Kitabı oku: «Seewölfe Paket 21», sayfa 11

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„Es hat mit der ‚Isabella‘ zu tun“, stieß er hervor, „so ist es doch, nicht wahr? Nun rede schon!“

Don Juan preßte die Lippen aufeinander und nickte. In kurzen Zügen berichtete er, daß er gemeinsam mit Jerry Reeves die „Isabella“ überholt hatte. Dabei hatten sie erfahren, was sich abgespielt hatte.

„Hasard wird vermißt“, schloß Don Juan seinen Bericht tonlos.

Jean Ribault starrte ihn an und brachte kein Wort hervor. Es traf ihn wie ein Stich ins Herz.

Der Seewolf vermißt! Die Konsequenzen waren nicht auszudenken. Diese Nacht zum 25. Juli Anno 1594 schien sich für den Bund der Korsaren mehr und mehr als schicksalhaft zu erweisen. Was, in aller Welt, würde noch alles geschehen? Hatte sich denn tatsächlich das Glück gegen sie gewendet?

In den Mittagsstunden änderte sich die Lage auf unerwartete Weise. Der Nordost, der sich bis zu diesem Zeitpunkt als ein so stetiger und verläßlicher Geselle erwiesen hatte, ließ plötzlich nach. Einige Minuten lang klatschten und schlugen die Segel noch, dann war es vollends still. Schlaff hing das Tuch von den Rahen herab.

„Ein Flautenloch!“ brüllte Jerry Reeves von der „Tortuga“ herüber. „Der Verband segelt weiter!“

In der Tat war deutlich zu erkennen, wie sich die Formation der Kriegsschiffe zur Kimm hin verkleinerte.

Don Juan und Jean Ribault beratschlagten nur kurz. Dann, nachdem sie sich auch mit Jerry Reeves abgesprochen hatten, wurde nicht lange gefackelt. Zehn Männer aus Ribaults Crew wurden von der Schebecke übernommen, und mittels Riemenantrieb pullten sie die Schebecke weiter nach Südosten.

Die Fahrt, die der schlanke Dreimaster dabei lief, war nur gering. Aber es war besser als nichts.

Erst am späten Nachmittag zeigte sich der Erfolg der schweißtreibenden Arbeit. Sie hatten das Flautenloch hinter sich gebracht. Unvermittelt füllte der Nordost wieder die rot-weißen Segel. Eilends holten die Männer die Riemen ein und schlossen die Ruderpforten. Gleich darauf lief die Schebecke erneut rauschende Fahrt auf Kurs Ost.

Ebenso wie der Kampfverband voraus, war auch die „Tortuga“ achteraus nicht mehr in Sicht.

9.

Der Morgen des 26. Juli versprach einen Tag mit abermals klaren Sichtverhältnissen.

Old Donegal Daniel O’Flynn hatte soeben seinen Platz auf dem Achterdeck der „Empress of Sea“ bezogen und Martin Correa, der am Ruder stand, mit einem freundschaftlichen Schulterklopfen begrüßt. Es war fünf Uhr morgens. Sven Nyberg, die Zwillinge und Plymmie befanden sich noch unter Deck. Old Donegal kam nicht mehr dazu, Nils Larsen, dem Ausguck auf dem Vorschiff, ebenfalls einen Morgengruß zuzurufen.

Der alarmierende Ruf des Dänen löschte jäh alle anderen Gedanken aus.

„Kriegsschiffe Steuerbord voraus!“

Old Donegal knurrte einen Fluch, ruckte herum und riß das Spektiv an sich. Sekunden später hatte er das Bild, mit dem sie nun schon seit Tagen ständig gerechnet hatten.

Klar und deutlich zeichneten sich die Segel über der nordwestlichen Kimm ab.

„Sechs Schiffe!“ rief Nils Larsen. „Richtig?“

„Richtig“, erwiderte der alte O’Flynn knarrend, indem er weiter durch das Spektiv äugte. „Drei verdammte Galeonen, drei Karavellen und ein Haufen Kleinzeug.“ Er ließ das Spektiv sinken. „Denen zeigen wir schleunigst die Hacken, Martin. Los, los, Kurs auf die Schlangen-Insel!“

Correa ließ den kleinen Dreimaster abfallen, und dank seiner hohen Fahrt wurden die Segel über der Kimm sehr schnell kleiner.

Knapp vier Stunden später, gegen neun Uhr, erreichte die „Empress“ die Schlangen-Insel.

Am Strand der Innenbucht wurde Old Donegal von Hesekiel Ramsgate, Karl von Hutten und Pater David empfangen.

„Es ist soweit!“ brüllte der alte O’Flynn, noch während er aus dem von Martin Correa gepullten Boot kletterte und auf die Männer zustelzte. „Jetzt kriegen wir den schönsten Teufelstanz, Freunde.“ Atemlos blieb er vor den Wartenden stehen, die ihn anstarrten.

„Der spanische Verband?“ fragte Pater David grollend.

„So ist es“, entgegnete Old Donegal und nickte. „Allerdings fehlen drei Galeonen. Die Freunde werden wohl zugeschlagen haben.“

„Aber es ist ihnen nicht gelungen, den gesamten Verband aufzuhalten“, folgerte Hesekiel Ramsgate düster.

Old Donegal zog die Schultern hoch.

„Es bleibt nur eins“, sagte Karl von Hutten, „sofortige Evakuierung. Wie besprochen.“

Es gab keine andere Möglichkeit. Zügig wurden die Maßnahmen in die Wege geleitet, die während der letzten Besprechung des Bundes der Korsaren bis ins kleinste geplant worden waren.

Arkana und ihre Kriegerinnen und Krieger bezogen die vorgesehenen Verteidigungsstellungen rings um die Insel. Alle anderen, die sich nicht an den Kämpfen beteiligen würden, begaben sich an Bord der „Wappen von Kolberg“, die von Renke Eggens und einem Teil der Crew Arne von Manteuffels geführt wurde. Zu den Evakuierten gehörten Gotlinde, Gunhild, Mary O’Flynn und die Kinder.

Da alle Vorbereitungen rechtzeitig getroffen worden waren, lief die Evakuierung zügig ab. Bereits um zehn Uhr verließen die „Empress“ und die „Wappen“ die Schlangen-Insel und nahmen Kurs auf Coral Island.

Den Vereinbarungen entsprechend, wurde unterdessen auf der Schlangen-Insel der Gefechtsstand bezogen. Hesekiel Ramsgate, Pater David, Karl von Hutten und mehrere Männer aus der Werft-Crew erstiegen zu diesem Zweck das westliche Felsmassiv, das sich in langgezogener Formation von Norden nach Süden erstreckte. Bei dem Gefechtsstand handelte es sich um den höchsten Punkt der Insel, der einen freien Überblick nach allen Himmelsrichtungen ermöglichte. Gleichzeitig waren die Männer durch Felsblöcke und Barrieren, hinter denen sie sich verbergen konnten, vor Blicken von außerhalb der Insel geschützt.

Auch die einzelnen Positionen, die Arkana und ihre Kriegerinnen und Krieger bezogen hatten, waren ähnlich gut vor unerwünschten Blicken abgeschirmt. Wenn sich die Angreifer der Schlangen-Insel näherten, würden sie praktisch keine Menschenseele erblicken.

Stunden verrannen, ohne daß sich etwas tat.

Das änderte sich erst, als die Sonne ihren höchsten Stand erreicht hatte. Karl von Hutten, der zu dieser Zeit die Beobachtung übernommen hatte, straffte plötzlich seine Haltung.

„Sie kommen!“ rief er. „Von Westen. Kein Zweifel, es ist der Verband.“

Geduckt pirschten sich die übrigen Männer an die Felsbarrieren heran und riskierten einen vorsichtigen Blick.

„In der Tat“, flüsterte Pater David, „sie erdreisten sich in der Tat, ein Gottesurteil heraufzubeschwören. Denn der Allmächtige wird diese himmelschreiende Ungerechtigkeit nicht zulassen.“

Die übrigen Männer schwiegen. Zu sehr nahm sie das Geschehen in seinen Bann.

Nur die Mastspitzen des Verbandes waren zunächst über der westlichen Kimm zu erkennen. Noch segelten die Kriegsschiffe aus Havanna in Kiellinie.

Kurz darauf fächerten die Galeonen und Karavellen auseinander.

„Jetzt haben sie ihr Ziel erfaßt“, sagte Hesekiel Ramsgate gepreßt.

„Aber sie sollen ihr blaues Wunder erleben“, knurrte Pater David, „so wahr uns Gott helfe.“

In diesem Moment lösten sich die sechs Schaluppen von dem Verband und nahmen Direktkurs auf die Schlangen-Insel. Offenbar waren die Einmaster vorausgeschickt worden.

Durch Zuruf gab Karl von Hutten die Meldung vom Herannahen des Feindes an die nächste Verteidigungsstellung der Schlangenkriegerinnen weiter. Sehr rasch wurde auf diese Weise die alarmierende Nachricht weiterverbreitet, bis auch jene Verteidigungsposten informiert waren, die den anrückenden Verband nicht selbst sehen konnten.

Äußerst vorsichtig verhielten sich die Verteidiger der Schlangen-Insel jetzt. Sie riskierten bestenfalls, ihren Haarschopf über die Deckung hinauszuschieben. Die Hauptaufgabe der Beobachtung oblag ohnehin den Männern im Gefechtsstand.

Mittlerweile schwärmten die sechs Schaluppen aus. Offensichtlich hatten sie Order, die Insel von allen Seiten in Augenschein zu nehmen. Die sechs Kriegsschiffe hatten sich unterdessen halbkreisförmig von Westen nach Süden verteilt und waren mit auf gegeiten Segeln in Warteposition gegangen.

Regungslos verharrten die Männer in sicherer Deckung. Behutsam spähte Karl von Hutten über den zerklüfteten Felsbrocken, den er als Deckung benutzte. Flüsternd teilte er den Freunden mit, was sich außerhalb der Insel tat.

In der Tat umkreisten die Schaluppen das felsige Eiland. Dabei hielten sie ausreichenden Sicherheitsabstand und tasteten sich mit mäßiger Fahrt voran. Etwa eine halbe Stunde dauerte es, bis sich die in vorderster Position segelnde Schaluppe von der Westseite her nach Norden vorgearbeitet hatte.

Dann entdeckten die Spanier an Bord des Einmasters den Felsendom.

Die Schaluppe drehte bei.

Während Karl von Hutten dies schilderte, konnten sich die Männer in ihrem felsigen Versteck ein Grinsen nicht verkneifen – trotz der immer bedrohlicheren Situation, in die sie nun gerieten.

An Bord des Einmasters kriegten die Dons samt und sonders lange Hälse und stierten sich die Augen aus dem Kopf. Zwei von ihnen, die durch Spektive spähten, fingerten aufgeregt herum, offenbar, um die Scharfeinstellung zu verbessern.

Kein Zweifel, daß das, was sie erblickten, ausreichte, um sie buchstäblich aus dem Häuschen zu bringen. Sie konnten den größten Teil der Innenbucht mit ihren Stegen von Norden nach Süden überblicken. Und da war die einladende Passage durch den Felsendom. Offenbar kribbelte es ihnen mächtig in den Fingern, jetzt und auf der Stelle nach dem Rechten zu sehen.

„Wagt es nur“, flüsterte Pater David, „wagt es, und wir werden euch einen glühendheißen Empfang bereiten.“

Aber die Spanier überlegten es sich anders. Unvermittelt drehten sie ab und segelten nach Westen zurück, auf das Flaggschiff zu.

Voller Ungeduld wartete Capitán Don Garcia Cubera, bis der Schaluppenführer über die Jakobsleiter aufgeentert war. Und heftig winkte Cubera ab, als sich der Mann in militärisch strammer Haltung auf dem Achterdeck der „San José“ aufbaute und ebenso stramm salutieren wollte.

„Stehen Sie bequem, Mann“, sagte Cubera. „Reden Sie. Schnell, schnell.“

„Jawohl, Señor Capitán“, sagte der Schaluppenführer ehrerbietig. „Die Insel besteht größtenteils aus Felsen, die von See her nur schwer zugänglich sind. Es gibt aber eine große Innenbucht, die lediglich von der Nordseite her durch einen Felsendom zu erreichen ist. In der Bucht haben wir mehrere Stege und einen Strand gesehen. Ausreichende Liegeplätze für mehrere große Schiffe.“

„Und?“ bellte Cubera. „Was heißt das? Liegen in dieser verdammten Bucht Schiffe oder nicht?“

„Kein einziges, Señor Capitán. Es waren weder Schiffe zu sehen noch irgendeine Menschenseele. Die ganze Insel wirkt wie ausgestorben.“

Eben dies bestätigten kurz darauf auch die übrigen Schaluppenführer, die sich an Bord der „San José“ zur Meldung einfanden. Cubera entließ sie und dachte über das Gehörte nach. Er brauchte nichts zu überstürzen und hatte Zeit, den Angriff in aller Ruhe und wohlüberlegt durchzuführen.

Die Lage war mehr als rätselhaft. Kein einziges Schiff in der Inselbucht – nun, das konnte bedeuten, daß die Piraten ihren Schlupfwinkel aus einer Vorahnung heraus geräumt hatten. Die Stege deuteten letztlich darauf hin, daß es eine Ansiedlung geben mußte, wenn auch nichts Lebendes auf der Insel zu erkennen war.

Die Schaluppenführer hatten auch gemeldet, daß die Innenbucht durch den Felsendom von größeren Schiffen zu erreichen wäre.

Capitán Cubera gab sich einen innerlichen Ruck. Er mußte herausfinden, was diese überaus seltsame Lage zu bedeuten hatte. Kurz entschlossen preite er den Kapitän der Kriegsgaleone „San Gabriel“ an und befahl ihm, durch den Felsendom in die Bucht zu segeln und die Insel aus unmittelbarer Nähe in Augenschein zu nehmen.

Die Galeone setzte Segel, löste sich aus der Warteposition des Verbandes und ging auf Nordkurs.

Karl von Hutten ahnte, was jetzt folgen würde. Wenige Worte genügten zur Absprache mit den Gefährten. Dann huschte der Mann mit dem blonden Haar und dem indianischen Gesichtsschnitt davon. Von See her war er nicht zu sehen, als er nach Osten hin von der felsigen Höhe abstieg.

Etwa eine Viertelstunde brauchte er, um jenen schmalen Felsengrat zu erreichen, der dem Höllenriff nordwestlich vorgelagert war. Geduckt pirschte er sich voran. Nur kurz verharrte er, um sich von der Position der herannahenden Galeone zu überzeugen. Der Dreimaster befand sich jetzt westlich des Gefechtsstandes, in dem die Gefährten ausharrten.

Karl von Hutten setzte seinen Weg mit raubtierhafter Behendigkeit fort. An der nordwestlichen Innenseite des Felsendoms erklomm er das kegelförmige Massiv. Ein gefährlicher und schweißtreibender Aufstieg, den er jedoch zügig bewältigte.

Nach knapp zwanzig Minuten erreichte er jene kleine Plattform auf der östlichen Innenseite des Felsendoms, wo er seine Vorbereitungen getroffen hatte.

Die Wahrscheinlichkeit, daß ein Schiff des Verbandes die Innenbucht zu erkunden versuchen würde, war leicht vorherzusehen gewesen.

In sicherer Deckung wartete Karl von Hutten, bis die Galeone das Kegelmassiv nordwestlich umrundet hatte und von Norden her auf den Felsendom zusteuerte. Noch eine Weile beobachtete er die Strömungsgeschwindigkeit des ablaufenden Wassers.

Dann, als er sicher war, den richtigen Zeitpunkt abgeschätzt zu haben, schickte er die Pulverfässer nacheinander auf die Reise.

Insgesamt acht Fässer waren es, die er sanft ins Wasser gleiten ließ. Die Fässer waren absolut wasserdicht, da man sie von oben bis unten verpecht hatte. Außerdem waren sie so sorgfältig getrimmt, daß sie kaum aus dem Wasser lugten. Nur die glimmenden Lunten ragten oben heraus. Doch das spielte keine sonderliche Rolle.

Karl von Hutten lächelte grimmig, als er das letzte Faß über die Felsenkante gleiten ließ. Es war bereits etwa zwei Uhr nachmittags. Die Sonne leuchtete also nicht mehr in den Felsendom. Dort, im Schatten, würden die Lunten kaum zu sehen sein.

Zweihundert Yards von der Einfahrt in den Felsendom entfernt, beschloß der Kapitän der „San Gabriel“, die vorgesehene Taktik geringfügig zu ändern. Er verfügte über eine ausreichende Mannschaftsstärke, um sich für alle Eventualitäten zu wappnen.

So ließ er eine große Jolle abfieren, die mit zwanzig Männern besetzt wurde. Ihre Aufgabe war es, der Galeone zu folgen und sofort nach Erreichen der Innenbucht zu landen, um gewissermaßen in einem Sofortschlag die etwa vorhandenen Ansiedlungen aufzurollen. Wenn es Verteidiger gab, würden sie in erster Linie damit beschäftigt sein, sich gegen die herannahende Galeone zu rüsten.

Dann segelte die „San Gabriel“ weiter auf den Felsendom zu, der sich für sie und ihre Besatzung als Tor zur Hölle erweisen sollte.

Der Mahlstrom hatte bereits beträchtlich an Kraft gewonnen. Doch es war der handige Nordost, der dem Rudergänger der Galeone half, auf Kurs zu bleiben und den Felsendom sicher anzusteuern. Indessen ahnten die Männer an Bord, daß es bei stärkerer Strömung unmöglich war, die Innenbucht zu erreichen. Eine höchst wirksame Abschirmung für die Piraten, die sich hier verborgen hielten.

Im Eingang des düsteren Felsendoms stieß ein Faß gegen den Vordersteven der Galeone. Gleich darauf trieben die übrigen Fässer heran und verteilten sich beidseits der Bordwände.

Die überwiegende Zahl der Decksleute, Seesoldaten und Offiziere spähte nach oben, in das feuchte Gewölbe, das sich über ihnen dehnte. Nur wenige warfen einen Blick über die Verschanzung nach unten. Die Funken, die dort auf der Wasseroberfläche sprühten, hielten sie für Reflexe verirrter Sonnenstrahlen.

Keiner der Männer ahnte, daß sie dem Tod ins Auge schauten, ohne ihn wahrzunehmen.

Dann, als sie etwa die Mitte des Felsendoms erreicht hatten, galt ihre ganze Aufmerksamkeit ohnehin der Bucht, die nun so greifbar nahe vor ihnen lag.

Es geschah in diesem Moment, in dem sie sich dem Ziel schon nahe glaubten.

Nahezu gleichzeitig explodierten die acht Pulverfässer – eins genau in Höhe der Pulverkammer.

Ein urgewaltiges Brüllen erfüllte den Felsendom. Grellrot stach der Feuerschein der Detonation seewärts und zur Bucht hin aus dem Dunkel.

Die Todesschreie der Besatzung gingen in dem alles verschlingenden Donner unter. Die „San Gabriel“ wurde buchstäblich in Stücke zerfetzt. Innerhalb von Sekunden tat sich der Höllenschlund auf, der das Schiff mit Mann und Maus hinabriß.

Über dem Felsendom erbebte das Gesteinsmassiv.

Karl von Hutten hatte seine Plattform bereits verlassen. Es grenzte an ein Wunder, daß der Felsendom nicht in sich zusammenkrachte.

Nur nach und nach versiegte das Grollen der Detonation. In der Strömung des ablaufenden Wassers trieben die Wrackteile auf die See hinaus. Niemand an Bord der „San Gabriel“ hatte die Fahrt in das Tor zur Hölle überlebt.

In panischer Hast, wie mit tausend Teufeln im Nacken, pullten die Männer in der Jolle nach Westen davon, zurück zum Verband, der ihnen Schutz vor dem Verderben gewähren würde …

ENDE


1.

Karl von Huttens Gesicht war wie aus Stein gemeißelt. In Momenten wie diesem wurde deutlich, daß indianisches Blut in seinen Adern floß. Verwegenheit, Wildheit und ein Ausdruck grimmiger Genugtuung mischten sich in seinen Zügen. Er empfand kaum Mitleid, höchstens mit den Decksleuten und Seesoldaten der Dreimastgaleone, die eben im Felsendom der Schlangen-Insel explodiert war.

Die Spanier waren die Herausforderer, sie hatten den Kampf gewollt. Seit Tagen befand sich der große Verband von Kriegsschiffen auf dem Marsch. Er hatte – auch wegen der vielen Verzögerungen, die es unterwegs gegeben hatte – über eine Woche gebraucht, um von Kuba aus sein Ziel zu erreichen. Jetzt, am Mittag des 26. Juli 1594, war die große Stunde des Gefechts gekommen. Als erstes Schiff war die „San Gabriel“ in den Felsendom gesegelt, um die große Bucht mit den Stegen zu untersuchen, wo alles menschenleer und verlassen zu sein schien.

Doch die Spanier waren einem Irrtum erlegen: Wohlweislich hatten die Männer und Frauen des Bundes der Korsaren die Insel geräumt, aber die Verteidiger waren in ihren Stellungen zurückgeblieben, um das Eintreffen des Gegners abzuwarten.

Umsicht und gründliche Vorbereitungen hatten zu dem gewünschten Ergebnis geführt: Der Seewolf hatte zwar mit seinem Verband das Geschwader der Spanier verfehlt, denn im Morgennebel war man aneinander vorbeigesegelt. Doch rechtzeitig genug war Old O’Flynn mit der „Empress of Sea II.“ zur Schlangen-Insel zurückgekehrt und hatte das Nahen des Verbandes gemeldet. Daraufhin waren die Frauen und Kinder sofort an Bord der „Wappen von Kolberg“ und der „Empress“ eingeschifft worden.

Alle Nichtkämpfer, darunter Gotlinde, Gunhild, Mary O’Flynn und die Kinder, waren somit evakuiert worden und jetzt unterwegs nach Coral Island. Um zehn Uhr hatten beide Schiffe die Schlangen-Insel verlassen. Die Krieger und Kriegerinnen Arkanas bezogen rings um die Insel ihre Verteidigungsposten.

Hesekiel Ramsgate, Pater David und Karl von Hutten sowie ein paar Männer der Werft-Crew Ramsgates hatten eine Einsatzreserve gebildet und eine Warteposition zwischen den nördlichen, hohen Felsen der Insel bezogen, wo man auf dem höchsten Punkt eine Art Gefechtsstand eingerichtet hatte. Von hier aus hatten sie das Auftauchen des spanischen Verbandes auch rechtzeitig genug bemerkt …

Karl von Hutten spähte noch für wenige Lidschläge vom Felsendom aus in die Tiefe, dann wandte er sich ab und begann den Abstieg zur westlichen Seite, der ihn zunächst auf die schmale Verbindung zwischen Dom und Gebirgsregion und dann zurück zum Gefechtsstand führte. Wider Erwarten war der Dom bei der gewaltigen Explosion nicht in sich zusammengestürzt. Er hatte gehalten. Von seiner Innenseite hatten sich nur ein paar Deckenbrocken gelöst. Ungehindert gelangte von Hutten also auf dem Weg, den er vorher in der umgekehrten Richtung genommen hatte, zurück zum Gefechtsstand. Anderenfalls hätte er die südliche Richtung einschlagen und die gesamte Insel umrunden müssen, was jedoch einen erheblichen Zeitverlust bedeutet hätte.

Das Tor zur Hölle hatte sich im wahrsten Sinne des Wortes geöffnet. Von den Schiffen des Gegners ertönte wildes Geschrei, mit dem die Spanier den Verlust der „San Gabriel“ und ihrer Kameraden quittierten. Würden sie aufgeben? Nein – sie bereiteten sich auf den nächsten Angriff vor. Sie hatten sich in den Kopf gesetzt, die Schlangen-Insel zu erobern und diesen „Schlupfwinkel englischer Piraten“ ein für allemal zu vernichten, damit die Karibik ein einigermaßen sicheres Gewässer für ihre Konvois wurde.

Ob es nun Don Antonio de Quintanilla oder der Verbandsführer Capitán Garcia Cubera war, der als treibende Kraft hinter dem Unternehmen stand, war unerheblich. Für von Hutten, Ramsgate, Pater David, Arkana und die anderen Verteidiger der Insel zählte nur eins: Sie mußten sich in einem zähen Kampf gegen eine Übermacht von Angreifern behaupten. Daran änderte auch die Aussicht nichts, daß die Schiffe des Bundes früher oder später zurückkehren mußten, um sie zu unterstützen.

Von Hutten kletterte die Felsen hinunter, lief, jede Deckung geschickt ausnutzend, über die Landzunge zur Westseite der Insel und begann, so schnell wie möglich wieder in den Felsen aufzusteigen. Jeden Moment erwartete er die ersten Kanonenschüsse des Gegners, die nicht auf sich warten lassen würden.

Die ersten Gefechte mit dem spanischen Kriegsverband, die das Inferno einleiteten, hatte bereits stattgefunden. Die „Isabella IX.“ hatte, als sie den Verband wieder eingeholt hatte, zwei Kriegsgaleonen versenkt. Bei ihr selbst waren Besanrute und Großrah zerschossen worden. Seitdem wurde der Seewolf vermißt. Er war spurlos verschwunden, und seine Männer hatten allen Grund, das Schlimmste zu befürchten. Dieses Ereignis überschattete alles weitere Geschehen und traf die Seewölfe tief im Grund ihrer Herzen, obwohl sie sich Mühe gaben, sich nichts anmerken zu lassen.

Eine weitere Kriegsgaleone war von der „Le Vengeur III.“ versenkt worden, doch Jean Ribaults Triumph war nicht von langer Dauer. Die „Le Vengeur“ wurde selbst ein Opfer der angreifenden Spanier und sank in Gottes tiefen Keller, wie die Seeleute den Grund des Meeres manchmal zu nennen pflegten.

Ribault und zwanzig Überlebende der Crew waren von Don Juan de Alcazars Schebecke und Jerry Reeves’ „Tortuga“ an Bord genommen worden. Auf diese Weise verstärkten sie jetzt die beiden Besatzungen und griffen auch weiterhin in das Kampfgeschehen ein. Ribault befand sich an Bord der Schebecke und stand somit Don Juan, Ramón Vigil und den anderen tapferen Männern zur Seite, die in einem beispielhaften Einsatz den Kriegsverband bereits bei seinem Anmarsch verfolgt und beschossen hatten.

Der Verlust der „San Gabriel“ verminderte den spanischen Verband auf das Flaggschiff „San José“, eine zweite Galeone, drei Kriegskaravellen und sechs armierte Schaluppen gegenüber den vorherigen fünfzehn Schiffen.

Aber zur Zeit waren die Verteidiger der Schlangen-Insel auf sich allein gestellt, weil die Schebecke Don Juans, die „Tortuga“, die „Isabella“ unter Dan O’Flynns Kommando, der Schwarze Segler, die „Caribian Queen“ und die „Pommern“ noch nicht wieder heran waren, nachdem sie im Nebel des 23. Juli frühmorgens an dem spanischen Verband auf der Höhe der Insel Gayo Coco vorbeigesegelt waren, ohne einander zu sehen.

Die „Wappen von Kolberg“ und die „Empress of Sea II.“ indes waren noch unterwegs zur Koralleninsel der Timucuas, so daß auch mit ihrer Rückkehr bis zum Abend nicht zu rechnen war.

Kämpfen, dachte Karl von Hutten, wir müssen kämpfen, kämpfen …

Er wußte, daß sie es – trotz des ersten Erfolges – nicht leicht haben würden.

Alles Unheil der Welt schien wieder einmal über Don Antonio de Quintanilla hereinzubrechen. In seinem grenzenlosen Selbstmitleid glaubte er, der einzige wirklich Betroffene und Leidtragende in diesem Unternehmen zu sein, das Opfer eines hinterhältigen Komplotts und menschlichen Wahnwitzes.

Er wünschte sich, nie geboren worden zu sein, und er barg sein Gesicht verzweifelt in beiden Händen. Sein Puder war verschmiert, die Perücke verrutscht, seiner Kleidung mangelte es längst an der üblichen Pflege.

Seit Gomez Guevara, sein Kammerdiener, tot war und die Lakaien in die Vorpiek gesperrt worden waren, kümmerte sich niemand mehr um sein Wohlergehen. Er bot ein Bild des Jammers, und doch wollte ihn keiner an Bord der „San José“ so recht bedauern.

Aus gutem Grund: Don Antonio hatte seit dem Auslaufen des Verbandes aus dem Hafen von Havanna nur für Unruhe und Aufruhr an Bord des Flaggschiffes gesorgt. Das Badebaljen-Manöver war noch das geringste aller Übel gewesen. Dann aber hatte der dicke Gouverneur durch Guevara versucht, den Kommandanten ins Jenseits zu befördern, und zuletzt, in Remedios, war er seinem Kammerarrest entwichen, hatte mittels einer Pistole den Ersten Offizier der „San José“ als Geisel genommen und gemeinsam mit den Lakaien zu fliehen versucht, was jedoch vereitelt worden war.

Harte Konsequenzen ergaben sich aus diesen Taten. Don Garcia Cubera war fest entschlossen, den Dicken in Havanna einem Gericht der spanischen Krone zu überantworten. Es würde einen regulären Prozeß geben, bei dem der Staat als Ankläger und Don Garcia Cubera als Kronzeuge auftreten würden. Dann hatte Don Antonio keine Chance mehr, sich zu retten, dann brach das Gebäude aus Intrigen, Korruption und Vetternwirtschaft, das er in vielen Jahren intensiver Bestrebungen errichtet hatte, wie ein Kartenhaus zusammen.

Doch es war noch die Frage, ob dieser Prozeß jemals stattfinden würde. Eine andere Möglichkeit begann sich abzuzeichnen – die, daß man gar nicht erst nach Havanna zurückkehrte. Die Schlacht um die Schlangen-Insel drohte sich zu einem Kampf ohne Erbarmen, bis zum letzten Blutstropfen, auszuweiten, ganz anders, als er, Don Antonio, sich das anfangs ausgemalt hatte.

Er hatte ursprünglich vorgehabt sich zum „obersten Befehlshaber“ zu ernennen und von seinem „Feldherrnhügel“, der „San José“, aus gelassen die Ereignisse zu verfolgen, die sich natürlich in entsprechender Entfernung abgespielt hätten. Anderenfalls wäre es ihm nie eingefallen, sich persönlich an Bord dieses Schiffes zu begeben.

Doch es war alles ganz anders gekommen. Don Garcia Cubera, dieser Narr, hatte sich in den Kopf gesetzt, seinen Kapitänen als gutes Beispiel voranzugehen. Er kämpfte in der vordersten Linie, und er scheute weder Einsatz noch Verlust.

Don Antonio hatte diese Entwicklung während der Überfahrt geahnt und versucht, den Verband zur Umkehr zu zwingen. Aber da war es schon zu spät gewesen. Cubera ließ sich nicht mehr beeinflussen, weder durch gute Worte noch durch Streit oder Drohungen. Er plante, den englischen Freibeutern den Garaus zu bereiten, und daran hielt er stur fest. Schließlich ging es um die Ehre und das Vaterland.

Don Antonio war den Tränen nahe. Es knallte wieder, und eben hatte es diese dröhnende Explosion gegeben, bei deren Klang er sich unwillkürlich die Ohren zugehalten hatte. Was war geschehen?

Er erfuhr es von dem Posten vor dem Schott der Achterdeckskammer. Eine Galeone die „San Gabriel“, hatte durch eine Felsenöffnung, offensichtlich die einzige Zufahrt zur Insel, ins Innere zur Erkundung vorstoßen sollen. Dabei hatte es sie zerfetzt. Offenbar waren es treibende Pulverfässer gewesen, die dazu geführt hatten, oder aber der Gegner verfügte über andere Geheimwaffen.

Er arbeitete mit allen Tricks, dieser Feind. Don Antonio spürte, wie seine Knie weich wurden. Seine Hände zitterten. Er vermochte es nicht zu verhindern. Die Angst in ihm war übermächtig, sie siegte über seinen Haß auf Cubera und die Engländer, gegen seine Raffsucht und die Aussicht, doch noch den Schatz der Schlangen-Insel zu erbeuten.

Überhaupt, Angst war das schlimmste Gefühl, das es gab. Sie fuhr in die Knochen und ließ einen nicht mehr los, sie saß würgend in der Kehle und trieb den kalten Schweiß aus allen Poren. Don Antonio gab eine Art erschüttertes Schluchzen von sich. Er malte sich aus, wie es gewesen wäre, wenn statt dieser „San Gabriel“ die „San José“ durch das Felsenloch in die Bucht der Teufelsinsel gesegelt wäre. Gräßlich – aber Cubera war zu jedem Wahnsinn fähig. Auch dazu. Würde die „San José“ das nächste Opfer dieser englischen Teufel sein? Ja, es war damit zu rechnen. Oben, auf den Decks, polterten die Schritte durcheinander, die Männer fluchten in allen Tonlagen. Sie schienen sich auf einen Vergeltungsschlag vorzubereiten. Vielleicht hatte sich dieser verrückte Kommandant sogar vorgenommen, auf der Insel zu landen.

Don Antonio stöhnte auf. Er sah schon, wie sich die Piraten mit verzerrten Gesichtern über das Schanzkleid schwangen und die „San José“ enterten. Gräßliche Fratzen tauchten vor seinem geistigen Auge auf, und er glaubte zu sehen, wie sie reihenweise die Seesoldaten niedermetzelten.

Dann rückten sie auch auf ihn zu, und einer von ihnen brüllte: „Du Fettsack, jetzt bist du dran! Wir schneiden dich in Stücke!“

Don Antonio hob den Kopf und blickte aus weit aufgerissenen Augen auf die gegenüberliegende Kammerwand. Der Tod war ein Ungeheuer, das jetzt in allen Ecken und Winkeln des Schiffes zu nisten schien. Der Tod hatte lange, kalte Krallen, die sich durch die Ritzen des Schotts und der Planken zu schieben schienen.

Tod – aber Don Antonio wollte nicht sterben. Nicht für den König, nicht für Cubera und nicht für die Nation. Eine Mannesehre hatte er ohnehin nicht, und das Vaterland konnte ihm gestohlen bleiben. Nur eins zählte für ihn: sein persönlicher Vorteil.

Doch er war seinem Schicksal jetzt ausgeliefert. Er hatte keine Möglichkeit mehr, es in irgendeiner Weise zu beeinflussen. Zweimal hatte er es versucht, einmal durch einen Mordanschlag, einmal durch Geiselnahme und Erpressung. Beide Male war er kläglich gescheitert.

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