Kitabı oku: «Theorie U - Von der Zukunft her führen», sayfa 5

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Der Weg nach vorne

Wie diese Beispiele zeigen, haben in den zehn Jahren seit der Erstveröffentlichung dieses Buches Praktiker auf der ganzen Welt den U-Prozess für zahlreiche, erstaunlich vielfältige Innovationsprojekte in Wirtschaft, Regierung und Zivilgesellschaft angepasst und angewendet – ebenso wie in Kontexten, die wichtige Stakeholder aus den verschiedenen Bereichen zusammenbringen. Durch diese Aktionsforschungsinitiativen lernen wir weiter, welche Bedingungen und Fähigkeiten für die Initiierung und Begleitung tief greifender Veränderungen notwendig sind, wie sie in diesem Buch dargelegt werden.

Der Epilog bietet weitere Einzelheiten zu diesen neueren Fallstudien. Diese Geschichten sind nur einige wenige von vielen Beispielen für Entwicklungen, die seit der ersten Ausgabe dieses Buches Fuß gefasst und angefangen haben, sich auf kollektiver Ebene auszuweiten.

Am unteren Rand von Bild 8 sehen Sie acht Wörter, die aus einer eher persönlichen Perspektive die Reise der letzten zwanzig Jahre zusammenfassen: »New Soil – New Seeds – New Connection – New Ecology« (Neuer Boden – Neue Saat – Neue Verbindungen – Neue Ökologie).

Viele Jahre sind in die Kultivierung des neuen Bodens geflossen, und wenn wir Glück hatten, sind dann einige kleine Samen aufgegangen. Viele Jahre lang haben wir uns einfach dieser Arbeit gewidmet. Aber in der jüngeren Vergangenheit haben wir erkannt, dass all diese Initiativen und Projekte, die häufig in kleinem Umfang tätig sind, Teil von etwas Größerem oder von einer größeren Bewegung waren, die allmählich Gestalt annahm. Die Verbindung all dieser Keimlinge und Initiativen wurde das neue Thema. Der nächste Schritt bestand darin, dazu beizutragen, all diese verschiedenen Ströme in einem größeren Ökosystem oder einer größeren Bewegung zusammenzubringen. Das Ergebnis ist eine neue Ökologie, die jetzt allmählich sichtbarer wird. Es ist eine Bewegung, die sozialen Wandel bewirkt, indem sie den inneren Ort, von dem aus wir handeln, von ego zu öko verlagert. Wie? Indem wir die Systeme, deren Teil wir sind, dazu bringen, sich selbst zu spüren und zu sehen.

Das bringt uns zurück zum Ende und zum Anfang – zu unserer Entscheidung, in den Spiegel zu schauen – oder eben nicht. Ich habe dieses Buch geschrieben, um darzulegen, welche Methode und welches Bezugssystem Erneuerer über Generationen hinweg genutzt haben, um sich mit entstehenden Möglichkeiten zu verbinden und sie in die Welt zu bringen. Ich hoffe, dass die Lektüre Ihnen helfen wird, Ihre eigenen Entscheidungen noch stärker mit Ihrer tieferen Intention – und den Intentionen Ihrer Mitreisenden – in Einklang zu bringen. Die evolutionäre Inversion unserer sozialen Felder ist heute eine Realität, auch wenn viele Menschen das noch nicht sehen oder erkennen. Das macht den Erdaufgang zu einer realen Möglichkeit. Doch damit sich eine neue Welt erhebt, müssen wir aufwachen und uns in vielerlei Hinsicht als Erste erheben. Das ist die tiefere Absicht dieses Buches – und der globalen U.Lab-Praxisgemeinschaft, der Sie sich anschließen können.

Wie Sie Verbindung aufnehmen: https://www.presencing.org/

Leseanleitung für dieses Buch

•Schnell das Wesentliche erfassen und sich einen Überblick verschaffen: Einleitung, Kapitel 1–2 und Epilog als Kernkapitel

•Das Wesentliche lebendig werden lassen: Fortsetzung der Lektüre mit den Kapiteln 8–14

•Bei Interesse an bewusstseinsbasierten sozialen Feldern: Kapitel 15

•Methoden und Tools: Kapitel 21

•Der Weg nach vorne: Epilog

1Begriffe wie dieser werden im Anhang dieses Buches im Glossar erklärt.

2https://www.presencing.org/societal-transformation-lab [Zugriff: 3.4.2020].

3https://www.presencing.org/aboutus/spt [Zugriff: 3.4.2020].

4https://vimeo.com/150987118 [Zugriff: 17.2.2020].

5Das CoLab wurde im Rahmen eines auf der Theorie U basierenden Leadership-Development-Programms entwickelt und initiiert.

6http://globalwellbeinglab.com/2015/04/11/what-is-the-global-wellbeing-lab/ [Zugriff: 14.1.2020].

7Für nähere Informationen zu IDEAS Indonesia siehe: http://ideas.unitedindiversity.org/welcome/en [Zugriff: 17.2.2020].

Vorwort zur Erstauflage

Mein Mentor sagte mir einmal, dass die größte aller menschlichen Errungenschaften die des schöpferischen Prozesses ist, wie wir das Neue in die Welt bringen. Diesen schöpferischen Prozess zu verstehen ist die Grundlage dafür, in einem Bereich wirkliche Könnerschaft zu entwickeln. Dieses Wissen ist tief in der Kunst verankert, und es beschreibt die Momente, wenn »es magisch wird«, Erfahrungen, über die im Bereich Theater, Musik oder Sport selten gesprochen wird. Einen solchen mysteriösen Moment des Loslassens beschreibe Michelangelo, wenn er sage, die Figur des David habe dem Marmor schon vorher innegewohnt: »Ich habe nur alles weggenommen, was nicht David war.« Oder ein solcher Moment sei auch in Picassos Beschreibung spürbar, dass »der Verstand Wege findet, seinen Traum zu kristallisieren«. Diese Momente sind auch in der Wissenschaft wichtig. Der Ökonom W. Brian Arthur hält fest, dass »alle großen Entdeckungen aus einem inneren Weg hervorgehen«. Vor diesem Hintergrund schlägt Otto Scharmer vor, dass der Schlüssel dazu, einen Umgang mit den vielfältigen Krisen unserer Zeit zu finden, darin liegt, diese Fähigkeit des schöpferischen Tätigwerdens gemeinsam neu zu erlernen.

Zwei Hauptstrategien charakterisieren die Reaktionen auf sich abzeichnende Zusammenbrüche in der Umwelt und im Sozialen. Diese Zusammenbrüche werden im Klimawandel sichtbar, in der Unfähigkeit der Politik zum Handeln, in der Korruption, der zunehmenden Armut und im Scheitern der traditionellen Institutionen des Gesundheitswesens, der Regierung, der Wirtschaft und der Erziehung und Bildung. Die Strategie, die das Handeln der meisten Verantwortlichen in den entwickelten Industrieländern charakterisiert, heißt, »sich irgendwie durchwurschteln«. Es ist eine Kombination aus dem Versuch, den Status quo zu erhalten, und einer Faszination für neue Technologien, die, so die Annahme, die Probleme lösen werden. Die Reaktion ist Widerstand – der Protest von Millionen Menschen in der Welt gegen den »Konsensus in Washington« bezüglich Globalisierung –, kombiniert mit einer Sehnsucht nach einer sozialen und moralischen Ordnung der Vergangenheit und dem Zorn darüber, die Kontrolle über die Zukunft verloren zu haben.

Viele teilen diese Zweifel an den Zuständen. Dies wird in einer zunehmenden Angst vor der Zukunft, Misstrauen fast sämtlichen sozialen Organisationen gegenüber und einem Rückzug aus der öffentlichen Diskussion sowie einem Rückgang des bürgerlichen Engagements sichtbar. Die meisten Menschen nehmen die tiefen Ungleichverteilungen, die aus dem globalen Industrialisierungsprozess entstanden sind, wahr. Aber es gibt wenig Hoffnung, dass etwas dagegen getan werden kann. Wir machen irgendwie einfach weiter.

Der Gipfel der Ironie ist die Tatsache, dass sogar die größten Technologieoptimisten der Ansicht sind, Technologie entwickle sich selber, und man könne eigentlich nicht viel dagegen tun. Auch viele von denen, die sich als (manchmal militante) Aktivisten engagieren, drücken mit ihrer Wut und Gewalt ähnliche fatalistische Gefühle aus, wenn sie das Unaufhaltsame zu stoppen versuchen. Ein Freund von mir, ein engagierter Aktivist der Umweltbewegung, fasste dies einmal so zusammen: »Ich bin überzeugt, dass manche der radikalen Umweltschützer der Auffassung sind, dass die Menschheit ein Fehler ist und dass sie es nicht verdient zu überleben.«

Beide Strategien sind in der Vergangenheit verankert: die Vertreter des Status quo, die im Grunde nur das, was in der Vergangenheit positiv war, weiterzuführen versuchen, und die der Gegenseite, die negative Entwicklungen aus einer Position der Vergangenheit heraus bekämpfen.

Otto Scharmer entwickelt mit diesem Buch eine dritte Sichtweise, eine, die, wie ich glaube, in der Welt immer weiter um sich greift. Diese Sicht basiert auf der Überzeugung, dass die Zukunft sich von der Vergangenheit unterscheiden wird, einfach darum, weil die dominante globale industrielle Entwicklung nicht weiterlaufen kann wie bisher. Es geht nicht, dass sich der Reichtum weiterhin in Zeiten der zunehmenden Abhängigkeiten nur in einem Teil der Welt konzentriert. Das industrielle Modell des »Nimm, nutze, wirf weg« kann nicht noch weiter ausgeweitet werden in einer Welt, in der es eigentlich gar keine Orte in der Umwelt gibt, wohin man Müll und Gifte »weg«werfen kann. Wir können nicht damit fortfahren, CO2 in die Erdatmosphäre auszustoßen, der Ausstoß liegt jetzt bereits 30 % höher, als er jemals in den vergangenen 450.000 Jahren war.

Der andere Grund dafür, warum diese dritte Sichtweise immer wichtiger wird, ist der, dass wir diesen Entwicklungen nicht hilflos zuschauen müssen. Es gibt kein dahinter stehendes physikalisches Gesetz, sondern es sind allein die menschlichen Gewohnheiten, die diesen Problemen zugrunde liegen. Unsere Verhaltensgewohnheiten haben sich in sozialen Strukturen manifestiert, die wir reproduzieren, aber es ist möglich, alternative Strukturen hervorzubringen. Diese Veränderungen zu erreichen heißt nicht weniger, als »unsere Welt neu hervorzubringen«; die Fähigkeit dazu basiert auf der radikalen Sicht unserer kollektiven Fähigkeit, wie Martin Buber es ausdrückte, »dem aus sich Werdenden« zu lauschen, »dem Weg des Wesens in der Welt«, um es dann so in die Realisierung zu bringen »wie es verwirklicht werden will«.

Als Freund und Partner von Otto Scharmer habe ich nun mehr als zehn Jahre auf dieses Buch gewartet, genauso wie viele meiner Kollegen. Ohne Frage ist Otto der Denker, Theoretiker und auch der führende Praktiker der »U-Methodologie«. In seiner umfassenden praktischen Erfahrung mit Veränderungsprojekten hat er sich ein einzigartiges Verständnis der Herausforderungen und Chancen erworben, die mit der Anwendung des U-Prozesses verbunden sind. Dieser Lernprozess beginnt mit der Auseinandersetzung mit diesem Buch.

Das vorliegende Buch ist auf verschiedenen Ebenen hilfreich. Das Erste, was es verdeutlicht: Jeder soziale Kontext – von Teams über Organisationen hin zu sozialen Systemen – ist größer als das, was sich auf den ersten Blick zeigt. Viele von uns kennen die Energie eines Teams, das sich total mit seiner Arbeit verbindet, wenn Vertrauen, Offenheit und ein Gefühl des Möglichen die Zusammenarbeit bestimmen. Wir kennen auch sämtlich das Gegenteil, wenn Angst und Misstrauen dominieren und wenn jeder Kommentar mit einem polemischen Unterton durchtränkt ist. Otto Scharmer nennt solche Kontexte das »soziale Feld« und hat meiner Meinung nach einzigartige Erkenntnisse darüber, wie dieses soziale Feld entsteht und sich entwickelt, indem es von einem Zustand in einen anderen springt.

Leider finden eine positive Entwicklung und Zustandsveränderung nur in einigen wenigen sozialen Feldern statt. Die meisten – Familien, Teams, Organisationen und Gesellschaften – bleiben zum größten Teil unverändert, da die zugrunde liegende Aufmerksamkeitsebene für uns unsichtbar bleibt. Wir nehmen die wenig sichtbaren Kräfte, die das, was passiert, bestimmen, nicht wahr, weil wir auch viel zu sehr reaktiv tätig sind. Wir nehmen Herausforderungen und Situationen in einem mentalen Modell wahr, das Otto Scharmer »Downloading« nennt, und in diesem Modell definieren wir die Probleme und unsere Reaktionen. Zum Beispiel hören wir, wenn wir zuhören, gewöhnlich nicht viel mehr als das, was wir immer schon gehört und gewusst haben. »Jetzt geht das schon wieder los!«, ruft unsere innere Stimme. Von diesem Punkt an hören wir nur selektiv das, was wir bereits kennen, wir interpretieren die Gegenwart basierend auf dem, was wir aus der Vergangenheit kennen, und ziehen Schlussfolgerungen so, wie wir sie immer schon gezogen haben. Solange diese Form des Zuhörens überwiegt, verlängert auch unser Handeln den Status quo, obwohl wir als Akteure ernsthaft die Absicht haben, eine Änderung zu initiieren. Veränderungsinitiativen, die auf dieser Ebene der Aufmerksamkeit entstehen, konzentrieren sich normalerweise darauf, bei »den anderen« etwas zu verändern, im »System«, oder darauf, einen externen »Veränderungsprozess« zu »implementieren«. Die Akteure fixieren sich auf ein externes Objekt und selten darauf, was »ich« tun muss oder »wir« tun müssen, damit das System sich verändern kann.

Wenn sich die Aufmerksamkeit vertieft, verändert sich das soziale Feld. Otto Scharmer beschreibt drei Ebenen der tieferen Wahrnehmung und die jeweils eintretende Veränderungsdynamik, die sie in der sozialen Welt hervorbringt. »Unser Sehen zu sehen« erfordert die Intelligenz unseres geöffneten Denkens, Herzens und Willens.

Der erste Öffnungsprozess setzt ein, wenn Akteure beginnen, ihre eigenen Annahmen zu sehen, und in der Folge Zusammenhänge wahrnehmen, die sie vor dieser Öffnung nicht sehen konnten. Das ist der Anfang jedes Lernprozesses, beispielsweise in einem Unternehmen, das anfängt, signifikante Veränderungen im eigenen Umfeld wahrzunehmen.

Doch etwas Neues zu sehen führt nicht notwendigerweise dazu, anders zu handeln. Es ist dazu eine tiefere Ebene der Aufmerksamkeit nötig, eine, die es den Handelnden möglich macht, aus ihrer Erfahrung der Vergangenheit hinauszutreten und über das Denken hinaus zu empfinden. Zahllose Unternehmen waren nicht in der Lage, auf Veränderungen in ihrem Umfeld einzugehen, obwohl sie diese Veränderungen sehen konnten. Warum? Arie de Geus, Autor und ehemaliger Verantwortlicher für Planung und Strategie bei Royal Dutch Shell, beschrieb dies so: »Die Signale einer neuen Realität penetrieren einfach nicht das Immunsystem des Unternehmens.« Der Durchbruch geschieht erst dann, wenn die Akteure in dieser sich verändernden Realität anfangen, ihre eigene Rolle zu sehen, nämlich das Alte zu erhalten und das Neue zu verhindern. Dieser Durchbruch kann sowohl in einer Organisation als auch etwa auf nationaler Ebene stattfinden. Beispielsweise begann in Südafrika meiner Beobachtung nach diese tiefere Art zu sehen in den späteren 1980ern. Es lassen sich heute viele Beispiele weltweit finden. Die Vorbedingung ist, dass Menschen in verschiedenen Bereichen der Gesellschaft, einschließlich des Machtzentrums, aufwachen und die Bedrohung, mit der sie in der Zukunft konfrontiert sind, wahrnehmen. In Südafrika begannen mehr und mehr Menschen zu sehen, dass das Land einfach keine Zukunft haben würde, wenn das Apartheidsystem fortgeführt würde, und dass sie Teil des Systems waren.

Wenn diese Form von Aufwachen beginnt, dann ist es wichtig, dass die Menschen auch zu sehen anfangen, dass die Zukunft sich von der Vergangenheit unterscheiden kann. Dieses »Sehen« einer möglichen Zukunft heißt allerdings nicht notwendigerweise, dass wir intellektuell davon überzeugt sind, dass sich etwas ändern wird; wir kennen das alle: Wir nicken und machen dann weiter wie vorher.

Die dritte Ebene des »Sehens« öffnet unsere tiefen Ebenen von Verbindlichkeit. Diese Öffnung des Willens ist von allen drei Veränderungen am schwersten zu beschreiben. Aber sie kann ungeheuer wirkungsvoll und selbsterklärend sein, wenn sie stattfindet. In Südafrika kam es meiner Ansicht nach zu dieser Öffnung, als Weiße und Schwarze die Liebe für ihr Land entdeckten – nicht für die Regierung oder etablierte Systeme, sondern für das Land an sich. Ich habe das erstmals in vielen Gesprächen mit weißen Südafrikanern gehört, die zu meinem Erstaunen erklärten, dass sie »Afrikaner« seien, dass sie sich dem Land und dem Ort ebenso wie den Menschen dieses Landes tief verbunden fühlten. Diese tiefe Verbindung mit dem Ort bestand auch bei den meisten schwarzen Südafrikanern, trotz ihrer Unterdrückung. Ich bin tatsächlich überzeugt, dass das neue Südafrika aus dieser kollektiven Verbindung hervorgegangen ist, aus diesem tiefen Gefühl, dass es fast eine heilige Pflicht ist, ein Land zu schaffen, das in der Zukunft überleben und gedeihen kann – und das war nur gemeinsam möglich.

Der geöffnete Wille drückt sich oft so aus: »Das ist etwas, was wir tun müssen, obwohl uns nicht ganz klar ist, wie.« Unser Kollege Joseph Jaworski beschreibt dies als ein »Sich-in-die-Sache-Reingeben«. Eine andere Formulierung ist: »Ich hörte den Ruf«, und ich habe das oft Menschen sagen hören, wenn sie ihren Lebensweg beschrieben. Wenn eine Antwort auf diesen »Ruf« nicht mit einem kontinuierlichen Prozess der Öffnung des Denkens und des Fühlens verbunden ist, kann auch eine solche Verpflichtung in Fanatismus umschlagen, und der schöpferische Prozess wird zum Versuch, Dinge mit der blanken Macht des aufzwingenden Willens umzusetzen. Einer der wesentlichen Punkte der Theorie U ist, dass diese drei Öffnungen – des Denkens, des Fühlens und des Willens – zusammengehören und ein Ganzes bilden.

Wenn dieser Öffnungsprozess auf allen drei Ebenen stattfindet, dann geschieht ein Umbruch in der Qualität des Lernens. Alle Lerntheorien und -konzepte basieren auf einem Lernen, das die Vergangenheit zum Ausgangspunkt nimmt. Sie fragen, wie wir von dem, was in der Vergangenheit geschah, lernen können. Dieser Typus von Lernen ist wichtig, aber er ist nicht ausreichend dafür, sich in eine Zukunft bewegen zu können, die sich grundlegend von der Vergangenheit unterscheidet. Dafür ist eine zweite, weniger bekannte Form des Lernens gefordert. Diese Form nennt Otto Scharmer das »Lernen von einer im Entstehen begriffenen Zukunft«. Ein Lernen von der Zukunft ist entscheidend für Innovationen. Dieses Lernen involviert Intuition. Und es umfasst auch Unklarheit, Unsicherheit und die Bereitschaft, Fehler zu machen. Es bedeutet, sich selber zu öffnen und etwas Undenkbares zu denken sowie etwas zu versuchen, das unmöglich erscheint. Die Ängste und Risiken werden dadurch ausgeglichen, dass wir uns als Teil von etwas Wichtigem empfinden, das im Entstehen begriffen ist und wirklich einen Unterschied machen wird.

Die Theorie und die Methode des U sagen zudem viel über Führung, insbesondere eine Führung in Situationen großer Umbrüche und Unsicherheiten, sowie über systemische Veränderungen. Führung findet auf allen Ebenen statt, nicht nur an der Spitze eines Systems, denn jede wichtige Innovation hat etwas damit zu tun, die Dinge anders als in der Vergangenheit zu tun und nicht nur über neue Ideen zu reden. Die Form von Führung ist in Menschen und Gruppen verankert, die in der Lage sind, etablierte Ideen, Praktiken und sogar Identitäten abzulegen. Führung setzt oft dann ein, wenn Menschen beginnen, sich mit dem zu verbinden, was sie wirklich sind, um ihre Rolle in der entstehenden Zukunft wahrzunehmen.

All diese Ideen sind wichtige Elemente der Theorie U, aber genauso wichtig, wenn nicht sogar wichtiger, ist, dass die Theorie U nicht nur eine Theorie ist. Theorie U ist aus der Praxis des U-Prozesses entstanden. In den folgenden Kapiteln finden Sie Erfahrungen, Beispiele, Berichte und Reflexionen betreffend Veränderungsinitiativen in den Bereichen Wirtschaft, Gesundheitswesen und Bildung. So arbeitet beispielsweise das Sustainable Food Laboratory, das auf dem U-Prozess basiert, mit mehr als 50 Unternehmen und Regierungsvertretern an der Frage, wie das globale System der Lebensmittelproduktion von seinem Weg auf den Abgrund zu umgelenkt werden kann. Diese Initiative erstellt Prototypen für ein alternatives Versorgungssystem. Sie finden auch Beispiele aus dem Gesundheitssystem, aus Unternehmen und vielfältigen organisatorischen Innovationsprozessen. Unser praktisches Wissen bezüglich der Umsetzung der Theorie U steckt sicherlich noch in den Anfängen, trotzdem demonstrieren vielerlei Projekte, dass und wie die Prinzipien des U-Prozesses in die Praxis übersetzt werden, und weisen nachdrücklich darauf hin, welche enormen Kapazitäten die Methodologie hat, soziale Systeme, die für viele unveränderbar erscheinen, nachhaltig zu verändern.

Es gibt heute viele systemische Veränderungsinitiativen, die Mut machen. Aber was fehlt, ist ein Weg, die Kapazität dahin gehend zu nutzen, das kollektive Wissen aus diesen diversen Situationen und Organisationen weiterzuentwickeln, insbesondere in einem Kontext, in dem verschiedene Interessengruppen im Konflikt miteinander stehen. Welche Antworten lassen sich in dieser Situation finden? Die Theorie U basiert auf der Annahme, dass der Kernprozess für einen Umbruch, für einen Zustandswechsel des sozialen Feldes auf allen Systemebenen – vom Team über die Organisation hin zu globalen Systemen – der gleiche ist. Die 24 Prinzipien und Praktiken in Kapitel 21 beschreiben diesen Prozess. Ich sehe diese Prinzipien und Praktiken nicht so sehr als »das letzte Wort«, sondern als ein außerordentlich innovatives Protokoll, das vielen von uns, die mit sozialen Führungs- und Veränderungsmethoden arbeiten, hilft und helfen wird.

Abschließend ein Wort an die Leserin und den Leser. Dieses Buch ist ungewöhnlich – es beschreibt gleichermaßen Theorie und Praxis. Viele akademische Bücher stellen Theorien vor, die das Denken des Autors reflektieren, aber nicht seine Erfahrung. Umgekehrt bieten die meisten Managementbücher Unmengen an praktischen Ideen, aber sie haben nur einen sehr dünnen theoretischen Unterbau, oft in der Annahme, dass die Leser aus der Praxis zu beschäftigt mit den täglichen Herausforderungen sind, um ein Interesse an den Theorien zu haben. Dieses Buch ist anders. Otto Scharmer beschreibt seinen persönlichen Weg, seine persönlichen blinden Flecke. Er macht uns Mut, die Probleme, mit denen wir konfrontiert sind, anzuschauen und zu erkennen, welche systemischen blinden Flecken ihnen zugrunde liegen. Häufig ist es so, dass neue Methoden und Techniken, die auf den alten mentalen Modellen basieren, keine nachhaltige Veränderung bewirken können. Otto argumentiert, dass wir einen alternativen Ansatz für den Weg nach vorne brauchen, und schlägt den U-Prozess vor. Eine derartige Integration von Theorie, Methode und Praxis fordert von den Lesern viel, und das ist sicher auch der Grund, warum solche Bücher so selten sind. Sie laden uns zu einem neuartigen intellektuellen Entwicklungsweg ein und dazu, uns unser eigenes kritisches Verständnis zu erarbeiten und die gewonnenen Ideen selbst in der Praxis zu testen und weiterzuentwickeln. Zu viele Bücher bleiben im Modus des Downloading von ungeprüften Annahmen und Glaubenssätzen, sogar wenn sie uns mit neuen Ideen herausfordern. Die Frage ist immer auch die des Handelns, nicht nur des Denkens. Also, hier meine Warnung: Um von diesem Buch wirklich zu profitieren, müssen Leser bereit sein, ihren eigenen inneren Entwicklungsweg des Hinsehens, des Presencing und des In-die-Welt-Bringens zu erforschen und zu erkunden.

In diesem Sinne ist dieses Buch für »reflective practitioners«, wie mein Kollege am MIT, Donald Schön, es nannte, also für Manager, Führungskräfte, Teams, Aktivisten, die sich praktischen Ergebnissen verpflichten und mit ihrer augenblicklichen Fähigkeit, die Muster der Vergangenheit zu verändern, unzufrieden sind. Das Buch ist für Pragmatiker und engagierte Menschen, die offen dafür sind, ihre eigenen Annahmen anzuschauen und auf ihre innere Stimme zu hören. Nur durch unser Zuhören werden wir unsere kollektiven Fähigkeiten entwickeln, eine andere Welt hervorzubringen und zu gestalten.

Peter M. Senge MIT Sloan School of Management

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767 s. 80 illüstrasyon
ISBN:
9783849782559
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