Kitabı oku: «Seewölfe Paket 20», sayfa 25

Yazı tipi:

„Hättest du das geglaubt, daß wir die Kerle auf Anhieb schaffen?“ fragte Ferris den Profos, der immer wieder die Arme hochriß.

„Kann ich selbst kaum glauben“, murmelte Ed erschüttert. „Und jetzt kriegt der andere auch noch den Rest.“

Dabei deutete er auf die „Pommern“, die jetzt ihre Breitseite auf die fast entmastete Karavelle ausspie.

Hasard ließ auf die Wasserlinie feuern. An Deck gab es nicht mehr viel zu zerstören, das sah aus wie ein Abfallhaufen.

Al Conroy wartete in stoischer Ruhe den günstigsten Zeitpunkt ab. Dann spuckten nacheinander zehn Culverinen ihre todbringende Ladung über die See.

Für die Dons auf der Karavelle war das Resultat erschreckend. Die erste Kugel hämmerte durch die Bordwand und erschütterte das ganze Schiff. Die nächsten folgten so schnell hintereinander, daß es sich anhörte, als wäre ein Riesenkaliber abgefeuert worden.

Gleich nach den Einschlägen verließen etliche Spanier brüllend und fluchend die Karavelle, indem sie einfach ins Wasser sprangen. Deutlich war zu hören, nachdem der Donner verebbt war, wie das Wasser in die Karavelle rauschte. Sie neigte sich langsam zur Seite und krängte noch härter über, als Hasard wieder ablief und sich erneut die Kurse der beiden Schiffe kreuzten.

Diesmal war Dan O’Flynn am Brüllen. Kolberger und Arwenacks schrien begeistert mit, denn Grund genug hatten sie ja. Ihr Gegner, der sie kaltblütig vernichtet hätte, war geschlagen. Seine Schiffe waren zerstört, und damit war wieder ein wenig an Spaniens Vorherrschaft gesägt worden. Es waren nur kleine Zähne, die da von Zeit zu Zeit sägten, aber sie schafften unermüdlich, und so summierten sich die kleinen Stücke schließlich zu einem großen.

Die wahnsinnige Verfolgungsjagd hatte die Spanier drei Kriegsschiffe gekostet, ganz abgesehen von den Seesoldaten, die ihr Leben gelassen hatten oder verletzt worden waren.

„Geschafft!“ schrie Shane, auf die Karavelle deutend. „Sie geht bereits zu den Fischen!“

Die Karavelle krängte jetzt so hart über, daß ihre Decks mit dem Wasser Kontakt hatten. Nur ein paar Augenblicke später kenterte sie und zeigte den muschelbewachsenen Rumpf.

Die Galeone trieb brennend in der See. Da gab es auch nichts mehr zu löschen. Die Kerle waren schon heilfroh, wenn sie ihr armseliges Leben retten konnten. Wie ein Feuerball leuchtete die Kriegs-Galeone in der See. Es war nur noch eine Frage der Zeit, wann sie das Schicksal der beiden anderen Schiffe teilen würde.

Von den beiden Schiffen dröhnte ein lautes „Ar – we – nack“ über das Wasser. Die Dons, die glücklich ihre Boote erreicht hatten, zuckten noch einmal zusammen, denn es hörte sich an, als würde gerade die nächste Breitseite abgefeuert.

Die Antwort waren Flüche und ein Wutgeheul der geschlagenen Dons.

„Kurs Südwest!“ rief Hasard zu Dan hinüber. O’Flynn zeigte klar. Beide Schiffe gingen auf Südwestkurs. Der Wind begann ganz unmerklich zu drehen.

Während sie vom geschlagenen Gegner abliefen, wurden auf den Decks immer noch die Kämpfe diskutiert.

Weder die „Pommern“ noch die „Caribian Queen“ hatten einen einzigen Treffer erhalten. Die Dons waren noch nie so schnell überrumpelt worden, und Hasards Taktik – aus der Sonne heraus zu kämpfen – hatte die Dons so verwirrt und geblendet, daß alles fast schon vorbei war, noch bevor es richtig begonnen hatte.

Aber damit war der Raid noch nicht beendet. Die Spanier sollten noch eine zweite Lektion erhalten.

Eine knappe Stunde später waren die Trümmer, Boote und fluchenden Spanier hinter der Kimm verschwunden. Nichts deutete mehr auf ein Gefecht hin.

Hasard segelte auf Rufweite an die „Caribian Queen“ heran. Es war jetzt dunkel. Beide Schiffe hatten keine Hecklaterne gesetzt, um sich nicht zu verraten. Der Mond schien auf das Wasser. Hin und wieder schob sich eine Wolke vor ihn. Dann herrschte für Augenblicke Dunkelheit.

„Was hast du vor, Sir?“ fragte Dan.

„Wir gehen wieder auf Nordkurs!“ rief Hasard hinüber. „Die Dons können uns nicht mehr sehen!“

„Nordkurs? Dann segeln wir ja wieder zur kubanischen Küste zurück“, sagte Dan verwundert.

„Sehr richtig. Unser Ziel ist die Reede von Santiago de Cuba. Ich habe da noch eine Überraschung geplant.“

Dan O’Flynn stieß hart die Luft aus. Er wußte nicht, was Hasard vorhatte.

„Hoffentlich gibt das keine Überraschung für uns, Sir“, meinte er.

Von der „Pommern“ klang ein unbekümmertes Lachen herüber.

„In der Höhle des Löwen ist man am sichersten, Dan! Damit wird kein Don rechnen, daß wir dort wieder aufkreuzen.“

„Aye, aye, Sir“, sagte Dan, „auf nach Santiago.“

„Was kann er dort nur vorhaben?“ fragte Dan den Profos, der auf dem Achterdeck stand und mit dem Kieker die See absuchte, ob auch wirklich kein Don mehr weit und breit zu sehen war.

„Vielleicht will er ein paar Schiffchen versenken, so bei Nacht und Nebel“, meinte Ed. „Aber das kann mächtig ins Auge gehen, denn die Dons sind ja alarmiert.“

„So etwas Ähnliches dachte ich auch. Den Dons weiteren Schaden zufügen“, murmelte Dan. „Aber da steckt noch etwas anderes dahinter, damit gibt sich Hasard nicht zufrieden. Der hat irgendeinen harten Raid vor.“

Renke Eggens blickte zur „Pommern“ hinüber, wo er die Silhouette des Seewolfs auf dem Achterdeck sah. Er bewunderte diesen Mann, der kaltblütig und wild wie ein Wolf in die spanische Herde fuhr, sich ein paar Brocken herausriß und wieder verschwand. Er war sich sicher, daß sie das auf ihn ausgesetzte Kopfgeld bald verdoppeln würden, denn der Schaden, den er den Dons zufügte, stieg unaufhörlich.

„Ich weiß auch nicht, was er vorhat“, sagte er leise, „aber es wird wohl mit den Schiffen zusammenhängen, die auf Reede liegen. In zwei Stunden ist Mitternacht“, setzte er nachdenklich hinzu.

„Eine gute Zeit, um eine schlafende Herde aufzuscheuchen“, meinte Dan. „Wir werden es ganz sicher bald erfahren. Vermutlich ist er gerade dabei, alles bis ins letzte Detail zu planen.“

4.

Das war tatsächlich der Fall. Hasard hatte seinen Plan allerdings reiflich durchdacht und hatte die Absicht, ihn so bald wie möglich in die Tat umzusetzen.

Shane, der wieder nicht wußte, was anlag, trat unruhig von einem Bein auf das andere.

„Das ist vielleicht eine Geheimniskrämerei“, schimpfte er leise, „jetzt pirschen wir uns wieder auf die Sierra Maestra zu, und keiner hat eine Ahnung, was da passieren soll. Hast du etwa vor, die sechs Kähne zu versenken, Sir, sozusagen klammheimlich und bei Nacht und Nebel?“

„Du weißt schon, um was es geht, Shane. Alles zu seiner Zeit. Mit Geheimniskrämerei hat das wirklich nichts zu tun. Denk doch mal ein wenig nach, was ich vor kurzem gesagt habe.“

„Du meinst wegen der Kanonen, des Pulvers und der Waffen, die man eines Tages gegen uns verwenden wird?“

„Das meine ich. Heute vormittag habe ich an der Küste in den Felsen einen breiten Einschnitt gesehen. Das war wie eine riesige Spalte, die zwischen die Felsen führt. Sie war etwa dreißig Yards breit. Wenn wir die gefunden haben, wirst du alles weitere erfahren. Davon hängt nämlich alles ab.“

Es war jetzt knapp eine Stunde vor Mitternacht. Immer wenn der Mond zwischen den Wolken hindurchschien, glänzten und glitzerten die gewaltigen Felsen der Sierra Maestra in gespenstischem Licht. Dann huschten dort spukhafte Schatten durch das Gebirge, was Old O’Flynn sicherlich zu den fürchterlichsten Vermutungen hingerissen hätte. Aber das alte Rauhbein war nicht an Bord.

Dicht unter der Küste – der Wind blies jetzt aus Ost – pirschten sich die beiden Schiffe ostwärts, genau die Strecke, die sie heute schon einmal abgesegelt hatten. Der lange Bogen hatte sie wieder an den Ausgangspunkt zurückgeführt.

Der Ausguck hatte Anweisung, nach diesem Einschnitt in der Steilküste Ausschau zu halten. Hasard selbst ließ es sich nicht nehmen, ständig mit dem Kieker die Felsen abzusuchen.

Der Ausguck, diesmal war es Hanno Harms, ein sturer Dickschädel aus Hinterpommern, der oft als Rudergänger fungierte, tat sich allerdings schwer damit, denn er hatte dem Einschnitt beim Vorbeisegeln keine Beachtung geschenkt und nicht die geringste Ahnung, was der Seewolf damit vorhatte. Außerdem geschah es immer wieder, daß die Steilküste stark hervortrat, riesige Kliffs ins Meer schickte und an anderer Stelle wieder so stark zurücktrat, daß sie wie Buchten aussahen. Jedes Mal entpuppte sich das als optische Täuschung. Auch der zweite tiefere Einschnitt erwies sich als zwei nebeneinanderstehende Felsen.

Hasard orientierte sich am Pico Turquino und rechnete im Geist die abgesegelte Strecke nach.

„Es war nicht sehr weit von der Reede entfernt“, sagte er, „eine deutlich erkennbare Kerbe, die wie ein Schlauch hineinführte.“

„Vielleicht sind wir schon dran vorbei“, meinte Shane.

„Das glaube ich nicht.“

Er fluchte leise, denn eine kleine Wolkenbank schob sich gerade vor den Mond. Fast schlagartig wurde es finster. Das Gebirge schien kompakter zu werden. Wie ein riesiger düsterer Block lag es da, drohend, unheilverkündend und gespenstisch still.

Beide Schiffe kreuzten in kurzen Schlägen dicht unter der Küste gegen den Ostwind. Hasard ließ so in den Wind drehen, daß sie kaum noch Fahrt liefen. Er wollte abwarten, bis die große Wolkenbank vorbei war und das Mondlicht wieder die Sierra erhellte.

Das war kurz darauf der Fall. Fahles Licht ergoß sich über das Meer und ließ die Schatten der Sierra immer weiterwandern, als würden dort riesige dunkle Tücher weggezogen.

Hanno Harms meldete sich aus dem Großmars, kaum daß das Mondlicht wieder schien.

„Halbe Kabellänge Backbord voraus ist ein Einschnitt“, rief er zum Deck hinunter.

Hasard ließ die Stelle ansteuern und erkannte sie wieder.

„Ja, das ist der Einschnitt, den ich meine. Wir gehen in den Wind und setzen die kleine Jolle aus, Shane. Du kannst mit Smoky hinüberpullen und feststellen wie groß die Bucht dahinter ist, falls es dort überhaupt eine gibt. Aber es sieht ganz so aus, als führe der Einschnitt noch weiter in die Felsen. Ihr sollt nur feststellen, ob die Bucht groß genug ist, um darin die beiden Schiffe zu verstecken.“

„Dort sollen wir nachts hindurchsegeln?“ fragte Shane ungläubig.

„Am Höllenriff auf der Schlangen-Insel ist es wesentlich schmaler. Ihr sollt erst mal erkunden, ob es da keine Untiefen gibt. Ich will mir ein genaues Bild über diese Bucht verschaffen, denn sie scheint sehr günstig zu liegen, immer vorausgesetzt, sie führt weiter in die Steilküste.“

„Aye, Sir. Wir wollen uns also erst einmal vor den Dons verstecken, und das scheint hier ein günstiger Platz zu sein, den die Dons unter Umständen gar nicht kennen.“

„Das ist gut möglich.“

Dan O’Flynn vollzog alle Manöver des Seewolfs nach. Auch er sah den Einschnitt in der Küste, denn er hatte noch schärfere Augen als die anderen, wagte aber noch nicht zu beurteilen, ob man da wirklich hindurchsegeln konnte, denn das hatte Hasard zweifellos vor.

Die Segel wurden so gebraßt, daß sie fast längs zur Schiffsrichtung standen und dem Wind keine Angriffsfläche mehr boten. Sie killten leicht. Beide Schiffe liefen keine Fahrt mehr.

Inzwischen wurde die kleine Jolle abgefiert und mit Smoky und Shane besetzt. Als sie ablegte, ließ Hasard wieder anbrassen und segelte bei Ostwind einen kleinen Schlag nach Südost. So bezogen sie Lauerstellung und brauchten keinen Anker zu setzen.

Smoky und Shane pullten los. Die Felsen ragten in ihrem Rücken unglaublich steil in die Höhe. Der Mond schob sich wieder durch die Wolken und verzerrte die Konturen der Felsen.

„Wirklich nicht breiter als dreißig Yards“, sagte Smoky, als sie den ersten Felsen der schmalen Rinne passiert hatten. Von hier aus sahen die beiden Galeonen wie sprungbereite Ungeheuer aus, die auf der See lauerten. Der Zweidecker, den sie der „Black Queen“ abgenommen hatten, wirkte noch unheimlicher. Schwarz und drohend lag er da, nur ganz leicht von der Dünung bewegt.

Shane und Smoky pullten weiter. Einmal ließ Smoky den Riemen los und lotete die Wassertiefe.

„Kein Grund“, sagte er. „Jedenfalls tiefer als zwanzig Yards. Pull mal einen Schlag näher heran, Shane.“

Auch dicht an den Felsen blieb die Wassertiefe gleich. Unter ihnen befand sich ein senkrecht abfallender Kessel, der sich mit dem Handlot nicht ausmessen ließ. Es bestand also nicht die Gefahr, daß sie hier irgendwo aufschrammten.

Der Einschnitt zog sich etwa vierzig Yards nach Norden, dann grenzten Steilwände ihn ab, und er knickte nach Osten.

Als sie ihm folgten und weiter nach Osten pullten, öffnete sich eine Bucht vor ihnen, in die jetzt der Mond schien.

Es war wie in einer anderen Welt. Die Bucht war groß und ausladend. Es gab genug Platz, um mindestens vier Galeonen hier hineinzusegeln und zu verankern.

Smoky und Shane sahen sich beeindruckt an.

„Unheimlich still ist es“, sagte Shane und blickte zu den steilen Felsen auf. Er wurde das Gefühl nicht los, als würde diese gigantische Masse jeden Augenblick auf sie niederstürzen.

In der Bucht war es fast totenstill. Das Wasser war still, ruhig und sehr tief, wie er bei der nächsten Lotung feststellte. Auch hier fand das Lot keinen Grund.

Von See her war diese Bucht überhaupt nicht einzusehen. Man mußte schon hineinsegeln und nachschauen.

Immer wieder sahen sie sich um. Was Hasard auch immer vorhatte, wenn er hier zwei Schiffe verstecken wollte, dann war dieser Platz ideal gewählt. Kein vorbeisegelnder Don würde auch nur die Mastspitzen der Schiffe sehen können.

„Hinein geht’s ja noch“, sagte Smoky bedächtig, „aber wie soll man hier wieder hinaussegeln? Da weht ja nicht das geringste Lüftchen.“

„Schleppen“, sagte Shane lakonisch, „die Jollen vorspannen und kräftig pullen.“

„Ich kann mir etwas besseres vorstellen.“

„Es gibt schlimmere Dinge“, sagte Shane gelassen.

„Pullen wir zurück?“

Shane warf noch einen Blick in die Runde, dann nickte er.

„Ja. Ich möchte endlich wissen, was Hasard plant.“

„Das würde ich auch gern erfahren.“

Sie pullten zurück. In der Bucht war es so still, daß sie überlaut hörten, wie die Riemen ins Wasser tauchten. Wie klatschende Schläge hörte sich das an.

Sie legten an der „Pommern“ an, vertäuten das Boot und gingen aufs Achterdeck, wo Hasard ihnen gespannt entgegensah.

„Hervorragend geeignet, um ein paar Schiffe zu verstecken“, berichtete Shane. „Vier Galeonen haben gut und gern in der Bucht Platz.“

Er beschrieb dem Seewolf genau, was sie entdeckt hatten.

Hasard rieb sich zufrieden die Hände. In seinen Augen tauchte wieder jenes Glitzern auf, wenn es galt, den Dons eins auszuwischen.

„Dann segeln wir hinein“, entschied er, „Dan kann gleich darauf folgen.“

Ein paar Segel wurden aufgegeit, damit sie nicht zu schnell in die Bucht liefen. Pete Ballie steuerte vorsichtig den Einschnitt an.

„Wird ein bißchen knapp werden“, sagte er, „da muß man sich ja direkt hineinmogeln.“

Man mußte sich wirklich hineinmogeln, aber jetzt schien zum Glück der Mond wieder und gab Orientierungshilfe.

Im Windschatten zwischen den Felsen wurde es unheimlich still. Die Segel, die noch standen, sanken faltig in sich zusammen und hingen schlaff an den Rahen. Aber die restliche Fahrt reichte aus. Immer langsamer werdend, schob sich die „Pommern“ durch den Einschnitt nach Norden, folgte dem Ostknick und erreichte die Bucht. Hier rührte sich überhaupt kein Lüftchen mehr. Mit der auslaufenden Fahrt driftete sie den himmelhohen Felsen entgegen.

Hasard ließ den Anker setzen. Die Tiefe betrug etwas mehr als zwanzig Yards.

Etwas später folgte der düstere Zweidecker. Völlig lautlos glitt er in die Bucht. Die „Caribian Queen“ sah aus wie ein Geisterschiff, das von Unsichtbaren gesteuert wird.

Dann ließ auch Dan O’Flynn Anker setzen und gleich darauf das Boot abfieren. Als der Anker ins Wasser klatschte, war das Getöse so laut, als stürzten die Berge ein.

Beide Schiffe lagen jetzt vor Anker, ohne sich zu bewegen. Das Wasser ähnelte dunkler Tinte und wurde von keiner noch so kleinen Welle bewegt.

Als sich der Mond wieder hinter den Wolken versteckte, wurde es schlagartig finster.

Sie konnten es wagen, Lampen zu entzünden, denn von See her sah man das Licht nicht, falls zufällig ein Spanier vorbeisegelte.

Dan O’Flynn, Carberry und Ferris Tucker pullten gleich darauf mit der Jolle heran und enterten auf.

„Ein prächtiges Versteck“, sagte Dan. „Nur die Einfahrt ist etwas kompliziert. Wenn der Mond nicht geschienen hätte, wären wir mit Sicherheit angeeckt. Wie geht es jetzt weiter, Sir?“

„Das werden wir jetzt ausführlich besprechen. Ich habe schon einmal angedeutet, daß man die Kriegsgüter, die auf der Reede verladen werden, eines Tages auch gegen uns oder die Schlangen-Insel verwenden wird. Sechs Galeonen liegen auf der Reede. Die Dons verteilen Pulver, Kugeln und Kanonen an ihre Stützpunkte im karibischen Raum. Alle sechs Galeonen sind mit Kriegsgütern bis an die Halskrause beladen.“

„Das haben wir heute vormittag gesehen“, sagte Dan, „die Sachen könnten wir auch gebrauchen.“

„Eben, darauf läuft es ja hinaus. Für den Bund der Korsaren und die Insel brauchen wir Pulver, Kugeln und Kanonenrohre. Pulver können wir gar nicht genug haben, falls sie uns eines Tages doch mal entdecken. Und in den Bergen müssen wir weitere Kanonen installieren. Wir brauchen auch Reserven.“

Dan O’Flynn holte tief Luft. Gespannt sah er Hasard an. Ihm schwante schon etwas, er wußte nur noch nicht, wie das im Detail aussehen sollte.

„Da liegen noch weitere Kriegsschiffe im Hafen, Sir“, gab er zu bedenken, „eine größere Galeone, zwei …“

Hasard winkte ab.

„Mit denen müssen wir uns ja nicht auch noch unbedingt anlegen“, meinte er. „Für heute sind die Dons bedient. Drei Schiffe haben wir vernichtet. Nein, ich will anders vorgehen, ohne Gewalt.“

„Ohne Gewalt werden die Dons ihr Pulver nicht rausrücken“, sagte Ed. „Da müssen wir schon ein bißchen Gewalt anwenden.“

Hasard sah die Männer an, die ihn neugierig umstanden. In den Gesichtern lag Erwartung.

„Wir klauen den Dons heute nacht eine Galeone von der Reede“, sagte er lächelnd.

Der Profos kriegte das Maul nicht mehr zu. Ferris Tucker sträubten sich die Haare, während Dan verblüfft den Seewolf anstarrte. Shane vergaß fast, wieder auszuatmen.

„Wir – wir klauen den Dons eine Galeone?“ wiederholte Ferris Tucker fassungslos. „Hab ich das eben richtig verstanden, Sir?“

„Das war doch ganz einfach zu verstehen“, sagte Hasard. Sein Lächeln verstärkte sich noch mehr. „Wir klauen ihnen ein Schiff von der Reede, bugsieren es in das Versteck hier und nehmen das Schiffchen aus wie eine Weihnachtsgans.“

Shane begann leise zu lachen und schlug sich auf die Schenkel. Der Profos stierte immer noch in die Gegend und dachte über das Gehörte nach.

„Das wird ein Ding“, sagte Shane, „aber so einfach und gewaltlos wird das kaum abgehen, Sir.“

Jetzt waren sie alle am Grinsen und wollten mehr wissen. Dan O’Flynn äußerte sich etwas kritisch.

„Wir können nicht ungesehen mit einer Galeone verschwinden, noch dazu aus einem Verband von sechs Schiffen. Ich halte den Vorschlag zwar für gut, aber trotzdem für undurchführbar. Das wird ein Wahnsinnsunternehmen, und die Dons werden alles absuchen.“

„Natürlich werden die Dons alles absuchen“, sagte Hasard. „Doch in dem Unternehmen liegt Methode, wenn du genau darüber nachdenkst, Dan. Kein Don wird auf die Idee verfallen, die verschwundene Galeone hier in dieser Bucht zu suchen. Ich bezweifle, ob sie diese Bucht überhaupt kennen. Sie werden die See absuchen, in der Annahme, die Galeone sei abgetrieben. Und während sie suchen, rupfen wir das Schiffchen nach allen Regeln der Kunst und nehmen es aus.“

Zum ersten Mal grinste jetzt auch der rothaarige Schiffszimmermann.

„Da steckt tatsächlich Methode dahinter“, sagte er, „natürlich werden die Dons nicht hier herumsuchen, denn auf die Idee verfallen sie nicht. Wer wird denn auch annehmen, daß man ihnen von der Reede eine Galeone klaut? Die denken doch nicht im Traum daran, daß einer diese Frechheit aufbringt.“

Dan O’Flynn war immer noch skeptisch. Gewiß, das hörte sich alles gut und schön an und war eine einmalige Frechheit. Für den Seewolf war ein solcher Raubzug typisch, und er selbst hatte natürlich an einem derartigen Unternehmen auch seinen Spaß.

„Der schwierigste Teil des Unternehmens besteht doch darin, ungesehen mit der Galeone zu verschwinden, Sir“, sagte er. „Wie sollen wir das tun?“

„Auch das besprechen wir später noch genau. Es stellt kein sehr großes Problem dar, obwohl das wirklich der schwierigste Teil des Unternehmens ist. Darin muß ich dir recht geben.“

„Und die Dons an Bord?“ fragte Dan, „die werden ein Geschrei veranstalten, daß der ganze Hafen wackelt.“

Hasard ging lächelnd darüber hinweg.

„Die überwältigen wir, wie wir es schon oft getan haben. Sie werden ganz sicher nicht schreien. Wir helfen ein bißchen mit der Drohung nach, daß wir ein paar Lunten zur Pulverkammer gelegt haben. Und wenn sie aufmucken, dann würden wir diese Lunten zünden. Hast du noch weitere Bedenken oder Einwände, Dan?“ fragte Hasard sarkastisch.

„Du verstehst es, sie auszuräumen“, sagte Dan. „Ich bin von der Idee begeistert. Ich wollte nur das Für und Wider abwägen.“

„Mann“, sagte Carberry begeistert, „das wird doch ein tolles Ding. Wir klauen unter den Augen der Dons eine Galeone, genau vor ihrer Haustür, verholen sie hierher, übernehmen die Ladung, die wir gut brauchen können, und verziehen uns wieder. Da werden die Dons ein lausiges Rätsel zu lösen haben, und es wird ihnen verdammt schwerfallen.“

„Zwei Fliegen mit einer Klappe“, sagte Dan schließlich. „Einmal für den Bund der Korsaren die Kriegsgüter und zweitens für die Dons eine gesalzene Niederlage. Ich bin dabei.“

„Dann besprechen wir jetzt die Einzelheiten“, schlug Hasard vor. „Wir brechen nachher mit zwei Jollen auf. Jede Jolle wird mit jeweils zwölf Mann besetzt. Wir können es uns erlauben, nur ein paar Männer zurückzulassen, denn daß wir in dieser Bucht entdeckt werden, halte ich für ausgeschlossen. Uns steht allerdings eine ziemlich harte Arbeit bevor, wenn wir die Galeone erst einmal haben. Den größten Teil der Ladung können wir auf der ‚Caribian Queen‘ unterbringen. Pulver kann ich auf der ‚Pommern‘ noch eine Menge stauen, obwohl wir das Holz an Bord haben.“

Carberry rieb sich dauernd die Hände.

„Das ist ein Ding nach meinem Geschmack“, verkündete er. „Daran werden die Dons eine ganze Weile zu kauen haben. Erst verbraten wir drei Schiffe von ihnen, dann segeln wir zurück und klauen ihnen ein weiteres. Ich möchte die Gesichter von den Kerlen sehen, wenn die Galeone verschwunden ist.“

Er begann zu lachen und schlug sich auf die Schenkel vor Begeisterung. Aye, Sir, das war doch was!

Weitere Einzelheiten wurden besprochen. Hasard entwickelte ganz konkrete und genaue Vorstellungen, wie alles unauffällig ablaufen sollte.

Die Kolberger lauschten andächtig und waren begeistert bei der Sache.

Hasard blickte in den Himmel. Der Mond linste nur noch selten durch die Wolkendecke.

„Eine Nacht für Wölfe“, sagte er, „wenn es weiterhin so dunkel bleibt, werden wir keine großen Schwierigkeiten haben, ungesehen an die Schiffe zu gelangen.“

Auf der „Caribian Queen“ sprach sich der neue Raid gleich wie ein Lauffeuer herum. Alle hatten es plötzlich eilig, und jeder wollte unbedingt dabeisein, wenn es losging.

Etwas später waren auch die letzten Einzelheiten durchgesprochen, und die Kommandos wurden zusammengestellt. Alles klappte reibungslos. Die Kerle flitzten nur so in die Boote.

Eine knappe Stunde nach Mitternacht brachen die zwei Jollen auf. Eine führte Hasard, die andere Dan O’Flynn. In jeder Jolle befanden sich zwölf von Erwartung fiebernde Männer. Leise glitten sie aus der Bucht, wurden durch den Knick gepullt und bewegten sich dicht unter Land auf die Reede von Santiago de Cuba zu. Hier wehte auch wieder ein handiger Wind.