Kitabı oku: «Rätsel im Ballsaal. Historischer Roman», sayfa 4

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Mr. Kemble freute sich, dies zu hören, denn er lebte auch in Mayfair, gar nicht einmal so weit von der South Audley Street entfernt. Er lebte bei seinen Eltern und nur in den unmodischen Jahreszeiten pflegte man sich aufs Land zurückzuziehen.

Das klang Portia, die sich nachdenklich drehte und die vorgeschriebenen Schritte mit der gebotenen Grazie ausführte, recht vielversprechend; also erkundigte sie sich, wo das Landgut seiner Eltern denn zu finden sei.

Er seufzte. „Einige Tagesreisen von London entfernt, schon fast in Yorkshire! Warum sich unsere Altvorderen ausgerechnet dort ansiedeln mussten, verstehe ich auch nicht.“

„Aber vielleicht hatte ihnen dort irgendein König das Land geschenkt? Da kann man ja schlecht sagen: Herzlichen Dank, Euer Majestät, aber haben Sie nicht auch etwas in Surrey im Angebot?“

Er kicherte. „Das Gesicht des Königs hätte ich ja gerne gesehen! Leider weiß ich gar nicht, welcher das gewesen sein könnte.“

„Oh, aber die eigene Familiengeschichte ist doch interessant? Was die Familie in alten Zeiten geleistet hat, woher der Titel – so man einen hat – rührt, was man dafür getan hat. Mir hat einmal jemand erzählt, einer seiner Vorfahren habe zur Zeit der Rosenkriege gleich drei Könige verraten. Gut, das ist eher kein Ruhmesblatt, aber auch da weht einen doch der Hauch der Geschichte an, meinen Sie nicht?“

„Nun, vielleicht haben Sie da recht… ich sollte es mir wohl einmal angelegen sein lassen, die Familiengeschichte zu studieren. Bis jetzt war das für mich immer ein Haufen muffig dreinblickender Gestalten in merkwürdiger Kleidung, zu Hause in der Ahnengalerie, wo sie einen vorwurfsvoll anschauen.“ Er grinste und sie erwiderte das mit einem freundlichen Lächeln. Das machte ihn gleich noch etwas zutraulicher und so erzählte er, dass er sich bei Erzählungen seiner Großeltern immer sehr gelangweilt und deshalb auch nicht recht zugehört habe; Pferderennen und Wettfahrten mit Vierspännern hätten ihm deutlich mehr zugesagt.

„Aber man wächst aus diesen Jugendtorheiten ja auch langsam heraus, nicht wahr, Miss Willingham? Ich denke, Sie haben mir da durchaus Anregungen gegeben, herzlichen Dank auch dafür! Und natürlich für diesen Tanz.“

Passenderweise endete die Musik in genau diesem Moment und Mr. Kemble zog Portias Hand elegant an seine Lippen.

Sie lächelte höflich, bewahrte aber doch etwas Zurückhaltung.

„William Kemble“, sagte da eine tiefe Stimme links neben ihr, „ich wusste es doch! Kennen Sie mich noch?“

Mr. Kemble löste seinen Blick von Portia, die nach links blickte und mehr als höflich lächelte.

„Walsey? Der Freund meines Onkels! Natürlich! Lange nicht mehr gesehen, Walsey – und ausgerechnet hier? Sie mögen doch keine Bälle?“

„Das tue ich auch nicht. Ich bin im Interesse der Familie hier. Aber der heutige Ball hat mir eigentlich recht gut gefallen.“ Er lächelte Portia zu, was Mr. Kemble an seine Manieren erinnerte – hastig stellte er die beiden einander vor und blinzelte irritiert, als beide fröhlich lachten.

„Danke, Kemble“, erklärte Walsey schließlich, „aber wir kennen uns schon – zumindest haben wir bereits miteinander getanzt. Sie kommen also etwas zu spät…“

Kemble ließ seinen Blick zwischen den beiden hin und her wandern. „Ja, das denke ich auch. In mehrfacher Hinsicht, wie mir scheint?“

Angesichts der verständnislosen Mienen lachte er kurz auf und entschuldigte sich dann, der habe da einen Bekannten gesehen, den er unbedingt sprechen müsse.

„Worüber haben Sie sich mit ihm unterhalten, Miss Willingham?“, fragte Walsey und wirkte unmittelbar danach direkt erschrocken, als erschiene ihm diese Frage nun unangebracht. Also schob rasch nach: „Wenn Ihnen diese Frage nicht aufdringlich erscheint?“

Portia sah fragend zu ihm auf. „Warum denn? Nein, das ist doch nicht aufdringlich. Er schien sich nicht für seine Familiengeschichte zu interessieren, offenbar blicken seine Vorfahren in der heimischen Ahnengalerie zu missbilligend auf ihn herab. Und ich fand, dass Familiengeschichte doch interessant ist, zu wissen, wann jemand für besondere Leistungen belohnt wurde – mit einem Titel etwa – oder sich ganz besonders blamiert hat. Da hat er Besserung gelobt. Nun, wahrscheinlich war das nur eine Floskel. Aber er scheint recht sympathisch zu sein, nur vielleicht noch ein wenig – grün?“

Walsey lächelte. „Das mag sein. Ich bin, wie Sie wahrscheinlich gehört haben, mit seinem Onkel George befreundet, der zurzeit den Titel trägt – und William war immer schon das, was man einen Lausbuben nennt, den Kopf stets voller dummer Streiche. Und seitdem scheint er sich nicht zu sehr verändert zu haben.“

Portia kicherte. „Ich sehe ihn förmlich vor mir, Äpfel stehlen, einen wilden Bullen reizen, mit einem Bettvorleger und einem Scheunendach seine Flugfähigkeiten ausprobieren…“

„Haben Sie das etwa getan?“

„Nicht doch, ich war ein recht braves Kind. Die Nachbarsjungen haben solche Heldentaten unternommen und ich durfte dann, wenn ich zufällig auf Arneby weilte, Krankenbesuche machen, wenn sie mit gebrochenen Armen und Knöcheln darniederlagen. Manchmal habe ich sie schon beneidet um die Freiheiten, die sie hatten – nicht um die Knochenbrüche!“

Sie waren plaudernd um die Tanzfläche promeniert und Portia erschrak, als sich ein sichtlich pikierter junger Herr vor ihr aufbaute: „Miss Willingham, ich glaube, das ist unser Tanz, nicht wahr?“

Mit einem bedauernden Lächeln zu Walsey wandte sie sich ihrem neuen Tänzer zu und bemühte sich, ihn nicht spüren zu lassen, dass er sie gestört hatte.

Kapitel 7

Am nächsten Vormittag, als sie mit Tante Margaret wieder einmal auf dem Weg zur Buchhandlung war, wunderte sie sich, wieviele junge Gentlemen ihnen begegneten und ehrerbietig ihre modischen Hüte zogen. Warum waren sie um diese frühe Tageszeit – sozusagen kurz nach Ballende – überhaupt schon auf den Beinen? So makellos herausgeputzt obendrein? Und warum erkundigte sich ausnahmslos jeder nach ihrem Befinden nach diesem doch gewiss sehr anstrengenden Abend? Machte sie einen so schwächlichen Eindruck? Zunehmend schlich sich ein Hauch von Befremdung in ihre Antworten und die letzten drei Herren – kurz vor Hatchards – fühlten sich offenbar kühl abgefertigt, jedenfalls wurden die Verbeugungen noch tiefer und der letzte lächelte mühsam: „Wirklich die Königin der Gesellschaft, Miss Willingham!“

„Was haben die heute nur?“, fragte Tante Margaret danach.

„Einen Vogel“, antwortete Portia gereizt. „Ich weiß auch nicht, was die alle wollen. Ich habe mich ja gestern schon gewundert, warum meine Tanzkarte derartig schnell derartig voll wurde. Keinen einzigen Tanz konnte ich auslassen!“

„Nun, vielleicht haben sie einfach erkannt, dass du ein reizendes Mädchen bist?“ Tante Margaret war wirklich gutherzig!

„Eher noch hat irgendein Witzbold das Gerücht in die Welt gesetzt, dass rote Haare der letzte Schrei seien“, antwortete Portia. „Manchmal kam es mir so vor, als hielten sie mich für eine reiche Erbin, aber wie sollten sie nur auf eine so hirnrissige Idee gekommen sein?“

„Portia, nicht solche Ausdrücke!“, mahnte ihre Tante etwas geistesabwesend.

„Hirnrissig? Wie sollte man eine solche Idee denn sonst nennen? Dabei habe ich doch überhaupt kein Geld! Papa ist ja stets knapp dran – und andere Verwandte habe ich außer euch doch gar nicht.“

„Bist du dir da eigentlich so absolut sicher, meine Liebe?“, wandte Lady Arneby ein.

Portia staunte. „Wie meinst du das? Weißt du da mehr als ich?“

Tante Margaret seufzte. „Ich weiß es ja auch gar nicht sicher, aber hatte deine Mutter nicht noch Geschwister?“

„Nein, ich glaube nicht. Gesagt hat Papa jedenfalls darüber nie etwas, vielleicht hatte er sich mit denen überworfen, nachdem Mama tot war. Papa streitet ja häufig mit den Leuten…“

„Das stimmt leider wirklich.“

„Vermutlich ist es sein Ärger über seine so bescheidenen Verhältnisse. Ich glaube, sein Vater hat sich nicht gerade vorbildlich um den Besitz gekümmert, oder?“

„Das war auch mein Vater“, erinnerte Tante Margaret, „und du hast Recht, fürchte ich. Papa spielte gerne und war bei jedem großen Fest in London anzutreffen, immer aufwendig gekleidet… selbst gab er auch gerne Einladungen, aber Willings konnte das überhaupt nicht erwirtschaften. Ich war ja froh, dass William um mich anhielt, bevor ich gar keine Mitgift mehr zu erwarten hatte!“ Sie seufzte bei der Erinnerung.

„Und mein Papa – dein Bruder – saß dann mit dem angeschlagenen Besitz da. Aber da siehst du es, Tante Margaret: Woher sollte da denn eine Erbschaft für mich kommen?“

„Ich versuche gerade, mich an die Familie deiner Mutter zu erinnern… nein, mir fällt nicht einmal mir ein, wie sie vor der Heirat mit Hector geheißen hat. Der Taufname… Anne… Mary… nein… aber wie dann?“

„Nein, Mary war es, glaube ich, nicht. Ich glaube auch, etwas mit A… - als sie gestorben ist, war ich erst zwei Jahre alt. Ich weiß nicht einmal, woran sie gestorben ist!“

„Im Kindbett, zusammen mit deinem kleinen Bruder. Es war sehr, sehr traurig, Hector war am Boden zerstört. Danach hat er dich noch kurz mit deiner Nanny bei sich behalten, aber er hatte wohl das Gefühl, sich nicht angemessen um dich kümmern zu können – und so kamst du zu uns, was uns sehr gefreut hat, weil wir ja keine eigenen Kinder haben.“ Sie umarmte ihre Nichte kurz und sah sich dann verlegen um – aber immerhin standen sie ja schon in einer Nische bei Hatchards und niemand schien es gesehen zu haben.

Stumm, vielleicht wegen der überraschenden Gefühlsäußerung, suchten sie nach interessanten Romanen; Portia fand obendrein noch eine Untersuchung über das Elend in Whitechapel, die ihr vielversprechend erschien und wollte sich schon mit drei Bänden dem Angestellten zuwenden, um zu bezahlen, als sie abrupt stehen blieb.

Viscount Kelling zog schwungvoll den Hut. „Miss Willingham…! Ich hätte Sie eher bei einer besonders eleganten Modistin vermutet!“

Er nickte Lady Arneby, die er wohl für eine ältliche Anstandsdame hielt, sehr obenhin zu und fixierte Portia auf seine übliche, unangenehm eindringliche Art.

„Halten Sie mich für so hohlköpfig?“, schnappte Portia sofort zurück. „Aber warum sollte mich das auch wundern… Würden Sie bitte den Weg freigeben!“

„Warum so eilig? Und worüber zerbrechen Sie sich überhaupt ihr reizendes Köpfchen?“

Portia hatte schon auf der Zunge Darüber, warum manche Männer so abgrundtief dumm sind, aber da nahm er ihr doch tatsächlich die Bücher aus der Hand und sah sie rasch durch. Den Band über Whitechapel legte er sofort beiseite: „Das ist nichts für Ladys!“

Einen Roman billigte er, den anderen nicht. Portia, kurz davor, ihn mit den Büchern niederzuschlagen, raffte den kleinen Stapel wieder an sich und wandte sich an Lady Arneby: „Liebe Tante, den Band hier hat dieser Möchtegern-Literaturkritiker gebilligt, bist du so nett, ihn zurückzulegen?“

Kelling blubberte verlegen und wollte sich Lady Arneby vorstellen, aber die hob die Hand. „Danke, aber darauf lege ich angesichts Ihres unsäglichen Benehmens keinerlei Wert mehr, Mr. Wieauchimmer.“

„Ich bin Viscount! Viscount Kelling.“

„Ach? Und man hat Sie nicht zum Gentleman erzogen? Eigenartig. Komm, Portia, das Publikum hier gefällt mir nicht.“

Portia packte die beiden geschmähten Bände fester und folgte ihrer Tante zum Tisch des Verkäufers.

„Grässlicher Kerl“, fand Lady Arneby draußen. „Eine Ballsaalbekanntschaft, vermutlich?“

„Ja, zuletzt von dem Ball bei den Prestons. Mrs. Ramsworth hat ihn dankenswerterweise nicht eingeladen. Schrecklich. Er und dieser Sir Alexander Jessen gehen mir fürchterlich auf die Nerven. Warum darf sich eine Dame eigentlich nicht weigern, mit einem Herrn zu tanzen?“

„Das darf sie – wenn er erkennbar vollkommen betrunken ist.“

„Schön – wenn er aber ein vollkommener Idiot ist, reicht das nicht als Grund?“

Tante Margaret lachte. „Nein. Da hilft nur eisiges Schweigen oder dauernder Widerspruch.“

„Das habe ich ja getan, aber die beiden scheinen recht dickfellig zu sein. Ich glaube langsam tatsächlich, dass irgendein Scherzbold das Gerücht von meiner angeblichen Erbschaft in Umlauf gebracht hat – Kelling und Jessen scheinen auch deshalb um mich herumzuschwirren.“

„Ich denke, auf den nächsten Ball werde ich wieder einmal mitgehen. In meiner purpurfarbenen Robe und dem violetten Turban.“

„Welch finstere Drohung“, spöttelte Portia. „Damit wirst du auf jeden Fall furchteinflößend wirken. Möchtest du mir dann vielleicht auch verbieten, mit Kelling oder Jessen zu tanzen?“

„Wenn dich das froh stimmen würde? Gerne. Aber Lord Walsey sollte ich wohl genehmigen?“

„Unbedingt! Ein wirklich kluger Mann – und mir scheint, er nimmt mich auch ernst. Da ist es eine Freude zu tanzen. Und er tanzt auch korrekt und zieht mich nicht zu eng an sich wie Kelling. Ekelhaft!“

„Dann sollte ich mich wohl mit anderen Anstandsdamen austauschen“, sinnierte Lady Arneby mit maliziösem Lächeln.

„Und vielleicht Lady Tenfield einen Tipp geben, niemand verbreitet ein Gerücht oder eine Warnung schneller. Natürlich nur, wenn es sich um die Wahrheit handelt.“

„Nun, dass Viscount Kelling die Manieren eines gewöhnlichen Lohnkutschers hat, kann ich nun wirklich persönlich bezeugen!“

„Übermorgen sind wir bei den Partingtons eingeladen! Soll ich deiner Zofe dabei helfen, das purpurfarbene Prachtgewand aufzubügeln?“

Lady Arneby grinste. „Nicht nötig. Wenn du willst, darfst du den lila Turban entstauben. Daran könnte man übrigens auch eine Straußenfeder befestigen – was meinst du?“

Portia erschauerte, schwieg aber wohlweislich.

In der South Audley Street angekommen, zog sie sich in ihr Schlafzimmer zurück, aber anstatt sich mit ihren Neuerwerbungen voller Vorfreude aufs Bett zu werfen, öffnete sie ihren kleinen Schreibkoffer und verfasste einen Brief an ihren Vater. Nach allerlei Beschreibungen Londons – es gab ja immer interessante Neubauten, zurzeit gerade von John Nash - und des gesellschaftlichen Lebens erkundigte sie sich, wie es auf Willings stand und fragte dann erst, ob er etwas über die Verwandten ihrer Mutter wisse – sie werde zurzeit derartig hofiert, dass sie schon befürchten müsse, fälschlicherweise als Erbin in aller Munde zu sein!

Zufrieden las sie sich alles noch einmal durch. Nein, da konnte Papa nicht murren, seine Tochter melde sich auch nur, wenn sie etwas von ihm wolle! Außerdem wollte sie ja nur eine Auskunft, nicht etwa Geld! Sie führte noch herzliche Grüße an alle Leute auf Willings an, die ihr gerade einfielen, und sprach ihren Wunsch nach seiner guten Gesundheit aus, dann streute sie etwas Sand über den Bogen, blies ihn vorsichtig auf den Toilettentisch, wo sie ihn mit der Hand zusammenfegen und ihn sparsam in die Büchse zurückbefördern konnte, faltete den Bogen mehrfach zusammen, schrieb die Adresse darauf und verschloss ihn mit dem Siegel. Onkel William würde ihn freimachen und zur Post bringen lassen…

Wahrscheinlich würde Papa zurückschreiben, er verstehe gar nicht, warum ihre irregeleiteten Verehrer auf diese absurde Idee kämen – jeder müsse doch wissen, dass er ihr keine Mitgift geben und auch nichts hinterlassen könne; alles, was er noch besitze, sei Willings – und das sei zur Gänze an den Titel gebunden, den ja bekanntlich Cousin Douglas erben werde. Dieser aber brauche mit seiner wachsenden Familie gewiss jeden Penny selbst…

Portia seufzte; sie glaubte nicht, dass Papa sich energisch genug um Willings gekümmert hatte; bei den seltenen Gelegenheiten, zu denen sie ihn gesehen hatte, hatte er einen freundlichen, aber doch sehr – nun – entschlusslosen Eindruck auf sie gemacht.

Dass sie in Wahrheit gar nichts in eine Ehe mitzubringen hatte, war wirklich ein Manko! Und als Tochter eines sozusagen gewöhnlichen Barons hatte sie auch keine begehrenswerten Verbindungen vorzuweisen; an keinem Ende ihres eher uninteressanten Stammbaums saß ein Earl oder gar ein Herzog oder auch nur jemand, der politischen oder gesellschaftlichen Einfluss hatte, wenn man von den Arnebys einmal absah.

Nun, irgendjemand, mit dem sie zurechtkommen konnte, würde sich in dieser Saison schon finden lassen, aber ganz gewiss nicht Kelling! Dann lieber Gouvernante werden oder Zofe. Für Zofe fehlte ihr zwar das Geschick, aber vermutlich konnte man das alles lernen… ob die Arnebys ihr eines Tages eine Kleinigkeit vererben würden? Nachfragen wollte sie nicht, das sah dann gleich so gierig aus. Und eigentlich war sie ihnen ja auch sehr dankbar, dass sie sie großgezogen, auf die Schule geschickt und dann wieder aufgenommen hatten. Und ihr nun schon die dritte Saison ermöglichten, ohne sie in eine Ehe zu drängen!

Vielleicht kam morgen Vormittag ja jemand zu Besuch… oder bei den Partingtons ergab sich etwas. Und vielleicht hatte sie ganz großes Glück und Kelling hatte sein Interesse auf eine andere Unglückliche geheftet…

Sie lebte ja nicht im Märchenland! Ihr blieb nichts, als abzuwarten. Und jetzt würde sie Tante Margaret fragen, ob sie ihr nicht ein wenig helfen konnte!

Tante Margaret aber hatte alles im Griff. „Wolltest du nicht dieses Buch über die Armut in Whitechapel lesen? Wenn es dir dieser unerzogene Mensch schon verbieten wollte?“

Das hatte etwas für sich, fand Portia und kehrte nach dem Lunch wieder in ihr Zimmer und zu dem erwähnten Buch zurück, wo es sich leider als reichlich trocken und einschläfernd erwies. Sie bemühte sich redlich, aber sie schlief schließlich tatsächlich ein und wachte erst kurz vor dem Tee wieder auf. Kurz wieder frischgemacht, eilte sie in den Salon, um sich bei Tante Margaret zu entschuldigen. Als sie merkte, dass diese Besuch von zwei anderen älteren Ladys hatte, scheute sie zurück, aber Tante Margaret forderte sie auf, doch näherzutreten. Also knickste sie höflich, erkundigte sich nach dem Wohlbefinden der Damen und setzte sich, um eine Tasse Tee entgegenzunehmen. Sie trank in kleinen Schlucken und lauschte einer Diskussion über verschiedene Arten von Gelenkschmerzen und die Frage, ob es dabei um Rheuma oder Gicht handelte oder um bloße Wehleidigkeit?

Schließlich erlahmte offenbar das Interesse an Salbenrezepten gegen Knieschmerzen und die Damen wandten sich Portia zu. „Man hört, Sie seien bei Mrs. Ramsworth sozusagen die Ballkönigin gewesen? Meinen Glückwunsch. Miss Willingham!“

Portia seufzte. „Ich war ungewöhnlich umschwärmt, Sie haben recht, Lady Harte, aber ich kann mir nicht recht erklären, wie es dazu gekommen ist. Ich vermute ja, dass irgendjemand das Gerücht in Umlauf gebracht hatte, ich hätte eine reiche Erbschaft zu erwarten. Das würde das plötzliche Interesse an mir erklären, nicht wahr?“

Die Damen widersprachen sofort, Portia sei doch so eine reizende junge Dame, sehr attraktiv – „und diese wundervolle Haarfarbe, in Locken obendrein!“

„Nun, es kann aber nicht bestritten werden, dass Gentlemen, die eine Heirat ins Auge fassen, auch auf eine Mitgift schielen“, widersprach Tante Margaret sofort.

Über dieser Diskussion geriet Portia schnell in Vergessenheit, denn jede der Damen kannte mindestens einen – nicht näher bezeichneten – jungen Mann, der nicht nur um des schnöden Mammons willen heiraten wollte. Verschiedenste Neffen, Söhne von besten Freundinnen und mehr oder weniger junge Nachbarn „bei uns zu Hause auf dem Land, Sie wissen ja!“, passierten Revue. Portia fragte sich unwillkürlich, warum keines dieser Musterexemplare jemals in einem Londoner Ballsaal auftauchte. Stattdessen musste man sich mit Gestalten wie diesem Kelling oder dem nicht gerade verlockenden Sir Alexander herumärgern…

„Portia?“

„Verzeihung?“

„Wahrscheinlich denken Sie gerade auch an einen reizenden jungen Mann?“, schmunzelte Lady Harte.

Portia seufzte. „Wenn ich ehrlich sein darf, Mylady-“

Tante Margaret gab ein warnendes Geräusch von sich.

„– dann dachte ich gerade an einen eher unangenehmen, aber recht aufdringlichen Herrn, dem ich hoffentlich auf dem nächsten Ball aus dem Weg gehen kann.“

„Oh, Sie Arme! Nun, das kannten wir zu unserer Zeit wohl alle, nicht wahr?“

Lady Harte sah sich in der Runde um und erntete gewichtiges Nicken allenthalben. Tante Margaret erzählte, wie sich Kelling heute bei Hatchards benommen hatte – und alle Damen waren entrüstet. Sie hätten wohl liebend gerne noch die mangelhafte Erziehung einiger angeblicher Gentlemen diskutiert, aber sie wollten ihren Besuch natürlich auch nicht ungebührlich ausdehnen, also verabschiedeten sie sich der Reihe nach – und schließlich sahen Lady Arneby und Portia sich nachdenklich an. „Haben wir Kelling jetzt unmöglich gemacht oder eigentlich gar nichts erreicht?“

„Wahrscheinlich gar nichts“, vermutete Portia und seufzte. „Nun, bei den Partingtons werden wir es ja sehen. Ach, bei denen ist es immer so besonders überfüllt…“

„Aber sie leisten sich stets wirklich gute Musiker“, gab ihre Tante zu bedenken. „Wenn du wieder so oft zum Tanz geholt wirst, ist das doch immerhin ein Vorteil?“

Portia stimmte schicksalsergeben zu. So gerne sie tanzte - manchmal läge sie lieber auf ihrem Bett und läse, anstatt in einem Ballsaal ununterbrochen über das Parkett zu wirbeln oder die steifen Figuren der traditionelleren Tänze auszuführen und dabei eine möglichst oberflächliche Konversation aufrecht zu erhalten.

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