Kitabı oku: «Die Katholizität der Kirche», sayfa 12

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1.13Die Verwendung in PO und GS

Auch über das Dekret „Presbyterorum ordinis“ sowie über die Konstitution „Gaudium et spes“ wurde am 7.12. 1965 abgestimmt.

Im Dekret PO findet man lediglich in zwei Fußnoten das Adjektiv „catholica“. Fußnote 20 zu PO 3 zitiert aus der Enzyklika „Ecclesiam suam“ Papst Pauls VI. vom 6.8.1964 (vgl. AAS 56 (1964) 627.638), in der von der „katholischen Jugend“ („catholicam iuventutem“) die Rede ist; das „catholica“ ist hier im konfessionellen Sinne zu lesen. Fußnote 5 zu PO 4,1 zitiert aus einer Präfation bei der Priesterweihe im mozarabischen Ritus: „Als Lehrer der Völker und Lenker der Untergebenen soll er [i.e. der Priester] in geordneter Weise den katholischen Glauben festhalten und allen das wahre Heil verkünden“ („Doctor plebium et rector subiectorum, teneat ordinate catholicam fidem, et cunctis annuntiet veram salutem“). Dem „catholica“ haftet neben seiner konfessionellen Lesart durchaus die qualitative Lesart der Orthodoxie im Sinne von Rechtgläubigkeit an, da es der Präfation darum geht, am katholischen Glauben „festzuhalten“, wenn der Priester als „Lehrer der Völker“ seiner missionarischen Sendung nachkommt.

In der Konstitution GS lassen sich acht Belegstellen ausfindig machen (Fußnote 6 zu GS 36; GS 40,4; 87,3; 88,3; 90,1.2.3). In Fußnote 6 zu GS 36 wird auf die Dogmatische Konstitution über den katholischen Glauben „Dei Filius“ des Ersten Vatikanischen Konzils verwiesen („Conc. Vat. I, Const. dogm. de fide cath., Dei Filius“); das „katholisch“ ist hier im Sinne der Denominationsbezeichnung „(römisch-)katholisch“ zu verstehen.

In GS 40 ist von der „katholischen Kirche“ („Ecclesia Catholica“ in GS 40,1) im Sinne der Konfession „(römisch-)katholisch“ die Rede, die das Engagement der nichtkatholischen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften dahingehend wertschätzt, dass diese mit „dazu beitragen […], die Menschenfamilie und ihre Geschichte menschlicher zu machen“ (GS 40,3). Wie schon öfter ist das „Catholica“ hier groß geschrieben, schließt die mit Rom unierten Ostkirchen mit ein und ist somit „weiter“ zu verstehen als ein bloßes „katholisch“ im Sinne von „römisch“.

In GS 87 spricht die Konstitution angesichts des Problems des globalen Bevölkerungswachstums von der Notwendigkeit „katholischer Sachverständiger“ („periti catholici“ in GS 40,2), die erforderlich sind, sich dieser Problematik in angemessener und moralisch verantworteter Weise zu widmen. Das „catholici“ ist hier im Sinne der Denominationsbezeichnung („römisch)-katholisch zu lesen.

GS 88 spricht vom „Handeln der Katholiken“ („actione catholicorum“ in GS 88,3), das „catholici“ ist hier im konfessionellen Sinne gebraucht, und meint damit das notwendige karitative Engagement der Kirche für Arme und Benachteiligte, aber auch Möglichkeiten kirchlicher Entwicklungshilfe in Ländern, in denen die Ärmsten der Armen leben.

GS 90 spricht den „katholischen Verbänden“ („consociationes catholicae“, GS 90,1) – „catholica“ ist im Sinne der Konfession „(römisch-)katholisch“ zu lesen – eine gewichtige Rolle bei der Förderung der internationalen Zusammenarbeit zu, da sie mittels ihrer Aktivitäten den für „Katholiken“ („catholicis“ in GS 90,1, konfessionell zu lesen) „angemessenen weltweiten Sinn“ (GS 90,1) ausprägen und fördern. Die „Katholiken“ („catholici“ in GS 90,2) – wiederum im konfessionellen Sinne gebraucht – werden ausdrücklich aufgerufen, im Dienst für mehr internationale Solidarität gezielt auch Wege der ökumenischen Zusammenarbeit zu suchen und zu gehen und „mit allen nach wahrem Frieden dürstenden Menschen“ (GS 90,2) einen Beitrag zu mehr Gerechtigkeit und sozialem Frieden in der Welt zu leisten. Hierfür schlägt GS „die Schaffung eines Organs der weltweiten Kirche“ (GS 90,3) vor, das mit dafür Sorge tragen soll, dass die „Gemeinschaft der Katholiken“ („catholicorum communitatem“ in GS 90,3) – „catholici“ im konfessionellen Sinn zu lesen – ihren weltweiten Auftrag zu mehr Gerechtigkeit, Solidarität und Frieden unter den Völkern wahrnimmt und darin begleitet wird. Als ein solches Organ, das auf dem Boden von GS 90 handelt, ist der Päpstliche Rat „Justitia et Pax“ anzusehen, der auf die bischöfliche Interessengemeinschaft „Groupe de travail sur ‚Gaudium et spes’ art. 90“ zurückgeht und den Papst Paul VI. 1967 als Päpstliche Kommission gegründet hat.354

2. Zwischenresümee: Der unterschiedliche Gebrauch der Begriffe „katholisch“ bzw. „Katholizität“ in den Konzilstexten und deren jeweilige Intention

Betrachtet man die zuvor genannten und explizierten Belegstellen für das Adjektiv/Substantiv „catholicus“ und das Substantiv „catholicitas“ in den Konzilstexten insgesamt, so lassen sich folgende Konnotationen im Gebrauch dieser Begriffe festhalten:

1. Erwartungsgemäß und nicht ungewöhnlich häufig benutzten die Dokumente des Zweiten Vatikanischen Konzils das Adjektiv bzw. Substantiv „catholicus“ im konfessionellen Sinn zur Bezeichnung der (römisch-)katholischen Kirche. Die Papiere legen das erneuerte liturgische Verständnis sowie das kirchliche Selbstverständnis der (römisch-)katholischen Kirche samt ihrer missionarischen Sendung und pastoralen Erneuerung, ferner das Verhältnis zu den katholischen Ostkirchen, zu den nichtkatholischen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften (Ökumene), zu den nichtchristlichen Religionen (interreligiöser Dialog) sowie zur Welt von heute dar. Auch werden das erneuerte Amtsverständnis des Bischofs und des Priesters samt ihrer Ausbildung, die Erneuerung des Ordenslebens, das Verständnis der göttlichen Offenbarung, die gestärkte Rolle der Laien sowie die Frage der Religionsfreiheit aus spezifisch (römisch-)katholischer Sicht erläutert. Dabei liegt es nahe, dass der Begriff „katholisch“ bzw. „Katholik“ häufig und zumeist im Sinne der Denominationsbezeichnung „katholisch“ gebraucht wird. Dabei fällt auf, dass das Konzil zwar den Begriff „römisch-katholisch“ in seinen Dokumenten vermeidet, damit „aber selbstverständlich nicht auf die enge Verknüpfung der katholischen Kirche mit dem Primat Roms und des Papstes verzichtet“355.

2. Wird das Adjektiv und Substantiv „catholicus“ in den offiziellen Konzilstexten zwar zumeist im konfessionellen Sinn („römisch-katholisch“) verwendet, so doch in manchen dieser Fälle in einem „weiteren“, die Grenzen des rein „Römisch-Katholischen“ übersteigenden Sinn (vgl. z.B. SC 123, die Überschrift von OE, Fußnote 29 zu OE 4, OE 18, OE 25, OE 30, CD 5, Vorwort zu OT und GS 40). Die katholische Kirche wird mit dieser „weiteren“ Lesart des „katholisch“ im Sinne der Konfessionsbezeichnung der ekklesialen Wirklichkeit gerecht, dass das „Katholische“ nicht nur die lateinische Kirche des Westens umfasst, sondern auch diejenigen Kirchen des Ostens (des früheren Römischen Reiches) mit einschließt, die – unter Anerkennung des Bischofs von Rom als Haupt der katholischen Kirche – als echte Teilkirchen mit der Lateinischen Kirche in Glaubens-, Gebets- und Sakramentengemeinschaft stehen. Insoweit diese mit Rom „unierten“ Ostkirchen den Primat des Papstes anerkennen, trifft auf sie die Denominationsbezeichnung „römisch-katholisch“ zu; insoweit sie ihre eigene Liturgie feiern und über ein eigenes Kirchenrecht verfügen, sind sie „nur“ „katholisch“. So spiegeln diese mit Rom unierten Ostkirchen eine wahrlich katholische Vielfalt innerhalb der (römisch-)katholischen Kirche wieder. Rückblickend kann angesichts dieser „Weitung“ von einem „innerkatholisch-ökumenischen“ Lernprozess während der Konzilsperioden die Rede sein, welcher bis heute anhält und die Bereitschaft fordert, sich dieser innerkatholischen Vielfalt bewusst zu sein und sie als Konstitutivum der katholischen Kirche zu fördern. Als Meilenstein auf diesem Weg kann sicherlich der am 18.10.1990 promulgierte Codex „Canonum Ecclesiarum Orientalium“ (CCEO) bezeichnet werden, der die mit Rom unierten Ostkirchen als eigenständige Kirchen innerhalb der (römisch-)katholischen Kirche anerkennt und würdigt. Dabei darf nicht außer Acht gelassen werden, dass die Bemühungen der (römisch-)katholischen Kirche, die mit ihr unierten Ostkirchen bei Wahrung ihrer Eigenheiten enger an Rom zu binden, von orthodoxer Seite aus kritisch gesehen und gerne unter den Verdacht des Proselytismus gestellt werden.356

3. Das Adjektiv/Substantiv „catholicus“ fungiert in den Konzilstexten nicht nur als Bezeichnung der Denomination „(römisch-)katholisch“, sondern wird auch im ursprünglich qualitativen Sinne verwendet, so wie ihn die Kirchenväter, allen voran Ignatius von Antiochien, erstmals zur Bezeichnung der postulierten „Ganzheit“ der Kirche im Sinne des Griechischen ὅλος verwendeten: Weil Christus Haupt der Kirche und in ihr auf sakramentale Weise bleibend gegenwärtig ist, beansprucht sie das Ganze zu sein und die Heilsfülle in einem allumfassenden, vollständigen, verdichteten Sinn in sich zu tragen, dies – und hier kommt die heilsuniversale Bedeutung der Kirche für die gesamte Menschheit zum Tragen – nicht nur für diejenigen, die zum Glauben an Christus gekommen sind und der Kirche angehören, sondern für alle Menschen. Aufgrund dieser Katholizität „nach innen“ (intensive Katholizität) komme der Kirche, so die Kirchenväter, universale Geltung zu, die wiederum Garant und Ausdruck ihrer allgemeingültigen Wahrheit sei.

Das Zweite Vatikanum entdeckt das im Zuge der Reformation zunehmend verloren gegangene qualitative Verständnis von Katholizität wieder. In ihrer Kirchenkonstitution bezeichnet es die (römisch-)katholische Kirche als das „allumfassende[…] Heilssakrament“ (LG 48), „das heißt Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit“ (LG 1). Dabei vertritt es nicht – wie frühere Konzilien – einen Exklusivismus, sondern bemüht ein betont inklusivistisches Selbstverständnis der (römisch-)katholischen Kirche, die, auch wenn sie „heilig“ und „katholisch“ ist, dennoch sündige Kirche und damit ihrer eschatologischen Vollendung bedürftig bleibt: „Kirche ist [zwar] schon auf Erden durch eine wahre, wenn auch unvollkommene Heiligkeit ausgezeichnet. Bis es aber einen neuen Himmel und eine neue Erde gibt, in denen die Gerechtigkeit wohnt (vgl. 2 Petr 3,13), trägt die pilgernde Kirche in ihren Sakramenten und Einrichtungen, die noch zu dieser Weltzeit gehören, die Gestalt dieser Welt, die vergeht, und zählt selbst so zu der Schöpfung, die bis jetzt noch seufzt und in Wehen liegt und die Offenbarung der Kinder Gottes erwartet (vgl. Röm 8,19–22)“ (LG 48).

Das Ökumenismusdekret macht deutlich, wie das Konzil die (römisch-)katholische Kirche auf qualitative Weise, eben aufgrund ihrer qualitativen (intensiven) Katholizität als „allgemeine Hilfe zum Heil“ (UR 3,5) versteht, durch nur die und in der man „die ganze Fülle der Heilsmittel“ (UR 3,5) erreichen kann und weshalb sie wahrlich „katholische Kirche Christi“ (UR 3,5) im qualitativen Sinne nicht nur heißt, sondern auch ist. Nicht aus ihr selbst geht diese Fülle hervor; nicht ihre quantifizierbare Weite, d.h. ihre geographische, zeitliche oder zahlenmäßige Ausgedehntheit, machen sie zum universalen Sakrament der Kirche Jesu Christi, sondern ihre sakramental vermittelte qualitative Fülle, die einzig und alleine „von Christus herkommt und zu Ihm hinführt“ (UR 3,2).

LG 8 spricht im selben Bewusstsein davon, dass die Kirche Jesu Christi „in dieser Welt als Gesellschaft verfasst und geordnet […] in der katholischen Kirche [subsistiert], die vom Nachfolger Petri und von den Bischöfen in Gemeinschaft mit ihm geleitet wird“ (LG 8,2). Dass die Konstitution ausdrücklich auf das „römisch“ zur Bezeichnung der (römisch-)katholischen Kirche verzichtet, betont einerseits, dass das „katholisch“ hier – mit Blick auf die mit Rom unierten Ostkirchen – in einem „weiteren“ konfessionellen Sinne zu verstehen ist, als ein rein „römisch-katholisch“ implizieren würde. Auch wird deutlich, dass das „katholisch“ nicht ausschließlich als Denominationsbezeichnung gelesen werden muss, sondern – wie in UR 3 – auf die der (römisch-)katholischen Kirche zukommende qualitative Katholizität hinweist, die ihr kraft ihres Wahre-Kirche-Jesu-Christ-Seins zukommt, wie den nichtkatholischen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften substantiell auch. Anderseits trägt die Auslassung des „römisch“ dem neueren Selbstverständnis von (römisch-)katholischer Kirche Rechnung, dass sie sich nicht mehr in absoluter (d.h. ausschließlicher und ausschließender) Weise mit der Kirche Jesu Christi identifiziert, wie es noch das frühere „est“ zum Ausdruck brachte, sondern sich, analog zum „unvermischt und ungetrennt“ des christologischen Dogmas, in größtmöglicher Einheit mit dieser sieht bei dennoch bleibender Verschiedenheit von ihr. Dieses auf dem „subsistit in“ basierende sakramentale (d.h. analoge, statt univoke) Selbstverständnis der (römisch-)katholischen Kirche ermöglicht eine inklusivistische Sicht auf die (römisch-)katholische Kirche, die es zulässt zu denken, dass „außerhalb ihres Gefüges vielfältige Elemente der Heiligung und der Wahrheit zu finden sind, die als der Kirche Christi eigene Gaben auf die katholische Einheit hindrängen“ (LG 8,2). (Römisch-)katholische Kirche ist „katholisch“, d.h. „ganz“ im qualitativen Sinn, ohne dies aber in absoluter und dadurch exkludierender Weise zu sein: Nirgendwo ist die Kirche Jesu Christi und damit deren Katholizität so „dicht“, so „ganz“, so „vollständig“ verwirklicht wie in der (römisch-)katholischen Kirche, so dass sie zu Recht „katholisch“ heißt; aber die Kirche Jesu Christi ist auch in den anderen christlichen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften zu finden, weshalb auch ihnen das Prädikat „katholisch“ gleichermaßen zukommt. Hierbei gilt zu betonen, dass den nichtkatholischen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften Katholizität nicht von der (römisch-)katholischen Kirche zukommt; nicht das gilt als „katholisch“, was „römisch“ ist, sondern was wahre Kirche Jesu Christi auszeichnet und als solche repräsentiert. Folglich ist Kirche Jesu Christi und damit Katholizität überall dort gegeben, wo immer – wie Ignatius sagt – Jesus Christus vergegenwärtigt ist: d.h. wo eine Gemeinschaft von getauften Christen in seinem Namen versammelt ist und auf sein befreiendes Wort hört, wo Christen im Herrenmahl mit Christus und untereinander auf sakramentale Weise verbunden sind und im Bekenntnis des einen Glaubens verharren.

Für die (römisch-)katholische Kirche ergibt sich daraus die Konsequenz, dass sie alle Aspekte der ihr zukommenden Katholizität erst dann voll und ganz in ihrem Leben zu verwirklichen vermag, wenn alle christlichen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften zur Einheit gefunden haben und „alle über den Erdkreis hin verstreuten Gläubigen […] mit den übrigen im Heiligen Geiste in Gemeinschaft“ (LG 8,2) stehen. Zwar habe Christus diese „katholische[…] Einheit“ (LG 8,2), so die Konzilsväter, „seiner Kirche von Anfang an geschenkt […], eine Einheit, die […] unverlierbar in der katholischen Kirche besteht“ (UR 4,3); aber aufgrund der geschichtlichen Spaltungen der Kirche bleibe diese Einheit aktuell unvollkommen, weshalb auch die (römisch-)katholische Kirche – wie alle christlichen Kirchen – auf die von Christus geschenkte katholische Einheit hinarbeiten müsse in der Hoffnung, „dass sie bis zur Vollendung der Weltzeit von Tag zu Tag wachse“ (UR 4,3).

Damit wird deutlich: Die der (römisch-)katholischen Kirche zukommende qualitative Katholizität ist nicht nur Gabe, sondern auch bleibende Aufgabe. Insofern (römisch-)katholische Kirche wahrhaft „katholisch“ ist und im ursprünglich qualitativen Wortsinne auch katholisch sein und bleiben möchte, ist sie aufgerufen, diese ihr zukommende Katholizität nach innen und nach außen hin auch konkret zu leben und zu verwirklichen. Folglich muss sie selbst „von Tag zu Tag gereinigt und erneuert“ (UR 4,6) werden. Sie ist angehalten, „im Notwendigen die Einheit [zu] hüten […][sowie sowohl] in den vielfältigen Formen des geistlichen Lebens und der Lebensweise als auch in der Verschiedenheit der liturgischen Riten, ja sogar in der theologischen Ausarbeitung der geoffenbarten Wahrheit die gebührende Freiheit [zu] wahren“ (UR 4,7), da sie nur so ihre „im wahren Sinne verstandene Katholizität und zugleich Apostolizität […] voller kundtun“ (UR 4,7; vgl. auch UR 10) kann. Nur ein wirklich „katholisches“, d.h. weites „geistliche[s] und liturgische[s], disziplinäre[s] und theologische[s] Erbe in seinen verschiedenen Überlieferungen [, kann] zur vollen Katholizität und Apostoliziät der Kirche“ (UR 17,2) beitragen. Nur so kann (römisch-)katholische Kirche „im vollen und ehrlichen Sinn katholisch sein, nämlich der Wahrheit treu, die wir von den Aposteln und Vätern empfangen haben, und mit dem Glauben übereinstimmend, den die katholische Kirche immer bekannt hat, und zugleich zu der Fülle strebend, mit der der Herr will, dass im Verlauf der Zeiten sein Leib wachse.“ (UR 24,1)

4. Mit der der (römisch-)katholischen Kirche zukommenden qualitativen Katholizität hängt auch ihr Anspruch auf Wahrheit im Sinne von Rechtgläubigkeit (Orthodoxie) zusammen. Diesen Zusammenhang ließ bereits LG 8 erkennen, wobei hier nicht nur denjenigen Kirchen „Katholizität“ im Sinne von Rechtgläubigkeit zugesprochen wird, die „römisch“ sind, sondern all jenen christlichen Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften, die die wahre Kirche Jesu Christi auszeichnen und repräsentieren, wenn aus Sicht der (römisch-)katholischen Kirche allerdings in abgestufter Weise. Die Kirchenkonstitution bekräftig die Haltung der (römisch-)katholischen Kirche, ein Höchstmaß an Orthodoxie für sich beanspruchen zu können, wenn sie etwa die katholischen „Bischöfe in Gemeinschaft mit dem Römischen Bischof […] als Zeugen der göttlichen und katholischen Wahrheit“ (LG 25,1) bezeichnet und in ihnen den bleibenden Bezug zum apostolischen Ursprung (apostolische Sukzession) gewahrt und darin ein Höchstmaß an Rechtgläubigkeit gegeben sieht. In diesem Zusammenhang betont auch die Erklärung über die religiöse Freiheit „dass […] die einzige wahre Religion in der katholischen und apostolischen Kirche da ist, der der Herr Jesus die Aufgabe anvertraut hat, sie bei allen Menschen auszubreiten“ (DiH 1,2); kritisch sei hier angemerkt, dass diese Formulierung stark exklusivistische Züge hat und hinter die „weitere“ Formulierung in LG 8 zurücktritt.

5. Mit der qualitativen Dimension der Katholizität ist auch die Frage der Heilsnotwendigkeit der Kirche verbunden. Diesen inneren Bezug stellt die Kirchenkonstitution in ihrem vierzehnten Artikel her, wenn sie die „katholische Kirche“ als „zum Heil notwendig“ (LG 14,1) definiert. Darin, dass „der eine Christus […] Mittler und Weg zum Heil [ist] […] [und] in seinem Leib, der die Kirche ist, uns gegenwärtig wird […], […] [ist] zugleich die Notwendigkeit der Kirche, in die die Menschen durch die Taufe wie durch eine Tür eintreten, bekräftigt.“ (LG 14,1)

Aufgrund der der (römisch-)katholischen Kirche zukommenden qualitativen Katholizität heißt sie nicht nur „Ecclesiam Catholicam“, sondern verwirklicht diese auch in kontingenter, d.h. sichtbarer Weise. Dies aber lässt Kirche „als allgemeines Sakrament des Heiles“ (LG 48) teilhaben an der Heilsuniversalität Christi, weshalb „jene Menschen nicht gerettet werden [können], die sehr wohl wissen, dass die katholische Kirche von Gott durch Jesus Christus als eine notwendige gegründet wurde, [die] jedoch nicht entweder in sie eintreten oder in ihr ausharren wollten“ (LG 14,1). (Römisch-)katholische Kirche ist nicht deshalb heilsnotwendig, weil sie römisch ist, sondern weil sie kraft ihrer qualitativen Katholiztität die Heilsfülle in sich trägt, die ihr auf sakramentale Weise von Christus her zukommt. So zielt ihr Wesen immer schon auf das Ganze hin, auf das Heil sowie die Heimholung aller Menschen in die volle Gemeinschaft mit Gott durch Christus im Heiligen Geist. Damit ist die zweite Dimension von Katholizität berührt, die aufs engste mit ihrer qualitativen Dimension verbunden ist: die quantitative Katholizität.

6. Vollständig, allumfassend, „ganz“ im Sinne des Griechischen ὅλος ist die (römisch-)katholische Kirche auch angesichts ihrer Weite, also extensiv, umfasst sie doch alle Menschen aller Rassen, Orte und Zeiten bzw. sieht sich zu ihnen gesandt. Eine Tatsache ist, dass es wohl kein Volk auf der Erde heute gibt, in dem die (römisch-)katholische Kirche nicht in irgendeiner Weise präsent ist, wenn auch nicht immer ausdrücklich als verfasste Kirche, so doch personal durch ihre Gläubigen. Kirche weiß sich aufgrund des Sendungsbefehls Jesu zu allen Menschen gerufen: Sie soll am Reich Gottes weiterbauen, dessen Ziel die Eingliederung aller Menschen in die volle Gemeinschaft mit Gott ist. Das Faktum ihrer quantitativen, d.h. geographischen, kulturellen und zeitlichen Verbreitung ist damit zugleich ihre bleibende Aufgabe: sich nicht abzuschließen und abzuschotten, sondern sich offen zu halten für die Vielen, die draußen sind, und sich immer wieder neu zu öffnen und zu engagieren für eine gewollte und gesollte Vielfalt sowohl im Inner- als auch im Außenverhältnis. Denn nur so kann die (römisch-)katholische Kirche jener „Weite“ gerecht werden, die ihr Kraft ihrer Katholizität geschenkt ist. Dieses quantitative Verständnis bemühen die Konzilstexte an mehreren Stellen.

Begründet wird dieses nach innen und nach außen auf Weite hin ausgerichtete Selbstverständnis der (römisch-)katholischen Kirche in ihrer Sakramentalität: Die unter dem Haupt des Römischen Bischofs verfasste Kirche ist „katholisch“ im quantitativen Sinne, weil sie „in Christus gleichsam das Sakrament, das heißt Zeichen und Werkzeug für die innigste Vereinigung mit Gott wie für die Einheit der ganzen Menschheit“ (LG 1) ist. Gott wünscht die volle Gemeinschaft mit allen Menschen; das ist das Ziel seiner Schöpfung, und darauf lebt die gesamte Schöpfung hin. In der Kirche, so ihr sakramentales Selbstverständnis, wird die Menschheit schon jetzt – wenn auch unvollkommen, so doch wirklich und sichtbar – zu dieser Gemeinschaft mit Gott gerufen und anfanghaft geeint (vgl. LG 13,2); folglich bleibt Kirche ihrer Sendung, Sakrament dieser innigsten Vereinigung mit Gott zu sein, nur dann gerecht, wenn sie sich als Glaubensgemeinschaft versteht, die offen ist und ausgerichtet bleibt auf andere hin und die in sich eine Vielfalt ermöglicht und bewahrt, ohne die sie ihre Weite auf- und preisgeben würde.

Deutlich wird diese Sicht etwa in IM 3,1, wo betont wird, dass „die katholische Kirche von Christus, dem Herrn, gegründet worden ist, um allen Menschen das Heil zu bringen, und darum von der Notwendigkeit gedrängt wird, das Evangelium zu verkünden“ (IM 3,1). Kirche ist aufgerufen, sich nicht mit sich selbst zu begnügen, sondern ihrer Sendung gemäß die Frohe Botschaft allen Menschen zu verkünden, worin ihr Auftrag zur Mission gründet (vgl. Mt 28,19f.). Expressis verbis formuliert das Dekret über die missionarische Tätigkeit der Kirche diesen Gedanken, wo es heißt: „Zu den Völkern von Gott gesandt, um ‚das allgemeine Sakrament des Heiles’ zu sein, bemüht sich die Kirche aus den innersten Erfordernissen der ihr eigenen Katholizität, dem Auftrag ihres Gründers gehorsam, das Evangelium allen Menschen zu verkünden“ (AG 1,1). Die Konzilsväter heben hier durch den zweidimensionalen Begriff der Katholizität heraus, dass die qualitative Fülle und Ganzheit von Kirche (intensive Katholizität) notwendig auf ihre quantitative Weite und Ganzheit (extensive Katholizität) drängt, wobei die extensive Katholizität der Kirche notwendig rückgebunden bleibt an ihre intensive Katholizität, welche ihr in und durch Christus im Heiligen Geist sakramental geschenkt ist. Katholizität ist – wie wir schon sahen – beides: Gabe und Aufgabe, „Schon“ und „Noch nicht“. AG 36 und AG 40 fordern von „alle[n] Kinder[n] der Kirche ein lebendiges Bewusstsein ihrer Verantwortung gegenüber der Welt“ (AG 36,2) und halten die Katholiken zu „wahrhaft katholischem Geist und Wirken“ (AG 40,1) an, einer Gesinnung also, die gemäß der quantitativen Katholizität offen ist und ausgerichtet bleibt auf das „Ganze“ von Kirche und das „Ganze“ von Welt.

Eine wahrhaft „katholische“ Haltung im Sinne von „Weite“ wünscht sich das Dekret über die priesterliche Ausbildung auch von den Priestern, die „von jenem wahrhaft katholischen Geist erfüllt werden […] [mögen, um] die Grenzen der eigenen Diözese, Nation oder des eigenen Ritus zu übersteigen und die Bedürfnisse der ganzen Kirche zu unterstützen, im Herzen dazu bereit, das Evangelium überall zu predigen“ (OT 20), die in sich also eine Weite mitbringen und lebendig halten sollen, die „zum Wohl nicht nur der Kleriker und Christgläubigen, die es direkt angeht [gereicht], sondern sogar auch der ganzen katholischen Kirche“ (CD 22,2). Den Blick für das Wohl der weltweiten Kirche und darin eine „katholische“ Verantwortung aller Christen macht das Dekret über die sozialen Kommunikationsmittel geltend, wenn dieses von jeder Ortskirche einen Beitrag zur Förderung der weltweiten katholischen Medienarbeit erbittet (vgl. IM 18). Aus einer ähnlichen Haltung heraus formuliert das Dekret über das Hirtenamt der Bischöfe in der Kirche eine Weite und Vielfalt in den kurialen Behörden: „Da ebendiese Behörden zum Wohl der gesamten Kirche eingesetzt sind, wird […] gewünscht, dass ihre Mitglieder, Beamten und Ratgeber sowie die Legaten des Römischen Bischofs, soweit es geschehen kann, mehr aus verschiedenen Gegenden der Kirche genommen werden, so dass die zentralen Ämter und Organe der katholischen Kirche eine wahrhaft allgemeine Beschaffenheit an den Tag legen“ (CD 10,1) und ihrer Bezeichnung als „katholisch“ gerecht werden.

Neben den vielschichtigen Konnotationen der Begriffe „katholisch“ bzw. „Katholizität“ in den Konzilstexten lassen sich weitere, mehr inhaltliche Auffälligkeiten attestieren, die im Folgenden dargelegt werden sollen.

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