Kitabı oku: «Verkehrsunfallflucht», sayfa 4

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3. Entscheidung über das Aussageverhalten des/der Mandanten/in

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Der wichtigste Rat, den die Verteidigung seinem/r Mandanten/in gibt, ist gegenüber den Ermittlungsbehörden zum Tatvorwurf zunächst immer zu schweigen,[3] was auch bedeutet, dass der/die Mandant/in Nichts zur Sache in den Anhörungsbogen der Polizei schreibt, sondern nur die Pflichtangaben zur Person macht. Das Prinzip Nichts zu sagen, ist zum Beginn eines Strafverfahrens immer richtig; denn wer Nichts sagt, sagt zumindest nichts Falsches und die Verteidigung vermeidet mögliche Fehler.

Hinweis

Ob eine Einlassung überhaupt abgegeben werden soll und in welcher Art und in welchem Umfang, kann von der Verteidigung erst dann taktisch sinnvoll entschieden werden, wenn die Ermittlungsakte eingesehen worden ist.

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Der/die Mandant/in, der/die in Verkehrsstrafsachen oftmals erstmalig mit der Strafjustiz zu tun hat und in strafprozessualen Fragestellungen regelmäßig unerfahren und unsicher ist, wird oftmals vorbringen, „es sei doch besser bei der Wahrheit zu bleiben„ oder „man habe doch Nichts zu verbergen“. Dem ist durch Überzeugungsarbeit aktiv entgegenzutreten. Schweigen ist etwas anderes, als die Tat zu leugnen (vgl. Rn. 25); das Schweigen ist ein Recht und wertungsfrei (vgl. Rn. 26) und taktisch sinnvoll (Rn. 28). Insoweit betont Burhoff[4] zutreffend: „Ohne Kenntnis der Akten, sprich ohne Akteneinsicht, wird der Verteidiger seinem Mandanten i.d.R. weder raten, sich – schon – zur Sache einzulassen, noch wird er selbst eine Stellungnahme für den Mandanten abgeben. Tut er das doch, ist das fehlerhaft“. Zur Akteneinsicht vgl. Rn. 75 ff. und zum Recht auf Akteneinsicht vgl. Rn. 86.

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Dem/der Mandanten/in muss deutlich gemacht werden, dass das Berufen auf das Schweigerecht als Beschuldigte/r etwas völlig anderes ist, als die Tat zu bestreiten und, dass aus der Tatsache, dass der/die Beschuldigte zum Tatvorwurf schweigt, niemand bei den Ermittlungsbehörden negative Schlüsse zieht im Sinne „dann hat er/sie etwas zu verbergen“. Dem/der Mandanten/in ist zwingend zu vermitteln, selbst wenn er/sie schon vor der Beauftragung seines Verteidigers Angaben gemacht haben sollte, dass er/sie sich ab jetzt zumindest vorläufig bis zur Gewährung von Akteneinsicht gegenüber den Ermittlungsbehörden darauf beschränkt zu sagen: „Ich sage zum Tatvorwurf (auf Anraten meines/r Rechtsanwalts/Rechtsanwältin) Nichts“ oder „Ich mache (auf Anraten meines/r Rechtsanwalts/Rechtsanwältin) von meinem Schweigerecht als Beschuldigte/r Gebrauch“. Eine irgendwie geartete Einlassung im Sinne von: „Ja, ich war der/die Fahrer/in des Pkw“ oder „Ich habe von einem Unfall Nichts bemerkt und im Übrigen sage ich nichts“, wäre schon eine Einlassung die geeignet ist, zumindest die Fahrereigenschaft des/der Mandanten/in als ermittelt anzusehen. Weiter kann diese auch noch als eine „Teileinlassung“ angesehen werden, aus der später vom Gericht negative Schlüsse gezogen werden könnten, während dies im Hinblick auf das bloße Berufen auf das Schweigerecht als Beschuldigte/r nicht zulässig ist. Auch aus der Tatsache, dass ein/e Beschuldigte/r sich darauf beschränkt, die ihm vorgeworfene Tat zu leugnen, im Übrigen aber schweigt, darf ihm/ihr kein Nachteil entstehen.[5] Zum Bestreiten mit Uneinsichtigkeit vgl. Rn. 443.

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Als Beschuldigte/r zu schweigen ist ein Recht und niemand kann aufgrund der Wahrnehmung eines strafprozessualen Gestaltungsrechts Nachteile erleiden. Der/die Beschuldigte bzw. Angeschuldigte bzw. Angeklagte darf bei der Polizei, der Staatsanwaltschaft und vor Gericht sogar die Unwahrheit („bloßes Leugnen“) sagen, ohne dass er dafür überhaupt oder härter bestraft werden kann.[6] Teilweise wird die Auffassung vertreten, dass dieses Privileg seine Grenze darin habe, wenn durch die Einlassung vorsätzlich wider besseren Wissens i.S.d. § 164 StGB ein Dritter beschuldigt wird. Anders als der/die so privilegierte Mandant/in sind Fahrzeuginsassen, Polizeibeamte[7] und insbesondere der Unfallgegner als „Zeugen“ zur wahrheitsgemäßen Aussage[8] verpflichtet. Die Verteidigung sollte allerdings – auch aus Standesgründen – nie dem/der Mandanten/in den Rat erteilen, zu lügen.

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Das Berufen auf das Schweigerecht als Beschuldigte/r muss also zunächst als das wichtigste Recht angesehen werden. Allerdings kann u. U. von der örtlich zuständigen Fahrerlaubnis-Behörde nach § 31a StVZO als Sanktion für die Zukunft eine Fahrtenbuchauflage verhängt werden, wenn der objektive Tatbestand erfüllt ist und der/die Halter/in den/die Fahrer/in nicht angibt.[9] Das ist im Sinne einer vernünftigen strategischen Entscheidung jedoch als kleineres Übel hinzunehmen, denn eine wahrheitsgemäße Äußerung des/der Mandanten/in kann sich im Strafverfahren später als belastend, da zu einer Verurteilung führend, erweisen.

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Ob eine Einlassung überhaupt abgegeben werden soll und in welcher Art und in welchem Umfang, wird von der Verteidigung entschieden, wenn die Ermittlungsakte eingesehen wurde. Es kann sein, dass es bei der bisherigen Strategie zu schweigen verbleibt oder der/die Mandant/in soll als Beschuldigte/r eine Einlassung abgeben (vgl. Rn. 79). Mehrere taktische Varianten sind denkbar


eine vom Mandanten selbst formulierte und niedergeschriebene Einlassung wird verlesen,
es erfolgt eine von der Verteidigung für seinen Mandanten formulierte Einlassung
oder der Angeklagte/die Angeklagte redet selbst.

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Eine insoweit sinnvolle taktische Variante auf die u.a. Burhoff[10] Hinweist, ist die sog. schriftliche Erklärung: Es „ist die wirkungsvolle Möglichkeit, die Einlassung des Mandanten dadurch festzuschreiben, dass dieser sich schriftlich einlässt und die schriftliche Einlassung in der Hauptverhandlung verlesen wird. Wird so verfahren, ist auf Folgendes zu achten: Es muss sich bei der Erklärung um eine eigene Erklärung des Angeklagten handeln. Ein Schriftsatz des Verteidigers, der bloß eine Einlassung des Angeklagten wiedergibt, genügt nicht. Diese Einlassung des Angeklagten sollte schon vor Beginn der Hauptverhandlung zur Akte gereicht werden. Dann ist sie im Wege des Urkundenbeweises nach § 249 StPO verlesbar, was ggf. zu beantragen ist. Zudem besteht dann nicht die Gefahr, dass die Erklärungen nur als Teileinlassung gewertet und aus ihr Schlussfolgerungen zum Nachteil des Angeklagten gezogen werden, was aber möglich ist, wenn die schriftliche Einlassung des schweigenden Angeklagten erst nach Beginn der Hauptverhandlung zu den Akten gereicht wird. Besonders wichtig ist schließlich auch, dass der Angeklagte, der sich schriftlich eingelassen hat, selbst in der Hauptverhandlung dann vollständig schweigen muss. Mündliche Erklärungen könnten sonst nämlich als Ergänzungen, Relativierungen oder sogar als Widerruf seiner – schriftlichen – Einlassung festgestellt werden.

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Checkliste für die Revisionsbegründung zur Einlassung des Angeklagten/der Angeklagten



4. Schweigen der Angehörigen

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Der/die Mandant/in sollte auch darauf hingewiesen werden, dass Ehegatten, Lebenspartnern nach § 1 Abs. 1 LPartG, Verwandten, Verschwägerten und ernsthaft[17] Verlobten des/der Mandanten/in nach § 52 StPO ein „Zeugnisverweigerungsrecht“ zusteht. Dieses Recht, jegliche Zeugenaussage zu verweigern, steht dem jeweiligen Berechtigten unbeschränkt zu.[18] Der Angehörige sollte sich darauf beschränken zu sagen: „Ich mache von meinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch, da ich der (Angabe des Angehörigenverhältnisses) des/der Beschuldigten bin“. Auf das Zeugnisverweigerungsrecht muss zwar von Gesetzes wegen vor einer Vernehmung von der Polizei hingewiesen werden;[19] dieser Hinweis unterbleibt jedoch häufig bei einer lediglich zunächst „informatorischen Befragung“[20] durch die Polizei, wenn z.B. nach einem Unfall die Wohnung des/der Tatverdächtigen durch Polizeibeamte aufgesucht wird. Der/die Mandant/in sollte daher unverzüglich die jeweiligen Angehörigen auf dieses Recht und auf die Tatsache hinweisen, dass es regelmäßig nicht falsch ist, zunächst von diesem Recht Gebrauch zu machen.

Gewarnt werden muss die Mandantschaft davor, den Lebensgefährten oder die Lebensgefährtin dazu zu veranlassen, vor der Polizei zu seinen Gunsten falsche Angaben zu machen. Dadurch könnte sich der Lebensgefährte bzw. die Lebensgefährtin u.a. nach § 258 StGB (Strafvereitelung) strafbar machen.

Hinweis

Auch sollte der/die Mandant/in auf die Regelung des § 252 StPO hingewiesen werden. Sollten Verwandte, die zur Verweigerung des Zeugnisses berechtigt sind, bei der Polizei schon Angaben gemacht haben, sich dann als Zeugen vor Gericht jedoch auf Ihr Zeugnisverweigerungsrecht berufen, so dürften die vorherigen Angaben – auch die bei der informatorischen Befragung – nicht verwertet werden, weder durch Verlesung der Aussagen noch durch Vernehmung der Polizeibeamten als Verhörsperson.[21] Ausnahme ist das richterliche Protokoll, was bei Verkehrsstraftaten sicherlich nicht vorliegen wird, allerdings auch z.B. die Vernehmung des Polizeibeamten über Spontanäußerungen des Zeugen.[22]

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Nicht vergessen sollte die Verteidigung auch den Lebensgefährten oder die Lebensgefährtin der Mandantschaft, mit dem/der diese nicht verwandt ist. Diesem/dieser steht das „Zeugnisverweigerungsrecht“ nicht zu, es sei denn, es handelt sich um einen gleichgeschlechtlichen Lebenspartner i.S.d. § 1 Abs. 1 LPartG. Hier kann von der Verteidigung nur der Hinweis gegeben werden, dass Zeugen nur dann verpflichtet sind, vor der Polizei zu erscheinen, wenn sie nach den seit dem 18.8.2017 geltenden § 136 Abs. 3 – 7 StPO, unter Beachtung der dortigen Voraussetzungen, geladen sind. Angaben zur Sache müssen die Zeugen machen, denen kein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht, die denen ein solches zusteht müssen zwar erscheinen, können und sollten sich jedoch darauf berufen. Vor Gericht und vor der Staatsanwaltschaft waren Zeugen, denen kein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht, schon immer zur (wahrheitsgemäßen) Aussage verpflichtet und können hierzu notfalls gezwungen werden (§§ 161a, 51, 70 StPO). Allerdings ändert sich die Situation natürlich, wenn der Zeuge und der Beschuldiger sich während des laufenden Strafverfahrens entscheiden, ein ernsthaftes Verlöbnis einzugehen und damit für den Lebensgefährten bzw. die Lebensgefährtin sich plötzlich ein echtes Zeugnisverweigerungsrecht ergibt.

5. Der Zeugenfragebogen bzw. die Aufforderung gegenüber dem/der Halter/in des Fahrzeugs bei der Polizei zu erscheinen und die Bedeutung des § 163 StPO

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Bei der Verteidigung von Verkehrsstrafverfahren ist es regelmäßig so, dass das Fahrzeug anhand des amtlichen Kennzeichens sehr gut identifiziert werden kann, jedoch der Fahrer/die Fahrerin nicht feststehen mit der Folge, dass der/die Halter/in zunächst einen relativ neutral gehaltenen Anhörungsbogen als Zeuge/in mit der Frage erhält, wer denn zu einem bestimmten Tatzeitpunkt an einem bestimmten Tatort das Fahrzeug führte. Oftmals wird der/die Halter/in auch als Zeuge/in zum Erscheinen auf einer Polizeiwache eingeladen, dabei sind die neuen Vorschriften des § 136 Abs. 3 – 7 StPO, die ein pflichtiges Erscheinen des/der Zeugen/in unter bestimmten Voraussetzungen anordnet, zu beachten.

Bis zum 17.8.2017 gab es keine Verpflichtung, als Halter/in bei der Polizei als Zeuge/in erscheinen zu müssen, das ergab sich als Rückschluss aus § 161a StPO.[23]

Nach dem neuen § 163 Abs. 3 – 7 StPO müssen Zeugen generell auf Ladung vor Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft, das ist in § 152 Abs. 2 GVG geregelt, erscheinen und zur Sache aussagen, wenn der Ladung ein Auftrag der Staatsanwaltschaft zugrunde liegt. Details und Ausgestaltung im Einzelnen sind noch nicht geklärt.[24]

Aber es verbleibt dabei; sollte der/die Mandant/in mit einem solchen Schreiben bei seinem Rechtsanwalt/seiner Rechtsanwältin erscheinen, ist die richtige Empfehlungen, sich gegenüber der Polizei auf Schweigerechte zu berufen, denn wenn der/die Halter/in gleichzeitig der/die Fahrer/in war, hat man als Zeuge/in gemäß § 55 StPO das Recht sich nicht selber belasten zu müssen und sollte das Fahrzeug einem Verwandten bis zum 3. Grad einschließlich überlassen worden sein, steht dem/der Halter/in das Schweigerecht des § 52 Abs. 1 StPO auch zu.

Hinweis

Insbesondere kann jede/r Halter/in, sich jederzeit als Zeuge in einem Strafverfahren eines Rechtsanwalts/einer Rechtsanwältin als Zeugenbeistand bedienen.[25] Damit kann ggf. im Sinne einer präventiven Verteidigung die Einleitung eines Strafverfahrens gegen den/die Mantanden/in schon verhindert werden.

6. Verhalten gegenüber der eigenen Kfz-Haftpflichtversicherung[26]

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Die Autoren empfehlen aus mehreren Gründen, mit § 28 VVG (Versicherungsvertragsgesetz), den AKB (Allgemeine Kraftfahrzeugbedingungen) in der jeweils für den/die Mandanten/in gültigen Fassung[27] und mit §§ 5 und 6 KfzPflVV (Verordnung über den Versicherungsschutz in der Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung) sollte sich auch der/die Strafverteidiger/in befassen. Es besteht die Pflicht zur allgemeinen, umfassenden und erschöpfenden Beratung des/der Mandanten/in durch seine/n Rechtsanwalt/seine Rechtsanwältin. Insoweit droht dem/der Strafverteidiger/in möglicherweise sogar ein Regress. Denn das LG Düsseldorf[28] bejaht eine Pflichtverletzung des Anwaltsvertrags, wenn der/die Rechtsanwalt/in den/die Mandanten/in (allerdings bei einer Widerklage im Schadenersatzprozess) nicht auf die Schadenanzeigepflicht gegenüber der eigenen Haftpflichtversicherung hinweist, „ggf. sei der Versicherungsvertrag im konkreten Fall zu prüfen“. Dann kann in den Strafverfahren, in denen versicherungsvertragliche Fragen betroffen sind, nichts anderes gelten. Das OLG Hamm hat entschieden, dass die Meldung eines Schadens bei der Vollkaskoversicherung erst knapp 6 Monate nach dem Verkehrsunfall bei der Vollkaskoversicherung eine vorsätzliche Obliegenheitsverletzung darstelle, die zum Leistungsausschluss führe[29], selbst wenn man erst auf den Ausgang des Strafverfahrens zuwarten wollte. Man stelle sich die Reaktion des/der Mandanten/in vor, wenn das der Rat des/der Strafverteidigers/in gewesen wäre.

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Damit ist nach Auffassung der Autoren der/die Strafverteidiger/in gezwungen, sich bei der Verteidigung von Verkehrsstrafsachen auch mit den versicherungsvertraglichen Folgen der anwaltlichen Beratung/Vertretung zu befassen mit der Folge, dass dann mit dem/der Mandanten/in natürlich über die Honorierung dieser zweiten (versicherungsvertraglichen) Tätigkeit[30] zu sprechen ist. Im freien Mandat wird das sicher gut darstellbar und vermittelbar sein. Schwieriger ist das dem/der rechtsschutzversicherten Mandaten/in zu vermitteln.

Denn die Kostenübernahme durch Rechtsschutzversicherungen, das zeigt die Praxis, ist – vorsichtig formuliert – als zurückhaltend zu bezeichnen. Denn einerseits wird dem/der Rechtsanwalt/Rechtsanwältin entgegengehalten, es handele sich um eine vorläufige Interessenwahrnehmung, es sei also noch gar keinen Rechtsschutzfall entstanden; oder es handele sich nur um die Meldung von Schadensersatzansprüchen bei der eigenen Haftpflichtversicherung bzw. um die Abwehr fremder Schadensersatzansprüche und das seien keine Leistungen der Rechtsschutzversicherung. Da ein unentgeltliches Arbeiten immer ausscheidet, wird auch der/die rechtsschutzversicherte Mandant/in mit den Kosten zu belasten sein müssen; auf § 34 RVG wird verwiesen.

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Allerdings entsteht durch das Befassen mit den versicherungsvertraglichen Folgen ein strategischer Konflikt. Gegenüber den Ermittlungsbehörden ist das Berufen auf das Schweigerecht als Beschuldigter der richtige anwaltliche Rat; das Schweigen gegenüber der eigenen Kfz-Haftpflichtversicherung birgt die Gefahr einer Obliegenheitsverletzung. Denn gegenüber der eigenen Kfz-Haftpflichtversicherung besteht zum einen eine Schadenmeldepflicht, die sog. Anzeigepflicht (E.1.1.1 Muster-AKB 2015 des GDV) und zwar den Versicherungsfall – d.h. das Ereignis, welches geeignet ist eine Leistungspflicht der Kfz-Haftpflichtversicherung nach sich zu ziehen – betreffend[31] und zusätzlich das Bestehen jedweder behördlicher oder amtlicher Aktivitäten bzw. Ermittlung betreffend (E.1.1.2 Muster-AKB 2015 des GDV); d.h. wenn also die Polizei, Staatsanwaltschaft oder eine andere Behörde ermittelt, ist das der eigenen Kfz-Haftpflichtversicherung mitzuteilen.[32]

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Zum anderen besteht gegenüber der eigenen Kfz-Haftpflichtversicherung eine sog. Aufklärungspflicht (E.1.1.3 Muster-AKB 2015 des GDV), d.h. der Versicherungsnehmer hat Alles zu tun, was zur Aufklärung des Versicherungsfalls und zum Umfang der Leistungspflicht erforderlich ist. Dabei sind in E.1.1.3 Muster-AKB 2015 des GDV, fünf Pflichten ausdrücklich ausformuliert und eine lautet: „Sie dürfen den Unfallort nicht verlassen, ohne die erforderlichen Feststellungen zu ermöglichen und die dabei gesetzlich erforderliche Wartezeit zu beachten (Unfallflucht)“.[33] Dabei geht es der Kfz-Haftpflichtversicherung insbesondere darum, Feststellungen zum Unfallhergang, zur Fahreigenschaft (vgl. D.1.1.3. Muster-AKB 2015 des GDV: Pflicht nur mit Fahrerlaubnis zu fahren) und zu einem möglichen Alkoholisierungsgrad (bzw. Konsum von BtM) des/der Fahrers/in zu treffen (vgl. D.1.2.Muster AKB 2015 des GDV: Pflicht nicht alkoholisiert bzw. anderweitig berauscht zu fahren).

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Da heute jede Kfz-Haftpflichtversicherung über eine Hotline bzw. „Unfall- und Pannennotrufzentrale“ verfügt, sollte dem/der Mandanten/in empfohlen werden, dort den Schaden (ggf. unter Zuhilfenahme eines Dritten) mündlich zumindest anzuzeigen und auch das Bestehen von polizeilichen Aktivitäten mitteilen. Oftmals reichen an einer Hotline die Angaben, dass man „Besuch von der Polizei hatte bzw. Post von der Polizei habe“, dabei „sei die Beteiligung an einem Unfall behauptet worden“ und die Benennung der Statusangaben zum (behaupteten) Unfall. Von einigen Versicherungen wird dieses so toleriert, da ein Schadenvorgang oftmals erst dann vollständig angelegt wird, wenn der/die Geschädigte konkret Ansprüche anmeldet. Dem/der Mandanten/in sollte empfohlen werden, sich über die telefonische Meldung des Schadens einen Vermerk mit dem Namen des Gesprächspartners von der Hotline zu fertigen, denn sollte es einmal streitig werden, ob ein Schadenfall überhaupt angezeigt wurde, so ist der/die Mandant/in beweisbelastet.[34] Bei strenger Auslegung stellt diese Vorgehensweise ggf. sogar einen Verstoß gegen die Anzeigepflicht dar, denn eigentlich muss die Anzeige inhaltlich so bestimmt sein, dass die Kfz-Haftpflichtversicherung ausreichende Ansatzpunkte für eigene Ermittlungen und Nachfragen bekommt.[35]

Hinweis

Von der Anzeigepflicht gibt es eine Ausnahme (vgl. E.1.2.2 Muster-AKB 2015 des GDV), wenn als Fremdschaden lediglich ein Kleinstschaden (z.B. max. 600,-/800,- €, je nach Versicherungsbedingungen) zu erwarten ist. Dann kann eine Meldung des Schadens zunächst unterbleiben und der Versicherungsnehmer kann sein sog. Selbstregulierungsrecht gegenüber dem Geschädigten wahrnehmen. Sollte die Selbstregulierung misslingen, ist der Schaden dann anzuzeigen. Weiter gilt, sollte sich später herauszustellen, dass doch kein Kleinstschaden vorliegt, kann der Schaden noch nachträglich, ohne versicherungsvertragliche Sanktionen zu befürchten, gemeldet werden.[36]

39

Sollte die Kfz-Haftpflichtversicherung des/der Mandanten/in nicht wie in Rn. 34 vorgeschlagen verfahren wollen oder spätestens dann, wenn die Kfz-Haftpflichtversicherung, an den sich der Unfallgegner gewandt hat, seine Formulare zum Schadenfall übermittelt, muss der/die Mandant/in zur Vermeidung einer Obliegenheitsverletzung weiter aktiv werden. Da die Kfz-Haftpflichtversicherung in den entsprechenden Formularen oder an der Hotline immer nach den „Personalien des Fahrzeugführers“ fragen, kommt der Antwort auf diese Frage zentrale Bedeutung zu. Einerseits muss der/die Versicherungsnehmer/in, um sich nicht der Gefahr einer Obliegenheitsverletzung auszusetzen, der Kfz-Haftpflichtversicherung gegenüber wahrheitsgemäße Angaben machen. Andererseits haben Staatsanwaltschaft und Gericht die Möglichkeit, die Schadenakten bei der Kfz-Haftpflichtversicherung anzufordern, einzusehen und diese zu beschlagnahmen, um im Strafverfahren die Tatsache zu verwerten, wer dort vom dem/der Beschuldigten (bzw. Versicherungsnehmer/in, wenn der/die Mandant/in nur Fahrer/in war) als „Fahrzeugführer“ angegeben wurde.[37] Dasselbe Problem stellt sich bei Fragen zur Konkretisierung des Unfallhergangs, denn jede Frage die nicht vollständig beantwortet wird, birgt das Risiko einer Obliegenheitsverletzung einerseits, andererseits will der/die sich schweigend verteidigende Angeklagte sich nicht durch Schilderung eines Unfallhergangs für das Strafverfahren festlegen.

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Hinweis

Staatsanwaltschaften und Gerichte haben die Möglichkeit, die Kfz-Schadenakten bei der Kfz-Haftpflichtversicherung anzufordern, einzusehen und diese zu beschlagnahmen, um im Strafverfahren die Tatsache zu verwerten, wer dort vom/von der Mandanten/in (bzw. Versicherungsnehmer/in, wenn der/die Mandant/in nur Fahrer/in war) als „Fahrzeugführer“ angegeben wurde. Ein Beweisverwertungsverbot bezüglich der Angaben des/der Mandanten/in gegenüber seiner Kfz-Haftpflichtversicherung besteht im Strafverfahren nicht.

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Die Kfz-Haftpflichtversicherung interessiert bei der Schadenmeldung in erster Linie, ob der/die Fahrer/in berechtigt war, das Kfz zu benutzen und ob er/sie im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis war. Um einer möglichen Beschlagnahme der Kfz-Schadenakten die von Staatsanwaltschaft bzw. Gericht gewünschte Wirkung zu nehmen, könnte eine zugegebenermaßen kritische Lösung sein, die Frage der Versicherung nach dem/der Fahrer/in zunächst wie folgt zu beantworten: „Der/die Fahrer/in war zur Benutzung des Kfz berechtigt und im Besitz einer gültigen Fahrerlaubnis. Weitere Angaben erfolgen erst später nach Abschluss des gegen mich laufenden Strafverfahrens“.[38] Damit ist die Frage der Versicherung zwar nicht vollständig beantwortet; von manchen Kfz-Haftpflichtversicherungen wird dieses Verhalten jedoch toleriert. Allerdings gilt, eine ideale Lösung gibt es nicht.

42

Bei strenger Auslegung stellt eine solche ausweichende Antwort, insbesondere zur Person des/der Fahrers/in, allerdings schon einen Verstoß gegen die Aufklärungspflichten dar[39] und dieses kann gem. § 28 Abs. 2 VVG bei vorsätzlicher Verletzung zum Verlust des Versicherungsschutzes der Kfz-Haftpflichtversicherung im Innenverhältnis führen bzw. bei grob fahrlässiger Verletzung dieser Obliegenheit zur Leistungskürzung. Allerdings ist in der Kfz-Haftpflichtversicherung die Leistungsfreiheit bei „normalen“ Obliegenheitsverletzungen gem. § 6 Abs. 1 KfzPflVV auf maximal 2.500 € beschränkt und bei besonders schwerwiegender vorsätzlicher Obliegenheitsverletzung auf maximal 5.000 € gem. § 6 Abs. 3 KfzPflVV erweitert. Allerdings ist die Obliegenheitsverletzung besonders schwerwiegend, wenn sich der Versicherungsnehmer seiner Kfz Haftpflichtversicherung gegenüber weigert, den Fahrer zum Unfallzeitpunkt anzugeben.[40]

43

Zur Obliegenheitsverletzung des Kfz-Versicherungsvertrages bei Verkehrsunfallflucht bzw. dem Regress der eigenen Kfz-Haftpflichtversicherung bei Beendigung des Strafverfahrens bzw. Einstellung nach § 153a StPO vgl. Rn. 100 ff.

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