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Kitabı oku: «Ein Kampf um Rom», sayfa 4

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Ihr zuliebe will ich meine Muße den verhaßten Geschäften opfern. Aber nur unter der Bedingung, daß dies mein letztes Staatsamt sei. Ich übernehme deinen Auftrag und stehe dir für Rom mit meinem Kopf.«

»Gut, hier findest du die Vollmachten, die Dokumente, deren du bedarfst.«

Cethegus durchflog die Urkunden. »Dies ist das Manifest des jungen Königs an die Römer, mit deiner Unterschrift. Seine Unterschrift fehlt noch.« Amalaswintha tauchte die gnidische Rohrfeder in das Gefäß mit Purpurtinte, deren sich die Amaler, wie die römischen Imperatoren, bedienten: »Komm, schreibe deinen Namen, mein Sohn.« Athalarich hatte während der ganzen Verhandlung stehend und mit beiden Armen vorgebeugt auf den Tisch gestützt, Cethegus scharf beobachtet. Jetzt richtete er sich auf: er war gewohnt, in seinen Formen die Rechte eines Thronfolgers und eines Kranken zu gebrauchen: »Nein«, sagte er heftig, »Ich schreibe nicht. Nicht bloß, weil ich diesem kalten Römer nicht traue, nein, ich traue dir gar nicht, du stolzer Mann! — Es ist empörend, daß ihr, während mein hoher Großvater noch atmet, schon an seiner Krone herumtappt, ihr Zwerge nach der Krone des Riesen. Schämt euch eurer Fühllosigkeit. Hinter jenen Vorhängen stirbt der größte Held des Jahrhunderts und ihr denkt nur an die Teilung seiner Königsgewänder.«

Er wandte ihnen den Rücken und schritt langsam nach dem Fenster zu, wo er den Arm um seine schöne Schwester schlang und ihr schimmervolles, glänzendes Haar streichelte.

Lange stand er so, sie achtete seiner nicht. Plötzlich fuhr sie auf aus ihrem Sinnen: »Athalarich«, flüsterte sie, hastig seinen Arm fassend und hinausdeutend auf die Marmorstufen, »wer ist der Mann dort im blauen Stahlhelm, der eben um die Säule biegt? Sprich, wer ist es?« »Laß sehn«, sagte der Jüngling sich vorbeugend, »der dort? Ei, das ist Graf Witichis, der Besieger der Gepiden, ein wackrer Held.« Und er erzählte ihr von den Taten und Erfolgen des Grafen im letzten Kriege.

Indessen hatte Cethegus die Fürstin und den Minister fragend angesehen. »Laß ihn!« seufzte Amalaswintha. »Wenn er nicht will, zwingt ihn keine Macht der Erde.« Weiteres Fragen des Cethegus ward abgeschnitten, indem sich der dreifache Vorhang auftat, der das Schlafgemach des Königs von allem Geräusch des Vorzimmers schied. Es war Elpidios, der griechische Arzt, der, die schweren Falten aufhebend, berichtete, der Kranke, eben aus langem Schlummer erwacht, habe ihn fortgeschickt, um mit dem alten Hildebrand allein zu sein: dieser wich nie von seiner Seite.

SECHSTES KAPITEL

Das Schlafgemach Theoderichs, schon von den Kaisern zu gleichem Zweck benutzt, zeigte die düstre Pracht des späten römischen Stils. Die überladenen Reliefs an den Wänden, die Goldornamentik der Decke schilderten noch Siege und Triumphzüge der römischen Konsuln und Imperatoren: heidnische Götter und Göttinnen schwebten stolz darüber hin, überall in der Architektur und Dekoration waltete drückender Prunk.

Dazu bildete einen merkwürdigen Gegensatz das Lager des Gotenkönigs in seiner schlichten Einfachheit. Kaum einen Fuß vom Marmorboden erhob sich das ovale Gestell von rohem Eichenholz, das wenige Decken füllten. Nur der köstliche Purpurteppich, der die Füße verhüllte, und das Löwenfell mit goldnen Tatzen, ein Geschenk des Vandalenkönigs aus Afrika, das vor dem Bette lag, bekundeten die Königshoheit des Kranken. Alles Gerät, das sonst das Gemach erfüllte, war prunklos, schlicht, fast barbarisch schwer.

An einer Säule im Hintergrund hing der eherne Schild und das breite Schwert des Königs, seit vielen Jahren nicht mehr gebraucht. Am Kopfende des Lagers stand, gebeugten Hauptes, der alte Waffenmeister, die Züge des Kranken sorglich prüfend: dieser, auf den linken Arm gestützt, kehrte ihm das gewaltige, das majestätische Antlitz zu. Sein Haar war spärlich und an den Schläfen abgerieben durch den langjährigen Druck des schweren Helmes, aber noch glänzend hellbraun, ohne irgend graue oder weiße Spuren. Die mächtige Stirn, die blitzenden Augen, die stark gebogene Nase, die tiefen Furchen der Wangen sprachen von großen Aufgaben und von großer Kraft, sie zu lösen, und machten den Eindruck des Gesichts königlich und hehr: aber die wohlwollende Weichkeit des Mundes bekundete, trotz des grimmigen und leise ergrauenden Bartes, jene Milde und friedliche Weisheit, mit welcher der König ein Menschenalter lang für Italien eine goldne Zeit zurückgeführt und sein Reich zu einer Blüte erhoben hatte, die damals schon Sprichwort und Sage feierten.

Lange ließ er mit Huld und Liebe das goldbraune Adlerauge auf dem riesigen Krankenwart ruhen. Dann reichte er ihm die magere aber nervige Rechte. »Alter Freund«, sagte er, »nun wollen wir Abschied nehmen.«

Der Greis sank in die Knie und drückte die Hand des Königs an die breite Brust. »Komm, Alter, steh auf: muß ich dich trösten?«

Aber Hildebrand blieb auf den Knien und erhob nur das Haupt, daß er dem König ins Auge sehen konnte. »Sieh«, sprach dieser, »ich weiß, daß du, Hildungs Sohn, von deinen Ahnen, von deinem Vater her tiefere Geheimkunde hast von der Menschen Siechtum und Heilung, als alle diese griechischen Ärzte und lydischen Salbenkrämer. Und vor allem; du hast mehr Wahrhaftigkeit. Darum frage ich dich, du sollst mir redlich bestätigen, was ich selbst fühle: sprich, ich muß sterben? heute noch? noch vor Nacht?«

Und er sah ihn an mit einem Auge, das nicht zu täuschen war. Aber der Alte wollte gar nicht täuschen, er hatte jetzt seine zähe Kraft wieder. »Ja, Gotenkönig, Amalungen-Erbe, du mußt sterben«, sagte er: »Die Hand des Todes hat über dein Antlitz gestrichen. Du wirst die Sonne nicht mehr sinken sehen.«

»Es ist gut«, sagte Theoderich, ohne mit der Wimper zu zucken. »Siehst du, der Grieche, den ich fortgeschickt, hat mir noch von ganzen Tagen vorgelogen. Und ich brauche doch meine Zeit.«

»Willst du wieder die Priester rufen lassen?« fragte Hildebrand, nicht mit Liebe. — »Nein, ich konnte sie nicht brauchen. Und ich brauche sie nicht mehr.« — »Der Schlaf hat dich sehr gestärkt und den Schleier von deiner Seele genommen, der sie so lange verdunkelt. Heil dir, Theoderich, Theodemers Sohn, du wirst sterben wie ein Heldenkönig.«

»Ich weiß«, lächelte dieser, »die Priester waren dir nicht genehm an diesem Lager. Du hast recht. Sie konnten mir nicht helfen.« — »Nun aber, wer hat dir geholfen?«

»Gott und ich selbst. Höre. Und diese Worte sollen unser Abschied sein! Mein Dank für deine Treue von fünfzig Jahren sei es, daß ich dir allein, nicht meiner Tochter, nicht Cassiodor das vertraue, was mich gequält hat. Sprich: was sagt man im Volk, was glaubst du, daß jene Schwermut war, die mich plötzlich befallen und in dieses Siechtum gestürzt hat?« — »Die Welschen sagen: Reue über den Tod des Boëthius und Symmachus.« — »Hast du das geglaubt?« — »Nein, ich mochte nicht glauben, daß dich das Blut der Verräter bekümmern kann.« »Du hast wohlgetan. Sie waren vielleicht nicht des Todes schuldig nach dem Gesetz, nach ihren Taten. Und Boëthius habe ich sehr geliebt. Aber sie waren tausendfach Verräter! Verräter in ihren Gedanken. Verräter an meinem Vertrauen, an meinem Herzen. Ich habe sie, die Römer, höher gehalten als die Besten meines Volkes. Und sie haben, zum Dank, meine Krone dem Kaiser gewünscht, dem Byzantiner Schmeichelbriefe geschrieben: sie haben einen Justin und einen Justinian der Freundschaft des Theoderich vorgezogen: mich reut der Undankbaren nicht. Ich verachte sie! Rate weiter! Du, was hast du geglaubt?« — »König: dein Erbe ist ein Kind, und du hast ringsum Feinde.« Der Kranke zog die kühnen Brauen zusammen: »Du triffst näher ans Ziel. Ich habe stets gewußt, was meines Reiches Schwäche. In bangen Nächten hab’ ich geseufzt um seine innere Krankheit, wann ich am Abend beim Gastgelag den fremden Gesandten den Stolz höchster Zuversicht gezeigt hatte. Alter, du hast, ich weiß, mich für allzu sicher gehalten. Aber mich durfte niemand beben sehen. Nicht Freund noch Feind. Sonst bebte mein Thron. Ich habe geseufzt, wann ich einsam war, und meine Sorge allein getragen.« — »Du bist die Weisheit, mein König, und ich war ein Tor!« rief der Alte. »Sieh«, fuhr der König fort, mit der Hand über die des Alten streichend, »ich weiß alles, was dir nicht recht an mir gewesen. Auch deinen blinden Haß gegen die Welschen kenne ich. Glaube mir, er ist blind. Wie vielleicht meine Liebe zu ihnen war.« Hier seufzte er und hielt inne. »Was quälst du dich.« — »Nein, laß mich vollenden. Ich weiß es, mein Reich, das Werk meines ruhmvollen, mühevollen Lebens, kann fallen, leicht fallen. Und vielleicht durch Schuld meiner Großmut gegen diese Römer. Sei es darum! Kein Menschenbau ist ewig, und die Schuld zu edler Güte — ich will sie tragen.«

«Mein großer König!« — »Aber, Hildebrand, in einer Nacht, da ich so wachte, sorgte und seufzte über den Gefahren meines Reiches, da stieg mir vor der Seele auf das Bild einer andern Schuld! Nicht der Güte, nein, der Ruhmsucht, der blutigen Gewalt. Und wehe, wehe mir, wenn das Volk der Goten sollte untergehn zur Strafe für Theoderichs Frevel! Sein, sein Bild tauchte mir empor!«

Der Kranke sprach nun mit Anstrengung und zuckte einen Augenblick. »Wessen Bild? Wen meinst du?« fragte der Alte leise, sich vorbeugend. »Odoaker!« flüsterte der König. Hildebrand senkte das Haupt. Ein banges Schweigen unterbrach endlich Theoderich: »Ja, Alter, diese Rechte — du weißt es — hat den gewaltigen Helden durchstoßen, beim Mahl, meinen Gast. Heiß spritzte sein Blut mir ins Gesicht, und ein Haß ohne Ende sprühte auf mich aus seinem brechenden Auge. Vor wenigen Monden, in jener Nacht, stieg sein blutiges, bleiches, zürnendes Bild wie ein Rachegott vor mir auf. Fiebernd zuckte mein Herz zusammen. Und furchtbar sprach’s in mir: um dieser Bluttat willen wird dein Reich zerfallen und dein Volk vergehn.«

Nach einer neuen Pause begann diesmal Hildebrand, trotzig aufblickend: »König, was quälst du dich wie ein Weib? Hast du nicht Hunderte erschlagen mit eigner Hand und dein Volk Tausende auf dein Gebot? Sind wir nicht von den Bergen in dies Land herabgestiegen in mehr als dreißig Schlachten, im Blute watend knöcheltief? Was ist dagegen das Blut des einen Mannes! Und denk’: wie es stand. Vier Jahre hatte er dir widerstanden wie der Auerstier dem Bären. Zweimal hatte er dich und dein Volk hart an den Rand des Verderbens gedrängt. Hunger, Schwert und Seuche rafften deine Goten dahin. Endlich, endlich fiel das trotzige Ravenna; ausgehungert, durch Vertrag. Bezwungen lag der Todfeind dir zu Füßen. Da kommt die Warnung, er sinnt Verrat, er will noch einmal den gräßlichen Kampf aufnehmen, er will zur Nacht desselben Tages dich und die Deinen überfallen. Was solltest du tun? Ihn offen zur Rede stellen? War er schuldig, so konnte das nicht retten. Kühn kamst du ihm zuvor und tatest ihm abends, was er dir nachts getan hätte. Und wie hast du deinen Sieg benützt! Die eine Tat hat all dein Volk gerettet, hat einen neuen Kampf der Verzweiflung erspart. Du hast all die Seinen begnadigt, hast Goten und Welsche dreißig Jahre leben lassen wie im Himmelreich. Und nun willst du um jene Tat dich quälen? Zwei Völker danken sie dir in Ewigkeit. Ich — ich hätt’ ihn siebenmal erschlagen.«

Der Alte hielt inne, sein Auge blitzte, er sah wie ein zorniger Riese aus. Aber der König schüttelte das Haupt.

»Das ist nichts, alter Recke, alles nichts! Hundertmal hab’ ich mir dasselbe gesagt, und verlockender, feiner, als deine Wildheit es vermag. Das hilft alles nichts. Er war ein Held, der einzige meinesgleichen! — Aus Argwohn, aus Eifersucht, ja — es muß gesagt sein, aus Furcht — aus Furcht, noch einmal mit ihm ringen zu sollen. Das war und ist und bleibt ein Frevel. Und ich fand keine Ruhe hinter Ausreden. Düstre Schwermut fiel auf mich. Seine Gestalt verfolgte mich seit jener Nacht unaufhörlich. Beim Schmaus und im Rat, auf der Jagd, in der Kirche, im Wachen und im Schlafen. Da schickte mir Cassiodor die Bischöfe, die Priester. Sie konnten mir nicht helfen. Sie hörten meine Beichte, sahen meine Reue, meinen Glauben, und vergaben mir alle Sünden. Aber Friede kam nicht über mich, und ob sie mir verziehen, ich konnte mir nicht verzeihen. Ich weiß nicht, ist es der alte Sinn meiner heidnischen Ahnen: aber ich kann mich nicht hinter dem Kreuz verstecken vor dem Schatten des Ermordeten. Ich kann mich nicht gelöst glauben von meiner blutigen Tat durch das Blut eines unschuldigen Gottes, der am Kreuz gestorben.«

Freude leuchtete über das Antlitz Hildebrands: »Du weißt«, raunte er ihm zu, »ich habe niemals diesen Kreuzpriestern glauben können. Sprich, o sprich, glaubst auch du noch an Thor und Odin? Haben sie dir geholfen?«

Der König schüttelte lächelnd das Haupt: »Nein, du alter, unverbesserlicher Heide. Dein Walhall ist nichts für mich. Höre, wie mir geholfen ward. Ich schickte gestern die Bischöfe fort und kehrte tief in mich selber ein. Und dachte und flehte und rang zu Gott. Und ich ward ruhiger. Und sieh’, in der Nacht kam über mich tiefer Schlummer, wie ich ihn seit langen Monden nicht mehr gekannt. Und als ich erwachte, da schauerte kein Fieber der Qual mehr in meinen Gliedern. Ruhig war ich und klar. Und dachte dieses: ‘Ich habe es getan, und keine Gnade, kein Wunder Gottes macht es ungeschehen. Wohlan, er strafe mich. Und wenn er der zornige Gott des Moses, so räche er sich und strafe mit mir mein ganzes Haus bis ins siebente Glied. Ich weihe mich und mein Geschlecht der Rache des Herrn. Er mag uns verderben: er ist gerecht. Aber weil er gerecht ist, kann er nicht strafen dieses edle Volk der Goten um fremde Schuld. Er kann es nicht verderben um des Frevels seines Königs willen. Nein, das wird er nicht. Und muß dies Volk einst untergehen, ich fühl’ es klar, dann ist es nicht um meine Tat. Für diese weih’ ich mich und mein Haus der Rache des Herrn.’ Und so kam Friede über mich, und mutig mag ich sterben.«

Er schwieg. Hildebrand aber neigte das Haupt und küßte die Rechte, welche Odoaker erschlagen hatte. —

»Das war mein Abschied an dich. Und mein Vermächtnis, mein Dank für ein ganzes Leben der Treue. Jetzt laß uns den Rest der Zeit noch diesem Volk der Goten zuwenden. Komm, hilf mir aufstehen, ich kann nicht in den Kissen sterben. Dort hängen meine Waffen. Gib sie mir! — Keine Widerrede! Ich will. Und ich kann.«

Hildebrand mußte gehorchen. Rüstig erhob sich mit seiner Hilfe der Kranke von dem Lager, schlug einen weiten Purpurmantel um die Schultern, gürtete sich mit dem Schwert, setzte den niedern Helm mit der Zackenkrone auf das Haupt und stützte sich auf den Schaft der schweren Lanze, den Rücken gegen die breite dorische Mittelsäule des Gemaches gelehnt.

»So, jetzt rufe meine Tochter. Und Cassiodor. Und wer sonst da draußen

SIEBENTES KAPITEL

So stand er ruhig, während der Alte die Vorhänge an der Tür zu beiden Seiten zurückschlug, so daß Schlafzimmer und Vorhalle nunmehr einen ungeschiedenen Raum bildeten. Alle draußen Versammelten — es hatten sich inzwischen noch mehrere Römer und Goten eingefunden — näherten sich mit Staunen und ehrfürchtigem Schweigen dem König.

»Meine Tochter«, sprach dieser, »sind die Briefe aufgesetzt, die meinen Tod und meines Enkels Thronfolge nach Byzanz berichten sollen?« — »Hier sind sie«, sprach Amalaswintha.

Der König durchflog die Papyrusrollen.

»An Kaiser Justinus. Ein zweiter: an seinen Neffen Justinianus. Freilich, der wird bald das Diadem tragen und ist schon jetzt der Herr seines Herrn! Cassiodor hat sie verfaßt — ich sehe es an den schönen Gleichnissen. Aber halt« — und die hohe klare Stirn verdüsterte sich — »’eurem kaiserlichen Schutze meine Jugend empfehlend.’ Schutze? Das ist des Guten zu viel. Wehe, wenn ihr auf Schutz von Byzanz gewiesen seid. Freundschaft mich empfehlend ist genug von dem Enkel Theoderichs.« Und er gab die Briefe zurück. »Und hier ein drittes Schreiben nach Byzanz? An wen? An Theodora, die edle Gattin Justinians? Wie, an die Tänzerin vom Zirkus? Des Löwenwärters schamlose Tochter?« Und sein Auge funkelte. »Sie ist von größtem Einfluß auf ihren Gemahl«, wandte Cassiodor ein. — »Nein, meine Tochter schreibt an keine Dirne, die aller Weiber Ehre besudelt hat.« Und er zerriß die Papyrusrolle und schritt über die Stücke zu den Goten im Mittelgrund der Halle. »Witichis, tapferer Mann, was wird dein Amt sein nach meinem Tod?«

»Ich werde unser Fußvolk mustern zu Tridentum.«

»Kein Beßrer könnte das. Du hast noch immer nicht den Wunsch getan, den ich dir damals freigestellt nach der Gepidenschlacht. Hast du noch immer nichts zu wünschen?«

»Doch, mein König.«

»Endlich! Das freut mich — sprich.« — »Heute soll ein armer Kerkerwart, weil er sich weigerte, einen Angeklagten zu foltern und nach dem Liktor schlug, selbst gefoltert werden. Herr König, gib den Mann frei: das Foltern ist schändlich und —«

»Der Kerkerwart ist frei, und von Stund’ an wird die Folter nicht mehr gebraucht im Reich der Goten. Sorg’ dafür, Cassiodorus. Wackrer Witichis, gib mir die Hand. Auf daß alle wissen, wie ich dich ehre, schenk’ ich dir Wallada, mein lichtbraun Edelroß, zu Gedächtnis dieser Scheidestunde. Und kommst du je auf seinem Rücken in Gefahr, oder« — hier sprach er ganz leise zu ihm — »will es versagen, flüstre dem Roß meinen Namen ins Ohr. — Wer wird Neapolis hüten? Der Herzog Thulun war zu rauh. Das fröhliche Volk dort muß durch fröhliche Mienen gewonnen werden.«

»Der junge Totila wird dort die Hafenwache übernehmen«, sprach Cassiodor.

»Totila! Ein sonniger Knabe! Ein Siegfried, ein Götterliebling! Ihm können die Herzen nicht widerstehen. Aber freilich! Die Herzen dieser Welschen!« Er seufzte und fuhr fort: »Wer versichert uns Roms und des Senats?« »Cethegus Cäsarius«, sagte Cassiodor mit einer Handbewegung, »dieser edle Römer.« — »Cethegus?« Ich kenne ihn wohl. Sieh mich an, Cethegus.« Ungern erhob der Angeredete die Augen, die er vor dem großen Blick des Königs rasch niedergeschlagen. Doch hielt er jetzt das Adlerauge, das seine Seele durchdrang, ruhig aus, mit dem Aufgebot aller Kraft. »Es war krank, Cethegus, daß ein Mann von deiner Art sich so lang vom Staat ferngehalten. Und von uns. Oder es war gefährlich. Vielleicht ist es noch gefährlicher, daß du dich — jetzt — dem Staat zuwendest.« — »Nicht mein Wunsch, o König.«

»Ich bürge für ihn«, rief Cassiodor. — »Still, Freund! Auf Erden mag keiner für den andern bürgen! Kaum für sich selbst! Aber«, fuhr er forschenden Blickes fort, »an die Griechlein wird dieser stolze Kopf — dieser Cäsarkopf — Italien nicht verraten.«

Noch einen scharfen Blick aus den goldnen Adleraugen mußte Cethegus tragen. Dann ergriff der König plötzlich den Arm des nur mit Mühe noch fest in sich geschlossenen Mannes und flüsterte ihm zu: »Höre, was ich dir warnend weissage. — Es wird kein Römer mehr gedeihen auf dem Thron des Abendlands. Still, kein Widerwort. — Ich habe dich gewarnt. — — Was lärmt da draußen?« fragte er, rasch sich wendend, seine Tochter, die einem meldenden Römer leisen Bescheid erteilte. »Nichts, mein König, nichts von Bedeutung, mein Vater!« — »Wie? Geheimnisse vor mir? Bei meiner Krone? Wollt ihr schon herrschen, solang ich noch atme? Ich vernahm den Laut fremder Zungen da draußen. Auf die Türen!« Die Pforte, welche die äußere Halle mit dem Vorzimmer verband, öffnete sich.

Da zeigten sich unter zahlreichen Goten und Römern kleine, fremd aussehende Gestalten, in seltsamer Tracht, mit Wämsern aus Wolfsfell, mit spitz zulaufenden Mützen und langen zottigen Schafspelzen, die über ihren Rücken hingen. Überrascht und bewältigt von dem plötzlichen Anblick des Königs, der hochaufgerichtet auf sie zuschritt, sanken die Fremden wie vom Blitz getroffen auf die Knie.

»Ah, Gesandte der Awaren. Das räuberische Grenzgesindel an unseren Ostmarken! Habt ihr den schuldigen Jahrestribut?« — »Herr, wir bringen ihn noch für diesmal — Pelzwerk — wollne Teppiche — Schwerter — Schilde. Da hängen sie, dort liegen sie. Aber wir hoffen, daß für nächstes Jahr — wir wollten sehn —« »Ihr wolltet sehen, ob der greise Dieterich von Bern nicht altersschwach geworden? Ihr hofftet, ich sei tot? Und meinem Nachfolger könntet ihr die Schatzung weigern? Ihr irrt, Späher!« Und er ergriff wie prüfend eines der Schwerter, welche die Gesandten vor ihm ausgebreitet, samt der Scheide, nahm es mit zwei Händen fest an Griff und Spitze, ein Druck, und in zwei Stücken warf er ihnen das Eisen vor die Füße, »Schlechte Schwerter führen die Awaren«, sagte er ruhig. »Und nun komm, Athalarich, meines Reiches Erbe. Sie wollen dir nicht glauben, daß du meine Krone tragen kannst: zeig’ ihnen, wie du meinen Speer führest.«

Der Jüngling flog herbei. Die Gluthitze des Ehrgeizes zuckte über sein bleiches Antlitz. Er ergriff den schweren Speer seines Großvaters und schleuderte ihn mit solcher Kraft auf einen der Schilde, welche die Gesandten an die Holzpfeiler der Halle gelehnt, daß er ihn sausend durchbohrte und die Spitze noch tief in das Holzwerk drang. Stolz legte der König die Linke auf das Haupt seines Enkels und rief den Gesandten zu: »Jetzt geht, daheim zu melden, was ihr hier gesehen.«

Er wandte sich, die Pforten fielen zu und schlossen die staunenden Awaren aus. »Gebt mir einen Becher Wein. Leicht den letzten! Nein, ungemischten! Nach Germanen Art!« — und er wies den griechischen Arzt zurück — »Dank, alter Hildebrand, für diesen Trunk, so treu gereicht. Ich trinke der Goten Heil.« Er leerte langsam den Pokal. Und er setzte ihn noch fest auf den Marmortisch.

Aber da kam es über ihn, plötzlich, blitzähnlich, was die Ärzte lang erwartet: er wankte, griff an die Brust und stürzte rücklings in die Arme Hildebrands, der langsam niederkniend ihn auf den Marmortisch gleiten ließ und das Haupt mit dem Kronhelm auf den Armen hielt.

Einen Augenblick hielten alle lauschend den Atem an: aber der König regte sich nicht, und laut aufschreiend warf sich Athalarich über die Leiche.

Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
30 ağustos 2016
Hacim:
1270 s. 1 illüstrasyon
Telif hakkı:
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