Kitabı oku: «LEBENSAUTOBAHN», sayfa 3

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Donnerstagmorgen, 07:30 Uhr. Thomas war, wie immer, pünktlich. Er steig aus und öffnete die Türe zum Büro auf. Sein Lächeln, das er mir schenkte, war erotischer, fesselnder und inniger als sonst. Anders, nicht wie an den vergangenen Tagen und Monaten. Ich hoffte nur, es würde ihm genauso ergangen sein und freute mich auf den Tag. Die Arbeit füllte unsere Stunden. Der Kopierer der Firma stand auf der ersten Etage. Für jede Vervielfältigung sauste ich im Laufschritt die Stufen hinauf. Was macht Frau nicht alles für die schlanke Linie. Mehrmals täglich Treppe rauf und wieder hinunter waren ein perfektes Ausgleichstraining für das stupide Sitzen am Schreibtisch. Die Vorgänge vom Vortag verlangten nach mir, wurden fertiggemacht und der sinnliche, gestrige Abend, der innige Kuss des zarten Anfangs rückte in den Hintergrund. Die Armbanduhr zeigte 11:00. Für die letzte Vervielfältigung der Vorgänge spurtete ich erneut die Treppe hinauf zum Kopierer. Deckel hoch und losgeht’s. Versunken in meine Tätigkeit, erledige alles mit absoluter Leidenschaft, merkte ich nicht, dass Thomas bewegungslos hinter mir verweilte. Beim Aufschauen wurde mir warm und kalt zugleich. Ich erschrak. Mit ihm hatte ich nicht gerechnet. Er lächelte bei meinem Reh artig aufgescheuchten Blick und steckte mir einen kleinen, gelbe Zettel zu. „Mittagessen?“ Stand darauf geschrieben. Das Wort zu lesen sprach mir aus der Seele und die Gefühle fuhren Achterbahn. Mein Herz klopfte so laut, dass ich dachte, die Kollegen hören es schlagen. Die Handflächen wurden feucht. Außer mir vor Freude, wie ein Kleinkind kurz vor dem Öffnen eines Überraschungseies, nickte ich bejahend, schrieb „12:00 Uhr beim Italiener“ zurück auf den Zettel und hüpfte pfeifend hinunter in mein Büro. Liebe Pause komme rasch. Dieses Kribbeln im Bauch, das man nie mehr vergisst.

13.00 Uhr. Pause. Raus aus dem Büro, hinein in den Wagen und ab zum Lokal. Beim Italiener des Vertrauens angekommen, war unsere Vertrautheit vom gestrigen Abend zu meiner Überraschung nicht verflogen. Bevor er sich setzte, bat er mich, für ihn das Essen mit zu bestellen, weil er die Toilette aufsuchte. Instinktiv wählte ich das Richtige. Wir beide hatten die gleichen Vorlieben bei der Wahl der Gerichte. Die nächste geniale Gemeinsamkeit. Was mich nicht groß wunderte. Der Kellner servierte die Pizza Calzone mit kleinem Salat und unterbrach damit unser intensives Gespräch. Es sprudelte nur so aus ihm heraus. „Der gestrige Abend war grandios, findest du nicht? Habe eine halbe Ewigkeit wach gelegen und der Schlaf stellte sich nicht so rasch ein. Caroline, deine Nähe, deine Wärme. Wie lange habe ich das vermisst. Ich bin total fasziniert von den Empfindungen, von der Person Caroline und wie sie mich berauscht. Ist es bei dir genauso, oder stehe ich alleine hier mit meinen Gefühlen?“ Wir schauten uns wieder tief in die Augen. „Ja Thomas. Es fühlt sich bei mir nicht anders an und du gehst mir nicht mehr aus dem Sinn. Dein inniger Kuss. Die Umarmung. Und jetzt kommst du, der neue Kollege, weckst in mir diese Gefühlswelt. Meinst du nicht, es ist alles zu kompliziert, wenn wir es wagen?“, erwiderte ich. „Dass mir das passiert, hätte ich im Leben nicht mehr für möglich gehalten. Problematisch und unangenehm wird es nur, wenn wir beide es nicht zulassen, das Wort Liebe zu leben. Ich fühle wie du. Meine Gedanken Kreisen nach Büroschluss immer nur um dich, um uns“, sagte Thomas. Aufrichtige Worte waren beim Essen genau das, was uns vor Pausenende und der Rückkehr ins Büro halfen, eine Entscheidung herbeizuführen. Ist es überhaupt möglich, sich gegen diese Emotionen zu wehren, sie zur Aufgabe zu zwingen? Ich für meinen Teil lehnte den Gedanken ab, die Gefühle im Kein zu ersticken. Wir hatten nur eine Frage: „Sind wir bereit für diese Liaison? „JA“, antworteten wir fast zeitgleich. Wir begehrten diese Beziehung und strebten eine gemeinsame Zukunft an. Wir gestatteten den Gefühlen, der Liebe, den Eintritt in unsere Seelen. Magie. Ich erlebte mich wie neu geboren. Die Tage waren heller. Die Nächte kürzer. Ich hatte das Hochgefühl, durch den Tag zu schweben. Nichts, aber rein gar nichts bereitete mir miese Laune. Kurz vor Pausenende zahlten wir und liefen zu unseren Wagen. Zurück im Büro hätte die Welt zusammenbrechen können, es war mir schnuppe. Ich freute mich ab jetzt auf jeden neuen Morgen, der den Namen Thomas trug. Die Sommertage waren in dem Jahr heller und sonniger, dank ihm. So oft es möglich war, trafen wir uns in der Mittagspause zum gemeinsamen Essen oder nach Feierabend auf dem heißgeliebten Parkplatz, weit draußen vor der Stadt. Viele Ausflüge wurden geplant, ebenso an Feiertagen. Es war unsere Zeit der Liebe! Genauso, wie an diesem besagten Picknicktag mitten im Juni an seinem Lieblingsplatz. Wir erlebten den Christopher Street Day in der nahegelegenen Großstadt, ohne zu wissen, dass der dort an dem Tag stattfand. Wir zwei lieben diese Stadt und ihre Lokale. Wir parkten den Wagen in der Tiefgarage, stiegen die Treppe hinauf und sahen in eine feiernde und ausgelassen tanzende Menschenmenge. Mit reichlich vielen Fragezeichen im Kopf schlenderten wir zum Markt. Auf einem großen Plakat stand: Christopher Street Day. Jetzt wurde uns einiges klar. Man war das bunt und schrill. Wir setzten uns in eine gemütlich anmutende Außengastronomie am Markt und bestellten Getränke. Der Kellner fand meinen seidenen Netzpullover über dem Trägertop so faszinierend, dass er dies mit einem Lächeln in meine Richtung äußerte. „Das ist ja ein bildhübsches Stück“, sagte er. „So fesch, wie die Frau die ihn trägt. Darf ich den einmal berühren, damit ich ertaste, aus welchem Material der ist? Fragte er. „Aus Seide“, gab ich zur Antwort, „aber bitte“. Und hielt ihm einen Teil des Pullis hin. Kaum war er weg, schaute ich in das eifersüchtige Gesicht meines Tischgenossen. Der Kellner kam kurze Zeit später mit den Getränken zurück. Thomas Blick verriet einiges. Er fragte ihn sofort, nach dem Abstellen der Gläser: „Machst du diesen Job schon länger?“. Oh, sagte mir mein Verstand, da ist ja jemand eifersüchtig. Was kommt denn jetzt. „Ja“, antwortete der junge Mann freundlich. „Dann passe bitte auf, dass du den lange ausüben darfst“, gab Thomas mürrisch und bestimmend zum Besten. „Na, du bist ja klasse drauf heute. Eifersüchtig, wie lustig,“ merkte ich an. Schmeichelhaft war sein Verhalten schon. Er liebt mich ja, kombinierte ich. Ein paar Minuten später kam ein Händler mit den Blumen vorbei. „Darf ich meiner Liebe Rosen schenken?“ Fragte er. „Nett gemeint von dir. Aber nein danke. Das ist mir jetzt peinlich. Welche Erklärung gebe ich dann zu Hause ab? Das klappt nicht.“ Antwortete ich. Nach einer kleinen Weile, dem bunten Treiben zuschauend, nahm er meine Hand, schaute mir dabei mit seinem liebenden Blick in die Augen und sagte: „Ich liebe Dich, mein Herz!“ Stille. Ich fand keine Worte. Meinte er das, was er da sagte? Ich bin ein optimistischer Mensch, aber Realistin. Und wenn seine Worte ehrlicher Natur waren, ist das die Krönung der Gefühle. Er hegte die gleichen Emotionen für mich, die ich ihm entgegenbrachte. Gleichzeitig lag aber ein Hauch von Schwermut in der Luft und auf meiner Seele, die mir sagte, das wird nicht gutgehen. Engelchen und Teufelchen kämpften gegeneinander. Was jetzt? Der Tag klang langsam aus. Ich war ihm weiterhin eine Antwort schuldig. Wir fuhren zwischenzeitlich längst offen im Cabrio, mit unserem Lied vom Band auf dem Tonträger im Autoradio, zurück aus der Stadt hinaus zu seinem bekannten Parkplatz. Bald ist es so weit, die fällige Antwort auf sein „Ich liebe Dich“. Er parkte den Wagen. Es war total warm. Das Verdeck blieb offen. Die Sterne leuchteten. Thomas dreht sich erneut zu mir und sagte es wieder: „Ich liebe Dich. Habe diese Caroline ein Leben lang vermisst. Was ist mit dir?“ Oje, jetzt gab es kein Zurück mehr. „Du hast es garantiert gemerkt. Vom ersten Augenblick an war da dieses Band zwischen uns. Magie, Zufall, Schicksal, Bestimmung oder wie wir das nennen. Ja, Thomas. Ich liebe Dich!“ Er nahm mich in den Arm und wir küssten uns. Wir haben dort lange gestanden, den Gefühlen freien Lauf gelassen. Bitte lass es ewig dauern, war unser Gedanke. Durchbrennen und allen Ballast abwerfen. Das war logischerweise völliger Blödsinn. Heute, jetzt und hier waren wir zwei Liebende am Anfang einer Beziehung. Es war spät. Ein letzter, inniger Abschiedskuss und folglich fuhren wir getrennt zurück zu unseren Familien, die zu Hause warteten. Abschiede, egal wann, schmerzen jedes Mal aufs Neue. In den kommenden Wochen verabredeten wir uns, so oft es möglich war, in der Mittagspause zum Essen bei unserem Lieblingsitaliener in der Stadt. Oder wir fuhren nach Feierabend in die Natur. Wir verstanden uns blind, fast wortlos. Er dachte es und ich sprach es aus. Es funktionierte ebenso umgekehrt. Wir schwärmten für dieselbe Musik, die gleichen Lieder, liebten Autos und hatten ein Faible für ansprechende Uhren. „Wir waren eine Einheit!“ Das wird für einige Mitmenschen seltsam klingen, aber es ist so: „Wir sind EINS.“ Genauso verspürten wir das Einssein bei unserem Picknick an dem Sommersamstag Ende Juni. Auf dem vereinbarten Parkplatz angekommen stieg er in meinen Wagen und setzte sich ans Steuer. „Bitte lass mich fahren. Ich würde dich gerne überraschen und würde dir eine eindrucksvolle Stelle zeigen, wo wir ungestört sind, mein Lieblingsplatz“, sagte er. Ich lächelte und ließ ihn gewähren. Er fuhr los. Musik erklang aus dem Kassettenteil und die Sonne schien uns auf den Pelz. Es war warm, die Luft hing voller Geigen, es knisterte mit jedem Kilometer mehr. Ich hatte keine Ahnung, wohin er fuhr, aber er war bei mir und nur das zählte, entfachte meine Glücksgefühle. In den Momenten, wo ich ihn nur nah bei mir hatte, wo alle Gedanken und Gefühle sich nur um UNS drehten, ja, da war ich glücklich. Wir erreichten eine Brücke an einem kleinen Fluss, er parkte den Wagen. Leider habe ich vergessen, wo das war. Ich hatte nur Augen für Thomas. Wir stiegen aus, spazierten einen grünen Hügel hinauf. Mit Decke und Picknickkorb bewaffnet kamen wir an einer Stelle an, an der man einen gigantischen Blick ins Tal hatte. Die Kuscheldecke wurde ausgebreitet, der Wein und das Essen ausgepackt. Eine ganze Zeit lang lagen wir ineinander gekuschelt auf der Decke. Die Sonne schien heiß und heizte unsere Körper auf. Es war die pure Zweisamkeit. Der Sonnenbrand hat nicht lange auf sich warten lassen. Man vergießt nicht nur Raum und Zeit. Man verdrängt alle alltäglichen Ereignisse des Lebens. Selbst die Sonnencreme hatte ich vergessen. Aber die Erdbeeren waren dabei und um Längen wichtiger. Mit oder ohne Creme war mir jetzt echt vollkommen egal. Ich liebte diesen Sonnenbrand! Ich liebte diese Decke! Ich liebte diese Aussicht! Ich liebte diesen Mann, Thomas! Das wurde mir mit jeder verstrichenen Minute bewusster. Ich erschrak vor mir selbst, weil ich bis dato nie einen Mann so tief in meinem Herzen hatte. Die Welt war für einen Augenblick vollkommene Glückseligkeit. Wir waren in unserem Leben angekommen. Thomas öffnete den Wein, goss ihn in die Gläser und reichte mir lächelnd das meinige. Wir schauten uns tief in die Augen. Eine Frage meinerseits unterbrach die Stille und auf meine so typisch schreckliche, direkte Art fragte ich ihn: „Auf wen oder was stoßen wir zwei denn heute an? Ich hoffe auf etwas Bedeutendes.“ „Auf uns und auf die Ewigkeit“, sagte er und stupste mein Weinglas an. „For Eternity?“ Bohrte ich nach. „Ja. Auf die Ewigkeit. Nur Du, ich und das Leben!“ Wir tranken einen Schluck und küssten uns innig. Dieser Gedanke und die Vorstellung daran, mein ganzes, restliches Leben mit dem Mann zu teilen, sprachen mir aus tiefstem Herzen. Ja, wir liebten uns. Er sagte es am Picknick Tag im Sommer. Und nicht nur an diesem Tag. Thomas schwor es mir am Christopher Street Day, und an vielen anderen Orten, die wir zusammen aufsuchten. Immer und immer wieder. Es war erst eine kurze, aufflammende Liebe, doch für Seele und Herz dauerte sie schon eine gefühlte Ewigkeit. Wochenende. Es kam der Geburtstag meiner Mutter. Ihr 74-zigster, mit Beigeschmack. Es war Thomas Hochzeitstag. Zum ersten Mal im Leben hasste ich Gemeinsamkeit. Fragend schaute ich aus dem Bürofenster. Wie verbringt er den heutigen Jahrestag zu Hause? Mit Hochzeitsgeschenk für eine Frau, die er nicht mehr liebt? Heute noch werde ich es erfahren. Den Nachmittag hatte ich mir freigenommen, um mit der Familie den Ehrentag meiner Mutter gebührend zu feiern. Das lenkte mich ein wenig von seinem Hochzeitstag ab. Irgendetwas sagte mir dennoch: Zieh dich elegant an. Das bleibt nicht beim Geburtstagskaffee. Mein Handy, seit Mai der ständige Begleiter, piepste leise. Eine SMS von Thomas. Ich schaute auf das Display. „Sehen wir uns nach Feierabend, schöne Frau“? Ich saß längst bei meiner Mutter an der Kaffeetafel und schrieb knackig kurz zurück: „Du hast doch Hochzeitstag! Trotzdem begehrst du mich, zu sehen?“ Seine Antwort war ebenfalls rasch und klar: „Den Tag gibt es für nicht mehr. Treffen bitte!“ Wow, das war eindeutig. Befehlstonmäßig seine SMS. Ich simste zurück. „OK, aber nicht vor sechs. Werde auf den Vater meiner Kinder warten. Erst dann komme ich.“ Befehlston zurück. „Einverstanden freue mich“. Mehr sendete er nicht zurück. Na, der hatte ja eine Laune und so überhaupt keine Lust, den Tag mit seinem alten Herzblatt zu verbringen. Ich verstand ihn nur zu gut. Er meinte es demnach ernst mit mir und der Liebe, philosophierte ich. Nach dem Eintreffen meines Ehemannes verabschiedete mich von der Geburtstagsgesellschaft, dem Ehrengast Mutter, von unseren Kindern und fuhr in freudigem Optimismus los. Was wird mich heute mit ihm erwarten? Die SMS klang bestimmend, aber hilfesuchend. „Mal schauen,“ sagte ich. Wie immer, trafen wir uns auf dem bekannten Parkplatz. Es wurde einer dieser Abende, an dem er seiner Seele wieder Luft verschaffte. Ich habe ihm nur zugehört. Vollkommen weg geblendet hatte er diesen Tag nicht, denn er redete nur. Das ist so seine Art, wenn ihm etwas auf der Seele brennt. Dann war ich stets Therapeutin und Seelsorgerin in einer Person, liebend und verständnisvoll. Von seiner Frau zu Hause kannte er das nicht. Das Herz und mein Bauch signalisierten mir aber, dass er lange nicht so weit war, wie er immer vorgab, zu sein. Er erschreckte sich vor sich selbst, seinen Gefühlen und der tiefen Sehnsucht nach der Frau, die er erst kurze Zeit kannte. Er merkte mit jedem, neuen Tag, dass es die wahre Liebe gibt, und das es das ist, was uns verband. Bis zu unserem Zusammentreffen im vergangenen Jahr hatte er vermutlich die Ehe, die er lebte, für Liebe gehalten. Es ist nicht auszuschließen, dass er in einem inneren Konflikt steckte. Kein Mensch streift seine gewohnte Haut ab. Niemand verlässt Hals über Kopf seine Familie, oder doch? Den Ehepartner, den man nicht mehr liebt ja. Aber was ist mit seinen Kindern? Er vergötterte alle. Es sind seine kleinen „Götter“. Er sprach an dem Abend über sämtliche Themen, die ihn seit seiner Kindheit innerlich aufwühlten. Er genoss es, wenn ich ihm meine vollkommene Aufmerksamkeit schenkte. Ich war gerne für ihn bereit, den Zuhörer zu spielen. Im Gegensatz zu seinen Familienmitgliedern. Seine „Lieben“ waren eine verschmolzene Einheit und ich hatte schon damals das Gefühl, hörte es aus all seinen Erzählungen heraus, dass er nur der Versorger, und nicht der Ehemann oder gar Vater in ihren Augen war. Er hatte eine Aufgabe, eine personifizierte Funktion zu erfüllen, die hieß Geld zu erwirtschaften. Er selbst, der Mensch, Mann und Vater Thomas, die menschliche Komponente, war, wie drückt man es aus, wenig wert. Aber dazu später. Trotz alledem war es ein halbwegs gelungener Abend. Zwar so gänzlich ohne die heißersehnten Umarmungen, Küsse und Streicheleinheiten, aber aufschlussreich in Sachen Thomas Vergangenheit. Beim Abschied legte er seine rechte Hand auf das Autodach, setzte sein vertrautes, bäriges Lächeln auf und wartete auf meine Reaktion. Nachdenklich, nach all den erzählten Einzelheiten, ließ ich den Blick schweifen und stellte fest, dass er seinen Ehering abgestreift hatte. Ich stutzte, schaute ihn an und fragte erstaunt: „Du hast ja keinen Ring mehr an“. „Den habe ich abgelegt. Die Ehe ist vorbei. No Future. Du bist meine Zukunft!" Antwortete er überzeugend. Ich war außerordentlich überrascht. Das klang alles vollkommen entschlossen. Gestern unentschlossen und heute das. Bedeutete es Erleichterung? War das schon seine Entscheidung für ein neues Leben? Eine Zukunft mit mir? Ich wünschte es so sehr. Seltsame Vorstellungen schwirrten mir durch den Kopf: Wir hätten mehr Kinder, ein großes Haus, von Thomas gebaut und täglich buntes Treiben. Das wäre das Größte. „Stop. Nicht durchdrehen. Es ist kompliziert genug. Nur nicht zu früh freuen,“ hörte ich mein Teufelchen reden. Thomas legte ein Tempo vor, das mir zugleich ein wenig Angst bereitete. Was zu vorschnell entschieden wird, erst recht einseitig, ist oft nicht gutgegangen. Die Frage war: Strebte ich ebenfalls eine schnelle Entscheidung an? Eine gemeinsame Zukunft für uns? Beim Abschied hielt er mich lange in seinen Armen. Ein seltsames Gemisch aus Emotionen stieg in mir auf. Ein Gefühlsgemisch, das sich so formulierte: Halte Caroline fest und fühle, ob das das Gleiche ist wie zu Hause. Oder ist es gar intensiver, besser, das Beste!? Das war es, was ich in seinen Armen empfand. Anziehend und doch unnahbar! Und trotz alledem wirkte er mit seinen Zeichen, die er setzte, so wahnsinnig entschlussfreudig. Seine Umarmung löste sich und der langersehnte Kuss, der mir jedes Mal die Sinne raubte, folgte. Lang, unheimlich intensiv. Nach dem Abschiedskuss fuhr ich äußerst nachdenklich zurück zu meinen Kindern, die garantiert schon in ihren Betten träumten. Es war ein Hin- und hergerissen sein zwischen Himmelhochjauchzend und zu Tode betrübt. Am Abend siegte das Engelchen auf meiner Schulter, dass mir zuflüsterte: „In diesem Kuss lagen jede Menge Emotionen, seine ganze Liebe und die unerfüllten Sehnsüchte. Er liebt dich!“ Alles das, war ich gewillt, ernst zu nehmen. Er war so entschlossen wie an keinem anderen Tag zuvor. Somit entschied ich mich für himmelhochjauchzend.

In der gleichen Arbeitswoche verabredeten wir uns im Büro für eine allabendliche Spritztour ins Grüne. Bei der Tour erzählte er mir, er habe sich einen Geldbetrag auf ein separates Konto transferiert, falls seine Holde ihn vor die Tür setzt. „Er ist auf dem Weg,“ sagte mir mein Engelchen. Er legt Geld für einen Neuanfang weg? Eines verstand ich nicht. Wieso spekulierte er darauf, dass ihn seine Frau vor die Tür setzt? Sie hatte doch keine Ahnung von mir, von uns, der Liebe, der Beziehung? War es nicht ebenfalls sein Haus, indem er wohnte? Dann wäre ein Rausschmiss doch gar nicht möglich, oder? Ich schaute ihn fragend an. Er erzählte mir weiter, dass er sich schon nach geeigneten Schulen für die Kinder umschaute, und schmiedete eifrig Pläne. Das gab mir einerseits unheimliche Zuversicht und ließ bei mir keinen Zweifel offen, dass wir eine gemeinsame Zukunft angehen werden. Nach seinem Monolog gab es Momente auf der Fahrt, in denen er äußerst nachdenklich am Steuer saß. Das waren die Situationen, die mich verunsicherten, und mir mein Kopf-Teufelchen ins Ohr flüsterte: „Er wird seine Frau nicht verlassen. Er sucht nur einen emotionalen Ausgleich für das lieblose Zuhause!“ Warum schaltet mein Kopf nicht ab? Wir erreichten einen idyllisch gelegenen Waldparkplatz. Im Auto sitzend erzählte er mir, dass er nach Rückkehr am Hochzeitstag zu Hause den Satz fallen ließ: „Jetzt liebe ich zwei Frauen“. Dabei hatte er sein Kind auf dem Schoß. Ja wenn das kein Wink mit dem Zaunpfahl war. Wie unbekümmert ist denn ein MANN? Er hält seine Gattin, zugespitzt formuliert, für unsensibel und naiv, so meine Interpretation des Satzes. Oder war es reine Provokation an die Person, die mit ihm verheiratet ist? Sieht er es als seine Aufgabe an, seine Gattin mit mir auf die richtige Spur der Ehe zurückzubringen? Beides war möglich. Der Wunsch und die Sehnsucht, mit diesem Mann mein Leben zu teilen, in guten wie in schlechten Zeiten, gegen alle Widerstände der Welt, war groß. So riesig, dass ich die zweifelhaften Gedankengänge im Kopf nicht zu Ende durchspielte und dem Bauchgefühl und dem Herzen folgte. ER war der Mann an Carolines Seite für den Rest des Lebens, kein anderer! Meine Liebe!

Der Juli hatte für uns eine Vielzahl von umwerfenden Ereignissen und Tage gebracht. Eines davon war ein Konzert von Lionel Richie in einer Großstadt auf einer uns bekannten Freiluftbühne. Ich hatte Karten gekauft und die Übernachtungsmöglichkeit gebucht. Ein kleines Hotel unweit des Konzertplatzes. Parkplatz direkt am Haus. Zimmer 2. Gott war ich aufgeregt, aber irre glücklich. Ich werde die Nacht mit ihm verbringen und in seinen Armen den Morgen begrüßen. Glück pur. Viele Momente und Stunden zu zweit haben wir nicht geplant in der Zeit, dem Sommer der Liebe. Es gab ja die Familien. Wir schafften uns nur mühevoll kleinere Freiräume und von langer Hand vorausgeplant. Eine damalige Freundin war das Alibi für den Konzertabend und die gemeinsame Übernachtung. Mädels Abend hieß das Zauberwort. Inwieweit mein Gatte dem Glauben schenkte, war mir damals gleichgültig. WG-Leben eben. Thomas hatte offiziell ein Klassentreffen und einen lieben Freund zum Alibi erklärt, den ich zu einem späteren Zeitpunkt kennenlernte. Alles war bis ins Kleinste von langer Hand geplant. Nicht, dass wir darin Übung hätten. Mitnichten! Dass uns so etwas jemals im Leben passieren würde, das hatten wir uns im Traum nicht vorgestellt. Aber wir waren ein wenig stolz, dass so geschickt eingefädelt zu haben. Bis wir auf der Freilichtbühne das Konzert erlebten und die Liebeslieder von Lionel mitsangen, passierte etwas, das einen üblen Beigeschmack hatte. Wir saßen beim Abendessen und einem ersten Glas Rotwein zusammen im Hotel, da empfing sein Handy eine SMS von seiner Frau. Seine Gesichtsfarbe änderte sich schlagartig beim Lesen der Nachricht. Warum erzählte er mir sofort auf meine Frage, was los sei? Er hatte vergessen, an seinem Aktenkoffer die Zahlenkombination zu verstellen. Dieser war offen stehen geblieben und seine nette, von Neugier geplagte, nicht naive Gattin hatte sämtliches von mir darin gefunden. Die Liebesbriefe und -karten, die kleinen Geschenke, alles. Wieso versteckt ein „Mann“ denn all die für ihn kostbaren Sachen in seinem Aktenkoffer und lässt diesen dann unverschlossen herumstehen? Das nachzuvollziehen war für meinen Kopf unmöglich! War es Absicht oder Ungeschick? Er war enttarnt, das stand fest. Ich kapierte es nicht, wurde sauer! Seine Blicke trafen mich mitten ins Herz. Wir hatten uns so auf das Konzert, den Abend, diese Nacht gefreut. Und jetzt der fade Beigeschmack des enttarnt worden seins. „Was hast du nun vor?“ Fragte ich. „Ich fahre kurz nach Hause, nehme den Koffer mit und bin gleich wieder da!“ Sagte er mit fester Stimme. Es galt Schadensbegrenzung zu betreiben. Er setzte sich kurzerhand in seinen Wagen, brauste nach Hause und packte seinen Aktenkoffer, leider zu spät, in den Kofferraum und kam wieder. Mit leichter Verspätung, einem mulmigen Gefühl in der Magengegend und etwas Hetzerei fuhren wir im Anschluss zum Konzertplatz. Die gesamte Bahnfahrt über schwieg Thomas. Er hielt nur meine Hand. Äußerst fest. Ich war mit den Gedanken komplett bei dem supertollen, saublöden Ereignis. Sein Satz: „Jetzt liebe ich zwei Frauen“ war der Auslöser für die Kombinationsgabe seiner Gattin. Wie arglos uns sorglos ist dieser Kerl? Er torpedierte unsere Zukunft, die sozialverträglicher Lösung für alle! Oder provoziert er eine Konfrontation? War es seine Absicht, sein Wunsch nach der Eifersucht seiner Frau, damit sie ihn wieder begehrt? Und war ich nur die Sandwichfrau, das Mittel zum Zweck? Unter diesen Vorzeichen ein Konzert genießen würde nicht leicht werden. Nachdenklichkeit breitete sich aus. Sie schwebte, wie ein dunkler Schleier, den kompletten Abend über uns. Weiterhin saßen wir händchenhaltend in der Bahn, die uns direkt bis in die Straße der Freilichtbühne fuhr. Unweit des Konzertplatzes stiegen wir aus. Endlich angekommen, spielte der Lionel schon. Trotz der anfänglichen Missstimmung schafften es, seine Musik und seine Lieder, uns wieder zu besänftigen. Wir verdrängten für die Zeit des Konzertes das unschöne Ereignis. Hatten den Vorfall fast vergessen. Wir tanzten, sangen, zwar laut und nicht immer trafen wir den korrekten Ton. Aber wir hatten uns wiedergefunden. Engumschlungen lauschten wir der Musik, tranken Wein. Es stimmte die Band meine Lieblingsballade an, die ich aus voller Kehle mitgesungen habe. Wir tanzten dazu, mir wurde warm ums Herz und ich drehte mich zu Thomas. Es kullerten Tränen über sein Gesicht! Er weinte und sprach laut: „Truly!“. Da die Musik nicht so leise war, fragte ich nach: Truly? Und er sagte unter Tränen: „Surly!“ Alle, die den Song nicht kennen, hier der komplette Satz des Refrains: I`m Truly, Truly in Love with you Girl. Das war kein Gefühl – das war der Himmel auf Erden! „Ja, ich liebe Dich“, sagte er leise, nachdem das Lied verklungen war. Wir schwebten auf Wolke sieben mit direktem Anschluss in den Liebeshimmel. Der blöde Koffer war vergessen. Alles Schöne hat aber, wie jedem geläufig, immer ein Ende. Die letzten Liedklänge des Konzertes verhallten. Wir schlenderten engumschlungen, uns gegenseitig festhaltend, äußerst glücklich und verliebt, mit der herausströmenden Menschtraube Richtung Bahn. Lionel war wieder einmal nicht zu toppen. Unser erstes gemeinsames Konzert. Nie werde ich es vergessen. Zurück im Hotel stiegen wir umgehend die Treppe hinauf zum Zimmer mit der Nr. 2. Wir kuschelten uns aneinander. Aber entgegen unseres, oder besser meines Gefühls, war in Zimmer 2 eine eigenartige Atmosphäre. Es kam alles nicht so recht in Gang. Die Herzen sagten: Ich begehre dich! Die Stimmung, der neblige, graue Schleier schrie: Nicht jetzt. Lass es! Das Kofferereignis hatte uns im Unterbewusstsein mehr mitgenommen und beschäftigt, als wir es uns eingestanden hatten. Wortlos schliefen wir, uns in den Armen liegend, ein. Der nächste Morgen war sonnig und das Eigenartige in der Atmosphäre war verflogen. Wir haben uns den Gefühlen hingegeben und …...es war der Himmel auf Erden. Wir duschten und das Frühstück war schon bereit. Mir hing der gestrige Abend und diese total blöde Situation nach. Ich frühstückte nichts, außer Kaffee, wie in all den vergangenen Wochen zuvor. Das liegt bei mir daran, dass, sobald ich in negative Gefühle oder Stimmungen gerate, die nicht so recht zu erklären sind, gar nichts esse. Na ja, die Figur dankte es mir! Aber auf Dauer? Wir saßen im Frühstücksraum, Kaffee trinkend und zu meiner Verwunderung fing Thomas mit seinem Frühstück an. Er kaute lächelnd ein Brötchen. Er liebt direkte Frauen, demnach sprach ich ihn unverrichteter Dinge an: „Du lächelst so süffisant. Teilst du mir just etwas mit? War das unser Abschiedskonzert? Oder welche Gedanken beherrschen deinen Kopf?“. Er erklärte mir, dass beim nochmaligen Zurückfahren seine Kinder ihm solange nach gewunken hätten, dass er hin und her gerissen ist zwischen den Welten, eben alles. Ein wüstes Durcheinander der Gefühle bei Thomas. Das Gespräch vertieften wir bis zum Abschied am Mittag und ich fuhr mit ausreichend negativen Resonanzen in der Herzgegend vom Parkplatz. Der Abschiedskuss fiel knapp aus. Seine Rückreise war kürzer und er hatte der „Familie“ versprochen, am Mittag wieder zu Hause zu sein. Vollkommen in Gedanken versunken, unseren Song „sang to me“ hörend, fand ich die Autobahnauffahrt Richtung Heimatstadt und rollte für normale Verkehrsverhältnisse, wider meine Natur, langsam über Deutschlands Autobahnen. Eine nachdenkliche Stimmung ergriff mich. Welche Heimat wird es werden? Ich hatte Kinder und trage nicht nur Verantwortung für mein Leben. Thomas war der Mann, den ich von Herzen liebte. Es war wie verhext. Ein bekannter Klingelton drang mir ins Ohr, störte das Gedankenchaos. Die Augen auf Fahrbahn und Verkehr gerichtet nahm ich das Handy in die Hand und meldete mich, wie immer, mit Sehberger. Es war Thomas. Uns verbindet ein unsichtbares Band. Er kannte die Gefühle und Gedanken in mir, und ich in ihm. Wir schauten in unseren Seelen. Er meldete sich nicht mit Kramer. Sein erster Satz war: „Nicht, dass Du glaubst, dass es mit uns vorbei ist!“ Ich: „So? Was denkst du denn, dass die Caroline im Kopf hat? Dass ein gestandener Mann, wie du, nicht weißt, was du begehrst für ein erfülltes Leben in Liebe, das ist mein Resultat. Liegt es dir am Herzen, dass du wegen dem Menschen Thomas geliebt wirst oder weil du ein perfekter Versorger bist? Mir ist egal wer und was du bist. Mir liegt der Mann am Herzen. Geld verdiene ich alleine. Immer schon. Und alles Weitere erreichen wir gemeinsam! Du hast in deiner Familie vermutlich eine Wertstellung, die du falsch interpretierst. Ich hoffe, dass diese Erfahrungen nicht zu drastisch für dich werden wird. Die grausame Erkenntnis, wann immer sie stattfinden wird.“ Traurig antwortete er: „Das mit dem Koffer war total blöd und mein Fehler. Ich bin tief in deiner schuld! Die Sippe ist gar nicht da. Warum bin ich nicht bei dir geblieben. Jetzt sitze ich hier und habe Sehnsucht. Garantiert ist sie zu ihren Eltern gefahren und hat den Vorfall von gestern schon erzählt. Lass unser Glück nicht zu Ende sein, bitte, ich liebe dich, nur dich. Erzähle dir morgen alles ganz genau. Melde mich telefonisch am Sonntag, ok?“ Ich zögerte, sagte aber: „OK, wir telefonieren morgen.“ Wir redeten im Anschluss kurz über die vergangenen Stunden und verabschiedeten uns bis zum vereinbarten Gespräch. Wie angekündigt rief er einen Tag später kurz an und erklärte mir, dass seine Frau alles ihrem netten Herrn Papa erzählt hatte. Er war gespannt, welche Reaktion folgen würde und ob überhaupt irgendeine Aktion seiner Familie folgte. Wollte er denn eine? Er hatte sich mit seinem blöden Koffer in eine explodierende Situation hineinmanövriert, die Atombombe gezündet. Es wurde auf beiden Seiten ein nachdenklicher restlicher Sonntagnachmittag, nachdem wir unser Gespräch beendet hatten. Mir schossen die vergangenen drei Monate durch den Kopf. Ich setzte mich in den Garten und schaute meinen Kindern beim Spielen zu. Verstanden habe ich all das nicht und begriffen erst recht nicht. Das unsichtbare Band zwischen uns habe ich mir nicht eingebildet, falls sie verstehen, was ich damit meine. Wir kommunizieren völlig ohne Worte. Wir erfühlen, wenn der eine, dem anderen intensive Schwingungen sendet. Wir wünschen eine SMS oder einen Anruf herbei. Nur mit den festen Gedanken des Herzens. Ob in den Besprechungen und anderswo. Unsere Blicke treffen sich und wir erkennen die Gedanken des Anderen. Reine Intuition. Es ist schwer zu beschreiben für Außenstehende. Beispiele hierfür sind: Wir bestellten beim Italiener das gleiche Essen, ohne uns vorher besprochen zu haben. Ich wünsche mir einen Anruf herbei und Sekunden später klingelt das Telefon. Nicht gelogen. Und jetzt das? Wohin steuert uns das Schiff der Liebe? Sitzen wir nach dem Vorfall immer noch im selben Boot und schauen in die gleiche Richtung? Eine Freundin, der ich die Geschichte damals so erzählte, staunte nicht schlecht und meinte, dass ich mir das alles nur einbilden würde, weil das Zuhause nicht mehr meine Heimat ist. Mir fällt hierzu spontan eine Situation ein, die ich bis heute für das treffendste Ereignis halte, was das unsichtbare Band, absolut untermauert: Es war kurz nach unserem Anfang in eine ungewisse Beziehung, da erkrankte er an einer Grippe und fehlte logischerweise. Er wurde eine Woche krankgeschrieben und ich hatte tierische Sehnsucht. Mein Dienst hörte um 17.00 Uhr auf, die Anderen waren schon in den Feierabend gefahren. Ich hatte intensivste Gedanken an Thomas und hoffte auf schnelle Genesung. Das Telefon summte. Im Display leuchtete eine „0“. Viele unserer Kunden unterdrückten ihre Rufnummer mit einer „0“ im Telefondisplay. Mir wurde bei dem Anblick äußerst warm ums Herz und zu meiner Verwunderung meldete ich mich nicht mit Firma und Nachnamen, sondern ich sagte nach dem Abheben des Hörers schlicht und einfach nur: „Hallo Thomas, toll dass Du Dich meldest! Es klappt. Das unsichtbare Band. Habe gerade an dich gedacht!“ Darauf antwortete er gelassen und mit einer rauen Erkältungsstimme: „Das habe ich tief in mir gespürt. Ich habe Sehnsucht!“ Solche Vorfälle gab es genug. WIR SIND EINS! Einer von 80 Millionen und genau dieser EINE ist der NEUE in unsere Firma! Warum heiratet man, bekommt seine Wunschkinder und begegnet dann erst der Liebe seines Lebens? Das ist doch nicht fair. Was ist hierfür der tiefere Sinn? Bitte erklärt mir das jemand?! Der Montag nach dem „Lionel-Konzert“ war angebrochen und ich fuhr wie jeden Tag ins Büro. Aber dieses Mal mit einem komisch aufgewühlten Gefühl. Was war am vergangenen Wochenende bei ihm passiert? Spätestens am Mittag, in unserer Pause, würde ich es erfahren. Sein Wagen hielt auf dem Parkplatz vor meinem Bürofenster. Thomas stieg aus und sah wie immer zum Anbeißen aus. Unsere Blicke trafen sich, er lächelte und kam kurz zu mir herein. Er wünschte mir, mit einem entgegengehauchten Handkuss, einen liebreizenden Morgen und erweckte nicht den Eindruck, dass sein Wochenende furchtbar verlaufen war. Doch weit gefehlt. In der Mittagspause erzählte er mir die Einzelheiten. Nach langem Hin und Her und mit seinem Erstgeborenen auf dem Schoß hatte er dann den entscheidenden Satz erneut fallen lassen: „Im Augenblick liebe ich zwei Frauen.“ Was war das denn bitte jetzt wieder? Offene Konfrontation? Wird er ihr alles erklären und die Dame verlassen? Oder war ich schlicht und ergreifend nur Mittel zum Zweck, um die Liebste zu Hause wieder auf Vordermann zu bekommen? Mein tiefstes Inneres, das Teufelchen, sagte: „Es ist Aus!“ Das Engelchen in mir fragte vorsichtig: „Oder doch nicht? Er fängt an, es ihr zu sagen!“ Ich war nervlich fast am Ende. Mir fehlte der Durchblick, kein klarer Gedanke. Erst zog er seinen Ehering sowas von schnell aus, transferierte Geld auf andere Konten, suchte schon Schulen für die Kinder und war voll auf Trennung programmiert und dann das unmögliche, „absichtliche“ Missgeschick mit dem Koffer? Tausend Fragen, keine einzige konkrete Antwort aus seinem Mund. Mein Teufelchen sagte erneut: „Er wird sie nicht verlassen.“ Der Bauch und das Engelchen in mir hatten nur einen Wunsch: „Zukunft mit der Liebe meines Lebens.“ Doch war das ebenfalls der Lebenswunsch von Thomas? Die kommende Zeit würde es hoffentlich zeigen. Wir verabredeten uns an dem Montag, direkt nach Feierabend, zum Ausflug in die Umgebung. Er nannte es Spazierfahrt und reden. Und wie wir so durch die nahe gelegene Waldlandschaft kurvten, redete er und ich hörte ihm aufmerksam zu. „Du hast doch bald Geburtstag, Caroline. Was hält mein Herz von dem entzückenden Gedanken, mit unserem Lieblingsmenschen ein Wochenende in der Stadt der Liebe zu verbringen?“ Fragte er vorsichtig. „Meinst du das ehrlich?“ Antwortete ich. „Klar. Dein Geschenk für meine Dummheit des Lebens. Die Entschädigung für den Kofferfehler. Du buchst alles und ich bringe dir dann den Anteil mit,“ so seine Worte. „OK, ich nehme dich wörtlich. Das klingt herrlich, mit dir nach Paris. Werde mir morgen alles raussuchen und dir durchgeben. Und wenn es ebenfalls deinen Vorstellungen entsprechen, wird gebucht. Und keinen Rückzieher, junger Mann,“ sagte ich mit Nachdruck. „Exzellent. Du schaffst das schon,“ antwortete er jetzt gelassener. Das Herz und das Engelchen in mir, bekamen erneut Oberwasser im Kampf zwischen Kopf-Teufelchen und Herzengelchen. Im Augenblick war die Welt wieder in bester Ordnung. Alles war rosarot. Die Aussicht auf eine unvergessliche Liebesreise mit Thomas hob meine Stimmung und die Bedenken der letzten Tage und Stunden waren verflogen. Am darauffolgenden Tag setzte ich das Versprechen um und suchte Hotel und Bahnfahrt heraus. Thomas war mit der Wahl einverstanden. Er hatte ebenfalls nichts dagegen, dass uns meine damalige Freundin Helga, die er schon kennengelernt hatte, begleitete. Nicht, dass ich die französische Sprache nicht beherrschte. Aber Helga redete fließend Französisch. Das würde uns beiden deutlich hilfreicher sein. Am Abend verabredete ich mich mit ihr, um alles zu buchen. Wir drei warfen die Reiseanteile zusammen in eine Kasse und Helga bezahlte die komplette Tour recht zeitnah. Jetzt fieberte ich dem Geburtstag entgegen. Doch bevor ich mit meiner Liebe Paris eroberte, standen die großen Ferien und unsere Urlaube mit den aktuellen Familien an. Arbeitsreich und anstrengend nahm der Juni ein Ende. Die Sommerferien im Juli waren mittlerweile 2 Wochen alt. Meine Urlaubszeit war gekommen. Wir blieben in dem Jahr zu Hause. Allein der Gedanke, mit dem Mann in Urlaub zu fahren, der sich Ehemann nannte, war mir nicht geheuer. Die Kinder hatten einen großen Garten und jede Menge Spielkameraden in der Nachbarschaft. Pool und Spielplatz nannten sie ihr Eigen. Und so blieben wir zum ersten Mal in den Ferien zu Hause. Im Garten bei den Kindern hatte ich wenigstens meine Ruhe und Abwechslung. Keine Streitereien. In Anbetracht des riesigen Grundstückes, der zu dem Haus gehörte, dem großen, aufgestellten Schwimmbecken, fehlte den Kindern nicht physisch irgendetwas. Ihre Spielkameraden kamen täglich. Die tobenden Schreihälse genossen sichtbar ihre Ferien. Jedes Mal, wenn die Sehnsucht aber zu groß wurde, rief ich Thomas an und wir verabredeten uns in der Mittagspause oder nach Feierabend. Die beiden Urlaubswochen vergingen schnell und weil wir den Urlaub nahtlos im Wechsel aneinandergereiht hatten, trafen wir uns an meinem letzten Urlaubstag auf dem bekannten Parkplatz. Am Ende seiner Mittagspause unternahm er so gar keine Anstalten wieder ins Büro zu fahren. Er sagte nur: „Warum fährst du nicht mit? Dann kümmert die sich um ihre Kinder und wir haben einen liebestollen Urlaub. Könntest du doch nur mitfahren. Habe total keine Lust. Wir fahren auf einen Bauernhof an die Küste. Hoffentlich vergehen die 14 Tage schnell!“ „Mann“ bekommt eben nicht alles im Leben: Kinder, Ehefrau und Freundin. Niemand nimmt dir die Lebensentscheidung ab. Die triffst du alleine, in absehbarer Zeit. Ich habe mich entschieden. Meine Zukunft heißt Thomas. Die Antwort hörst du garantiert heute gerne, oder? Aber, wenn du so keine Lust auf 14 Tage Urlaub mit der Frau hast, die du angeblich nicht mehr liebst, warum fährst du dann?“„Ich fahre wegen der Kinder,“ sagte er. Das war mir zu hoch. Eine Frau ist in der Hinsicht wahrlich ein wenig konsequenter. Ich bin nie der Kinder wegen mit dem Ehemann in den Urlaub gefahren. Unsere Blicke verharrten für Minuten und wir starrten beide geradeaus. Das Herzengelchen sprach: „Er ist Mann. Und Männer reagieren und agieren anders. Glaube ihm seine Worte.“ Ich vertraute auf mein Herzgefühl. Schmiegte mich an seine breite Schulter. Kuschelnd im Wagen sitzend, den Abschied für die kommenden zwei Wochen in weite Ferne rückend, sah er mich verliebt an und schenkte mir zum Schluss eine von ihm selbst aufgenommene Kassette mit unseren Liebesliedern. Trotzdem war mir bei dem Gedanken an seinen bevorstehenden Urlaub etwas unbehaglich. Mir graute vor dem Wochenende. Ein inniger Kuss von Thomas unterbrach das Szenario in meinem Kopf. Jeder seiner Küsse sind das Eintauchen in seine Seele und sein Herz. Wir verschmolzen immer ineinander. Ich liebte seine Lippen, seinen Geruch, seine schützenden Umarmungen, seine Haut bei jeder liebenden Vereinigung. Alles. Kurz vor dem Ende der Mittagspause sagte Thomas: „Nimm es nicht schwer. Wir haben doch das Telefon und die zwei Wochen ändern nichts an unserer tiefen Liebe. Ich liebe Dich abgöttisch und das wird bei mir immer so bleiben!“ Seine Worte streichelten die Seele, berührten mich zutiefst im Inneren des Herzens. Die Sehnsucht nach ihm stellte sich jetzt schon ein. Er stieg aus und warf mir eine Kusshand zu. Dann fuhr er zurück ins Büro. Ein letztes Mal Schreibtisch aufräumen und ab in den Urlaub. Hier stand ich jetzt alleine mit mir und den unerfüllten Sehnsüchten nach Thomas. Selbstzweifel kamen auf. Das Kopf-Teufelchen war wieder da und sagte: „Wenn das nicht das Ende bedeutet!“

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Serideki Birinci kitap "LEBENSAUTOBAHN"
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