Kitabı oku: «Teufel Alkohol», sayfa 3
Gelegenheitstrinker bekommen nicht selten Organschädigungen. Sie sind weder körperlich noch seelisch vom Alkohol abhängig, aber gefährdet.
Praktiziert man das Gelegenheitstrinken über einen längeren Zeitraum besteht die Gefahr, zum Gamma- oder Delta-Alkoholiker zu werden.
Gamma – Alkoholiker sind suchtkrank und können ihren Alkoholkonsum nicht mehr steuern. Sie erleiden einen Kontrollverlust, das eigentliche Merkmal der Alkoholkrankheit, sie können ihren Alkoholkonsum nicht mehr kontrollieren, ihn mengenmäßig nicht mehr steuern. Gamma-Trinker müssen trinken, weil ihr Körper den Alkohol verlangt. Zwischendurch haben sie bisweilen völlig alkoholfreie Perioden, manchmal sogar über längere Zeiten bis zu mehreren Monaten.
Insbesondere vormalige „Problemtrinker“ neigen dazu, sich zu Gamma-Alkoholikern zu entwickeln.
Delta – Alkoholiker werden auch Spiegeltrinker genannt, weil sie einen andauernden, ständigen Blutalkoholspiegel aufrechterhalten müssen. So wird aus einem angedachten „Frühschoppen“ oft ein „Tagesschoppen“. Das Bier schmeckt schon lange nicht mehr, der Bauch bläht und der stetige Harndrang treibt einen wieder und wieder auf die Toilette – trotzdem ist ein „Schluss-für-heute“ vor dem Zubettgehen keine Option. Einmal Alkohol im Blut ist das Verlangen, diesen Zustand aufrecht zu erhalten, einfach zu groß.
Fehlt die Zufuhr von Alkohol, kommt es bisweilen zu starken Entzugserscheinungen. Die Spiegeltrinker sind nicht abstinenzfähig, die Entzugserscheinungen sorgen für ein ständiges Weitertrinken.
Auch, weil Spiegeltrinker oftmals eine sogenannte Alkoholtoleranz entwickeln. Das bedeutet, dass sie, um die gleiche Wirkung zu erzielen, mehr Alkohol trinken müssen (35).
Spiegeltrinker entwickeln sich oft aus Beta-Trinkern, aus Gelegenheitstrinkern. Sie sind krank.
Epsilon – Alkoholiker schließlich werden im Volksmund auch schlicht und einfach „Quartalsäufer“ genannt. Sie verspüren in zeitlichen Abständen einen unwiderstehlichen Drang nach Alkohol, der sich oft Tage zuvor durch Ruhelosigkeit und Reizbarkeit ankündigt. Sie veranstalten dann regelrechte Sauf – Exzesse, die einige Zeit andauern können, und leben dann oft tagelang in einem Rauschzustand.
Während dieser Trinkphase haben sie den Kontrollverlust. Sie trinken hemmungslos und haben Erinnerungslücken („Filmrisse“).
Zwischen den einzelnen Trinkphasen leben die Kranken oft wochenlang ohne Alkohol und haben nicht einmal das Bedürfnis, Alkohol zu trinken, bis wieder eine Rauschphase beginnt. Die Epsilon- Alkoholiker sind im Sinne der Reichsversicherungsordnung (RVO) ebenfalls krank (36).
Soweit die Trinkertypologie nach Jellinek. Ich möchte diese im Folgenden gern noch um vier weitere Trinkertypen erweitern, die ich für wesentlich im Hinblick auf die Frage „warum trinken wir Alkohol?“ halte, den „Selbstwerttrinker“, den „Schöntrinker“, den „Belohnungstrinker“ und den „Gewohnheitstrinker“.
Beginnen wir mit dem „Belohnungstrinker“.
Anfangen kann der Weg in die Sucht oft mit „harmlosem“ Belohnungstrinken.
Der Belohnungstrinker konsumiert alkoholische Getränke immer dann, wenn er glaubt, etwas Besonderes erreicht, etwas geschafft zu haben. Beruflicher Erfolg, die Bewältigung einer unangenehmen Situation im Privatleben, eine sportliche Höchstleistung – und schon heißt es „darauf trinke ich mir einen“.
In der Werbung findet der Belohnungstrinker vielfach die Bestätigung seines Verhaltens.
"das habe ich mir verdient“, „man gönnt sich ja sonst nichts“, „wenn einem so viel Gutes widerfährt, dann ist das einen … wert“, „darauf einen...“. - pfiffige Marketingspezialisten sprechen dem Alkohol eine Erlöserqualität zu, die er nicht hat.
Eine amerikanische Studie zeigt, dass der Alkoholgenuss auch stark vom Belohnungszentrum im Gehirn abhängt. Forscher gehen schon lange davon aus, dass Alkohol Endorphine im Gehirn freisetzt und so angenehme Gefühle hervorgerufen werden. Vermutlich verhält es sich so, dass bei Belohnungstrinkern das Belohnungszentrum im Gehirn besonders stark auf die Zufuhr von Alkohol reagiert.
„Offenbar ist ihr Gehirn irgendwie verändert, sodass sie im Gegensatz zu Normaltrinkern Alkoholkonsum als angenehmer empfinden und mehr wollen – und zwar unabhängig von der Menge der Endorphinfreisetzung oder -bindung“, glaubt Studienleiterin Jennifer Mitchell von der University of California (37).
Ein weiterer Trinkertyp ist der „Selbstwerttrinker“. Er konsumiert Alkohol, um auf diesem Wege sein Ego aufzupolieren, wohl wissend, dass die enthemmende, bisweilen gar euphorisierende Wirkung alkoholischer Getränke oft mit einer Steigerung des Selbstbewusstseins einhergeht.
Der Genuss von Alkohol zur Steigerung des Selbstbewusstseins oder, anders ausgedrückt, Trinken um „gut drauf zu sein“, ist weit verbreitet.
Ich erinnere mich an zwei Ereignisse im Kreise unserer Clique, damals alle Anfang 30.
Eine gute Freundin hat angekündigt, eine Bekannte auf ein Straßenfest mitzubringen. Ich hatte diese schon Wochen zuvor auf einem Geburtstag kennen gelernt und war zu der Ansicht gelangt, dass sie gut zu einem meiner besten Freunde, damals glücklich geschieden, passen würde. Wir sitzen in einem kleinen Zelt auf einer Biertischbank, mein Freund signalisiert mir unauffällig, dass er durchaus interessiert an dem Überraschungsgast ist. Nur sitzt er stocksteif auf der Bank, traut sich kaum einmal in Richtung des Objektes der Begierde zu schauen, vom Anbahnen einer Unterhaltung ganz zu schweigen.
Nach einer Weile steht mein Freund auf und verabschiedet sich, um „nur kurz eine Kleinigkeit essen“ zu gehen. Als er sich nach circa dreißig Minuten wieder zu uns gesellt, bietet sich uns ein ganz anderes Bild: breit grinsend, den von der Band zu Gehör gebrachten Musiktitel mitsingend, stolpert er fast über die Holzbank und quetscht sich geradezu in die kaum vorhandene Lücke zwischen meiner Freundin und derer Bekannter, um unmittelbar das Gespräch mit beiden aufzunehmen.
Die Vermutung liegt nahe, dass er statt einer „Kleinigkeit essen“ am nächsten Tresen verweilt und eher flüssige Nahrung zu sich genommen hat.
Dass der Versuch, die Auserwählte an diesem Abend nachhaltig zu beeindrucken, kläglich scheitert, bedarf nicht der Erwähnung...
Frisch verliebt nehme ich eines Abends meine neue Herzdame zu einer Geburtstagsparty mit, man trifft sich in einem bekannten Kölner Stimmungslokal.
Als wir in dem Lokal feiern, verändert sich die Stimmung meiner Begleiterin schlagartig: Sie redet kaum, schaut mehrmals betreten auf den Boden und sieht einfach nur unglücklich aus. In diesem Lokal, bei dieser Musik und unter völlig unbekannten Menschen fühlt sie sich offenbar nicht wohl.
„Ich bin mal 'ne halbe Stunde weg“, sagt sie auf einmal, ich denke mir nichts dabei. Vielleicht ein wenig frische Luft schnappen, vielleicht ein wichtiges Telefonat. Um die fünfundvierzig Minuten später steht ein anderer Mensch vor uns: hoch erhobenen Hauptes, dabei lächelnd und sich rhythmisch zur Musik bewegend scheint meine neue Freundin den Abend auf einmal zu genießen. Auch das Gespräch zu meinen Freunden sucht sie nunmehr.
„Ich war kurz draußen am Kiosk, nüchtern kann ich diesen Laden nicht ertragen“ flüstert sie mir ins Ohr.
Das Selbstwerttrinken mag in manchen Situationen durchaus ein probates Mittel sein, um sich selbstbewusster zu fühlen, sicherer aufzutreten, „cooler“ zu wirken.
Selbstwerttrinker neigen jedoch manchmal dazu, immer mehr Situationen auszumachen, in denen sie sich selbstsicherer fühlen möchten.
Das birgt die Gefahr, dass sich der Selbstwerttrinker langsam, aber sicher in Richtung Gewohnheitstrinker entwickelt.
Bei dem Begriff „Schöntrinken“ denkt man unweigerlich an Karneval, an Ballermann und andere Lokalitäten, die mit „Bagger-Image“ versehen sind, also im Ruf stehen, aufgrund Ihres Ambientes die Kontaktaufnahme zum anderen Geschlecht zu fördern.
Der platte Männerspruch „die sauf' ich mir schön“, wenn es darum geht, der wahrgenommenen Attraktivität einer Vertreterin des anderen Geschlechts mit Alkohol auf die Sprünge zu helfen, ist allseits bekannt.
Das sprichwörtliche Schöntrinken gibt es nach Erkenntnissen britischer Wissenschaftler tatsächlich – und zwar nicht nur in Bezug auf die Attraktivität des jeweils anderen Geschlechts. Nach ein paar Gläschen fanden heterosexuelle Männer bei einer Versuchsreihe der Universität von Bristol sowohl Frauen als auch Vertreter des eigenen Geschlechts hübscher als vorher. Auch in den Augen von Frauen wurden Vertreter beider Geschlechter attraktiver (38).
Der Schöntrinker beeinflusst mittels Alkoholes dabei keinesfalls nur seine Wahrnehmung vom weiblichen Gegenüber, er merkt schnell, dass sein Prozedere auch in andern Lebenssituationen Erfolg verheißt und er sich vieles
schöntrinken kann, wenn nur der Pegel stimmt.
Eine Visite der nicht unbedingt heiß und innig geliebten Verwandtschaft wird infolge von Begrüßungssekt, Tischwein zum Essen und dem Schnäpschen danach durchaus erträglich.
Den Besuch einer Travestieshow, an der mich nun wirklich überhaupt nichts reizt, finde ich beinahe amüsant.
Sie sollten sich einmal nüchtern in die entsprechenden Situationen begeben. Ich habe es versucht. Nach dem Besuch der Verwandtschaft habe ich davon abgesehen, mich nüchtern dem heiteren Spott der Travestiekünstler auszuliefern...
Erst ohne den Einfluss von Alkohol erkennt man, was einem wirklich Freude bereitet und was eben nicht.
Ist der regelmäßige Alkoholkonsum zur Gewohnheit geworden, ist oftmals allein das schon Grund genug, weiter zu trinken, der Betroffene wird zum Gewohnheitstrinker.
Denn die Wirkung des Alkohols, in Maßen genossen, ist ja auch ohne die Probleme, die man mit selbigem bekämpfen will, eher angenehm als das sie uns stört. Und so vermisst man nach einer Zeit regelmäßigen Trinkens das wohlige Gefühl der Leichtigkeit des Seins, welches sich bereits nach recht geringen Mengen Alkohol einstellt.
Außerdem verbindet man gewisse Situationen des Alltags, beispielsweise das Abendessen oder das abendliche Fernsehen, unweigerlich mit dem Genuss von alkoholischen Getränken - oft fällt es schwer, diesen Gewohnheitszusammenhang aufzulösen.
Dazu kommt, dass manch' einer sich gar nicht bewusst ist, dass er viel beziehungsweise zu viel trinkt und dieser Gewohnheit weiter nachgeht, ohne überhaupt in irgendeiner Form darüber
nachzudenken.
Gerade Menschen, die ein durch Arbeit, Familie und Freizeitgestaltung ausgefülltes Leben führen, nehmen sich oft nicht die Zeit zur Selbstreflektion, sondern leben einfach in ihrem gewohnten Rhythmus weiter. Ist der Genuss alkoholischer Getränke erst einmal Bestandteil desselben, wird er, wie andere Bestandteile des täglichen Lebens auch, weiter fortgesetzt.
Das Einteilen alkoholgefährdeter Menschen in „Trinkertypen“
kann wertvolle Unterstützung bieten, wenn es darum geht, den Ursachen für einen übermäßigen Alkoholkonsum auf den Grund zu gehen.
Basierend auf diesem Wissen ist es dann möglich, entsprechende Ansatzpunkte zur Bekämpfung der möglichen Alkoholsucht des Betroffenen zu erhalten.
Doch was ist das eigentlich genau – Sucht? Und wie kommt sie zustande? Damit befassen wir uns im nächsten Kapitel.
05 – Sucht und Alkoholismus
„Wer je den Durst mit Bier gelöscht, wird wieder danach streben“
Man könnte annehmen, dass das Wort „Sucht“ etymologisch mit dem Begriff „suchen“ zu tun hat – weit gefehlt. Es hat seinen Ursprung im Wort „siechen“, also an einer Krankheit leiden.
„Sucht ist ein unabweisbares Verlangen nach einem bestimmten Erlebniszustand. Diesem Verlangen werden die Kräfte des Verstandes untergeordnet. Es beeinträchtigt die freie Entfaltung der Persönlichkeit und zerstört die sozialen Bindungen und die sozialen Chancen des Individuums.", so Klaus Wanke, mittlerweile verstorbener, früherer Sprecher des Wissenschaftlichen Kuratoriums der Deutschen Hauptstelle zur Abwehr der Suchtgefahren (39).
Süchtiges Verhalten kann ein jeder von uns entwickeln, denn jeder wiederholt gern, was ihm Wohlgefallen bereitet. Substanzen wie Tabak, Coffein, bestimmte Beruhigungs- und Schlafmittel wie Benzodiazepine oder Barbiturate, flüchtige Lösungsmittel und illegale Drogen wie Cannabis, Ecstasy, LSD, Kokain und Heroin (Opioide), und eben auch Alkohol besitzen allesamt ein Suchtpotenzial. Das bedeutet, dass möglicherweise bereits ihr einmaliger, in jedem Fall aber ihr mehrmaliger Konsum der erste Schritt in eine Abhängigkeit sein kann.
Aber warum wird man nach diesen Substanzen süchtig?
Kurzfristig wird mit dem Konsum eines Suchtmittels eine positive Wirkung erzielt, die oft als unbefriedigend empfundene Ausgangssituation wird scheinbar gebessert. Die anschließende „Ernüchterung" lässt einen Teufelskreis entstehen, der Wunsch nach einem erneuten Rausch rückt für den Betroffenen immer mehr in den Lebensmittelpunkt.
Eine Suchterkrankung basiert auf einer Fehlsteuerung des Belohnungssystems im Gehirn. Suchtmittel aktivieren verschiedene Botenstoffe, die zum Beispiel Wohlbefinden oder Euphorie auslösen. Dadurch lernt das Gehirn relativ schnell, ein bestimmtes Suchtmittel als positiven Reiz wahrzunehmen. Fehlt dieser Reiz, empfindet es eine Art Belohnungsdefizit – mit der Folge, dass der unkontrollierte Wunsch nach dem Suchtmittel entsteht.
Fast jede Sucht entwickelt sich über die psychischen Prozesse Erfahrung und Wiederholung an die sich der physiologische Prozess der Gewöhnung oder biologischen Toleranz anschließt. Unter biologischer Toleranz versteht man die Abnahme der Drogenwirkung bei wiederholter Einnahme. Sucht-Patienten kompensieren diesen Wirkungsverlust mit immer höheren Dosen. Ein weiterer Aspekt bei Süchten ist das Eintreten einer Gewohnheit: Der Substanz-Konsum gewinnt immer mehr Bedeutung und Funktion in verschiedenen Lebenslagen und Gemütszuständen. Sucht ist also keine Charakterschwäche, sondern eine Krankheit, die im Gehirn nachgewiesen werden kann.
Neben den erwähnten stoff-gebundenen Süchten existieren auch „Nicht-stoffgebundene Abhängigkeiten" wie Glücksspiel, Computerspiel- oder Internetsucht, aber auch Arbeitssucht oder Sexsucht. Krankhaftes Stehlen (Kleptomanie) oder Brandstiften (Pyromanie) werden medizinisch nicht zu den Suchterkrankungen gezählt. Diese Verhaltensauffälligkeiten werden als Störungen der Impulskontrolle zusammengefasst, der Patient kann seine Handlungen nicht bewusst steuern. Körperliche Abhängigkeitsanzeichen treten im Gegensatz zu den meisten Suchterkrankungen hier nicht auf (40).
Soviel zu Sucht und Abhängigkeit als solchen. Wie steht es aber nun um den Alkoholismus, eine spezielle Form der Sucht?
Alkoholsucht, also die Abhängigkeit von der psychotropen Substanz Ethanol, gilt weltweit als eine behandlungs-bedürftige Krankheit, weil der Abhängige sich meist nicht selbst aus der Abhängigkeit befreien kann (41).
Nach der Definition im ICD-10, das von der Weltgesund-heitsorganisation (WHO) herausgegebenen wird, sollte die Diagnose Abhängigkeit, gleichbedeutend mit Sucht, nur gestellt werden, wenn mindestens drei der folgenden Kriterien während des letzten Jahres vorhanden waren:
Starkes oder zwanghaftes Verlangen, Alkohol zu konsumieren (Fachterminus: Craving)
Verminderte Kontrollfähigkeit bezüglich der Menge, des Beginns oder Ende des Konsums. Es wird regelmäßig mehr oder über einen längeren Zeitraum konsumiert als geplant oder es bestehen der anhaltende Wunsch und Versuche, den Alkoholkonsum zu verringern oder zu kontrollieren, ohne dass dies nachhaltig gelingt.
Körperliche Entzugserscheinungen bei Konsumstopp oder
Konsumreduktion
Nachweis einer Toleranz, um die gewünschte Wirkung hervorzurufen, sind zunehmend größere Mengen an Alkohol erforderlich
Einengung des Denkens auf Alkohol, eine Vernachlässigung anderer Interessen zugunsten des Alkoholkonsums
Anhaltender Substanzkonsum trotz gesundheitlicher und sozialer Folgeschäden für den Konsumenten, obwohl der Betroffene sich über die Art und das Ausmaß des Schadens bewusst ist oder bewusst sein könnte. Beispiele hierfür sind Leberkrankheiten wie Leberzirrhose, eine Verschlechterung der kognitiven Funktionen, der Verlust des Führerscheins oder Arbeitsplatzes, die Trennung des Lebenspartners oder der Rückzug des Bekannten- und Freundeskreises (42).
Von psychischer Abhängigkeit spricht man, wenn der Alkohol vom Betroffenen zur Steigerung des seelischen Wohlbefindens eingesetzt wird. Er fungiert gezielt als Problemlöser. Es geht nicht mehr um das Genießen eines Gläschens Wein in geselliger Runde, sondern um die Wirkung des Getränks auf den Körper (43).
Die psychische Abhängigkeit birgt die Gefahr, dass der Betroffene es sich zur Gewohnheit macht, immer häufiger zur Flasche zu greifen, dass er immer mehr Anlässe findet, die es, seiner subjektiven Empfindung entsprechend, wert sind, mit Alkohol bekämpft zu werden.
Auf die psychische Abhängigkeit folgt meist die körperliche.
Nimmt man eine chemische Substanz wie den Alkohol über längere Zeit hinweg zu sich, gewöhnt sich der Körper daran, es kommt zur Toleranzerhöhung: Um die gleiche Wirkung im Körper zu spüren, muss mehr Alkohol getrunken werden (44).
Wird die Alkoholmenge stetig gesteigert, kommt irgendwann der Punkt, an dem der Körper den Alkohol nicht mehr abbauen kann. Fortan behandelt er ihn so, als wäre er eine körpereigene Substanz und baut ihn in seine chemischen Prozesse ein. Ein Absinken des Alkoholspiegels im Körper führt nun dazu, dass die chemischen Prozesse des Körpers aus dem Gleichgewicht geraten, eine Störung, die der Alkoholabhängige als intensives Verlangen nach Alkohol erlebt. Er spürt Entzugserscheinungen wie innere Unruhe, Ängste und Schweißausbrüche und bekämpft diese erneut mit dem Konsum von Alkohol (45).
So ist aus einem nur psychisch abhängigen Problemtrinker ein nun auch körperlich abhängiger Alkoholabhängiger geworden.
Wie schnell die Entwicklung von der einen zur anderen Abhängigkeit voranschreitet, ist individuell verschieden und die Übergänge sind meist fließend (46).
Alkohol trinken, um Stress abzubauen, sich glücklich zu fühlen oder Sorgen zu verjagen – manche Menschen sind anfällig dafür, manche eher nicht.
Die Anlagen zur Sucht sind nach aktuellem Stand der Wissenschaft abhängig von den Genen, der Sozialisation und der Psyche (47).
Zunächst zu den Genen: Es gibt kein 'Abhängigkeitsgen'. Aber Wissenschaftler haben herausgefunden, dass Alkoholismus zum Teil genetisch bedingt ist und vererbt wird. Menschen mit bestimmten Genveränderungen trinken mehr und häufiger, berichteten Wissenschaftler des Nationalen Genomforschungsnetzes (NGFN). Sie entschlüsselten zwei Gen-Varianten, durch die Trinkgewohnheiten beeinflusst werden. Betroffene betränken sich im Schnitt doppelt so häufig wie andere Menschen und tränken bei jedem Anlass im Schnitt auch wesentlich mehr. Beide jetzt entschlüsselten Varianten im CRHR1-Gen sind nach Angaben der Forscher in der Bevölkerung weit verbreitet. Etwa jeder Fünfte beziehungsweise jeder Zehnte weise diese Veränderung im Erbgut auf.
Neben den CHHR1-Varianten gibt es noch viele weitere Gene, die, zusammen mit äußeren Faktoren, das Trinkverhalten beeinflussen.
Alkoholsucht wird zu 50-60% vererbt. Das zeigten auch Untersuchungen an Kindern, deren leibliche Eltern Alkoholiker waren, die aber in Pflegefamilien ohne Alkoholmissbrauch aufgewachsen sind. „Das Risiko, dass diese Kinder Alkoholiker werden, ist drei- bis viermal erhöht“, so Prof. Gunter Schumann, der am Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim tätig ist (48).
In anderen Studien hat man herausgefunden, dass das Gen, welches für die Dopamin-Rezeptoren verantwortlich ist, bei Vieltrinkern aus der Reihe tanzt. Menschen mit in Unordnung geratenem Dopaminhaushalt sind kontinuierlich unterbelohnt. Was sie auch leisten, wie erfolgreich sie auch sind, das adäquate Wohlgefühl bleibt mäßig. Mit Alkohol hoffen Sie, eben diesem auf die Sprünge helfen zu können.
Neben den Genen ist auch die Sozialisation maßgeblich für eine Veranlagung zur Sucht. Von klein auf beobachtet man wie die Familie, wie das Umfeld, wie Menschen auf der Straße trinken und wie sich all' diese Menschen durch den Alkohol verändern.
Wird der Papa nach Bier und Schnaps kuschelig oder aggressiv? Sind die angetrunkenen 'Jecken' im Karneval lustig oder laut?
Findet man die beobachtete Wirkung erstrebenswert, steigt die Gefahr, dass Trinkverhalten nachzuahmen. Wirkt das, was man registriert hat, eher abschreckend, wird man eher Vorsicht um Umgang mit dem Alkohol walten lassen.
Nicht zuletzt kann auch die Psyche eine Veranlagung zur Sucht determinieren. Die häufigsten psychischen Merkmale bei Trinkern lassen sich dabei in drei Typen untergliedern.
Typ 1 ist zu schwach und feige, seine Interessen zu vertreten. Er ist ängstlich und verlogen. Manchmal platzt er nach innen (Depression) oder außen (Aggression), dabei will er eigentlich nur Ruhe&Frieden.
Immer schlecht behandelt fühlt sich Typ 2. Er sieht sich zu klein und zu machtlos, um das zu werden, was er gerne wäre. Trinkt er, ist er groß und stark.
„Ich bin super, aber keiner honoriert es“ rumort es in Typ 3. Er weiß, wo es langgeht, aber immer stellt sich ihm etwas oder jemand in den Weg (49).
Eine weitere wesentliche Determinante, die in die Abhängigkeit führt, ist das gewohnheitsmäßige Trinken.
„Alc as usual“ verändert die Nervenzellen im Lust- und Erfahrungszentrum des Gehirns so nachhaltig, dass das zentrale Nervensystem die Alkoholzufuhr nach einer gewissen Zeit zum Funktionieren braucht. Im Fachjargon bezeichnet man diesen Umstand als Neuroadaption.
Wie leicht man einer Droge verfällt, variiert von Substanz zu Substanz. Zigaretten haben mit 31,9% der gelegentlichen Raucher von allen Drogen die höchste Abhängigkeitsrate, gelegentliche Trinker werden zu 15,4% abhängig.
Alkohol zeigt dabei allerdings die mit Abstand größten negativen Folgen, angefangen von gesundheitlichen Problemen über psychologische Erkrankungen bis hin zu sozialen und ökonomischen Konsequenzen (50).
Aus medizinischer Sicht ist Alkoholabhängigkeit nicht heilbar, sie kann allenfalls erfolgreich behandelt und zum Stillstand gebracht werden (51).
Alkohol muss konsequent gemieden werden, bei erneutem Verzehr – auch nach jahrelanger Abstinenz- bricht die Abhängigkeit wieder aus. Alkoholkranke müssen zudem darauf achten, keinen versteckten Alkohol -zum Beispiel in Lebensmitteln wie Desserts und Pralinen, in Arzneimitteln, aber auch in Kosmetika- zu sich zu nehmen.
Auch alkoholfreies Bier und Malzbier enthalten Restmengen von Alkohol, zudem kann der Geschmack das Verlangen nach Alkohol wieder auslösen (52).
Das Suchtgedächtnis in den Hirnzellen kann auch nach langer Zeit der Abstinenz durch geringe Mengen Alkohol wieder aktiviert werden. Ein Schluck, das kann schon der Rotwein in der Soße sein oder sogar nur der Duft des Alkohols, und der Alkoholabhängige trinkt wieder.
Ein Abhängiger wird nie wieder zum normalen Umgang mit Alkohol zurückfinden, er kann das zweite Glas nicht stehen lassen. Das ändert sich auch mit langer Abstinenz nicht, es gibt Fälle, in denen Abhängige nach über vielen Jahren Trockenheit wieder angefangen haben, zu trinken (53).
Das Gehirn eines Trinkers lernt, dass Alkohol die Lösung ist. Immer. Wenn Sie Angst haben, frustriert sind oder gestresst - das Gehirn signalisiert Ihnen „Alkohol ist die Lösung“, schließlich hat das ja in der Vergangenheit meist bestens funktioniert. Wiederholt man dieses Spielchen jahrelang, so brennt sich das 'Allheilmittel' tief ins Bewusstsein ein. Das Gehirn greift folgerichtig automatisch wieder auf diese Lösung zurück, wenn ein Negativgefühl auftaucht. Es versucht damit schlicht und ergreifend, das Problem seines Menschen zu lösen.
Sucht ist somit womöglich nur eine 'kognitive Adaptation', eine Anpassung an die Umwelt. Was nichts daran ändert, dass sie eine in unseren Neuronen verankerte Wirklichkeit ist. Alkohol ist vor allem deshalb so suchterregend, weil er das Gehirn beeinflusst, ja, förmlich abrichtet und zu seinem Gefolgsmann macht (54).
Der Alkoholabhängige kann mit seiner Sucht zufrieden abstinent oder auch diszipliniert trinkend leben, aber er wird sie nie los.
Allein der Gedanke an eine lebenslängliche Abstinenz jagt vielen Vieltrinkern -mir auch!!!- einen riesengroßen Schrecken ein. Dies kann dazu führen, dass sie vor lauter Verlustangst beschließen, ihr Alkoholproblem zu negieren oder kleinzureden.
Um diese drohende Selbsttäuschung zu vermeiden, ist es geboten, rechtzeitig nach einer Strategie zu suchen, um den Alkoholkonsum zu disziplinieren.
Der alkoholgefährdete Vieltrinker hat nur zwei Möglichkeiten: Er kann aufhören, also sein Leben lang komplett auf den Alkohol verzichten, oder aber, solange er noch nicht abhängig ist, lernen, bewusst und womöglich gesundheitsverträglich mit dem Alkohol umzugehen.
Einen möglichen Weg, dies zu erreichen, möchte ich in meinem Buch aufzeigen.