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Kitabı oku: «Ein Kampf um Rom», sayfa 67

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NEUNZEHNTES KAPITEL

»Also: wir sind daheim in Thuleland, wie es die Skalden nennen, in Götaland, wie wir es heißen. Denn Thuleland ist das Land, wo man nicht wohnt, wo nur, noch weiter nach den Eisbergen hin, andre Männer wohnen.

Unser Reich reicht gegen Aufgang an die See und unsre Insel Gotland. Gegen Niedergang an Hallin und das Skioldunga-Haff. Gegen Mitternacht an Svealand. Gegen Mittag an Smaland, Skone und der See-Dänen Reiche.

König aber ist mein Vater, Frode, den Odin liebt.

Er ist viel weiser denn ich.

Er hat mich aber jetzt zum Mit-König krönen lassen auf dem heiligen Stein zu Kind-Sala, weil er schon bald hundert Jahre alt ist und blind.

In unsern Hallen aber singen die Sänger noch immer die Wandersage, daß ihr Goten mit den Amalerfürsten und den Balten ursprünglich unsre Brüder wart, und nur durch Verirrung auf der Wanderung seiet ihr allmählich immer weiter nach Süden abgekommen: denn ihr folgtet der Kraniche Flug vom Kaukasus ab, wir aber dem Rennen der Wölfe.«

»Wenn dem so ist« lächelte Totila, »zieh’ ich die Kraniche als Wegweiser vor.«

»So mag dir das jetzt wohl noch scheinen hier in dieser stolzen Methalle«, sprach König Harald ernst.

»Aber mein weiser Vater Frode meint anders. Wie dem nun sei — (ich glaub’s nicht recht, denn sonst müßten wir unsre Worte leichter verstehen) —. Wir ehren hoch und treu die alte Blutsgemeinschaft, sind wir nicht Brüder, sind wir doch sicher Vettern.

Und lange Zeit kam von eurem warmen Gotaland in unser kaltes immer nur frohe, stolze Kunde höchsten Ruhms: und mein Vater und euer König Thidrekr, den unsrer Skalden Harfenlieder preisen, tauschten einmal Gesandte und Geschenke, vermittelt durch die Bernstein-Esthen, die an dem Austrweg wohnen. Diese führten unsre Boten zu den Wenden an der Wyzla: diese zu den Langobarden an der Tisia: diese zu den Herulern am Dravus: diese durch Savien nach Salona und Ravenna.«

»Du bist ein weg— und länderkundiger Mann«, meinte Totila.

»Das muß der Wiking sein. Sonst kommt er erst nicht vorwärts. Und dann oft nicht mehr zurück. — Lange also hörten wie nur vom Glück und Glanz bei euch.

Aber einmal und dann öfter kam durch Kaufleute, die von uns Pelz, Eiderdunen und Bernstein kaufen und den Friesen, Sachsen und Franken zuführen und uns künstlich Gerät und Gold und Silber zubringen — und immer trauriger kam zu uns die Kunde, daß König Thidrekr gestorben und nach seinem Tod groß Unheil ausgebrochen sei in eurem Reich. Unsieg, Verrat, Königsmord, Krieg von Goten wider Goten und der falschen Fürsten Grekaland Übergewalt.

Und es hieß: zu vielen Tausenden hättet ihr euch die Schädel eingerannt an den hohen Mauern eurer eignen Romaburg, die aber nicht ihr hättet, sondern ein Mann wie Asathor und ein zweiter, noch schlimmerer, wie Loki der Feuer-Arge.

Und wir forschten, ob euch denn gar niemand Hilfe leiste von den vielen Königen und Fürsten, die um Thidrekrs von Raven Gunst gebettelt. Aber da lachte der fränkische Kaufmann, der in meines Vaters Halle feines Gewebe feilbot von der Wahala, und sprach: ‘Bricht Glück, bricht Treue. Alle haben sie von den glücklosen Gotenhelden gelassen, Westgoten und Burgunden, Heruler und Thüringe und zumeist wir Franken. Denn wir sind klug vor andern.’

Da warf aber mein Vater, König Frode, seinen Stab zürnend zur Erde und rief: ‘Wo ist Harald, mein starker Sohn?’

‘Hier’, sprach ich, ‘Vater’, und ergriff seine Hand.

‘Hast du gehört’, fuhr mein Vater fort, ‘die Kunde von der Südlandskönige Untreue? Solches soll man nicht singen und sagen von den Männern von Götaland. Wenn alle untreu geworden gegen die Goten von Gardarike und Raven: — wir wollen Treue halten und ihnen helfen in ihrer Not.

Auf, mein starker Harald und du, meine kühne Haralda, rüstet hundert Drachenschiffe aus und füllt sie mit Männern und Waffen — greift tief in meinen Königshort zu Kingsala und schonet nicht die gehäuften Goldringe — und fahret aus mit Odins Hauch in den Segeln. —

Von Konghalla erst an den Inseldänen und den Jüten vorüber gen Niedergang, dann entlang den Küsten der Friesen und Franken durch den Schmalpfad der See. Weiter segelt um das Reich der Sueven in dem Bergland, das da Asturia heißt: und um der Westgoten Land biegt nach Süden: dann windet euch wieder durch den Schmalpfad der Weit-See, wo Asathor und Odin zwei Säulen gesetzt haben: dann seid ihr schon im Meer von Midilgardh, wo zahllose Eilande liegen in immergrünen Büschen, daraus weiße Marmorhallen schimmern, getragen von hohen, runden Steinbalken.

Auf diesen Eilanden heeret: denn sie gehören den falschen Fürsten von Grekaland.

Und dann fahret gen Romaburg oder gen Raven und helfet dem Volke Thidrekrs wider seine Feinde und kämpfet für sie zu Wasser und zu Lande und stehet treu zu ihnen, bis niedergekämpft sind alle ihre Feinde.

Dann aber sprecht zu ihnen: So rät euch König Frode, der bald hundert Winter gesehn hat und vieler Fürsten und Völker Geschicke hat aufsteigen sehn und wieder sinken, und der selber in jungen Jahren jenes Südland gesehn hat als Wiking.

So rät euch König Frode: Räumet das Südland, so herrlich es ist.

Ihr werdet nicht darin dauern.

So wenig die Eisscholle dauert, die im Südmeer treibt. Es zehren schmelzend an ihr unablässig Sonne, Luft und leise nagende Wellen. Und mag sie noch so mächtig sein — sie muß zerrinnen, und keine Spur wird bleiben ihres Daseins.

Es ist aber besser, im armen Nordland leben als im reichen Südland sterben.

Besteigt unsre Drachenschiffe und rüstet eigne und ladet darauf all euer Volk, Männer, Frauen, Kinder, Knechte und Mägde, und Rinder und Rosse und Waffen und Edelgerät, und räumet den heißen Boden, der euch sicher verschlingen wird: und fahret von dannen und kommt zu uns. Wir wollen zusammenrücken oder den Finnen, den Wenden und Esthen so viel Land nehmen als ihr braucht.

Und ihr sollt erhalten bleiben, frisch und grünend.

Dort unten verwelkt und versengt euch die Südsonne. So rät euch König Frode, den die Menschen den Weisen nennen seit fünfzig Jahren.’

Und wir hörten nun freilich schon, wie wir einfuhren in das Meer von Midilgardh, von den Seefahrern, daß eure Not gewendet sei durch einen neuen König, den sie schilderten wie den Gott Baldur, daß ihr Romaburg und alles Land von Gardarike wiedergewonnen und siegreich in Grekaland selbst geheert habt.

Und wir sehen ja jetzt mit Augen, daß ihr unsre Waffenhilfe nicht braucht. Ihr lebt herrlich und in Freuden in dieser Methalle: und alles ist voll roten Goldes und weißen Gesteins. Aber doch muß ich wiederholen meines Vaters Wort und Rat: folgt ihm! Er ist weise! Noch jeder hat’s bereut, der König Frodes Rat verschmäht.«

Allein Totila schüttelte lächelnd das Haupt und sprach:

»Großen Dank sagen wir König Frode und euch für edle, seltne Treue. Unvergessen soll in der Goten Gesänge solche Brudertreue sein der Nordland-Helden. Aber, o König Harald, folge mir und blick’ um dich her.« —

Und er stand auf, nahm den Gast an der Hand und führte ihn an den Eingang des Zeltes, die Vorhänge zurückschlagend: da lagen Strom und Land und Stadt in glühendem Licht des Sonnenuntergangs: »Sieh dies Land, unvergleichlich an Herrlichkeit des Himmels und des Bodens und der Kunst: — siehe diesen Tiberstrom von glücklichen, jubelnden, schönen Menschen bedeckt, schau’ diese Büsche von Lorbeer und Myrten: blicke hin auf die Säulenpaläste, die dort von Rom her im Abendstrahl schimmern, auf die hohen Marmorbilder auf diesen Stufen —: und sage du selbst, würdest du dies Land räumen, wenn es dein wäre? Würdest du diese Herrlichkeit vertauschen mit Nordes Fichten und Föhren und frühlingslosem Eise, mit den rauchgeschwärzten Holzhütten auf nebliger Heide?«

»Ja, das würd’ ich, beim Hammer Thors! Dies Land hier ist gut, drin zu heeren, drin zu schwelgen, drin zu siegen: jedoch dann schleunig auf und davon gefahren mit der Siegesbeute nach Hause!

Ihr aber seid hier hereingeworfen wie Wassertropfen auf heißes Eisen. Und wenn jemals wir Odins-Söhne dieses Südland beherrschen, dann werden das doch nur solche von uns, die einen breiten Rückhalt haben an andern Odins-Söhnen.

Ihr aber —: ihr seid ja selbst schon ganz anders geworden als wir. Welsche Frauen haben eure Großväter, eure Väter, ihr selbst gefreit: in wenigen Geschlechtern, wenn das so fortgeht, seid ihr verwelscht: schon seid ihr kleiner, dunkler an Haut und Augen und Haar geworden als wir, wenigstens viele von euch.

Ich sehne mich aus dieser schwülen, weichen Luft nach dem Nordwind, der über unsre Wälder und Wogen braust.

Ja, und auch nach der rauchgeschwärzten Holzhalle, wo die Götterrunen eingebrannt sind in die Firstbalken und die Harfen der Skalden an den Holzpfeilern hangen und das heilige Herdfeuer immer gastlich lodert. Ich sehne mich nach unsrem Nord zurück: — denn er ist unsre Heimat.«

»So vergönne, daß auch wir unsre Heimat lieben, dies Land Italia!«

»Nie wird’s eure Heimat, nur vielleicht euer Grab. Fremd seid ihr, und fremd bleibt ihr. Oder ihr verwelscht. Aber eures Bleibens, als Odins-Söhnen, ist nicht in diesem Land.«

»Mein Bruder Harald, laß es uns doch versuchen«, lächelte Totila. »Ja, wir sind verändert seit den zwei Menschenaltern, die unser Volk nun unter Lorbeern lebt. Aber sind wir verschlechtert? Muß man notwendig ein Bärenfell tragen, um ein Held zu sein? Muß man Goldbilder rauben, Marmorbilder zerschlagen, um sich an ihnen zu erfreuen? Kann man nur Barbar sein oder Welscher? Können wir nicht der Germanen Vorzüge behalten, ihre Fehler ablegen, der Welschen Vorzüge uns aneignen, ohne ihre Fehler?«

Aber Harald schüttelte das mähnenumwallte Haupt.

»Mich soll’s freuen, wenn’s euch gelingt. Aber ich glaub’s nicht. Die Pflanze nimmt die Art des Bodens und des Himmels an, darauf und darunter sie wächst. Und ich möcht’ es gar nicht, selbst wenn’s mir und den Meinen gelänge. Mir sind unsre Fehler lieber als der Welschen Vorzüge: wenn sie welche haben.«

Totila mußte der Worte gedenken, die er einst selber Julius entgegnet. — —

»Vom Nordland geht alle Kraft aus — dem Nordvolk gehört die Welt.«

»Sag’s ihnen doch«, fiel seine Schwester ein, »in deines Lieblingsliedes Worten.« Und sie reichte ihm die Harfe hin: Harald aber spielte und sang eine Stabreim-Weise, die Adalgoth, in Schlußreime übertragen, Valeria folgendermaßen verdolmetschte:

 
»Thor stand am Mitternachts-Ende der Welt:
Die Streitaxt warf er, die schwere:
‘So weit der sausende Hammer fällt,
Sind mein das Land und die Meere!’
Und es flog der Hammer aus seiner Hand,
Flog über die ganze Erde,
Fiel nieder an fernsten Südens Rand,
Daß alles sein eigen werde.
Seitdem ist’s freudig Germanenrecht,
Mit dem Hammer Land zu erwerben:
Wir sind von des Hammer-Gottes Geschlecht
Und wollen sein Weltreich erben!«
 

Lauter Beifall der gotischen Hörer dankte dem königlichen Sänger, der ganz danach aussah, das stolze Lied verwirklichen zu wollen und zu können.

Harald leerte nochmals den tiefen Goldbecher. Dann rief er: »Nun wohlauf, klein Schwesterlein Haralda, auf, ihr meine Segelbrüder da drüben. Nun brechen wir auf.

Auf Deck der Midgardschlange müssen wir sein, bevor der Mond drauf scheint. Wie lautet der Wikingabalk?

‘Schlecht schlummert das Schiff,

Liegt der Lenker an Land.’

Lange Freundschaft — kurzer Abschied, so ist’s Nordland-Brauch.«

Totila legte die Hand auf seines Gastes Arm. »Eilt’s dir so sehr?

Du fürchtest wohl, mit zu verwelschen? Bleibe nur noch: so rasch geht’s nicht: und bei dir hat’s damit gute Wege.«

»Ja, da hast du recht, Romkönig«, lachte der Riese, »und beim Hammer Thors: ich rühme mich dessen. Aber wir müssen fort.

Drei Dinge hatten wir hier zu tun nach König Frodes Gebot: Euch zu helfen im Kampf. Ihr braucht uns nicht. Oder braucht ihr uns noch? Sollen wir bleiben, bis neuer Kampf entbrannt?«

»Nein«, lächelte Totila, »Friede, nicht neuer Kampf steht bevor. Und käm’ es wirklich abermals zum Krieg — soll ich dir dann recht geben, Bruder Harald, daß wir Goten zu schwach, uns allein in Italia zu halten? Haben wir nicht die Feinde geschlagen ohne eure Hilfe? Können wir sie nicht wieder schlagen, wir Goten allein?«

»Ich dachte mir’s wohl«, entgegnete der Wiking. — »Zum zweiten kamen wir, euch zurückzuholen ins Nordland: Ihr wollt es nicht. Und zum dritten: zu heeren auf des Kaisers von Grekaland Inseln. Das ist ein lustig Geschäft und noch lange nicht genug geübt. Kommt mit: helft dabei, rächt euch.« — »Nein, ein Königswort ist heilig. Wir haben Waffenstillstand noch auf Monde. Und höre, Freund Harald. Verwechsle mir ja nicht aus Versehen unsre Inseln mit denen des Kaisers. Unlieb wäre mir, wenn —«

»Nein, nein«, lächelte Harald, »sorge nicht. Wir haben’s schon gemerkt. Vortrefflich gehütet sind eure Häfen und Küsten. Und hier und da hast du ja hohe Galgen aufrichten lassen und Tafeln daran in römischen Runenzeichen — dein Seegraf zu Panormus hat sie uns gedolmetscht:

 
‘Landräuber gehängt,
Seeräuber ertränkt;
Das ist das Raubrecht
In Totilas Reich.’
 

Da haben meine Segelbrüder einen heftigen Abscheu bekommen vor deinen Stangen und Tafeln und Runen. Leb’ wohl nun, Romkönig der Goten: möge dein Glück dauern: leb’ wohl, schöne Schwarzkönigin. Lebt wohl, all ihr Helden: wenn nicht früher — in Walhall treffen wir uns wieder.«

Und rasch sich verabschiedend schritten die Nordleute hinweg.

Haralda warf ihren Falken in die Luft. »Flieg voraus, Snotr, auf Deck!« und pfeilschnell schoß der kluge Vogel hinweg, gerade über den Fluß hinabfliegend.

Der König und Valeria geleiteten die Gäste bis auf die vorletzte Stufe der Treppe: dort tauschten sie den letzten Händedruck.

Noch einen raschen Blick warf die Jungfrau auf Totila. Harald bemerkte es, und er flüsterte ihr zu, als sie allein die letzte Stufe herabstiegen: »Klein Schwesterlein, deinetwegen scheid’ ich so rasch. Gräme dich nicht um diesen schönen König.

Du weißt, ich habe vom Vater die Gabe geerbt, todverfallne Männer zu erkennen. Ich sage dir: auf dieses Königs sonnigen Brauen sitzt der Speertod.

Er wird den Mond nicht mehr wechseln sehn.«

Da zerdrückte die Kriegerin eine Träne in den stolzen Augen.

Graf Teja, Herzog Guntharis und Herzog Adalgoth geleiteten die Gäste bis an ihre Boote im Tiber und verweilten, bis sie abgestoßen.

Mit ernstem Blick sah ihnen Teja nach. »Ja, König Frode ist weise«, sagte er. »Aber oft ist die Torheit süßer als die Wahrheit. Und großartiger. — Geh nur voran zum Zelt zurück, Herzog Guntharis. Ich sehe da den Fluß herauf das Botenschiff des Königs eilen. Ich will sehen, welche Nachricht es bringt.«

»Ich bleibe bei dir, mein Meister«, sprach Adalgoth besorgt, »du siehst so furchtbar ernst. Was hast du?«

»Eine Ahnung, mein Adalgoth«, sprach Teja, den Arm um des Jünglings Nacken schlingend. »Sieh, wie rasch die Sonne sinkt. Mich schauert. — Laß uns dem Botenschiff entgegengehen — da unten wird es landen, wo die alten, gestürzten Marmorsäulen liegen.«

Totila und Valeria waren nach dem Zelte zurückgewandelt.

»Hat dich bewegt«, fragte die Römerin erschüttert, »mein Geliebter, was jener Fremdling sprach? Es war — Guntharis und Teja haben mir’s erklärt —, es war sehr ernst.«

Aber Totila erhob rasch das nachdenklich gesenkte Haupt. »Nein, Valeria, es hat mich nicht erschüttert. Des großen Theoderichs großes Werk hab’ ich auf meine Schultern genommen. Der Traum meiner Jugend, der Gedanke meines Königtums: — ich will für ihn leben und sterben. Komm: — wo bleibt Adalgoth, mein Mundschenk? — Komm, noch einmal tu Bescheid mit dem Becher, Valeria — laß mich trinken auf das Glück des Gotenreichs.« Und hoch erhob er den Pokal.

Aber er vermochte nicht, ihn zu Munde zu führen, denn Adalgoth eilte, laut rufend, die Stufen hinan, gefolgt von Teja.

»König Totila«, rief jetzt Adalgoth atemlos, »bereite dich, ein Furchtbares zu hören, fasse dich...«

Totila setzte den Pokal nieder und fragte erbleichend:

»Was ist geschehn?«

»Dein Botenschiff brachte die Kunde von Ancona her: Der Kaiser hat den Waffenstillstand gebrochen — er hat...«

Da war Teja heran: sein langes, schwarzes Haar flatterte im Winde. Geisterblaß war sein Antlitz, und sein Auge sprühte: »Auf, König Totila«, rief er, »den Kranz aus dem Haar, und den Helm auf das Haupt! Auf der Höhe von Senogallia, nahe bei Ancona, hat eine Flotte des Kaisers die unsere, die im Schutz des Waffenstillstandes lag, plötzlich feindlich überfallen.

Unsere Flotte ist nicht mehr.

Von unsern vierhundertsiebzig Segeln sind nur elf gerettet.

Ein starkes Heer des Kaisers ist gelandet.

Und Feldherr ist —: Cethegus, der Präfekt.«

ZWANZIGSTES KAPITEL

In dem Lager Cethegus’ des Präfekten bei Setinum, am Fuß des Apenninus, wenige Meilen nördlich von Taginä, schritt Lucius Licinius, der soeben von Epidamnus her zur See eingetroffen war, in eifrigem Gespräch mit Syphax vor dem Zelt des Feldherrn auf und nieder.

»Mit Schmerzen erwartet dich mein Herr, o Kriegstribun. Schon seit mehreren Tagen. Hoch erfreut wird er sein, dich zu finden im Lager«, sprach der Numider. »Er muß bald zurückkehren von einem Ritt der Kundschaftung.«

»Wohin ritt er?«

»Mit Piso und den andern Kriegstribunen gegen Taginä.«

»Ja, das ist die nächste, feste Stadt der Goten nach Süden zu. Nun aber erzähle mir, kluger Maure, von den letzten Dingen, die zu Byzanz geschahen. Du weißt: mich hatte dein Herr zu den Langobarden auf Werbung geschickt, lange bevor in Byzanz eine Entscheidung erreicht war. Als ich nun, nach gefahrvoller Reise durch das Land der Langobarden und der Gepiden, bei Novä über den reißenden Ister wieder glücklich in das Reich Justinians gelangt war und bei dem Gastfreund in Nikopolis die verabredete Weisung des Präfekten abholte, die meine weiteren Schritte lenken sollte, fand ich nur den lakonischen Befehl: ihn in Senogallia zu treffen.

Ich staunte. Denn daß er, an der Spitze von Flotte und Heer des Kaisers, als Sieger, den Boden Italiens wieder beschreiten würde, wagte ich kaum zu hoffen. Von Senogallia her eilte ich eurem Marsche bis hierher nach. Die Heerführer, die ich bisher im Lager getroffen, haben mir nun zwar den Lauf der Dinge ungefähr erzählt bis kurz vor Belisars Verhaftung. Aber von dem Hergang bei dieser und von den späteren Dingen haben sie offenbar keine genauere Kunde. Du aber... —«

»Ja, ich weiß diese Sachen: so gut fast wie mein Herr. Denn ich war selbst dabei.«

»Ist’s möglich? Belisar wirklich ein Verschwörer gegen Justinian? Nie hätt’ ich’s geglaubt.«

Syphax lächelte schlau: »Darüber hat Syphax kein Recht, zu urteilen: ich kann nur genau sagen, was geschah.

Nun höre, aber tritt ins Zelt und labe dich, mein Herr würde schelten, ließ ich dich hier draußen, unverpflegt, und es spricht sich auch sichrer drinnen«, fuhr er fort, den Zeltvorhang hinter dem Eintretenden schließend.

Während er nun den Gast seines Herrn auf den Feldstuhl nötigte und mit Früchten und Wein versah und bediente, hub er an zu erzählen: »Bei Einbruch der Nacht jenes Schicksalstages kauerte ich in einer Nische des Muschelhauses des Photius, des Freigelassenen Belisars, hinter der hohen Statue eines Christenheiligen, dessen Namen ich nicht weiß, der aber einen sehr löblich breiten Rücken hat. Zugedeckt von seinen Schultern konnte ich durch eine Lücke oben in der Mauer spähen, die dem Saale frische Luft zuführen soll.

Bei schwacher Beleuchtung erkannte ich Photius und eine Anzahl vornehmer Männer, die ich oft in dem Kaiserpalast oder in Belisars Haus oder bei Prokopius hatte aus— und eingehen sehen. Das erste, was ich verstand — denn mein Herr hat mich die Sprache der Griechen, die sich ‘Romäer’ nennen, lernen lassen — war das Wort des Hausherrn an einen Eintretenden: Freue dich: Belisarius kommt. Nachdem er mich gestern früh kaum eines Blickes gewürdigt, als ich ihn erwartungsvoll in der Ringschule des Zenon anhielt, sprach er mich heute abend selber an, da ich an der offnen Türe seines Hauses lauernd langsam vorüberschritt. Denn ich wußte, daß er gegen Abend wiederkommen werde von der Jagd mit den persischen Leoparden. Vorsichtig drückte er mir dies Wachstäfelchen in die Hand, umspähend, ob ihn niemand sehe. Hier aber steht: ‘Nicht länger widersteh’ ich eurer Werbung. Neue Gründe zwingen mich. Ich komme heute.’

‘Aber wo ist Piso, wo Salvius Julianus, wo die andern jungen Römer?’ fragte Photius.

‘Sie kommen wohl nicht’, sprach der Eintretende. ‘Ich sah sie fast alle auf Booten im Bosporus. Sie sind wohl zu einem Schmause nach des Präfekten Villa vor dem Tor des Constantin gesegelt.’

‘Laß sie, wir brauchen sie nicht, die brutalen Latiner, nicht den stolzen und falschen Präfekten: Belisar wiegt wahrlich mehr als sie.’

Da trat Belisarius ein. Er trug einen weiten, seine Gestalt verhüllenden Mantel.

Der Hausherr eilte ihm entgegen, alle drängten sich ehrfurchtsvoll um ihn. ‘Großer Belisarius’, sprach der Freigelassene, ‘wir wissen diese deine Tat zu würdigen. Du bist erschienen: — so bist du unser Haupt.’

Und er drängte ihm den kleinen Elfenbeinstab auf, den der Leiter der Versammlungen führt, und geleitete ihn an den erhöhten Sitz des Vorstehers der Gesellschaft, den er selbst eben verlassen. ‘Sprich — befiehl — handle — wir sind bereit.’

‘Ich werde handeln zur rechten Zeit’, sprach finster Belisarius und ließ sich auf dem Ehrensitz nieder.

Da eilte verwirrten Haares und fliegenden Gewandes der junge Anicius in das Gemach, ein Schwert in der Hand. ‘Flieht’, rief er, ‘wir sind entdeckt und verraten.’

Belisar erhob sich gespannt.

‘Man ist in mein Haus gedrungen. Meine Sklaven sind gefangen. Eure Waffen, die ich geborgen, sind gefunden und — aus sicherstem, nur mir bekanntem Versteck — eure Briefe und Urkunden und ach! auch meine Briefe verschwunden. Aber noch mehr. Als ich in den Hain des Constantinus bog, der dieses Haus umgibt, glaubte ich, in den Gebüschen Waffen und Männer klirren und flüstern zu hören. Man ist mir gefolgt; rettet euch.’

Die Verschwornen stoben nach den Türen.

Nur Belisarius blieb ruhig stehen vor dem Ehrensitz.

‘Faßt euch’, mahnte der Hausherr, ‘nehmt euch ein Beispiel an eurem Haupt und Helden.’

Aber da scholl vor der großen Haustüre der Ruf der Tuba: für mich das Zeichen, meinen Späherposten zu verlassen und mich meinem Herrn anzuschließen, der an der Spitze der kaiserlichen Lanzenträger und Goldschildner mit dem Präfekten von Byzanz und mit Leo, dem Archon der Palastwache, in das Haus stürmte, dessen Fenster und Türen alle umstellt wurden.

Prachtvoll sah er aus, mein Gebieter«, rief Syphax begeistert, »als er, vom purpurnen Helmbusch umflattert, die rotschimmernde Fackel in der Linken, das Schwert in der Rechten, in das Gemach stürmte: so mag der Feuerdämon aussehn, wenn er in Afrika aus dem flammenden Berge taucht.

Ich zog das Schwert und sprang an seine linke Seite, den fehlenden Schild zu ersetzen.

Und er hatte mir geboten, den jungen Anicius gleich unschädlich zu machen. ‘Nieder mit jedem, der widersteht’, gebot Cethegus, ‘im Namen Justinians.’ Sein Schwert war über und über rot, denn mit eigner Hand hatte er die Leibwächter niederstoßen helfen, die Belisar am Ausgang des Hains aufgestellt hatte.

‘Ergebt euch’, rief er den Erschrockenen zu, ‘und du, Archon des Palastes, verhafte alle die Verschwörer, verstehst du? Alle.’

‘Ist’s möglich? Schändlicher Verräter!’ schrie der junge Anicius und sprang mit dem Schwerte gegen meinen Herrn. ‘Ja, das ist der purpurfarbne Helmbusch: stirb, Mörder meines Bruders.’

Aber schon lag er schwer getroffen zu unsern Füßen, ich riß mein Schwert aus seiner Brust und entwaffnete Photius, der allein noch Widerstand wagte. Die andern ließen sich greifen wie vom Gewitter betäubte Hammel.

‘Brav, Syphax! Durchsucht seine Kleider nach Geschriebenem! Nun bist du fertig, Archon?’ fragte mein Herr.

Der Archon hatte scheu vor Belisar haltgemacht, der in seiner Ruhe verharrte. ‘Wie?’ zweifelte er jetzt, ‘soll ich auch den Magister Militum? —’

‘Alle, habe ich gesagt. Verstehst du nicht mehr griechisch? Du siehst ja —: ihr alle seht es —: er ist das Haupt der Verschwörung, er trägt den Stab, er steht an dem Ehrenplatz.’

‘Ha’, schrie nun Belisarius, ‘steht es so? Wachen herbei! Helft, meine Leibwächter, Marcellus, Barbatio, Ardaburius!’

‘Die Toten hören nicht, Magister Militum. Gib dich gefangen! In des Kaisers Namen! Sieh hier sein großes Siegel! Er hat mich für heute nacht zu seinem Stellvertreter ernannt, und tausend Lanzen starren um diesen Saal.’

‘Treue ist Wahnsinn’, rief Belisar, warf das Schwert weg und hielt die starken Arme dem Archonten hin, der ihn fesselte.

‘In den Kerker alle Gefangenen. Photius und Belisar, getrennt, in den Rundturm des Anastasius, im Palaste selbst. Ich eile zum Kaiser, bringe ihm seinen Ring und dieses Eisen’, er hob das Schwert des Belisar vom Boden, ‘und melde ihm, daß er ruhig schlafen kann. Die Verschwörung ist aus. Das Reich ist gerettet.’

Schon am andern Morgen begannen die Verhöre in dem Hochverratsprozeß. Viele Zeugen wurden vernommen: auch ich. Ich beschwor, daß ich Belisar als Haupt der Verschwörung hatte begrüßt werden und handeln sehn. Das Wachstäfelchen hatte ich selbst aus des Photius Kleidern gezogen.

Belisar wollte sich auf das Zeugnis seiner Leibwächter berufen: aber sie lagen alle tot.

Auf der Folter gestanden Photius und andere Gefangene, daß Belisar endlich eingewilligt habe, das Haupt der Verschwörung zu werden. Antonina wurde streng in dem roten Hause bewacht. Die Kaiserin weigerte ihr die stürmisch verlangte Unterredung.

Sehr schwer belastete es sie selbst wie Belisar, daß Späher der Kaiserin beschworen, sie hätten den jungen Anicius, in dessen Zisterne man die Waffen und Urkunden der Verschwörer gefunden, und der mit Gewalt hatte gebändigt werden müssen, wochenlang viele Nächte heimlich in Belisars Haus schleichen sehen: und daß dies Anicius selbst, Antonina und Belisar hartnäckig und unverschämt leugneten, während es ganz zweifellos bewiesen war, empörte die Richter aufs äußerste.

Ich mußte Antonina gleich nach der Verhaftung Belisars von meinem Herrn melden, daß dieser im höchsten Grade überrascht gewesen, Belisar wirklich als Haupt der Verschworenen anzutreffen, und ihr zugleich sagen, nicht bloß Briefe des Hasses habe Cethegus in der Zisterne des Anicius gefunden. Bei diesem meinem Wort, das ich selber nicht verstand, sank die schöne Frau ohnmächtig zusammen.

Übrigens brachen wir von Byzanz auf, ehe noch das Urteil über Belisar gefällt war. Nur Photius und die meisten Verschworenen waren bereits zum Tode verurteilt, als wir uns mit der kaiserlichen Flotte einschifften nach Epidamnus, wo meines Herrn Kriegstribunen und Söldner und starke, ursprünglich für den Perserkrieg bestimmte Streitkräfte des Kaisers auf uns harrten.

Denn meinem Herrn war die neu geschaffene Würde eines Magister Militum per Italiam verliehen und der Befehl über das ‘erste Heer’. Das ‘zweite’ soll uns Prinz Areobindos nachführen, wenn er das leichte Geschäft vollbracht hat, mit fünffacher Übermacht die kleinen gotischen Besatzungen in den paar Städten von Epirus und den Inseln zu bezwingen. Die sind verloren, wie Sandkörner, die in das Meer gefallen.«

»Was verlautet von der Belisar drohenden Strafe? Ich hätte es nie geglaubt, daß dieser Mann... —«

»Die Richter werden ihn gewiß zum Tode verurteilen: denn er ist schlagend überführt. Und man streitet, ob in dem Kaiser der Romäer die alte Gnade siegen werde oder der neue Zorn. Man meint: er werde die Todesstrafe in Blendung und Verbannung umwandeln. Sehr schlimm für Belisar, sagt mein Herr, dies unsinnige Leugnen. Und ihm fehlt als Rechtsbeistand und kluger Helfer sein Freund Prokopius, der fern in Asien die Bauwerke des Kaisers aufsucht.

Cethegus aber betrieb die Einschiffung des Heeres zu Epidamnus so geheim, daß die dummen Goten hier bei Ancona kaum davon vernahmen. Auch bauten sie auf den Waffenstillstand und erwarteten den bevorstehenden Friedensschluß. Den Vorwand für die Flottenrüstung gewährten Verheerungen, die fremde Schiffe aus Thuleland auf den Inseln des Kaisers anrichteten. So überfiel mein Herr die gotische Flotte in der Nacht, während die Bemannung auf dem festen Lande schlief: und fast ohne Blutvergießen nahm, verbrannte, versenkte er über vierhundert ihrer Kiele.

Aber horch: — das ist mein Herr —: ich kenne seinen Gang —: so schreitet nur noch in meiner Heimat der Löwe von Auras.«

Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
30 ağustos 2016
Hacim:
1270 s. 1 illüstrasyon
Telif hakkı:
Public Domain
Metin
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