Kitabı oku: «Verfassungsprozessrecht», sayfa 15
a) Rechtswegerschöpfung
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Zum „Rechtsweg“ im Sinne des § 90 Abs. 2 S. 1 BVerfGG gehören alle gesetzlich geregelten Rechtsschutzmöglichkeiten, mittels derer der Beschwerdeführer die Korrektur des Aktes öffentlicher Gewalt erreichen kann, dessen Grundrechtswidrigkeit er rügt bzw mittels derer der Beschwerdeführer eine Verpflichtung des Hoheitsträgers erreichen kann, dessen grundrechtswidriges Unterlassen er mit seiner Verfassungsbeschwerde angreift (vgl BVerfGE 122, 190, 203; 67, 157, 170; 56, 54, 58). Eine Verfassungsbeschwerde, mit der der Beschwerdeführer eine Verletzung seines Rechts auf rechtliches Gehör gem. Art. 103 Abs. 1 GG durch ein Gericht geltend macht[175], ist daher nur zulässig, wenn er zuvor eine Anhörungsrüge (§ 321a ZPO, § 152a VwGO, § 178a SGG, § 78a ArbGG, § 44 FamFG, § 133a FGO, §§ 33a, 356a StPO) erhoben hat (BVerfGE 122, 190, 198)[176] – es sei denn, ein Instanzgericht hat den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt und diese Gehörsverletzung wurde in der nächsten Instanz nicht korrigiert (keine „sekundäre Anhörungsrüge“, BVerfGE 133, 143, 155 f)[177]. Will der Beschwerdeführer die überlange Dauer eines gerichtlichen Verfahrens mit der Verfassungsbeschwerde rügen, muss er zuvor ordnungsgemäß, aber erfolglos Verzögerungsrüge und wohl auch Klage auf angemessene Entschädigung erhoben haben (§ 198 GVG, vgl BVerfGK 19, 424, 426 f; BVerfG-K, 2 BvR 437/12 vom 16.10.2014, Abs.-Nr 15).[178]
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Nicht zum Rechtsweg gehören offensichtlich unzulässige (BVerfGE 91, 93, 106), aber auch gesetzlich nicht geregelte Rechtsbehelfe wie bspw die „Gegenvorstellung“ (BVerfGE 122, 190, 203). Die rechtsstaatlichen Anforderungen an die Rechtsmittelklarheit schließen es aus, die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde von der vorherigen erfolglosen Einlegung solcher außerordentlicher Rechtsbehelfe abhängig zu machen (BVerfGE 107, 395, 417). Nicht zum Rechtsweg gehören auch Rechtsbehelfe, die zwar gesetzlich geregelt und im konkreten Fall statthaft, aber offensichtlich aussichtslos sind, weil „im Hinblick auf eine gefestigte jüngere und einheitliche höchstrichterliche Rechtsprechung auch im konkreten Falle kein von dieser Rechtsprechung abweichendes Erkenntnis zu erwarten ist“ (BVerfGE 9, 3, 7 f).
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Rechtsbehelfe, deren Statthaftigkeit, Zulässigkeit, Reichweite oder Erfolgsaussichten im konkreten Fall zweifelhaft sind, müssen genutzt werden, und das Nicht-Vorliegen von Rechtsprechung zugunsten der Zulässigkeit des Rechtsbehelfs in der konkreten Fallgestaltung genügt regelmäßig nicht, um die Anrufung der Fachgerichte als von vornherein aussichtslos anzusehen (BVerfGE 145, 20, 54). Diese Fälle sind für den Beschwerdeführer ausgesprochen heikel. Zwar heißt es in der Senatsrechtsprechung mit Recht, dass einem Beschwerdeführer, der von einem Rechtsbehelf Gebrauch gemacht habe, dessen Zulässigkeit unterschiedlich behandelt werde, keine Nachteile daraus erwachsen dürften, wenn sich ein solcher Rechtsbehelf als unzulässig erweise (BVerfGE 128, 90, 99 f; 149, 86, 110). Die Rechtsprechung der Kammern zur „Offensichtlichkeit“ der Unzulässigkeit bzw. Aussichtslosigkeit von Rechtsbehelfen zeichnet sich gleichwohl durch eine erhebliche Schwankungsbreite aus.[179] Mitunter sehen Kammern selbst solche Rechtsbehelfe als „offensichtlich unzulässig“ an, die im Ausgangsverfahren von einem Kollegialgericht als zulässig behandelt wurden (BVerfG-K NJW-RR 2008, 75 f). Verzichtet der Beschwerdeführer auf die Einlegung solcher Rechtsbehelfe, riskiert er, dass das BVerfG seine Verfassungsbeschwerde als unzulässig behandelt, weil er den Rechtsweg nicht erschöpft oder den Subsidiaritätserfordernissen (ausf. Rn 299 ff) nicht Genüge getan hat. Macht er von ihnen Gebrauch, kann es ihm passieren, dass das BVerfG seine Verfassungsbeschwerde als verfristet verwirft, da unzulässige Rechtsmittel nicht zum Rechtsweg gehören, der Beschwerdeführer mithin die Monatsfrist des § 93 Abs. 1 S. 1 BVerfGG versäumt hat („Neunzigzwei-Dreiundneunzigeins-Falle“)[180].
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Erfahrene Beschwerdeführer bzw. deren Prozessbevollmächtigte legen daher in solchen Fällen parallel sowohl den zweifelhaft zulässigen bzw. erfolgversprechenden Rechtsbehelf als auch – innerhalb der Monatsfrist des § 93 Abs. 1 S. 1 BVerfGG – Verfassungsbeschwerde ein, bitten aber unter Hinweis auf die Einlegung des Rechtsbehelfs zugleich darum, die Verfassungsbeschwerde einstweilen noch nicht in das Verfahrensregister, sondern vorläufig in das Allgemeine Register zu übertragen („Parken im Allgemeinen Register“). Dieser Bitte wird im Allgemeinen entsprochen, obwohl sie weder im BVerfGG noch – zu diesem Zwecke – in der Geschäftsordnung des Bundesverfassungsgerichts eine Grundlage findet.[181] Hat der Rechtsbehelf Erfolg, kann die Verfassungsbeschwerde zurückgenommen werden; hat er keinen Erfolg, gelangt die Verfassungsbeschwerde dann erst – nach Erschöpfung des Rechtsweges – in den Verfahrensgang[182]. Die zunächst unzulässige Verfassungsbeschwerde kann damit – durch nachträgliche Rechtswegerschöpfung – zulässig werden (vgl BVerfGE 2, 105, 109). Zwar wird diese Praxis in der Literatur mit Recht kritisiert[183], und auch das BVerfG hat erkannt und schon mehrfach darauf hingewiesen, dass ein solches paralleles Vorgehen dem Beschwerdeführer im Grunde nicht zumutbar ist und dem Grundsatz der Prozessökonomie Hohn spricht (BVerfGE 107, 395, 417; 122, 190, 305). Da die Rechtsprechung der Kammern nach wie vor kaum prognostizierbar ist und jede Grundsatzentscheidung der Senate neue Fragen aufwirft, kann Beschwerdeführern – solange das BVerfG hier keine Abhilfe schafft – die zweigleisige Vorgehensweise nach wie vor nur dringend empfohlen werden.[184]
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„Erschöpft“ iSd § 90 Abs. 2 S. 1 BVerfGG hat der Beschwerdeführer den Rechtsweg nur dann, wenn er von allen in seinem Fall zum Rechtsweg gehörenden Rechtsbehelfen prozessordnungsgemäß (s. dazu auch Rn 329), aber erfolglos Gebrauch gemacht hat (vgl BVerfGE 68, 376, 381). Er muss den gesamten Instanzenzug ordnungsgemäß durchlaufen. Nicht „erschöpft“ ist der Rechtsweg also, wenn der Beschwerdeführer von einem zulässigen Rechtsmittel keinen Gebrauch gemacht bzw. dieses wieder zurückgenommen hat (BVerfGE 2, 123, 124) oder sein Rechtsbehelf aus Gründen, die er zu vertreten hat, als unzulässig zurückgewiesen wurde. Wird eine Entscheidung bestands- oder rechtskräftig, weil der Beschwerdeführer zu spät Rechtsmittel eingelegt hat, ist der Rechtsweg nicht erschöpft (so bereits BVerfGE 1, 12, 13; 34, 204, 205); wurde sein Rechtsmittel aus anderen formellen Gründen als unzulässig zurückgewiesen (etwa wegen Nichtbeachtung des Vertretungszwangs), gilt dasselbe (so bereits BVerfGE 1, 13, 14). Auf eine gerichtliche Rechtsbehelfsbelehrung darf sich der Beschwerdeführer verlassen. Ist sie fehlerhaft und wäre ein Rechtsbehelf statthaft gewesen, geht der gerichtliche Rechtsirrtum nicht zu seinen Lasten (BVerfGE 146, 294, 307 f mwN).
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Strikt abzulehnen ist die von einigen Kammern des BVerfG unter dem Label „Fristvorwirkung“ eigenmächtig geübte und von Teilen der Literatur befürwortete Praxis, Verfassungsbeschwerden als unzulässig abzulehnen, wenn der Beschwerdeführer im vorgängigen fachgerichtlichen Verfahren von einem nicht fristgebundenen fachgerichtlichen Rechtsbehelf nicht binnen Monatsfrist Gebrauch gemacht hat.[185] Zwar spricht der der Fristbestimmung des § 93 BVerfGG zugrunde liegende Gedanke der Rechtssicherheit in der Tat dafür, die Option der Verfassungsbeschwerde nicht ad infinitum offenzuhalten.[186] Die Möglichkeit der Verwirkung des Klagerechts im fachgerichtlichen Verfahren – welche dann zur Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde mangels Rechtswegerschöpfgung führt – schafft hier jedoch hinreichend Abhilfe (vgl Rn 398). Eine Rechtsgrundlage für die Übertragung der verfassungsprozessualen Monatsfrist auf unbefristete fachgerichtliche Rechtsbehelfe jedenfalls ist nicht einmal ansatzweise erkennbar.[187] Hinzu kommt, dass die Frage in der Senatsrechtsprechung ungeklärt ist[188] – anders, als die Begründungen der einschlägigen Kammerentscheidungen suggerieren.[189] – Das VerfGBbg hat 2018 nach gründlicher Aufarbeitung der Rechtsprechung und des Streitstands entschieden und ausführlich begründet, dass und warum eine „Fristvorwirkung“ für das Verfassungsbeschwerdeverfahren zum Verfassungsgericht des Landes Brandenburg nicht in Betracht kommt (VerfGBbg, 56/16 v. 16.3.2018, Rn 28–39).
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Die umstrittene Frage, ob der Beschwerdeführer schon von Beginn des fachgerichtlichen Verfahrens an verfassungsrechtliche Erwägungen und Bedenken vortragen muss, um den Rechtsweg ordnungsgemäß „erschöpft“ zu haben, hat das BVerfG inzwischen dahin entschieden, dass der Beschwerdeführer sich im fachgerichtlichen Ausgangsverfahren regelmäßig darauf beschränken darf, auf eine ihm günstige Auslegung und Anwendung des einfachen Rechts hinzuwirken (BVerfGE 112, 50, 60 ff; vgl auch BVerfGE 125, 104, 120; 129, 269, 279; 146, 294, 308). Das Gebot der Erschöpfung des Rechtswegs fordert nicht, dass der Beschwerdeführer schon das fachgerichtliche Verfahren als „Verfassungsprozess“ führen muss[190], wohl aber, dass Einwände, die eine mit der Verfassungsbeschwerde beanstandete verfassungswidrige Rechtsprechung hätten abwenden können, nicht erst im Verfassungsbeschwerdeverfahren, sondern schon im fachgerichtlichen Verfahren rechtzeitig substantiiert vorgetragen werden (BVerfGE 149, 407, 410). Klar ist auch, dass alle für die Entscheidung maßgeblichen Tatsachen bereits im Ausgangsverfahren vorzutragen sind und ein grundsätzlich neuer Tatsachenvortrag im Verfassungsbeschwerdeverfahren ausgeschlossen ist (BVerfGE 140, 229, 233).
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Der Beschwerdeführer muss den Rechtsweg nicht zwingend in Person erschöpft haben (vgl § 90 Abs. 2 S. 1 BVerfGG). So ist beispielsweise die Rechtswegerschöpfung durch den Kläger auch dem Beigeladenen zuzurechnen (BVerfGE 51, 386, 396). Teilt man die hier vertretene Ansicht, dass nicht ein Prozessstandschafter, sondern der Grundrechtsträger selbst verfassungsbeschwerdebefugt ist (o. Rn 275), wird man ihm die Erschöpfung des Rechtswegs durch den Prozessstandschafter zurechnen bzw davon ausgehen dürfen, dem Grundrechtsträger stehe kein Rechtsweg offen[191].
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Nicht zum Rechtsweg gehören das Verfahren der Landesverfassungsbeschwerde (§ 90 Abs. 3 BVerfGG)[192] und der Amtshaftungsprozess, in dem nur geprüft wird, ob dem Kläger durch schuldhaftes rechtswidriges Handeln einer Amtsperson ein Schaden zugefügt wurde. Ist dem Kläger kein Schaden entstanden oder liegen sonstige Voraussetzungen des Anspruchs aus § 839 BGB iVm Art. 34 GG nicht vor, unterbleibt die Prüfung, ob die betreffende Amtsperson verfassungsgemäß gehandelt hat (vgl BVerfGE 20, 162, 173).
b) Subsidiarität
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Über die Erschöpfung des Rechtswegs im engeren, soeben beschriebenen Sinne hinaus muss der Beschwerdeführer „nach den Anforderungen an die materielle Subsidiarität“ (BVerfG, 1 BvR 276/17 vom 6.11.2019, Abs.-Nr 30 mwN) grundsätzlich vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde auch alle ansonsten nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden sonstigen, gesetzlich geregelten prozessualen Möglichkeiten ergriffen haben, um die gerügte Grundrechtsverletzung im fachgerichtlichen Verfahren abzuwenden oder zu beseitigen (BVerfGE 112, 50, 60; 134, 242, 285). Diese müssen allerdings „mit einer gewissen Verlässlichkeit“ zur Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzung führen können (BVerfGE 114, 1, 32). Außerordentliche, gesetzlich nicht geregelte Rechtsbehelfe wie die „Gegenvorstellung“ muss der Beschwerdeführer allerdings auch unter Subsidiaritätsgesichtspunkten nicht einlegen, da es aus rechtsstaatlichen Gründen ausgeschlossen ist, die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde von derartigen Rechtsbehelfen abhängig zu machen (BVerfGE 107, 395, 417; 122, 190, 204). Der Beschwerdeführer muss eine Grundrechtsbeeinträchtigung auch nicht deshalb hinnehmen, weil er stattdessen gegen eine andere vorgehen könnte (so BVerfG, 1 BvR 276/17 vom 6.11.2019, Abs.-Nr 30 zur Bereitstellung eines Internet-Beitrags durch den Inhalteanbieter und dessen Nachweis durch den Suchmaschinenbetreiber).
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Der Subsidiaritätsgrundsatz[193] soll nach der Rechtsprechung des BVerfG vor allem gewährleisten, dass dem BVerfG „infolge der fachgerichtlichen Vorprüfung der Beschwerdepunkte ein bereits eingehend geprüftes Tatsachenmaterial vorliegt und ihm auch die Fallanschauung und die Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch die sachnäheren Fachgerichte vermittelt wird“ (BVerfGE 114, 258, 279, vgl auch BVerfGE 120, 274, 300). Allerdings kommt die Verweisung auf die Inanspruchnahme fachgerichtlichen Rechtsschutzes nicht in Betracht, „wenn von der vorherigen Durchführung eines Gerichtsverfahrens weder die Klärung von Tatsachen noch die Klärung von einfachrechtlichen Fragen zu erwarten ist, auf die das BVerfG bei der Entscheidung der verfassungsrechtlichen Fragen angewiesen wäre, sondern deren Beantwortung allein von der Auslegung und Anwendung der verfassungsrechtlichen Maßstäbe abhängt (BVerfGE 114, 258, 280 mwN).
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Aus Gründen der Subsidiarität müssen auch Beschwerdeführer, die weder ausdrücklich noch der Sache nach eine Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG durch eine gerichtliche Entscheidung rügen oder eine entsprechende Rüge im Verfassungsbeschwerdeverfahren wieder zurückgenommen haben (vgl BVerfGE 126, 1, 17 f)[194], Anhörungsrüge erhoben haben, wenn den Umständen nach ein Gehörsverstoß durch die vorbefassten Fachgerichte nahe liegt (verneint in BVerfGE 126, 1, 18) und zu erwarten wäre, dass vernünftige Verfahrensbeteiligte mit Rücksicht auf die geltend gemachte Beschwer bereits im gerichtlichen Verfahren einen entsprechenden Rechtsbehelf ergreifen würden (BVerfGE 134, 106, LS 2 u. 113). Der Grund dafür ist, dass bei Erfolg einer Anhörungsrüge in den von den Fachgerichten gegebenenfalls erneut durchzuführenden Verfahrensschritten auch andere Grundrechtsverletzungen beseitigt werden können (BVerfGE 134, 106, 115)[195].
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Praktische Relevanz hat der über das Gebot der Rechtswegerschöpfung hinausgehende Grundsatz der Subsidiarität vor allem für Verfassungsbeschwerden gegen Rechtsnormen, zu deren Beseitigung das geltende Recht keine Rechtsbehelfe zur Verfügung stellt[196]. Dies betrifft vor allem Parlamentsgesetze und Rechtsverordnungen des Bundes, aber auch andere Rechtsnormen, die vom Anwendungsbereich des § 47 VwGO, der den Oberverwaltungsgerichten die prinzipale Normenkontrolle bestimmter Rechtsnormen gestattet, nicht erfasst sind.
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Das BVerfG hat diesbezüglich betont, dass der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde dagegen spreche, sie für den Bereich der untergesetzlichen Rechtsetzung als Primärrechtsschutz anzuerkennen. Dies gelte selbst dann, wenn die untergesetzliche Norm einer unmittelbaren verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht zugänglich sei (BVerfGE 115, 81, 91 ff, vgl auch BVerfG-K, 1 BvR 2617/07 v. 4.3.2008, Abs.-Nr 6)[197].
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Die Beschwerdeführer hatten bei der zuständigen Behörde mehrfach Beihilfen beantragt, diese jedoch nicht in der gewünschten Höhe erhalten. Dagegen hatten sie ordnungsgemäß, aber erfolglos Widerspruch, anschließend Verpflichtungsklage erhoben. Die zuständigen Verwaltungsgerichte stellten fest, dass die für die Höhe der Beihilfen maßgebliche Rechtsverordnung des Bundes zwar gegen Art. 3 Abs. 1 GG verstoße, die Gerichte jedoch die dadurch entstehende Regelungslücke nicht füllen könnten, da die Entscheidung darüber, ob und auf welche Weise eine verfassungswidrige Regelung der Verfassungslage angepasst werde, grundsätzlich dem Normgeber obliege. Wegen der Verfassungswidrigkeit der Regelung gebe es keine Rechtsgrundlage für die Berechnung der Ausgleichszahlungen, schon deshalb stünden den Beschwerdeführern keine Leistungsansprüche zu. Die unmittelbar gegen diese Entscheidungen, mittelbar aber auch gegen die gleichheitswidrige Rechtsverordnung gerichteten Verfassungsbeschwerden behandelte das BVerfG als unzulässig, da die Beschwerdeführer auch außerhalb des Anwendungsbereichs von § 47 VwGO „effektiven Rechtsschutz vor den Fachgerichten durch die zusätzliche Erhebung einer Feststellungsklage erlangen“ könnten. Nach der Rechtsprechung der Fachgerichte sei die Überprüfung der Rechtmäßigkeit untergesetzlicher Rechtssätze mit Hilfe der Feststellungsklage möglich. Streitgegenstand einer solchen Klage sei die Anwendung der Norm auf einen bestimmten Sachverhalt, so dass die Frage nach der Rechtmäßigkeit der Norm lediglich als – wenn auch streitentscheidende – Vorfrage aufgeworfen werde. Auf dieser Grundlage könne im verwaltungsgerichtlichen Verfahren gegenüber dem Normgeber auch die Feststellung begehrt werden, dass das Recht der Kläger auf Gleichbehandlung den Erlass oder die Änderung einer Rechtsverordnung gebiete.
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Auch bei Verfassungsbeschwerden gegen Parlamentsgesetze kann die Erhebung einer Feststellungs- oder Unterlassungsklage zu den zuvor zu ergreifenden Rechtsbehelfen gehören. Nach der neueren Rechtsprechung des BVerfG ist das „selbst dann nicht ausgeschlossen, wenn die Vorschriften abschließend gefasst sind und die fachgerichtliche Prüfung für den Beschwerdeführer günstigstenfalls dazu führen kann, dass das angegriffene Gesetz gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dem Bundesverfassungsgericht vorgelegt wird. Entscheidend ist, ob die fachgerichtliche Klärung erforderlich ist, um zu vermeiden, dass das Bundesverfassungsgericht seine Entscheidungen auf ungesicherter Tatsachen- und Rechtsgrundlage trifft. Ein solcher Fall wird in der Regel dann gegeben sein, wenn die angegriffenen Vorschriften auslegungsbedürftige und -fähige Rechtsbegriffe enthalten, von deren Auslegung und Anwendung es maßgeblich abhängt, inwieweit ein Beschwerdeführer durch die angegriffenen Vorschriften tatsächlich und rechtlich beschwert ist“ (BVerfG, 1 BvR 2795/09 vom 18.12.2018, Abs.-Nr 44; vgl auch BVerfGE 145, 20, 55).[198]
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Die vorherige Erhebung einer Feststellungs- oder Unterlassungsklage ist hingegen nicht notwendig, „soweit es allein um die sich unmittelbar aus der Verfassung ergebenden Grenzen für die Auslegung der Normen geht. Soweit die Beurteilung einer Norm allein spezifisch verfassungsrechtliche Fragen aufwirft, die das Bundesverfassungsgericht zu beantworten hat, ohne dass von einer vorausgegangenen fachgerichtlichen Prüfung verbesserte Entscheidungsgrundlagen zu erwarten wären, bedarf es einer vorangehenden fachgerichtlichen Entscheidung nicht. Insoweit bleibt es dabei, dass Verfassungsbeschwerden unmittelbar gegen ein Gesetz weithin auch ohne vorherige Anrufung der Fachgerichte zulässig sind“ (BVerfG, 1 BvR 2795/09 vom 18.12.2018, Abs.-Nr 44 mwN).
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Eine weitere wichtige Ausprägung des Subsidiaritätsprinzips betrifft das Verhältnis von vorläufigem Rechtsschutz und Hauptsacheverfahren. Das BVerfG verlangt von einem Beschwerdeführer, der eine einstweilige gerichtliche Entscheidung angreifen möchte, zunächst, dass der Rechtsweg des Eilverfahrens erschöpft wird („formelle Subsidiarität“). Ein Gebot der „materiellen Subsidiarität“ sei es darüber hinaus, dass der Beschwerdeführer die ihm ansonsten zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nutze, um eine Korrektur der geltend gemachten Verfassungsverletzungen zu erwirken oder eine Grundrechtsverletzung zu verhindern. Danach könne auch die Erschöpfung des Rechtswegs in der Hauptsache geboten sein, wenn nach der Art der gerügten Grundrechtsverletzung das Hauptsacheverfahren die Möglichkeit biete, der verfassungsrechtlichen Beschwer abzuhelfen (BVerfGE 77, 381, 401, vgl auch BVerfGE 110, 77, 88). Dies sei nicht der Fall, wenn die Verletzung von Grundrechten durch die Eilentscheidung selbst gerügt werde, wie etwa bei der Versagung rechtlichen Gehörs oder einer Verletzung des Art. 19 Abs. 4 GG durch die Verweigerung einstweiligen Rechtsschutzes (BVerfGE 79, 275, 278 f; BVerfG-K, 1 BvR 2794/10 vom 20.12.2012, Abs.-Nr 13).
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Verfassungsbeschwerden gegen Zwischenentscheidungen[199] sind grundsätzlich ausgeschlossen, weil Verfassungsverstöße mit der Anfechtung der Endentscheidung gerügt werden können. Dies gilt allerdings nicht, wenn bereits die Zwischenentscheidung zu einem bleibenden Rechtsnachteil für den Betroffenen führt, der später nicht oder nicht mehr vollständig behoben werden kann, was jedenfalls dann der Fall ist, „wenn die Zwischenentscheidung Bindungswirkung für das weitere Verfahren entfaltet, über eine wesentliche Rechtsfrage abschließend befinde[t] und in weiteren Instanzen nicht mehr nachgeprüft und korrigiert werden“ kann (BVerfGE 119, 292, 294).