Kitabı oku: «Ein Kampf um Rom», sayfa 69
»Cethegus!« sprach Julius, »mir graut. Das ist die furchtbarste Gotteslästerung, die ich je gehört.«
Totila wandte sich schaudernd ab und warf das Schwert in die Scheide.
»Wer so denkt«, rief er, »ist genug bestraft. Doch, Präfekt von Rom: — du kennst noch das Ende deiner Taten nicht. Erwarte es: vielleicht glaubst du dann an den rächenden Gott.«
»Das Ende meiner Taten«, lachte Cethegus, »ist mein Tod. Das weiß ich längst. Ob ich ihn nun finde auf dem Throne nur des Okzidents oder des Weltkreises, ob in verlorner, ob in siegreicher Schlacht, ob durch Beil oder Schwert: — das ist für unsre Gottesfrage gleich. Und wenn es eine Hölle gäbe — wohlan: auch an den Kaukasus geschmiedet blieb Prometheus er selbst. Aber genug der Worte und übergenug. Hierher zu mir, an meine Brust, Julius, denn du bist mein.«
»Ich bin Gottes des Herrn, nicht dein!« sprach Julius, bekreuzigte sich und trat einen Schritt von ihm zurück.
»Du bist mein Sohn — gehorche mir.«
»Du aber bist Gottes Sohn gleich mir. Du verleugnest — ich bekenne unsern Vater. Für immer sag’ ich mich los von dir.
Denn wenn, wie unser Glaube lehrt, ein Luzifer lebt, der Dämonen Oberster, der lichte Morgenstern, der stärkste, der herrlichste der Geister Gottes, der aus Stolz und Gottesleugnung herabgesunken ist zur Hölle — dann bist du es, entsetzlicher Mann.«
»Ha, aber Luzifer ward aus einem Diener des Himmels ein Kaiser: ob zwar ein Kaiser der Hölle. Lieber als im Himmel der Zweite, in der Hölle der Erste. Folge mir.« Und hingerissen von Leidenschaft, zog er den Mönch am Arm auf seine Seite herüber.
Da blitzten zum drittenmal Totilas Schwert und das Schwert des Präfekten.
Und diesmal ward es Ernst: nicht gelang es Julius mehr, die Grimmen zu scheiden.
Totila schlug gegen des Präfekten Stirn: der Hieb war zu stark, ganz abgewehrt zu werden: der Helm flog dem Römer rücklings vom Haupt und Blut schoß aus seiner Wange.
Der Gegenstoß des Präfekten drang durch Totilas Mantel: zwar hielt der Ringpanzer die Spitze auf, aber von der Kraft des Stoßes flog Totila einen halben Schritt zurück.
Tödlich drohte der nächste Zusammenstoß zu werden: — Schilde fehlten ja beiden.
Und nochmals prallten sie zusammen: ein Weheschrei des Mönches, der sich zwischen sie warf, hätte sie kaum noch getrennt — des Präfekten Schwert hatte ihm die hemmende linke Hand gestreift —: aber nun wurden beide Kämpfer auseinandergerissen von Männern, die, unbeachtet von den drei im leidenschaftlichen Ringen Wogenden, die Tempelstufen in den letzten Augenblicken emporgeeilt waren.
Totila von Thorismut und Wisand, Cethegus von Licinius und Syphax.
»Die Verstärkungen sind da und wichtige Kunde aus dem Süden«, rief Graf Thorismut. »Graf Wisand kam als Bote von Guntharis. Komm rasch zurück: die Schlacht steht bevor.«
»Komm rasch zurück ins Lager!« rief Licinius Cethegus zu, »das ‘zweite Heer’ ist da.«
»Mit Areobindos?«
»Nein, Herr«, rief Syphax: »die Kaiserin Theodora ist plötzlich gestorben: Narses ist der gesendete Feldherr: und er kommt mit hunderttausend Mann.«
»Narses?« frug Cethegus erbleichend, »ich komme! Auf Wiedersehn, Julius, mein Sohn!«
»Ich bin Gottes Sohn!«
»Er ist mein!« rief Totila, ihn umschlingend.
»Wohlan: der Kampf um Rom wird auch diesen Kampf entscheiden. Aus der Barbaren Lager hol’ ich dich heraus.«
Und er eilte die Stufen hinab.
Gleich darauf sprengte Cethegus mit den Seinen nach Norden, Totila und Julius mit den Ihrigen nach Süden in ihre Lager.
DREIUNDZWANZIGSTES KAPITEL
Der Präfekt fand in seinen Zelten noch nicht Narses selbst, auch keine Boten dieses Feldherrn, was ihn erstaunte: Piso und Salvius Julianus, die er mit dringender Mahnung an Areobindos nach Ancona entsendet hatte, waren schon bei Cale auf die Vorhut des Narses — germanische Reiter, wie sie sagten — gestoßen und hatten von diesen und einem byzantinischen Archon Basiliskos Dinge erfahren, die sie zur schleunigsten Umkehr bewogen, Cethegus zu warnen.
»Ja, er hat mich offenbar überraschen wollen«, sprach Cethegus nachsinnend: »aber warte nur, Narses«, schloß er grimmig. »Auch Belisar stand mit Übermacht bei Capua: und ich hab’ ihn doch gemeistert, solang er im Lande war und zuletzt hinausgeschoben aus meinem Italien. Laß sehn, ob der Krüppel stärker ist als der löwenherzige Held.«
»Sei vorsichtig, mein Feldherr«, warnte Piso. »Es liegen schlimme Dinge in der Luft: — es wird schwül über deinem Haupte. Dieser Basiliskos, des Narses Vertrauter — ich kenne ihn von Byzanz her — war mir höchst unheimlich.« —
»Ja«, fügte Salvius Julianus bei, »er war so einsilbig: nichts war aus ihm herauszuforschen, als was er selbst mitzuteilen wünschte.« — »Mehr, als wir von ihm, erkundeten unsere Sklaven von den seinen.« — »Aber als der Führer der Germanenreiter dazukam, wie sie plauderten, schlug er einen Diener des Basiliskos tot auf dem Fleck.« — »Da wurden die Lebendigen so stumm wie ihr toter Kamerad.« — »Zusammenhanglos, widerspruchsvoll, verworren ist, was wir so erkundeten.« — »Fest steht nur: in Byzanz muß ein plötzlicher Umschwung aller Dinge eingetreten sein.« — »Und zwar noch am Tage deines Abgangs aus der Stadt.« — »Die Kaiserin, flüsterten die einen, habe sich selbst in Kohlendunst erstickt.« — »Der Prozeß gegen Belisar«, schaltete der Jurist ein, »ist in ein neues Stadium getreten, auf Antrag Tribonians, sagt man, oder Prokops habe der Kaiser das Urteil des Senates vernichtet.« — »Man nannte die Namen: Narses, Antonina, Anicius, Prokopius in unklarem Zusammenhang.« — »Der Prinz Areobindos soll erkrankt und deshalb durch Narses ersetzt sein.« — »Aber ich besorge: an dieser Krankheit sterben eher andre Leute als der Statthalter über die Schnecken.«
»Und meine vierzehn Boten an das zweite Heer?« forschte Cethegus, die Stirn furchend.
»Ich glaube«, argwöhnte Licinius, »Narses hat sie festnehmen lassen, sowie sie eintrafen.« — »Die Germanenreiter lachten so höhnisch, als ich nach ihnen fragte«, bestätigte Julianus. »Narses ist wirklich mit einem Heere, wie es noch niemals der Kaiser des Geizes gespendet hat, aus den Toren von Byzanz gezogen.« — »Und wahr ist alles, was du als unmöglich verworfen, o Feldherr.« — »Nicht nach Epidamnus ging Narses: — die dort stehenden und die übrigen Truppen des Areobindos, unbedeutend im Vergleich mit seinem kolossalen Heer, hat er zur See den jonischen Busen hinauf nach Pola in Istrien beordert. Er selbst zog auf dem Landweg, in Eilmärschen, in das gotische Dalmatien, rollte vor sich her, wie der Sturm die dürren Blätter, die wenigen Tausendschaften der Barbaren dort im Lande auf, nahm Salona, Scardona, Jardera.« — »Ja, und ein furchtbares System befolgt er dabei. Er läßt, wohin er kommt, nicht einen Goten: alle, auch Weiber und Kinder, läßt er greifen und zu Schiff sofort nach Byzanz in die Sklaverei führen. So geht er, wie eine zermalmende, eiserne Walze, dahin über das Gotenvolk, und wo Narses vorübergezogen, lebt kein Gote mehr in Stadt und Land.«
»Das ist gut«, sagte Cethegus, »das ist groß.«
»Er hat geschworen bei dem Zepter Justinians, sagt man, nicht zu rasten, bis kein freier Gote mehr im Orbis Romanus lebt. Und in der Schlacht macht er keine Gefangenen.«
»Das ist gut«, sagte Cethegus.
»In Pola mit dem ‘zweiten Heer’ vereinigt, brach er in das gotische Venetien ein und durchzog das Land mit breitester Stirn, mit dem rechten Flügel umschwenkend — der linke diente als Drehpunkt: von der See im Süden bis an die Berge im Norden: wie eine wandelnde Mauer von Erz alles vor sich niederwerfend oder aus dem flachen Lande in die Städte drängend, die, eine nach der andern, rasch fielen.
‘Denn die Belagerung versteht mein Narses wie kein andrer’, sprach Basiliskos, der diese kriegerischen Ereignisse ohne Rückhalt erzählte. ‘Sie sind bald auch dem Präfekten kein Geheimnis mehr’, lächelte er boshaft, ‘so wie meines Narses großer strategischer Gedanke.’ Narses sprach: ‘Italien ist ein Stiefel: man muß von oben nach unten hineinfahren. Mein heftiger Kollege Belisar war so töricht, von unten, bei dem kleinen Zeh, hineinschlüpfen zu wollen. Drängt man«, fuhr er fort, »die gotischen Flöhe von unten, vom Wasser her, nach oben, nach den Bergen, ins Trockne, so sterben sie nicht.
Umgekehrt, von den Bergen, vom Trocknen, von oben her, nach unten, in das Wasser, muß man sie allmählich treiben und schieben. Und zuletzt wirft man den Rest, wo das Land schmal zu Ende läuft, alle zusammen ins Wasser, daß sie elend ersaufen.’ Denn die Flotte hat er ihnen ja schon genommen — gestohlen freilich mehr als geraubt! — der vortreflliche ‘Magister Militum per Italiam’, so schloß Basiliskos.«
»Man flüstert«, schaltete Julianus ein, »diese Würde sei schon längst wieder aufgehoben.«
»Davon müßte doch ich, dieser Würde Träger, auch wissen.«
»Wer weiß: man raunt, du seist abgesetzt. Narses habe geheime Aufträge vom Kaiser — versiegelt — mitbekommen, die er erst nach Vernichtung des Königs Totila zu öffnen und zu vollziehen habe.«
»Wer sagte das?« frug Cethegus rasch. »Basiliskos selbst?«
»O nein: der spricht nur vom Krieg. Nein, der eine Sklave. Und gerade, da der Germanenführer dies vernommen, schlug er ihm mit seiner Keule den Schädel ein.«
»Das ist schade«, sagte Cethegus nachsinnend, »das heißt, er schlug zu früh.«
»’Es war’, fuhr Basiliskos fort uns zu erzählen, ‘ein herrlich Schauspiel, dieser alles umspannende, alles erdrückende Marsch. Den linken Flügel im Süden als feststehenden Angelpunkt an das Meer gelehnt, das die starke Flotte sperrte, schwenkte der rechte, der bis an die Alpenpässe im Norden reichte und sie durch starke Wachen schloß, von rechts nach links herab nach Süden ein. Wie der Vogelsteller sein Schlagnetz zusammenschlägt ob den ängstlich hüpfenden, flatternden Vögelein, und ist kein Entrinnen vor ihm.
Nur über Tridentum und Bolzanum hinaus nach Norden und gegen die Täler der Athesis und der Passara hinaus entrannen einige Tausende der Barbaren mit Weib und Kind. Und sie schlugen, verstärkt durch die Besatzung von Castrum Teriolis bei Mansio Majä, den verfolgenden Archonten Zeuxippos, daß er schleunigst zur Hauptmacht zurückkehrte.
Aber mit Ausnahme von diesen in die Berge entkommenen Haufen und von Verona lebt kein Gote mehr hinter Narses’ Rücken, soweit er bis jetzt gedrungen: Aquileja, Concordia, Forum Julii, Ceneta, Tridentum, Tarvisium, Comaclum fielen vor Narses.
Er eilte nach Ravenna. Schleunigst entwichen die gotischen Belagerer, nach Westen ausbeugend, vor der ungeheuren Übermacht solchen Entsatzheeres. In Ravenna versöhnte er sich mit dem blutigen Johannes...’ —«
»Das glaub’ ich nicht«, unterbrach Cethegus. »Johannes ist der eifrigste Anhänger Belisars. Er haßt Narses mehr als Belisar selbst diesen anfeindet.«
»Ja, so zweifelten auch wir: ‘und doch hat ihn Narses gewonnen’, lächelte Basiliskos: ‘ihr werdet noch mehr Dinge erleben, ihr römischen Ritter und Kriegstribunen, von Narses, die ihr jetzt nicht ahnt.’
Und richtig ist, daß Johannes unter Narses dient, wie früher unter Belisar: er befehligt seine Leibwache und die Hunnen.«
Cethegus schüttelte staunend den Kopf.
»’Leider aber verunglückte’ — so erzählte Basiliskos uns weiter«, fuhr Piso fort — »’bald nach dem Aufbruch aus Ravenna Martinus, der Geschützmeister.’«
»Was?« frug Cethegus staunend. »Auch Martinus, das Werkzeug, das Geschöpf, der Rechenmeister Belisars diente unter Narses? — Hier liegt, ihr habt recht, ein sehr großes Geheimnis.« —
»’Nämlich hinter Ravenna’, berichtete uns Basiliskos, ‘stieß Narses auf den ersten starken Widerstand. Nicht durch Krieger, sondern durch Werke des Barbarenkönigs. Dieser hat, durch seinen Feldherrn Teja, ein höchst geschickt ersonnenes Verteidigungssystem herstellen lassen, das Italien gegen einen Angriff vom Norden her sichern sollte; in Ämilia ist es schon vollendet — zum Glück war es noch unfertig in Venetia: sonst wäre auch die Übermacht des Narses nicht so rasch vorgedrungen: — er hat durch Verhaue und Gräben alle wichtigsten Übergänge der Höhenzüge und Straßen so meisterhaft gedeckt, daß ganz geringe Kräfte den Marsch des größten Heeres tagelang hinter jedem solchem Hindernis aufzuhalten vermögen.
Mit Bewunderung erkannte Narses diese Anlagen. »Dieser Totila ist ein viel größter Feldherr als Antoninas Gemahl!« rief er. Er hatte auch durch die Ämilia mit breitester Stirn nach Süden ziehen wollen, alles gotische Leben erdrückend.
Er mußte aber seinen Plan, von Ravenna westlich in das Innere des Landes zu marschieren, aufgeben, nachdem bei einem Versuch, ein solches Bollwerk bei Imola auf geheimnisvolle Weise zu zerstören, Martinus ein geheimnisvolles Ende fand. Als Narses ratlos vor der Feste stand und aussprach, sein ganzer Plan könne an diesen Stockungen scheitern und — zum erstenmal auf dem Feldzug — vor Erregung von seiner bösen Krankheit »Epilepsis« niedergeworfen wurde, da sprach Martinus zu Johannes, der sich eine tüchtige Brustwunde bei seinem abgeschlagenen Sturm geholt hatte: »Der Rächer Belisars soll nicht durch diese Steine aufgehalten werden, wenn Martinus richtig gerechnet hat. Freilich«, sagte er, »das letzte Experiment im kleinen mißlang und hätte mir fast den Kopf weggerissen, aber es gilt, Belisar zu rächen, und dafür wag’ ich gern meinen Kopf.« Und in der Nacht schlich sich Martinus mit einigen Steinarbeitern an die Felswände hinan und bohrte an ihnen ein kleines Loch.
Aber plötzlich wurden wir alle aus unsern Zelten geschreckt durch einen furchtbaren Knall, desgleichen wir nie vernommen.
Wir eilten an die Felswand.
Diese war freilich auseinander gesprengt, als hätte sie der Blitz getroffen: — aber nicht von oben nach unten, von unten nach oben. Die gotische Besatzung auf den Wällen war zerrissen: aber auch schrecklich verstümmelt und ganz schwarz lagen unser armer Martinus — sein kluger Kopf zwölf Schritte von dem kleinen Körper — und alle seine Arbeiter.’«
»Rätselhaft!« sagte Cethegus. »Kennt man die Erfindung?«
»Nein, er hat sie mit ins Grab genommen. Er sagt ja: er war noch nicht ganz mit ihr fertig. In seinem Zelte fand man ein Häufchen kleiner Körnchen, wie schwarzes Salz, welches Narses eifrig ihm noch in der Nacht zu bringen befahl. Aber auf dem Wege fiel ein Funke von der Pechfackel des Trägers auf die offene Schale: und hell auflodernd puffte und flammte das Gift in die Höhe: doch diesmal ohne Knall und ohne Schaden.«
»Hätt’ ich doch dieses schwarze Salz«, seufzte Cethegus. »Dann wehe Narses und Byzanz.«
»Ja: ähnlich mag Narses gedacht haben«, lächelte Piso. »Denn nach des Basiliskos Bericht durchsuchte und durchstöberte er alle Schalen und Schreibereien des Verunglückten. Aber ohne Erfolg.«
»’Imola hatten wir nun zwar’, fuhr Basiliskos fort zu erzählen«, so berichtete Salvius Julianus. »’Aber schon ganz in der Nähe, bei Castrum Brintum, lag wieder eine solche Wegsperre. Und kein Martinus lebte mehr, sie zu sprengen. Ratlos hielt Narses inne.’
‘Johannes’, fragte er endlich, ‘du kennst genau den Küstenweg von Ravenna südöstlich bis Ancona?’ — ‘Ja’, erwiderte dieser, es war der Weg meiner schönsten Siege unter Belisar. — ‘Und dort werden die Wegsperren fehlen’, frohlockte Narses, ‘weil der Barbarenkönig die zahlreichen natürlichen Wegsperren, die Flüsse, die von Westen her in den Meerbusen münden, durch seine Flotte zu beherrschen glaubte. Die Flotte hat uns der Präfekt von Rom freundschaftlich aus dem Wege geräumt. Wendet! Brecht das Lager ab; wir ziehen hart an der Küste nach Südosten.’ — ‘Wie willst du über die brückenlosen Flüsse setzen?’ fragte Basiliskos staunend. ‘Die Brücken, Freund, tragen wir auf den Schultern mit uns.’«
»Darauf bin ich gespannt«, unterbrach Cethegus.
»’Und so zogen wir denn zuerst ostwärts’, schloß Basiliskos seinen Bericht, ‘an die Küste und von hier aus ganz hart an der See nach Süden, geführt von Johannes. Die Flotte aber segelte dicht an der Küste, mit dem Landheer gleichen Schritt haltend, und wo ein Fluß das Landheer zu hemmen drohte, sandte die Flotte zahllose kleine Boote stromaufwärts, und auf diesen setzten die Truppen über. Und wenn zwei Flüsse durch nur kurze Strecken Landes getrennt waren, trugen Roß und Mann die leichten Fahrzeuge auf Rücken und Schultern von Fluß zu Fluß.
So zogen wir denn über den Sapis nach dem alten Ficocle, über die drei Arme des cäsarischen Rubico, über einen mir unbekannten Fluß und über den Ariminus nach Ariminum, wo Usdrila, der Goten tapfrer Führer, im Ausfall umkam.
Aber auf der flaminischen Straße vorzudringen war unmöglich. Diese sperrte das feste Petra pertusa; so wandten wir uns denn nach Südwesten und zogen über den Metaurus gegen den Apennin, zu Hilfe dem Präfekten von Rom und Statthalter von Italien, das aber andere Leute haben, dem großen Magister militum per Italiam, der aber nur ein kleines Heer hat, auf daß nicht König Totila und Graf Teja von Tarentum ihn samt euch, ihr edeln römischen Ritter, erdrücken wie die Mühlsteine das Korn.’«
»Daß aber deine Boten festgehalten wurden zu Epidamnus... —« fuhr Piso fort.
»Allerdings, es kam keiner zurück, auch die nicht, denen ich schleunige Umkehr befohlen«, sprach Cethegus nachsinnend.
»Das schließe ich daraus, daß auch uns der schlaue Byzantiner, unter höflichsten Formen, das gleiche tun wollte. Er wollte uns durchaus zu Narses, weiter von dir fort, geleiten lassen. Vor unsre Zelte setzte er uns Germanen als ‘Ehrenwachen’, und als wir, die Absicht erkennend, zur Nacht aus unsern Zelten eilten und aus dem Lager, da schossen unsre Ehrenwachen uns, zum Ehrenabschied, noch ihre Pfeile nach, töteten zwei unsrer Sklaven und verwundeten mein Pferd.«
»Ich sollte also durchaus überrascht werden von dem großen Epileptiker: — ferngehalten werden von ihm bis zum letzten möglichen Augenblick. — Gut. Syphax, mein Pferd: Wir reiten noch heut’ nacht Narses entgegen.«
»O Herr«, flüsterte leise der Maure, der die Unterredung mit angehört, »hättest du mich, wie ich dich bat, nach Epidamnus geschickt!«
»Dann hätten sie auch dich eingesperrt, wie die andern Boten.«
»Herr, in Afrika haben wir ein gutes, altes Sprichwort: wenn das Feuer aus dem Berge nicht zu dir kommt, sei froh: und gehe nicht der Lava entgegen.«
»Das könnte man ins Christliche übertragen«, lächelte Piso: »wenn der Teufel dich nicht holen soll, such’ ihn nicht auf. Wer reitet von selber in die Hölle?«
»Ich! Und zwar schon seit ziemlich langer Zeit«, sprach Cethegus, »lebt wohl, ihr römischen Kriegstribunen. Licinius vertritt mich hier im Lager bis zu meiner Rückkehr. Auch der Barbarenkönig weiß jetzt wohl schon von Narses’ Nähe und Macht. Er greift in der Nacht heute nicht an, wie damals in Rom.«
Als die römischen Ritter das Zelt verlassen, sprach Cethegus zu Syphax: »Schnalle mir den Harnisch ab.«
»Wie, Herr? Du reitest nicht in Belisars, in Narses’ Lager reitest du.«
»Ebendeshalb! Fort mit dem äußern Brustharnisch. Reiche mir das Schuppenhemd, das ich unter der Tunica trage.«
Syphax seufzte tief auf. »Jetzt wird es Ernst. Jetzt, Hiempsals Sohn, sei wachsam!«
VIERUNDZWANZIGSTES KAPITEL
Die Nacht über ritt Cethegus mit geringer Begleitung, in tiefes Sinnen versunken, Narses entgegen. Auf der Tribunen Mahnung, das Gefolge zu vermehren, hatte er erwidert: »Hunderttausend kann ich doch nicht mitnehmen!«
Bei grauendem Morgen stieß er bei Fossa nova auf den Vortrab des anrückenden Heeres. Es waren wild aussehende Reiter, von deren spitz zulaufenden Helmen schwarze Roßschweife auf die Wolfsfelle über ihren Rücken flatterten: sie führten Ringpanzer, breite Schlachtschwerter und lange Lanzen: Arme und Beine nackt, nur an dem linken Fuß, an Riemen befestigt, einen Sporn: ohne Sattel saßen sie sehr sicher auf ihren starken Pferden.
Der Führer der Reiter — er trug einen reich vergoldeten Plattenpanzer und statt des Roßschweifs zwei Geierflügel auf dem Helm — jagte pfeilschnell auf seinem roten Roß heran und hielt erst dicht vor Cethegus, der an seines kleinen Zuges Spitze ritt: lange, rote Haare, auf der Stirn gescheitelt, flogen um seine Wangen, und der Schnurrbart hing, in zwei schmalen Streifen, von dem Munde auf die Brünne: aus dem hellgrauen Auge blitzte Kühnheit und Verschlagenheit.
Eine Weile maßen sich die beiden Reiter mit forschenden Blicken. Endlich rief der mit dem Geier-Helm: »Das muß Cethegus sein! — der Beschirmer Italiens.«
»Der bin ich.«
Und der andere riß sein Pferd herum und jagte davon, noch schneller als er gekommen, über die Stellung seiner Reiter hinaus auf ein Waldstück zu, aus dessen Rändern man nun Fußvolk in dichten Reihen heranrücken sah.
»Und wer seid ihr? und wer ist euer Führer?« fragte Cethegus in gotischer Sprache die Reiter, welche er nun erreichte.
»Wir sind Langobarden, Cethegus, in Narses’ Dienst«, antwortete auf Lateinisch der Gefragte, »und jener dort ist Alboin, unseres Königs Sohn.«
»Also darum, Licinius, hast du deine Mühe verloren!«
Schon sah Cethegus von ferne des Narses offne Sänfte herannahen. Sie war vom einfachsten Holz, ohne Zierat: nur eine Wolldecke, statt der üblichen Purpurpolster, lag darin. Nicht von Sklaven, von erlesenen Soldaten, denen diese Ehre abwechselnd zur Belohnung eingeräumt wurde, ließ sich der Krüppel tragen.
An seiner Seite ritt mit gezogenem Schwerte Alboin und flüsterte ihm zu: »Also du willst wirklich nicht, Narses? Der Mann scheint mir gefährlich, sehr. Du brauchst nicht zu sprechen — ein Zucken deiner Wimper und es ist geschehen.«
»Laß ab zu drängen, du Zukunft der Langobarden.
Ich könnte sonst glauben: du willst den Mann nicht mir, sondern dir selber aus dem Wege räumen.«
»Wir Söhne der Cambara haben ein Sprichwort: Erschlagner Feind hat noch selten gereut.«
»Und wir Romäer haben ein anderes«, sagte Narses: »Wirf die Leiter erst um, wann erstiegen der Wall.
Erst, mein eifriger, junger Freund, laß uns Totila durch Cethegus vernichten. Der kennt Rom, Italien und die Goten doch noch besser als Alboin, der Roßhändler. Was diesen Exmagister militum per Italiam selber anlangt, so ist sein Geschick besiegelt... —«
Alboin sah ihn fragend an.
»Aber auch noch versiegelt. Zur rechten Stunde werd’ ich es ihm eröffnen und vollenden.«
Gleich darauf hielt Cethegus neben der Sänfte. »Willkommen, Narses«, sprach er: »Italien begrüßt den größten Feldherrn des Jahrhunderts als seinen Befreier.«
»Laß das gut sein. Mein Kommen hat dich wohl überrascht?«
»Wer einen Areobindos als Helfer erwartet und einen Narses statt dessen findet, kann nur erfreut sein. Aber, allerdings«, fügte er lauernd bei, »da Belisarius begnadigt ist, hätte auch er, seinem Wunsche gemäß, nach Italien gesendet werden können.«
»Belisar ist nicht begnadigt«, sagte Narses kurz.
»Und meine Gönnerin, die Kaiserin... — wie starb sie so plötzlich?«
»Das weiß genau nur sie selber.
Und jetzt vermutlich die Hölle.«
»Hier liegt ein Geheimnis«, sagte Cethegus.
»Ja: — doch lassen wir’s liegen.
Kein Geheimnis aber mehr ist dir, daß jetzt Narses in Italien steht. Bekannt ist dir wohl von früher, daß Narses niemals geteilten Heerbefehl führt. Der Kaiser hat dich mir unterstellt mit dem ‘ersten Heer’. Willst du unter mir in meinem Lager dienen, so soll mich’s freuen: denn du verstehst den Krieg, Italien und die Goten. Willst du nicht, so entlasse deine Söldner: — ich brauche sie nicht. Ich befehlige einhundertzwanzigtausend Mann.«
»Du trittst mit großen Mitteln auf«
»Ja: denn ich habe große Zwecke. Und nicht kleine Feinde.«
»Du bist den Goten stark überlegen— wenn sie nicht auch ihr Südheer aus Regium hierher ziehen.«
»Das können sie nicht. Denn ich habe auch vor dem Hafen von Rom und auf der Höhe von Regium zwei Geschwader mit zwanzigtausend kreuzen lassen, die das gotische Südheer vollauf beschäftigen.«
Cethegus staunte. Das war wieder eine Überraschung.
»Du aber wähle«, sprach Narses, »bist du mein Gast oder mein Unterfeldherr? Ein Drittes gibt es nicht in meinem Lager.«
Cethegus übersah klar die Lage. Er war Unterfeldherr oder — Gefangener. »Es ehrt mich, unter dir zu dienen, nie besiegter Perser-Überwinder.« — »Warte nur«, dachte er: »auch Belisar trat auf als mein Herr, zu Rom ward ich der seinige.«
»Wohlan«, befahl Narses, dessen Sänfte während der Unterredung auf die hohen, stelzengleichen Tragestangen war niedergestellt worden: »so ziehen wir gemeinsam gegen die Barbaren. Tragt euren Vater wieder, liebe Kinder.«
Und die Krieger traten wieder an die Sänfte.
Cethegus wollte bei dem Aufbruch sein Pferd an die rechte Seite des Feldherrn lenken. Aber in sehr gutem Latein rief ihm Alboin zu:
»Nichts da, Herr Römer. Mich nennt man die rechte Hand des Narses. Der Ehrenplatz ist mein: — die linke, die Unheilseite, ist noch frei. Wir haben sie für dich aufgehoben.«
Schweigend ritt Cethegus auf die linke Seite.
»Ich weiß nicht«, sagte er zu sich selbst, »ob diese rechte Hand vor ihrem Haupte oder nach ihm fallen muß! Am besten zugleich.«
Am Abend dieses Tages noch erreichte das Heer des Narses die Stellungen zwischen den Bergen von Helvillum und von Taginä.