Kitabı oku: «Die Badenfahrt», sayfa 4
So wie wir aus dem Schiffe steigen, sehen wir zur Linken das grosse gemeinschaftliche Schröpfbad, in welchem selbst eine der vier kleineren Quellen aus der Erde hervorströmt. Es kann gegen 60 Personen fassen und hat zur Seite noch eine besondere Abteilung. Einige Schritte höher zur Rechten des kleinen Platzes steht ein anderes öffentliches Bad, welches sein Wasser zunächst aus der Hauptquelle bezieht. Diese sind aber nicht unbedingte Freibäder, indem jeder, welcher, ohne Bürger von Ennetbaden zu sein, sich derselben bedienen will, für den Tag im Schröpfbad einen, im anderen öffentlichen Bad aber zwei Schillinge bezahlen muss. Hier wird auch kein Almosen ausgeteilt; dagegen sind diese Bäder gehörig eingefasst, bedeckt und gegen Wind und Wetter geschützt. Die Badschillinge fallen in eine gemeinschaftliche Büchse, aus welcher die vier Wirte ihren Kostenanteil an den Unterhalt dieser öffentlichen Bäder und die Besoldung des bei denselben angestellten Badwäschers bestreiten. Das Schröpfrecht, das sie jüngst durch Kauf an sich gebracht, haben sie bereits für 380 Gulden jährlichen Zins verpachtet.
Zum Stern, wo kürzlich nur viere waren, gehören nun durch Anbau von vier neuen acht; Zum Engel nur vier, Zum Rebstock durch vier neu hinzugekommene acht und Zum Hirschen, ebenfalls durch vier neue, acht Privatbäder, welche alle sehr reinlich sind, wovon indes der grössere und ältere Teil für nicht viel mehr als öffentliche Bäder gelten kann, indem wenigstens über den stärksten Andrang die Hausgäste darin so nahe als möglich zusammengesetzt werden. Die auffallend zunehmende Betriebsamkeit der Badwirte wird aber diese Anstalten bald zu gemächlicherem Gebrauch vermehren und erhöhen.
Kraft alter Freiheiten hatten diese Wirte eine Polizeiordnung entworfen, welche ihnen am St. Luzientag 1506 vom Schultheiss und Rat bestätigt ward. Darin heisst es unter anderem: «Fragt ein Gast, wo gut Zehrung wäre, soll und mag ein Knecht und sein Weib wohl reden an allen Orten und Enden» (das heisst in allen Wirtshäusern gleich gut), «fragt aber ein Gast mit Namen in ein Haus, das soll man ihm weisen und sagen.»
Vor Zeiten war den Juden in Ennetbaden ein eigenes, abgesondertes Bad eingeräumt, das aber für sie eingegangen ist. Die Wirtshäuser Zum Kreuz, Zum Rössli, Zum Ochsen, welches letztere sehr fröhlich gelegen und empfehlenswert ist, haben keinen Teil an den Quellen, folglich auch keine eigenen Bäder. Ihre Gäste dürfen sich bloss der öffentlichen bedienen.
Die hier befindliche St. Michaelskapelle wird von den Kapellanen der Stadtkirche versehen.
Früher soll es in Ennetbaden etwas liederlich zugegangen sein und angesehene Leute, die sich schämten, ihre Bacchanalien mit feilen Dirnen in den Grossen Bädern unter den Augen vieler Zuschauer zu begehn, fanden hier Gelegenheit dazu. Dergleichen ist jetzt nicht mehr zu bemerken, und mit Ausnahme der Sonn- und Festtage, wo benachbarte Landleute sich hier zum Trunk, zu Spiel und Tanz versammeln, herrscht Ordnung und Stille in den Kleinen Bädern. Wir finden weiter nichts zu beobachten, setzen uns wieder in den Nachen und lassen uns auf das linke Ufer zurückführen.
Dort bilden die sämtlichen Grossen Bäder, welche als integrierender Teil zur Stadtgemeinde gehören, einen eigenen Eingang, welcher an der Halde durch das Haupttor beim Landungsplatz am Wasser und bei der Mattenkirche durch Nebentore alle Nacht abgeschlossen wird. Der Hinter- und Staadhof haben noch ihre besonderen Tore. Um nicht eine weitläufige und verwirrende Beschreibung aller auf beiden Flussufern befindlichen Quellen und ihrer Verteilung in die verschiedenen öffentlichen und Privatbäder und aller Gebäude liefern zu müssen, verweise ich auf den hinten beigefügten Grundriss, den ich der Gefälligkeit des Herrn Leonhard Schulthess im Lindengarten zu verdanken habe, welcher auf seinem Originalplan die jedes Jahr vorfallenden Veränderungen mit grosser Genauigkeit nachträgt.13
Über die Quellenrechte und das jedem Eigentümer zukommende Quantum Wasser wachen und ordnen wie vormals Schultheiss und Rat nunmehr der Ammann und die Stadträte, unter deren Aufsicht die Sammler und Leitungen gemeinschaftlicher Quellen in den Grossen Bädern alle Jahre einmal, am Montag in der Karwoche, untersucht und gereinigt werden. Als Grundlage der Ansprüche jedes Teilhabers wird ein altes, die Badschüssel genanntes Modell des Kessels unter dem heissen Stein, mit allen Seitenöffnungen und den auf messingenen Stäben genau verzeichneten Ausmessungen der verschiedenen Wasserausteilung im Stadtarchiv aufbewahrt. Wenn ich den Überfluss und Gehalt dieses wohltätigen Mineralwassers, die schöne Gegend, in der es hervorquillt und das Bedürfnis des Zeitalters betrachte, so kann ich mich des Wunsches nicht erwehren, dass sämtliche Bäder und Gasthöfe in Baden von einer liberalen Regierung gekauft und nach einem einzigen neuen, alles umfassenden Plan von Grund ausgebaut und eingerichtet werden möchten.
Auf beiden Limmatufern sprudeln in einem kleinen Umkreis 17 warme Quellen, die im Fluss noch vorhandenen nicht gerechnet, aus der Erde hervor und liefern nach Scheuchzers schon im Jahr 1732 bekannt gemachter Berechnung in 24 Stunden 463,036 Badener Stadtmasse14 warmen Mineralwassers. Wie mannigfaltig könnte ein solcher Reichtum benutzt werden!
Alle auf dem linken Ufer befindlichen Wirtshäuser und Bäder sollten weggeräumt und dagegen vier bis fünf grosse zusammenhängende, mit Hofräumen versehene Flügelgebäude aufgeführt werden. In den Fassaden Speise- und Gesellschaftssäle, Küchen und eine Apotheke, nebst Reihen abgesonderter Zimmer für einzelne Gäste. In den Flügeln Wohnungen von mehreren zusammenhängenden Zimmern und Kabinetten für ganze Familien, mit kleinen Küchen, womöglich mit eigenen Seitentreppen (escaliers dérobés) in das jeder Abteilung zustehende Bad. Im ersten und zweiten Stock könnte mit einiger Abwechslung, kleiner oder grösser, wohlfeiler oder kostbarer, je nach dem Bedürfnis ungleich begüterter Menschen eine ähnliche Einteilung stattfinden. Auf jeder Türe müsste neben der Nummer der Mietpreis angeschrieben stehen. In kleineren Seitengebäuden eigene Einrichtung und Wirtschaft für Bauern oder andere weniger bemittelte Leute, die doch noch im Fall wären, ihre Kur zu bezahlen. Ein geräumiges, aber einfaches Schauspielhaus. Für die ganze Anstalt müsste ein geschickter Arzt als Oberaufseher, für jedes Hauptgebäude ein Wirtschaftsverwalter vorhanden sein. Die Umgebungen könnten, wenn der Natur auch nur einigermassen nachgeholfen würde, in die reizendsten Anlagen verwandelt werden.
Die reichhaltigen Quellen des rechten, mit dem linken durch eine Brücke verbundenen Ufers würde ich ausschliessend wohltätigen Zwecken widmen. Dort sollte in Form eines grossen Hospitals ein weitläufiges Gebäude aufgeführt werden nebst geräumigen Bädern, jedes zu 30 bis 40 Personen, wo beide Geschlechter voneinander getrennt baden, schröpfen und ihre Kur unter der Aufsicht eines vom Oberarzt abhängigen Chirurgen gebrauchen könnten. Hier müssten alle Armen und Kranken unentgeltlich verpflegt werden.
Doch, was nützt es, dergleichen nur auszusprechen? Wie und woher sollten sich die zu einer solchen Unternehmung erforderlichen Summen zusammenbringen lassen? Unsere Vorfahren zeichneten sich durch milde grosse Stiftungen auf Jahrhunderte aus und pflanzten Linden, deren Schatten den spätesten Enkeln zugutekommen. Wir werfen den Armen einen Kreuzer in den durchlöcherten Hut, nehmen hochgepriesenen Teil an wohltätigen Subskriptionen, deren Ertrag auf das Bedürfnis des Augenblicks verwendet wird, und pflanzen Akazien, die vor unserem Tod verdorren. Die Welt ist nicht zu ändern, und mein Plan für Baden wird ewig ein frommer Wunsch, eine müssige Träumerei bleiben.
So wollen wir denn froh sein, dass wenigstens Herr Egloff nach dem Verhältnis seiner Kräfte etwas Besseres als das bisher Bestandene aufgestellt hat.
Und nun, da wir nach einem langen kritischen Spaziergang durch alle Bäder und Anstalten endlich spät und müde wieder in unserem Hinterhof angelangt sind, wollen wir uns auskleiden, auf unsere Betten hinlegen, und unter den Schreck- und Finsteraarhörnern unserer Federdecken so sanft als möglich dem kommenden Tag, mit welchem unser Badleben eigentlich erst beginnen wird, entgegenschlummern.
DIE TAGWACHE
In Pyrmont wird der Kurgast alle Morgen von einer Oboistengesellschaft aufgeweckt, welche ihn am Eingang der Allee mit lieblichen Harmonien zur sprudelnden Quelle ruft. Hier ist es anders. Der Gänsejunge öffnet früh das kleine Tor, das auf die Matte geht, und dann unter dem Fälklein die Ställe des Federviehs. Als ob das Capitol in Gefahr wäre, drängen sich einige Hundert Gänse und Enten hervor, erheben sämtlich ihre Stimmen und verbreiten sich auf dem Platz mit gellendem Geschnatter. Das ist die Tagwache, welche den Morgenschlaf aus dem Hinterhof verbannt. Nachdem die verschiedenen alten und jungen Familien aus dem Geschlecht der gelben Breitschnäbel einander weitläufig begrüsst, gemustert und auf dem Hofe sich gehörig umgesehen, ob aus dem Kehricht kein Stoff zur Unterhaltung aufzuschnobbern sei, so watschelt die gesprächige Gesellschaft früher oder später, je nachdem die Ausbeute reichhaltiger oder kärglicher ist, gegen das Tor, begibt sich auf die Matte und sucht dort Zeitvertreib und Nahrung im Grünen. Diese Szene ist eine Art von Prolog zu dem Schauspiel, welches gewöhnlich einige Stunden später an der nämlichen Stelle von ehrbaren Frau Basen und Muhmen aufgeführt wird. Wer auch durch diese Gänsesymphonie aus dem Schlafe geweckt, sich demselben noch gern auf eine Weile hingeben möchte, der wird durch die Bäckerinnen, welche mit Tagesanbruch aus dem Städtchen herabkommen, alle Türen bestürmen und ihre Eierweggen, ihre Rahmpastetchen, die beliebten Chräbeli und besonders die hochgefeierten Spanischbrötchen mit Ungestüm feilbieten, alle Augenblicke wieder wach gepocht. Wo nicht gleich Antwort gegeben wird und die Türe nicht abgeschlossen ist, treten diese Weibsleute mit ihren gepuderten Haaren, deren Geflecht hinten mit silbernen Nadeln in Gestalt eines Löffels aufgeheftet ist (wenn sie nicht etwa schon das Nationalkostüm der neueren Mode geopfert haben), ohne Umstände ins Zimmer, preisen ihre Ware an und lassen sich nur mit Not abweisen. So wird auch der Langschläfer früh genug auf und ins Bad getrieben; ein Zeitgewinn, dessen er sich den ganzen Vormittag zu erfreuen hat.
DAS BAD
Ich möchte jedem, der sich am frühen Morgen ins Bad begeben will, die bequeme Kleidung empfehlen, deren ich mich seit Jahren zu diesem Behuf bediene. Sie hält warm, ist in einem Augenblick an- und ausgezogen und besteht einzig in einem Kamisol von feinem englischen Flanell für den blossen Leib, einem weiten Strumpfpantalon von dichterem Flanell und einem Schlafrock von ähnlichem Stoff mit weiten Ärmeln, der vermittelst eines hinten befestigten Gürtels vorn mit einem Knopf geschlossen werden kann und einen aufstehenden Kragen hat, der unter dem Kinn eingeknöpft wird. Bei dieser aus nicht mehr als drei Stücken bestehenden Kleidung braucht man weder Hemd noch Strümpfe noch Unterhosen noch Halstuch mitzunehmen, was alles sonst im Badgewölbe herumhängen und nur mühsam wieder angezogen werden müsste. Nach dem Bad ist es auch besser, in lauter Wolle eingewickelt zu sein, deren sanftes Reiben besonders wohltätig auf die Haut wirkt. Den Frauenzimmern würde ich eine ähnliche Bekleidung anraten, wenn sie sich über dergleichen ins Toilettenfach einschlagenden Gegenstände etwas vorschreiben liessen.
Das Fälklein im Hinterhof.
So gegen die kühle Morgenluft geschützt, schlüpft man hinab ins Badgewölbe, in welchem selbst man sich unmöglich erkälten kann, weil da die Luft vom Dunst des Wassers immer angenehm erwärmt ist.
Dem Badwäscher ist deswegen zu empfehlen, dass er die Fenster nur so lange offen lasse, bis die Luft erneuert ist, welches über die Zeit geschehen kann, wo er das Bad bereitet, und da dieses wohl auf der Stelle wärmer, aber nicht kälter gemacht werden kann, wenn man nicht gewöhnliches Wasser aus der Limmat beimischen will, so muss es sechs bis acht Stunden, ehe man sich desselben bedienen will, gefüllt sein, und sich bis auf etwa 23 Grad Réaumur durch Verdunstung abkühlen können.
Ob das Bad in der Zwischenzeit von keinem ungebetenen Gast gebraucht worden, lässt sich an einem dünnen Häutchen erkennen, welches vermutlich von der Einwirkung der atmosphärischen Luft auf das Wasser gebildet, auf dessen Oberfläche schwimmt und von der leisesten Berührung verletzt wird. Es sieht demjenigen ähnlich, welches auf dem künstlichen Kalkwasser entsteht, wenn dieses einige Zeit der Luft ausgesetzt war, und mag einige äusserst feine Schwefelblumenteilchen enthalten.
Da man bei verschiedener Lufttemperatur den Wärmegrad des Wassers unmöglich durch das blosse Gefühl bestimmen kann, so ist es nötig, ein Badethermometer bei sich zu haben, das man während des Auskleidens ins Wasser senkt und so viel warmes aus der Röhre nachlaufen lässt, bis die Wärme auf den Grad, dessen man bedarf, gesteigert ist. Vermittelst dieser Massregel kann man sicher sein, immer in der gleichen Temperatur zu baden.
Auf den Thermometern nach Réaumur ist der 25. Grad für die Bäder bezeichnet. Allein nicht alle solche Instrumente sind gehörig reguliert, und die Körperwärme der Menschen ist sehr verschieden. Das beste Regulativ für jeden möchte folgendes sein: Man stecke das Thermometer in einem Augenblick, wo man weder erhitzt ist noch friert, unter die Achselhöhle auf den blossen Leib und knöpfe die Kleider wieder zu; nach Verfluss von höchstens fünf Minuten wird der Weingeist oder das Quecksilber genau die Blutwärme dessen bezeichnen, der sich das Thermometer anpasste. Man merke sich bestimmt und ein für allemal den Grad und bade immer in dieser Temperatur, wenn der Arzt nicht verordnet hat, dass man wärmer oder kälter als der Blutgrad baden soll.
Bauern und viele andere unberatene Leute wähnen, nie warm genug baden zu können, je heisser das Wasser, desto kräftiger glauben sie, sei es. Dies ist aber gar nicht der Fall und wer im Bade geschwitzt und sich rotgebrüht hat, wird Kopfschmerzen und Schwindel bekommen, sich geschwächt fühlen und, zumal bei kühler Luft, sich im Freien bald erkälten. Ob man nur bis an die Brust oder bis ans Kinn im Wasser sitzen müsse, darüber herrschen verschiedene Meinungen. Salomon Hottinger sagte drollig genug und Scheuchzer hat es ihm nachgeschrieben: «Dass der Nabel so viel als der Marchstein, wie des Menschen unteren und oberen Leibs, also auch des Sitzens in dem Bad sei.» Wer indes keine schwache Brust hat und überhaupt keine Unbequemlichkeit davon spürt, tut meines Erachtens wohl daran, wenn er das heilsame Element so viel als möglich auf die ganze Oberfläche seines Körpers wirken lässt.
Wer nach des Arztes Verordnung durch längeres Baden den so manchen Krankheitsstoff durch die Poren ausführenden, oft äusserst wohltätigen Ausschlag bekommen soll, fängt mit zwei Stunden vormittags und einer des Abends an, steigt bis auf fünf Stunden im Tag, und wenn der Ausschlag sich gehörig gebildet hat, so badet man denselben, die Stundenzahl allmählich vermindernd, wieder weg, welches alles in 21 Tagen möglich ist. Viel Bewegung im Freien und an der Sonne fördert diese Krisis; allein man soll sich dabei sorgfältig vor jeder Erkältung hüten, welche den Ausschlag immer richtig wieder zurücktreibt und schwerere Krankheiten verursachen kann, als die war, wegen der man ins Bad kam.
Wer es hingegen zu keinem Ausschlag soll kommen lassen, darf nicht länger als vormittags eine ganze und abends eine halbe Stunde im Bade verweilen.
Auf keinen Fall darf der Badende sich im Wasser dem Schlaf überlassen. Alle Ärzte raten das wohlmeinend und schon vor drei Jahrhunderten schrieb Alexander Sytz: «Man soll allenthalben im Bad etwas Kurzweil haben mit Fabulieren und dergleichen, um damit dem Schlaf zuvorzukommen, denn der Schlaf zieht die Geister hinein und das Bad heraus.»
Die meisten Kurgäste gebrauchen das zweite Bad nachmittags um vier oder fünf Uhr und gehen dann wieder aus und dem Vergnügen nach. Manche setzen sich, nur um bald fertig zu sein, gleich nach dem Essen ins Wasser, was aber höchst schädlich ist, weil die Verdauung dadurch gestört und das Blut nach dem Kopf getrieben wird. Ich habe mich immer am besten dabei befunden, wenn ich erst abends nach vollbrachtem mässigem Spaziergang noch ein halbes Stündchen in der Dämmerung badete. Dann hatte ich mich zu keinem Ausgang mehr anzukleiden, lief nicht Gefahr, mich an der Nachtluft zu erkälten und legte mich, vom Bad angenehm abgekühlt, nach einer leichten Nachtsuppe früh zu Bett. Die Stille beim matten Schimmer einer Kerze hat etwas Trauliches im tiefen Badgewölbe, und nicht selten erhebt darin das einsame Heimchen seine zirpende Stimme.
Aber auch zu jeder anderen Tageszeit ist es eine wahre Wollust, sich hier zu baden. Man befindet sich kaum ein paar Minuten im Wasser, so empfindet man eine sanfte Abspannung, eine unbeschreibliche Behaglichkeit und kann sich frei und bequem in dem weiten Raum herumbewegen.
Zwar sind hier die in den Boden eingesenkten Bäder weder mit Marmor noch mit Zinn oder Porzellan wie in Pyrmont, sondern lediglich mit Holz ausgefüttert und haben ringsumher etwa fusshohe Bänke; dagegen aber sind die meisten derselben und besonders die älteren so tief und weit, dass eine ganze Familie darin Platz findet. Die Kinder überlassen sich in diesen Wassern meist einer ausgelassenen Freude. Sie jubeln, kreischen, spritzen einander, tauchen unter und schwimmen, ihre Schiffchen vor sich herschiebend wie Fische in dem Behälter herum. Oder wenn sie allmählich ruhiger werden, bilden sie mit den Badhemden grosse Blasen, drücken diese aus und treiben allerlei mutwilliges Spiel.
Was enthält aber dieses herrliche Wasser? Welche Wunderkraft ist ihm gegeben, so mancherlei Elend zu mildern, so viele Krankheiten zu heilen? Seitdem Herr Morell im Jahr 1788 seine Analyse desselben bekannt werden liess, sind bedeutende Fortschritte in der Chemie und besonders in der Wasserscheidekunst gemacht worden. Herr Bauhof, Direktor einer Vitriolölfabrik in Aarau, ein ausgezeichneter Chemiker, hat kürzlich eine neue Analyse vorgenommen, aus welcher sich folgendes Resultat ergab:15
Temperatur der Quelle 37 Grad über Null, Réaumur Eigentümliche Bestandteile in 300 Unzen Wasser (ungefähr 6 Mass)
48 Kubikzoll kohlensaures Gas Schwefel-Wasserstoff-Gas in geringer, unbestimmter Quantität
233 Gran schwefelsaurer Kalk (Gips)
186 Gran salzsaures Natrum (Kochsalz)
51 Gran salzsaure Bittererde
48 Gran schwefelsaures Natrum (Glaubersalz)
36 Gran kohlensaurer Kalk
31 Gran schwefelsaure Bittererde (Bittersalz)
11 Gran kohlensaure Bittererde (Magnesia)
5 Gran Extraktiv-Stoff
1 Gran Eisenoxyd
Bestandteile des Selenits oder Badsteins
In tausend Teilen desselben:
790 kohlensaurer Kalk
117 schwefelsaurer Kalk
51 kohlensaure Bittererde
2 salzsaure Bittererde
3 Eisenoxyd
37 Wasser und etwas Extraktiv-Stoff
Diese Analyse erwähnt keinen in konkreter Gestalt vorgefundenen Alaun, womit doch zuweilen die Mündungen der Teichel überzogen sind. Herr J. J. Irniger, Kantons-Apotheker in Zürich, ein trefflicher Chemiker, hat eine solche von einer Wasserröhre in den Kleinen Bädern abgebrochene Kruste mit heimgenommen, welche sich bei chemischer Prüfung als reiner Alaun bewährte. Der Kern des Badsteins unter den Ablassrinnen hinter dem Raben könnte vielleicht darüber einige Resultate liefern, wenn einer dieser jahrhundertealten Stalaktiten zu diesem Behuf zerschlagen und genau untersucht würde.16 In Hinsicht auf die Temperatur der Quellen scheint Herr Bauhof einen Mittelschlag angenommen zu haben, indem er dieselben im Allgemeinen auf 37 Grad über Null nach Réaumur bestimmt. Allein wenigstens vier Quellen sind um einen ganzen Grad wärmer, nämlich die unter dem grossen heissen Stein, die unter dem kleineren daneben, die Verenaquelle und die auf dem rechten Limmatufer. Diese allein treiben den Weingeist oder das Quecksilber auf 38 Grad, wovon ich mich selbst überzeugte, indem ich den Beobachtungen meines verewigten Freundes, Herrn Doktor Zwingli, beiwohnte, welcher die sorgfältigsten Untersuchungen mit drei verschiedenen Thermometern darüber anstellte. Die Wärme der übrigen Quellen ist von ihm nicht gemessen worden.
Herr Doktor Dorer hat also in seiner Beschreibung der Bäder von Baden, worin derselbe der eigenen Quelle des Hinterhofs und derjenigen unter dem vorderen heissen Stein 125 Grad, der Verenaquelle sogar 127 Grad nach Fahrenheit zuschreibt, dagegen die Temperatur der Quelle in den Kleinen Bädern auf 115 Grad herabsetzt, sich ganz bestimmt geirrt, was zumal mit mangelhaften Instrumenten sehr leicht geschehen kann. 127 Grad Fahrenheit betragen ungefähr so viel als 42 Grad Réaumur, und so warm ist nicht einmal die Hauptquelle in Leuk; 115 Grad Fahrenheit sind nicht völlig 37 Grad Réaumur, und dass die Hauptquelle in den Kleinen Bädern eine Wärme von vollen 38 Grad habe, ist durch obenerwähnte Prüfung unumstösslich erwiesen. Johann Jakob Scheuchzer hat im Jahre 1730 seine Untersuchungen dieses Wassers an allen Quellen und mit jeder besonders vorgenommen; allein die neueren Chemiker, welche uns Beschreibungen desselben lieferten, scheinen anzunehmen, dass alle Quellen die nämlichen Bestandteile in gleichen Verhältnissen enthalten, weil sie nicht sagen, aus welcher derselben sie das Wasser, das sie untersuchten, genommen haben und doch kann nicht bezweifelt werden, dass zum Beispiel die Quelle unter dem grossen heissen und diejenige unter dem daneben liegenden kleineren Stein von verschiedenem Gehalt sein müssen. Beim jährlichen Ausreinigen der Leitungen findet man in dem Teiche, der das Wasser aus der Quelle unter dem kleineren Stein in das Freibad führt, immer gegen zwei Pfund wirklichen, schön brennenden Schwefel, indes man diesen in den Teicheln, welche das Wasser aus der Quelle unter dem grossen heissen Stein in verschiedene Bäder leiten, gar nicht oder doch nur in geringem Masse vorfindet. Dagegen scheint in dieser letzteren die Schwefelleberluft im Verhältnis zu jener vorzuherrschen. Es würde sich also der Mühe lohnen, jede Hauptquelle besonders zu analysieren, damit der Arzt jedem Kranken bestimmt diejenige empfehlen könnte, welche ihm am besten dienen wird.
Sehr wahrscheinlich wird das Wasser in den verborgenen Tiefen des Lägernberges gekocht. Die Kleinen Bäder erhalten dasselbe zunächst, der grössere Teil fliesst wohl unter der Limmat durch den Grossen Bädern zu, ohne deswegen kälter zu werden, denn auf beiden Flussufern sind die Hauptquellen gleich warm, und wenn mitunter behauptet werden will, das Wasser im Freibad des rechten Ufers sei wärmer als das im Verena- und Freibad des linken Ufers, so rührt dieser scheinbare Unterschied bloss daher, dass jenes ganz bedeckt und eingeschlossen ist und die Wärme deswegen länger darin zurückbleibt. Es ist über die Zubereitung dieses Wassers in den Eingeweiden der Erde und über die Ursachen seiner Wärme in älteren und neueren Zeiten manche Hypothese aufgestellt worden. Von dem vor einigen Jahrhunderten durch die damaligen Naturforscher allgemein verbreiteten abenteuerlichen Gedanken, als brenne ein unterirdisches Feuer im Schosse des Lägernberges, ist man allerdings schon längst zurückgekommen und es wird angenommen, dass diese Erhitzung des Wassers durch seine chemische Mischung mit Kalkerden, Schwefelkiesen, Alaunschiefern und anderen Bestandteilen, vielleicht durch ein noch unerörtertes elektrisches oder galvanisches Fluidum verursacht werde. Wir lächeln über das, was unsere guten Alten davon fabelten. Allein wer bürgt uns dafür, dass alles, was die Neueren darüber zu erforschen trachten, nicht immer nur Fragment bleiben werde? Die heilige Natur wirkt hinter undurchdringlichem Schleier und gestattet keinen Zutritt in ihre unterirdische Werkstätte, wo sie den Sterblichen, die auf sie hoffen und an sie glauben, geheimnisreich waltend, so manches Labsal bereitet.17
Für welche Krankheiten diese Bäder dienlich seien, mögen die Ärzte bestimmen, welche alljährlich so viele Leute herschicken, die an den verschiedenartigsten Übeln leiden. Wer alle Schriften durchgeht, welche von Conrad Gessner bis auf unsere Tage über diesen Gegenstand erschienen sind, findet ein so ungeheures Verzeichnis menschlicher Gebrechen darin aufgestellt, dass man daraus schliessen möchte, das Wasser zu Baden sei eine Universalarznei, was es doch schwerlich sein kann.
Man sollte denken aus seinen Bestandteilen, ihrem Verhältnis zueinander und ihrer Mischung liesse sich genau angeben,* welche Krankheitsursachen vorzüglich dadurch könnten gehoben werden. Allein es gibt entweder noch keine hinreichenden chemischen Mittel, die feinsten Bestandteile aller Mineralwasser zu erörtern oder die Natur treibt hier sonst ihr Spiel mit den Meistern der Kunst, denn indes öfters ein Übel im Körper eines Patienten geheilt wird, verschlimmert sich dasselbige in den nämlichen Teilen eines anderen, bei gleicher Anwendung des Mittels. Darüber muss man die Kurgäste erzählen hören, von denen oft einige über Verstopfung, andere über Durchfall klagen, von denen oft solche, die nur ein paar Tage baden wollten, den Ausschlag bekommen und viele Wochen brauchen, bis er wieder abgebadet ist, indes andere diese Krisis erzwingen wollen und nie dazu gelangen. Das Einzige, was sich aus diesen verschiedenen Wirkungen abnehmen lässt, ist, dass es darüber keine allgemeine Regel gebe, dass die Anwendung des Bades in Temperatur und Zeit genau nach dem individuellen Bedürfnis des Kurgastes bestimmt werden sollte und dass die Abweichungen verschiedener Naturen ins Unendliche gehen.
Unstreitig wird durch den flüchtigen, durchdringenden Reiz dieses Wassers die Tätigkeit des Hautorgans und durch die natürliche Wärme des Bades die eigene Wärme des Körpers erhöht. Verstopfungen, nicht nur in den Hautdrüsen, sondern auch in den inneren Teilen werden dadurch erweicht und aufgelöst und der ganze Organismus durch die Befreiung von hemmenden Stoffen gestärkt. Alte, von Schlagflüssen gelähmte Leute erlangten hier wieder den freien Gebrauch ihrer Glieder. Krätze, Flechten, eiternde Geschwüre, verjährte Rheumatismen, Gicht, Epilepsie, Leberverstopfungen, Gravel- und Steinbeschwerden und anderes mehr wurden hier geheilt, besonders weibliche Krankheiten, weswegen dieses Bad vor Zeiten auch das Weiberbad genannt ward. Nach überstandenem Wochenbett richtet es fast immer schwächliche Frauenzimmer wieder auf, und kleineren Kindern verleiht es die früher unentwickelte Kraft, gehen zu lernen.
Wer hingegen die Schwindsucht oder schleichendes Fieber mit in das Bad bringt, der wird seinen Zustand bald verschlimmert fühlen und wohl tun, sich gleich wieder daraus weg zu flüchten.
Ich selber bedurfte des Bades schon oft, um Rheumatismen und Leberbeschwerden zu vertreiben, und habe mich immer am besten dabei befunden, wenn ich meine Kur in zwei Hälften teilte und dieselbe eine Woche im Heumonat und ebensolang im Herbstmonat gebrauchte.
In den Privatbädern wird auch häufig geschröpft, und viele Leute glauben, nichts gehörig vollbracht zu haben, wenn sie nicht die mystische Zahl von sieben oder neun Wundmalen auf dem Rücken mit heimtragen. Sie wähnen damit ihrer Kur das Meistersiegel aufzudrücken. In der Tat leistet diese übrigens ziemlich unangenehme und fast ekelhafte Operation bedeutende Dienste bei Schärfen in den Lymphen, bei rheumatischen Beschwerden, Flüssen und Zahnschmerzen, und nach vorher gebrauchten Bädern desto leichter, weil die Haut weicher geworden und die Schweisslöcher offener sind.
Seit einigen 20 Jahren wird das Wasser auch häufiger getrunken als vor Zeiten.18 Es löst in der Regel viel zähen Schleim im Magen und in den Eingeweiden auf. Man trinkt es entweder im Bad so warm, wie es aus der Röhre fliesst, oder auf- und niedergehend an dem Brunnen im Staadhofe, fängt mit zwei Gläsern an und steigt bis auf sechs oder acht. Allein, es gibt Leute, denen dieses Trinken eher übel als wohl bekommt, weil es manchmal, statt zu eröffnen, verstopft. Man kann zwar, um diese verkehrte Wirkung zu hindern, auflösende Mittel damit verbinden, allein dann wird es durch den Beisatz eine andere Arznei, um derentwillen man nicht nach Baden zu reisen braucht.
Manchen Ärzten ist vielleicht noch nicht bekannt, dass die kleinere Quelle, welche in das Freibad fliesst, vielen Leuten, die vom Trinken aller übrigen Quellen verstopft wurden, Öffnungen verschafft. Ob mehrere Bestandteile sich in verstärktem Mass darin befinden, das mögen die Gelehrten untersuchen. Dem Geschmack nach zu urteilen, scheint sie mehr Mittelsalz zu enthalten. Es gibt aber manche, die vom Trinken auch an dieser Quelle dennoch hartnäckig verstopft bleiben. Die eigentümliche Natur jedes Menschen modifiziert auch bei dieser Anwendung die Wirkungen des Wassers ins Unendliche. Es möchte wohl am besten getan sein, den empirischen Satz aufzustellen: «Wem das Trinken des Mineralwassers zu Baden gelinde Öffnung verschafft, der fahre damit fort, es wird ihm wohl bekommen; wen es aber verstopft, der soll es unterlassen.19
Indes dahle ich in meiner Laieneinfalt wie ein Blinder von Farben und streiche demnach bescheiden meine unbehilflichen Segel vor den Meistern des Stuhles, welchen über dergleichen wissenschaftliche Gegenstände zu sprechen das Recht allein zusteht. Weiss ich doch nur, dass es mir immer unbeschreiblich wohl und behaglich im Bade zumute war, wenn ich ein Glas Wasser nach dem andern einschlürfte, dessen Geschmack, wenn auch etwas salzig, mir nie zuwider war und das mir nach weiten Abendspaziergängen immer den Durst löschte, ohne dass ich zu befürchten hatte, mich durch den Trunk zu erkälten.