Kitabı oku: «Feuerschein über den Sudeten», sayfa 4
Von 1921–1926 führte General Eugene Desiré Antoine Mittelhauser die französische Militärmission in der Tschechoslowakei und den Hauptstab der tschechoslowakischen Armee. Am 1. Januar 1926 wurde die tschechoslowakische Armee in die Selbstständigkeit entlassen. Die Militärmission wurde in eine Beratergruppe umgewandelt und an die Spitze des Hauptstabes traten tschechoslowakische Offiziere, der Erste dieser Offiziere war General Jan Syrový.
Die Entwicklung der tschechoslowakischen Armee in dieser Periode entsprach keineswegs den Prinzipien, die am 18. Oktober 1918 in Washington von Masaryk verkündet worden waren. Die Streitkräfte sollten in Form einer Miliz organisiert werden. Als man im Jahr 1920 an den Aufbau der Streitkräfte ging, konnten sich die Anhänger dieser Idee nicht durchsetzen und man baute die tschechoslowakische Armee aus Wehrpflichtigen und Berufssoldaten auf. Inzwischen hegte man in Prag sogar Großmachtpläne. Beneš griff eine alte Idee aus dem Jahr 1848 auf, die neoslawistische Politiker vertraten. Durch Anschluss westungarischer Gebiete an die Tschechoslowakei und südwestungarischer Gebiete an Jugoslawien sollte eine Verbindung zwischen Tschechen und Jugo(Süd)slawen geschaffen werden. Dadurch wäre eine von Slawen besiedelte Barriere entstanden, um Österreich von Ungarn zu trennen und auch die deutschen Siedlungsgebiete in Mitteleuropa von jenen in Südosteuropa. Beneš legte der Pariser Friedenskonferenz eine Denkschrift mit diesem Plan vor und behauptete in dieser, die fragliche Region sei zu 25–30 % von Slawen besiedelt. In Wirklichkeit lebten dort 220.000 Slawen, 660.000 Ungarn und 290.000 Deutsche, also nur 18 % Slawen. Der Nebeneffekt war, dass damit die Tschechoslowakei über Jugoslawien einen Zugang zum Meer erhalten hätte. Der Antrag von Beneš an die Friedenskonferenz ist aber auch ein Beweis dafür, dass Beneš’ antideutsche Politik keineswegs erst nach der Okkupation der Tschechoslowakei aufkam. Italien hatte aufgrund seiner Differenzen mit Jugoslawien kein Interesse an diesem Plan und verhinderte die Zustimmung der Friedenskonferenz zu diesem Plan. Im September 1920 wurde ein Militärabkommen mit Jugoslawien geschlossen und im April 1921 mit Rumänien. Dieses Dreier-Militärbündnis wurde allgemein als „Kleine Entente“ bezeichnet. Beneš hatte den persönlichen Ehrgeiz, in diesem Bündnis tonangebender Politiker zu sein. Das Militärbündnis richtete sich in erster Linie gegen Ungarn, das damit als Bündnispartner für Deutschland neutralisiert werden sollte.
Diese ehrgeizigen Pläne verlangten eine angemessene Armee. Im Wehrgesetz vom 14. Februar 1920 wurde eine Wehrdienstpflicht von 14 Monaten eingeführt. Die Organisation der Armee gliederte sich in 4 Militärbezirke, 12 Divisionen, 48 Infanterieregimenter, 4 Regimenter Gebirgstruppen, 10 Kavallerieregimenter, 10 Bataillone Grenztruppen, 16 Regimenter leichte Artillerie, 14 Regimenter mittlere Artillerie, 5 Regimenter schwere Artillerie und 3 Fliegerregimenter. Dazu kamen die erforderlichen Sicherstellungskräfte wie Pioniere, Nachrichteneinheiten und Versorgungseinheiten. Die Umgliederung der Armee begann im Herbst 1920, nachdem die ersten Wehrpflichtigen eingerückt und die letzten Transporte der Legion aus Russland zurück in die Heimat gekommen waren. Nach der Umgliederung war die tschechoslowakische Armee der deutschen Reichswehr weit überlegen. Das führte dazu, dass Masaryk und Beneš glaubten, sie seien so stark, dass man mit der Tschechisierung der Tschechoslowakei beginnen könne. Irgendwelche Forderungen der Sudetendeutschen und Slowaken würde man mit der Parlamentsmehrheit der tschechischen Abgeordneten überstimmen. Im Herbst 1924 wurden 7.000 deutsche Eisenbahner entlassen und durch Tschechen ersetzt. Das wiederholte sich dann auch bei Post, Polizei und Zoll. Trotzdem waren starke politische Kräfte in den sudetendeutschen Parteien auf einen Ausgleich mit dem tschechischen Volk bedacht, geführt wurde diese Gruppierung von den Sozialdemokraten unter Führung des Brünner Rechtsanwaltes Ludwig Czech. Die sudetendeutsche Sozialdemokratie, die sich Deutsche Sozialdemokratische Arbeiter-Partei (DSAP) nannte, errang bei den Parlamentswahlen 1920 44 % aller deutschen Stimmen. Die Unterdrückungspolitik der Tschechen führte dazu, dass die DSAP bei den Parlamentswahlen von 1925 die Hälfte ihrer Wähler verlor. Nun war der Weg frei für eine neue Partei, die Sudetendeutsche Partei unter Führung von Konrad Henlein. Diese war nationalistisch ausgerichtet, vertrat aber anfangs noch die Position der Anerkennung des tschechoslowakischen Staates, allerdings unter der Bedingung einer weitgehenden Autonomie für die Sudetendeutschen. Nachdem Hitler 1933 an die Macht gekommen war, setzte er sich als erstes Ziel die Revision des Versailler Vertrages. Eine eigene Organisation, die Volksdeutsche Mittelstelle (stand im Rang eines SS-Hauptamtes), begann die Deutschen bei politischen Bewegungen im Ausland zu unterstützen. Das radikalisierte die Sudetendeutsche Partei und bald vertraten diese die Forderung „Heim ins Reich“. Gleichzeitig veränderte sich die strategische Lage in Mitteleuropa grundlegend, die Ursachen waren die Machtergreifung der Faschisten unter Benito Mussolini in Italien, die deutsche Wiederaufrüstung und das allmähliche Abrücken Großbritanniens und Frankreichs von den Prämissen des Versailler Vertrages. Die Politiker Großbritanniens und nach und nach auch Frankreichs gelangten zu der Erkenntnis, dass die größte Bedrohung Europas nicht mehr Deutschland sei, sondern Stalins Sowjetreich. Die Sowjetunion hatte eine beeindruckende wirtschaftliche Entwicklung genommen, die es ermöglichte, die Rote Armee zur stärksten Armee Europas auszubauen. Deshalb versuchten Großbritanniens Politiker, mit Hitler zu einem Interessenausgleich zu kommen. Edvard Beneš, seit 1935 Staatspräsident der Tschechischen Republik, bekam von alledem nichts mit, oder er wollte es nicht sehen, wie einige tschechische Historiker in neueren Werken schreiben. Der tschechoslowakischen Armee verbot die Verfassung, sich in die Politik einzumischen. Die Armee erhielt ihre Weisungen vom Staatspräsidenten und führte diese aus. Irgendwelche Geheimverhandlungen verbündeter Staaten waren für die Armee nicht relevant.
Nach seiner Rückkehr von der Genfer Abrüstungskonferenz im Jahr 1934 beriet sich Beneš mit den führenden Mitarbeitern des Verteidigungsministeriums und des Generalstabes. Er analysierte die internationale Lage und sagte, er erwarte eine schwere internationale Krise, die um das Jahr 1936 herum ausbrechen würde. Aus diesem Grund erhöhte die Tschechoslowakei in den folgenden Jahren systematisch die Verteidigungsbereitschaft. Im Oktober 1933 wurde ein Rat für Nationale Verteidigung gebildet, 1934 erhöhte man die Wehrdienstzeit auf zwei Jahre. Im Jahr 1936 wurde ein neues Wehrgesetz erlassen und eine Anleihe für die Nationale Verteidigung ausgeschrieben. Die Friedensstruktur der Armee wurde auf 17 Divisionen erhöht und die Struktur modernisiert. Eine Infanteriedivision bestand jetzt aus drei Infanterieregimentern, einem leichten Artillerieregiment mit 36 Geschützen, einem schweren Artillerieregiment mit 16 Geschützen. Das Infanterieregiment bestand aus drei Bataillonen, einem Ersatzbataillon, einer Pionierkompanie und einer Kompanie Begleitwaffen mit Panzerabwehrgeschützen, Minenwerfern und überschweren Maschinengewehren. Die Divisionstruppen bestanden aus je einer Pionier, Aufklärungs- und Fernmeldeabteilung sowie einer Kraftwagenkompanie. Die Kavalleristen waren die beweglichen Kräfte der Armee. Deshalb waren den 11 Dragonerregimentern auch je eine Schwadron gepanzerte Kräfte zugeteilt. Diese bestand anfangs aus 12 Panzerautos, einigen Tanketten und später auch aus zusätzlichen leichten Panzern des Typs LT-34.
Die modernsten Verbände der tschechoslowakischen Armee waren die vier schnellen Divisionen. Sie entstanden aus der Vereinigung der Kavalleriebrigaden und der Panzerregimenter, zusammengefasst zu einer Panzerbrigade. Die motorisierten Kampfkomponenten bestanden aus Aufklärern, Panzern, motorisierter Infanterie, motorisierter Panzerabwehr, motorisierter Artillerie und motorisierter Flak. Die Kavalleriebrigade verfügte über Dragonerregimenter, ein Radfahrbataillon und motorisierte Artillerie. Bis zum September 1938 konnten allerdings nur 16 der geplanten 24 Panzerkompanien aufgestellt werden. Weiterhin verfügte die tschechoslowakische Armee noch über eine motorisierte Division (14. Infanteriedivision).
Der Bedarf der tschechoslowakischen Artillerie wurde vollständig aus der Produktion der Skodawerke gedeckt. Die Geschütze hatten eine hohe Qualität und waren auf dem Weltmarkt äußerst begehrt. Die eingelagerten Mobilmachungsreserven ermöglichten im Falle einer Mobilmachung die Verdoppelung der Artillerieregimenter.
Mangelhaft war die Ausstattung der Truppen mit Panzerabwehr und Fliegerabwehrwaffen. Das galt nicht für die Qualität, sondern für die Quantität. In der Panzerabwehr fehlten ca. 800 Geschütze. Man versäumte es auch, die Grenzbefestigungsanlagen rechtzeitig durch Panzerminen zu verstärken.
Angesichts der deutschen Rüstung auf dem Gebiet der Luftstreitkräfte war der Mangel an Luftabwehr besonders bedenklich. Die Luftabwehr der Truppen verfügte nur über schwere und überschwere Maschinengewehre. Im Frühjahr/Herbst 1938 wurden der Truppe noch 174 20-mm-Flak vom Typ Oerlikon zugeführt. Die 500 Flakgeschütze größeren Kalibers dienten vor allem der Verteidigung von Städten und wichtigen Objekten.
Zwischen 1934 und 1937 wurde die Armee umstrukturiert und in Armeen (vier Armeen) und sieben Armeekorps gegliedert.
Anfang der 30er Jahre begann die Modernisierung der Luftstreitkräfte vor allem mit Flugzeugen aus eigener Produktion. Bis 1938 wurden der Truppe 445 Jagdflugzeuge Avia B-534 zugeführt. Diese erreichten eine Höchstgeschwindigkeit von 405 km/h und lagen damit auf dem zweiten Platz hinter der Messerschmitt Bf 109. Weiterhin kamen in die leichten Bombengeschwader 64 Aero Ab-101, 30 in der Sowjetunion gekaufte SB-2 und 66 in Lizenz produzierte sowjetische B-71, die 430 km/h mit einer Bombenlast von 600 kg erreichten. Die schweren Bombergeschwader waren mit 114 Aero-Bloch-MB 200 ausgerüstet, die eine Geschwindigkeit von 245 km/h erreichten und 1938 hoffnungslos veraltetet waren. Zusätzlich stand noch eine große Anzahl von Aufklärungs- und Verbindungsflugzeugen zur Verfügung. Die deutsche Luftwaffe war damit quantitativ fünffach überlegen und insgesamt auch mit qualitativ besseren Flugzeugen ausgerüstet. Luftstreitkräfte und Luftabwehr waren die Achillesferse der tschechoslowakischen Armee. Die beachtliche Wirtschaftskraft der Tschechoslowakei reichte nicht aus, um alle Komponenten einer modernen Landesverteidigung in erforderlichem Maß zu entwickeln.
Kapitel 5
Aufklärung ist alles
Als der Hauptstab der tschechoslowakischen Armee noch von französischen Generalen geleitet wurde, achteten diese darauf, dass die tschechoslowakische Armee einen leistungsfähigen Aufklärungsdienst aufbaute. Dieser wurde zentral von der 2. Abteilung des Hauptstabes der tschechoslowakischen Armee geführt. Dieser Abteilung unterstanden Abteilungen in den Kommandos der Militärbezirke, den Divisionen, Grenzregimentern und Grenzbataillonen. In den ersten Jahren konzentrierte man sich auf die Aufklärung der Aktivitäten der ungarischen Armee, weil man Versuche zur Restauration der Habsburger Monarchie fürchtete. Außerdem errichtete der „Reichsverweser“ Admiral Horthy ein offen faschistisches Regime in Ungarn. Im Frühjahr 1934 wurde Oberst Šimon Drgáč neuer Chef der 2. Abteilung des Hauptstabes. Dieser änderte die Orientierung der 2. Abteilung, die ab 1934 ihre Aufklärungstätigkeit auf Deutschland konzentrierte. Der neue Chef musste feststellen, dass die 2. Abteilung über keinerlei Informationen über die deutschen militärischen und paramilitärischen Gliederungen verfügte, weil man keine Informanten auf höheren Führungsebenen der Wehrmacht hatte. Theoretisch standen über 199 Agenten in Deutschland im Sold der 2. Abteilung, aber diese brachten der 2. Abteilung im Jahr 1934 nur 16 Dokumente. Allerdings war die Tendenz in der Gewinnung von Informanten auf deutschem Boden steigend, denn zahlreiche politische Gegner der Nationalsozialisten flohen in die Tschechoslowakei und boten dem Armeenachrichtendienst an, Informationen aus Deutschland zu beschaffen. Einer der Ersten war der ehemalige Stellvertreter des Oberbürgermeisters von Leipzig, der Sozialdemokrat Willy Lange. Dieser wurde am 22. Dezember 1934 als Agent D-14 registriert. Lange erwies sich als höchst talentiert und baute ein Nachrichtennetz mit Informanten in den Städten Leipzig, Stuttgart, Hamburg, München, Dresden, Nürnberg und anderen Orten auf. In der Folgezeit wurde es mehrfach von der Gestapo zerschlagen, aber immer wieder traten junge Leute an die Stelle verhafteter Informanten.
Im Jahr 1935 verschärfte sich der Kampf im Aufklärungssektor, als Admiral Canaris die Leitung der Abwehr der Wehrmacht übernahm. Dieser war ein heimlicher Gegner Hitlers, das hinderte ihn aber nicht daran, die potenziellen Gegner Deutschlands intensiv auszuspähen. Für die Arbeit gegen die Tschechoslowakei wurden die Abwehrstellen (Ast) Dresden, Breslau, München und nach dem Anschluss Österreichs noch dazu Wien entfaltet. Die Abwehr konnte bei ihrer Anwerbung von Agenten auf Offiziere der tschechoslowakischen Armee mit deutscher oder ungarischer Abstammung sowie im weitesten Sinne auf die sudetendeutsche Bevölkerung zurückgreifen. Letzteres gewann eine große Bedeutung, als die Tschechoslowakei damit begann, die Landesbefestigung auszubauen. Für einen Angriff auf die Bunkerlinien benötigte man die genaue Lage jedes einzelnen Bunkers. Fast alle Bunker lagen in den sudetendeutschen Siedlungsgebieten, die lokalen Einwohner konnten die Aufklärung am unauffälligsten durchführen. Im Januar 1935 fuhr Canaris nach Budapest und Wien, um mit dem ungarischen und dem österreichischen Nachrichtendienst den Austausch von Aufklärungsergebnissen über die Tschechoslowakei zu vereinbaren.
In den folgenden Jahren gelang es der 2. Abteilung, einige wertvolle Agenten aus mittleren Funktionen in Deutschland zu gewinnen. Dazu einige Beispiele: Die meisten von ihnen boten sich selbst dem tschechoslowakischen Nachrichtendienst an, weil sie Hitlergegner waren. Im Jahr 1934 informierte ein deutscher Offizier aus Bayern die 2. Abteilung über den Bau von Befestigungsanlagen in Bayern und an der deutschen Westgrenze. Das waren wertvolle Informationen, die dem befreundeten französischen Aufklärungsdienst übergeben wurden. Darüber hinaus gab er wertvolle Hinweise über deutsche Agenten in der Tschechoslowakei. Ein ganz besonderer Fall war der Dreifachagent Dr. Franz Thaler. Dieser war Österreicher und bereits 1930 vom sowjetischen Auslandsgeheimdienst OGPU angeworben worden. Er unterhielt in Wien eine Informationsagentur und verfügte über gute Verbindungen zu Regierungskreisen. Kurze Zeit nach seiner Anwerbung wurde er leitender Funktionär in der österreichischen Heimwehr. Da er ein Günstling des Kommandeurs der Heimwehr, Graf Starhemberg, war, stieg er schnell zum Leiter des politischen Büros der Heimwehr auf. Als Starhemberg Innenminister wurde, kam nun Dr. Thaler an höchst geheime Dokumente über die bewaffneten Kräfte der Republik Österreich, die alle an den OGPU gingen. Im Sommer 1933 trat er der NSDAP bei. Daraufhin verhaftete ihn die österreichische Polizei wegen angeblicher illegaler nationalistischer Tätigkeit. Nach kurzer Zeit war er wieder frei. Ein Freund aus der Heimwehrzeit, der nach München geflohen war, überredete Thaler, ein Agentennetz für die Nationalsozialisten aufzubauen. Das gelang ihm in kürzester Zeit, damit war er zum Doppelagenten geworden. Alle Informationen, die er jetzt sammelte, gingen erst nach Moskau und dann nach München. Ab Herbst 1935 arbeitete er für den Aufklärungsdienst des deutschen Luftfahrtministeriums. Bei einer Reise nach Prag verhaftete ihn die Gegenspionageabteilung der tschechoslowakischen Armee. Man bot ihm die Freiheit an, wenn er bereit wäre, für sie zu arbeiten. Thaler sagte zu und war von diesem Zeitpunkt an Dreifachagent. In seiner Tätigkeit für den tschechoslowakischen Aufklärungsdienst übergab er diesem ein einziges Dokument. Genau dieses Dokument fiel nach der Okkupation der Tschechoslowakei der Gestapo in die Hände, die ihn aufspürte und verhaftete. Nach monatelanger Untersuchung wurde ihm der Prozess gemacht und er erhielt als Strafe 10 Monate Gefängnis! Er musste der Gestapo sehr interessante Informationen angeboten haben. Nach Ende des Krieges wurde er vom sowjetischen Spionageabwehrdienst „Smersch“ (Tod den Spionen) verhaftet. Wer diesem in die Hände geriet, konnte im günstigsten Fall dessen Diensträume als Krüppel verlassen, endete in der Regel aber vor einem Erschießungskommando. Thaler aber gelang es, die Untersuchungsbeamten zu bewegen, den OGPU zu benachrichtigen. Dieser nahm ihn in Gnaden wieder auf.
Der größte Erfolg der 2. Abteilung aber ergab sich durch die Zusammenarbeit mit Paul Thümmel, von der 2. Abteilung als A-54 geführt. Dieser gilt als einer der erfolgreichsten Spione des 2. Weltkrieges. Dieser Erfolg war aber nicht auf die systematische Tätigkeit der 2. Abteilung zurückzuführen, sondern er fiel den Tschechen einfach in den Schoß. Paul Thümmel wurde am 15. Januar 1902 in Neuhausen/Erzgebirge geboren. Er gehörte zu den Mitbegründern der NSDAP in Neuhausen. Auf der Gründungsversammlung der Ortsgruppe trat Heinrich Himmler als Gastredner auf, seitdem waren Himmler und Thümmel befreundet. Nach der Machtübernahme verschaffte Himmler seinem Freund Paul Arbeit in der Abwehrstelle Dresden. Dort machte er schnell Karriere. Am 6. Februar 1936 bot er in einem Brief der 2. Abteilung seine Dienste an. Er bot Informationen über die Organisation der deutschen Spionage in der Tschechoslowakei und über die Umsturzpläne der Sudetendeutschen Partei an. Für seine Dienste verlangte er 15.000 Deutsche Mark. Die ersten Treffen mit Mitarbeitern der 2. Abteilung fanden in Weipert (Vejprty) und Karlsbad (Juni 1937) statt. A-54 brachte jedes Mal Material mit, das für die 2. Abteilung von unschätzbarem Wert war. Es war Material über die Organisation des deutschen Agentennetzes im Grenzgebiet und auf dem übrigen Territorium der Tschechoslowakei, über das Organisationsschema der Abwehr und der Gestapo in Dresden, über die Organisation der Militärspionage im Krieg und es waren Auszüge aus geheimen Reden Hitlers über die Tschechoslowakei. Im September 1938 brachte er Proben der neuesten deutschen Sprengstoffe mit. Bei einem Treffen mit einem Mitarbeiter der 2. Abteilung in Turnau am 3. März 1939 teilte Thümmel mit, dass spätestens am 15. März deutsche Truppen in der Tschechoslowakei einmarschieren würden. Diese Warnung ermöglicht es, dass die Mitarbeiter der 2. Abteilung mit den wichtigsten Akten, darunter auch die Akten A-54 betreffend, rechtzeitig am 14. März nach London fliehen konnten.
Ende März 1939 wurde Thümmel als Mitarbeiter der Abwehr nach Prag versetzt. Die 2. Abteilung hatte inzwischen eine Residentur in Den Haag eingerichtet. Bei einer Deckadresse in Den Haag fanden jetzt regelmäßige Treffen mit A-54 statt. Anfang August 1939 informierte er seine Auftraggeber über den Angriffstermin gegen Polen und am 17. März 1940 über den geplanten deutschen Angriff gegen die Niederlande und England. Offensichtlich wurde seinen Warnungen ebenso wenig Glauben geschenkt wie Sorges Informationen an Stalin über den geplanten Angriff gegen die Sowjetunion. Sicher waren die französischen und britischen Nachrichtendienste arrogant genug, um die Warnungen des tschechischen Geheimdienstes zu ignorieren. Hätte man diesen Glauben geschenkt, wäre es möglich gewesen, bessere Abwehrmaßnahmen zu organisieren. Die 2. Abteilung stellte die Verbindung zwischen A-54 und ihren in Prag zurückgebliebenen Nachrichtenleuten her und ab Juni 1940 kamen fast täglich Meldungen von ihm nach London. Thümmel informierte weiterhin über Entscheidungen Hitlers von strategischer Bedeutung, so über die Absetzung der Operation „Seelöwe“. Bereits Ende 1940 erreichten London Auszüge aus Hitlers Weisung Nr. 21 den Plan „Barbarossa“ betreffend. Aber die Achillesferse jedes Agentennetzes ist die Nachrichtenübermittlung. Nach England war es nur möglich, Meldungen über Funk abzusetzen. Die Gruppe der 2. Abteilung in Prag unter Leitung von Stabskapitän Václav Morávek verfügte über den Sender, A-54 deponierte die Nachrichten in wechselnden toten Briefkästen. Bekanntlich verfügte die Gestapo über eine technisch ausgezeichnete Funküberwachung. Am 3. Oktober wurde Moráveks Sender angepeilt und ausgehoben. Der Gestapo gelang es, die Funksprüche zu dechiffrieren. Die Gestapo fand heraus, dass ein hochrangiger deutscher Offizier geheime Informationen an den tschechischen Widerstand übermittelte. Heydrich nahm sich der Angelegenheit persönlich an und befahl, die Sonderkommission „Verräter X“ zu bilden. Durch Verhöre weiterer festgenommener Agenten gelang es Thümmel, der als Abwehrmitarbeiter die Decknamen „Dr. Holm“ und „Dr. Steinberg“ trug, zu identifizieren und festzunehmen. Dieser begann ein gewagtes Spiel mit der Gestapo. Er behauptete, ein Doppelspiel zu treiben, um in die tschechische Widerstandsbewegung einzudringen. Daraufhin wurde er am 2. März 1942 freigelassen mit der Aufgabe, ein Treffen mit Morávek zu organisieren. Thümmel dachte aber nicht daran, Morávek auszuliefern und wurde am 20. März endgültig festgenommen. Die Gestapo sperrte Thümmel im Konzentrationslager Theresienstadt ein, wo er am 20. April 1945 erschossen wurde.
Obwohl sich die tschechoslowakische Armee entsprechend der Verfassung nicht in die Politik einmischen durfte, galt das für den Armeegeheimdienst nicht. Offensichtlich hielt Beneš die Hand über diesen und es gab auch einen direkten Draht vom Leiter der 2. Abteilung zu Beneš. Im Juli 1937 warb der tschechoslowakische Geheimdienst einen ehemaligen Funktionär der Sudetendeutschen Partei namens Kopatschek an. Dieser hatte sich mit Henlein überworfen und die Sudetendeutsche Partei verlassen. Kopatschek war eine windige Person, die schon mehrfach die Seiten gewechselt hatte. Er war während der Märzkämpfe 1921 in Leipzig Mitglied des Arbeiterrates gewesen. Im Sudetengebiet war er Mitglied in verschiedenen nationalistischen Parteien. Zum Zeitpunkt seiner Anwerbung betrieb er eine Zeitung, die von Kommunisten und Sozialdemokraten finanziert wurde. Er wurde nach Prag eingeladen und zwei Offiziere der 2. Abteilung boten ihm an, für die 2. Abteilung zu arbeiten und die Verbindungen Henleins nach Berlin auszuspionieren. Kopatschek sagte zu. Er hatte aber seine eigenen Pläne. Er wartete, bis er von seinem Führungsoffizier schriftliche Anweisungen erhalten hatte, und dann reiste er nach Deutschland und verriet alles der Gestapo. Kurz darauf wandte sich ein Bekannter namens Felix Hamersky an ihn und berichtete ihm, dass seine Frau bei ihrem Bruder Kurt Geilert in Halle zu Besuch war, der in einem Flugzeugwerk arbeitete. Dieser habe seiner Frau merkwürdige Metallteile übergeben, die mit weißer Flamme verbrannten und sich nicht mit Wasser löschen ließen. Kurt Geilert habe die Bitte, die Proben den tschechischen Behörden zu überbringen. Hamersky wollte diese zur sowjetischen Botschaft bringen lassen. Kopatschek übergab diese aber seinem Führungsoffizier aus der 2. Abteilung und informierte anschließend seinen Gestapoführungsoffizier. Von beiden erhielt er den Auftrag, weitere Muster zu beschaffen. Das Ehepaar Hamersky besorgte diese über Geilert. Kopatschek aber erhielt von der Gestapo falsche Informationen über die Verbindungen Henleins nach Berlin. Nach der Okkupation der Tschechoslowakei verhaftete die Gestapo die gesamte Gruppe, die Ehepaare Hamersky und Geilert erhielten hohe Gefängnisstrafen, natürlich ausgenommen Kopatschek. Der Fall zeigt, dass in dieser Zeit die Grenze zwischen Freund und Feind nicht nur entlang der nationalen Grenzen, sondern auch entlang der politischen Grenzen verlief.
Die wahrscheinlich wichtigste gemeinsame Aufklärungstätigkeit des tschechoslowakischen und des französischen Geheimdienstes war aber die Aufdeckung der deutschen militärischen Pläne für den Krieg. Der französische militärische Geheimdienst übergab seinem tschechoslowakischen Partner den Mobilmachungsplan der Deutschen Wehrmacht. Der Plan für den „Fall Grün“ war kaum fertig ausgearbeitet, da war er auch schon im Besitz der 2. Abteilung. Im Sommer 1937 übergab Paul Thümmel erste Informationen über den Plan. Kurz darauf übergab ein Agent, der in den Akten der 2. Abteilung als A-53 geführt wurde, erste Informationen über die geplante Hauptstoßrichtung der Wehrmacht über die Stadt Králíky nach Nordmähren mit dem Ziel, die Tschechoslowakei in zwei Teile aufzuspalten und vor allem den Abzug der tschechoslowakischen Kräfte aus dem Westteil Böhmens in die Slowakei zu verhindern. Nach der Besetzung Österreichs informierte ein weiterer Agent über geplante Stöße der Wehrmacht von Norden und Süden. Der Agent A-53 machte weiterhin darauf aufmerksam, dass die Wehrmacht über genaue Modelle der tschechoslowakischen Landesverteidigung verfügte. Die wahre Identität des Agenten A-53 wurde nie festgestellt.
Die Aufdeckung des „Planes Grün“, von der wahrscheinlich die Abwehr nichts wusste, war ein schwerer Schlag für die Wehrmacht, denn die tschechische Regierung veranlasste jetzt einen beschleunigten Ausbau der schweren Befestigungen im Abschnitt Náchod – Hanušovice. Auf beiden Seiten des Tals, in dem Králíky liegt, wurden zwei schwere Artilleriefestungen („Baudenkoppe“ und „Berghöhe“) ausgebaut. Damit wurde die Stoßrichtung Gladz – Králíky gesperrt. Auch der Abschnitt Troppau – Hultschin – Bohumín wurde schwer befestigt. Der Abschnitt Hanušovice – Jeseniky – Hermanuv wurde durch das Altvatergebirge gesperrt. Damit stand nur der Abschnitt Krnov – Troppau für den Angriff zur Verfügung. Musste man aber an einem Abschnitt angreifen, der dem Gegner bekannt war, konnte man schwerlich einen überraschenden Schlag führen.
Der tschechoslowakische Präsident T.G. Masaryk (2.v.li.) beim Manöverbesuch (VUA, Cj.2703-1/2012-211100)
Der tschechoslowakische Präsident Masaryk und der französische Generalstabschef der tschechoslowakischen Armee, General Mittelhausser, begrüßen bei einem Truppenbesuch im Jahr 1922 die französischen Berater der tschechoslowakischen Armee (VUA, Cj.2703-1/2012-211100)
Der französische Generalstabschef General Gamelin zum Manöverbesuch bei der tschechoslowakischen Armee 1933. Er wird vom Generalstabschef der tschechoslowakischen Armee, General Syrovi (Bildmitte mit Schnurrbart) begrüßt. (VUA, Cj.2703-1/2012-211100)
Kapitel 6