Kitabı oku: «Seewölfe Paket 19», sayfa 12

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7.

Die Black Queen kümmerte sich nicht um den schrillen Lärm, der aus der Felsenkneipe drang und bis zu den Ankerplätzen der Schiffe zu hören war. Ihre Aufmerksamkeit galt nach wie vor der „Coq d’Or“, die sich noch in Sichtweite befand.

Da geschah es plötzlich.

Die Black Queen hatte es zwar nicht wissen können, aber doch irgendwie instinktmäßig befürchtet: Wie aus heiterem Himmel rauschten drei Schiffe auf die Hafenbucht zu.

Es handelte sich um drei Segler, die der Black Queen nur allzugut bekannt waren: um die „Isabella IX.“, um die „Le Vengeur III.“ und den Schwarzen Segler, den der respekteinflößende Wikinger befehligte. Die Schiffe waren voll gefechtsklar und mußten bisher unter Land gesegelt sein, so daß sie niemand bemerkt hatte. Außerdem hatte die Aufmerksamkeit aller auf Tortuga der Ankunft der Mädchen aus Paris gegolten.

Da fiel es der Black Queen wie Schuppen von den Augen. Und jetzt wußte sie auch, daß ihr Mißtrauen begründet gewesen war. Es war ihr gleich verdächtig erschienen; daß der Franzose so eilig aufgebrochen war.

Die Queen setzte das Spektiv ab und ließ einen wenig damenhaften Fluch vom Stapel.

„Hab ich es doch geahnt!“ stieß sie hervor. „Der Seewolf ist es also, der dahintersteckt. Fein hat er sich das ausgedacht. Und hätte ich mich auch noch von den verdammten Huren täuschen lassen, dann wäre seine Rechnung sogar aufgegangen.“

Caligula starrte verblüfft auf das Bild, das sich seinen Augen bot. Er bewunderte in diesem Augenblick den Scharfsinn und das Gespür der Queen, die der Eile des französischen Kapitäns sofort mehr Bedeutung zugemessen hatte als alle anderen.

„Wir müssen schleunigst ankerauf gehen“, sagte er, und seine Stimme klang erregt. „Jetzt geht es um Minuten. Wenn es uns nicht gelingt, aus der Bucht auszubrechen, kriegen wir verdammt viele Schwierigkeiten.“

Darüber war sich auch die Queen im klaren. Sie brüllte augenblicklich ihre Befehle über die Decks und versetzte damit ihre eigene Mannschaft sowie die Besatzungen der drei anderen Galeonen in Alarmzustand.

Obwohl die Schiffe seit der Ankunft im Hafen von Tortuga gefechtsklar waren, entstand augenblicklich Wuhling auf sämtlichen Decks.

Niemand hatte damit gerechnet, daß der Seewolf den Trubel, den die eintreffenden Mädchen verursachten, für einen Überraschungsangriff nutzen würde. Sie alle fühlten sich regelrecht überrumpelt und fluchten im stillen darüber, daß sie ihre Augen nicht besser offengehalten hatten. Jetzt aber entschied die Schnelligkeit. Und daß keine Zeit verschwendet wurde, dafür sorgten die Black Queen und Caligula – wenn es sein mußte, mit Fußtritten und Fausthieben. Für Trödelei kündigten sie Strafen an, die selbst den abgebrühtesten Piraten an Bord des Zweideckers noch kalte Schauer über den Rücken jagten.

Aber der Druck, den sie ausübten, zeigte Erfolg.

Die „Caribian Queen“ setzte sich rasch in Bewegung und segelte mit vollem Zeug auf die Ausfahrt der Bucht zu.

„Wir müssen es schaffen!“ sagte die Queen zu ihrem Geliebten. „Wenn es uns gelingt, die offene See zu erreichen, bevor sie uns in die Zange nehmen, haben wir zusammen mit den drei anderen Galeonen eine gute Chance, ihnen von zwei Seiten her einzuheizen.“

Caligula lächelte grimmig. In seinen Augen loderten Wut und Haß.

„Wir werden ihnen ihren Plan versalzen, darauf kannst du dich verlassen“, sagte er.

Die Schnapphähne an Bord packten zu Sie hatten schnell begriffen, daß es jetzt um die eigene Haut ging. Daß mit dem Seewolf und seinen Gefährten nicht zu spaßen war, das hatten sie in den vergangenen Wochen zur Genüge erfahren.

Noch jetzt steckte einigen von ihnen das Schaudern in den Knochen, das ihnen die Schiffe von der Schlangen-Insel in der Todesbucht von Gran Cayman eingejagt hatten. Diesmal war die Situation sehr ähnlich, vielleicht sogar noch bedrohlicher, denn sie alle hatten nur lüstern den Mädchen nachgestarrt, die mit wiegenden Hüften im Hafen herumstolziert waren und einen Riesenzirkus veranstaltet hatten.

Die Queen kochte vor Wut, denn sie fühlte sich hereingelegt.

„Der verdammte Franzose hat uns hinters Licht geführt“, fauchte sie. „Er hat das mit dem Seewolf gemeinsam ausgeheckt. Der ganze Rummel war von Anfang an ein abgekartetes Spiel. Am liebsten würde ich Amadou folgen und ihm eine volle Breitseite auf den Pelz brennen.“

Caligula nickte verstehend. „Der Kerl hätte es wahrhaftig verdient, aber wir müssen dennoch einen klaren Kopf behalten. Wenn wir dem Franzosen folgen, sind die drei Schiffe in der Bucht dem Seewolf ziemlich hilflos ausgeliefert. So aber kriegt er es nicht nur mit ihnen, sondern auch noch mit uns zu tun – vorausgesetzt, wir schaffen den Durchbruch.“

„Wir müssen und werden ihn schaffen“, bekräftigte die Black Queen, und in ihren Zügen spiegelte sich wilde Entschlossenheit.

8.

Auch die Seewölfe zogen grimmige Gesichter.

Die „Isabella IX.“ hatte die Insel gerundet und rauschte jetzt von der Ostseite her mit vollem Preß auf die Hafenbucht zu. „Le Vengeur III.“ und „Eiliger Drache über den Wassern“ nahten aus westlicher Richtung. Das gemeinsame Ziel der drei Segler war, die Bucht abzuriegeln und die Schiffe der Black Queen von der Seeseite her in Fetzen zu schießen.

Zunächst hatte es so ausgesehen, als würde sich dieser Teil des Planes in die Tat umsetzen lassen, denn die „Coq d’Or“ hatte die Hafenausfahrt verlassen und segelte auf die offene See hinaus.

Demnach hatte Lucien Amadou die Mädchen wie vereinbart auf Tortuga an Land gesetzt und ihrem zukünftigen „Beschützer“, Emile Boussac, übergeben. Für die Seewölfe war somit genau der richtige Zeitpunkt gegeben, die Falle zuschnappen zu lassen.

Doch jetzt traten die ersten Komplikationen auf, denn auf der „Caribian Queen“ wurden in größter Eile die Anker gelichtet und die Segel gesetzt. Die Seewölfe wußten auf Anhieb, was das zu bedeuten hatte.

„Himmel, Arsch und Hagelwetter!“ entfuhr es dem Seewolf. „Die Queen muß etwas gemerkt haben, und jetzt versucht sie, noch rechtzeitig die Bucht zu verlassen. Man könnte wirklich meinen, diese Frau hätte einen sechsten Sinn.“

Auch Ben Brighton legte die Stirn in Falten.

„Wir müssen ihren Ausbruch unbedingt verhindern“, sagte er, „sonst sind wir am Ende diejenigen, die in die Zange genommen werden.“

Hasard lächelte grimmig. „Wie willst du das verhindern, Ben? Wir haben eh schon den letzten Fetzen Tuch gesetzt. Schneller geht es nicht. Auch Jean und Thorfin werden die Ausfahrt nicht vor uns erreichen. Genaugenommen hängt jetzt alles von der Queen ab. Wenn sie schnell genug ist, wird sie es schaffen. Verlaß dich darauf, daß sie alles dransetzen wird. Auf ihrem Zweidecker ist jetzt schon der Teufel los. Der traue ich sogar zu, daß sie ihre Kerle höchstpersönlich an der Rah hochzieht, wenn sie sich nicht selber übertreffen.“

Auch Old O’Flynn und Edwin Carberry, die zum Achterdeck aufgeentert waren, blickten finster drein.

„Ob nicht am Ende dieser Franzose falsch gespielt hat?“ fragte Old Donegal. „Es wäre doch möglich, daß er nur zum Schein auf unseren Plan eingegangen ist, um uns dann an die Queen zu verraten.“

„Hör auf zu spinnen, Donegal“, sagte Hasard mit ernstem Gesicht. „Amadou ist in Ordnung, für ihn lege ich die Hände ins Feuer. Aus welchem Grund sollte er uns wohl an die Queen verraten? Er ist bestimmt heilfroh, daß er Tortuga hinter sich hat.“

„Ich glaube auch nicht, daß Amadou etwas damit zu tun hat“, erklärte Ben Brighton. „Er ist ein aufrichtiger Mann, und was, zum Teufel, hätte er davon gehabt?“

Doch Old Donegal gab sich noch nicht geschlagen.

„Ich weiß ja, daß ihr einen Narren an Amadou gefressen habt“, sagte er, „aber es könnte sein, daß ihn die Queen reich für seine Tips belohnt hat. Für einige Beutel Gold hat sich schon manch einer was anderes überlegt.“

„Natürlich ist so etwas im Prinzip möglich“, sagte der Seewolf. „Aber im Fall Amadous müßte ich meine ganze Menschenkenntnis über Bord werfen. Nein, Donegal, er hat uns nicht verraten. Außerdem finde ich es nicht gerade anständig, daß wir ihn als Verräter verdächtigen. Er kann sich nicht einmal dagegen wehren.“

„Amadou scheidet aus“, bestätigte jetzt auch Edwin Carberry. „Er ist ein absolut ehrlicher Bursche, und ich will mir selber die Haut in Streifen von – äh – von meiner Kehrseite ziehen, wenn der uns verpfiffen hat. In deinem Kopf summt es nicht mehr richtig, Donegal!“

„Das mußt du gerade sagen!“ giftete der Alte. „Außerdem habe ich ja niemanden beschuldigt, sondern nur einige Überlegungen und Vermutungen angestellt. Irgend jemand muß sich ja schließlich den Kopf darüber zerbrechen, auf was die plötzliche Reaktion der Black Queen zurückzuführen ist. Geht das in deinen Quadratschädel rein?“

„Den Kopf kannst du dir zerbrechen, solange es dir Spaß bereitet“, gab Carberry ungerührt zurück. „Am schnellsten geht es, wenn du mit deinem weichgekochten Knödel gegen das Schanzkleid rennst. Aber anständige Leute wie Lucien Amadou solltest du dabei aus dem Spiel lassen. Der Mann hat uns und den Ladys einen echten Dienst erwiesen.“

„Das mag sein“, fuhr Donegal fort, „ich will das ja gar nicht abstreiten. Warum sollten es auch immer Männer sein, die Mist bauen, nicht? Wie steht es mit den Weibern? Amadou hat fünfzig Prachtexemplare an Bord gehabt. Was ist, wenn eine von denen nicht dichtgehalten hat? Ihr wißt so gut wie ich, daß manche Weiber recht geschwätzig sind …“

„Es soll auch geschwätzige Männer geben“, unterbrach ihn Hasard. „Außerdem, mein lieber Donegal, wußten an Bord der ‚Coq d’Or‘ nicht fünfzig Mädchen über unseren Plan Bescheid, sondern nur vier, nämlich Manon, Julie, Cécile und Esther. Und diese vier halte ich durchaus für zuverlässig genug, daß sie den Mund gehalten haben – schon in ihrem eigenen Interesse, denn sie hatten von Anfang an keine Lust, unter die Herrschaft der Black Queen zu geraten. Es wäre völlig unlogisch, wenn sie ein falsches Spiel mit uns getrieben hätten.“

„Na schön“, erwiderte Donegal lakonisch. „Ich hab’s ja nur gut gemeint. Mehr kann ich nicht anbieten.“

„Das ist auch gut so“, sagte der Seewolf, „denn im Moment nutzt es uns überhaupt nichts, wenn wir einen Schuldigen suchen. Meiner Meinung nach gibt es gar keinen. Wir haben unseren Plan zwar bis in alle Einzelheiten durchdacht, doch die Gegenseite ist niemals völlig berechenbar, und die Black Queen schon gar nicht. Diese Frau ist raffinierter als der Teufel selber. Wie es aussieht, werden wir uns an ihr noch die Zähne ausbeißen.“

Ben Brighton nickte mit zerknirschtem Gesicht. „Wahrscheinlich hat sie ihre Schnapphähne angewiesen, trotz des Trubels, den die Mädchen mit ziemlicher Sicherheit ausgelöst haben, höllisch aufzupassen, oder aber sie selber hat einkalkuliert, daß ein Dritter die Situation ausnutzen könnte. Intelligent genug ist sie ja. Und Caligula auch.“

„So wird es wohl gewesen sein“, sagte Hasard. „Irgend etwas hat ihr Mißtrauen erregt, deshalb die schnelle Reaktion. Aber wie dem auch sei – für uns ist das jetzt unerheblich. Wir müssen den Tatsachen ins Auge sehen. Die Queen versucht den Durchbruch, und wir müssen – falls sie ihn schafft – auf einen harten Kampf gefaßt sein.“

Darin sollte sich der Seewolf nicht getäuscht haben, denn die Queen schaffte den Ausbruch tatsächlich. Ihr düsterer Zweidecker stieß wie ein wilder Schwan auf See hinaus, ohne daß ein einziger Schuß fiel, denn die Schiffe von der Schlangen-Insel lagen noch außerhalb der Reichweite ihrer Kanonen.

„Fast sieht es so aus, als wolle sie die ‚Coq d’Or‘ verfolgen“, meinte Edwin Carberry. „Die hat bestimmt kapiert, daß Amadou eine Rolle in dieser Sache gespielt hat. Es sollte mich nicht wundern, wenn sie sich dafür mit einer Breitseite von ihm verabschieden würde …“

„Der Gedanke ist zwar naheliegend“, sagte Hasard, „aber andererseits ist sie dazu wieder zu schlau. Sie kann die drei Galeonen in der Bucht nicht ohne ihren Schutz zurücklassen, zumal wir weit gefährlichere Gegner für sie sind als Amadou.“

Er sollte auch damit recht behalten. Die „Caribian Queen“ segelte nicht hinter der „Coq d’Or“ her, sondern fiel plötzlich hart nach Backbord ab.

Die Arwenacks wußten, was das zu bedeuten hatte. Die Queen wollte sich von See her wie ein Falke auf die „Isabella“ stürzen, während die „Aguila“, die „Vascongadas“ und die „Buena Estrella“ von der Bucht her angegriffen. Damit hatte sich das Blatt sehr zuungunsten der Seewölfe gewendet.

Hasard konnte die Black Queen durch seinen Kieker deutlich erkennen. Sie stand in Herrscherpose auf dem Achterdeck ihres Schiffes und schrie laute Kommandos. Caligula war nicht weit von ihr entfernt.

„Ein sauberes Pärchen ist das“, sagte Ben Brighton. „Irgendwann muß die der Teufel mal aus der Hölle verjagt und an die frische Luft gesetzt haben.“

Die Arwenacks waren auf Stationen, denn es konnte nur noch Minuten dauern, bis vor der Hafenbucht von Tortuga die Hölle aufbrach.

Auf der „Le Vengeur III.“ und dem Schwarzen Segler erhitzten sich ebenfalls die Gemüter über die blitzschnelle Reaktion der Black Queen. Doch auch dort wurde die Lage richtig beurteilt. Lucien Amadou und die vier Mädchen vom „Führungsgremium“ waren über jeden Verdacht erhaben.

„Die Queen hat eben gut aufgepaßt“, sagte der Wikinger, der trotz der tropischen Hitze nicht auf seine heißgeliebten Felle und den Helm verzichtete.

„Jawohl, aufgepaßt“, sagte der Stör. Er hatte die nervtötende Angewohnheit, stets Wörter oder ganze Sätze des Wikingers zu wiederholen.

Eike, Arne und Olig, die zusammen mit dem Stör die Leibgarde Thorfin Njals bildeten, zogen ärgerliche Gesichter.

„Bei Thor und Odin!“ fauchte Eike. „Dabei hatten wir schon geglaubt, diese karibische Hexe endlich in der Falle zu haben. Das geht doch wirklich nicht mit rechten Dingen zu.“

„So ist das eben mit den Weibern“, sagte Thorfin Njal, der diesmal ohne seine angetraute Gotlinde unterwegs war, „manche sind eben nicht nur klug und listig, sondern auch so ausgekocht wie Schlangen.“

„Jawohl, klug, listig und gargekocht wie eine Schlange“, wiederholte der Stör mit todernstem Gesicht.

„Ich sagte ausgekocht, du angesengter Elch“, schnaubte Thorfin, „und nicht gargekocht.“

„Ausgekochte Schlange, jawohl.“

Der Wikinger gab es auf.

Olig kratzte sich am Hinterkopf. „Wenn wir diese Hexe endlich von Tortuga vertreiben würden, dann – dann könnten wir mal wieder in Diegos Kneipe einkehren.“

„Aha, so hast du dir das vorgestellt, du Lüstling“, sagte Thorfin Njal. „Warum bist du denn auf einmal so scharf auf Diegos Kneipe, he?“

Olig grinste verlegen. „Ich – ich habe Diego schon lange nicht mehr gesehen.“

„Bei Odins Raben!“ entfuhr es dem Wikinger. „Dieser Polaraffe hat doch tatsächlich Sehnsucht nach dem dicken Diego. Ich wußte gar nicht, daß du so anhänglich bist.“

„Hihi“, lachte der Stör. „Sehnsucht nach Diego!“

Eike und Arne sahen sich grinsend an.

„So ist das, du scheinheiliger Patron.“ Arne hob drohend den Zeigefinger. „Warum tust du so hinterhältig? Sag doch gleich, daß dir die Mädchen aus Frankreich gefallen haben. Deshalb willst du doch hin, nicht wahr? Meinst du, wir hätten nicht bemerkt, wie du einer kleinen Drallen nachgesehen hast? Mit richtigen Stielaugen! Jawohl! Wir würden ja auch gerne mal wieder bei Diego einkehren, aber nicht wegen des Dicken!“

Olig vollführte eine verlegene Geste. „Nun ja, aber daraus wird wohl vorerst nichts. Oder wir müssen die Black Queen um Erlaubnis fragen.“

„Die würde uns sicherlich mit offenen Armen empfangen“, sagte der Wikinger grollend und umklammerte den Griff seines „Messerchens“, das an seiner Hüfte baumelte. Es handelte sich dabei um ein riesiges Schwert, mit dem er schon manchem Gegner das Fürchten beigebracht hatte.

Auch „Eiliger Drache über den Wassern“, wie der Schwarze Segler mit vollem Namen hieß, war längst gefechtsklar, und die Crew brannte darauf, der Black Queen den Ruderschaden von Gran Cayman heimzuzahlen.

Rein äußerlich bot der Schwarze Segler, der eine Mischung aus Galeone und asiatischer Dschunke war, einen unheimlichen Anblick. Alles an ihm war rabenschwarz, selbst die mächtigen Segel zeichneten sich wie dunkle Gewitterwolken gegen den strahlend blauen Himmel der Karibik ab.

Das Holz des Schiffes sah aus wie Eisen, denn es war im Jahre des Herrn 1560 im fernen China, dem Reich des Großen Chan, aus ausgesuchten Harthölzern erbaut worden.

Doch selbst dieses Schiff hatte bisher gleich der „Isabella IX.“ in dem düsteren Zweidecker der Black Queen einen ebenbürtigen Gegner gefunden. Diesmal hatte man es sogar mit einem ganzen Verband zu tun. Genauer gesagt, mit vier Schiffen, so daß die Black Queen mit ihren Besatzungen den Männern von der Schlangen-Insel sogar zahlenmäßig überlegen war.

Der Seewolf und seine Freunde hatten sich auf allen Weltmeeren schon vielen Gegnern zum Kampf gestellt, aber noch keiner hatte sich als so hartnäckig, ausgekocht und gerissen gezeigt wie die Black Queen.

Ja, diese Frau glich einer Nuß, die einfach nicht zu knacken war. Aber gerade das reizte die Mitglieder des „Bundes der Korsaren“ um so mehr. Sie dachten nicht daran, sich von diesem „Oberschnapphuhn“, das sich die ganze Karibik einverleiben wollte, unterkriegen zu lassen.

Eins stand deshalb fest: Solange die Black Queen in dieser Gegend ihr Unwesen trieb, würden sich Situationen wie die heutige wiederholen – bis eines Tages eine endgültige Entscheidung herbeigeführt wurde.

9.

Die Absicht des Dreimasters mit den zwei Kanonendecks war unverkennbar. Die „Caribian Queen“ war nach Backbord abgefallen und ging auf Gegenkurs zur „Isabella“. Bald würde das schwerbewaffnete Schiff auf gleicher Höhe sein.

Die Arwenacks hatten sich darauf eingestellt. Doch zuvor wollten sie noch eine Breitseite in die Hafenbucht feuern, von wo aus sich die drei anderen Galeonen heranschoben.

„Wir müssen denen unbedingt was vor den Bug geben“, sagte Hasard. „Der Durchbruch der Queen hat sie wahrscheinlich ermutigt, denn sie verhalten sich gerade so, als hätten sie von unserer Seite überhaupt nichts zu befürchten.“

„Dann sollten wir sie schleunigst vom Gegenteil überzeugen“, sagte Ben.

Genau das geschah.

„Volle Steuerbordbreitseite – Feuer!“ brüllte der Seewolf, und die Männer an den dreizehn Kanonen senkten die brennenden Lunten auf die Zündkanäle.

Sekunden später ließ ein ungeheures Brüllen und Fauchen das ganze Schiff erzittern und hart überkrängen. Die schweren Culverinen hatten ihre Kugeln ausgestoßen und rollten in den Holzlafetten zurück. Pulverdampf wölkte auf und beißender Qualm zog über die Decks.

Da die drei gegnerischen Galeonen der „Isabella“ die Bugpartien zuwandten, raste nahezu die Hälfte der Kugeln ins Wasser und riß gischtende Säulen hoch. Etliche der Siebzehn- und Fünfundzwanzigpfünder fanden jedoch ihre Ziele.

Die „Aguila“, die unter dem Kommando von Jaime Cerrana fuhr, empfing gleich zwei Treffer. Eine Kugel fetzte einen Teil der Balustrade hinweg, die die Back zur Galion hin abgrenzte. Die zweite Kugel schlug in die Back und landete im Inneren des Schiffes. Welchen Schaden sie dort anrichtete, war auf der „Isabella“ nicht zu erkennen.

„Hoffentlich ist sie dem Koch in die Pfanne gekracht“, wünschte Edwin Carberry. „Dann würde den Rübenschweinen wenigstens das heiße Fett um die Ohren spritzen.“

Die „Buena Estrella“ hatte ebenfalls zwei Treffer erhalten. Ihre Blinde samt Rah war weggefetzt worden, und im Focksegel klaffte ein riesiges Loch. Was die Kugel dahinter noch angerichtet hatte, war nicht feststellbar.

Am schlimmsten aber hatte es die „Vascongadas“ erwischt, die sich am weitesten vorgewagt hatte. Da ihr Kapitän keine Chance mehr sah, aus der Bucht auszubrechen, war er leicht nach Backbord abgefallen, um die Breitseite seiner Galeone zum Tragen zu bringen.

Zwei Kugeln der „Isabella“ hatten zwar nur leichtere Holzschäden am Schanzkleid angerichtet, die dritte aber war in die Kuhl gerast und hatte eine Kanone aus ihrer Verankerung gerissen. Diese rollte, Verwüstung hinterlassend, über die Planken.

„Wenn sich die gelockten Ziegenböcke auf das Rohr setzen, unternehmen sie eine rasante Spazierfahrt“, bemerkte Edwin Carberry, der an einer Heckdrehbasse auf Station war. „Soll ich ihnen noch ein bißchen zum Tanz aufspielen, Sir, was, wie?“

Der Seewolf hob abwehrend die Hände. „Wir müssen uns jetzt auf die ‚Caribian Queen‘ konzentrieren!“ rief er. „Sie wird gleich auf einer Höhe mit uns sein.“

Während die Culverinen der Steuerbordseite in Windeseile nachgeladen wurden, sorgte Al Conroy auf der Backbordseite dafür, daß die Geschütze, so gut es ging, auf den Zweidecker der Queen ausgerichtet wurden.

„Wir warten nicht, bis uns die ‚Caribian Queen‘ genau gegenübersteht“, sagte der Seewolf, „sondern wir feuern mit den Vordeckgeschützen, sobald sie die Nase vorstreckt.“

Und so geschah es auch.

Als sich der Bug des Zweideckers auf die Höhe der „Isabella“ schob, gab Hasard seinem Stückmeister ein Zeichen.

„Al!“ rief er. „Willst du dir nachsagen lassen, du hättest die neue Herrscherin von Tortuga nicht freundlich begrüßt?“

„Nein, Sir“, brüllte Al Conroy zurück, „ich weiß schließlich, was sich gehört!“

Gleich darauf brüllten die drei 17-Pfünder im Vordeck auf und stießen ihre Ladungen donnernd und zischend zu der „Caribian Queen“ hinüber.

Eine Kugel lag zu kurz und ließ das Wasser aufspritzen. Die beiden anderen sorgten dafür, daß den Galgenvögeln der Black Queen, die auf dem Vorschiff auf Station waren, Holzsplitter um die Ohren flogen. Doch nennenswerte Schäden hatten sie offensichtlich nicht angerichtet.

Doch das alles war nur der Auftakt gewesen – die erste Fühlungnahme zweier Giganten gewissermaßen.

Plötzlich begann es auf allen Seiten zu krachen. An den verschiedensten Bordwänden blühten gewaltige Feuerblumen auf.

Der Schwarze Segler und die „Le Vengeur III.“ hatten sich weit genug vor die Hafenausfahrt geschoben, um ebenfalls ihre Geschütze auf die Begleitgaleonen der Black Queen abfeuern zu können.

Beide Schiffe spuckten Feuer und Eisen. Der Wikinger saß wie eine nordische Gottheit in seinem „Sesselchen“ – einem fest in den Planken des Achterdecks verankerten Holzstuhl – und versprach seinen Männern lautstark, sie in Thule vier Wochen lang mit dem nackten Hintern aufs Eis zu setzen, falls sie nicht richtig zielten.

Auch auf der „Vascongadas“, der „Buena Estrella“ und der „Aguila“ begannen die Kanonen zu donnern. Ein Inferno an Feuer und Rauch lag plötzlich über der Hafenbucht von Tortuga.

Die Geschütze der „Caribian Queen“ konzentrierte sich auf die „Isabella“. Die Arwenacks konnten nicht vermeiden, daß auch ihnen das Holz um die Ohren flog.

Doch wie der Seewolf mit Erleichterung feststellte, hatte die erste Breitseite des Zweideckers weniger Schaden angerichtet, als erwartet. Die Mehrzahl der Schüsse hatte zu hoch gelegen, und die Kugeln waren über die Decks hinweggejagt.

Lediglich aus den Balustraden waren einige Holzstücke herausgebrochen, sonst war nichts passiert. Vor allem von der Crew war niemand verletzt worden.

Die Lage spitzte sich jedoch im Handumdrehen zu, und die Arwenacks wußten nur zu gut, daß sie sich in eine teuflische Lage manövriert hatten.

Obwohl der Wikinger und Jean Ribault aus allen Rohren feuern ließen, um die drei Galeonen in der Bucht auf Distanz zu halten, war den Seewölfen klar, daß sie sich auf Dauer nicht allein gegen den großen Zweidecker der Black Queen halten konnten.

Jean Ribault begriff rasch. Er, der der Queen und ihrem Liebhaber besonders zugetan war, ließ die „Le Vengeur“ leicht nach Steuerbord abfallen, um die „Isabella“ zu unterstützen. Sein Ziel war es, den Zweidecker von der anderen Seite her unter Beschuß zu nehmen. Doch bis dahin würde es noch etwas dauern.

Inzwischen aber spuckte die „Caribian Queen“ ihre Ladungen aus, und man sah deutlich, wie die schwarze Piratin auf dem Achterdeck hin und her lief und laute Befehle brüllte.

Die Arwenacks schlugen sich tapfer.

Jetzt flogen auch die ersten Brand- und Pulverpfeile auf den Zweidecker zu, die Batuti und Big Old Shane mit ihren Langbogen abgeschossen hatten. Ferris Tucker legte gerade eine Höllenflasche in die Abschußvorrichtung.

Trotzdem wurde den Seewölfen schnell klar, daß sie mehr und mehr in die Verteidigerrolle gedrängt wurden. Es war gar nicht mehr daran zu denken, der Black Queen durch einen überraschenden Angriff eine vernichtende Niederlage zu bereiten.

Auch dem Wikinger erging es so, seit Jean Ribault versuchte, der „Isabella“ beizustehen. Der Schwarze Segler allein konnte sich die drei Galeonen in der Bucht auch nicht auf Dauer vom Leib halten. Thorfin Njal mußte ebenfalls – so sehr er auch fluchte – die Verteidigerrolle übernehmen.

Und das konnte wiederum Jaime Cerrana ausnutzen, um unter dem wilden Feuerschutz der anderen mit der „Aguila“ aus der Bucht auszubrechen.

Der ungehobelte Spanier hatte seine guten Gründe dafür, denn er hatte auf dem Achterdeck der „Le Vengeur“ Carlos Rivero erspäht. Und den wollte er nicht ungerupft entwischen lassen.

Carlos Rivero, der einmal Bootsmann auf der früheren spanischen Kriegsgaleone „Aguila“ gewesen war, hatte dort eine Meuterei angeführt, weil er nicht gewillt war, gegen die Siedler in El Triunfo vorzugehen. Später hatte er sich mit Jean Ribault und Siri-Tong gegen die Black Queen verbündet.

Jean Ribault und Carlos Rivero erkannten das Vorhaben Cerranas rechtzeitig und waren sich darüber klar, daß sie ihr ursprüngliches Vorhaben, der „Isabella“ zu helfen, aufgeben mußten, um sich die „Aguila“ vom Leib zu halten.

Schon nach kurzer Zeit brüllten Ribaults Kanonen der „Aguila“ entgegen, wo Cerrana auf dem Achterdeck seine Befehle brüllte und drohend die Fäuste schwang, um Rivero Tod und Verderben anzukündigen.

Die Seewölfe waren somit wieder auf sich allein gestellt, denn der Wikinger hatte nach wie vor mit den Gegnern in der Bucht alle Hände voll zu tun.

Da der Zweidecker an der „Isabella“ vorbeigerauscht war und die Absicht hegte, über Stag und auf Parallelkurs zu gehen, hatte das Schiff der Seewölfe eine kleine „Verschnaufpause“.

„Wir stecken in einer üblen Lage“, sagte Hasard. „Mit ihren zwei Kanonendecks ist uns die ‚Caribian Queen‘ auf Dauer überlegen. Von Jean und Thorfin ist keine Hilfe zu erwarten, sie haben sich selber ihrer Haut zu erwehren. Also müssen wir eine vernünftige Entscheidung treffen.“

„Da hast du recht“, sagte Ben Brighton. „Wir werden zwar noch eine Weile die Verteidiger spielen können, aber irgendwann wird es verdammt brenzlig für uns. Die Sache ist von Anfang an schiefgelaufen – dank der Wachsamkeit der Queen.“

Die eisblauen Augen des Seewolfs blitzten. „Aber noch ist nicht aller Tage Abend, Ben, auch wenn wir uns für heute zurückziehen müssen. Ich halte den Rückzug für die vernünftigste Lösung, denn wir stecken zur Zeit in einer Patt-Situation, die sich für uns nur verschlechtern kann.“

Als Edwin Carberry das hörte, zog er ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter.

„Ich könnte wahnsinnig werden, Sir!“ stieß er hervor. „Ich könnte mit dem Kopf gegen den Großmast rennen! Wir hatten einen so ausgezeichneten Plan, und jetzt müssen wir wegen dieser plattfüßigen Rübenschweine tatsächlich das Feld räumen.“

„Ich weiß, Ed“, sagte Hasard. „Auch mir fällt diese Entscheidung nicht leicht. Dennoch muß die Vernunft siegen. Wir helfen niemandem, wenn wir uns hier in Stücke schießen lassen. In unserer gegenwärtigen Lage heißt die Devise Rückzug und Neuorientierung. Die Black Queen wird Tortuga so schnell nicht aufgeben wollen. Also wissen wir, auf was wir uns in Zukunft zu konzentrieren haben. Wir müssen die Lage neu überdenken und neue Pläne ausarbeiten. Eines Tages wird uns die Queen ins offene Messer laufen, das verspreche ich dir, Ed.“

Der Profos schob sein Rammkinn vor. „Und dann werde ich ihr die Haut in extra kleinen Streifen von ihrem schwarzen Affenarsch ziehen!“

„Ich werde sie sogar festhalten, damit du es tun kannst, Ed“, sagte der Seewolf nicht ohne Grimm. Es wurmte ihn mehr, als er jetzt im Gespräch zugab, daß sie es bisher nicht geschafft hatten, der Piratin eine endgültige Niederlage zu bereiten. Ja, verdammt, sie hatten sich bisher an diesem Teufelsweib nahezu die Zähne ausgebissen.

Old O’Flynn schüttelte enttäuscht den Kopf.

„Wäre ich nur halb so stark wie Simson“, murmelte er, „und hätte ich auch nur einen einzigen Eselskinnbacken zur Verfügung – ich würde sofort auf die ‚Caribian Queen‘ überentern und diesen dunkelhäutigen Philistern die Köpfe schiefsetzen.“

Hasard und Ben warfen dem Alten fragende Blicke zu, dann schüttelten sie verwundert die Köpfe. Hasard ließ der „Le Vengeur“ und dem Schwarzen Segler den Rückzug signalisieren. Es war Eile geboten, auch wenn der Zweidecker der Queen sein Wendemanöver noch nicht beendet hatte.

Dennoch ließen es sich die Arwenacks nicht nehmen, der „Aguila“ noch einige Kugeln zu verpassen. Old Donegal strahlte wie ein frischgebackener Kuchen, als es ihm – gewissermaßen zum Abschied – noch gelang, der Galeone mit einer Kettenkugel das Besansegel zu zerfetzen und einen Teil der Rahen zu zertrümmern. Der rauhbeinige Alte verstand es, mit den schwenkbaren Drehbassen umzugehen, das hatte er schon oft unter Beweis gestellt.

Seine Freude währte jedoch nicht lange, denn am Rückzug änderte sich zu seinem großen Leidwesen nichts.

„Gerade jetzt bin ich so schön dabei, den Torfkahn in Holzstückchen und Stoffetzen zu verarbeiten“, maulte er und schüttelte drohend die Fäuste zu den feindlichen Schiffen hinüber. „Wenn erst einmal meine ‚Empress of Sea‘ fertig ist, wird den, Kerlen das Lachen vergehen, mit der ‚Empress‘ werde ich ihnen noch das Fürchten beibringen!“

„Mit deinem Schiffchen hätten wir sogar gesiegt“, sagte Edwin Carberry bissig. „Die Black Queen hätte sich nämlich über die Nußschale totgelacht, und wir hätten jetzt unsere Ruhe vor ihr.“

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1932 s. 21 illüstrasyon
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9783954397785
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