Kitabı oku: «Kartellrechtliche Schadensersatzklagen», sayfa 16

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2. Internationale und örtliche Zuständigkeit nach ZPO

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Wenn die EuGVVO nicht anwendbar ist, richtet sich die internationale Zuständigkeit eines deutschen Gerichts nach der ZPO. Die ZPO regelt die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nicht ausdrücklich. Sie ergibt sich aus der doppelfunktionalen Anwendung der Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit. Die örtliche Zuständigkeit indiziert die internationale Zuständigkeit. Da der historische Gesetzgeber die internationale Zuständigkeit bei der Konzeption der Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit nicht stets bedacht hat, ergeben sich gewisse Limitierungen bei der Übertragbarkeit der Rechtsprechung zur örtlichen Zuständigkeit auf die internationale Zuständigkeit. Vor diesem Hintergrund hat der BGH wiederholt Anleihen bei der Rechtsprechung des EuGH zur internationalen Zuständigkeit nach der EuGVVO genommen.307

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Maßgeblich ist, ob die Anwendung der §§ 12ff. ZPO zur örtlichen und damit internationalen Zuständigkeit des Gerichts führt. Auch nach deutschem Zuständigkeitsrecht befindet sich der allgemeine Gerichtsstand gemäß § 12 ZPO am Wohnsitz des Beklagten. Unter Wohnsitz ist bei juristischen Personen in erster Linie der satzungsmäßige Sitz zu verstehen, § 17 ZPO. Eine deutsche Beklagte kann somit bspw. ohne weiteres durch eine amerikanische Klägerin vor einem deutschen Gericht in Anspruch genommen werden, wobei sich dieses Ergebnis bereits aus Art. 4 EuGVVO und nicht erst aus § 12 ZPO ergibt.

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Die Regeln zur örtlichen und internationalen Zuständigkeit bleiben von § 87 GWB unberührt, der die sachliche Zuständigkeit für kartellrechtliche Schadensersatzansprüche ohne Berücksichtigung des Wertes des Streitgegenstands den Landgerichten zuweist.308

a) Deliktischer Gerichtsstand

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Gemäß § 32 ZPO ist für Klagen aus unerlaubten Handlungen das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen wurde. Davon erfasst sind auch in deliktischer Weise gegen das Kartellrecht verstoßende Absprachen. In der Praxis handelt es sich um den für kartellrechtliche Schadensersatzklagen wohl relevantesten Gerichtsstand.

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Der den Gerichtsstand gemäß § 32 ZPO begründende Begehungsort ist sowohl der Handlungsort, an dem das schadensbegründende Ereignis zumindest teilweise durchgeführt wurde,309 als auch der Erfolgsort, an dem der Schaden aufgrund des Ereignisses eingetreten ist.310 Für die Bestimmung des Erfolgsortes kommt es auf den Ort des Eingriffs in die geschützten Rechtsgüter an, nicht aber auf nur mittelbare Schadensfolgen.311 Die deutsche Gerichtsbarkeit ist also zuständig, wenn einer dieser Orte innerhalb Deutschlands liegt.312 Soweit nach diesem Maßstab mehr als ein Gericht zuständig ist, hat der Kläger ein Wahlrecht, § 35 ZPO.

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Diese Grundsätze sind auch für die Zuständigkeitsbegründung im Falle eines Kartellverstoßes maßgeblich. Bislang wurde vertreten, dass der Handlungsort dort liegt, wo die kartellrechtswidrige Absprache verabredet oder praktiziert worden ist.313 Dem LG München I genügte es, dass an einem Ort „wesentliche Tatbeiträge für den einheitlichen Kartellverstoß erfolgten“. Dabei müssen sich die Kartellbeteiligten auch zuständigkeitsrechtlich die Tatbeiträge der anderen und damit auch deren Handlungsorte zurechnen lassen, so dass ein gemeinsamer Gerichtsstand bei Beteiligung Mehrerer besteht.314 Die Bestimmung des Erfolgsortes wurde überwiegend am Auswirkungsprinzip orientiert. Demnach besteht überall dort ein Erfolgsort, wo der gesamte Markt verortet werden kann, auf dem die Kartellanten tätig waren und den die Kartellanten durch ihr kartellrechtswidriges Verhalten beeinflusst hatten.315 Nach dem CDC-Urteil hat sich die deutsche (höchstrichterliche) Rechtsprechung an den Aussagen des EuGH zu Art. 7 Nr. 2 EuGVVO orientiert und den Erfolgsort „grundsätzlich“ am Geschäftssitz des ursprünglich Geschädigten verortet.316 Die Kartellgeschädigten können somit ihren Gesamtschaden an dem für ihren Sitz zuständigen deutschen Gericht einklagen, sofern der Beklagte seinen Sitz in einem Drittstaat hat. Eine spätere Abtretung eines Schadensersatzanspruchs ist ohne Einfluss auf die Bestimmung des Erfolgsortes.317 Es bleibt abzuwarten, ob und inwiefern die nachfolgenden Entscheidungen des EuGH in Sachen flyLAL und Tibor-Trans dazu führen werden, dass die deutschen Gerichte wieder verstärkt oder alternativ auf das Auswirkungsprinzip abstellen.

b) Gerichtsstand des Erfüllungsortes

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Gemäß § 29 ZPO besteht ein besonderer Gerichtsstand am Erfüllungsort einer vertraglichen Verpflichtung. Erfasst sind alle Ansprüche aus Vertragsverhältnissen und aus vertragsähnlichen Sonderbeziehungen318 und alle Streitigkeiten, die sich auf daraus resultierende Rechte beziehen.319 Zuständig ist dann das Gericht des nach dem anwendbaren materiellen Recht zu bestimmenden gesetzlichen und in gewissen Grenzen auch des vertraglich vereinbarten Erfüllungsortes.320

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Da für deliktische Schuldverhältnisse § 32 ZPO gilt, besteht ein Konkurrenzverhältnis zwischen vertraglichen und deliktischen Ansprüchen.321 Für eine Gerichtsstandbegründung gemäß § 29 ZPO ist z.B. Raum, wenn über die Wirksamkeit oder die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung einer wettbewerbsbeschränkenden vertraglichen Vereinbarung gestritten wird, deren Erfüllungsort innerhalb Deutschlands liegt.322

c) Gerichtsstand der Niederlassung

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Gemäß § 21 ZPO besteht ein besonderer Gerichtsstand am Ort der Niederlassung. Dieser besondere Gerichtsstand ist vom allgemeinen Gerichtsstand am Geschäftssitz, §§ 12, 17 ZPO, abzugrenzen. Da sich die Norm auf alle vermögensrechtlichen Ansprüche vertraglicher und gesetzlicher Natur bezieht,323 werden auch kartellrechtliche Schadensansprüche erfasst.

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Unter einer Niederlassung versteht man jede auf eine gewisse Dauer errichtete Geschäftsstelle, von der aus Geschäfte geschlossen werden.324 Gewerblich ist diese, wenn sie auf die Erzielung eines Gewinns abzielt.325 Weiter muss die Niederlassung hinreichend selbstständig sein und der geltend gemachte Anspruch muss einen hinreichenden Bezug zur geschäftlichen Tätigkeit der betroffenen Niederlassung aufweisen.326 Ein solcher Bezug besteht, wenn der Anspruch aus der Geschäftstätigkeit der Niederlassung resultiert.327 Dies dürfte dann der Fall sein, wenn die Niederlassung selbst einen Verstoß gegen das Kartellgesetz begangen hat oder durch den deliktischen Kartellverstoß zumindest eine Begünstigung eintritt.328 Es dürfte auch schon genügen, wenn die inländische Niederlassung einen vom ausländischen Inhaber geschlossenen, auf einer rechtswidrigen Kartellabrede beruhenden Vertrag erfüllen soll.329

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Der in § 21 ZPO begründete Gerichtsstand ist für kartellrechtliche Schadensersatzklagen vor allem dann von praktischer Relevanz, wenn ein ausländischer Kartellbeteiligter keinen Sitz im Geltungsbereich der EuGVVO besitzt. Hier ist § 21 ZPO anwendbar und eröffnet dem Kläger, freilich innerhalb der von § 21 ZPO eng gesteckten Grenzen, die Möglichkeit zur Erhebung einer Klage gegen einen außereuropäischen Kartellbeteiligten.

d) Gerichtsstand des Vermögens

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Gemäß § 23 ZPO ist für Klagen am Wohnsitz des Schuldners das Gericht zuständig, in dessen Bezirk sich Vermögen oder mit der Klage in Anspruch genommene Gegenstände befinden. Auch dieser Gerichtsstand kann unter Umständen eine für Kläger denkbare Alternative darstellen, wenn sonst kein Gerichtsstand im Inland begründet ist aber der mutmaßliche Kartellbeteiligte über ein substanzielles Inlandsvermögen verfügt.330 Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die ständige Rechtsprechung als Korrektiv für die Weite dieses Gerichtsstandes neben der Vermögensbelegenheit einen hinreichenden Inlandsbezug des Rechtsstreits verlangt, um zu einer internationalen Zuständigkeit zu gelangen.331

e) Parteivereinbarungen über die Zuständigkeit

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Die Prorogation zugunsten deutscher Gerichte richtet sich auch bei Drittstaatfällen nach Art. 25 EuGVVO, so dass die §§ 38, 40 Abs. 1 ZPO nur noch die isolierte Derogation regeln. Es findet damit die oben skizzierte Rechtsprechung des EuGH in Sachen CDC und Apple auf Gerichtsstands- und Schiedsklauseln Anwendung.

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Das schiedsrichterliche Verfahren ist in den §§ 1025ff. ZPO geregelt. Kartellrechtliche Schadensersatzansprüche können Gegenstand einer Schiedsabrede sein.332 Dabei allerdings ist das Gericht an § 185 Abs. 2 GWB als zwingende Norm des deutschen Kartellrechts gebunden.333 Wenn das Ergebnis einer schiedsrichterlichen Entscheidung den Normen des deutschen oder europäischen Kartellrechts zuwiderläuft, ist diese in Deutschland nicht vollstreckbar.334 Praktisch dürften sich auch hier deutsche Gerichte an der CDC- und Apple-Rechtsprechung orientieren.

f) Rügelose Einlassung

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Gemäß § 39 ZPO wird die Zuständigkeit eines Gerichts des ersten Rechtszuges dadurch begründet, dass der Beklagte, ohne die Unzuständigkeit geltend zu machen, zur Hauptsache mündlich verhandelt. Dies gilt auch für die internationale Zuständigkeit.335 Die in § 40 Abs. 2 ZPO enthaltenen Ausnahmen sind für kartellrechtliche Schadensersatzverfahren regelmäßig nicht relevant.

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Soweit die EuGVVO anwendbar ist, wird § 39 ZPO allerdings durch Art. 26 EuGVVO verdrängt.336 Für die Prozessparteien stellt es keinen bloßen Formalismus dar, ob eine rügelose Einlassung nach Art. 26 EuGVVO oder § 39 ZPO begründet wird, da sich die Voraussetzungen beider Normen teilweise erheblich unterscheiden.337

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Mündliches Verhandeln im Sinne von § 39 ZPO sind alle Ausführungen tatsächlicher oder rechtlicher Natur zur Begründetheit des streitgegenständlichen Anspruchs.338 Auf die Motive oder auch nur das Bewusstsein des Beklagten kommt es dabei nicht an.339 Allerdings soll nach nicht unbestrittener Ansicht eine rügelose Einlassung nicht in Betracht kommen, bevor die Sachanträge gestellt worden sind, da sich das Verhandeln auf die Hauptsache beziehen müsse und diese durch die Stellung der Klageanträge, nicht aber ihre bloße schriftsätzliche Ankündigung, bestimmt werde.340 Jedenfalls in einem Sachantrag gemäß § 137 Abs. 1 ZPO selbst liegt ein Verhandeln zur Hauptsache.341 Nicht auf die Hauptsache bezogen und damit nicht zuständigkeitsbegründend ist ein Verhandeln zu bloßen Verfahrens- oder Zulässigkeitsfragen.342

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Durch die Erhebung einer Zuständigkeitsrüge wird die Begründung der Zuständigkeit des Gerichts verhindert, auch wenn sich der Beklagte zur Sache einlässt.343 Bei gleichzeitiger Zuständigkeitsrüge ist auch ein Antrag auf Erlass eines klageabweisenden Versäumnisurteils keine rügelose Einlassung.344 Die Rüge der örtlichen Zuständigkeit beinhaltet auch die Rüge der internationalen Zuständigkeit, wenn der Beklagte seine Rüge nicht ausdrücklich auf die örtliche Zuständigkeit beschränkt wissen wollte.345

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Auch im Anwendungsbereich von § 39 ZPO ist zu beachten, dass die Zuständigkeitsrüge hinreichend konkret auf die örtliche, sachliche oder internationale Zuständigkeit bezogen sein muss.346 Im Hinblick auf die Rüge der internationalen Zuständigkeit hat der BGH ausdrücklich entschieden, dass diese auch erstmals zu Beginn der mündlichen Verhandlung erhoben werden kann, wenn der Beklagte zumindest gleichzeitig mit seiner Bezugnahme auf die vorbereitenden Schriftsätze in der mündlichen Verhandlung die internationale Unzuständigkeit des entscheidenden Gerichts rügt.347 Dem steht auch bei Anordnung des schriftlichen Vorverfahrens nicht entgegen, dass sich der Beklagte in der schriftlichen Klageerwiderung ausschließlich zur Sache eingelassen hat.348

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Eine Wiederholung der Rüge der internationalen Zuständigkeit in zweiter Instanz ist im Anwendungsbereich von § 39 ZPO nicht erforderlich.349 Allerdings kann der Beklagte die erstinstanzlich versäumte Rüge der internationalen Zuständigkeit nicht zu einem späteren Zeitpunkt und auch nicht in zweiter Instanz nachholen.350 Das Berufungsgericht prüft die internationale Zuständigkeit also nur dann, wenn der Beklagte diese bereits in erster Instanz gerügt hat und seine Rüge auch in zweiter Instanz aufrechterhält.351 Das gilt auch in der Revisionsinstanz, in der die Prüfung der internationalen Zuständigkeit nicht durch § 545 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen wird.352

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Anders als im Anwendungsbereich von Art. 26 EuGVVO muss der Beklagte die Rüge der internationalen Zuständigkeit nicht während des gesamten Verfahrens aufrechterhalten. Nach wirksamer Rüge der internationalen Zuständigkeit müssen die Parteien eine den Anforderungen von § 38 ZPO genügende Gerichtsstandvereinbarung schließen, wenn sie die internationale Zuständigkeit des Gerichts noch nachträglich begründen wollen.353

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Einen Hinweis auf einen Mangel der internationalen Zuständigkeit muss das Gericht gemäß § 504 ZPO nur in einem Verfahren vor dem Amtsgericht erteilen – bei Kartellschadensersatzklagen also nie.

g) Kein besonderer Gerichtsstand des Sachzusammenhangs

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Im deutschen Kartellprozess existiert kein die internationale Zuständigkeit begründender Gerichtsstand des Sachzusammenhangs, der Art. 8 Nr. 1 EuGVVO vergleichbar wäre.

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Zwar kann gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO das höhere Gericht das zuständige Gericht bestimmen, wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist. Voraussetzung für die Anwendung von § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ist allerdings, dass für die Klage gegen den jeweiligen Beklagten bereits ein allgemeiner oder besonderer Gerichtsstand im Inland existiert.354 Die Norm ist daher nicht geeignet, die internationale Zuständigkeit zu begründen, sondern knüpft ihrerseits an eine bereits bestehende internationale Zuständigkeit an.355 Diese kann sich aus der ZPO (insbesondere § 32 ZPO) oder aus der EuGVVO (insbesondere Art. 4 Abs. 1 und 8 Nr. 1 EuGVVO) ergeben. Ob § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO bei grenzüberschreitenden Sachverhalten Anwendung finden kann, wenn innerhalb Deutschlands mehrere Beklagte als Streitgenossen mit unterschiedlichen Gerichtsständen in Anspruch genommen werden, ist umstritten.356

h) Gerichtliche Bestimmung der Zuständigkeit

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Die §§ 36, 37 ZPO ergänzen die Zuständigkeitsordnung der §§ 12–35 ZPO durch die Möglichkeit einer gerichtlichen Zuständigkeitsbestimmung auf Antrag einer Partei in den Fällen des § 36 Abs. 1 Nr. 1–6. Für Kartellschadensersatzfälle besonders relevant ist die Zuständigkeitsbestimmung bei passiven Streitgenossenschaften nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO.

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Bestimmendes Gericht ist das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk das zunächst mit der Sache befasste Landgericht liegt. Das gilt auch, wenn sich der Rechtsstreit in einem Bundesland befindet, in dem von der Zuständigkeitskonzentration nach §§ 87, 91 GWB Gebrauch gemacht worden ist. D.h. in Nordrhein-Westfalen kann beispielsweise das OLG Hamm bzw. das OLG Köln für die Zuständigkeitsbestimmung zuständig sein und nicht etwa stets der Kartellsenat des OLG Düsseldorf.357 Die GWB-Vorschriften überlagern den Mechanismus zur Zuständigkeit nach der ZPO nicht.358 Befinden sich die Landgerichte in unterschiedlichen OLG-Bezirken, entscheidet das Oberlandesgericht, in dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht liegt. In Bayern entscheidet nun wieder das Bayerische Oberste Landesgericht (§ 9 EGZPO). Der BGH entscheidet nur ausnahmsweise: u.a., wenn ein Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des BGH abweichen will (sog. Divergenzvorlage), § 36 Abs. 3 ZPO.

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Die Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO findet Anwendung bei einer Inanspruchnahme mehrerer Beklagter in Streitgenossenschaft, für die kein gemeinsamer Gerichtsstand eröffnet ist. Das Erfordernis einer Streitgenossenschaft (§§ 59ff., 260 ZPO) ist bei gesamtschuldnerischer Inanspruchnahme mehrerer Kartellbeteiligter erfüllt. Des Weiteren darf ein gemeinsamer allgemeiner oder besonderer Gerichtsstand nicht ohnehin schon eröffnet sein. Falls also der allgemeine Gerichtsstand für alle Beklagten derselbe ist oder falls gemeinschaftliche besondere Gerichtsstände der unerlaubten Handlung nach § 32 ZPO eröffnet sind, scheidet eine Zuständigkeitsbestimmung aus.

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Der BGH hatte jüngst Gelegenheit, zur Zuständigkeitsbestimmung in kartellrechtlichen Abtretungsfällen Stellung zu beziehen. Im Streitfall nahm eine Klägerin drei Zuckerhersteller mit Sitz in Mannheim, Braunschweig und Köln vor dem LG Mannheim aus abgetretenem Recht auf Kartellschadensersatz in Anspruch. Ein gemeinsamer (besonderer) Gerichtsstand war nicht eröffnet: ein eindeutiger Handlungsort im Sinne des § 32 ZPO (Ort der Kartellabsprache) ließ sich nicht feststellen. Der Erfolgsort (§ 32 ZPO) am Geschäftssitz der jeweiligen Zedenten (nicht der Zessionarin359) wäre zwar für die gemeinsame Geltendmachung gegen alle Kartellanten eröffnet, allerdings nur für die Ansprüche des jeweiligen Zedenten. Da die Zedenten ihre Geschäftssitze an unterschiedlichen Orten hatten, gab es damit keinen einheitlichen Erfolgsort für alle Ansprüche. Dies war Konsequenz der Bündelung der Ansprüche auf die Zessionarin. Es stellt sich daher die Frage, ob sich das Recht zu einer Gerichtsstandsbestimmung durch den Erwerb fremder Forderungen herstellten lässt. Das OLG Karlsruhe360 wollte den Bestimmungsantrag zurückweisen, sah sich daran aber durch eine Entscheidung des OLG Celle361 gehindert und hat die Sache deshalb dem BGH vorgelegt. Der BGH schloss sich dem OLG Celle an und urteilte:362

„Sind Gegenstand einer Klage abgetretene Schadensersatzansprüche aus verbotenen Kartellabsprachen mehrerer Unternehmen mit unterschiedlichem Geschäftssitz gegen mehrere beklagte Unternehmen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, kann das zuständige Gericht unbeschadet des Umstands bestimmt werden, dass in Bezug auf jeden einzelnen Zedenten für sich genommen der gemeinschaftliche besondere Gerichtsstand der unerlaubten Handlung eröffnet wäre (Ergänzung zu BGH, NJW 1978, 321).“

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Gleiches gilt, wenn mehrere Kartellgeschädigte ihre Ansprüche, statt diese abzutreten, jeweils aus eigenem Recht in aktiver Streitgenossenschaft geltend machen und für die Verfolgung ihrer in einer Klage gebündelten Ansprüche kein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand besteht.363

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Einer Gerichtsstandsbestimmung steht somit nicht entgegen, dass der Verlust des für die Einzelklagen gemeinsamen besonderen Gerichtsstandes seine Ursache in der gewählten Art der Prozessführung hat: nämlich in der Bündelung mehrerer Ansprüche und der gerichtlichen Verfolgung derselben durch einen Zessionar oder durch die Geschädigten selbst in aktiver Streitgenossenschaft. Wenn die kollektive Anspruchsverfolgung in einer Klage auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruht und im Wesentlichen einheitlich zu beantwortende Vorfragen – wie der hypothetische Marktpreis – eine Rolle spielen, besteht für eine restriktive Auslegung von § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO keine Veranlassung.364

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Liegen die Voraussetzungen einer Gerichtsstandsbestimmung vor, wird das zuständige Gericht nach den Gesichtspunkten der Prozessökonomie und Zweckmäßigkeit ausgewählt, wobei im Rahmen von § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO im Regelfall ein Gericht am allgemeinen Gerichtsstand eines der beklagten Streitgenossen zu bestimmen ist.365 Dabei wird berücksichtigt, welches Gericht zuerst angerufen worden ist, bereits mit dem Streitstoff vertraut ist oder besondere Sachkunde besitzt. Ferner ist einzubeziehen, bei welchem Gericht bereits Parallelprozesse anhängig sind, ob ein wirtschaftlicher Schwerpunkt ersichtlich ist und ob einem Beklagten eine Verhandlung an einem Gericht aus bestimmten Gründen unzumutbar ist.366 Die Entscheidung des bestimmenden Gerichts im Verfahren nach § 36 ZPO ist gemäß § 37 ZPO unanfechtbar.

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