Kitabı oku: «Sonnenkaiser», sayfa 7

Yazı tipi:

>>Immer gerne, Herr Neumann! Ich wünsche Ihnen viel Erfolg!<<

Antall winkte in seine Kamera hinein, aber Daniel fiel noch etwas ein.

>>Eine Frage habe ich noch!<<

>>Lassen Sie hören!<<

>>Welche Bezahlung kann ich für diesen Auftrag erwarten? Gibt es einen Spesensatz, eine Erfolgsprämie? Und wie hoch wäre das! Ich habe da überhaupt keine Ahnung!<<

Antall zeigte mit dem Finger auf Daniel.

>>In der Tat eine wichtige Frage! Üblich sind tausend pro Tag als Spesen und eine frei verhandelbare Erfolgsprämie. Da Sie eine verschwundene Person suchen sollen, wären als Prämie zehntausend angemessen. Allerdings müssen Sie mit dem Klienten verhandeln, wie viel Zeit er Ihnen gibt!<<

Die Aussichten waren plötzlich gut. So konnte er vielleicht sogar den ruppigen Ton eines Knäpper ertragen.

>>Das hört sich gut an! Vielen Dank!<<

Antall nickte und verabschiedete sich.

Daniel fühlte sich plötzlich deutlich besser. Er konnte sich fast schon die Anzeige seines Kontostands im Display seines Smartphones vorstellen. Minuten später hatte er eine große Tasche mit notwendigen Sachen gepackt, die neuen Einkäufe sorgfältig gefaltet. Vorsorglich legte er auch sein Touchbook in die Tasche. Für einen Suchauftrag würde es unentbehrlich sein. Das Gerät war zwar nicht mehr das Neueste, aber es hatte einen europaweit verfügbaren Highspeedzugang ins Internet, besaß einen starken Akku und war mit einigen Applikationen ausgestattet, die Daniel während seiner Arbeit bei der Internetermittlungsgruppe verwendet hatte. Ganz legal war das nicht, da er kein Polizist mehr war, aber er hatte auch nicht vor, das jemandem auf die Nase zu binden.

Zuletzt zog er sich um. Eine dunkelgraue Hose, dazu ein langärmeliges Hemd, Schnürschuhe. Unentschlossen stand er mit einer Krawatte in der Hand vor dem Spiegel, die er dann doch einfach in die Tasche warf. Er fand, er musste nicht übertreiben. Es ging nicht um eine Stelle im Management. Außerdem war Sommer. Schweißdurchfeuchtet würde er keinen guten Eindruck hinterlassen.

Endlich war es kurz vor halb elf und Daniel verließ seine Wohnung. Da er keine Ahnung hatte, wie viele Tage er unterwegs sein würde, schaltete er alle Stromverbraucher einschließlich des ohnehin fast leeren Kühlschranks ab und verriegelte die Wohnungstür sorgfältig.

Als er auf die Straße trat, rollte gerade ein dunkler Van auf ihn zu, die Seiten mit kleinen blauen Aufklebern versehen, die auf den Brennstoffzellenantrieb des Wagens hinwiesen. Den notwendigen Strom für den Antrieb während der Fahrt erzeugte der Wagen also mittels Wasserstoff selbst. Die meisten Taxis waren mit dieser Technik ausgestattet, erlaubte diese doch das schnelle Nachtanken von Wasserstoff und gewährte lange Reichweiten. Der Wagen hielt am Straßenrand. Die Seitenscheibe fuhr herunter. Ein gepflegt aussehender Mann in einem dunklen Anzug schaute ihn an. Eindeutig kein Taxifahrer.

>>Wie heißen Sie? Wer hat Sie kontaktiert?<<

Daniel antwortete und die hintere Schiebetür des Wagens öffnete sich, sodass er einsteigen konnte. Er legte seine Tasche neben sich in den großzügigen Fußraum. Hinter ihm fuhr die Tür wieder zu.

>>Bitte anschnallen!<<

Kaum hatte Daniel der Aufforderung Folge geleistet, beschleunigte das Fahrzeug. Daniel schaute sich im Innern des Wagens um. Der zentrale Monitor neben dem Lenkrad zeigte die Fahrtroute an. In einem Fach darunter klemmte ein Dienstausweis mit dem Foto des Fahrers und dem Logo von GlobSecure. Die Sicherheitsfirma kümmerte sich eindeutig gründlich um ihre Angelegenheiten.

10.

Im Terminal des Flughafens herrschte wenig Betrieb. Vor einem einzelnen Schalter stand eine Menschenschlange mit Koffern und wartete auf die Abfertigung. Mitten in der Halle standen zwei Fahrzeuge auf einem Podest, ein flacher Sportwagen und ein sehr kurzes Stadtfahrzeug, ähnlich dem Leihwagen, den Daniel am Vortag gefahren hatte. Über den Fahrzeugen warb RWE Solar auf einem sich langsam drehenden mehrere Quadratmeter großen Bildschirm für regenerative Antriebsenergie und günstige Stromtarife bei Erwerb einer RWE Solar Superwallbox, einer Hausladestation mit 100 kWh-Speicher, gut und teuer. Nichts für Daniel.

Er fand nach kurzem Suchen den kleinen Schalter, über dem eine Anzeige auf >>Private Services<< hinwies.

Er schmunzelte bei der Bezeichnung kurz und dachte an Carina. Kurz hatte er ihr Bild vor sich, auf dem Bett, nur noch mit dem Hauch eines Slips und einem verführerischen Lächeln bekleidet. Eine junge schwarzhaarige Frau in einem dunkelblauen Stewardessendress begrüßte ihn freundlich reserviert. Nachdem er ihr sein Anliegen erklärt hatte, forderte sie ihn auf, sich zu identifizieren.

>>Herr Neumann! Ihre Maschine steht schon für Sie auf der Parkposition. Ihre Abflugzeit ist in zwanzig Minuten. Gehen Sie zu Ausgang C50 im Businessbereich. Ich melde Sie dort an. Ihre Tasche nehmen Sie bitte mit.<<

>> Das ist vermutlich kein regulärer Flug?<<, fragte er, obwohl er die Antwort schon ahnte. Die Frau schaute ihn erstaunt an.

>>Nein! Ihr Flugzeug ist ein DesertEnergy-Learjet. Sie sind der einzige Passagier für diesen Flug!<<

Er nahm sich vor, sich nicht mehr überraschen zu lassen. Dieser Auftrag musste wirklich wichtig zu sein, wenn man den Bewerber sogar mit einer Privatmaschine einfliegen ließ. Seine Neugier war geweckt, und eine Frage bereits beantwortet. Kein Manager von GlobSecure, sondern von DesertEnergy war der Auftraggeber.

Er versuchte ein unschuldiges Lächeln.

>>Tut mir leid. Ich fliege selten, eher gar nicht! Das wird heute wohl das dritte Mal, dass ich in ein Flugzeug steige!<<

>>Sie haben aber keine Flugangst?<<

Sie schaute ihn unbewegt an und wartete eindeutig auf eine Reaktion, die ihre Frage positiv beantworten würde.

>>Nur wenn ich selber fliegen muss!<<, antwortete er übermütig, verabschiedete sich grinsend und wandte sich um. Anhand der Beschilderung fand er den Ausgang eine Etage tiefer, separat von den zentralen Sicherheitsschleusen für den allgemeinen Flugverkehr. Eine Rolltreppe führte nach unten, wo er an einem weiteren Hinweisschild zu >>Private Services<< von zwei Sicherheitsleuten sehr höflich in Empfang genommen wurde, die erneut seine Identität überprüften und sowohl ihn als auch seine Tasche sehr gründlich untersuchten. Nachdem sie nichts sicherheitsrelevantes finden konnten, händigten sie ihm seine Habseligkeiten wieder aus und wünschten Daniel eine angenehme Reise.

Der kleine Warteraum war eine luxuriöse Lounge mit Parkettfußboden und stoffbespannten Wänden, die die kalte funktionale Optik des Flughafens verdeckten. Indirektes Licht schien aus an den Wänden verteilten Säulen. Bequem aussehende braune Ledersessel waren in Vierergruppen um kleine Tische arrangiert. Die abgetönte Glaswand, die auf das Rollfeld zeigte, ließ nur gedämpftes Licht in den Raum.

An der linken Seite der Lounge befand sich eine Bar mit einem großen Spiegel, vor dem Glasregale eine große Auswahl an Getränken und Gläsern zeigten. Hinter der Theke stand ein Mann in weißem Hemd und dunkler Weste, der ihn abwartend anschaute.

Daniel setze sich an die Bar und stellte seine Tasche neben sich ab. Der Mann in der Weste fragte ihn sofort nach seinen Wünschen. Entgegen einem Reflex bestellte Daniel lediglich ein Tonic Water. Daniel setzte sich in einen der bequemen Sessel nahe der Glaswand, um auf das Rollfeld hinauszuschauen, auf dem gerade eine Maschine zur Startbahn vorbei rollte. Das dezente Summen einer Lüftungsanlage, das einzige Geräusch in der Lounge, bemühte ihn mit einem monotonen Schlaflied. Er lehnte seinen Kopf zurück und schloss ein wenig die schwer werdenden Augenlider.

>> Herr Neumann! Wir warten schon auf Sie!<<

Die raue kräftige Stimme ließ ihn zusammenzucken.

>>Was?<<

Daniel riss die Augen auf. Mit einem Schlag fiel die Müdigkeit von ihm ab.

>>Sie warten auf mich?<<

>>Ja, wir können jetzt los! Sind Sie in Ordnung?<<

Daniel nickte. Er richtete sich etwas auf und schaute in das Gesicht eines jungen Mannes mit dichtem schwarzem Haarschopf. Goldene Spangen glitzerten an den Kragenecken eines dunkelblauen Sakkos im üblichen Uniformschnitt der Fluggesellschaften unter dem südländisch anmutenden Kopf, dessen untere Hälfte von dunklen Bartstoppeln geprägt war.

>>Ich heiße Cutugno und bin Ihr Pilot!<<, ließ ihn der Mann in der Pilotenuniform wissen.

>>Wenn Sie mir bitte folgen würden!<<

Daniel griff nach seiner Tasche und eilte dem Piloten nach. Kurz darauf saßen beide in einem Wagen und wurden über das Rollfeld gefahren. Der Wagen folgte den bunten Markierungen auf dem Asphalt und hielt auf eine in Weiß und Rot lackierte Maschine zwei Strahltriebwerken vor dem Höhenleitwerk zu, an dem ein silberner dreistrahliger Rotor in einer stilisierten Sonne abgebildet war. Darunter stand halbkreisförmig ein Wort, DesertEnergy. Der Wagen hielt neben der ausgeklappten Treppe, der Pilot sprang aus dem Wagen, kletterte flink die steilen Stufen hoch und verschwand, ohne sich zu seinem Fluggast umzudrehen, in der Maschine, während Daniel mit seiner Tasche langsam folgte.

In der Kabine wählte er einen Platz in der zweiten Reihe und stellte seine Tasche neben sich auf den Sitz am Fenster. Je drei Sitze fanden nebeneinander Platz, jeweils zwei davon auf der linken Seite und ein einzelner auf der rechten Seite, insgesamt genug Plätze für fünfzehn Personen. Viel Platz für Daniel.

Ein anderer Mann, ebenfalls in Pilotenuniform, mit akkuratem kurzem blondem Haarschnitt, kam aus dem Cockpit und nickte ihm freundlich zu. Er war für das Flugzeug eindeutig zu groß geraten, denn er stand in einer sehr gekrümmten Haltung da, den Kopf nach vorne gebeugt, den Rücken gebeugt und die Hüfte zur Seite geschoben.

>>Guten Morgen! Sie haben als unser einziger Passagier freie Platzwahl und ich sehe, Sie haben gut gewählt. Es geht auch sofort los!<<

Der Mann blieb vor ihm stehen und ging dabei in die Knie, während er sich an zwei Sessellehnen abstützte.

>>Die Sicherheitsbelehrungen in Kürze. Die Tasche muss unter den Sitz und sie angeschnallt auf einen Sitz! Wir werden möglicherweise einige Turbulenzen haben. Das Wetter da oben ist gerade etwas unbeständig! Und wir legen Wert darauf, dass unsere Fracht nicht quer durch die Kabine fliegt.<<

Daniel nickte und befolgte die Anweisungen, während der Mann die Treppe hochzog und die Außentür verriegelte. Dann kam er zu Daniel zurück.

>>Mein Name ist übrigen Schlüter! Ich bin der Co-Pilot!<<

Er schlängelte sich an Daniel vorbei und kam mit einer kleinen flachen Rollbox zurück, die er im Gang neben Daniel in Halterungen an den Sitzen verriegelte.

>>Falls Sie Hunger oder Durst haben, finden Sie in der Box ein paar Sandwiches und Getränke. Falls es wackelig wird oder Sie schlafen wollen, schließen Sie bitte die Box und lassen Sie nichts draußen stehen. Wenn eine Flasche sich in einer Turbulenz auf den Weg macht, kann das üble Verletzungen am Kopf hinterlassen. Wir hatten erst letzte Woche jemanden dabei, der das unbedingt ausprobieren wollte! Seine Augenbraue musste genäht werden. Sie wollen ihm das bestimmt nicht nachmachen.<<

Er gab Daniel noch ein paar Anweisungen für den Fall einer Notlandung und erklärte ihm, wie er die Verriegelung der Box öffnete, um diese aus dem Gang zu befördern.

>>Wir werden etwas über eine Stunde Flugzeit nach Berlin vor uns haben!<<

Hinter Daniel ertönten die startenden Triebwerke.

>>Danke! Ich denke, ich werde hier klar kommen. Und ich werde darauf achten, keine Fluggeschosse freizulassen!<<

Er deutete auf die Box.

>>Gut! Dann lasse ich Sie jetzt alleine! Falls Sie unsere Firma übrigens noch nicht so gut kennen, finden Sie ein Heft mit wichtigen Informationen in der Sitzlehnentasche vor sich.<<

Schlüter zog mit einer Hand die Cockpittür hinter sich zu und Daniel war alleine. Neugierig durchstöberte er das Getränkefach der Box. Nachdem er den kleinen Vorrat an erlesenen alkoholischen Getränken gesichtet hatte, entschied sich für ein Bier. Seiner Meinung nach ein guter Kompromiss zwischen dem verlockenden Angebot und dem Gebot, das Flugzeug in einer ansprechbaren Verfassung zu verlassen, vor allem ohne Alkoholfahne. Wenn dieser Trip für ihn gut ausging, konnte er das später immer noch ausgiebig begießen.

11.

Der Jet hatte seine Flughöhe erreicht und zog ungestört von Turbulenzen über den strahlend blauen Himmel.

Daniel griff auf der Suche nach Ablenkung in die Tasche an der Sitzlehne vor ihm und zog ein kleines Heft heraus. Auf der Vorderseite war das gleiche Logo abgebildet wie auf dem Heck der Maschine. Darunter stand in weißen Buchstaben auf dem roten Umschlag Unternehmensgeschichte - Konzernbild.

Daniel öffnete das recht umfangreich geratene Heft. Einen besseren Zeitvertreib würde er für die Dauer des Fluges wohl nicht finden. Er wusste zwar grundsätzlich, was DesertEnergy machte und hatte auch einiges zu den von dem Unternehmen zur hocheffizienten Reife entwickelten Technologien gelesen, aber die Geschichte des Unternehmens selbst war ihm so gut wie überhaupt nicht bekannt. Kurz darauf war er bereits in die Geschichte des Energiekonzerns vertieft.

DesertEnergy war 2023 in Europa gegründet worden. Gegenstand des Geschäfts sollte die regenerative Energieerzeugung aus Solarenergie sein. Maßgeblich für die finanzielle Ausstattung des Unternehmens war der Kapitalfonds ProtectCapital. Das Unternehmen setzte auf den Grundlagen auf, die das DesertTec-Konzept nach Beginn des einundzwanzigsten Jahrhundert geschaffen hatte.

2009 war die DesertTec Foundation gegründet worden, zum Zweck der Förderung des Aufbaus einer nachhaltigen, ausreichenden und kostengünstigen Energieversorgung durch Gewinnung regenerativer Energien in sonnenreichen Wüstengebieten und ihre Übertragung in die Bedarfsregionen mittels Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ). Das DesertTec-Konzept wollte eine Antwort auf die Frage nach einer nachhaltigen Energieversorgung der Erde geben. Die endliche Verfügbarkeit fossiler Brennstoffe und die Auswirkungen der Förderung und Verwendung dieser Brennstoffe auf die Natur waren die maßgeblichen Faktoren zur Umsetzung dieses Konzepts. Die DesertTec-Foundation ging davon aus, dass es möglich sei, mehr als neunzig Prozent der Weltbevölkerung mit Strom aus den Wüsten zu versorgen.

Das Ziel war, die Rahmenbedingungen für nachhaltige und klimafreundliche Energieerzeugung in den Wüsten Nordafrikas und des Nahen Ostens zu schaffen und den Weg zu einer revolutionären Umstellung der Energieversorgung Europas zu bereiten. In Referenzprojekten sollten solarthermische, photovoltaische und Windanlagen in diesen Regionen Afrikas errichtet werden.

In Marokko wurden aufgrund guter Voraussetzungen für Windanlagen mehrere Windparks errichtet und in Betrieb genommen. Um den Strom nicht nur an den Orten der Entstehung selbst nutzen zu können und ihn auch an die Bedarfsorte in Europa zu befördern, wurden bereits 1997 durch die Straße von Gibraltar nach Spanien gelegte Stromleitungen genutzt. Die existierenden Leitungen reichten jedoch absehbar nicht aus. Eine dritte Leitung folgte schon vor der DesertEnergy Gründung.

Marokko bot aufgrund seiner geografischen Gegebenheiten hervorragende Voraussetzungen. Jedoch war die Umsetzungsgeschwindigkeit der einzelnen Projekte in Bezug auf das genannte langfristige Ziel einer kontinentalüberschreitenden Stromversorgung zu gering. Die Planungen gingen von Anlagen aus, die bis 2020 den Strombedarf Marokkos zu knapp zwanzig Prozent aus Solaranlagen decken und eine vergleichbare Leistung aus Windparks erzeugen sollten, viel zu wenig, um dem europäischen Energiehunger in absehbarer Zeit eine nennenswerte Menge an Energie bereitstellen zu können. Die verfügbaren Investitionsmittel waren zu gering, weitere Kapitalgeber schwierig zu bekommen.

Aber auch politische Schwierigkeiten hemmten nennenswerte Fortschritte in Nordafrika. Der Arabische Frühling beseitigte zwar die alten Regime in Ägypten, Libyen und anderen Ländern in der Region, fiel jedoch eher kurz aus. Die Dramatik der Machtwechsel war sehr unterschiedlich. Und nicht überall etablierten sich Regierungen, die vorwärts gerichtete Visionen hatten, eigentlich waren die meisten Visionen sogar eher nur auf Erhalt eines Status quo ausgerichtet. Das entstehende Machtvakuum in vielen Ländern des afrikanischen und arabischen Raumes bot sehr viel Platz für nachrückende Kräfte, die wenig Interesse an einer Zusammenarbeit mit den europäischen Staaten hatten. Eine Reihe neuer Machthaber oder machtbewusster politischer Gruppen verfolgten eine radikale Linie und versuchten ihren Einfluss in den übrigen afrikanischen Staaten geltend zu machen.

Mitten in die politischen Umwälzungen löste sich die DesertTec Industrial Initiative wegen gravierender Meinungsverschiedenheiten zwischen den beteiligten Parteien auf, ausgelöst von den an Stärkung ihrer Macht interessierten beteiligten Konzerne.

Dazu veränderten sich in den Folgejahren die Rahmenbedingungen für Marokko, denn spanische Stromerzeuger lieferten ihre Überproduktionen günstig dorthin, was den Sinn eines schnellen Ausbaus der teuren Solarparks in Marokko infrage stellte. Der Ausbau eines entsprechenden Stromnetzes innerhalb Europas und Regelungen über den europaweiten Import von Strom aus Afrika wurden ebenso politisch nachrangig behandelt.

Terroristische Aktivitäten, die in den Folgejahren immer weiter aus dem algerischen Süden und Mali in den umliegenden Staaten um sich griffen, erschwerten die Weiterentwicklung der Projekte ebenso. Es sah sehr danach aus, dass sich die Ideen und Bestrebungen von DesertTec in Nichts auflösen würden.

Doch manchmal fügen sich zumindest einige Dinge wie von selbst zum gewünschten Bild zusammen. Was immer auf dem Bild auch abgebildet sein sollte.

Hauptsächlich in Folge ihrer Überschuldung und einer langwierigen Weltwirtschaftskrise erklärten mehrere europäische Staaten ihre Zahlungsunfähigkeit. Ein spürbares Erdbeben für alle, das drohte, globalen Schaden in Form von Billionenverlusten anzurichten.

Nicht nur die Wirtschaft war von schweren Erschütterungen bedroht, auch die Vision einer nachhaltigen ökologischen Energieversorgung schien endgültig nicht mehr realisierbar, angesichts der kaum fassbaren absehbaren Kapitalvernichtung.

Banken kollabierten, Unternehmen waren von gewaltigen Zahlungsausfällen bedroht, Massenarbeitslosigkeit die zwangsläufige Folge. Westeuropa erlebte ein wirtschaftliches Albtraumszenario und reagierte in bekannter Weise.

Die Zauberworte lauteten Gläubigerverzicht und Zwangsfinanzierung des Rettungsplans durch Unternehmen und Bürger. Die Reaktion darauf kam von den Kapitalmärkten.

Der in Europa gegründete Sammelfonds ProtectCapital, der einen beträchtlichen Teil der Kreditforderungen gegen die Bankrottstaaten gesammelt hatte, präsentierte der Europäischen Union einen Entschuldungsplan, der Wachstumsmärkte in Europa in den Fokus nahm. Dazu gehörte auch der Bereich der erneuerbaren Energien.

Der Sammelfonds forderte für alle ins Visier genommenen Märkte Mitbestimmung bei Regierungsentscheidungen, dazu insbesondere für den Energiemarkt schnelle Freigaben für den Ausbau von Stromtrassen in Westeuropa, politische Unterstützung für den kontinentalübergreifenden Ausbau, dazu Steuervorteile für entsprechende Projekte und Abnahmegarantien.

Im Gegenzug sicherte der Kapitalfond weitere Investitionen zu, gewährte einen zehnprozentigen Schuldenschnitt und neue Rückzahlungsbedingungen für die Restschulden, durch Übereignung von Staatsflächen für den Bau von Stromtrassen und Speicherwerken.

Die Regierungen Deutschlands, Spaniens und Frankreichs stimmten dem vorgeschlagenen Lösungsweg in gerade übertriebener Hektik zu. Eine Wahl hatten sie im Grunde nicht. Die andere Option wäre ein massiver Kapitalabfluss aus Europa gewesen, der die wirtschaftliche Zukunft der beteiligten Länder infrage gestellt hätte, in denen die Arbeitslosenquoten konsequent stiegen. Damit war der Grundstein für die Gründung von DesertEnergy gelegt, einem rein privatwirtschaftlichen Unternehmen, dessen erklärtes Ziel es war, das DesertTec-Konzept schnellstmöglich so weiter zu entwickeln, dass nachhaltige Stromerzeugung in Nordafrika mehr als fünfzig Prozent des Strombedarfs in den genannten europäischen Ländern binnen dreißig Jahren decken sollte, ein extrem ambitioniertes Ziel, gemessen an den damaligen Rahmenbedingungen.

ProtectCapital lieferte damit die Initialzündung für eine maßgebliche Veränderung auf dem europäischen und dem afrikanischen Kontinent. Zur Umsetzung der Strategie wurde weitere Unternehmen in den beteiligten Ländern gegründet, dazu Tochterunternehmen in Marokko und Algerien, den beiden Ländern, in denen die Stromerzeugung im entsprechenden Umfang installiert werden musste. Dort waren die Regierungen ebenso begeistert über die sich neu eröffnenden Möglichkeiten. Sonnenenergie und Windenergie waren wie Ölquellen. Einfach auszubeuten, weil man nur die Fördergebiete an Unternehmen verpachten musste, die den technischen Kraftakt der Förderung bewerkstelligten. Relativ billige erneuerbare Energie benötigte große Flächen auf dem Festland, in einem politisch stabilen Umfeld, mit der Garantie auf viele Sonnen- und Windstunden. Diese idealen Rahmenbedingungen, abgesehen vom stabilen politischen Umfeld, boten beide Länder.

Das Kooperationsabkommen sah vor, dass die Erzeugerstaaten eine zugesicherte Quote des erzeugten Stroms kostenlos für den Eigenverbrauch bekamen und kein eigenes Kapital für das Projekt einbrachten, stattdessen aber geeignete Flächen im geforderten Maße bereitstellen mussten und dem Projekt mehr oder wenige völlig freie Hand ließen.

Die Dimensionen, in denen DesertEnergy plante, waren gewaltig. Binnen weniger Jahre wurde ohne lästige bürokratische Zwänge auf zwei Kontinenten ein dreistelliger Milliardenbetrag in Energieparks, Speicherwerken und Stromtrassen verbaut.

Das Unternehmen konnte damit von sich behaupten, maßgeblich für das erneute Wirtschaftswachstum in Europa verantwortlich zu sein. Energie war das Blut der Wirtschaft. Und DesertEnergy besaß viel davon, sehr viel. Und mehrte seinen flüchtigen Besitz ständig.

Zehn Jahre später hatte DesertEnergy einen bemerkenswerten Fortschritt erzielt. Die installierte Leistung der insgesamt sechzig Energieparks in Marokko und Algerien reicht bereits aus, fünfzig Prozent des Strombedarfs in den Erzeugerländern bereitzustellen. Zusammen mit Anlagen, die erneuerbare Energien in Deutschland, Frankreich und Spanien erzeugten, konnten bereits fast dreißig Prozent des Strombedarfs in den Bezugsländern über regenerative Quellen bereitgestellt werden.

Der Strom wurde über bipolare Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitungen, HGÜ-Leitungen, aus Afrika nach Europa geliefert, die nördlich der Hafenanlage TangerMed in Marokko und westlich von Oran in Algerien ins Mittelmeer führten.

Binnen einer Dekade war ein gigantischer Konzern entstanden, der für die zukünftige Energiesicherheit dreier großer europäischer Staaten verantwortlich war.

Die Energiewende, das ambitionierte Ziel des Ausstiegs aus der nicht regenerativen Energieerzeugung, in Deutschland durch den Ausstieg aus Atomenergie und dem Beschluss zum Ausstieg aus der Kohleverstromung im Inland begonnen, quälend langsam und teuer durchgeführt, hatte damit endlich eine wirtschaftlich tragfähige Grundlage.

Der Fluch der Flüchtigkeit, die mangelnde Lagerfähigkeit von Strom, wurde durch gewaltige Speichersysteme bekämpft, in denen mit Hilfe von Stromüberschuss erzeugtes Methangas oder Wasserstoff gelagert wurde. In Zeiten ausbleibender Winde und fehlender Sonneneinstrahlung wurden diese Energieträger in Stromkraftwerken für die Stromerzeugung eingesetzt.

Konsequente Investitionen in Forschung und Entwicklung hatten DesertEnergy damit in die Lage versetzt, die Effizienz von Windrädern, Solarzellen und Brennstoffzellen maßgeblich zu steigern, moderne Stromnetze zu errichten und durch Speichersysteme für Versorgungssicherheit des eigenen Anteils am Gesamtbedarf zu sorgen.

Zum zehnjährigen Firmenjubiläum würdigte Frederic Jacobs, Anteilseigner und CEO, Vorstandsvorsitzender, der DesertEnergy, die erreichten Ziele des gesamten Konzerns und gab einen Ausblick auf die nächsten zehn Jahre. Das angestrebte Ziel der nächsten Dekade war die Bereitstellung der Hälfte des benötigten Stroms für die drei Abnehmerländer und die Vollversorgung der Erzeugerländer. Darüber hinaus wird die Expansion in weitere Länder Europas angestrebt. Neue Energieparks und weitere HGÜ-Leitungen sind im Ausbau.

Daniel legte das Heft zur Seite und schaute aus dem Fenster hinaus. Der Lesestoff war nicht so schwer verdaulich gewesen wie erwartet. Für die üblichen Wie gut kennen Sie uns? Nachfragen im Vorstellungsgespräch fühlte er sich vorbereitet.

Gleißende Helligkeit stach in seine Augen. Das Flugzeug zog völlig ruhig über einer geschlossenen Wolkendecke dahin, in der sich das Licht der Sonne in fantastischer Helligkeit brach. Er genoss den Anblick der Wolkendecke, die sich wie eine beinahe völlig ebene Schneelandschaft bis zum Horizont dahinzog, bis seine Augen von dem hellen Licht tränten.

Sein Magen meldete sich sehr eindringlich mit Knurren und einem leichten Kneifen. Das Bier hatte seinen Appetit angeregt. Er öffnete die Box neben seinem Sitz und fand mehrere gekühlte Sandwiches in durchsichtigen Plastikschachteln sowie eine Thermoskanne mit Kaffee, vermutlich das Standardfrühstück für die Gäste der Economy-Class, extra für ihn bereitgestellt, statt Lachskanapees, Butterhörnchen mit französischem Honig und arabischem Mokka für die üblichen Fluggäste.

Nachdem er seinen Hunger gestillt und alle potenziellen verbliebenen Flugobjekte in der Box verstaut hatte, öffnete sich die Tür des Cockpits und der Co-Pilot steckte seinen Kopf in die Öffnung.

>>Herr Neumann, wir sind mit der Flugzeit im Plan. In zehn Minuten werden wir zur Landung ansetzen. Ich habe mich bereits per Funk mit unserer Servicestation am Brandenburger Flughafen in Verbindung gesetzt. Ein Fahrer wird Sie dort erwarten und zu Ihrem Termin bringen.<<

Das brachte Daniel mit seinen Gedanken wieder zum Grund seiner Reise zurück. Der Suchauftrag, die Personalagentur, Berlin, ein noch anonymer Auftraggeber! Bisher war er von dem Aufwand, den dieser Auftraggeber betrieb, um den Detektiv seiner Wahl kennenzulernen, beeindruckt.

Daniel gönnte sich beim Landeanflug einen ausgiebigen Blick auf die Hauptstadt. Aus der Vogelperspektive konnte er im Anflug das Reichstagsgebäude erkennen, den Sitz der Regierung. Daniel war vorher noch nie in Berlin gewesen und hatte nur wenige der historischen Attraktionen im Kopf. Ansonsten musste er sich eingestehen, dass er nicht wirklich viel über diese Stadt wusste. Vielleicht würde aber noch die Gelegenheit bekommen, ein wenig Sightseeing zu machen, wenn der Auftrag ihn in diese Stadt führen würde.

Die Maschine setzte kurze Zeit später auf dem Berliner Flughafen auf und rollte in eine Parkposition.

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