Kitabı oku: «Seewölfe Paket 19», sayfa 18
9.
Immer wenn sie Tortuga aus der Ferne erblickten, drängte sich den Männern der Gedanke an Columbus auf, den legendären Entdecker. Wie treffend war doch sein Einfall gewesen, diese bucklige Insel als „Schildkröte“ zu bezeichnen! Denn nichts anderes bedeutete das spanische Wort „Tortuga“.
Jener Schildkröten-Buckel schälte sich im beginnenden Morgengrauen aus dem Dunst, als der Verband des Seewolfs heransegelte. Einen besseren Verbündeten als den handigen Nord-Nord-Ost konnte sich niemand an Bord wünschen. Die fünf Schiffe hatten die vorgesehene Formation eingenommen. Bei raumem Wind über Backbordbug segelnd, bildeten sie eine große, nach Süden gerichtete Pfeilspitze. Im Zentrum, also den anderen um eine Schiffslänge voraus, segelte die „Isabella“. An Steuerbord bildeten der Schwarze Segler und die „Tortuga“ den westlichen Schenkel der Pfeilspitze. Auf der anderen Seite waren es die „Wappen von Kolberg“ und die „Le Vengeur III.“.
Die beiden wesentlich schnelleren Pinassen kreuzten abwartend im Kielwasser der großen Schiffe.
Bis auf zwei Seemeilen hatte sich der Verband dem nordwestlichen Zipfel von Tortuga genähert, als Unerwartetes geschah.
„Deck!“ brüllte der Ausguck der „Isabella“. „Mastspitzen Backbord voraus!“
Heisere Rufe waren auch von den übrigen Schiffen zu hören. Überall auf den Achterdecks blinkte die Messingummantelung der Spektive im schwachen Mondlicht, das die Dunkelheit noch nicht vollends verdrängt hatte.
Die Umrisse traten aus dem grauen Zwielicht hervor, unverkennbar und höchstens eine Seemeile entfernt.
„Der Zweidecker!“ stieß Ben Brighton entgeistert hervor.
Hasard war nicht minder überrascht. Woher kannte die Black Queen den Zeitpunkt des Angriffs? Denn zweifellos befand sie sich nicht auf einer Erkundungsfahrt. Das ließ sich daraus schließen, daß sie von zwei Galeonen begleitet wurde, der „Aguila“ und der „Buena Estrella“. Letztere segelte ohne Besan, hatte die Gefechtsschäden also noch nicht vollständig behoben.
Die „Caribian Queen“ und die beiden Galeonen lagen auf einem Kreuzschlag nach Nordost. Allein nach den Windverhältnissen war die Position der „Herrscherin der Karibik“ ungünstig. Aber Hasard kannte sie mittlerweile gut genug, um zu wissen, daß sie es meistens verstand, die Dinge zu ihren Gunsten zu wenden.
Noch war nicht festzustellen, wie die Black Queen reagieren würde. Aber innerhalb von Minuten konnte sich die Lage entscheidend ändern. Hasard zögerte deshalb nicht. Er ließ Jean Ribault und Siri-Tong signalisieren, daß sie von nun an auf sich allein gestellt sein würden.
Die beiden Pinassen segelten nacheinander von Backbord auf die „Isabella“ zu, gingen bei voller Fahrt längsseits und hakten sich am Schanzkleid fest, bis die Männer aus der Crew des Seewolfs aufgeentert waren.
Dann lösten sich die Einmaster und jagten mit jener Eleganz davon, die ihnen ihre schlanke Bauweise ermöglichte. Mit Kurs Süd-Ost steuerten Siri-Tong und Jean Ribault geradewegs auf die Küste von Tortuga zu, um vor der Nase der Black Queen durchzuschlüpfen und den sicheren Küstenbereich zu erreichen.
Für den Moment glich die Situation einem gegenseitigen Belauern. Während sich die Distanz zwischen den gegnerischen Verbänden zusehends verringerte, schienen sich beide Parteien darin verbissen zu haben, ihren Kurs stur beizubehalten.
Doch unverhofft reagierte die Black Queen auf eine Weise, wie sie weder Hasard noch einer seiner Gefährten erwartet hatten.
Statt wie vermutet nach Osten abzufallen, um der Übermacht zunächst auszuweichen, legte sich der Zweidecker in eine todesmutige Wende nach Nord-West. Viel zu schnell verringerte sich jetzt die Entfernung und schmolz auf fünf, sechs Kabellängen zusammen.
Die Black Queen nutzte den kurzen Moment, in dem der Verband des Seewolfs im Begriff war, sich auf die neue Lage einzustellen und sich aufzulösen. Denn auch die „Aguila“ und die „Buena Estrella“ folgten mit ihrem Kurswechsel jetzt dem Beispiel der „Caribian Queen“.
Ein glühender Feuerteppich von Mündungsflammen zuckte plötzlich aus der Steuerbordseite des Zweideckers. Der Geschützdonner zerfetzte die morgendliche Stille.
Nils Larsen hatte seine Halse nach Südosten eben erst eingeleitet. Zu spät jedoch. Die Eisenkugeln rauschten im Schwarm heran. Zwei, drei Treffer schmetterten in das Vorschiff der „Le Vengeur III.“. Der Rest der Kugeln riß einen Fontänenwald aus dem Wasser.
Der Bugspriet von Jean Ribaults Galeone knickte weg wie ein zu dünner Kienspan, das Blindsegel klatschte als heller Fleck ins Wasser.
Triumphgebrüll ertönte auf dem Zweidecker, der sich jetzt anschickte, auch die „Wappen von Kolberg“ in den Visierbereich seiner Geschütze zu holen.
Aber eine zweite Überraschung ließen sich weder Arne von Manteuffel noch der Seewolf und die anderen bieten. Während Arne backbrassen ließ und im nächsten Moment fast auf der Stelle nach Osten halste, stürzte sich die „Isabella“ wie ein Löwe auf die „Caribian Queen.“
Der Schwarze Segler und die „Tortuga“ jagten unterdessen nach Südwesten, um die „Aguila“ abzufangen. Die Galeone der Meuterer segelte unter Vollzeug nach Westen, hart nach Backbord krängend und offenbar versucht, dem Gegner in den Rücken zu fallen, während die Black Queen Unheil und Verwirrung stiftete.
Dem Seewolf war klar, daß er sich allein auf die Black Queen konzentrieren mußte. Arnes Absicht war deutlich zu ahnen. Sobald er den Zweidecker nicht mehr im Genick hatte, würde er sich die „Buena Estrella“ vorknöpfen.
Auch Nils Larsen würde mit der „Le Vengeur III.“ in den Kampf eingreifen, wenn sie erst einmal alle Taue gekappt hatten und der Bugspriet nicht mehr längsseits hing.
Hasard hatte lediglich um zwei Strich nach Steuerbord abdrehen lassen. An den Backbordgeschützen standen die Männer auf dem Sprung. Big Old Shane und Batuti waren in die Marse aufgeentert, und auf der Back hatte Ferris Tucker seine Höllenflaschenabschußapparatur aufgebaut.
Einen Atemzug zu spät begriff die Black Queen ihren Fehler. Wenn sie geglaubt hatte, der „Wappen von Kolberg“ praktisch im Vorbeigehen eine Breitseite zu verpassen, so hatte sie die Arwenacks sträflich unterschätzt.
Das mußte sie jetzt erkennen, als sie die „Isabella“ plötzlich über den Bugspriet ihres düsteren Schiffes hinweg in voller Länge und in voller Gefährlichkeit erblickte.
„Feuer!“ brüllte der Seewolf.
Die Arwenacks zogen alle Register und ließen ihren wilden Kampfruf dröhnen, der im nächsten Moment im urgewaltigen Krachen der Fünfundzwanzigpfünder und Siebzehnpfünder unterging. Aus den Marsen feuerten Batuti und Shane mit ihren englischen Langbogen die ersten Brandpfeile ab. Ferris Tucker fieberte auf den Moment, in dem er die Queen in Reichweite hatte, um ihr den ersten höllischen Gruß hinüberzuschicken.
Während die „Isabella“ unter dem Rückstoß nach Steuerbord krängte und der dichte Pulverrauch aufstieg, folgte ein Geräusch, das den Arwenacks wie Musik in den Ohren klang.
Krachen, Bersten und Splittern von Holz!
Erneut hatten sie ihren Kampfruf auf den Lippen, als sie in fieberhafter Eile die Geschützrohre nachluden. Mit Todesverachtung gab der Seewolf Pete Ballie den Befehl, die „Isabella“ nach Süd-Ost zu schwenken, auf Parallelkurs zur „Caribian Queen“. Die schlanke Galeone reagierte prächtig, und die Segel klatschten und schlugen im Nord-Nord-Ost.
Im selben Moment gab der verfliegende Pulverrauch den Blick frei. Das Vorschiff des Zweideckers war ein Gewirr aus Splittern und zerborstenen Planken. Auf den Decks der „Caribian Queen“ herrschte Chaos.
In unablässiger Folge schlugen die Brandpfeile ein. Flammen fraßen sich bereits züngelnd im Focksegel hoch, überall an Deck hasteten die Kerle hin und her, um die immer neuen Brandherde zu löschen. Aber es waren auch genügend von ihnen zur Stelle, um die Backbordgeschütze einzusetzen.
Hasard wartete nicht, bis sich die „Isabella“ auf gleicher Höhe mit dem Zweidecker befand. Er gab Befehl, die drei vorderen Siebzehn-Pfünder zu zünden. Im selben Moment, in dem die Geschütze donnerten, schickte Ferris Tucker in rascher Folge seine ersten beiden Höllenflaschen hinüber.
Die Einschläge sorgten für einen wahren Hexenkessel an Bord der „Caribian Queen“. Einer der Siebzehnpfünder riß ein faßgroßes Loch in die Bugbeplankung, haargenau in der Wasserlinie. Und die Detonationen der Höllenflaschen sorgten an Deck für heilloses Durcheinander. Verwundete brüllten ihren Schmerz hinaus.
Das Befehlsgebrüll Caligulas und der Queen verebbte wirkungslos. Immer noch zischten die Brandpfeile hinüber. Das Focksegel brannte lichterloh, die Flammen näherten sich dem Marssegel, und auf der Kuhl leckten Flammen am Großmast.
Im Moment, in dem die „Isabella“ nach Süden abfiel, ließ Hasard die restlichen Geschütze an Backbord abfeuern. Sekunden später stießen Feuerzungen aus den Stückpforten des Zweideckers. Im selben Moment krachten die Einschläge in die Beplankung der „Caribian Queen“. Zwei Fünfundzwanzig-Pfünder rasten in die Wasserlinie, als der Zweidecker unter dem Rückstoß seiner eigenen Geschütze nach Steuerbord krängte.
Die „Isabella“ war schon fast aus dem Gefahrenbereich heraus. Doch die Geschwindigkeit der Queen-Geschütze war ohnehin nicht mehr gegeben. Wirkungslos orgelte der Geschoßschwarm an Backbord vorbei und klatschte weiter voraus ins Wasser.
Geschützdonner wurde jetzt aus südwestlicher Richtung laut. Dort hatten der Schwarze Segler und die „Tortuga“ die Galeone der Meuterer in die Zange genommen. Und vor der Nordwestküste der Insel stürzten sich die „Wappen von Kolberg“ und die „Le Vengeur III.“ auf die schon lädierte „Buena Estrella“.
Diesmal kannten die Gefährten des Seewolfs keine Gnade mehr. Der Kampf mußte endgültig entschieden werden. Jetzt und auf der Stelle.
10.
Noch waren die beiden heranjagenden Pinassen von der Hafenbucht aus nicht zu sehen. Eine Landzunge verwehrte die Sicht. Siri-Tong und Jean Ribault konnten es sich leisten, einen letzten Blick zurückzuwerfen.
Es gab Grund zur Hoffnung, wenn auch ein Aufatmen vielleicht noch verfrüht war.
Unter Rauchschwaden und bereits mit erkennbarer Schlagseite nach Backbord drehte die „Caribian Queen“ ihren Bug durch den Wind und versuchte, nach Nordosten Distanz zu gewinnen.
Für die „Aguila“ sah es ebenso schlecht aus wie für die zweite Galeone spanischer Bauart. Jerry Reeves und der Wikinger hatten die Galeone der Meuterer in die Zange genommen. Die Geschütze brüllten ihr ehernes Lied, und Treffer um Treffer krachte in die Beplankung der „Aguila“.
Für Carlos Rivero mußte es ein schmerzlicher Anblick sein. Aber es durfte keine Nachsicht geben.
Nicht viel besser sah es für die „Buena Estrella“ aus. Die „Le Vengeur III.“ hatte sich von ihrer Anfangsschlappe erholt und Nils Larsen zeigte jetzt, daß er einiges auszugleichen gedachte. Während die „Wappen von Kolberg“ ihre Breitseiten auf den Gegner hämmern ließ, bewies Nils, daß die „Le Vengeur III.“ auch ohne Bugspriet und Blinde ein ungeheuer wendiges Schiff war. Jedenfalls kein erreichbares Ziel für die „Buena Estrella“, die dagegen eher plump wirkte und gegen die Feuerkraft der Übermacht hoffnungslos ins Hintertreffen geriet.
Batuti und Big Old Shane schossen noch immer ihre Brandpfeile ab. Die Black Queen, Caligula und ihre Galgenstricke mußten höllisch aufpassen, daß nicht ihr ganzes Schiff in Flammen aufging. Die „Isabella“ leitete unterdessen eine Halse ein.
Bei diesem Stand der Dinge näherten sich die beiden Pinassen der Einfahrt zur Bucht.
Noch war es nicht hell geworden. Der trübe Schleier der Morgendämmerung hing wie zähflüssig über der Küstenlandschaft.
Siri-Tong und Jean Ribault verständigten sich durch ein Handzeichen. Ohne zu zögern, warfen sie die glimmenden Lunten auf die von Al Conroy vorbereitete Zündeinrichtung. Zischend und prasselnd fraßen sich die Funken in einer Schwarzpulverspur voran, die durch Bretter vor überkommenden Seen geschützt war und beide Holzstapel miteinander verband.
Die Bucht öffnete sich vor ihnen.
Breit und behäbig lag die „Vascongadas“ etwa in der Mitte der Bucht. Die geöffneten Stückpforten waren zu sehen, über der Verschanzung zeigten sich die Gesichter der Crew als helle Flecken im Grau des beginnenden Tages.
Das Schwarzpulver sprühte höhere Funken.
Ein letztes Mal korrigierten Siri-Tong und Jean Ribault die Stellung des Segels und des Ruders. Beides wurde durch straffe Taue unverrückbar arretiert. Über Steuerbordbug rauschten die Pinassen mit einem Abstand von etwa zwanzig Yards zueinander auf die Backbordseite der „Vascongadas“ zu.
Die Gesichter über der Verschanzung gerieten in Bewegung. Aufgeregte Stimmen wurden laut, heiseres Gebrüll und warnende Schreie.
Stichflammen zuckten jäh aus den Holzstapeln der Brander. Rasend schnell griffen die Flammen um sich, genährt von den Schalen mit Lampenöl, in die Al Conroy die Schwarzpulverspuren hatte münden lassen. In dem trockenen Holz fanden die Flammen rasche Nahrung, loderten immer höher und ließen schwarze Rauchfahnen aufsteigen.
Noch erfüllten die Lateinersegel ihren Zweck. Bevor sie vom Feuer erfaßt wurden, würden die Brander ihr Ziel erreichen.
Zweihundert Yards von der „Vascongadas“ entfernt sprangen Siri-Tong und Jean Ribault über Bord. Die kühlen Fluten nahmen sie schützend auf, und als sie den Kopf über Wasser hoben, war das Geschrei auf der Galeone zu einem gellenden Durcheinander angeschwollen.
Verzweifelt versuchten ein paar Männer, mit Drehbassenschüssen noch etwas zu ändern. Aber es half nichts. Das Krachen der schwenkbaren Hinterlader klang dünn und erbärmlich. Die Ladungen aus gehacktem Blei vermochten die Brander nicht mehr aus dem Kurs zu bringen.
Die Rote Korsarin und ihr Gefährte strebten mit kraftvollen Schwimmzügen auf die nördliche Landzunge zu.
Den Männern auf der „Vascongadas“ gelang es noch, eins der Beiboote abzufieren. Weitere Besatzungsmitglieder sprangen bereits über Bord. Auch jene, die noch immer die Drehbassen abfeuerten, wurden jetzt von Verzweiflung gepackt.
Es geschah, noch bevor Siri-Tong und Jean Ribault das Ufer erreichten.
Mit Getöse krachten die Brander in die Außenbordbeplankung der Galeone. Brennende Holzscheite wirbelten hoch und landeten auf den Decksplanken. Ein Flammenmeer, noch verstärkt durch die nun brennenden Segel, schwappte über die Verschanzung. In rasender Gier griffen die Flammen um sich, erfaßten Nagelbänke, Taurollen, Balustraden und Segel. Schrille Schreie gellten durch das beginnende Inferno. Menschen, die zu spät an ihre Rettung gedacht hatten, sprangen als lebende Fackeln von Bord.
Als Jean Ribault und die Rote Korsarin an Land wateten, standen die Masten und die im Gei hängenden Segel der „Vascongadas“ bereits in Flammen. Die Decks der Galeone waren eine einzige Flammenhölle, die sich bereits ihren Weg in die Unterdecksräume gebahnt haben mußte.
Minuten später war das Schicksal der Galeone besiegelt.
Eine Feuerblitz, der den trüben Morgenhimmel in unnatürlich grelles Licht tauchte, stieg aus dem Rumpf des Dreimasters auf. Holzteile wirbelten hoch in die Luft, das helle, fast weiße Detonationszentrum weitete sich aus und verschlang buchstäblich das ganze Schiff.
Selbst Siri-Tong und Jean Ribault spürten noch die Druckwelle, die über den Felsbrocken hinwegfegte, hinter dem sie kauerten. Als sie wieder den Kopf hoben, war es bereits vorüber.
Die „Vascongadas“ war in zwei brennende Teile zerfetzt worden, die in Minutenschnelle zischend und gurgelnd versanken.
An Land standen die Überlebenden stumm und fassungslos. In ihnen regte sich kein Gedanke mehr, noch für die Black Queen zu kämpfen.
„Putzt sie weg, die Strolche“, brüllte der Wikinger und stieß sein „Messerchen“ senkrecht in die Luft. Sein Kupferhelm leuchtete rötlich-golden im Feuerschein der „Aguila“.
Die Meuterer unter Jaime Cerrana kämpften mit dem Mut der Verzweiflung. In panischer Hast versuchten sie, die Geschütze an Backbord noch einmal nachzuladen, und ihr bulliger Anführer packte selbst mit zu.
In diesem Moment krachte die letzte, entscheidende Breitseite des Schwarzen Seglers. Die Einschläge ließen die „Aguila“ erzittern.
Eine der Eisenkugeln raste durch das Schanzkleid, und Jaime Cerrana wurde in einem tödlichen Schwall aus Holzsplittern und Eisen quer über die Decksplanken gefegt. In ihm war bereits kein Leben mehr, als er an Steuerbord in hohem Bogen in die Fluten wirbelte.
Eine Breitseite der „Tortuga“ gab der Meuterer-Galeone den Rest. Von unzähligen Kugeln durchbohrt, zog sie immer rascher Wasser. Dann, als sich das Heck zu heben begann, ging es plötzlich sehr schnell. Über den Bug rauschte die „Aguila“ wie von einer unsichtbaren Macht gezogen in die Tiefe. Es gab keine Überlebenden an Bord.
Auch die „Buena Estrella“ hatte keine Chance gehabt, der tödlichen Umklammerung durch die „Wappen von Kolberg“ und die „Le Vengeur III.“ zu entrinnen. Arne von Manteuffel und Nils Larsen zeigten keine Gnade.
Breitseite um Breitseite hämmerte in den zerfetzten gegnerischen Schiffsleib, bis sie den Dreimaster buchstäblich in Stücke geschossen hatten. Ein Meer von hölzernen Trümmern auf der Wasseroberfläche blieb alles, was an die ehemalige spanische Kriegsgaleone erinnerte.
Nach der Halse sahen der Seewolf und die übrigen Männer auf der „Isabella“ staunend, daß sich der Zweidecker bereits mit beträchtlicher Entfernung verzogen hatte. Die Black Queen hatte alles an Segeln gesetzt, was ihr noch geblieben war. Auf Ostkurs suchte sie ihr Heil in der Flucht, und der Zweidecker bewies, daß er trotz seiner Schäden noch ein verteufelt schnelles Schiff war.
Hasard verzichtete auf eine Verfolgung. Die Niederlage der Black Queen war so endgültig und demoralisierend, daß sie sich davon unmöglich wieder erholen konnte. Sie hatte ihre Flotte verloren. Ihr Traum von der Herrschaft über die Karibik war ausgeträumt. Sie konnte froh sein, daß sie nicht verfolgt wurde. Es wäre auch ihr Ende gewesen.
An erster Stelle stand für den Seewolf jetzt die Gewißheit, daß die Lage auf Tortuga geklärt war.
Die Bestätigung dafür gab es wenige Stunden später, als die Schiffe von der Schlangen-Insel in der Hafenbucht ankerten.
Ein unablässiges Händeschütteln und Schulterklopfen setzte ein, als sich die Männer um Diego und Willem Tomdijk mit den Arwenacks und ihren Gefährten trafen. Freudige Erleichterung herrschte auch bei Manon und den Mädchen aus Paris, und die Arwenacks hatten nichts dagegen einzuwenden, daß ihnen die Mademoiselles aus Dankbarkeit um den Hals fielen.
Klarheit gab es nun auch über das Doppelspiel, das Emile Boussac mit dem Leben bezahlt hatte. Für Hasard und seine Vertrauten lag es auf der Hand, daß Boussac sein Wissen entweder freiwillig oder unter Zwang an die Black Queen weitergegeben hatte.
Die Überlebenden von der „Vascongadas“ und der „Buena Estrella“ waren spontan zu Willem Tomdijk übergelaufen. Mit dem Seewolf einigte sich Willem, daß die Siedler aus El Triunfo zunächst auf Tortuga blieben – jetzt jedoch als Verbündete der Männer von der Schlangen-Insel. Willem wichtigstes Ziel war es, seinen Traum von der neuen Bierbrauerei zu verwirklichen.
Die Mädchen sahen ihren Traum darin, sich einem bürgerlichen Leben als Siedlersfrauen zuzuwenden. Mögliche Ehemänner gab es immerhin in großer Zahl, und die meisten von ihnen hatten vor, später nach Hispaniola überzusiedeln, wo es noch viel freies Land gab.
Hasard und seine Männer hatten nichts dagegen einzuwenden, an der Siegesfeier teilzunehmen, die den ganzen Tag andauern sollte.
Willem Tomdijk und Diego arrangierten dieses rauschende Fest in brüderlicher Zusammenarbeit. Selbst gegen das Bier, das Diego ausschenkte, hatte Willem an diesem Tag plötzlich nichts mehr einzuwenden …
ENDE

Roy Palmer