Kitabı oku: «Verloren », sayfa 3
Dann sagte Blaine, „Du bist eine tolle Frau, Riley Paige.”
Riley fühlte, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. Sie lachte nervös und wischte sie weg.
„Oh, schau, was du angerichtet hast”, sagte sie. „Wegen dir weine ich.”
Blaine zuckte mit den Schultern und sein Lächeln wurde noch breiter.
„Verzeih mir. Ich versuche bloß, brutal ehrlich zu sein. Die Wahrheit tut manchmal weh, denke ich.”
Für ein paar Minuten lachten sie gemeinsam.
Schließlich sagte Riley, „Ich habe mich noch gar nicht nach deiner Tochter erkundigt. Wie geht es Crystal?”
Blaine schaute mit einem wehmütigen Lächeln zur Seite.
„Crystal geht es sehr gut—gute Noten, zufrieden und fröhlich. Sie ist über die Frühjahrsferien mit ihren Cousinen und meiner Schwester an den Strand gefahren.”
Blaine seufzte ein wenig. „Sie ist erst ein paar Tage weg, es ist unglaublich, wie schnell ich sie vermisse.”
Es war alles, was Riley tun konnte, um nicht erneut zu weinen. Sie hatte immer gewusst, dass Blaine ein wundervoller Vater war. Wie es wohl wäre, in einer festen Beziehung mit ihm zu leben?
Vorsicht, beschwichtigte sie sich. Lass es uns langsam angehen.
In der Zwischenzeit hatte sie ihren Himbeer-Cheesecake fast aufgegessen.
„Danke, Blaine”, sagte sie. „Ich hatte so einen schönen Abend.”
Sie schaute ihm in die Augen und fügte hinzu, „Es ist schade, dass er vorbeigeht.”
Blaine drückte ihre Hand und schaute ihr ebenfalls tief in die Augen.
„Wer sagt denn, dass er enden muss?” fragte er.
Riley lächelte. Sie wusste, ihr Lächeln genügte, seine Frage zu beantworten.
Warum hätte der Abend hier auch enden sollen? Das FBI bewachte ihre Familie und kein neuer Mörder beanspruchte ihre Aufmerksamkeit.
Vielleicht war es an der Zeit, dass sie sich amüsierte.
KAPITEL FÜNF
George Tully gefiel die Beschaffenheit eines Fleckchens Erde hinten bei der Straße nicht. Wieso wusste er selbst nicht so genau.
Es gibt keinen Grund zur Sorge, sagte er zu sich selbst. Das Morgenlicht speilte ihm wahrscheinlich bloß einen Streich.
Er sog die frische Luft tief ein. Dann griff er nach unten und hob eine Handvoll loser Erde auf. Wie immer fühlte sie sich weich und kostbar an. Außerdem roch sie gut, reich an Nährstoffen von vergangenen Maisernten—Schalen und Ähren, die zurück in den Boden gepflügt wurden.
Guter alter schwarzer Iowa Dreck, dachte er, während einige Klumpen davon zwischen seinen Fingern zerbröselnd zur Erde fielen.
Seit vielen Jahren befand sich dieses Land im Besitz von Georges Familie, er kannte diese feine Erde folglich schon sin ganzes Leben. Doch wurde er ihrer nie müde, und sein Stolz, das fruchtbarste Land der Welt zu bewirtschaften, verging nie.
Er schaute auf und überblickte die Felder, die so weit reichten, wie er sah. Die Erde war vor ein paar Tagen gepflügt worden. Sie war bereit und wartete darauf, dass die von lilanem Insektenschutzmittel bestäubten Maiskörner dort platziert würden, wo bald die neuen Pflanzen aus dem Boden schießen würden.
Er hatte bis heute mit dem Pflanzen gewartet, um mit dem Wetter auf der sicheren Seite zu sein. Natürlich konnte man nie sicher sein, dass es auch so spät im Jahr keinen Frost mehr geben würde, der die Ernte ruinierte. Er erinnerte sich an einen verrückten Schneesturm im April damals in den 70ern, der seinen Vater überrascht hatte. Doch als George einen warmen Windhauch spürte und zu einigen hohen Wolken aufblickte, die über den Himmel strichen, fühlte er sich so zuversichtlich, wie er hoffen konnte.
Heute ist der Tag, dachte er.
Als George dort stand und schaute, kam sein Feldarbeiter Duke Russo in einem Traktor angefahren, der eine vierzig Fuß lange Pflanzmaschine hinter sich herzog. Die Maschine würde sechzehn Reihen gleichzeitig säen, jeweils dreißig Zoll voneinander entfernt und ein Korn nach dem anderen, Dünger auf jede Saat schütten, sie überdecken und weiter rollen.
Georges Söhne, Roland und Jasper, hatten im Feld auf die Ankunft des Traktors gewartet und liefen jetzt auf ihn zu, da er die eine Seite des Feldes entlang rumpelte. George lächelte in sich hinein. Duke und die Jungs waren ein gutes Team. Es gab keinen Grund, dass George für den Saatvorgang da bleib. Er winkte den drei Männern zu und drehte sich um, um zu seinem Wagen zurückzulaufen.
Doch dieses seltsame Fleckchen Erde neben der Straße zog erneut seine Aufmerksamkeit auf sich. Was war da los? Hatte die Pinne den Fleck ausgelassen? Er konnte sich nicht vorstellen, wie das hätte passiert sein sollen.
Vielleicht hatte ein Murmeltier dort gegraben.
Doch als er auf die Stelle zulief, konnte er sehen, dass das kein Murmeltier gewesen war. Es gab keine Öffnung und die Erde war glattgestrichen.
Es sah aus, als läge dort etwas begraben.
George knurrte leise.Vandalen und Witzbolde machten ihm manchmal Ärger. Einige Jahre zuvor hatten einige Jungs aus der Nähe von Angier einen Traktor gestohlen und damit einen Lagerschuppen zerstört. Neulich hatten andere Obszönitäten an Zäune, Wände und sogar Vieh gesprüht. Es war zum aus der Haut fahren—und schmerzhaft.
George hatte keine Ahnung warum diese Jugendlichen hierher kamen, um ihm Ärger zu bereiten. So weit er wusste, hatte er ihnen doch nichts getan. Er hatte die Vorfälle Joe Sinard, dem Polizeichef von Angier, gemeldet, doch es war bislang nie etwas passiert.
„Was haben diese Bastarde dieses Mal angestellt?” sagte er laut und klopfte mit dem Fuß gegen die Erde.
Er dachte sich, es sie besser, es herauszufinden. Was auch immer hier vergraben war, könnte seine Maschinen kaputt machen..
Er drehte sich zu seinen Leuten um und wies Duke mit einem Winken an, den Traktor zu stoppen. Als der Motor ausging, schrie George zu seinen Söhnen hinüber.
„Jasper, Roland—holt mir den Spaten aus der Traktorkabine.”
„Was ist los, Paps?” rief Jasper zurück.
„Keine Ahnung. Mach einfach.”
Einen Moment später, liefen Duke und die Jungs auf ihn zu. Jasper gab seinem Vater den Spaten.
Während die Gruppe neugierig zusah, stocherte George mit seinem Spaten auf dem Boden herum. Als er das tat, traf ein seltsamer, saurer Geruch seine Nasenlöcher. Er fühlte wie ihn eine düster Ahnung überkam.
Was zur Hölle liegt da unten?
Er schaufelte noch ein paar Ladungen Dreck hervor, bis er auf etwas Festes, aber weiches, traf. Er schaufelte nun vorsichtiger, und versuchte freizulegen, was auch immer dort lag. Bald wurde etwas Blasses sichtbar.
George brauchte einen Moment, bis er erkannte, was es war.
„Oh mein Gott!” er schluckte und vor Entsetzen drehte sich ihm der Magen um.
Es war eine Hand—die Hand eines jungen Mädchens.
KAPITEL SECHS
Am nächsten Morgen schaute Riley zu, als Blaine ein Frühstück mit Eggs Benedict, frisch gepresstem Orangensaft und starkem, dunklen Kaffee zubereitete. Sie stellte im Stillen fest, dass leidenschaftliche Liebesspiele nicht für Exmänner reserviert waren. Und sie bemerkte, dass es neu für sie war, gemütlich neben einem Mann aufzuwachen.
Sie war dankbar für diesen Morgen, insbesondere auch gegenüber Gabriela, die ihr versichert hatte, dass sie sich um alles kümmern würde, als Riley sie gestern Abend angerufen hatte. Dennoch konnte sie nicht anders, als sich zu fragen, ob eine Beziehung bei all den Komplikationen in ihrem Leben überleben konnte.
Riley beschloss die Frage zu ignorieren und sich stattdessen auf ihr köstliches Mahl zu konzentrieren. Doch als sie aßen, vermerkte sie bald, dass Blaines Gedanken ganz woanders zu sein schienen.
„Was ist los?” fragte sie ihn.
Blaine antwortete nicht. Seine Augen wanderten Unruhen umher.
Sie fühlte, wie die Sorge sie überkam. Wo lag das Problem?
Bereute er die gestrige Nacht? War er weniger zufrieden damit, als sie?
„Blaine, was ist los?” fragte Riley mit leicht zittriger Stimme.
Nach einer Pause sagte Blaine, „Riley, ich fühle mich einfach nicht … sicher.”
Riley versuchte vergeblich, Blaines Worten einen Sinn zu geben. Waren all die Wärme und Zuneigung, die seit ihrer Verabredung gestern Abend geteilt hatten, plötzlich verschwunden? Was war zwischen ihnen passiert, das alles verändert hatte?
„Ich—Ich verstehe nicht”, stammelte sie. „Was meinst du mit, du fühlst dich nicht sicher?”
Blaine zögerte und sagte dann, „Ich glaube, ich sollte eine Pistole kaufen. Um mich zu hause schützen zu können.”
Seine Worte schreckten Riley auf. Damit hatte sie nicht gerechnet.
Vielleicht hätte ich damit rechnen müssen, dachte sie.
Sie saß ihm am Tisch gegenüber und konnte eine Narbe auf seiner Wange erkennen. Die narbe hatte er sich letzten November bei Riley zuhause zugezogen, als er versucht hatte, April und Gabriela vor einem nach Rache sinnenden Angreifer zu schützen.
Riley erinnerte sich an die schrecklichen Schuldgefühle, die sie überkommen hatten, als sie Blaine danach bewusstlos in einem Krankenhausbett liegen sah.
Und jetzt fühlte sie diese Schuld erneut.
Würde sich Blaine jemals sicher fühlen, solange Riley ein Teil seines Lebens war? Würde er jemals das Gefühl haben, dass seine Tochter in Sicherheit sei?
Und war eine Pistole wirklich was er brauchte, um sich sicherer zu fühlen?
Riley schüttelte ihren Kopf.
„Ich weiß nicht, Blaine”, sagte sie. „Ich bin kein großer Fan davon, dass Zivilisten Waffen zuhause aufbewahren.”
Sobald sie die Worte ausgesprochen hatte, realisierte Riley, wie herablassend sie klangen.
Aus Blaines Gesichtsausdruck konnte sie nicht lesen, ob er beleidigt war oder nicht. Er schien darauf zu warten, dass sie weiter redete.
Riley schlürfte ihren Kaffee und sammelte ihre Gedanken.
Dann sagte sie: „Wusstest du, dass, statistisch gesehen, privater Waffenbesitz häufiger zu Tötungsdelikten, Suiziden und tödlichen Unfällen führt, als ein einfaches, jedoch funktionierendes Sicherheitssytem vor dem Haus. Um Genua zu sein haben Waffenbesitzer ganz allgemein ein höheres Risiko, Opfer von Tötungsdelikten zu werden, als Leute, die keine Waffen besitzen.”
Blaine nickte.
„Ja, das weiß ich alles”, sagte er. „Ich habe mich entsprechend informiert. Ich kenne mich auch mit Virginias Gesetzt zur Selbstverteidigung aus. Ebenfalls weiß ich, dass man hier in der Öffentlichkeit Waffen tragen darf.”
Riley neigte zustimmend ihren Kopf.
„Naja, du bist jetzt schon besser vorbereitet, als die meisten Menschen, die eine Pistole kaufen wollen. Dennoch …”
Ihre Worte verstummten. Sie zögerte, ihre Gedanken auszusprechen.
„Was ist los?” fragte Blaine.
Riley atmete lange und tief ein.
„Blaine, würdest du eine Waffe kaufen wollen, wenn ich nicht in deinem Leben wäre?”
„Oh, Riley—”
„Sag mir die Wahrheit. Bitte.”
Blaine saß für einen Moment einfach nur da und starrte in seinen Kaffee.
„Nein, würde ich nicht”, sagte er schließlich.
Riley griff über den Tisch und nahm Blaines Hand.
„Das dachte ich mir. Ich denke du verstehst, wie ich mach deswegen fühle. Du bedeutest mir sehr viel, Blaine. Es ist furchtbar, zu wissen, dass dein Leben meinetwegen gefährlich geworden ist.”
„Das verstehe ich”, sagte Blaine. „Doch jetzt möchte ich, dass du mir die Wahrheit über etwas sagst. Und, bitte versteh das nicht falsch.”
Riley wappnete sich still, für was auch immer Blaine ihr sagen wollte.
„Sind deine Gefühle wirklich ein valides Argument, warum ich keine Pistole kaufen sollte? Ich meine, ist es nicht wahr, dass ich gefährdeter bin, als der Durchschnittsbürger, und dass ich in der Lage sein sollte, mich und Crystal zu verteidigen––und vielleicht ja sogar dich?“
Riley zuckte ein wenig. Sie war traurig, es zugeben zu müssen, doch Blaine hatte recht.
Wenn eine Pistole bewirkte, dass er sich sicherer fühlte, sollte er eine haben.
Sie war sich außerdem sicher, dass er so verantwortungsvoll wäre, wie ein Waffenbesitzer es nur sein könnet.
„Okay”, sagte sie. „Lass uns fertig frühstücken und dann einkaufen gehen.”
*
Später am Morgen betrat Blaine mit Riley ein Waffengeschäft. Sofort fragte sich Blaine, ob er einen Fehler beging. Er konnte nicht sagen, wie viele furchteinflößende Waffen an den Wänden hingen und in den Glaskästen ausgestellt wurden. Bisher hatte er noch nicht einmal mit einer Pistole geschossen—außer er zählte das Luftgewehr, das er als Kind besessen hatte, dazu.
Worauf lasse ich mich da nur ein? dachte er.
Ein großer, bärtiger Mann im Karohemd lief zwischen den Waren herum.
„Wie kann ich Ihnen helfen?”, fragte er.
Riley sagte, „Wir suchen nach etwas, damit sich mein Freund zuhause sicherer fühlt.”
„Ich bin mir sicher, wir finden etwas, das zu Ihnen passt”, sagte der Mann.
Blaine fühlte sich unter dem Blick des Mannes unwohl. Er vermutete, dass es nicht oft passierte, dass eine attraktive Frau ihren Freund hierher brachte, um ihm dabei zu helfen, eine Waffe auszusuchen.
Blaine konnte nicht anders, er schämte sich. Er schämte sich sogar, dass er sich schämte. Er hatte sich nie als Mann gesehen, der sich seiner Männlichkeit nicht sicher wäre.
Während Blaine versuchte, das Gefühl der Peinlichkeit abzuschütteln, beäugte der Verkäufer Rileys Waffe mit zustimmendem Blick.
„Dieses Glock 22 Model, das sie da haben, ist ein gutes Teil, werte Dame”, sagte er. „Sind Sie Vollzugsbeamtin?”
Riley lächelte und zeigte ihm ihre Marke.
Der Mann zeigte auf eine Reihe ähnlicher Waffen in einem Glaskasten.
„Also, Ihre Glocks gibt es hier drüben. Ziemlich gute Wahl, wenn Sie mich fragen.”
Riley schaute zu den Waffen und dann zu Blaine, als wollte sie ihn nach seiner Meinung fragen.
Blaine konnte nur mit den Schultern zucken und erröten. Er wünschte sich, er hätte die gleiche Zeit investiert, um nach Waffen zu suchen, wie sich über Statistiken und Gesetze zu informieren.
Riley schüttelte den Kopf.
„Ich bin mir nicht sicher, ob eine semiautomatische Waffe das ist, wonach wir suchen”, sagte sie.
Der Mann nickte.
„Ja, die Bedienung ist etwas kompliziert, vor allem für einen Neuling an der Waffe. Es kann leicht etwas schief gehen.”
Riley nickte zustimmend und fügte hinzu, „Ja, genau, Fehlzündungen, Ladehemmungen, Doppelladungen oder Schusshemmungen zum Beispiel.”
Der Mann sagte, „Natürlich stellt das für ein erfahrenes FBI Mädel, wie Sie, kein Problem dar. Doch für unseren Kumpel hier wäre vielleicht ein Revolver mehr das, wonach Sie suchen.”
Der Man bereitete sie zu einer Glasvitrine voller Revolver.
Blaines Blick wanderte zu einigen Pistolen mit kürzeren Läufen.
Immerhin sahen die weniger einschüchternd aus.
„Was ist mit der da drüben?” sagte er und zeigte auf eine.
Der Mann öffnete die Vitrine, nahm die Pistole heraus und gab sie Blaine. Die Waffe fühlte sich seltsam an in Blaines Hand. Er konnte sich nicht entscheiden, ob sie sich leichter oder schwerer anfühlte, als er erwartet hatte.
„Eine Ruger SP101”, sagte der Mann. „Gute Magazinkapazität. Keine schlechte Wahl.”
Riley beäugte die Waffe zweifelnd.
„Ich denke, wir suchen eher nach etwas mit einer zehn Zoll Lauflänge vielleicht,” sagte sie. „Etwas, das den Rückstoß besser auffängt.”
Der Mann nickte erneut.
„Klar. Ich denke, ich habe genau das Richtige für Sie.”
Er griff in die Vitrine und nahm eine andere, größere Pistole heraus. Er gab sie Riley, die sie mit zustimmendem Blick untersuchte.
„Oh, ja”, sagte sie. „Eine Smith und Wesson 686.”
Dann lächelte sie Blaine an und überreichte ihm die Pistole.
„Was meinst du?” sagte Riley.
Diese längere Waffe fühlte sich in seiner Hand noch seltsamer an, als es mit der Kleineren der Fall gewesen war. Alles, was er tun konnte, war, Riley verlegen anzuschauen. Sie lächelte zurück. Ihr Gesichtsausdruck verriet ihm, dass sie endlich erkannt hatte, wie unwohl er sich fühlte.
Sie drehte sich zu dem Besitzer um und sagte, „Ich glaube, wir nehmen sie. Wie viel soll sie kosten?”
Blaine erschrak über den Preis der Waffe, doch war er sicher, dass Riley am besten wusste, ob er einen fairen Deal bekam.
Er war außerdem überrascht, wie leicht man eine Waffe erwerben konnte. Der Mann fragte ihn nach zwei Identitätsnachweisen und Blaine gab ihm seinen Führerschein und seine Wählerregistrierungskarte. Dann füllte Blaine ein kurzes, einfaches Formular aus, mit dem er einer Sicherheitsprüfung zustimmte. Die digitalisierte Überprüfung dauerte nur wenige Minuten, dann war Blaine autorisiert, eine Waffe zu erwerben.
„Welche Munition hätten Sie denn gern?”, fragte der Mann, als er den Einkauf in die Kasse eingab.
Riley sagte: „Geben Sie uns eine Box von den Federal Premium mit niedrigem Rückschlag.”
Wenige Minuten später war Blaine Waffenbesitzer, wenn auch ein ziemlich verblüffter.
Er stand da und schaute auf die einschüchternde Waffe hinunter, die auf dem Tresen, in einem offenen Kunststoffkoffer und in Schaumstoff eingebettet, lag.
Blaine bedankte sich bei dem Mann, schloss den Koffer und wandte sich zum gehen.
„Warten Sie einen Moment”, sagte der Mann gut gelaunt. „Möchten Sie sie nicht ausprobieren?”
Der Mann führte Riley und Blaine durch eine Tür in den hinteren Bereich des Geschäfts, der in eine überraschend große Indoor-Schießanlage überging. Dann ließ er Riley und Blaine allein. Blaine war überaus erleichtert, dass gerade niemand sonst da war.
Riley zeigte auf eine Liste mit Regeln an der Wand und Blaine las sie sich gründlich durch. Anschließend schüttelte er verunsichert den Kopf.
„Riley, ich muss dir sagen …”
Riley lachte leise.
„Ich weiß. Du bist ein bisschen überfordert. Ich werde es dir genau erklären.”
Sie führte ihn hinüber zu einem der leeren Schießstände, wo er zunächst Ohren- und Augenschutzkleidung anlegte. Er öffnete den Koffer mit der Pistole, schon im Vorfeld sorgfältig darauf bedacht, den Lauf gegen Boden zu halten.
„Muss ich sie laden?” fragte er Riley.
„Noch nicht. Lass uns zunächst ein paar Trockenübungen machen.”
Er nahm die Pistole in die Hand, und Riley half ihm, die richtige Position zu finden—mit beiden Händen am Griff, die Finger nicht am Zylinder, die Ellenbogen und Knie leicht gebeugt, und den Körper ebenso leicht nach vorne gelehnt. Innerhalb weniger Minuten, fand er sich dabei wieder, wie er auf ein fünfundzwanzig Meter entferntes Ziel, das einen Menschen andeutete, zielte.
„Zunächst üben wir die doppelte Hahnbewegung”, sagte Riley. „Dabei musst du den Schlaghahn nicht nach jedem Schuss neu spannen, es reicht wenn du den Abzug ziehst. Das vermittelt dir ein gutes Gefühl für den Abzug. Zieh den Abzug ganz entspannt zurück, und lass ihn dann genauso entspannt kommen.”
Blaine übte ein paar Mal mit der leeren Pistole. Dann zeigte Riley ihm, wie man den Zylinder öffnete und mit Patronen füllte.
Blaine nahm die gleiche Position ein, wie zuvor. Er bereitete sich darauf vor, dass die Pistole rückstoßen würde und zielte sorgfältig.
Dann zog er den Abzug und feuerte.
Die plötzliche Rückwärtsbewegung überraschte ihn, und die Pistole sprang in seiner Hand.
Er ließ sie sinken und schaute auf das Ziel. Er konnte keinen Einschuss erkennen. Kurz fragte er sich, wie überhaupt irgendjemand hoffen konnte, mit einer Waffe auf ein Ziel zu zielen, die so heftig sprang.
„Lass uns an deiner Atmung arbeiten”, sagte Riley. „Während du zielst, atme langsam ein, dann, wenn du den Abzug ziehst, ebenso langsam wieder aus, so dass du genau dann feuerst, wenn du bis zum Ende ausgeatmet hast. Dann hält dein Körper am stillsten.”
Blaine feuerte erneut. Er war überrascht, wie viel mehr Kontrolle er jetzt hatte. Er schaute nach unten und sah, dass er dieses Mal zumindest das Ziel aus Papier getroffen hatte.
Doch als er sich darauf vorbereitete, erneut zu schießen, wurde er von einer plötzlichen Erinnerung heimgesucht—einer Erinnerung an den schreckenserregendsten Moment seines Lebens. Eines Tages, als er noch Rileys Nachbar gewesen war, hatte er nebenan ein furchtbares Getöse gehört. Er war hinüber zu Rileys Reihenhaus geeilt und hatte die Eingangstür einen Spalt geöffnet vorgefunden.
Ein Mann hatte Rileys Tochter zu Boden geworfen und war gerade dabei sie anzugreifen. Blaine war zu ihnen geeilt und hatte den Mann von April weggezogen. Doch der Mann war zu stark, als dass Blaine ihn hätte überwältigen können, und Blaine wurde übel zugerichtet, bevor er das Bewusstsein verlor.
Es war eine bittere Erinnerung, und für einen Moment brachte sie das Gefühl von herzergreifender Hilflosigkeit zurück. Doch das Gefühl verging plötzlich, als er das Gewicht der Pistole in seiner Hand fühlte.
Er atmete und feuerte, atmete und feuerte, noch viermal mehr, bis der Zylinder leer war.
Riley drückte einen Knopf, der das Papierziel hoch zum Schießstand fuhr.
„Fürs erste Mal gar nicht schlecht”, sagte Riley.
Es stimmte, Blaine konnte erkennen, dass zumindest die letzten vier Schüsse innerhalb des menschlichen Umrisses gelandet waren. Dennoch bemerkte er, dass sein Herz pochte, und dass ihn eine seltsame Mischung an Gefühlen überkam.
Eines der Gefühle war Angst.
Doch Angst vor was?
Macht, begriff Blaine.
Das Gefühl von Macht in seinen Händen war schwindelerregend, ganz anderes als alles, was er jemals zuvor gefühlt hatte.
Er fühlte sich so gut, dass ihn das Hochgefühl ihn ängstigte.
Riley zeigte ihm, wie man den Zylinder öffnete, und die leeren Hülsen herausspringen ließ.
„Reicht es dir für heute?” fragte sie.
„Im Leben nicht”, sagte Blaine atemlos. „Ich möchte, dass du mir alles beibringst, was es über dieses Teil zu wissen gibt.”
Während er nachlud, stand Riley da und lächelte ihn an.
Er konnte ihr Lächeln noch spüren, als er auf ein neues Ziel zielte. Doch dann hörte er, wie Rileys Handy klingelte.