Kitabı oku: «Rätsel im Ballsaal. Historischer Roman», sayfa 2

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„Benedict de Lys kenne ich natürlich, von Mr. Stafford habe ich noch nie gehört. Wer ist das?“

„Oh – äh – er leitet einen recht vornehmen Herrenclub.“

„Eine Spielhölle?“, hauchte sie halb entsetzt, halb fasziniert.

„Nein. Nein, nicht so. Sicher kann man dort spielen und trinken und – äh – sich unterhalten, aber das findet durchaus mit Niveau statt. Aber ich wollte nicht über Stafford tratschen. Die Jungen in den Waisenhäusern bekommen eine recht annehmbare Schulbildung, lernen akzentfrei zu sprechen und sich gesittet zu betragen, so dass sie durchaus Lakaien in vornehmen Häusern werden können. Oder Stallburschen, Reitknechte, Gärtnergehilfen.“

Portia nickte billigend. „Und das ist der Anfang eines möglichen Aufstiegs, ich verstehe. Sehr löblich – das trägt Ihnen gewiss viel Ehre ein.“

Er grinste. „Kaum, Miss Willingham. Diejenigen, die davon wissen – und das sind nicht gerade viele – wundern sich eher, wie ich mich mit diesen schmutzigen Kindern abgeben kann.“

„Wo Sie doch Ihre Zeit viel nutzbringender darauf verwenden könnten, mit einem Standesgenossen darauf zu wetten, welche Fliege die Fensterscheibe schneller hinaufkrabbelt“, schlug Portia vor und blickte verschmitzt zu ihm auf.

Wenn er grinste, erhellte sich sein manchmal doch etwas düsterer Blick und er hatte ein Grübchen neben dem rechten Mundwinkel. Eigentlich war er recht sympathisch, fand sie.

„Ganz recht“, bestätigte er dann aber nur. „Wie alt sind denn die Mädchen in Ihrem Waisenhaus?“

„Oh, zwischen vier und dreizehn. Danach können sie nicht mehr länger bleiben. Ich finde das zu früh, um in die Welt hinausgeschickt zu werden, aber es gibt so viele elternlose kleine Mädchen und das Heim ist nicht groß genug, um alle aufzunehmen, ohne die Ältesten zu entlassen. Jüngere als vier Jahre gibt es natürlich auch, aber die sehe ich seltener, weil sie für Unterricht noch etwas zu jung sind.“

Cecil nickte wieder. „Wir bräuchten eben mehr solcher Heime. Gut geführte, natürlich.“

„Oder für die Mütter die Möglichkeit, ihre Kinder bei sich zu behalten und zugleich ihren Lebensunterhalt zu verdienen.“, schlug Portia vor.

„Ein interessanter Gedanke“, lobte er. „Ich werde mich auf jeden Fall damit auseinandersetzen. Wir werden uns auf dem nächsten Ball bestimmt sehen und das Gespräch fortsetzen können.“

„Das sollte mich freuen, Mylord.“

Sie ließ sich zu Lady Hertwood zurückgeleiten und knickste dort höflich vor ihm.

„Das war aber ein langer Tanz“, murmelte Melinda.

„Oh – meinst du, zu lange? Wir haben uns noch unterhalten und sind dabei durch den Ballsaal promeniert, für alle Welt sichtbar. War das unangemessen?“

Melinda lächelte. „Nicht doch, ich dachte nur – recht vielversprechend?“

„Er ist sehr nett und vor allem auch klug, scheint mir. Vielleicht treffe ich ihn auf anderen Bällen wieder!“

„ich würde es dir wünschen, Portia. Ach herrje…“

Portia sah auf; Viscount Kelling. Nun, so furchtbar fand sie ihn nun auch wieder nicht, aber in der Konversation arg öde und im Ton eher unfreundlich.

Sie folgte ihm auf die Tanzfläche, lächelte freundlich, knickste graziös und ließ sich von ihm durch die Figuren führen. Gelegentlich tauschte sie mit ihrer Nachbarin den Platz, wenn der Schritte es erforderten, aber ansonsten sprach der Viscount. Zunächst über das Wetter (immer noch unangenehm kühl, nicht wahr?), über den Ball (überfüllt, aber so etwas zeigte ja den Erfolg einer Veranstaltung, nicht wahr?) und über die Vorzüge Londons (so ein reiches Angebot an Unterhaltungen, nicht wahr?).

Nicht wahr? war dabei eine reine Floskel, er wartete nie ab, ob Portia etwas dazu anzumerken wünschte, sondern sprach sofort weiter.

Nachdem die Standardthemen abgehandelt waren, kam er zur Sache: „Sie haben vorhin mit Walsey getanzt?“

„Gewiss.“ Hoffentlich vertrieben ihn einsilbige Antworten – aber sie hatte da wenig Hoffnung.

„Er wird Sie nicht heiraten, wissen Sie.“

„Ach?“ Welch unverschämte Bemerkung! Sie verwarf die Strategie der Einsilbigkeit, dafür war sie zu ärgerlich.

„Sie glauben, ich wolle jeden Mann heiraten, der mich zum Tanz auffordert? Ist Ihnen nicht klar, dass wir praktisch keine Aufforderung ablehnen dürfen? Sollte ich sagen Nein, ich tanze nicht mit Ihnen, Sie wollen mich bestimmt nicht heiraten? Das gäbe einen netten Skandal!“

„Wie meinen Sie das, Miss Willingham?“

„Genauso wie ich es gesagt habe.“

Zurück zur Einsilbigkeit!

Diese Kombination wirkte bestimmt dämpfend, lobte sie sich selbst.

„Aber alle jungen Damen wollen doch heiraten?“

„Und die Männer nicht, außer wenn die junge Dame die lästige Beigabe zu einem hübschen Packen Staatspapiere ist. Das ist mir auch klar. Deshalb höre ich doch nicht bei jedem Gentleman, der sich vor mir verbeugt, sofort Hochzeitglocken läuten!“

„Bei Walsey jedenfalls nicht. Ist wohl auch besser so.“

„Ach.“

Das fand Kelling wohl nicht neugierig genug, jedenfalls zog er ein arrogantes Gesicht und sprach nicht mehr weiter. Ein Steingesicht ziehen konnte Portia auch; sie beschränkte sich darauf, die zweite Dame im Carré freundlich anzulächeln, eine schüchterne Debütantin, die dafür recht dankbar zu sein schien.

In verkniffenem Schweigen endete der Tanz und der Viscount brachte Portia zurück, gönnte ihr kürzest mögliche Verbeugung und entfernte sich.

„Da ist aber jemand beleidigt“, stellte Lady Tenfield fest, die hinter Melinda saß und leise vor sich hin kicherte.

„Oh, Mylady!” Portia erhob sich hastig wieder und knickste ehrerbietig. „Ja, ich glaube, er ist – nun, zumindest enttäuscht. Er wollte mir Klatsch über Lord Walsey erzählen und ich habe deutliches Desinteresse gezeigt. Lord Walsey kam mir recht vernünftig vor und Lord Kelling: nun ja.“

„Alberner Langweiler. Walsey ist vernünftig, er kennt auch meinen Neffen und einige andere kluge Männer, die sich für den ton nicht interessieren. Ich frage mich nur, warum er jetzt wieder in der Gesellschaft auftaucht…“

„Wie die meisten Menschen, die nicht ganz freiwillig auf solchen Festivitäten erscheinen, sucht er wohl nach einer Ehefrau. Wäre ich denn hier, wenn ich nicht heiraten wollte?“

„Gut gesprochen, Kindchen! Wenn man diese Suche aber hinter sich hat, ist es recht nett, sich das Treiben anzuschauen und ein bisschen mitzuklatschen. Nicht wahr, Lady Hertwood – Lady Lynet?“

Cecilia, die sich gerade neben Melinda niederließ, grinste spöttisch. „Wobei das Wissen, selbst nicht mehr Spekulationsobjekt zu sein, fast der reizvollste Aspekt sein dürfte.“

Portia lachte. „Auf diesen Tag freue ich mich schon – denn ganz ehrlich müsste ich diesen Heiratszirkus nicht ununterbrochen haben.“

„Das müsste wohl niemand“, antwortete Cecilia fächelnd. „Heiß hier… Nicht umsonst endet die Saison ja genau dann, wenn sie den Menschen zum Halse heraushängt.“

„Na, nicht deshalb, Kindchen! Das liegt wohl eher an der Parlamentspause.“

„Die haben wohl auch keine Lust mehr“, entgegnete die unbezähmbare Cecilia.

„Aber ich überlege noch, was Kelling gemeint haben könnte…“

„Was hat er denn genau gesagt?“ Melinda wollte ihr ja gerne Aufschluss geben – sofern sie konnte.

„Erst hat er festgestellt, ich hätte mit Walsey getanzt. Das habe ich nicht bestritten, wozu auch? Daraufhin meinte er, Walsey werde mich nicht heiraten.“

„Was für ein Idiot!“, kommentierte Lady Tenfield nicht gerade leise.

Portia lächelte ihr zustimmend zu. „Ich wurde natürlich wütend – soll ich bei jedem Mann, der mit mir tanzt, Heiratswünsche entwickeln? Wenn ich sogar mit einem Unsympathen wie Kelling tanzen muss? Oh, wie schade! Dass hätte ich als Argument anführen sollen, dann hätte er mich auf der Tanzfläche stehen gelassen.“

„Der Höhepunkt des Abends“, kommentierte Cecilia.

„Und ein Skandal!“, merkte Melinda sanft an. „Das war alles?“

„Nein. Er sagte noch Das ist auch besser so. Meint er, es ist besser, wenn mich niemand heiratet? Wenn ich mir keine zu großen Hoffnungen mache? Oder wenn Walsey nicht heiratet?“

„Was hast du denn geantwortet?“

„Nur noch ein betont gleichgültiges Ach? Daraufhin hat er gar nichts mehr gesagt.“ Portia zuckte die Achseln. „Verstanden habe ich das alles nicht, aber dummerweise würde es mich jetzt doch interessieren, auch wenn es, weil es von Kelling kommt, gewiss doch nur lauter Unsinn ist.“

„Vermutlich“, sinnierte Melinda und drehte sich zu Lady Tenfield. „Mylady, Sie wissen doch alles! Was könnte die Giftkröte Kelling denn gemeint haben?“

Die Angesprochene seufzte. „Das hieße, über die Angelegenheiten eines Mannes zu klatschen, der mir nie etwas getan hat. Bei Kelling selbst oder Gestalten wie Carew hätte ich da deutlich weniger Skrupel.“

„Nur das Nötigste, bitte, Mylady!“, flehte Portia.

„Es wäre mir lieber, sie fragten Hertwood oder Lynet, die doch mit ihm einigermaßen gut bekannt sind – aber nun ja. Es gab da Gerüchte über den Tod seiner Frau, vor einigen Jahren.“

„Ach, der Arme… das ist bitter. Hat er Kinder?“

„Eine kleine Tochter, soweit ich weiß.“

„Ohne Mutter… das kenne ich aus eigener Erfahrung“, sinnierte Portia.

„Es heißt, er kümmere sich sehr liebevoll um sie.“

Portia nickte gedankenverloren. „Wir haben über Waisenhäuser gesprochen…“

Die Musik setzte wieder ein und ihr Herz sank, denn es kam ein junger Mann auf sie zu, der trotz seiner noch jungen Jahre schon recht wohlbeleibt war und mit seinen leicht vorquellenden, leer dreinblickenden blassblauen Augen einen wenig intelligenten Eindruck vermittelte – einen Eindruck, der sich schon bei Tänzen in der letzten Saison auch bestätigt hatte.

„Bezaubernde Miss Willingham!“

„Wie bitte, Sir Alexander?“

„Was meinen Sie?“ Jetzt staunte er auch noch mit offenem Mund!

„Das tut wohl nichts zu Sache, Sir Alexander.“ Sie bemühte sich streng dreinzusehen, vielleicht erinnerte ihn das an seine Nanny (derer er immer noch zu bedürfen schien) und er benahm sich geringfügig besser?

Nein, er griff nach ihrer Hand und zog sie hoch. „Kommen Sie tanzen!“

Sie konnte sich nicht wehren, ohne Aufsehen zu erregen, aber sie zischte ihm auf dem Weg zur Tanzfläche doch zu: „Könnten Sie das vielleicht etwas gesitteter gestalten, anstatt mich durch die Gegend zu zerren?“

„Was haben Sie denn plötzlich?“

Ihr Glück, dass es kein Walzer war! Bei einer Allemande konnte er sich wenigstens nicht so dicht an sie pressen…

„Was heißt hier plötzlich? Ich wüsste nicht, dass ich schon einmal Gefallen in schlechtem Betragen gefunden hätte!“

„Ich kann mich gar nicht schlecht benehmen, immerhin bin ich ein Baronet!“

Was für ein dümmliches Argument: Sogar der Prince of Wales konnte sich schlecht benehmen - und das nicht zu knapp!

Aber das sagte sie jetzt besser nicht, am besten schwieg sie überhaupt und zog eine belästigte Miene!

„Wenn Sie so hochnäsig dreinschauen, sehen Sie besonders reizend aus.“

Verflixt! Und das hätte sie jetzt beinahe auch noch laut gesagt…

„Ach.“

Die Allemande schien ihr ewig zu dauern, aber immerhin machte Sir Alexander keine Andeutungen über Walsey. Das konnte natürlich auch daran liegen, dass er den Klatsch der Leute nicht mitbekam, schließlich sah er nicht nur recht töricht drein, er war auch nicht gerade das, was man geistvoll oder auch nur einigermaßen klug nannte.

Er verneigte sich, als die Musik verklang und ließ sie alleine zu ihren Bekannten zurückfinden. Nicht, dass sie das nicht auch selbst fertigbrachte – aber seine Manieren waren wirklich unter aller Kritik!

„Diesem Lümmel sollte jemand mal angemessenes Benehmen einprügeln“, fand Lady Tenfield.

Portia lächelte. „Aber Mylady, Sie verstehen nicht – er ist ein Baronet und hat von daher doch automatisch eine perfekte Aufführung, oder etwa nicht?“

Die alte Dame kicherte beglückt. „Das würde ich ja zu gerne ein wenig unter die Leute bringen.“

„Aber von Herzen gerne!“ Portia setzte sich, zupfte ihr Kleid zurecht und seufzte. Sie würde wirklich gerne heiraten – einen vernünftigen, klugen und netten Mann! – und bestimmt zwei, drei Jahre lang keinen Ballsaal mehr von innen sehen…

Nach einigen Minuten stand sie wieder auf und schlenderte einmal durch den Ballsaal, unterhielt sich mit einigen Mädchen, mit denen sie sich angefreundet hatte, trank mit Cecilia de Lys ein Glas Champagner, spottete mit ihr über ein grauenvolles Ballkleid in schreiendem Purpur, abgesetzt mit jadegrünem Samt, passend zum Turban in Grün mit einer purpurn gefärbten Feder. Leider wussten sie beide nicht, wer die fragliche Dame war. Cecilia tanzte danach mit ihrem Gemahl und Portia kehrte zu Melinda zurück, die etwas müde wirkte und sehr gerne bereit war, nach Hause zu fahren und Portia unterwegs in der South Audley Street abzuliefern.

Im Wagen atmete Portia tief auf.

„So schrecklich?“, fragte Melinda mitfühlend.

„Nun ja… ich bin dir und Cecilia so dankbar, dass ihr mich chaperoniert, wenn Tante Margaret dazu nicht in der Lage ist, aber wenn ich ehrlich bin, habe ich mir heute erst gedacht, sobald ich einen annehmbaren Mann gefunden habe, möchte ich einige Jahre lang keinen Ballsaal mehr sehen. Vor allem Kelling und Sir Alexander Jessen waren wirklich unangenehm.“

„Ich habe mich schon gefragt, warum diese beiden plötzlich an dir so interessiert sind“, sinnierte Melinda.

„Also, so ein Schreckmittel bin ich doch auch nicht!“, empörte sich Portia nur halb im Scherz.

„Natürlich nicht, aber ich frage mich… ausgerechnet diese beiden – mit Verlaub – Trottel? Was haben sie außer schlechten Manieren noch gemein? Ich muss Sebastian fragen, er weiß es bestimmt.“

„Und dann diese seltsame Art, Walsey bei mir anzuschwärzen, nur weil ich einmal mit ihm getanzt habe…“

„Du hast dich auch recht lange mit ihm unterhalten. War es ein gutes Gespräch?“

„Oh, das finde ich schon. Was man für Waisenkinder tun müsste, ist doch wohl interessanter als das Wetter, der überfüllte Ballsaal oder die Frage, ob der Pavillon des Regenten in Brighton grauenvoll oder wunderschön ist. Dass er nicht an Reformen interessiert zu sein scheint, finde ich deutlich wichtiger – und ärgerlicher.“

„Aber die meisten Gentlemen finden, über so etwas sollte sich eine Lady nicht ihr hübsches Köpfchen zerbrechen.“

„Natürlich! Wer nicht mitdenkt oder nicht mitdenken darf, ist doch viel leichter zu beherrschen!“

„Sehr guter Gedanke, Portia! Und gut, dass uns hier niemand hören kann, sonst schrumpfte die Auswahl an netten Männern wohl beträchtlich…“

Portia schnaubte. „Einen, der mir das Denken verbietet, will ich gar nicht! Dann lieber gar keinen.“

„Aber wovon willst du dann leben?“

„Habt ihr nicht ein leeres kleines Cottage auf Herrion?“

Melinda riss die Augen auf und Portia lachte. „Das war nur ein Witz! Ich würde euch nicht auf der Tasche liegen wollen, ihr tut schon genug für mich! Ich bin euch ja so dankbar…“

Melinda drückte ihr die Hand. „Es ist uns ein Vergnügen! Und du wirst in dieser Saison bestimmt einen Mann ganz nach deinem Geschmack finden. Die Ballsäle sind voller Trottel, da stimme ich dir zu, aber es gibt auch andere! Und hier sind wir schon bei den Arnebys…“

Kapitel 4

Im Hyde Park herrschte der übliche Trubel, denn um diese Zeit war es nun einmal modische Pflicht, sich hier im Wagen, zu Pferd oder auch zu Fuß zu zeigen und seine Bekannten zu grüßen.

Portia saß mit Cecilia und Benedict Lynet in einem sehr schicken Landauer und lächelte in alle Richtungen. Nur als sie Kelling und Jessen sah, setzte sie eine halb hochmütige, halb mürrische Miene auf – wenigstens hoffte sie, so einigermaßen abschreckend zu wirken.

„Warum schaust du so böse, Portia?“, fragte Cecilia.

„Ach, da sind diese beiden Trottel wieder“, murrte sie. Benedict sah sich um. „Kelling? Jessen? Du lieber Himmel, nichts wie weg hier! Die beiden sind dumm wie die Nacht finster und außerdem vollkommen abgebrannt.“

„Warum gehen sie dann mir auf die Nerven?“, fragte Portia. „Man könnte ja meinen, ich sei eine Erbin oder hätte wenigstens eine Mitgift. Welch idiotischer Plan…“

„Ich sage ja, außerordentlich dumm.“ Benedict gönnte den beiden Herren am Wegesrand ein äußerst knappes Nicken, ohne das geringste Lächeln und schon waren sie an den beiden vorbei, die zu Fuß unterwegs waren.

Cecilia unterhielt sich mit einigen Freundinnen, bis die jeweiligen Kutscher darauf hingewiesen wurden, die Pferde nicht zu lange stehen zu lassen.

„Oh!“, tuschelte da Lady Poulmere und schlug die Hand theatralisch vor ihren Mund. „Da ist ja – das ist doch – ist das nicht – Walsey?“

Portia versuchte, gleichmütig zu wirken, ließ aber so unauffällig wie möglich ihren Blick schweifen. Da, dort hinten ritt er auf einem prachtvollen Braunen gesittet dahin!

„Ist das so ungewöhnlich?“, erkundigte sie sich dann mit leicht gelangweilter Stimme. „Kommen nicht alle besseren Herren zur einen oder anderen Saison?“

„Aber doch nicht Walsey!“, stöhnte Lady Poulmere in ihre exquisit behandschuhte Hand.

„Ach?“

„Louisa, lass das“, mahnte ihre Freundin.

„Warum? Man muss die Leute doch vor ihm warnen?“

„Du weißt genau, dass das alles nur dumme Gerüchte sind!“

„Aber aufregende Gerüchte!“ Über dem Handschuh funkelten die blauen Augen begeistert.

Cecilia schüttelte den Kopf. „Louisa, seit wann bist du so eine unangenehme Klatschbase? Ich bin enttäuscht von dir. Kommt, wir fahren weiter!“

Einige Minuten später hielt Walsey auf seinem Braunen neben dem Landauer an und zog seinen Hut. Cecilia nickte freundlich, Portia lächelte, Benedict unterhielt sich sogar mit Walsey, der sich schließlich verabschiedete und weiterritt.

„Jetzt möchte ich aber doch wissen, welche albernen Gerüchte über Walsey im Umlauf sind. Mir kommt er nämlich sehr vernünftig vor“, erklärte Portia und funkelte die Lynets kriegerisch an.

„Das ist er auch“, stimmte Benedict zu. „Kluger Mann, kümmert sich um Arme im East End, hat wenig Sinn für die Albernheiten der feinen Gesellschaft – die Melly und Cecilia so lieben.“ Er grinste.

„Wir machen uns über den ton doch nur lustig. Und wir versuchen, netten Mädchen den richtigen Mann zuzuschanzen und nicht irgendwelche dümmlichen Mitgiftjäger…“, erklärte Cecilia.

„Das finde ich auch sehr lobenswert, Cecilia – aber was sagen die Klatschbasen denn nun über Walsey? Ich versichere euch, ich falle nicht in Ohnmacht! Was die Ziegen, die wir vorhin getroffen haben – Poulmere und jene andere? - behaupten, ist ja höchstwahrscheinlich ohnehin gar nicht wahr…“

„Das denke ich auch, aber man müsste es eben beweisen. Und Walsey tut nichts dergleichen! Also, man sagt, er habe seine Frau getötet, weil sie untreu gewesen sei.“

„Das ist eine böse Anschuldigung“, stellte Portia fest. „Und wie ist man darauf gekommen? Warum kam er nie vor Gericht – oder gab es tatsächlich einen Prozess?“

„Nicht dass ich wüsste. Ich werde Seb fragen, er hat das Gesellschaftliche damals wohl besser verfolgt.“

„Damals? Ist das schon so lange her?“

„Ach nein, vier Jahre. Ich glaube, seine kleine Tochter ist jetzt sechs… als sie zwei war, verschwand Lady Walsey.“

„Aha. Und sie kann nicht einfach durchgebrannt sein? Vielleicht mit einem – äh – Liebhaber?“

„Aber Portia!“, rügte Cecilia ohne rechte Überzeugungskraft. „Was bitte weißt du denn von Liebhabern?“

„Natürlich überhaupt nichts, liebste Cecilia.“ Sie zog ein frommes Gesicht, musste aber leider kichern.

„Portia hat da vielleicht recht“, machte Benedict dem Vergnügen ein Ende, „war da nicht tatsächlich von einem jungen Verehrer die Rede? Wir müssen unbedingt Seb fragen. Am besten heute, das interessiert mich nämlich jetzt selbst. Der bedauernswerte Walsey… ich glaube nicht, dass er so glücklich ist. Oder auch nur zufrieden.“

„Er hat eine Tochter?“, fragte Cecilia. „Keine Söhne?“

„Nein, offenbar ist Lady Walsey schon zuvor verschwunden. Warum fragst du?“

„Ich könnte mir vorstellen, dass er nach einer zweiten Frau sucht, denn er braucht ja ein, zwei Erben für sein Earldom, nicht wahr?“

„Sehr richtig. Er soll aber in seine erste Frau durchaus verliebt gewesen sein. Ob er da noch viel Gefühl aufbringen kann, wenn er so enttäuscht worden ist…?“

„Wäre ihm denn zuzutrauen, dass er in seiner Enttäuschung auch zu Gewalt greift?“

Das wusste Benedict seiner Frau nicht zu beantworten. „Er ist nun nicht gerade mein engster Freund, nicht wahr? Ich könnte mich umhören, aber schlafende Hunde zu wecken ist nicht ganz ungefährlich…“

„Du lieber Himmel, bitte, Benedict, tu das nicht!“, bat Portia sofort, „wenn diese Gänse jetzt schon über aufregende Gerüchte tratschen und Idioten wie Kelling mir versichern, Walsey werde mich nicht heiraten und darüber möge ich gefälligst froh sein, solltest du auf keinen Fall die falschen Leute fragen!“

Benedict nickte. „Hattest du denn Interesse an Walsey?“

Portia rollte die Augen. „Nach einem Tanz und einem – zugegebenermaßen nicht langweiligen – Gespräch? Das wäre doch wohl leicht übertrieben! Sicher möchte ich in dieser Saison gerne heiraten, aber in den ersten Tanzpartner auf dem ersten Ball muss ich doch auch nicht gerade meine Krallen schlagen, oder? Er ist recht sympathisch, mehr weiß ich ja auch noch nicht. Etwas düster vielleicht.“

„Das könnte an seiner Enttäuschung liegen“, vermutete Benedict.

„Oder er kennt alle diese Gerüchte über ihn und lehnt die Gesellschaft deshalb ab?“, schlug Cecilia vor.

„Wahrscheinlich beides“, seufzte Portia.

Cecilia zwinkerte ihrem Gemahl zu. „Und eine gewisse Düsternis kann bei einem Mann ja auch recht attraktiv wirken, nicht wahr?“

„Wie bitte? Wann war ich denn jemals düster?“

„Wer spricht denn von dir, mein Schatz? Du warst höchstens rätselhaft – und das ist nicht unbedingt anziehend!“

Er ergriff die Hand seiner Gemahlin und hauchte einen Kuss darauf. „Ich bin nur froh, dass du mittlerweile nicht mehr so schlecht von mir denkst!“

Cecilia kicherte und Portia überlegte, ob die beiden sie ganz vergessen hatten oder ihr mit dem verliebten Geplänkel etwas sagen wollten: Sollte sie vielleicht nicht auf die düstere Atmosphäre, die Walsey um sich verbreitete, hereinfallen? Aber was hieß denn überhaupt hereinfallen? Sie hatte nicht das Gefühl, dass Walsey sie überhaupt umworben hatte; er hatte sich doch nur ernsthaft mit ihr unterhalten! War er überhaupt düster gewesen? Vielleicht war das auch das falsche Wort gewesen…

In der Ferne sah sie den großen Braunen mit Walsey im Sattel, wie er den Park verließ. Er saß sehr gut zu Pferde – aber das taten nahezu alle Gentlemen… nun, Sir Alexander bestimmt nicht, der hing wohl wie ein Sack im Sattel!

„Portia, was ist los? Bist du müde?“

„Nein“, antwortete sie verträumt, „ich dachte nur an Sir Alexander Jessen.“

„Wie bitte? Warum ausgerechnet an diesen – diesen -“

„Trottel“, ergänzte Benedict den Satz seiner Frau.

„Herzlichen Dank.“

„Ich dachte gerade, er hat gewiss einen furchtbaren Sitz zu Pferde. Wie ein Sack Getreide…“

Die Lynets prusteten beide los. „Genau!“, japste Cecilia dann. „Portia, du hast eine böse Zunge – und du hast vollkommen recht! Er muss ein miserabler Reiter sein…“

Sie winkten noch Lady Tenfield und ihrer immer geknechtet wirkenden Gesellschafterin zu, gönnten Sir George Dalley und seiner arroganten Gemahlin einen recht schmallippigen Gruß und versuchten den Earl of Carew zu ignorieren.

Dann wies Benedict den Kutscher an, zur South Audley Street zu fahren und Cecilia erinnerte an den Ball bei Mrs. Ramsworth am folgenden Abend.

„Darauf freue ich mich schon sehr – ihre Bälle sind immer besonders nett“, antwortete Portia. „Und mir scheint, sie lädt vergleichsweise wenige unangenehme Gäste ein, nicht wahr?“

„Ich würde mir nicht zu viele Hoffnungen machen, dass dir Kelling und Jessen erspart bleiben, meine Liebe“, wandte Benedict ein. Portia seufzte darob kummervoll und machte sich daran vor dem Haus ihrer Verwandten auszusteigen.

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