Kitabı oku: «TANAR VON PELLUCIDAR», sayfa 2
Goork und sein Volk hatten in ihrer Loyalität gegenüber dem Imperium geschwankt, wie auch einige andere weit entfernte Königreiche, aber ich glaube, dass diese praktische Demonstration der Föderation ihre Zweifel für immer beseitigte und die Menschen im Land des Grossen Schattens mit ihrem König zu den loyalsten Untertanen machte, die David besaß.
Die Wirkung, die das Erscheinen von zehntausend gut bewaffneten Kriegern auf den Feind hatte, war eindeutig. Sie hielten inne und als wir vorrückten, zogen sie sich zurück, aber selbst im Rückzug lieferten sie uns einen harten Kampf.
David erfuhr von Goork, dass Tanar als Geisel festgehalten wurde, und obwohl er mehrere Versuche unternahm, um mit dem Feind zu verhandeln und einige Gefangene, die uns in die Hände gefallen waren, gegen Tanar und andere Pellucidarier auszutauschen, gelang ihm das nicht.
Unsere Streitkräfte trieben die Invasoren weit über die Grenzen des Imperiums hinaus bis zu den Ufern eines fernen Meeres, wo es ihnen schließlich mit Mühe und unter dem Verlust vieler Männer gelang, ihre dezimierten Truppen in Schiffe unterzubringen, die in ihrer Bauweise so archaisch waren wie ihre antiken Arkebusen.
Diese Schiffe ragten an Bug und Steven übertrieben hoch auf, die Hecks waren mehrstöckig aufgebaut oder beherbergten Decks, die übereinander lagen. Oberhalb der Wasserlinie gab es überall viele Schnitzereien in scheinbar komplizierten Mustern und jedes Schiff trug an seinem Bug eine Galionsfigur, die, wie der Mittelsteven des Schiffes, in knalligen Farben bemalt war – meistens die überlebensgroße Figur einer nackten Frau oder einer Meerjungfrau.
Die Männer selbst waren ebenso bizarr und farbenfroh, trugen bunte Tücher um den Kopf, breite Schärpen in leuchtenden Farben und riesige Stiefel mit flatternden Oberteilen – zumindest diejenigen, die nicht halb nackt und barfuß waren.
Neben ihren Arkebusen trugen sie in ihren Gürteln riesige Pistolen und Messer und an ihren Hüften hingen Entermesser. Alles in allem waren sie mit ihren buschigen Schnurrbärten und erbarmungslosen Gesichtern ein grimmig aussehender und zugleich bunter Haufen.
Von einigen der Gefangenen, die er während der Kämpfe an der Küste gemacht hatte, erfuhr David, dass Tanar noch am Leben war und dass der Anführer der Invasoren beschlossen hatte, ihn mit nach Hause zu nehmen, in der Hoffnung, dass er von Tanar die Geheimnisse unserer überlegenen Waffen und unseres Schießpulvers lernen könnte, denn trotz meiner ersten Misserfolge hatte ich schließlich – nicht ohne Stolz – ein Schießpulver erschaffen, das nicht nur bannte, sondern auch mit einer solchen Kraft zündete, dass es ganz zufriedenstellend war. Ich bin jetzt dabei, ein geräusch- und rauchloses Pulver zu perfektionieren, obwohl ich der Ehrlichkeit halber zugeben muss, dass meine ersten Experimente nicht ganz das waren, was ich mir erhofft hatte, denn die erste Charge hat mir bei einer Explosion fast die Trommelfelle zertrümmert und meine Augen so sehr mit Rauch gefüllt, dass ich dachte, ich sei geblendet worden.
Als David die feindlichen Schiffe mit Tanar wegsegeln sah, war er krank vor Kummer, denn Tanar war immer ein besonderer Liebling des Regenten und seiner gnädigen Kaiserin Dian der Schönen gewesen. Er war wie ein Sohn für die beiden.
Wir hatten keine Schiffe auf diesem Meer und darum konnte David mit seiner Armee nicht hinterhersegeln, aber er konnte auch nicht den Sohn seines besten Freundes einem wilden Feind überlassen, bevor er alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel zur Rettung ausgeschöpft hatte.
Zusätzlich zu den Gefangenen, die ihm in die Hände gefallen waren, hatte David eines der kleinen Boote erbeutet, die der Feind für die Einschiffung seiner Truppen benutzt hatte, und das brachte David auf den verrückten Plan, auf den er sich einließ.
Das Boot war etwa sechzehn Fuß lang und war sowohl mit Rudern als auch mit einem Segel ausgestattet. Es war breit und machte den Eindruck, stabil und seetüchtig zu sein, obwohl es erbärmlich klein schien, um den Gefahren eines unbekannten Meeres zu begegnen, das wohl wie alle Gewässer von Pellucidar, mit riesigen Ungeheuern bevölkert war, die ein wildes Temperament und großen Appetit hatten.
Am Ufer stehend, den immer kleiner werdenden Umrissen der abfahrenden Schiffe nachblickend, traf David seine Entscheidung. Um ihn herum standen die Kapitäne und die Könige der Vereinten Königreiche von Pellucidar und hinter ihnen zehntausend Krieger, die sich auf ihre Waffen stützten. Auf der einen Seite blickten die schwer bewachten Gefangenen mürrisch ihren abreisenden Kameraden nach, mit einer Hoffnungslosigkeit und Neid in den Augen, die man bloss erraten konnte.
David wandte sich an seine Leute. »Diese Schiffe haben Tanar, den Sohn von Ghak, und vielleicht noch eine ganze Reihe weiterer junger Männer von Pellucidar weggetragen. Es ist nicht zu erwarten, dass der Feind unsere Kameraden jemals zu uns zurückbringen wird, aber es ist leicht vorstellbar, welche Behandlung sie in den Händen dieser wilden, blutrünstigen Rasse erfahren werden. Wir dürfen sie nicht aufgeben, solange uns noch ein einziger Weg der Verfolgung offen steht. Hier ist dieser Weg.« Er winkte mit der Hand über den weiten Ozean. »Und hier ist das Mittel, ihn zu überqueren.« Er zeigte auf das kleine Boot.
»Es würde kaum zwanzig Mann tragen«, rief einer, der neben dem Kaiser stand.
»Es muss nur drei tragen«, erwiderte David, »denn wir segeln nicht in den Krieg, sondern zu einer Rettung und sei es nur, um die Festung des Feindes ausfindig zu machen, damit wir mit einer ausreichenden Streitmacht zurückkehren können, um sie zu überwältigen. Ich werde gehen«, schloss der Kaiser. »Wer wird mich begleiten?«
Sofort hob jeder Mann, in Hörweite – außer den Gefangenen natürlich – seine Waffe über den Kopf und drängte sich vor, um seine Dienste anzubieten. David lächelte.
»Das habe ich befürchtet«, sagte er, »aber ich kann euch nicht alle mitnehmen. Ich werde nur einen brauchen, und das wird Ja von Anoroc sein, der beste Seemann von Pellucidar.«
Ein großer Jubel erhob sich, denn Ja, der König von Anoroc, der auch der oberste Offizier der Marine von Pellucidar ist, ist im ganzen Reich sehr beliebt, und obwohl alle enttäuscht waren, nicht ausgewählt worden zu sein, wussten sie doch die Weisheit von Davids Auswahl zu schätzen.
»Aber zwei sind eine zu geringe Zahl, um auf Erfolg zu hoffen«, argumentierte Ghak, »und ich als Vater von Tanar sollte dich begleiten dürfen.«
»Mehr Leute in diesem kleinen Boot zusammenzudrängen, würde uns nichts nützen«, erwiderte David, »warum also ein einziges zusätzliches Leben riskieren? Wenn zwanzig die unbekannten Gefahren, die vor uns liegen, überstehen können, so können zwei dasselbe tun, während wir mit weniger Männern einen weit größeren Vorrat an Nahrung und Wasser mit uns tragen können, um dem unbekannten Meer, dem wir gegenüberstehen, und den Zeiten der Ruhe und der langen Suche zu trotzen.«
»Aber zwei sind zu wenig, um das Boot zu bemannen«, wandte ein anderer ein, »und Ghak hat recht – der Vater von Tanar sollte unter seinen Rettern sein.«
»Ghak wird vom Imperium gebraucht«, antwortete David. »Er muss bis zu meiner Rückkehr hier bleiben, um die Armeen für die Kaiserin zu befehligen, aber es wird einen Dritten geben, der mit uns an Bord gehen wird.«
»Wer?«, fragte Ghak.
»Einer der Gefangenen«, antwortete David. »Für seine Freiheit werden wir leicht einen finden, der uns in das Land des Feindes führen kann.«
Das war wirklich nicht schwer, denn jeder Gefangene meldete sich freiwillig, als ihnen der Vorschlag unterbreitet wurde.
David wählte einen jungen Burschen, der sagte, sein Name sei Fitt, und der ein offeneres und ehrlicheres Gesicht hatte als alle seine Gefährten.
Und dann ging es an die Versorgung des Bootes. Beutel wurden mit frischem Wasser und grosse Mengen von Mais, getrocknetem Fisch und Dörrfleisch sowie Gemüse und Früchte gefüllt und im Boot verstaut, bis es den Anschien hatte aus allen Nähten zu platzen. Für drei Männer auf der Erdoberfläche, wo die Zeit noch eine Bedeutung hatte, hätten diese Vorräte für ein ganzes Jahr gereicht
Der Gefangene Fitt, der David und Ja begleiten sollte, versicherte David, dass ein Viertel der Vorräte ausreichen würde, weil es entlang der Route Punkte gäbe, an denen sie ihre Wasservorräte auffüllen konnten und wo es reichlich Wild sowie einheimische Früchte, Nüsse und Gemüse gab, aber David verringerte die Vorräte um kein einziges Gramm.
Als die drei im Begriff waren abzulegen, sprach David ein letztes Wort mit Ghak.
»Du hast die Größe und die Bewaffnung der feindlichen Schiffe gesehen, Ghak«, sagte er. »Meine letzte Anweisung an dich ist, sofort eine Flotte zu bauen, die es mit diesen großen Schiffen des Gegners aufnehmen kann, und während diese Flotte gebaut wird – und sie muss an den Ufern dieses Meeres gebaut werden – schicke Expeditionen aus, um nach einem Wasserweg von diesem Ozean zu unserem eigenen zu suchen. Wenn du ihn findest, können unsere eigenen Schiffe und die Werft von Anoroc dazu genutzt werden, um den Bau der großen Flotte zu beschleunigen. Wenn du fünfzig Schiffe fertiggestellt und bemannt hast und wir bis dahin noch nicht zurückgekehrt sind, brich zu unserer Rettung auf. Töte diese Gefangenen nicht, sondern verwahre sie sicher, denn nur sie können euch in ihr Land führen.«
Und dann bestiegen David I., Kaiser von Pellucidar, und Ja, König von Anoroc, mit dem Gefangenen Fitt das winzige Boot. Freundliche Hände schoben sie hinaus auf die öligen Wogen des pellucidarischen Meeres; zehntausend Kehlen jubelten ihnen zu und zehntausend Augenpaare sahen ihnen nach, bis sie im Nebel der sich wölbenden, horizontlosen Ferne dieser pellucidarischen Meereslandschaft verschwunden waren.
David war zu einem vergeblichen, aber glorreichen Abenteuer aufgebrochen, und in der fernen Hauptstadt des Kaiserreichs würde Dian die Schöne weinen.
Kapitel 1: Stellara
Das große Schiff zitterte unter dem Rückstoß der Kanonen; dem Rasseln der Musketen. Das Donnern der Kanonen an Bord ihrer Schwesterschiffe und das Donnern ihrer eigenen waren ohrenbetäubend. Unter Deck roch die Luft nach verbranntem Pulver.
Tanar von Pellucidar, der mit anderen Gefangenen unten angekettet war, hörte diese Geräusche und roch den Rauch. Er hörte das Rasseln der Ankerkette; er spürte das Zerren des Mastes, an dem seine Fesseln befestigt waren, und die schaukelnden Bewegungen des Rumpfes sagten ihm, dass das Schiff unterwegs war.
Bald hörten die Schüsse auf, und das regelmäßige Auf und Ab des Schiffes verriet, dass es auf Kurs war. In der Dunkelheit des Laderaums konnte Tanar nichts sehen. Manchmal sprachen die Gefangenen miteinander, aber ihre Gedanken waren nicht fröhlich, und so schwiegen sie die meiste Zeit und warteten. Aber auf was?
Sie wurden sehr hungrig und sehr durstig. Daran erkannten sie, dass sie schon lange unterwegs waren. Sie wussten nichts von der Zeit. Sie wussten nur, dass sie hungrig und durstig waren und dass das Schiff weit draussen auf dem Meer sein musste – einem unbekannten Meer, mit Kurs auf einen unbekannten Hafen.
Bald wurde eine Luke hochgezogen und Männer brachten Essen und Wasser – schlechtes, matschiges Essen und Wasser, das schlecht roch und noch schlechter schmeckte; aber es war Wasser, und sie konnten damit ihren Durst stillen.
Einer der Männer sagte: «Wo ist der, der Tanar genannt wird?»
»Ich bin Tanar«, antwortete der Sohn von Ghak.
»Du wirst an Deck verlangt«, sagte der Mann und öffnete mit einem grossen Schlüssel das massive, handgeschmiedete Schloss, mit dem Tanar an den Mast gekettet war. »Folge mir!«
Das helle Licht von Pellucidars ewigem Tag blendete den Sarier, als er aus dem dunklen Loch, in dem er eingesperrt gewesen war, an Deck kletterte, und es dauerte eine ganze Minute, bis seine Augen das Licht ertragen konnten, aber sein Bewacher drängte ihn grob weiter und Tanar stolperte bereits die lange Treppe hinauf, die zum hohen Deck am Steven des Schiffes führte, als sich seine Augen an das Licht gewöhnt hatten.
Als er das oberste Deck erklomm, sah er die Häuptlinge der Korsar-Horde versammelt, und bei ihnen waren zwei Frauen. Die eine wirkte alt und unglücklich, die andere war jung und schön, aber für beide hatte Tanar keine Augen – er interessierte sich nur für die feindlichen Männer, denn diese konnte er bekämpfen, diese konnte er töten, was das einzige Interesse war, das ein Feind für Tanar, den Sarier, haben konnte, und da er so war, wie er war, konnte Tanar nicht gegen Frauen kämpfen, nicht einmal gegen feindliche Frauen; aber er konnte sie ignorieren, und das tat er.
Er wurde zu einem riesigen Kerl geführt, dessen buschiger Schnurrbart fast sein Gesicht verbarg – ein großer, brutaler Kerl mit einem scharlachroten Schal, der um seinen Kopf gebunden war. Bis auf eine bestickte, ärmellose Jacke, die vorne offen war, war der Mann oberhalb der Taille nackt, um die eine weitere bunte Schärpe gewickelt war, in die zwei Pistolen und viele lange Messer gesteckt waren, während an seiner Hüfte ein Entermesser baumelte, dessen Griff reich mit Einlagen aus Perlen und Halbedelsteinen verziert war.
Der Cid, Häuptling der Korsaren war ein mächtiger Mann – ein stämmiger, stürmischer, tyrannischer Mann, dessen Position unter den rauen und streitsüchtigen Korsaren nur von solchen wie ihm gehalten werden konnte.
Um ihn herum, auf dem hohen Deck seines Schiffes, befand sich eine Schar kräftiger Raufbolde von ähnlicher Erscheinung, während weiter unten, im Bauch des Schiffes, eine Schar kleinerer Halsabschneider, gewöhnliche Matrosen, den Gefahren und Anforderungen eines anstrengenden Feldzuges entkommen waren und sich nach ihren verschiedenen Launen entspannten.
Die meisten von ihnen waren harte Kerle, nackt bis auf die kurzen Hosen und die unvermeidlichen bunten Schärpen und Kopfbedeckungen - eine unschöne, aber malerische Gesellschaft.
An der Seite des Cid stand ein jüngerer Mann, der ein so abscheuliches Antlitz hatte, wie es noch keine Sonne je gesehen hatte, denn quer über das Gesicht, das selbst die Liebe einer Mutter herausgefordert hätte, verlief eine abstoßende Narbe von oberhalb des linken Auges bis unterhalb des rechten Mundwinkels, die die Nase mit einer tiefen, roten Spalte teilte. Das linke Auge war lidlos und trüb und starrte ständig nach oben und außen, während die Oberlippe an der rechten Seite in einem höhnischen Grinsen ständig nach oben gezogen war, das einen einzelnen hauerähnlichen Zahn entblößte. Nein, Bohar der Blutige war keine Schönheit.
Vor diese beiden, dem Cid und dem Blutigen, wurde Tanar grob geschleift.
»Sie nennen dich Tanar?«, brüllte der Cid.
Tanar nickte.
»Und du bist der Sohn eines Königs!« Er lachte laut. »Mit einer einzigen Schiffsbesatzung könnte ich das ganze Königreich deines Vaters vernichten und einen Sklaven aus ihm machen, so wie ich es mit seinem Sohn getan habe.«
»Du hattest viele Schiffsbesatzungen«, erwiderte Tanar, »aber ich habe keine von ihnen gesehen, die das Königreich von Sari zerstört hätte. Das Heer, das sie zurück in den Ozean jagte, wurde von meinem Vater befehligt, unter dem Kaiser.«
Der Cid runzelte die Stirn. »Ich habe Männer für weniger als das über die Planke gehen lassen«, knurrte er.
»Ich weiß nicht, was du meinst«, sagte Tanar.
»Das wirst du«, bellte der Cid; »und dann, beim Bart des Meeresgottes, wirst du eine höfliche Zunge bewahren. He!«, rief er einem seiner Offiziere zu, »lass einen Gefangenen holen und über die Planke gehen. Wir werden diesem Königssohn zeigen, wer der Cid ist und dass er sich jetzt unter echten Männern befindet.«
»Warum einen anderen holen?«, fragte Bohar der Blutige. »Dieser Bursche kann gehen und seine Lektion gleich lernen.«
»Aber er könnte nicht davon profitieren«, antwortete der Cid.
»Seit wann verhätschelt ist der Cid seine Feinde?«, fragte Bohar spöttisch.
Wortlos drehte sich der Cid um und versetzte Bohar einen üblen Schlag gegen das Kinn, und als der Mann zu Boden ging, riss der Häuptling eine große Pistole aus seiner Schärpe und stellte sich über ihn, die Mündung auf Bohars Kopf gerichtet.
»Vielleicht wird das dein schiefes Gesicht geraderücken oder dir etwas Hirn in deinen Dickschädel hämmern«, brüllte der Cid.
Bohar lag auf dem Rücken und starrte zu seinem Anführer hoch.
»Wer ist dein Herr?«, fragte der Cid.
»Du«, knurrte Bohar.
»Dann steh auf und bleib schön höflich«, befahl der Cid.
Als Bohar aufstand, wandte er Tanar einen finsteren Blick zu. Es war, als hätte sein gutes Auge den ganzen Hass, die Wut und das Gift im bösen Herzen des Mannes gesammelt und auf den Sarier konzentriert, den indirekten Grund für seine Demütigung, und von diesem Moment an wusste Tanar, dass Bohar der Blutige ihn mit einer persönlichen Abscheu hasste, die sich von jeder natürlichen Antipathie unterschied, die er für einen Fremden und einen Feind hätte empfinden können.
Auf dem Unterdeck waren Männer eifrig dabei, eine lange Planke über die Steuerbordreling zu legen und das innere Ende mit dicken Leinen an den Klampen zu befestigen.
Aus einer geöffneten Luke zogen andere einen gefesselten Gefangenen aus dem Königreich Thuria, der in den frühen Kämpfen im Land des Grossen Schattens gefangen genommen worden war.
Der primitive Krieger hielt seinen Kopf hoch und zeigte keine Angst vor seinen rauen Entführern. Tanar, der vom Oberdeck auf ihn herabblickte, war stolz auf diesen Mitstreiter des Imperiums. Auch der Cid sah zu.
»Dieser Stamm muss gezähmt werden«, sagte er.
Die jüngere der beiden Frauen, die beide an den Rand des Decks getreten waren und auf die Szene auf dem unteren Deck herabblickten, wandte sich an den Cid.
»Sie scheinen tapfere Männer zu sein; jeder einzelne«, sagte sie. »Es ist schade, einen von ihnen unnötig zu töten.«
»Schnauze! Mädchen«, rief der Cid aus. »Was weißt du schon von solchen Dingen? Aus dir spricht das Blut deiner Mutter. Bei den Bärten der Götter, ich wünschte, du hättest mehr vom Blut deines Vaters in deinen Adern.«
»Es ist tapferes Blut, das Blut meiner Mutter«, antwortete das Mädchen, »denn es fürchtet sich nicht, sich selbst zu sein. Das Blut meines Vaters wagt es nicht, sein Gutes vor den Augen der Menschen zu offenbaren, weil es den Spott fürchtet. Es brüstet sich mit seinem Mut, um seine Feigheit zu verbergen.«
Der Cid sprach eine Drohung aus: »Du nutzt unsere Beziehung aus, Stellara«, sagte er, »aber vergiss nicht, dass es eine Grenze gibt, die auch du nicht überschreiten darfst, denn der Cid duldet keine Beleidigungen.«
Das Mädchen lachte. »Spar dir dieses Gerede für diejenigen, die dich fürchten«, sagte sie.
Während dieses Gesprächs hatte Tanar, der in der Nähe stand, die Gelegenheit, das Mädchen genauer zu beobachten und wurde durch die Art ihrer Bemerkungen und den ruhigen Mut ihres Auftretens noch dazu ermutigt. Zum ersten Mal bemerkte er ihr Haar, das im warmen Sonnenlicht wie Gold schimmerte, und da die Frauen in seiner Heimat fast alle dunkelhaarig waren, beeindruckte ihn die Farbe ihres Haares. Er fand es entzückend, und als er ihre Gesichtszüge genauer betrachtete, stellte er fest, dass auch sie schön waren, mit einer sonnigen, goldenen Lieblichkeit, die ihre Güte und ihren Charakter zu reflektieren schien. Sie hatte eine gewisse weibliche Sanftheit an sich, die den stämmigen, selbstsicheren, primitiven Frauen seiner eigenen Rasse manchmal fehlte. Es war jedoch keineswegs eine Schwäche, wie ihre furchtlose Haltung gegenüber dem Cid bewies und dem Mut, der aus ihren tapferen Augen strahlte. Intelligente Augen waren es – tapfer, intelligent und schön.
Aber da hörte Tanars Interesse auf, und der Gedanke, dass diese Frau zu dem ungehobelten Rüpel gehörte, der mit eiserner Hand über die bärtigen Kerle der großen Flotte herrschte, stieß ihn ab, denn der Hinweis des Cid auf ihre Beziehung ließ dem Sarier keinen Zweifel daran, dass die Frau seine Gefährtin war.
Und nun richtete sich die Aufmerksamkeit aller auf die Akteure der Tragödie unten ihnen. Männer hatten die Handgelenke des Gefangenen hinter seinem Rücken zusammengebunden und eine Augenbinde über seine Augen gelegt.
»Schau nach unten, Königssohn«, sagte der Cid zu Tanar, »und du wirst wissen, was es heißt, über die Planke zu gehen.«
»Ich beobachte«, sagte Tanar, »und ich sehe, dass es viele deiner Leute braucht, um einen der meinen dazu zu bringen, diese Sache zu tun, was auch immer sie sein mag.«
Das Mädchen lachte, aber der Cid starrte noch grimmiger, während Bohar Tanar einen giftigen Blick zuwarf.
Jetzt säumten Männer mit gezückten Messern und scharfen Speeren die Planke auf beiden Seiten der Reling, und andere hoben den Gefangenen auf das innere Ende des Bretts, so dass er der anderen Seite der Planke gegenüberstand, die weit über das Meer hinausragte, wo große Ungeheuer der Tiefe mit riesigen Rücken durch die Wellen pflügten, während sie den Kurs des Schiffes begleiteten – riesige Saurier, die auf der Erdoberfläche längst ausgestorben waren.
Sie trieben den wehrlosen Mann mit Messern und Speeren unter lauten Flüchen, vulgären Scherzen und heiserem Gelächter über die schmale Planke vorwärts.
Aufrecht und stolz marschierte der Thurianer furchtlos in sein Verderben. Er klagte nicht, und als er das äußere Ende der Planke erreichte und sein Fuß keinen neuen Platz mehr fand, stieß er keinen Schrei aus. Nur einen Augenblick lang zog er seinen Fuß zurück und zögerte, dann sprang er lautlos weit hinaus und stürzte sich mit dem Kopf voran ins Meer.
Tanar wandte seinen Blick ab, und wie es der Zufall wollte, wandte er ihn in Richtung des Mädchens. Zu seiner Überraschung sah er, dass auch sie sich geweigert hatte, diesen letzten Moment mit anzuschauen, und in ihrem Gesicht, das ihm zugewandt war, sah er einen Ausdruck des Leidens.
Konnte es sein, dass diese Frau aus der brutalen Meute des Cid Mitleid und Kummer für einen leidenden Feind empfand?
Tanar bezweifelte es. Wahrscheinlicher war, dass etwas, das sie an diesem Tag gegessen hatte, ihr nicht gut bekommen war.
»Jetzt«, rief der Cid, »hast du einen Mann über die Planke gehen sehen und weißt, was ich mit dir machen kann, wenn ich will.«
Tanar zuckte mit den Schultern. »Ich hoffe, dass mir mein Schicksal ebenso gleichgültig ist wie das meines Kameraden«, sagte er, »denn du hast sicher wenig Spaß an ihm gehabt.«
»Wenn ich dich an Bohar ausliefere, werden wir Spaß haben«, antwortete der Cid. »Er hat Mittel, einen langweiligen Tag aufregend zu gestalten, die weit über die zahme Übung auf der Planke hinausgehen.«
Das Mädchen wandte sich wütend an den Cid. »Hör auf damit!«, rief sie. »Du hast mir versprochen, keine Gefangenen zu quälen, solange ich bei der Flotte bin.«
»Wenn er tut, was ich sage, werde ich es nicht tun«, sagte der Cid, »aber wenn er sich nicht benimmt, werde ich ihn Bohar dem Blutigen übergeben. Vergiss nicht, dass ich der Häuptling von Korsar bin und dass auch du bestraft werden kannst, wenn du dich einmischst.«
Wieder lachte das Mädchen. »Die anderen magst du vielleicht erschrecken, Häuptling von Korsar«, sagte sie, »aber nicht mich.«
»Wenn sie mein wäre«, murmelte Bohar drohend, aber das Mädchen unterbrach ihn.
»Bin ich nicht und werde ich auch nie sein«, sagte sie.
»Sei dir da nicht zu sicher«, knurrte der Cid. »Ich kann dich verschenken, wem ich will; lass die Sache ruhen.« Er wandte sich an den sarischen Gefangenen. »Wie ist dein Name, Königssohn?«, fragte er.
»Tanar.«
»Hör gut zu, Tanar«, sagte der Cid eindrucksvoll. »Unsere Gefangenen leben nicht länger, als sie uns von Nutzen sind. Einige von euch werden wir behalten, um sie dem Volk von Korsar vorzuführen, danach habe ich keine Verwendung mehr für sie, aber du kannst dir dein Leben und vielleicht auch die Freiheit erkaufen.«
»Wie?«, fragte Tanar.
»Eure Leute waren mit viel besseren Waffen ausgerüstet als unsere«, erklärte der Cid, »euer Pulver war stärker und zuverlässiger. Die Hälfte der Zeit zündet unseres nicht beim ersten Versuch.«
»Das muss peinlich sein«, bemerkte Tanar.
»Es ist tödlich«, sagte der Cid.
»Aber was hat das mit mir zu tun?«, fragte der Gefangene.
»Wenn du uns lehrst, wie man bessere Waffen und solches Pulver herstellt, wie es dein Volk hat, wirst du verschont und bekommst deine Freiheit.«
Tanar gab keine Antwort – er dachte nach – er dachte an die Überlegenheit, die ihre besseren Waffen seinem Volk gaben – er dachte an das Schicksal, das ihm und diesen armen Teufeln in dem dunklen, fauligen Loch unter Deck bevorstand.
»Nun?«, fragte der Cid.
»Wirst du auch die anderen verschonen?«, fragte er.
»Warum sollte ich?«
»Ich werde ihre Hilfe brauchen«, sagte Tanar. »Ich weiß nicht alles, was zur Herstellung der Waffen und des Pulvers nötig ist.«
Tatsächlich wusste er nichts über die Herstellung von beidem, aber er sah hier eine Chance, seine Mitgefangenen zu retten oder zumindest ihre Vernichtung zu verzögern und Zeit zu gewinnen, um einen Weg zur Flucht zu finden, und dafür zögerte er auch nicht, den Cid zu belügen, denn wird im Krieg nicht immer unfair gekämpft?
»Nun gut«, sagte der Korsar-Häuptling, »wenn ihr mir keine Schwierigkeiten macht, werdet ihr alle leben – vorausgesetzt, ihr lehrt uns, wie man Waffen und Pulver herstellt wie ihr es benutzt.«
»Wir können in dem dreckigen Loch, in dem wir eingepfercht sind, nicht leben«, erwiderte der Sarier, »und wir können auch nicht ohne Essen leben. Bald werden wir alle krank und sterben. Wir sind Menschen der freien Luft – wir können nicht halb verhungert in dunklen, mit Ungeziefer gefüllten Löchern eingepfercht sein und leben.«
»Du wirst nicht in das Loch zurückgeschickt«, sagte der Cid. »Es besteht keine Gefahr, dass du entkommst.«
»Und die anderen?«, fragte Tanar.
»Die bleiben, wo sie sind!«
»Sie werden alle sterben; und ohne sie kann ich kein Pulver herstellen«, erinnerte Tanar ihn.
Der Cid runzelte die Stirn. »Du würdest mein Schiff von Feinden überrennen lassen«, knurrte er.
»Sie sind unbewaffnet.«
»Dann würden sie sicherlich getötet werden«, sagte der Cid. »Niemand würde in dieser Meute lange überleben, wenn er nicht bewaffnet wäre«, und er winkte mit der Hand verächtlich in Richtung der halbnackten Menge unter Deck.
»Dann lass die Luken offen und gib ihnen frische Luft und mehr und besseres Essen.«
»Von mir aus«, sagte der Cid. »Bohar, lass die vorderen Luken entfernen, stelle dort eine Wache mit dem Befehl auf, jeden Gefangenen zu töten, der versucht, an Deck zu kommen, und jeden von unseren Männern, der versucht, unter Deck zu gehen; sieh auch zu, dass die Gefangenen die gleichen Rationen bekommen wie unsere eigenen Männer.«
Mit einem Gefühl der Erleichterung, das fast an Glück grenzte, sah Tanar, wie Bohar abzog, um die Befehle des Cid auszuführen, denn er wusste sehr wohl, dass seine Leute die beklemmende und ungewohnte Enge und das abscheuliche Essen nicht lange überleben konnten, mit denen sie bestraft wurden, seit sie an Bord des Korsar-Schiffes gebracht worden waren.
Der Cid ging in seine Kabine, und Tanar, der sich selbst überlassen war, ging zum Vorschiff und stützte sich auf die Reling, um in die dunstige, aufsteigende Ferne zu blicken, wo das Land der Sarier, sein Land, jenseits des Dunstes lag.
Weit achtern hob und senkte sich ein kleines Boot mit den großen, langen Wogen. Wilden Bestien der Tiefe und Stürmen ausgesetzt, trieb es im Kielwasser der großen Flotte – ein zerbrechliches und winziges Ding, zusammengehalten durch den starken Willen dreier Männer.
Aber das konnte Tanar nicht sehen, denn der Nebel verbarg es. Es hätte ihn gefreut zu wissen, dass sein Kaiser sein Leben riskierte, um ihn zu retten.
Während er starrte und träumte, wurde er sich einer Präsenz in seiner Nähe bewusst, er drehte sich aber nicht um, denn mit wem auf dem Schiff, der Zugang zum Oberdeck haben könnte, hätte er sprechen wollen?
Plötzlich hörte er eine Stimme an seinem Ellbogen, eine tiefe, goldene Stimme, die ihn dazu brachte, sich ihrem Besitzer zuzuwenden. Es war das Mädchen.
»Du schaust zurück zu deinem eigenen Land?«, fragte sie.
»Ja.«
»Du wirst es nie wiedersehen«, sagte sie mit einem Hauch von Traurigkeit in der Stimme, als würde sie seine Gefühle verstehen.
»Vielleicht nicht, aber warum sollte dich das kümmern? Ich bin ein Feind.«
»Ich weiß nicht, warum mich das interessieren sollte«, antwortete das Mädchen. "Wie heißt du?«
»Tanar.«
»Ist das alles?«
»Man nennt mich Tanar der Flinke.«
»Warum?«
»Weil in ganz Sari keiner schneller ist als ich.«
»Sari – ist das der Name deines Landes?«
»Ja.«
»Wie ist es dort?«
»Es ist ein Hochplateau zwischen den Bergen. Es ist ein sehr schönes Land, mit reißenden Flüssen und großen Bäumen. Es ist voll von Wild. Wir jagen dort den großen Ryth und den Tarag für Fleisch und zum Wettkampf und es gibt unzählige kleinere Tiere, die uns Nahrung und Kleidung geben.«
»Habt ihr keine Feinde? Ihr seid kein kriegerisches Volk wie die Korsaren.«
»Wir haben die kriegerischen Korsaren besiegt«, erinnerte er sie.
»Davon würde ich nicht zu oft sprechen«, sagte sie. »Korsaren haben ein hitziges Temperament und sie lieben es, zu töten.«
»Warum tötest du mich dann nicht?«, fragte er. »Du hast ein Messer und eine Pistole in deiner Schärpe, wie die anderen auch.«
Das Mädchen lächelte nur.
»Vielleicht bist du keine Korsarin«, sagte er. »Vielleicht wurdest du wie ich geschnappt und bist eine Gefangene.«
»Ich bin keine Gefangene«, antwortete sie.
»Aber du bist keine Korsarin«, beharrte er.
»Frag den Cid – er wird dich für deine Unverschämtheit zweifellos abstechen; aber warum denkst du, dass ich keine Korsarin bin?«