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3. Kapitel
Die junge Ehe

So problematisch Sisis Stellung am Wiener Hof auch war, so gut war das Verhältnis des jungen Ehepaares zueinander. Die Verliebtheit Franz Josephs war nicht zu übersehen. Und es besteht kaum ein Zweifel, daß die junge Sisi die Liebe ihres Mannes erwiderte und mit ihm glücklich war. Später, als die Liebe erloschen war und sie als einsame »Titania« Zuflucht in der Dichtung suchte, schrieb sie in Erinnerung an die harmonischen Stunden ihrer Ehe traurige Verse wie diese:

Zerstört

O sprich mir nicht von jenen Stunden,

Wo wir einander angehört;

Mit ihrem Glück sind sie entschwunden,

Und unser Eden ist zerstört.

Doch wird ihr Angedenken leben,

Bis Ruhe uns der Tod gegeben.

Vermöchten wir je zu vergessen,

Dass ich dir meine Seele gab,

Dass du mein Alles mir gewesen,

Und ich dir Treue schwur zum Grab?

Wenn ich an deine Brust mich lehnte,

Wie tief und innig war der Blick,

In dem mein Paradies ich wähnte,

Wie warm schlug dir mein Herz zurück

Wie weltvergessend wir uns küssten,

Als ob wir Seelen tauschen müssten!

Ich brauch die Zeit dir nicht zu nennen,

Die uns so innig einst vereint,

Und die wir nie vergessen können,

So endlos fern sie jetzt auch scheint …132

Das erste Kind des Kaiserpaares war ein Mädchen, die kleine Sophie. Eine ausführliche Schilderung der Geburt verdanken wir der Schwiegermutter Erzherzogin Sophie, die eine wahre Idylle in ihr Tagebuch schrieb.

Auffallend war nur, daß Elisabeths Mutter Ludovika nicht bei der Geburt anwesend war, wie es eigentlich, wenigstens bei dem ersten Kind einer Tochter, üblich war. Das gab dem ohnehin blühenden Tratsch neuen Auftrieb. So schrieb zum Beispiel eine Dame der Gesellschaft an eine Freundin: »Die Mutter der Kaiserin verweilt auf ihrem Landsitz, worüber man sehr erstaunt ist. Sie soll keine Einladung erhalten haben. Jedes Ding hat seine Ursache, darüber läßt sich nicht urteilen.«133 Daraus ist zu entnehmen, daß die Familienzwistigkeiten schon weiteren Kreisen bekannt waren.

Am Morgen des 5. März 1855 weckte der Kaiser seine Mutter um sieben Uhr in der Früh, da die Wehen eingesetzt hatten. Mit einer Handarbeit setzte sich Sophie vor das kaiserliche Schlafzimmer und wartete, »und der Kaiser ging und kam von ihr zu mir«, schrieb Sophie.

Als die Wehen gegen elf Uhr stärker wurden, setzte sich Sophie ans Bett ihrer Schwiegertochter neben ihren Sohn und beobachtete jede Regung des Paares: »Sisi hielt die Hand meines Sohnes zwischen den ihren und küßte sie einmal mit einer lebhaften und respektvollen Zärtlichkeit; das war so rührend und machte ihn weinen; er küßte sie ohne Unterlaß, tröstete sie und klagte mit ihr und schaute mich bei jeder Wehe an, um zu sehen, ob ich damit zufrieden war. Als sie jedesmal stärker wurden und die Entbindung begann, sagte ich es ihm, um Sisi und meinem Sohn neuen Mut zu geben. Ich hielt den Kopf des guten Kindes, die Kammerfrau Pilat die Knie und die Hebamme hielt sie von hinten. Endlich nach einigen guten und langen Wehen kam der Kopf und gleich danach war das Kind geboren (nach drei Uhr) und schrie wie ein Kind von sechs Wochen.«

Die stolze Großmutter: »Die junge Mutter sagte mit einem Ausdruck von so rührender Seligkeit: ›oh, jetzt ist alles gut, jetzt ist mir einerlei, was ich gelitten!‹ Der Kaiser brach in Tränen aus, er und Sisi hörten nicht auf, sich zu küssen, und sie umarmten mich mit der lebhaftesten Zärtlichkeit. Sisi schaute ihr Kind mit Entzücken an, und sie und der junge Vater waren voll Sorge für das Kind, ein großes und starkes Mädchen.«

Der Kaiser nahm die Glückwünsche der im Vorzimmer versammelten Familie entgegen. Nachdem das Kind gewaschen und angezogen war, nahm Sophie es auf ihren Arm und setzte sich neben Sisis Bett, wo auch der Kaiser war. Sie warteten, bis Sisi gegen sechs Uhr einschlief. »Sehr zufrieden und heiter« nahm die kaiserliche Familie den Tee. Der Kaiser rauchte mit seinem jüngeren Bruder Max eine Zigarre und ließ sich auf eine Plauderei mit ihm ein. In den Kirchen wurden Dankgottesdienste gehalten.

Kaum irgendwo wird die überragende Stellung Sophies in der kaiserlichen Familie so sichtbar wie in dieser Ausnahmesituation. Die Hebamme hörte auf ihr Kommando. Der Kaiser, unsicher wie jeder junge Vater, suchte ängstlich in den Mienen seiner Mutter den Fortgang der Geburt zu erfahren. Die gerade 17jährige Elisabeth war ganz ihrer Schwiegermutter ausgeliefert. Trotz allem aber war ihre Haltung noch während der schlimmsten Wehen von »ehrerbietiger, respektvoller Zärtlichkeit« für Franz Joseph, wie Sophie schrieb.134 Diese Haltung war es, die Sophie von der jungen Kaiserin in jeder, selbst in dieser besonderen Situation selbstverständlich erwartete.

Sisis späteren Klagen, das Kind sei ihr gleich nach der Geburt abgenommen worden, muß allerdings mit einigen Vorbehalten begegnet werden. Ganz so schlimm kann es – wenigstens in den ersten Wochen nach der Geburt – nicht gewesen sein. Denn die junge Kaiserin schrieb drei Wochen nach der Niederkunft an eine Verwandte in Bayern: »Meine Kleine ist wirklich schon sehr nett und macht dem Kaiser und mir ungeheuer viel Freude. Anfangs kam es mir recht sonderbar vor, ein ganz eigenes Kind zu haben; es ist wie eine ganz neue Freude, auch habe ich die Kleine den ganzen Tag bei mir, ausser wenn sie spazieren getragen wird, was bei dem schönen Wetter oft möglich ist.«135

Aber selbstverständlich mußte sich die junge Mutter dem Regiment der Schwiegermutter widerspruchslos fügen. Das Kind erhielt den Namen Sophie, die Großmutter wurde Patin. Die kleine Sophie nahm bis zu ihrem Tod 1857 im Herzen ihrer Großmutter eine bedeutende Stellung ein. Das Tagebuch ist seitenweise mit Einzelheiten der Säuglingspflege gefüllt. Alles entfachte den großmütterlichen Stolz der sonst so kühlen Erzherzogin: jeder kleine Fortschritt in der Entwicklung, jeder keimende Zahn war es nun wert, im Tagebuch der Erzherzogin verzeichnet zu werden. Selbstverständlich verschärfte dieser großmütterliche Eifer, ja Besitzanspruch die Familienprobleme im Kaiserhaus. Die unerfahrene Elisabeth wich eingeschüchtert zurück. Noch nicht einmal die Geburt eines Kindes hatte ihre Position am Hof verbessern können.

Schon ein Jahr später, im Juli 1856, brachte Sisi ein weiteres Mädchen zur Welt. Es wurde Gisela genannt – nach der aus bayrischem Haus stammenden Gemahlin des ersten christlichen Königs Stephan I. von Ungarn. Patin war diesmal Herzogin Ludovika. Allerdings fehlte sie bei der Taufe und wurde von Erzherzogin Sophie vertreten – was wiederum zu Tratsch führte. Der Grund, warum Ludovika trotz Sisis Bitten so lange nicht zu ihrer Tochter und ihren ersten beiden Enkelkindern nach Wien reiste, ist unbekannt. Man kann nur aus anderen Äußerungen Ludovikas schließen, daß sie jede Eifersucht Sophies vermeiden wollte.

Groß war die Enttäuschung, daß wieder nicht der ersehnte Thronerbe geboren war – bei der Bevölkerung wohl vor allem deshalb, weil man sich von der Geburt eines Thronerben besonders großzügige Spenden erwartete, die das Land in dieser schlechten Zeit bitter nötig hatte.

Auch dieses Kind wurde der Obsorge der Großmutter übergeben. Elisabeth klagte später, wie sehr sie bedaure, zu ihren ältesten Kindern kein inniges Verhältnis zu haben und beschuldigte immer wieder ihre Schwiegermutter, dafür verantwortlich zu sein. Erst bei ihrem vierten Kind, Marie Valerie, setzte sie ihre Mutterrechte durch und gestand: »Erst jetzt weiß ich, welche Glückseligkeit ein Kind bedeutet. Jetzt habe ich schon den Mut gehabt, es zu lieben und bei mir zu behalten. Meine anderen Kinder hat man mir sofort weggenommen. Es war mir nur dann erlaubt, die Kinder zu sehen, wenn Erzherzogin Sophie die Erlaubnis dazu gab. Sie war immer anwesend, wenn ich die Kinder besuchte. Endlich gab ich den Kampf auf und ging nur noch selten hinauf.«136

Wenn Sisis Stellung am Hof auch noch so unbedeutend war, so stieg doch ihre Beliebtheit bei der Bevölkerung. Diese Beliebtheit hatte auch politische Gründe. Denn seitdem der Kaiser verheiratet war, gab es vorsichtige Liberalisierungen. Der Belagerungszustand in den großen Städten wurde nach und nach aufgehoben, und zwar stets anläßlich familiärer Ereignisse wie der Hochzeit des Kaisers und der Geburt der kaiserlichen Kinder. Politische Gefangene wurden vorzeitig entlassen oder amnestiert.

Lockerung brachte auch das neue Militärstrafgesetz im Januar 1855, das unter anderem die in Österreich immer noch übliche Strafe des Spießrutenlaufens aufhob. Der Volksmund wollte wissen, daß es die junge Kaiserin war, die sich die Abschaffung dieser Tortur von ihrem Gemahl als Hochzeitsgeschenk erbat.137 Aus den Quellen besitzen wir keine Beweise für diese Theorie. Aber daß die höchst empfindsame junge Kaiserin einer solchen Strafe bei einer der vielen militärischen Besuche beiwohnte oder wenigstens von ihr hörte, ist durchaus wahrscheinlich. Und daß sie sich ihrer Natur nach vehement gegen eine solche Grausamkeit aussprach, ist plausibel. Auch die Aufhebung der Kettenstrafe in den Gefängnissen wurde Elisabeths Initiative zugeschrieben.

Daß diese Maßnahmen nicht auf den Einfluß der Erzherzogin Sophie zurückzuführen waren, wußte jedermann. Denn Sophie trat nach wie vor für äußerste Härte gegenüber den Revolutionären des Jahres 1848 und allen sonstigen Aufrührern ein. Nur zu gern glaubten patriotisch gesinnte und kaisertreue Österreicher an den mildreichen Einfluß einer volksnahen neuen Kaiserin.

Ob Elisabeth wirklich einen derartigen gezielten Einfluß auf den Kaiser hatte, wissen wir nicht. Kein Zweifel aber ist, daß der junge Kaiser in seiner überschwenglichen Verliebtheit, im Glück seiner jungen Ehe weicher und nachgiebiger wurde und sich schon deshalb der überfälligen Liberalisierung nicht mehr so abgeneigt zeigte wie bisher.

Die Kaiserin wurde so etwas wie eine politische Hoffnung aller jener, die sich unter dem neoabsolutistischen Regime nicht wohl fühlten. Auch die Gegner der Konkordatspolitik scharten sich bald um sie, nachdem mit dem Abschluß des Konkordates 1855 der politische Katholizismus in Österreich triumphierte. Erzherzogin Sophie konnte hiermit ihre Vorstellungen eines katholischen Kaisertums durchsetzen: der Staat übergab der Kirche die Macht über die Ehegerichtsbarkeit und über die Schulen. Die Kirche hatte ab nun das ausschlaggebende Wort nicht nur über den Inhalt des Lehrstoffs von Geschichte bis zur Mathematik, sondern auch über die Person der Lehrer. Sogar der Zeichen- oder Turnlehrer mußte die erste Aufgabe erfüllen, ein guter Katholik zu sein, was bis zum Sakramentenempfang nachgeprüft wurde. Sonst erhielt er keine Stelle. Das Konkordat war eine Kampfansage an alle Nichtkatholiken und Liberalen, aber auch an Wissenschaftler und Künstler, die in ihrer Arbeit stark behindert wurden.

In der jungen Kaiserin – deren Konflikte mit Erzherzogin Sophie nicht mehr zu verheimlichen waren – glaubten die Gegner des Konkordates eine Sympathisantin zu finden, was wohl auch bis zu einem gewissen Grad zutraf. So wurde aus dem Jahr 1856 eine bezeichnende Geschichte kolportiert: Die kleine evangelische Gemeinde Attersee wollte, was neuerdings gestattet war, einen Turm an ihre kleine Kirche bauen und brauchte dafür Geld. Der Pastor wandte sich auch an den Hof, der gerade in Ischl residierte und geriet an die Kaiserin persönlich. Im liberalen »Wiener Tagblatt« war später über diese Unterredung zu lesen, daß die junge Kaiserin zunächst ihre Verwunderung darüber ausdrückte, »daß die Protestanten erst jetzt Thürme auf ihren Kirchen errichten dürfen. In meinem Vaterlande«, sagte sie freundlich, »genossen Ihre Glaubensgenossen schon, wie ich weiß, seit fünfzig Jahren diese Rechte. Mein seliger Großvater [König Maximilian I. von Bayern] ließ den Protestanten aus Staatsmitteln die schöne Kirche auf dem Karlsplatz in München bauen. Die Königin von Bayern [Marie, die Gattin Maximilians II.] ist auch eine Protestantin und auch meine Großmutter mütterlicherseits war evangelisch. Bayern ist ein erzkatholisches Land, aber die Protestanten haben sich bei uns gewiß nicht über Zurücksetzung oder Schmälerung zu beklagen.«

Die Kaiserin gab eine großzügige Spende, die allerdings »in klerikalen Kreisen große Überraschung hervorgerufen« haben soll. Der streitbare Bischof Rudigier von Linz soll »förmliche Aufklärungen erbeten haben, ob sich die Sache wirklich so verhalte«. Die Zeitung der Klerikalen in Linz stellte den »Vorfall« so dar, »als ob die Kaiserin über den eigentlichen Zweck der Spende nicht genau informirt gewesen sei und als ob man ihr nur dargestellt hätte, daß es sich nur um eine arme Gemeinde überhaupt, nicht aber um eine protestantische handle. Der Pastor jedoch wehrte sich mit einer ›Richtigstellung‹ in der amtlichen Linzer Zeitung.«138

Mit dieser harmlosen Spende für einen protestantischen Kirchturm profilierte sich Elisabeth, ob sie wollte oder nicht, als Anhängerin der Toleranz in Religionssachen und damit als Gegnerin des Konkordates. Ab nun setzten die einen Hoffnungen auf sie, die anderen sahen in ihr einen Gegner. Sisis Beziehung am Hof wurde durch diese Hoffnungen der »Freiheitlichen« alles andere als gebessert.

Auch Elisabeths Auftreten im Familienkreis änderte sich allmählich. Sie war immer weniger demütig, immer weniger still. Immer deutlicher kam ihr ihre hohe Stellung zu Bewußtsein: Sie war die Kaiserin, die erste Frau des Reiches.

Das bedeutete auch, daß sie es wagte, gegen die bisher allmächtige Schwiegermutter zu opponieren. Selbstverständlich ging es zunächst um den Einfluß in der »kaiserlichen Kindskammer«. Beim Kaiser fand Sisi zunächst keine Unterstützung. Erst im September 1856, als sie auf einer Reise durch Kärnten und die Steiermark mit ihrem Mann allein war, bestand sie auf ihrem Wunsch, die Kinder in ihrer Nähe haben zu dürfen. Fern von der Hofburg, fern von den täglichen gemeinsamen Mahlzeiten mit der Schwiegermutter, fühlte sie sich endlich stark genug, um den Kaiser auch einmal an die Bedürfnisse seiner Frau zu erinnern.

Nun brach ein offener Streit zwischen Sisi und Sophie um die beiden Kaiserkinder aus. Sophie widersetzte sich Sisis dringenden Bitten, die Kinderzimmer zu verlegen. Sie brachte manche Vorwände vor, die betreffenden Räume hätten zu wenig Sonne und ähnliches. Als Sisi nicht nachgab, drohte Sophie, aus der Hofburg auszuziehen – ihre stärkste Waffe. Aber diesmal erreichte es die junge Kaiserin, ihren Mann auf ihre Seite zu ziehen – nach Franz Josephs Briefen zu urteilen, das erste und einzige Mal, daß der Kaiser seine über alles geliebte Mutter rügte.

Kurz nach der Rückkehr von der gemeinsamen Reise mit seiner Frau schrieb er an Sophie: »Ich bitte Sie jedoch inständigst, Sisi nachsichtig zu beurteilen, wenn sie vielleicht eine zu eifersüchtige Mutter ist, – sie ist ja doch so eine hingebende Gattin und Mutter! Wenn Sie die Gnade haben, die Sache ruhig zu überlegen, so werden Sie vielleicht unser peinliches Gefühl begreifen, unsere Kinder ganz in Ihrer Wohnung eingeschlossen mit fast gemeinschaftlichem Vorzimmer zu sehen, während die arme Sisi mit ihrem oft so schweren Volumen die Stiege hinaufkeuchen muß, um dann selten die Kinder allein zu finden, ja auch Fremde bei denselben zu sehen, denen Sie die Gnade hatten die Kinder zu zeigen, was besonders mir auch noch die wenigen Augenblicke verkürzte, die ich Zeit hatte bei den Kindern zuzubringen, abgesehen davon, daß das Produzieren und dadurch Eitelmachen der Kinder mir ein Greuel ist; worin ich übrigens vielleicht Unrecht habe. Übrigens fällt es Sisi gar nicht ein, Ihnen die Kinder entziehen zu wollen, und sie hat mir eigens aufgetragen Ihnen zu schreiben, daß dieselben immer ganz zu Ihrer Disposition sein werden.«139

Zum erstenmal hatte sich Elisabeth durchsetzen können. Die Reise war ein voller Erfolg und brachte die Eheleute einander wieder näher. Sie genossen beide in vollen Zügen die Schönheiten des Hochgebirges. Das junge Paar erregte allenthalben Bewunderung, so einfach und natürlich trat es in der ländlichen Umgebung auf: der Kaiser in Lederhosen, mit Gamsbarthut, die Kaiserin im knappen Lodenkostüm und mit derben Bergschuhen, einen Lodenhut auf dem Kopf. Da gab es kein höfisches Zeremoniell, und selbst der in Wien so förmliche und gehemmte Kaiser benahm sich salopp und zeigte, daß er sich noch ein gewisses Maß an Spontaneität und Lebensfreude bewahrt hatte.

Die beiden machten von Heiligenblut aus eine Bergtour. Elisabeth, die eine geübte Bergsteigerin, aber doch noch vom Wochenbett geschwächt war, rastete nach dreistündigem Weg bei der Wallnerhütte, dem Platz des heutigen Glocknerhauses, und genoß den Ausblick auf die Pasterze und die Spitze des Großglockners. Dieser Platz erhielt den Namen »Elisabethruhe«. Franz Joseph stieg mit Bergführern weiter auf zum Hohen Sattel und zum Pasterzen-Gletscher, der »Franz Josephs-Höhe«.

Gemeinsame Reisen des Kaiserpaares waren ab nun freudig benützte Anlässe für Elisabeth, mit ihrem Mann allein zu sein und ihren Einfluß zu verstärken.

Aber wenn Sisi auch diesmal einen Sieg davongetragen hatte, kostete dieser jahrzehntelange Kampf gegen die Schwiegermutter viel Kraft, umso mehr, als ja Sophie der Unterstützung des »Hofes« stets sicher sein konnte. Das verschärfte Elisabeths Isolation.

Gräfin Marie Festetics, die freilich das Problem nur aus den Erzählungen der Kaiserin beurteilen konnte, schrieb über die Erzherzogin: »Ihre Ambition drängte sie immer zwischen die beiden Gatten – immer mit einer Entscheidung zwischen Mutter u. Frau u. es ist eine Gnade Gottes, daß es nicht zu einem Bruche führte. Sie wollte den Einfluß der Kaiserin auf den Kaiser brechen. Das ist ein gefährliches Wagnis gewesen. Der Kaiser liebt die Kaiserin … Die Kaiserin hat nur ihr gutes Recht u. ihre Noblesse als Helfer.«140

Der Pariser Friede im Frühjahr 1856 beendete den Krimkrieg und brachte eine völlige Umwälzung im europäischen Staatensystem: Rußland verlor seine Vormachtstellung an das Frankreich Napoleons III. Aus der engen Freundschaft zwischen Rußland und Österreich war eine Feindschaft geworden, zum Vorteil Preußens. Neben diesen für Österreich so unglücklichen Auswirkungen wurde bald auch noch ein bisher wenig berücksichtigter Faktor schmerzlich spürbar: Die Keimzelle der italienischen Einheitsbewegung, Sardinien-Piemont, hatte im Krimkrieg Frankreich 15 000 Soldaten zur Verfügung gestellt und sich dafür Napoleon III. als Schutzherrn der Irredenta gewonnen. Die österreichischen Provinzen Lombardei und Venetien waren mehr denn je bedroht, ebenso wie die von Habsburgern regierten und unter österreichischem militärischen Schutz stehenden mittelitalienischen Staaten Toskana und Modena. Die italienische Einigungsbewegung sah in der österreichischen Herrschaft in Italien das größte Hindernis zur Erreichung ihrer Ziele.

Franz Joseph wies nach wie vor jeden Versuch von sich, die nach einhelliger Meinung unhaltbaren italienischen Provinzen durch günstige Verträge oder gar Verkauf abzutreten. Auch Ernst II. von Coburg versuchte 1854 dem jungen Kaiser diese Ideen Napoleons III. nahezubringen, denn »es sei ja doch nicht zu erwarten, daß Italien jemals beruhigt werden könne«. Prinz Coburg: »Der Kaiser schien über diese Mitteilung sehr unruhig zu werden und wies jeden Gedanken einer Abtretung italienischer Gebiete auf das Allerentschiedenste zurück.«141 Und vier Jahre später berichtete der Schweizer Gesandte nach Bern, »daß der Kaiser zur Verteidigung Venedigs seinen letzten Mann und seinen letzten Thaler opfern werde«.142 Das hieß, daß es früher oder später zu einem Krieg um Italien kommen würde.

Vorerst hoffte der Kaiser, die aufrührerischen Provinzen durch starke Militärgewalt halten zu können. Zur Demonstration der kaiserlichen Herrschaft reiste das Kaiserpaar im Winter 1856/57 nach Oberitalien, wohnte vier Monate lang in den alten königlichen Palästen von Mailand und Venedig und entfaltete dort das ganze Gepränge des Hofes und des Militärs.

Auch bei diesem Anlaß gab es wieder Streitereien in der kaiserlichen Familie. Denn Elisabeth wollte sich nicht auf so lange Zeit von den Kindern trennen. Gegen starken Widerstand der Erzherzogin setzte sie durch, daß das ältere Töchterchen, die inzwischen zweijährige Sophie, die Eltern nach Italien begleitete. Elisabeth begründete das damit, daß die Luft in Oberitalien dem etwas kränkelnden Kind während des Winters guttun würde. Die italienischen Zeitungen jedoch mutmaßten, daß das Kind hauptsächlich als Absicherung gegen Attentate mitgenommen wurde.143 Sophie ihrerseits beklagte die Gefahren der Reise für das Kind, womit sie sicher nicht unrecht hatte.

Die Reise ging zunächst per Eisenbahn von Wien nach Laibach. Dort wurden die 37 mitgeführten Kutschen entladen und dann mit Postpferden und per Schiff die Reise fortgesetzt.

Hier in Italien konnte sich Sisi unmöglich der Politik entziehen. Bisher hatte sie bei ihren Reisen in die Kronländer – nach Böhmen, Steiermark, Kärnten, aber auch Salzburg, das während der Ischler Wochen kreuz und quer bereist wurde – eine Bevölkerung erlebt, die ihr Kaiserpaar zumindest freundlich, wenn nicht begeistert empfing. Nun aber schlug ihm Verachtung, ja Haß entgegen. Die unter der österreichischen Militärverwaltung leidende italienische Bevölkerung ersehnte ein nationales Italien, wie es Cavour und Garibaldi propagierten. Es hatte Putschversuche gegeben, Hinrichtungen. Die Steuern, die die einst reichen Länder an Österreich abführen mußten, drückten, obwohl die militärische Besetzung des Landes inzwischen weit mehr kostete, als Steuern einkamen. All den Unmut bekam nun das junge Kaiserpaar zu spüren.

Die Empfänge waren von den österreichischen Militärbehörden aufs glänzendste vorbereitet. Das Kaiserpaar erschien stets mit großem militärischem Gefolge, was eine Machtdemonstration sein sollte, gleichzeitig aber eine Provokation für die Italiener darstellte. Das Militär war in höchster Alarmbereitschaft. Diese Reise forderte zu einem politischen Attentat geradezu heraus. Doch der junge Kaiser zeigte wie stets in solchen Situationen großen Mut, ebenso wie die Kaiserin, die in untadeliger Haltung Sabotageakte und Unfreundlichkeiten der Bevölkerung übersah.

Sie hätte Grund genug zu Angst gehabt. Schon in Triest zersprang auf dem Schiff eine riesige Kaiserkrone aus Kristallglas. Niemand glaubte an einen unglücklichen Zufall, jeder an Sabotage. Doch so gern die junge Kaiserin in Wien offizielle Empfänge absagte, so eisern hielt sie in Oberitalien ihr Programm durch und ließ ihren Mann höchstens bei rein militärischen Inspektionen allein.

In Venedig, wo das kaiserliche Schiff in Begleitung von sechs mächtigen Kriegsschiffen vor Anker ging, war der militärische Empfang zwar prächtig, doch als das Kaiserpaar mit der kleinen Sophie über den weiten Markusplatz nach San Marco ging (Alexander von Hessen über Elisabeth: »jolie comme un cœur« und »avec infiniment de grandezza«)144, hörte man von der großen dort versammelten Menschenmenge kein einziges »Evviva«. Nur die österreichischen Soldaten riefen »Hoch« und »Hurra«. Der englische Konsul berichtete nach London: »Das einzige Gefühl des Volkes war nur die Neugierde, die Kaiserin zu sehen, deren Ruf, wunderbar schön zu sein, natürlich auch bis hierher gedrungen ist.«145

Den kaiserlichen Empfängen blieb der italienische Adel zum großen Teil fern. Diejenigen, die trotz des Boykotts erschienen, wurden von Landsleuten auf der Straße beschimpft. Bei der Festvorstellung im Teatro Fenice blieben die Logen der vornehmsten Familien leer.

Im Laufe des kaiserlichen Aufenthaltes in Venedig besserte sich jedoch die Stimmung, vor allem, als der Kaiser die größten Ärgernisse für den italienischen Adel beseitigte, indem er die Konfiskation von Gütern politischer Flüchtlinge rückgängig machte und auch eine Amnestie für politische Häftlinge erließ.

Franz Joseph versäumte es nicht, die Verdienste seiner jungen Frau zu rühmen. Er schrieb aus Venedig an die Erzherzogin Sophie: »Die Bevölkerung war sehr anständig, ohne besonderen Enthusiasmus zu zeigen. Seitdem hat sich die gute Stimmung aus verschiedenen Ursachen sehr gehoben, besonders durch den guten Eindruck, den Sisi gemacht hat.«146 In Wien wurde bald der kaiserliche Ausspruch kolportiert, daß die Schönheit Sisis sein »Italien besser eroberte, als es seine Soldaten und Kanonen hätten tun können«.147 Auch der englische Generalkonsul beschrieb die Ausstrahlung der Kaiserin, schränkte jedoch ein: »aber es bleibt doch alles ganz unabhängig von der Politik.«148

Auch in den anderen Städten waren die Empfänge nicht herzlicher, weder in Vicenza noch im Hauptquartier der österreichischen Truppen, Verona, noch in Brescia oder Mailand. In Mailand zahlten die Behörden sogar den Landbewohnern Geld, damit sie in die Stadt kamen und dem Kaiserpaar Spalier standen. Der lombardische Adel blieb eisig. Bei den kaiserlichen Empfängen erschien nur etwa ein Fünftel der Eingeladenen. In der Festvorstellung der »Scala« saßen statt der Aristokraten deren Dienstboten in den Logen – eine ungeheure Provokation.

Der Kaiser entspannte sich von diesen ständigen Affronts mit langen Truppenbesichtigungen. Nicht die Kunstschätze Venedigs und Mailands, sondern die Befestigungen, Arsenale, Kasernen, Kriegsschiffe, Schauplätze von Schlachten standen im Mittelpunkt seines Interesses, und nur zu oft mußte die junge, wieder kränkelnde Kaiserin ihn begleiten.

Da der inzwischen neunzigjährige Feldmarschall Radetzky das Regiment in Oberitalien kaum noch fest in der Hand hatte – der Kaiser fand ihn »entsetzlich verändert und verkindert«149 –, beschloß Franz Joseph, ihn mit großen Gnaden zu verabschieden und getrennte militärische und zivile Verwaltungen in den italienischen Provinzen einzuführen. Der inzwischen 24jährige jüngere Bruder Erzherzog Ferdinand Max erhielt die schwierige Aufgabe, als Zivilgouverneur nach Mailand zu gehen. Franz Joseph an seine Mutter: »Unser Herrgott wird helfen und die Zeit nebst Maxens Takt viel machen.«150

Leider sind aus dieser Zeit keine Briefe Sisis bekannt. Wir wissen also nicht, ob sie sich schon bei diesem ersten Besuch in Italien über politische Fragen äußerte oder nicht. Nur daß sie über die italienische Frage eine weniger optimistische Meinung als ihr Mann hatte, wurde bekannt, und zwar durch ihren Bruder Carl Theodor, der sie in Venedig besuchte und ein höchst negatives Bild über Österreichs Stellung in diesen Provinzen mit nach Bayern nahm.151

Nur wenige Wochen nach der italienischen Reise besuchte das Kaiserpaar eine weitere unruhige Provinz: Ungarn. Die Beziehungen zwischen Wien und Budapest waren höchst gespannt. Denn Innenminister Bach hatte den Ehrgeiz, ganz Österreich zu einem einheitlichen, zentralistisch gelenkten Reich zu machen und das unbotmäßige Ungarn »gleichzuschalten«. Die alte ungarische Verfassung war aufgehoben. Die Revolutionäre von 1848 befanden sich in der Emigration, ihre Güter waren beschlagnahmt. Der Wiener Hof, repräsentiert durch Erzherzogin Sophie, aber auch durch den Militärgouverneur von Ungarn, Erzherzog Albrecht, war extrem ungarnfeindlich.

Die junge Kaiserin war Ungarns Hoffnung. Man wußte, daß sie sich unter dem Einfluß des Grafen Mailáth sehr für ungarische Geschichte interessierte, vor allem für die Freiheitsbewegungen. Die politischen Lockerungen anläßlich der kaiserlichen Hochzeit hatten einen günstigen Eindruck gemacht. Die Opposition Elisabeths gegen Erzherzogin Sophie war hinlänglich bekannt. Die Ungarn hofften nun, daß diese Umstände sich zu ihren Gunsten würden ausnützen lassen.

Die Reise ging mit dem Schiff donauabwärts über Preßburg nach Budapest. Sisi hatte diesmal darauf bestanden, beide Kinder mit auf die Reise zu nehmen, wiederum gegen den Widerstand der Schwiegermutter. Die kleine Sophie war laut Franz Josephs Angabe vor der Abreise mit Fieber und etwas Diarrhöe unwohl geworden. Die Ärzte sagten, es sei vom Zahnen.152

Die Empfänge, Militärparaden, ein erster Hofball in der Budapester Burg nach vielen Jahren – all das wurde mit üblicher Prachtentfaltung, aber eher mäßiger Begeisterung der Ungarn absolviert. Einig waren sich alle Anwesenden nur über die Schönheit der noch nicht 20jährigen Elisabeth. Es war auch nicht unschwer zu erkennen, wie empfänglich sie für die Komplimente der Magnaten war.

Der ungarische Adel in seinen brillantenbesetzten Kostümen, mit seinem überaus selbstbewußten, stolzen Auftreten unterschied sich derart auffallend von der Wiener Aristokratie, ja war geradezu ein Gegenpol zu ihr, daß die junge Kaiserin vom ersten Moment an Sympathie für Ungarn empfand. Beim Hofball sah sie begeistert den ungarischen Tänzen zu, die sie zum erstenmal erlebte, und tanzte dann auch selbst Quadrille – einmal mit Erzherzog Wilhelm und das zweite Mal mit Graf Nikolaus Esterházy, der später ihr bevorzugter Begleiter bei den Reitjagden werden sollte. Die Sympathien der Ungarn für die junge Kaiserin trafen auf Gegenliebe. Von nun an führten die Ungarn jede politische Erleichterung auf den günstigen Einfluß der jungen Kaiserin zurück, ebenso wie sie jede Schikane der Erzherzogin Sophie anlasteten.

Elisabeth setzte sich schon jetzt für Ungarn ein. Zwar verweigerte der Kaiser bei dieser Reise die Annahme einer adeligen Petition, die alte ungarische Verfassung wieder einzuführen. Doch die Rückkehr prominenter Emigranten, so auch Gyula Andrássys aus Paris, wurde erleichtert, beschlagnahmte Güter wurden freigegeben. Vorsichtige Anzeichen für weitere Liberalisierung waren unübersehbar, obwohl der Kaiser auf der streng zentralistischen Politik beharrte.

Die Stimmung in Ungarn besserte sich während des Besuches, vor allem immer dann, wenn die junge Kaiserin in der Öffentlichkeit auftrat, vor allem, als sie hoch zu Pferd einer militärischen Revue neben ihrem Mann beiwohnte. Der mitreisende Graf Crenneville allerdings entsetzte sich darüber, eine Kaiserin zu Pferd in der Öffentlichkeit sehen zu müssen: »Diese für die Würde einer Kaiserin durchaus nicht passende Reitproduktion machte mir einen peniblen Eindruck«, schrieb er seiner Frau.153

Als das Kaiserpaar die vorgesehene Reise in die ungarischen Provinzen antreten wollte, erkrankte plötzlich die zehn Monate alte Gisela an Fieber und Durchfall. Die Reise wurde verschoben. Als die kleine Gisela sich erholte, wurde die zweijährige Sophie krank. Die Eltern waren in großer Sorge. Franz Joseph an seine Mutter: »Sie hat die ganze Nacht nur 1½ Stunden geschlafen, ist sehr nervös und schreit immerwährend, daß es einem das Herz zerreißt.«154

132.El., Poet. Tgb., 210f.
133.Richard Kühn (Hg.), Hofdamen-Briefe um Habsburg und Wittelsbach, Berlin 1942, 351 (6. 3. 1855)
134.Sophie 5. 3. 1855 fr.
135.N. Sexau. An Therese von Bayern. Wien, 22. 3. 1855
136.Festetics 26. 6. 1872 ung.
137.Eugen d’Albon, Unsere Kaiserin, Wien 1890, 176
138.Wiener Tagblatt, 15. 9. 1898
139.Schnürer, 256 18. 9. 1856
140.Festetics 2. 6. 1872
141.Ernst II. von Sachsen-Coburg-Gotha, Aus meinem Leben und aus meiner Zeit, II, Berlin 1888, 74
142.Bern. 21. 12. 1860
143.Corti, Elisabeth, 74
144.Egon Caesar Conte Corti, Unter Zaren und gekrönten Frauen, Wien 1936, 111
145.Corti, Elisabeth, 68
146.Schnürer, 259 (4. 12. 1856)
147.Daniel Freiherr von Salis-Soglio, Mein Leben. Stuttgart 1908, I, 79
148.Corti, Elisabeth, 70
149.Schnürer 259 (4. 12. 1856)
150.ebda., 264 (2. 3. 1857)
151.Richard Sexau, Fürst und Arzt, Graz 1963, 79 f.
152.Schnürer, 267. Ofen, 18. 5. 1857
153.Crenneville. Ofen, 9. 5.1857
154.Schnürer, 267. Ofen, 18. 5. 1857
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20 aralık 2024
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9783902862969
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