Kitabı oku: «Seewölfe Paket 20», sayfa 24
2.
„Wenn die Reede aus unserem Blickfeld verschwunden ist“, sagte Hasard, „schlagen wir einen Bogen nach Süden, warten die Dunkelheit ab und laufen die Reede von Westen her wieder an.“
Big Old Shane war nicht einmal überrascht.
„Dachte ich mir doch, daß du da etwas vorhast“, sagte er, „ich sah das schon vorhin an deinen Blicken. Wenn du abwesend in die Ferne blickst, dann braut sich etwas zusammen. Ich weiß nur noch nicht, wie das aussehen soll.“
Auch diesmal erhielt er keine Antwort. Hasard beschränkte sich auf ein kurzes Lächeln.
„Hm“, sagte Shane brummig.
„Wie gefiel dir das mit dem Abfallkübel?“ fragte Hasard, abrupt das Thema wechselnd.
„Gut“, knurrte der graubärtige Riese einsilbig.
„Sehr gesprächig bist du heute nicht.“
„Das beruht auf Gegenseitigkeit“, erwiderte Shane mit leisem Vorwurf in der Stimme. „Bin ich denn ein Wickelsöhnchen, daß du mir deinen Plan nicht mitteilen willst?“
„Nein, nein“, sagte Hasard beruhigend, „alles zu seiner Zeit, Shane. Ich lasse mir das noch durch den Kopf gehen. Der Plan ist noch nicht ganz ausgereift. Und halbe Gedanken teile ich nicht gerne mit. Du wirst alles rechtzeitig erfahren.“
Big Old Shane gab sich wieder versöhnt, glaubte aber, Hasards Gedanken doch in etwa zu kennen.
In seine Überlegungen drang der Ruf aus dem Großmars.
„Deck! Mastspitzen achteraus!“
Hasard drehte sich gelassen um. Mastspitzen achteraus mußten nicht unbedingt Schlimmes bedeuten. Gerade auf dieser Strecke waren eine Menge Schiffe unterwegs.
„Verfolger?“ fragte Shane, als der Seewolf durch das Spektiv sah.
„Ja, Verfolger, Shane. Zwei Karavellen und die Galeone, Kriegsschiffe, die wir vorhin im Hafen sahen. Sie segeln gerade über die Reede und folgen unserem Kurs.“
„Sie wollen also die Blamage nicht auf sich sitzenlassen. Immerhin drei Schiffchen gegen zwei. Und unterbemannt sind wir auch noch.“
„Wir sind eine gut eingespielte Crew“, sagte Hasard. „Und mit den Kolbergern haben wir lange genug hart trainiert. Trotzdem wird das eine kritische Angelegenheit werden. Zum Glück haben wir zwei gut armierte und starke Schiffe.“
Das hatten sie, das ließ sich nicht abstreiten, wenn auch die „Pommern“ etwas langsamer als der Zweidecker war.
Die ehemalige Perlen-Galeone „Santa Clara“ war von Hesekiel Ramsgate gründlich umfrisiert worden und sah jetzt ganz anders aus. Nicht einmal die Dons erkannten sie mehr, denn Ramsgate hatte ganze Arbeit geleistet.
Der Deutsche Renke Eggens, der jetzt auf dem Zweidecker bei Dan fuhr, hatte vorgeschlagen die „Santa Clara“ in „Pommern“ umzutaufen, womit auch alle einverstanden waren. Ramsgate hatte die weibliche Galionsfigur entfernt und an ihrer Stelle einen Greif placiert, der in roter Farbe angemalt war. Dieser rote Greif war das Wappentier von Pommern. Schon allein diese Änderung ließ den Dreimaster völlig anders erscheinen. Aber damit nicht genug. Er war auch schwarz gepönt worden, total schwarz, und verfügte über zwanzig Culverinen und acht Drehbassen. Weitere Drehbassen konnten zusätzlich in die Halterungen montiert werden, die Hesekiel ebenfalls angebracht hatte.
Die Mannschaften fuhren immer wieder neu gemischt. Kolberger und Arwenacks sollten noch vertrauter miteinander werden, damit jeder Handgriff saß. Daher befand sich Renke zur Zeit bei Dan, der den Zweidecker führte.
Hasard blickte nach der „Caribian Queen“. Dort hatte man die Verfolger ebenfalls bemerkt. Dan O’Flynn hatte sie schon ohne Spektiv gesehen, noch bevor der Mann aus dem Ausguck Wahrschauen konnte.
Dan O’Flynn ließ ein zusätzliches Segel setzen und schloß augenblicklich zur „Pommern“ auf, bis beide Schiffe auf Rufweite nebeneinander segelten. Hasard und Dan konnten sich mühelos verständigen.
Inzwischen waren die Mastspitzen der Verfolger etwas deutlicher zu erkennen. Sie holten langsam auf.
„Zwei Karavellen, eine Galeone, Sir!“ rief Dan. „Was schlägst du vor? Stellen wir uns oder laufen wir ab?“
Einfach ablaufen war zwar nicht nach Hasards Geschmack, andererseits mochte er auch kein unnötiges Risiko eingehen. Ein Kampf bei diesem Verhältnis barg aber ein gewisses Risiko. Die Dons konnten weitere Unterstützung aus Santiago de Cuba erhalten.
„Ich schlage vor, wir laufen nach Süden ab, Dan“, erwiderte der Seewolf, „und zwar aus taktischen Erwägungen. Wir müssen jeden Verdacht vermeiden, daß wir weiter im Osten einen Schlupfwinkel haben.“
„So sehe ich das auch, Sir“, sagte Dan. „Was aber, wenn sie uns weiterhin hartnäckig folgen?“
„Wir warten ab, ob sie aufholen.“
„Sie holen jetzt schon langsam auf“, wandte Dan ein. Renke Eggens nickte dazu bekräftigend.
„Wir haben längst nicht alles Zeug an den Rahen“, sagte Hasard. „Wenn wir jetzt unter vollem Preß segeln, wird sich der Abstand sicher wieder vergrößern, zumindest für die Galeone. Ich glaube nicht, daß die beiden schnelleren Karavellen allein den Kampf gegen uns aufnehmen. Wir segeln in Dwarslinie weiter, um uns nicht gegenseitig zu behindern, setzen alles Tuch und laufen nach Süden ab. Sollten die Kerle trotzdem hartnäckig bleiben und aufholen, dann besprechen wir unser weiteres Vorgehen später noch einmal.“
„Einverstanden, Sir“, sagte Dan. „Ich bin jetzt schon sicher, daß sie dran bleiben werden. Vielleicht ist sogar der Capitán mit an Bord, um seine Scharte auszuwetzen.“
Gelächter erklang, als sie im Geist den „bematschten“ spanischen Capitán vor sich sahen, der mit Abfällen bekleckert war.
Unterdessen waren die Schiffe achteraus noch größer geworden und hatten weiter aufgeholt. Es gab nicht den geringsten Zweifel an dem, was sie vorhatten. Sie wollten die Kerle stellen, die der Schaluppe so übel mitgespielt hatten.
„Setzt alles an Tuch, was die Masten tragen“, sagte Hasard. „Jeden Fetzen.“
Dan O’Flynn ließ ebenfalls noch weitere Segel setzen, gerade so viel, daß beide Schiffe fast die gleiche Geschwindigkeit halten konnten. Danach blieb Dan schräg versetzt achteraus in Dwarslinie, damit ihm die „Pommern“ nicht den Wind wegnahm.
Der Nordost blies weiterhin stetig. Die Sonne brannte heiß herab. Sie stand wie ein dämonisches Riesenauge am Himmel. Starrte man in sie hinein, dann war man so geblendet, daß man nur noch rote Ringe und schwarze Schlieren sah. Sekundenlang erging es Hasard so, als er an dem Großmarsflögel vorbeiblickte. Die Strahlen bissen so grell, daß er für längere Augenblicke nichts als rotschwarze Flecken sah.
Er nickte unmerklich, als hätte er einen Plan gefaßt, aber Shane kam wieder nicht dahinter, was jetzt hinter der Stirn des Seewolfs vorging.
Der neue Kurs wurde angelegt in Richtung Süden. Sie klüsten jetzt fast in das wabernde Riesenauge hinein. Über der See lag ein greller, blendender Glanz, während es ein paar Yards über dem Meeresspiegel flimmerte, als würden dort Hitzewellen tanzen.
Jetzt ging es raumschots über Steuerbordbug nach Süden. Auf diesem Kurs lief auch die „Pommern“ schnell und konnte mit der in Dwarslinie segelnden „Caribian Queen“ mühelos mithalten. Allerdings hatte Dan O’Flynn den Zweidecker noch nicht ganz ausgereizt. Ein Segel hing immer noch im Gei.
Hasard drehte sich erneut um und blickte nach achtern.
„Sie klüsen auch südwärts“, sagte Shane. „Das sind sture, verbissene Böcke, die nicht aufgeben.“
„Wir gehen gefechtsbereit, Shane, für alle Fälle. Sag Al Conroy Bescheid, damit alles überprüft wird. Die Kanonen sollen aber noch nicht ausgerannt werden.“
„Aye, aye, Sir. Ich werde mich gleichzeitig um meinen Langbogen kümmern und Brand- und Pulverpfeile bereit halten. Damit werden wir den Kerlen einheizen, noch bevor sie den ersten Schuß abgefeuert haben.“
Hasard nickte. Shane mit seinem Langbogen und den Brandpfeilen war ein gefährlicher Gegner, genau wie Batuti. Beide Männer waren Spezialisten im Bogenschießen. Batuti war allerdings nicht an Bord.
„Den Braten habe ich schon gerochen, als der Kutscher dem Kerl den Kübel zeigte“, behauptete der Waffen- und Stückmeister Al Conroy, als Shane bei ihm erschien. Er zog das linke Augenlid etwas nach oben und grinste.
„Immer auf Station, Shane, wenn ich nur die kubanische Küste rieche, hagelt’s mir schon in die Graupen. Alle Geschütze sind geladen, das kannst du dem Kapitän ausrichten. Ich weiß doch, was ich den Dons schuldig bin. Sollen wir ausrennen?“
„Noch nicht“, sagte Shane. „Zuerst klüsen wir weiter, was das Zeug hält. Vielleicht hängen wir sie auch ab.“
„Kaum anzunehmen“, erklärte Al, „die Kriegs-Galeone vielleicht schon, nicht aber die Karavellen. Eine bleibt zumindest als Fühlungshalter dran.“
„Mag sein“, sagte Shane bedächtig. Dann ging er zur Waffenkammer, nahm einen seiner Langbogen, prüfte ihn und spannte ihn mit mächtiger Kraft. Er überprüfte auch noch einen anderen, entschied sich schließlich für den ersten, und nahm ihn und etliche Pfeile mit an Deck. Dort kontrollierte er alles noch einmal sehr sorgfältig.
Philip junior, der die Bogen bewunderte, schnappte sich das schwere Ding. Er bewunderte Shane und Batuti, die damit so treffsicher umgehen konnten. Der graubärtige Ex-Schmied führte ihm lässig vor, wie weit er den Bogen spannen konnte.
Philip versuchte es ebenfalls, bis Shane anerkennend nickte.
„Schon ganz gut, Söhnchen“, sagte er lobend, „du bringst ihn schon bis zur Hälfte. Das macht dir in deinem Alter so schnell keiner nach.“
Philip gab erst dann auf, als seine Arme zu zittern begannen. Aber er war stolz auf Shanes Lob. Der Graubart hatte ihn schon oft im Bogenschießen unterrichtet, und Philip konnte damit genauso gut umgehen wie sein Bruder Hasard.
Achteraus blieben die Verfolger dran. Sie segelten etwa gleiche Geschwindigkeit, schafften es aber nicht, sichtbar aufzuholen.
Auf der „Caribian Queen“, war ebenfalls Gefechtsbereitschaft angeordnet worden.
Ferris Tucker und der Profos waren dabei, mittschiffs das Abschußgestell für die Flaschenbomben aufzubauen und festzuzurren. Ferris hatte die Apparatur von der „Isabella“ mitgenommen.
Der Profos rieb sich schon wieder mal die Hände und verkündete, daß die triefäugigen Kakerlaken noch die Hölle auf Erden erleben würden, sie sollten nur brav weiter aufsegeln.
Die schweren Kanonen auf dem Zweidecker wurden ebenfalls noch nicht ausgerannt. Geladen wurden sie allerdings.
Eine Stunde später hatte sich die Distanz immer noch nicht verringert. Verfolger und Gejagte klüsten unermüdlich raumschots nach Süden.
Smoky und Sam Roskill kümmerten sich um die Zubereitung des Mittagessens. Olaf Kruse, ein Kolberger mit fast quadratischem Schädel und riesigen Fäusten, sorgte dafür, daß das Zeug auf die Back gelangte. Sie zauberten zwar nicht so ein Essen zurecht, wie der Kutscher oder Mac Pellew, aber es war deftige Kost, und sie schmeckte.
Angesichts der Verfolger behielten sie stoisch die Ruhe und ließen sich nicht beim Essen stören.
Das Flammenrad der Sonne wanderte nach Südwesten weiter. Es war noch größer und greller geworden. Trotz der Nordostbrise war es unangenehm warm.
Hasard hatte das Gejage jetzt langsam satt. Er hatte keine Lust mehr, ewig vor den Spaniern herzukrebsen und sie pausenlos im Nacken zu haben.
Shane sah, daß es hinter seiner Stirn wieder arbeitete, aber diesmal muß sich der Seewolf offenbaren, dachte er. Ewig konnte er nicht alles für sich behalten.
„Gib Dan ein Zeichen, daß er aufsegelt“, sagte er. „Wir werden eine kurze Lagebesprechung abhalten.“
„Die Dons gehen dir langsam auf den Geist?“ fragte Shane.
„So langsam, aber sicher. Wir wollen auch nicht tagelang nur herumklüsen. Jetzt wird es ernst.“
Shane gab das Zeichen weiter. Dan zeigte klar. Langsam begann er der „Pommern“ aufzusegeln, bis er die gleiche Höhe mit dem Achterkastell hatte.
Die Entfernung blieb dennoch so groß, daß sie keine vernünftige Unterhaltung führen konnten, ohne brüllen zu müssen. Hasard wollte etwas ins Detail gehen, doch das war schlecht möglich. Sie konnten auch nicht Bordwand an Bordwand segeln.
Dan O’Flynn wußte, daß er in Renke Eggens einen absolut zuverlässigen Mann und Könner an Bord hatte. Die Dons waren auch noch lange nicht heran. Es konnte also nichts passieren, wenn er für ein paar Augenblicke das Achterdeck verließ.
Er packte ein Fall, nahm einen kurzen schnellen Anlauf und segelte im nächsten Augenblick durch die Luft. Dabei fühlte er sich selbst wie ein Pirat beim Entern.
Zielsicher landete er gleich darauf auf dem Achterdeck der „Pommern“. Zwei hilfreiche Hände stützten ihn.
„Das ist zwar nicht die konventionelle Art, an Bord zu gehen“, sagte Dan lachend, „aber so ist die Unterhaltung besser. Ich nehme an, du willst dich jetzt den Dons stellen, Sir?“
„Ja, wir werden den Kerlen zum Tanz aufspielen“, sagte Hasard. „Sonst krebsen wir ewig so weiter. Wir brauchen nicht darüber zu reden, daß wir stark unterbemannt sind und eine schwere Position haben. Daher müssen wir unsere Unterbemannung mit List, Schnelligkeit und Gewandtheit ausgleichen. Ich habe vor, auf Südwestkurs vor dem Wind abzufallen und genau in Richtung der Sonne zu steuern. Auf diesem Kurs lassen wir die Dons dann aufrücken.“
„Ich verstehe, Sir. Die Dons sind dann im Nachteil, weil die Sonne sie blendet.“
„So ist es. Das ist unser Vorteil. Wir können, von der Sonne nicht geblendet, schräg achteraus feuern oder kurz anluvend die Breitseite Backbord abfeuern, dann halsen und die Breitseite Steuerbord einsetzen. Die Dons werden nicht viel mehr als einen grellen glosenden Ball und zwei unbestimmte Schatten sehen. Sieh nur einmal in Sonnenrichtung auf das Meer.“
„Sie scheint ganz besonders grell“, gab Dan zu. „Man sieht kaum etwas.“
„Das nutzen wir aus. Wir müssen nur detailliert absprechen, wie wir vorgehen, damit wir uns beim Manövrieren nicht gegenseitig behindern.“
„Wir könnten sie ja erst einmal auf Schußweite der Culverinen heransegeln lassen“, schlug Dan vor.
„Richtig, Dan. Wenn es soweit ist, drehe ich mit der ‚Pommern‘ nach Luv um die Backbordbreitseite abzufeuern. Du halst gleichzeitig mit der ‚Queen‘ nach Steuerbord und setzt die Breitseite an Steuerbord ein. Sobald wir gefeuert haben, gehen wir wieder auf Südwestkurs, um die Seiten zu wechseln, so daß du jetzt die ursprüngliche Position der ‚Pommern‘ einnimmst. Wir kreuzen also unsere eigenen Kurse.“
Dan O’Flynn nickte begeistert.
„Und wen knöpfen wir uns zuerst vor, Sir?“
„Erst auf die jeweils hinter uns segelnde Karavelle feuern. Das Manöver wiederholen wir auch, wenn wir unsere Kurse kreuzen. Dann gleich noch einmal drauf. Jetzt sieh dir noch einmal genau die Position der Dons an.“
Dan tat es ausgiebig, obwohl er sie auswendig kannte.
„Die Karavellen segeln der Galeone etwas voraus, die sich in der Mitte hält“, sagte Dan. „Es sieht so aus, als sollten die Karavellen beim Angriff eine Zange bilden. Danach wird die Galeone in Aktion treten.“
„Sehr gut“, lobte der Seewolf. „Sobald wir also in die Sonnenrichtung den Kurs gewechselt haben, beginnen wir unauffällig mit dem Schiften der Segel. Wir rennen dann auch die Kanonen aus. Die Dons werden das vielleicht sehen können, doch das spielt keine Rolle. Wir verringern also unmerklich unsere Fahrt und lassen aufholen. Ich gebe dir dann das Zeichen zum Halsen, während wir anluven. Setzt eure Flaschenbomben auf die Galeone an. Shane wird sie vom Großmars aus zusätzlich noch mit Brandpfeilen eindecken. Wir müssen das Überraschungsmoment voll ausnutzen, sonst fahren wir zur Hölle.“
Sie unterschätzten ihren Gegner keineswegs, denn der war gut bestückt und würde die Hölle entfesseln, wenn ihnen die Überrumpelung nicht gelang.
Ein paar weitere Einzelheiten wurden noch besprochen, dann war der Plan reif zur Ausführung, und Mißverständnisse waren nicht mehr zu befürchten.
„Melde mich wieder ab, Sir“, sagte Dan. „Ab sofort also Klarschiff zum Gefecht.“
Hasard und Shane nickten, während Dan nach einem Fall griff und das Hinüberschwingen von Schiff zu Schiff mit vollendeter Präzision wiederholte.
Dann wurde Renke Eggens in das Vorhaben eingeweiht und die Gefechtsbereitschaft angeordnet.
3.
Beide Schiffe lagen jetzt auf Südwestkurs und segelten scheinbar in den glosenden Ball der Sonne hinein. Die Blendung war jetzt ungewöhnlich stark. Hasard kniff schon die Augen zusammen, wenn er nur auf die Wasseroberfläche sah. Da war alles flüssig, wie feuriges Gold und Silber. Ein Schiff voraus war so gut wie kaum zu erkennen.
Nach der Kursänderung gingen die drei gegnerischen Schiffe ebenfalls auf Südwest.
Die Großsegel wurden ganz schwach geschiftet, unmerklich wurden sie aus der Windrichtung genommen, bis sich der Winddruck mehr und mehr verminderte.
Den nachsegelnden Spaniern fiel das nicht auf. Aber sie sahen, daß sie unmerklich aufholten. Langsam verkürzte sich die Distanz zwischen den Schiffen.
Das war der Zeitpunkt, als Big Old Shane in den Großmars aufenterte und dort sein ganzes Sortiment bereit legte.
Etwas später wurden die Großsegel noch einmal leicht und unauffällig geschiftet. Die Fahrt ging noch mehr zurück. Bei den Dons wurde gefechtsklar gegangen. Hasard brauchte nicht mehr das Spektiv, um sehen zu können, daß sie ihre Kanonen ausrannten.
Nach einer weiteren Viertelstunde waren verzerrte Wortfetzen über das Wasser zu hören. Pete Ballie, der auf der „Pommern“ als Gefechtsrudergänger fungierte, spitzte die Ohren.
„Verstehst du, was sie sagen, Sir? Etwas über uns, glaube ich.“
Weitere Kommandos waren zu hören. Hasard versuchte ebenfalls, den Sinn der Wortfetzen zu erfassen.
„Es wird Zeit, uns Manieren beizubringen, sagen sie, wenn ich das richtig verstanden habe. Uns wollen sie Manieren beibringen!“ sagte er erheitert.
Auf den Karavellen wurde gebrüllt. Kommandos wurden geschrien, von denen ein Teil auf der „Pommern“ gut zu verstehen war. Die Dons wiegten sich in dem Glauben, tatsächlich stark aufgeholt zu haben, weil sie offenbar schneller liefen. Daß sie einem lausigen Trick auf den Leim gingen, fiel ihnen in ihrer Vorfreude nicht auf. Sie sahen nur ein paar Fremde und maßten sich an, diese erbarmungslos zu vernichten, weil sie gewagt hatten, einem Befehl nicht zu gehorchen.
Ausnahmslos alle Männer waren auf Stationen. Alles was gebraucht wurde, lag so bereit, daß es nicht die geringste Verzögerung gab. Und sie waren gut aufeinander eingespielt.
Dan O’Flynn blickte angespannt zur „Pommern“. Ferris Tucker stand in lauernder Haltung an dem Abschußgestell für die Flaschenbomben. Arwenacks und Kolberger taktierten unkonventionell und waren an keine starren Verhaltensmuster gebunden, wie das bei den Dons der Fall war, die alles recht umständlich angingen. Da wurden erst lange Befehle gebrüllt, die umständlich weitergegeben wurden, und bis sie die Mannschaften erreichten, verging wertvolle Zeit. Niemand durfte bei den Dons eigenmächtig handeln. Es waren Seesoldaten, die nicht so gut aufeinander eingespielt waren und die nur einen begrenzten Rahmen zum Handeln hatten. Auch der lief haargenau nach einem bestimmten Schema ab und erlaubte keine Eigenmächtigkeiten.
Das war einer der Vorteile von Arwenacks und Kolbergern. Der andere bestand in den Tricks, Haken und Ösen, mit denen sie kämpften und ihre Gegner immer wieder überraschten.
Hasard peilte ein letztes Mal die Distanz. Er befand sich allein auf dem Achterdeck, außer dem Rudergänger Pete Ballie, denn jetzt wurde jede Hand gebraucht. Philip junior war ebenfalls eingesetzt worden, genau wie sein Bruder Hasard bei Dan.
Sie waren auf Schußweite heran und segelten stur weiter, um ihren Gegner in die Zange nehmen zu können. Der Zeitpunkt zum blitzschnellen Handeln war jetzt günstig.
„Klar zur Halse, Dan!“ rief Hasard zum Achterdeck des Zweideckers hinüber. „Wir greifen an – wie besprochen!“
„Aye, aye, Sir!“ schrie Dan zurück.
Von da an verwandelte sich die Szene zum Entsetzen der Dons schlagartig. Sie wurden so überrumpelt, wie sie es nie für möglich gehalten hätten:
Sofort nach dem Kommando liefen die Kurse beider Schiffe auseinander. Die Dons waren inzwischen noch etwas weiter aufgerückt.
Die „Caribian Queen“ begann ihre Halse zu fahren, während Hasard mit der „Pommern“ anluvte.
Dieses Manöver ließ die Dons noch näher heranrücken. So segelten die beiden Karavellen genau in die ihnen zugedachten Breitseiten hinein, ohne noch ausweichen zu können.
„Feuer!“ tönte es vom Achterdeck des Zweideckers.
„Feuer!“ dröhnte es auch auf der „Pommern“.
Als das ohrenbetäubende Donnern und Brüllen einsetzte, befanden sich die heransegelnden Dons nach wie vor in derselben Lage. Sie hatten noch nicht erkannt, daß die Gejagten plötzlich zu Jägern wurden. Das Taktieren mit dem grellen Sonnenlicht kriegten sie jetzt auf verheerende Art und Weise zu spüren.
Die Decks der „Caribian Queen“ erzitterten, als die Breitseite feuerspeiend und qualmend die Rohre verließ. Die schweren Eisenkugeln rasten hinaus und fraßen sich mit unglaublicher Wucht in die Karavelle hinein.
Der Donner der Geschütze war noch nicht verhallt, als er auch schon von Krachen und Splittern übertönt wurde. Der Fockmast der Karavelle flog davon und zersplitterte, als hätten ihn Riesenfäuste aus dem Kielschwein gerupft. Die Takelage barst, knallte und flog in einem wüsten Trümmerregen an Deck.
Auch in den Großmast schlug es krachend und splitternd ein. Die obere Hälfte des Mastes zersplitterte. Der Rest neigte sich nach achtern und begann zu fallen. Es war wie eine Kettenreaktion. Der zersplitterte Großmast donnerte mit Getöse auf den Besan und zertrümmerte ihn. Das alles geschah in Sekundenschnelle. Dann war die Karavelle, vom Deck aus gesehen, fast schon ein Wrack.
Aber zwei weitere Kugeln der großkalibrigen Rohre waren direkt an der Wasserlinie eingeschlagen und hatten große Löcher hinterlassen, gezackte Wunden, in die sich Wassermassen gierig ergossen.
Dazu kam die Wuhling auf der Karavelle. Die Seesoldaten waren unter Segeltuch, Fetzen, Leinen und Splittern begraben. Verwundete schrien ihre Schmerzen hinaus, doch in der allgemeinen Aufregung kümmerte sich niemand um sie. Jeder hatte genug zu tun, um sich selbst zu befreien. Die Soldaten rannten kopflos durcheinander oder suchten verzweifelt Deckung. Außerdem sahen sie nicht viel. Auch das Aufblitzen der Kanonenrohre war durch die grelle Sonne nicht bemerkt worden. Der Schreck war mehr als groß, so plötzlich beschossen zu werden.
Der achtern der „Pommern“ hersegelnden Karavelle erging es ähnlich. Auch dort war niemand auf diesen Angriff gefaßt. Im Gegenteil, sie waren es ja, die den Kerlen Manieren beibringen wollten. Daß sich das jetzt ins Gegenteil verkehrte, erfolgte reichlich überraschend und entnervte die Spanier.
Hasards Breitseite heulte zur selben Zeit durch die Luft. Al Conroy hatte mit der ihm eigenen Sorgfalt vorher alles überprüft und die Culverinen genau aufs Ziel justiert.
Zehn Rohre spuckten wildes Feuer und ließen dichten dunklen Pulverrauch aufsteigen.
Achteraus schlug es ein. Dicht an der Wasserlinie erschienen mehr als kopfgroße Löcher. Dann gab es den berühmten „Sonntagstreffer“, wie er nur selten erzielt wurde. Während Hasard noch zum Gegner blickte, um festzustellen, was die zehn Siebzehnpfünder angerichtet hatten, quoll aus einem der frisch gestanzten Löcher hellgrauer Rauch hervor. Der Rauch wurde dunkler, und eine kleine Flamme war durch die geknackte Bordwand zu erkennen.
„Da haben wir wohl ein Faß mit Olivenöl getroffen“, meinte Smoky, „viel war das ja nicht, aber …“
Sein „aber“ war vorerst das letzte Wort, denn der Sonntagstreffer entfaltete erst jetzt seine volle Wirkung. Wahrscheinlich hatte die glühend heiße Kanonenkugel Zugang zur Pulverkammer gefunden, ein bißchen angekokelt, herumgestreutes Pulver in Brand gesetzt und ein kleines Feuer ausgelöst.
Was jetzt folgte, war ein so gewaltiger Donnerschlag, als würden tausend Blitze zugleich durch die Luft zucken. Übergangslos entstand auf der Karavelle ein glühender, sich immer wilder aufblähender Feuerball, der das Schiff von innen nach außen buchstäblich zerfetzte.
Die grelle Explosion weitete sich nach den Seiten aus und stieg gleichzeitig immer schneller in die Höhe. Die zerfetzten Holzplanken und Splitter brannten schon, als sie noch nach allen Seiten davonflogen.
Eine Paradeschuß ist das, dachte Hasard und konnte es kaum fassen, daß die Karavelle schlagartig vom Meer geblasen wurde.
Für die Dons war das ein unverdaulicher Schock, der ihnen in die Knochen fuhr und sie lähmte.
Noch während sich die Überlebenden der einen Karavelle eiligst in die Boote absetzten, so gut das ging, begann auf der Galeone ein Höllenspektakel, das den Spaniern den letzten Nerv raubte. Durch den Explosionsdruck hatte es einige Kerle unmittelbar über Bord geweht. Die anderen waren in Deckung gegangen, um nicht die rotglühenden Trümmerstücke abzukriegen, die durch die Gegend wirbelten.
Das war das eine, was sie so nervte. Das andere war genauso schlimm, denn auf der spanischen Kriegsgaleone schlugen jetzt grelle Blitze ein, die funkensprühend heranrasten, in den Segeln steckenblieben und sich entzündeten. Das waren Shanes Brandpfeile, die mit tödlicher Präzision ihr Ziel trafen.
Eins der Segel stand bereits in Flammen. Die Spanier schrien wild durcheinander und rannten mal hierhin mal dorthin, um die überall aufflackernden Brände zu löschen.
Doch da gab es noch etwas, das sie pausenlos in Deckung zwang. Durch die Luft torkelten unförmige flaschenähnliche Dinger. Sie senkten sich auf den Decks nieder und explodierten mit bestialischer Geräuschentwicklung. Gleichzeitig ging ein glühender Regen aus Eisensplittern, Schrot und rostigen Nägeln nieder, der die Dons von den Beinen warf.
Ferris Tucker feuerte von dem Abschußgestell eine Flasche nach der anderen ab. Hin und wieder verfehlte eine die Galeone und explodierte im Wasser. Aber die anderen trafen und richteten Verwüstungen an.
Ein weiterer Pfeil, von Shane aus dem Großmars abgefeuert, setzte das zweite Segel in Brand. Eine explodierende Flaschenbombe verhinderte, daß die Dons den aufflackernden Brand löschen konnten.
Es sah gar nicht mehr rosig für die siegessicheren Verfolger aus. Sie waren im Nachteil, mußten sich vage in den grellen Sonnenstrahlen orientieren und nahmen ihren Gegner kaum wahr.
Hasard und Dan nutzten das gründlich aus.
Eine Karavelle war in die Luft geblasen, die andere trieb fast entmastet im Meer, und auf der große Galeone herrschte ein unbeschreibliches Chaos. Im Meer schwammen ein paar Soldaten, die aus Leibeskräften um Hilfe brüllten, aber niemand kümmerte sich darum.
Eins der abgefierten Boote trieb mit schwerer Schlagseite im Wasser, weil unzählige Kerle darum kämpften, einen Platz zu ergattern.
Das war der Zeitpunkt, an dem „Caribian Queen“ und „Pommern“ den entscheidenden Seitenwechsel vornahmen.
Qualm und Pulverrauch hingen über dem Wasser, als Dan O’Flynn mit dem Zweidecker anluvte und Hasard eine Halse segelte, so daß wiederum beide Breitseiten eingesetzt werden konnten.
Die Dons überfiel das Grauen, als sie sahen, daß ihre Gegner zwei schnelle und gekonnte Manöver fuhren, die Seiten wechselten und erneut zum Angriff heransegelten.
Hasard verständigte sich durch ein Zeichen mit Dan, der sich die Kriegs-Galeone vornehmen sollte. Hasard ging auf die fast entmastete Karavelle los. Die andere existierte nicht mehr.
Von der leicht ramponierten Galeone lösten sich zwei Schüsse. Blitze zuckten an der Bordwand auf.
„Die sehen tatsächlich kaum etwas“, sagte Pete Ballie zu Hasard und deutete auf zwei Wassersäulen, die aus der See aufstiegen. Die Entfernung betrug mindestens fünfzig Yards.
„Das war unser größter Vorteil, Pete. Wir haben sie völlig überrumpelt. Jetzt kriegen sie den Rest.“
Dieser erste Angriff hatte ein Chaos hinterlassen und für unglaubliche Wuhling gesorgt. Keiner der Dons hatte damit auch nur im entferntesten gerechnet. Sie versuchten zwar noch, zu feuern, doch die Splitter der Flaschenbomben zwangen sie immer wieder in Deckung. Auf den Decks lagen die ersten Toten und Verwundeten.
Aus den Segeln regneten brennende Fetzen nach unten, deren Glut sich wiederum in die trockene Beplankung fraß.
Dan O’Flynn donnerte die zweite Salve hinaus. Fünfzehn Zwanzigpfünder entluden sich mit urweltlichem Donner, ließen die Decks erbeben und die Männer wanken. Vor den Stückpforten bildete sich ein Vorhang aus dunklem, übelriechendem Pulverqualm.
Das Eisengewitter hatte kaum das Rohr verlassen, als ausnahmslos alle Kugeln auch gleich darauf auf der Galeone mit Getöse und lautem Krachen einschlugen. Das war wie eine gewaltige Riesensense, die da durch die Takelage fegte. Die Kuhl wurde aufgerissen, das Schanzkleid zerfetzte, eins der Boote verwandelte sich übergangslos in einen nutzlosen Trümmerhaufen.
Dann brach es über Masten, Segel und Takelage mit der Wucht eines verheerenden Orkans her.
Noch beim Abdrehen feuerte Ferris Tucker unter dem Gebrüll des Profos zwei Flaschenbomben auf die Decks, die das Chaos vollkommen werden ließen.
Die spanische Galeone wurde regelrecht entmastet. Da war nur noch ein Krachen, Splittern, Dröhnen und Tosen in der Luft, in das sich die Schreie tödlich Getroffener und Verwundeter mischte.
Einen gezielten Schuß vermochte der überrumpelte Spanier nicht mehr abzugeben. Sie feuerten überhaupt nicht mehr, denn sie hatten alle Hände voll zu tun, um sich in Sicherheit zu bringen.
Auf dem Vordeck brannte es, die Kuhl war ein wüster, zerschossener Trümmerhaufen, und auf dem Achterdeck stand kein Mann mehr auf den Beinen. Dort hatten die hinuntergerauschten Segel alles wie mit glimmenden Leichentüchern zugedeckt. Steuerlos und brennend trieb sie in der See. Ein paar Überlebende waren dabei, Boote abzufieren. Sie taten das brüllend und schreiend, weil jeder so schnell wie möglich das brennende Schiff verlassen wollte.