Kitabı oku: «Kreuz Teufels Luder», sayfa 6
Die himmlische Welt war in zarten Farben gemalt, und in allen Gesichtern war ein leidendes Lächeln. Ich sah, wie Mutter Lilith lächelnd und leidend vom Gemälde herabstieg, ihr Kostüm auszog und es gegen kräftig bunte Kleider tauschte. Zuoberst an der Decke war ein Bild in Rot und Violett, das ganz anders war und doch irgendwie zu den anderen gehörte. Die Gestalt darauf war Mensch und Tier zugleich, sie hatte Hörner auf dem Kopf wie eine Kuh oder ein Geissbock, und ihre Augen waren eher Schlitze als kleine schwarze Kugeln wie bei den anderen himmlischen Gestalten. Nicht die Hörner störten mich, sondern der lange Schwanz, den sie in der einen Hand hielt. Mir kam es vor, als wäre das etwas Heiliges. Die Schwester aber meinte, das sei der Teufel, der die Menschen zu schlimmen Taten verführe, und dass wir uns vor ihm in Acht nehmen müssten. Warum er Hörner hatte und einen so langen Schwanz, konnte sie mir nicht erklären.
Als ich mich an den Bildern in der Kapelle sattgesehen hatte, kletterte ich in den Bänken herum und sang die Lieder über Maria, die die Schwester mir beigebracht hatte. Obwohl ich sie nicht verstand, machten sie mich glücklich. Während dieser Stunden in der Kapelle war ich das glücklichste Kind, denn es gab nur mich, die Bilder und die Schwester. Ich konnte tun und lassen und denken, was ich wollte, ohne ermahnt zu werden.
*
Inzwischen war es heiss geworden, die Tage waren lang, und wir Mädchen durften in den Ferien in die Berge reisen. Das wollte ich nicht so gerne, denn dort konnte ich meinen Bruder Arabat nicht sehen, dem es nicht gut ging bei seiner Schwester und den anderen Buben. Und ich litt schon so sehr darunter, Mascha und Alioscha nicht mehr sehen zu können.
Wir fuhren in einem grossen Auto, von dem aus wir auf die anderen Autos hinunterschauen konnten, an einen abgelegenen Ort. Es gab dort keine grosse Eingangstür und keinen abgeschlossenen Garten. Es gab keine Grenzen, kein Nicht-hinein-Dürfen und Nicht-hinaus-Dürfen. Dieses Haus mit seinen offenen Armen gefiel mir. Es hatte kleine Schlafzimmer mit je zwei Betten. Ich fühlte mich geborgen und nicht so verloren wie in dem grossen Schlafsaal im Heim.
In dem Raum, wo wir assen, stand ein Ofen, der mit glatten, glänzenden Blumenplättchen eingepackt war, als wollte er seine Wärme nicht so gerne mit uns teilen. Dieser Ofen war so gross, dass eine Steinbank auf ihm Platz hatte, auf die wir Mädchen uns setzten und einen ganz warmen Hintern bekamen. Damit der Ofen warm wurde, durften wir ihn von der Küche aus mit Holz füttern.
Während dieser Ferien mussten wir sehr viel zu Fuss gehen. Einmal fuhren wir mit einem Schiff, und der Wind tanzte mir um die Ohren, und das Wasser tobte und schäumte unter meinen Füssen, als wäre es wütend. Vielleicht hatte es Schmerzen, weil so ein Schiff ja gross und schwer ist. Dieser See musste einiges ertragen. Wir marschierten dann zu einem Ort, wo vor langer Zeit ein Kapuzenmann gewohnt hatte. Dieser Kapuzenmann konnte mit allen Tieren reden. Vielleicht verstand er die Sprache der Menschen nicht, so wie auch ich sie manchmal nicht verstand. Ich fand ihn nett und freundlich, denn er lachte mich an. Zu meinem Erstaunen trug er einen goldenen Kranz um den Kopf. Die Schwester erzählte, er sei der Schutzpatron der Tiere – die Menschen hätten ja die Engel. Er sei ein Gottesmann gewesen, so wie auch wir Kinder Gottes seien. Aber wir Kinder trugen doch keinen goldenen Kranz um den Kopf, sondern ein helles Licht, das wie ein Regenbogen unseren ganzen Körper umhüllte. Und auch der Kapuzenmann redete eigentlich nur mit den Vögeln. Also fing ich an zu zwitschern und auszuprobieren, ob ich auch mit den Vögeln reden konnte, wurde aber sofort zurechtgewiesen.
Als wir diesen heiligen Ort verliessen, bekamen wir zum Abschied eine Kette mit einem kleinen Kreuz, an dem der Jesus hing – so wie ich ihn aus der Kirche kannte. Nur waren dort das Kreuz und der Jesus viel grösser. Ich bekam eine hellblaue Kette, doch ich wollte eine rote, denn die gefiel mir besser, und ich durfte mit einem Mädchen tauschen. Die Schwester sagte, wir sollten ihr die Ketten geben, aber ich weigerte mich, zog meine über den Kopf und band sie mir so fest um den Hals, dass es fast wehtat. Jede einzelne der roten Perlen konnte ich am Hals spüren, als wollten sie sich in mich hineinfressen. Die Aufforderungen der Schwester, ihr meine Kette zu geben, blieben erfolglos, denn sie auszuziehen, war nicht so einfach. Damit wir in Frieden zurückgehen konnten, gab sie es schliesslich auf. Ich kam mir vor wie eine Prinzessin mit der Kette, die rot funkelte und glänzte, mir aber auch die Luft wegnahm. Alle anderen Mädchen wollten ihre Ketten jetzt auch gerne um den Hals tragen. Sie schielten immer wieder zu mir hinüber.
Später nahm mich die Schwester im Ferienhaus zur Seite und erklärte mir, das sei keine Halskette, sondern ein Rosenkranz zum Beten. Das wusste ich bereits, denn die Schwester hatte in der Kapelle immer einen braunen Rosenkranz dabei und zupfte beim Beten an den Perlen herum. Aber wie konnte ein rot glänzender Rosenkranz nur zum Beten sein, wenn er so in die Welt hinausstrahlte und wunderschön war. Da wollte er sich doch nicht verstecken! Sie konnte mich nicht überzeugen. Sie sagte, wenn ich ihr den Rosenkranz nicht gebe und ihn nicht mit Würde behandle, werde Gott mich strafen. Doch ich behielt ihn lieber an.
Als wir abends im Bett lagen und alles still war, nahm ich die enge Kette ab, um einschlafen zu können. Ich hielt sie fest in der Hand und ballte sie zur Faust, drehte mich vom Rücken auf den Bauch, meine Faust darunter. So konnte keine der Schwestern sie mir wegnehmen, während ich schlief. Doch die Nacht dauerte nicht lange. Der Himmel grollte, es donnerte laut, helle Streifen zuckten durch den Schlafsaal und gleich darauf donnerte es wieder. Die Schwestern holten uns alle in den Raum mit dem Ofen, und es wurde viel und heftig gebetet, als könnte jeden Augenblick etwas Schlimmes geschehen. Das helle Licht zuckte immer schneller, und das Krachen wurde immer lauter. Manche Mädchen weinten, während die Schwestern beteten und immer wieder mit einem Bäseli Wasser über uns träufelten. Dann zuckte ein gewaltiger, heller Strahl durch das Zimmer und verstreute kleine, rote Funken. Es roch nach Rauch und krachte über uns, als würde das Gebäude einstürzen. Die Gebete verstummten, und wir wurden alle mit lautem Geschrei in die wütende Nacht hinausgetrieben. Ich war barfuss und trug nur mein dünnes Kleidchen, in meiner Faust die rote Kette. Die anderen rannten weiter, nur ich blieb auf der Wiese vor dem Haus stehen. Der Himmel war immer noch voller Wut, und das Haus spuckte Feuer aus dem Dach. Es sah aus, als würden das Haus und der Himmel sich streiten. Der Himmel liess die hellen Strahlen zucken, das Haus liess die Flammen tanzen, und je roter die Flammen wurden, desto weniger zuckte der Himmel, und schliesslich verzog sich das Donnerwetter. Mit der Kette in der Hand sah ich zu, wie die Flammen das Haus verschlangen. Bis ich die Hand einer Schwester spürte, die mich vom Haus wegführte.
Am Morgen hielt ich meine Kette immer noch fest in der Hand. Die Schwester sah sie und zwang mich, sie ihr zu geben. Sie habe mich ja gewarnt vor Gottes Zorn, sagte sie. Gott musste dieses grelle Licht gewesen sein, das am Himmel gezuckt und das Haus mit den Flammen hatte tanzen lassen. Meine rote, glänzende Kette sah ich nie wieder.
*
Als wir aus den Ferien zurückkamen, war Arabat nicht mehr in der Bubengruppe. Das grosse Haus hatte ihn verschluckt, und für mich war das die schlimmste Gottesstrafe. Die Tage vergingen, und meine Einsamkeit wurde immer grösser, nur meine innere Welt konnte mich am Leben halten. Meine Fantasie brachte ab und zu Farbe in das dunkle Heim. So oft wie nur möglich hielt ich mich im grossen Garten auf. Oder ich machte das Versteckisspielen zu meinem Abenteuer, denn immer, wenn man mich suchte, wurden alle Mädchen eingespannt. Ich konnte mich gut verstecken. Es gab in dem grossen Haus so viele Ecken, die nur darauf warteten, endlich entdeckt zu werden.
Eines Tages musste ich von Kopf bis Fuss Sonntagskleider anziehen. Ich durfte mit einer Schwester in die Stadt fahren, denn es musste abgeklärt werden, ob in meinem kleinen Kopf alles mit rechten Dingen zuging. Ich sprach viel und gerne mit mir selbst, mein Kopf war ja voller Fragen, die ich mir selbst beantworten musste.
Als ich mit der Schwester in der Stadt war, durfte ich bei einer Frau spielen und zeichnen. Diese Frau nahm sich viel Zeit für mich, aber ihre Fragerei war mir zu viel, und ich weigerte mich zu sprechen. Trotzdem fand sie, dass es mir vielleicht ganz guttäte, den öffentlichen Kindergarten zu besuchen. Man wollte mir die Chance geben, mich nicht mehr wie ein wildes Mädchen zu benehmen, sondern mich anzupassen, sodass man Freude an mir bekommen könne. Obwohl es natürlich schwierig sei, Vaganten beizubringen, was normal und sauber und korrekt sei.
Im Kindergarten gefiel es mir. Nur das lange Sitzen und Zuhören machte mir Mühe. Ich wollte viel lieber mit den vielen schönen Spielsachen spielen, da wir im Heim doch nur so wenige hatten. Die Glaskugeln waren besonders verführerisch mit all diesen Farben drin, und sie hatten auch so gut Platz in meiner Rocktasche. Also sammelte ich Stück für Stück, nahm sie mit ins Heim und versteckte sie im grossen Garten unter einem Strauch. Für mich waren sie ein Schatz. Wenn ich konnte, lief ich zu ihm, spielte im Gras mit den Kugeln Versteckis, sammelte sie wieder ein und vergrub sie dann wieder. Ich hatte bald ganz viele Murmeln, und im Kindergarten gab es fast keine mehr. Das fand die Kindergärtnerin nicht gut, und sie wusste genau, wer die Murmeln mit nach Hause genommen hatte. Liebevoll, aber sehr bestimmt sagte sie zu mir, ich solle die farbigen Kugeln wieder in den Kindergarten bringen. Immer wieder forderte sie mich dazu auf, aber meine Kugeln blieben in ihrem Versteck. Ich achtete gut darauf, dass mich keiner im Garten erwischte. Und auch die Schwestern konnten keine Murmeln finden, auch wenn sie noch so eifrig und überall danach suchten.
Dann sollte ich lernen, die Schuhe zu binden. Ich kämpfte mit den Bändeln und war die Letzte, die es schaffte, sie ordentlich zusammenzuknüpfen. Viel lieber liess ich sie frei an den Schuhen herumfliegen, oder ich stopfte sie zwischen Fussknöchel und Schuhe. Das ging viel einfacher und auch schneller. So musste ich nicht so lange auf dem Bänklein hocken und kam auch nicht zu spät in den Kindergarten oder ins Heim. Das Kindergartenlied nahm ich beim Anziehen nämlich sehr ernst:
S Elfiglöggli lütet scho, jetzt esch Ziit zum heime go!
Uf em Wäg ned ome stoo
Und ned wie es Schnäggli goo
Bim Bam Bum
Zeit, um die Schuhe zu binden, nahm ich mir keine, liess mir dafür aber viel Zeit auf dem Hin- und Rückweg. Ich schaute einer Schnecke zu und lernte so ihre Welt und ihre Zeit kennen. Sie bewegte sich so langsam und genüsslich. Mich faszinierte, wie sie ihre Knopfaugen ausfuhr und wieder einzog, wenn ich sie berührte. Sie konnte ihre Augen überallhin richten, aber von dem vielen Gucken wurde sie müde und verkroch sich dann in ihrem Häuschen. Manchmal musste ich dann lange warten, bis sie wieder herausgekrochen kam. Und so kam ich immer zu spät dorthin, wo ich doch pünktlich hätte erscheinen sollen. Ab und zu tanzten auf meinem Weg auch gelbe Schmetterlinge herum, die mich dazu verführten, in ihrer Welt zu verweilen. Weil ich mit ihnen mittanzte, kam ich vom Weg ab und wusste am Ende nicht mehr, wo ich war. Das Tanzen und Flattern liess mich die Welt vergessen, in die ich eigentlich zurück musste.
Wieder einmal kam ich zu spät in den Kindergarten, weil mich eine Ameise aufgehalten hatte, die etwas trug. Ich wollte herausfinden, wohin sie damit wanderte, verlor sie aber aus den Augen und konnte sie nicht mehr ausfindig machen. Als ich schliesslich im Kindergarten ankam, setzte ich mich auf das Bänklein im Umkleideraum und wartete, bis die anderen Kinder herauskommen würden. Ich hatte viel Zeit, um die fein gestrickten Wolljäckchen der anderen Mädchen zu betrachten. Einige waren sehr schön, darin hätte ich mich wohlgefühlt. Ich hatte nicht so schöne Kleider wie meine Gspänli. Ich war das einzige Kind aus dem Heim.
Als es Zeit war, wieder nach Hause zu gehen, kamen die Kinder alle fröhlich heraus, und ich gab mir alle Mühe, so zu tun, als wäre ich wie alle anderen von Anfang an dabei gewesen. Die Kinder merkten nicht, dass ich draussen gewartet hatte, aber die Kindergärtnerin schon. Sie behielt mich zurück und fragte, wo ich denn gewesen sei. Aber sie bekam von mir keine Antwort. Zur Strafe musste ich auf der Bank sitzen bleiben und warten, bis sie mit ihren Vorbereitungen fertig war. Ich sass ganz allein im Vorraum und hatte viel Zeit, um mir nun die Finken genauer anzuschauen. Ich entdeckte ein Paar, das mir sehr gefiel. Da niemand mehr da war, probierte ich die schönen Finken an, und sie gefielen mir so gut, dass ich sie anbehielt. Meine Schuhe stellte ich an den Ort, wo ich mir die Finken genommen hatte. Ich glaubte, so nichts Unrechtes getan zu haben. Die Kindergärtnerin bemerkte nichts und begleitete mich ins Heim zurück. Auch die Schwestern schauten nicht auf meine Füsse. Niemandem fiel auf, dass ich neue Schuhe hatte. Ausser einem Mädchen, das merkte ich an ihrem Blick beim Mittagessen, und ich wusste, dass ihr die Finken auch gefielen.
Nach dem Essen ging ich in den dunklen Keller hinunter, zog die schönen Finken aus und versteckte sie hinter einem dicken Rohr. Da stand ich nun in den Socken und überlegte mir, wie ich das den Schwestern erklären sollte. Ich beschloss, sofort in den Kindergarten aufzubrechen, um ganz früh da zu sein. So könnte ich die Finken wieder gegen meine Schuhe tauschen, ohne dass jemand bemerken würde, dass ich sie spazieren geführt hatte.
Die Kindergärtnerin war sehr erfreut, dass ich es diesmal rechtzeitig geschafft hatte. Ich war die Erste, was noch nie vorgekommen war, und vor Freude übersah sie die Finken an meinen Füssen. Ich durfte mir zur Belohnung ein Buch aussuchen aus einem Regal, an das wir Kinder nur mit ihrer Bewilligung durften. Beschämt griff ich mir eines heraus und dachte schon, sie würde es mir erzählen wollen, bis die anderen eintrafen. Dabei hatte ich doch etwas zu erledigen. Zum Glück liess sie mich mit dem Buch wieder allein im Vorraum und ich konnte die Finken rasch zurückstellen, bevor die anderen Kinder kamen. Ei, war ich erleichtert!
Ich war so froh, dass ich nach dem Kindergarten schnurstracks und singend ins Heim zurücklief. Kaum angekommen, musste ich ins Büro der Schwester Oberin. Sie tadelte mich, weil ich immer zu spät kam, aber das machte mir nichts aus, denn ich war glücklich. Doch dann schaute sie auf meine Füsse und meinte, ich hätte doch am Mittag andere Schuhe angehabt. Ich war mir aber völlig sicher, dass das an meinen Füssen meine Schuhe waren. Und auch wenn sie nicht so schön waren wie die anderen, kamen sie mir in diesem Moment zauberhaft vor. Da ich so darauf bestand, dass es meine Schuhe waren, liess die Oberin die Schwester kommen, die für mich zuständig war. Sie schaute auf meine Füsse und sah nichts anderes als meine alten, abgetragenen Schuhe, die ich von ihr bekommen hatte. Erstaunt war sie aber schon, offenbar hatte sie etwas anderes erwartet.
Als die Schwester bestätigte, dass die Schuhe mir gehörten, wurde das Mädchen, das am Mittag die Finken an meinen Füssen bemerkt hatte, ins Büro geholt. Sie hatte etwas ganz anderes über meine Schuhe erzählt, als zu sehen war, und die Schwestern glaubten mir. Von jenem Tag an schaute mich das Mädchen immer böse an, wagte es aber nicht, mich zu reizen.
7. Februar 1968,
Organisation an das Gericht zur Scheidung
von Vater Jakob und Mutter Lilith:
Ihrem Gesuch vom 22. November 1967 entsprechend übermitteln wir Ihnen in den Beilagen die ergangenen Akten und einen ausführlichen Bericht unsere gesammelten Eindrücke über die Frage der Kinderzuteilung im Ehescheidungsprozess. Es darf nicht verantwortet werden, die elterliche Gewalt dem einen oder anderen Elternteil zu übergeben, da sowohl der Vater als auch die Mutter charakterlich zu labil und unstet veranlagt sind.
Die familiären Verhältnisse waren durch all die Zeit, da die Vaganten herumzogen, keine erfreuliche Sache. Alkoholismus, Hurerei, Herumziehen von einem Ort zum anderen, Schlägereien, das Betteln der Kinder und Stehlen, das nicht konforme Erziehen der Kinder wie auch die Pflege. U. a. kannten sie keinen geregelten Tages-Rhythmus, da oft ganze oder halbe Nächte nicht geschlafen wurde, war es natürlich schwierig, am anderen Tag für die Kleinen richtig zu sorgen. In dem Kinderheim, wo die 4 Geschwister seit einem Jahr platziert sind, hat man an der kleinen Luisa zum Teil beträchtliche Milieuschäden festgestellt.
Unter den geschilderten Umständen darf es u. E. auf keinen Fall verantwortet werden, die elterliche Gewalt dem einen oder anderen Elternteil zu übertragen.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Schreiben des Gerichts:
22. Februar 1968
Das Gericht hat einstimmig erkannt:
Die Ehe ist geschieden. Beiden Parteien wird in Anwendung von Art. 150 Abs. 1 ZGB die Eingehung einer neuen Ehe für die Dauer eines Jahres untersagt.
Die aus der Ehe hervorgegangenen Kinder werden unter die Gewalt der Vormundschaftsbehörde gestellt.
Vater Jakob hat die drei Kinder die nicht von ihm gezeugt wurden als seine anerkannt und bezahlt für sie auch seinen Anteil der Platzierung.
Mutter Lilith weigert sich, und ihr wurde auferlegt von den Kindern Abstand zu halten.
Mit freundlichen Grüssen
Gerichtspräsident und Gerichtsschreiber
Vormundschaftsbehörde der Gemeinde
an Vormundschaftsbehörde der Stadt
3. April 1968
In der Beilage übermitteln wir Ihnen eine Fotokopie des Urteils des Bezirksgerichtes vom 22. Februar 1968. Dem Erkenntnis kann entnommen werden, dass die aus der Ehe hervorgehenden Kinder unter die Gewalt der Vormundschaftsbehörde gestellt werden.
Die Erhebungen haben ergeben, dass sich die Kinder bei der Mutter in der Stadt aufhalten. Die Überwachung im Sinne des gerichtlichen Entscheides ist für unsere Behörde sehr kompliziert.
Daher möchten wir sie anfragen, ob Sie bereit wären, die vormundschaftliche Massnahme im Sinne des gerichtlichen Urteils ( Ziffer 3 ) zu treffen.
Wir erwarten Ihren baldigen Bericht und danken Ihnen zum Voraus für Ihre Bemühungen.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Vormundschaftsbehörde der Stadt:
23. April 1968
Sehr geehrte Herren,
Unter Bezug auf ihr Schreiben vom 3. April 1968 müssen wir Ihnen mitteilen, das Mutter Lilith und ihre Kinder in der Stadt nicht gemeldet und den zuständigen Bezirksorganen nicht bekannt sind. Unter diesen Umständen dürfen die Voraussetzungen zur Übernahme der Vormundschaft – abgesehen vom Fehlen des weiteren Erfordernisses einer gewissen Aufenthaltsdauer – nicht erfüllt sein. Wir retournieren Ihnen daher in der Beilage die uns übersandte Fotokopie.
Mit vorzüglicher Hochachtung
Vormundschaftsdirektion der Stadt
1.3.1969
An die Herren
Da wir vor kurzem vernommen haben das Luisa in ein anderes Heim versetzt werden sollte, wegen der Schliessung in dem sie jetzt ist möchte ich sie dringlich bitten mir meine Luisa so wie die anderen Kinder wieder in meine Obhut zu geben. Bei der Wegnahme haben sie mir versprochen das ich die Kinder nach einer Weile wieder haben kann, wenn ich mich um einen festen Wohnsitz bemühe. Ich lebe schon längere Zeit an einem festen Wohnsitz und bin auch angemeldet.
Ich bin durchaus in der Lage für meine Kinder zu sorgen, und nicht ihr habt die Kinder geboren ich. Ihr habt kein Recht mit mir so umzugehen. Was diese bestimmte Organisation betrifft, kann ich ihnen nur mitteilen das diese wenn sie den Mund aufmacht nur Lügen über mich verbreitet.
Wie ich für mich und meine Kinder den Lebensunterhalt bestreite geht dies wohl niemanden was an, ich sage ihnen ja auch nicht was sie tun und lassen sollten.
Es ist nicht relevant wie viele Kinder ich auf die Welt bringe, denn eines mehr am Tisch kommt nicht ins Gewicht.
Es wäre ausser dem schön wenn die Kinder wieder alle zusammen wären und auch die in der Zeit geborenen Kinder ihre anderen Geschwistern kennen lernen könnten.
Ich finde es unmenschlich das Arabat, Luisa, Mascha und Alioscha getrennt wurden und ihre neuen Geschwistern nicht kennen.
Wenn dieses Versprechen das sie mir bei der Wegnahme gegeben haben nicht eingehalten wird, werde ich mit Gewalt die Kinder holen, und wenn ich wütend bin so gnade Mutter Maria ihnen.
Ich werde mir eines nach dem anderen holen kommen wenn ich nicht alle vier zu gleich haben kann.
Jetzt bitte ich sie noch höfflich, doch sollte dieser Brief nicht ernst genommen werden und bearbeitet werde ich auf meine Art und Weise Handeln müssen, denn sie zwingen mich dazu.
Hochachtungsvoll Grüsst
[ein Zuhälter und Mutter Lilith]
Organisation an die Gemeinde:
24.3.1969
Leider ist es in gar keiner Weise zu verantworten, dass die vier Kinder zur Mutter Lilith zurückkehren können. Es fehlt dort an den aller einfachsten und grundlegendsten Voraussetzungen.
Die Frau ist in persönlicher Hinsicht dem Teufel vom Karren gefallen und kann sowie unsere Erfahrungen an diesem Volk sich zeigen, von ihrem Vagantenleben sich nicht distanzieren.
Diese wilden Kinder, besonders das eine, das von der Mutter und ihrer Herkunft so geprägt ist, weiter in ordentliche Bahnen gebracht werden, auch wenn es schwierig ist mit den Vaganten.
Die anderen drei haben durchaus eine Chance wie sich zeigt, doch bei der kleinen Luisa braucht es noch viel Arbeit und vor allem eine Feste Hand. Mutter Lilith würde alle wieder verderben.
Wenn sie für die Kinder als Gemeinde nicht aufkommen können, habe ich für jedes einzelne Kind einen Platz in einer Bauernfamilie, doch es ist keiner Familie zu zumuten vier Vaganten bei sich auf zu nehmen.
Ich denke für das wildeste der vier Kinder wäre so eine Bauerfamilie das Rechte würde man dieses Kind mit Mithilfe im Haus und Hof bändigen können, wenn auch nicht ganz.
Vater Jakob haben wir versprochen die Kinder in seiner Nähe zu behalten, sind seine Gene nicht die Schlechten. Wir sind der Meinung das die Kinder keinen Kontakt zu Mutter Lilith unterhalten sollten, damit das Gute das wir ihnen schon gegeben haben nicht wieder verdorben wird.
Wir haben von Vater Jakob erfahren, dass die Kinder mit ihm bei Mutter Lilith waren und wir bitten Sie dies zu unterbinden.
Mit Vater Jakob habe ich persönlich gesprochen und ihm klar gemacht, wenn er diese Besuche nicht unterbindet, dann darf er seine Kinder auch nicht mehr sehen.
Die Überlegung wäre zu prüfen, die Kinder so weit wie möglich von den Eltern weg zu platzieren, da die Mutter mit Gewalt gedroht hat. Vier verstreute Kinder zu finden in abgelegenen Bauernbetrieben, ist auch für Vaganten keine einfache Sache.
Ich bitte sie auf das Gesuch von Mutter Lilith auf gar keine Weise einzugehen, am besten ist es Mutter Lilith ins Leere laufen zu lassen.
Mit freundlichen Grüssen
Die Organisation
Gemeinde an die Organisation:
27.3.1969
Nach Erhalten dieser Mitteilung wandte ich mich an Vater Jakob. Er versicherte mir mit Unterschrift, dass er keine Besuche mehr unternimmt mit den Kinder zu Mutter Lilith zu gehen und unterschrieb ein aufgesetztes Papier.
Wir übernehmen auf seinen Wunsch hin, sowie rechtlichen Abklärungen die Übernahme, der vier Kinder das sie in der Nähe von Vater Jakob bleiben können.
Aus dieser Verantwortung heraus ist es mir sehr daran gelegen, dass die vier Geschwister, denen ein normales häusliches Familienleben nicht vergönnt ist, wenigstens wider beieinander und zusammen Aufwachsen dürfen. In unserem neuen modernen Kinderheim, wo die einzelnen Gruppen sowohl nach Alter wie nach Geschlecht gemischt geführt werden können. Die Umplatzierung von der Stadt in die Gemeinde wo nun die Vormundschaft geführt werden muss, dürfte deshalb unter den gegebenen spärlichen Möglichkeiten das einzige Richtige sein.
Damit die Kinder in den nächsten paar Wochen noch ruhig und ungestört in der Stadt bleiben können, möchte ich sie dringend bitten ihren Entscheid wenn möglich nicht vor dem 20. April ac. in die Stadt zu schicken. Die Umplatzierung ist vorgesehen für die Woche nach dem Weissen Sonntag.
Mit vielem Dank für Ihre Bemühungen und
Mit vorzüglicher Hochachtung
Vormundschaftsbehörde der Gemeinde
Brief der Gemeinde an Mutter Lilith:
16. April 1969
Es kann unter keinen Umständen verantwortet werden, Ihnen die vier Kinder zu überlassen.
Es fehlt bei Ihnen an den allereinfachsten und grundlegendsten Voraussetzungen in geistig – seelischer und materieller Hinsicht. Sie leben immer noch mit verschiedenen Herren im Konkubinat. Die Vormünderin und die Vormundschaftsbehörde wären glücklich wenn Sie den beiden Kindern, die seit 1967 zur Welt gekommen sind, ein wirkliches Daheim und ein Mindestmass an Erziehung bieten könnten. Für die Betreuung von sechs Kindern reichen indessen die gegebenen Voraussetzungen bestimmt nicht aus.
Der Gemeinderat hat deshalb Ihr Begehren um Überlassung der vier Kinder Arabat, Luisa, Mascha und Alioscha abweisen müssen und hat die Vormünderin ermächtigt, deren Übersiedlung in die Wege zu leiten. Es tut uns leid, Ihrem Begehren nicht entsprechen zu können. Wir können es unter keinen Umständen verantworten, die Kinder nicht in guter Obhut zu wissen.
Hochachtungsvoll Die Gemeinde
Irgendwann glaubte ich, dass meine Mutter Lilith und auch Vater Jakob mich vergessen hatten.
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