Beschäftigung prägende Merkmal der Unterordnung unter das Weisungsrecht eines Arbeitgebers in Bezug auf Zeit, Dauer und Ort der Arbeitsausführung“ nicht gegeben ist.[69]
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Vorstandsmitglieder von Aktiengesellschaften sind jedenfalls dann nicht als abhängig beschäftigt i.S.v. § 7 Abs. 1 SGB IV einzustufen, wenn sie mindestens die Hälfte des Grundkapitals besitzen. Ist dies nicht der Fall, so war ihre Sozialversicherungspflichtigkeit umstritten.[70] Dieser Streit dürfte allerdings durch das Urteil des BSG zur gesetzlichen Unfallversicherung vom 14.12.1999[71] weitestgehend geklärt sein. In diesem führte das BSG aus, dass Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft unter Berücksichtigung der sie betreffenden Normen des AktG in der Regel selbstständig tätig und somit nicht abhängig beschäftigt i.S.v. § 7 Abs. 1 SGB IV seien, es in zweifelhaften Fällen aber – unter besonderer Beachtung der Vertragsgestaltung – darauf ankomme, ob die Merkmale einer nichtselbstständigen oder selbstständigen Tätigkeit überwiegen. Im Ergebnis ist nach der Rechtsprechung des BSG eine Eingliederung des Vorstandsmitglieds bereits dann gegeben, wenn eine „funktionsgerechte, dienende Teilhabe am Arbeitsprozess“ vorliegt.[72] Allein weitreichende Entscheidungsbefugnisse machen das Vorstandsmitglied noch nicht zu einem Selbstständigen, selbst wenn der Betroffene teils als „Chef“ angesehen wird.[73] Das BSG bejaht die Eingliederung auch dann, wenn der Vorstandsvorsitzende lediglich die ihm von Gesetz oder Satzung überantworteten Aufgaben übernimmt.[74] Hierin unterscheidet sich die Auffassung des BSG von derjenigen von BGH und BAG, der zufolge allein aus der Wahrnehmung der dem Geschäftsbereich zugehörigen Aufgaben nicht abgeleitet werden kann, dass eine abhängige Beschäftigung vorliegt, da dies nichts über den arbeitsrechtlichen Status der betroffenen Person besage.[75]
In Fällen, in denen ein Beschäftigungsverhältnis nur vorgetäuscht wird, um Leistungen der Krankenversicherung zu erlangen (sog. Scheingeschäft), liegt hingegen kein Beschäftigungsverhältnis vor.[76]