Kitabı oku: «Zwischen Gartenbau und Gartenkunst: Gärtner und Gartengestalter in Wien und Umgebung 1918–1945», sayfa 11
3.2.2.2 Die Genossenschaft nach dem Ersten Weltkrieg
Zu Beginn der Ersten Republik waren in der Wiener Genossenschaft – aufgrund der Einigung von 1887 – Gemüsegärtner, Ziergärtner, Handelsgärtner, Friedhofsgärtner und Landschaftsgärtner vertreten. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg und bis 1920 war Eduard Kittenberger Vorsteher der Genossenschaft der Zier- und Handelsgärtner in Wien362, sein Stellvertreter war bis 1919 Josef Hummelberger363. Danach fungierte Julius Wackar364 drei Jahre lang als Vorsteher der Genossenschaft und Josef Hopf als sein Stellvertreter.365 Im Dezember 1923 wurde Josef Hopf zum Vorsteher366 und Franz Hoffmann zum stellvertretenden Obmann367 der Wiener Genossenschaft gewählt. Hopf hatte diese Funktion bis Mai 1934 inne.368 Noch während der Obmannschaft von Julius Wackar flammten die Konflikte betreffend der Zugehörigkeit der Gärtner zur Landwirtschaft oder zum Gewerbe wieder auf. Die Genossenschaft hatte weiterhin, wie bereits vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs, ihren Sitz in Wien 5, Gießaufgasse 8.369
Während der 1920er-Jahre beschäftigte sich die Genossenschaft hauptsächlich mit Fragen der Warenumsatzsteuer, der Marktordnung und der Kollektivverträge und ab 1923 mit der „Zugehörigkeitsfrage“. Auf Letztere wird unter Punkt 5.1 genauer eingegangen.
Auch in Schulfragen hatte die Genossenschaftsvorstehung mitzureden und wehrte sich vehement gegen die Einführung des praktischen Unterrichts in den fachlichen Fortbildungsschulen, konnte dessen Einführung aber letztendlich nicht verhindern.370
Die Genossenschaft war Mitglied der ÖGG, die Genossenschaftsmitglieder waren also „zwangsweise“ ebenfalls Mitglieder der ÖGG und die Genossenschaft zahlte für sie Mitgliedsbeiträge. Dagegen lehnten sie sich auf und in der Genossenschaftsversammlung vom 29. September 1927 wurde der Punkt „Mitgliedsbeitrag für die Gartenbau-Gesellschaft mit großer Majorität abgelehnt“, was einem Austritt aus der ÖGG gleichkam.371
In der „Zugehörigkeitsfrage“ war die Genossenschaft gespalten – so forderte die Gruppe um den ehemaligen Vorsteher Julis Wackar den Verbleib beim Gewerbe und die Anerkennung des Gärtnerberufes als handwerksmäßiges Gewerbe, die Gruppe um den stellvertretenden Obmann Franz Hoffmann forderte die Einreihung in die Landwirtschaft.372
Wie tief gespalten die Genossenschaft war, zeigt die Tatsache, dass es immer wieder Abspaltungstendenzen einzelner Gruppen gab, die mit den Entscheidungen bzw. dem Vorgehen der Genossenschaftsvorstehung nicht einverstanden waren. So verkündete die Vertretung der Blumengärtner in der Ausschuss-Sitzung vom 17. November 1927, dass diese entschlossen wären, eine Trennung zwischen Blumengärtnern und Gemüsegärtnern herbeizuführen, da „sie in der derzeit bestehenden Genossenschaft nicht die richtige Vertretung finden“,373 und 1930 versuchte die Berufsgruppe der Gräberschmücker gemeinsam mit den Gartenarchitekten eine eigene Genossenschaft zu gründen, dieses Ansuchen wurde jedoch abgewiesen.374
Tabelle 5: Genossenschaftsmitglieder in Wien 1913 und 1929.375
Mitglieder | Angehörige | |||
Lehrlinge | Mitarbeiter | Gesamt | ||
1913 | 624 | 312 | 1.078 | 1.390 |
1929 | 1.553 | 165 | 468 | 633 |
Obige Tabelle zeigt die wachsende Zahl der Genossenschaftsmitglieder. Gab es 1913 624 Betriebe mit insgesamt 1.390 Mitarbeitern, so stieg die Zahl der Betriebe bis 1929 auf 1.553 die aber nur mehr 633 Mitarbeiter hatten. Diese Entwicklung ist auf den Umstand zurückzuführen, dass es sich bei der Gärtnerei um ein freies Gewerbe handelte, das jeder, ohne Nachweis seiner Befähigung, ausüben konnte. Es gab also mehr, dafür aber kleinere Betriebe. Diese starke Zunahme an Mitgliedern ist sicher auch der wirtschaftlichen und politischen Entwicklung in diesem Zeitraum geschuldet. Durch den Zerfall der Monarchie wurden viele Gärtner, zumeist ehemalige Herrschaftsgärtner, „stellungslos“ und versuchten durch die Gründung eines eigenen Betriebes, meist auf Pachtflächen, eigenes Einkommen zu schaffen. Diese Aussagen werden belegt durch die gewerbliche Betriebszählung innerhalb der Republik Österreich vom 14. Juni 1930. Sie kam zu dem Ergebnis, dass es im österreichischen Bundesgebiet 2.262 gewerbliche Gärtnereibetriebe mit insgesamt 7.016 Beschäftigten gab.376 Davon entfielen 1.060 Betriebe mit insgesamt 3.297 Arbeitnehmern auf Wien.377 Aus diesen Zahlen ergibt sich, dass fast 47 % der Betriebe und rund 47 % der im gewerblichen Gartenbau beschäftigten Personen in Wien tätig waren. Der Großteil der Wiener Gartenbaubetriebe, nämlich 748 (70,57 %) beschäftigte 2 bis 5 Personen, gefolgt von 219 „Alleinbetrieben“, d. h. Kleinstbetriebe ohne Beschäftigte. Es gab 70 Betriebe, die 6 bis 10 Personen beschäftigten, und 21 Betriebe mit einem Personalstand von 11 bis 20 Mitarbeitern.378 Die Wiener Genossenschaft hatte also „Gewicht“ innerhalb der gärtnerischen Genossenschaften Österreichs. Die Konkurrenz innerhalb der Gärtnerschaft war groß, ebenso wie der Druck der Mitglieder auf die Genossenschaftsvertreter endlich einen wirksamen Schutz gegen „Schmutzkonkurrenz“, zu hohe Steuern und andere Probleme zu finden.
Ab 1933 kann anhand der Entwicklung der Mitgliederzahl der Wiener Genossenschaft die beginnende Spaltung der Branche abgelesen werden. Befürworter der Zugehörigkeit zur Landwirtschaft legten ihre Gewerbescheine zurück.
Tabelle 6: Mitgliederentwicklung der Wiener Genossenschaft.379
Jahr | Mitglieder |
1925 | 1.500 |
1926 | 1.421 |
1927 | 1.493 |
1928 | 1.420 |
1929 | 1.509 |
1930 | 1.520 |
1931 | 1.690 |
1932 | 1.693 |
1933 | 1.500 |
1934 | 1.387 |
1935 | 1.000 |
In den Jahren 1928 bis 1932 war die Genossenschaft hauptsächlich mit Marktangelegenheiten380 und der Zugehörigkeitsfrage381 beschäftigt.
In der Genossenschaftswahl vom 5. Jänner 1929 wurde die amtierende Vorstehung mit Josef Hopf, Josef Hochleutner und Karl Schreiber bestätigt.382
In der Frage der Berufszugehörigkeit konnte keinerlei Einigung zwischen den Genossenschaftsmitgliedern erzielt werden, wie sich in der Entwicklung ab 1932 zeigt.
Die am 5. März 1932 abgehaltene Genossenschaftswahl der Gärtner von Wien und Umgebung brachte folgendes Ergebnis:
Vorsteher: Josef Hopf
Stellvertreter: Josef Hochleutner und Karl Ganger
Ausschüsse: Franz Anderl, Karl Berger jun., Theodor Dworzak, Christian Gabler, Johann Ganger jun., Josef Haider, Johann Heger, Franz Klopf, Josef Kuchar, Josef Lehner, Leopold Lehmann, Josef Matznetter, Josef Menousek, Ludwig Pregesbauer, Rudolf Seering, Anton Steinkellner, Josef Stowasser, Johann Strondl, Michael Walla, Hans Wlczko, Wilhelm Wolf
Ersatzausschüsse: Eduard Böhm, Anton Haumer, Karl Kauba, Ignaz Spannagl, Rudolf Watzer, Richard Weiß383
(Anm.: Die Herren Böhm, Stowasser, Wlczko und Wolf sind der Berufsgruppe der Gartenarchitekten bzw. Gartengestalter zuzuordnen.)
Der Streit um die Zugehörigkeitsfrage entzweite die Genossenschaftsmitglieder immer mehr und nach der Neuregelung der Berufszugehörigkeit durch die Gewerberechtsnovelle von 1934 war der Streit zwischen den Anhängern der Landwirtschaft und denen des Gewerbes nicht etwa beendet, sondern ging unvermindert weiter und führte schließlich in der Ausschusssitzung vom 29. März 1934 zur Niederlegung der Mandate durch die gewerblichen Erwerbsgärtner, was die behördliche Auflösung der Genossenschaftsvorstehung zur Folge hatte.384 Da aufgrund der politischen Verhältnisse, die austrofaschistischen Machthaber arbeiteten an einer neuen Verfassung mit „berufsständischer Grundlage“, eine Genossenschaftswahl nicht durchgeführt werden konnte, kam es zur Bestellung eines behördlichen Kommissärs.385
3.2.2.3 Ein kommissarischer Leiter für die Genossenschaft
In der Gartenbauzeitung der Österreichischen Gartenbau-Gesellschaft vom Juli 1934 fand sich folgender kurzer Hinweis zu den Geschehnissen:
„Da ein großer Teil der Mitglieder der ‚Genossenschaft der Gärtner von Wien und Umgebung‘ ihre Mandate zurücklegte, wurde derselbe beschlussunfähig und die Einsetzung eines behördlichen Verwalters notwendig. Als Regierungskommissär wurde Gärtnereibesitzer Anton Steinkellner, Wien bestellt.“386
Der behördlich bestellte Kommissär Anton Steinkellner erklärte, wie es zu diesem Schritt kam:
„Die Genossenschaftsvorstehung der Genossenschaft der Gärtner von Wien und Umgebung besteht aus 30 Funktionären, und zwar dem Genossenschaftsvorsteher, den beiden Vorsteher-Stellvertretern, 21 Ausschüssen und 6 Ersatz-Ausschüssen. In der Zahl der Ausschußmandate trat im letzten Jahre eine Verringerung ein, die teils auf Todesfälle [Anm.: Johann Strondl, † 15. Oktober 1933] teils darauf zurückzuführen war, daß ein Teil der Genossenschaftsausschüsse ihre Gewerbescheine zurücklegte [Anm.: z. B. Wilhelm Wolf], und dadurch automatisch der Mandate verlustig wurde. Ein weiterer Teil der Funktionäre musste Ende Feber 1934 auf Grund einer Regierungsverordnung [Anm.: z. B. Josef Stowasser aufgrund des Verbotes der Sozialdemokratischen Partei] ausscheiden. Durch die letztere Ausscheidung verloren die Landschaftsgärtner ihre Vertretung im Genossenschaftsausschusse. Trotz alledem wäre der Genossenschaftsausschuß arbeitsfähig, das heißt beschlussfähig geblieben, und bei der nötigen Eintracht hätte auch fruchtbringende Arbeit geleistet werden können.“387
Der ausschlaggebende Grund für die Zurücklegung der Mandate der gewerblichen Erwerbsgärtner war der Umstand, dass einige Genossenschaftsfunktionäre (z. B. Michael Walla, F.J. Böhm) sich zwar der Landwirtschaft zugehörig fühlten und am organisatorischen Aufbau einer gärtnerischen Vertretung innerhalb der „Landwirtschaft“ mitarbeiteten, ihre Genossenschaftsmandate aber nicht zurücklegten. Anton Steinkellner beschrieb die schwierige Situation die zu seiner Bestellung als Regierungskommissär führte so:
„Während die landwirtschaftlichen Erwerbsgärtner in intensivster Weise an dem Aufbau ihrer Organisation arbeiteten und ihre Berufsangelegenheiten ungestört behandeln konnten, wurden die gewerblichen Erwerbsgärtner in ihrer Arbeit in empfindlichster Weise gehemmt. Dazu gesellte sich noch der unhaltbare Zustand, daß einige Genossenschaftsausschüsse außer ihrer genossenschaftlichen Funktionen, gleichzeitig eine führende Funktion bei den landwirtschaftlichen Körperschaften inne hatten, und nicht zu bewegen waren, sich entweder für die eine oder die andere Funktion zu entscheiden. Der unleidliche Zustand wurde noch dadurch erhöht, daß diese Funktionäre eine rege Tätigkeit für die Rücklegung der Gewerbescheine und Austritt aus der Genossenschaft entfalteten, selbst aber von der Rücklegung des Gewerbescheines oder Austritt aus der Genossenschaft nichts wissen wollten. Die Hemmung der gewerblichen Arbeiten im Genossenschaftsausschusse ging so weit, daß die Genossenschaftsausschüsse landwirtschaftlicher Richtung gegen die vitalsten Interessen der gewerblichen Erwerbsgärtner Stellung nahmen. […] Um nun ebenfalls ungehemmt ihre Berufsinteressen wahren zu können, sahen sich die dem Genossenschaftsausschusse angehörenden gewerblichen Erwerbsgärtner gezwungen, ihre Mandate zurückzulegen.“388
Auf Vorschlag von Anton Steinkellner wurden von der Gewerbebehörde 11 Beiräte ernannt, die gemeinsam mit dem behördlichen Kommissär die Genossenschaftsvorstehung bildeten. Dieses Gremium bestand aus folgenden Personen: Anton Steinkellner als behördlicher Kommissär, als Beiräte fungierten: Josef Hochleutner, Karl Ganger, Josef Menousek, Oskar Labanek, Franz Meister, Eduard Vintze, Ökonomierat Josef Matznetter, Anton Baumgartner, Rudolf Jessl, Theodor Jahn und Otto Trenkler.389 Die drei Letztgenannten bildeten die Vertretung der Gartengestalter innerhalb der Vorstehung. Es wurden, um allen vertretenen Berufsgruppen Gehör zu verschaffen, drei Fachgruppen gebildet und zwar: die Gruppe der Friedhofsgärtner mit Obmann Josef Hochleutner; die Gruppe der Landschaftsgärtner, Gartengestalter, Gartenarchitekten mit Obmann Rudolf Jessl; und die Gruppe der Handelsgärtner mit Obmann Karl Ganger.390
Diese Tätigkeiten waren für die jeweiligen Funktionäre durchaus zeitintensiv, wenn man bedenkt, dass die Beiratssitzungen der Genossenschaftsvorstehung monatlich und die Fachgruppenbesprechungen wöchentlich stattfanden.391 Alle Funktionäre, auch der kommissarische Leiter, arbeiteten ehrenamtlich.392
1934 kam es zu einem länger andauernden Konflikt zwischen der ÖGG und der Wiener Gärtner-Genossenschaft, der ebenfalls mit oben beschriebener Problematik, nämlich der Vormachtstellung der „Landwirtschaft“, zusammenhing. Die gewerblichen Gärtner sahen sich im Rahmen der Neuorganisation der ÖGG im Vergleich zu den Vertretern des landwirtschaftlichen Gartenbaus benachteiligt. Im Dezember 1934 kam es diesbezüglich zu einer Vorsprache von Rudolf Jessl und Anton Steinkellner beim Vorsitzenden des Verwaltungsausschusses der ÖGG, Ministerialrat Rudolf Leopold. Als Ergebnis dieser Unterredung konnte die gesicherte Vertretung der Genossenschaft innerhalb der ÖGG verkündet werden.393 Bis es tatsächlich dazu kam, verging noch etwas mehr als ein Jahr.
Eine in den Augen der Genossenschaft dringende Angelegenheit war die Bekämpfung des Pfuschertums und der unbefugten Gewerbeausübung. In der Sitzung vom 19. Jänner 1935 konnte der Obmann der Fachgruppe Landschaftsgärtner, Rudolf Jessl, über Erfolge auf diesem Gebiet berichten. Speziell die zahlreichen Anzeigen führten zu empfindlichen Bestrafungen der Übeltäter, es wurden sogar in manchen Betrieben Arbeitseinstellungen verfügt.394
Das Ende des Jahres 1935 bedeutete auch das Ende der Genossenschaft der Gärtner von Wien und Umgebung – sie wurde, aufgrund des „Gewerbebundgesetzes“, mit Jahresbeginn 1936 in die Wiener Gärtner- und Blumenbinderzunft übergeführt.
3.2.2.4 Mitteilungen der Genossenschaft an ihre Mitglieder – „Der Erwerbsgärtner“
Anfänglich wurden die Mitglieder der Genossenschaft vom genossenschaftseigenen Mitteilungsblatt „Mitteilungen des Ausschusses der Genossenschaft der Zierund Gemüsegärtner in Wien“ über Wissenswertes informiert. Dieses Medium wurde mit Dezember 1926 eingestellt. Die genossenschaftlichen Angelegenheiten wurden von nun an im neu gegründeten Blatt „Der Erwerbsgärtner“ veröffentlicht.395
Abb. 3: Johann Nespe, Gründer der Zeitschrift „Der Erwerbsgärtner“ und späterer Zunftmeister von Niederösterreich. 396
Im Jänner 1927 wurde die Zeitschrift „Der Erwerbsgärtner. Offizielles Organ der Erwerbsgärtner Österreichs“ erstmals aufgelegt. Diese, laut Eigendefinition „unpolitische“, Fachzeitschrift erschien monatlich und wurde allen Erwerbsgärtnern kostenlos zugesandt. Eigentümer und Herausgeber der Zeitschrift war Johann Nespe, Vorsteher der Ziergärtnergenossenschaft in Baden und Vizepräsident der Österreichischen Gartenbau-Gesellschaft.397
Das Blatt machte es sich zur Aufgabe, für die Standesinteressen der Erwerbsgärtner österreichweit einzutreten und alle Standes- und Berufsfragen einer eingehenden Diskussion zu unterziehen.398
Mit der Ausgabe vom 1. Juli 1930 wurde die Zeitschrift von der Genossenschaft der Gärtner von Wien und Umgebung übernommen und stellte von da an das Sprachrohr der Genossenschaft dar. Als Schriftleiter wurde Josef Matznetter eingesetzt, eine Änderung der Blattlinie war nicht vorgesehen.399
Mit der Konstituierung der Zünfte und Innungen 1936 kam es zu einer erneuten Änderung innerhalb der Zeitschrift. Mit der Ausgabe vom 1. Februar 1936 erschien die Zeitschrift nun als offizielles Innungsorgan der Gärtner und Blumenbinder Österreichs unter dem Titel „Der Erwerbsgärtner und Blumenbinder“. Aus diesem Anlass verzichtete der bisherige Redakteur Josef Matznetter auf seine Funktion. An seiner Stelle wurde A.C. Baumgartner als den Behörden gegenüber verantwortlicher Redakteur berufen.400 Die Zeitschrift wurde mit Nummer 4, Mai 1938, nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten, eingestellt.
Abb. 4: Der Erwerbsgärtner und Blumenbinder. Titelblatt der Ausgabe vom 1. Februar 1936.
3.2.3 Exkurs „Gewerbebundgesetz“
Mit 12. März 1935 wurde das Bundesgesetz betreffend die Errichtung des Bundes der Gewerbetreibenden (Gewerbebund), das so genannte „Gewerbebundgesetz“ BGBl. 84.1935, erlassen. Der Bund der österreichischen Gewerbetreibenden, kurz Gewerbebund, diente zur Vorbereitung des berufsständischen Aufbaues im Gewerbe und wurde als ausschließliche Interessensvertretung der Gewerbetreibenden errichtet.401 Der Gewerbebund hatte seine Aufgaben „im christlichen, vaterländischen und sozialen Geiste mit Ausschluß jeder parteipolitischen Tätigkeit zu erfüllen“.402
Der Gewerbebund untergliederte sich in fachlicher Hinsicht in Innungen. Gemäß Definition im BGBl. 84.1935 § 6 Zif. 2 waren Innungen öffentlich-rechtliche Körperschaften zur Vertretung der fachlichen Interessen jener Gewerbetreibenden, die Zünften mit dem gleichen fachlichen Wirkungsbereich als Mitglieder angehörten.403 Die Innungen untergliederten sich in Zünfte. Diese waren definiert als öffentlich-rechtliche Körperschaften zur Vertretung der fachlichen Interessen jener Gewerbetreibenden, die ein in den fachlichen und räumlichen Geltungsbereich der Zunft fallendes Gewerbe betrieben. Alle diese Gewerbetreibenden waren Mitglieder der jeweiligen Zunft.404
Abb. 5: Übersicht Gliederung des berufsständischen Gewerbebundes.
Abb. 6: Gliederung des Gewerbebundes in seine 47 Innungen – die Gärtnerinnung ist unter Nr. 30 dargestellt.405
3.2.4 Die Innung der Gärtner und Naturblumenbinder
Alle Gärtnergenossenschaften wurden gemäß BGBl. 84.1935 in Zünften, der Innung und – als deren Spitzenorganisation – dem Gewerbebund zusammengefasst und nahmen mit 1. Jänner 1936 ihre Tätigkeit auf.406 Die Friedhofsgärtner, Gartengestalter und Landschaftsgärtner, Handelsgärtner, Schädlingsbekämpfer im Pflanzenbau und die Naturblumenbinder und -händler wurden zu einer gemeinsamen Innung zusammengefasst.
Abb. 7: Heinrich Schwarz, Innungsmeister der Gärtner- und Blumenbinderinnung.407
Am 28. Februar 1936 fand die konstituierende Sitzung der Innung der Gärtner und Naturblumenbinder unter Vorsitz ihres Innungsmeisters, des Wiener Floristen Heinrich Schwarz, statt.408
Der Innungsvorstand bestand aus:
Innungsmeister: Heinrich Schwarz, Wien, Blumenbinder
I. | Stellvertreter: | Josef Winter, Linz, Landschaftsgärtner |
II. | Stellvertreter: | Ludwig Jackel, Wien, Blumenbinder |
Vorstandsmitglieder:
Innungsmeister von OÖ: | Josef Dorninger, Linz, Handelsgärtner |
Tirol: | Anton Fröhlich, Handelsgärtner |
Steiermark: | Franz Hajek, Blumenbinder Salzburg: Adolf Knobloch, Salzburg, Handelsgärtner Kärnten: Kanut Löffelmann, Klagenfurt, Handelsgärtner NÖ: Johann Nespe, Wr. Neustadt, Landschaftsgärtner Wien: Anton Steinkellner, Wien, Friedhofsgärtner |
Außerdem: | Josef Kloder, Wien, Handelsgärtner; Theresia Riedl, Wien, Blumenbinderin Theodor Thalhammer, Graz, Gartenarchitekt |
Sekretariat: | Dr. Otto Burger, Ing. Wilhelm Spicka409 |
Zwei Fachausschüsse wurden eingerichtet, einer für Gärtner und einer für Blumenbinder. Die Beschlüsse dieser Ausschüsse sollten dem Innungsvorstand vorgelegt werden und dieser hatte innerhalb von vier Wochen darüber zu entscheiden. Die Gärtner waren in diesem Ausschuss durch Anton Steinkellner, Hans Berger, Otto Gälzer und Leopold Kolecko vertreten.410
Die Aufgabe der Innung war es, auf Bundesebene die Interessen der gewerblichen Gärtner zu vertreten. Keine leichte Sache, wenn man bedenkt, wie sehr die gewerblichen Gärtner von den landwirtschaftlichen Kollegen in Form der „Nebengewerbe“ bedrängt wurden und sich aufgrund der politischen Übermacht der landwirtschaftlichen Vertreter im Austrofaschismus nur schwer Gehör verschaffen konnten.
Als vordringliche Angelegenheiten betrachtete der neue Innungsmeister zum einen die schärfere Trennung zwischen gewerblichen und landwirtschaftlichen Gärtnern, da es von Seiten der „Landwirtschaft“ immer wieder zu „Übergriffen“ kam, und zum anderen die Bekämpfung des Pfuscherwesens, für die aber hauptsächlich die Zünfte zuständig waren.411
In der Vorstandssitzung der Innung vom 14. September 1936 in Wien, bei der der gesamte Vorstand anwesend war, berichtete Innungsmeister Schwarz über die durchgeführte Mitgliederzählung und stellte fest, dass die Innung über 2.329 Mitglieder verfüge wovon knapp 1.400 auf Wiener Zunft entfielen.412 Die Wiener hatten demnach wieder eine gewichtige Position innerhalb der Berufsvertretung.
Die Innung hatte nur kurzen Bestand und nach dem „Anschluss“ Österreichs an Deutschland im März 1938 wurde der NSDAP-Parteigenosse und Innungsmeister Heinrich Schwarz zum kommissarischen Leiter der Gärtner- und Blumenbinderinnung „bestellt“.413
Danach wurde die Innung bald aufgelöst und der gesamte Gartenbau wurde in die landwirtschaftliche Organisation des Dritten Reiches, den sogenannten Reichsnährstand, eingegliedert. Auf diesen wird unter Punkt 4.2.7 näher eingegangen.