Kitabı oku: «Ein Kampf um Rom», sayfa 73
FÜNFUNDDREISSIGSTES KAPITEL
»Und weil diese eine Rose geknickt, leugnest du den Sommer und den Sonnenschein?« fragte Totila, »und glaubst, ein blindes Ungefähr beherrscht die Welt?«
»Das glaub’ ich nicht. Ewige Notwendigkeit seh’ ich im Gang der Sterne da oben; und das gleiche, ewige Gesetz lenkt unsre Erde und die Geschicke des Menschen.«
»Aber dies Gesetz ist ohne Sinn?« fragte Julius.
»Nicht ohne Sinn, nur hat es nicht den Sinn und Zweck unsres Glückes. Sich selbst zu erfüllen ist sein einziger, hoher, geheimnisvoller Zweck. Und wehe den Toren, die da wähnen, ihre Tränen werden gezählt jenseits der Wolken. Oder auch vielleicht wohl ihnen —: ihr Wahn beglückt sie!«
»Und dein Denken«, sprach Julius, »beglückt nicht. Ich sehe nicht ein, wofür, wozu du lebst, bei solcher Anschauung.«
»Das will ich dir sagen, Christ. Das Rechte tun, was Pflicht und Ehre heischen, ohne dabei auf tausendfache Verzinsung jeder Edeltat im Jenseits hinüber zu schielen: Volk und Vaterland, die Freunde männlich lieben und solche Liebe mit dem Blut besiegeln. Das Schlechte in den Staub treten, wo du es findest: — denn daß es schlecht sein muß, macht es nicht minder häßlich. Du tilgst auch Natter und Nessel, obwohl sie nicht dafür können, daß sie nicht Nachtigall und Rose — und dabei allem Glück entsagen, nur jenen tiefen Frieden suchen, der da unendlich ernst und hoch ist wie der prächtige Himmel, und wie leuchtende Sterne gehen darin auf und nieder traurige, stolze Gedanken —, und dem Pulsschlag des Weltgesetzes lauschen, der in der eignen Brust wie in dem Sterngetriebe geht, — auch das, Christ, ist ein Leben — des Lebens wert.«
»Aber schwer«, seufzte Totila, »unendlich schwer; zu schwer für Menschenkraft. Nein, Teja, und kann ich nicht mit meinem frommen Freund in allen Stücken des Glaubens teilen, der die Zeit beherrscht, das ist doch ewig wahr, weil es meine Seele nicht entbehren kann; es lebt ein güt’ger Gott, der das Gute beschirmt und das Böse bestraft. In dieses gerechten Gottes Hand befehl’ ich auch mich und unsres Volkes gerechte Sache. Und in diesem Glauben seh’ ich morgen unsrem Sieg getrost entgegen. Das Recht ist mit mir —, das Recht kann nicht erliegen.«
»Das Recht erliegt oft vor dem Unrecht: Witichis vor Cethegus!«
»Ja, auf Erden«, fiel Julius ein: »denn nicht hier ist unsre Heimat. Es gibt ein Jenseits, in welchem alles sich gerecht erfüllt.«
»Das müßte sein, und klug ist die Vertröstung«, sprach Teja, sich erhebend, einen bittern Zug um den schön und edel geschnittenen Mund. »Nur kann man das nicht denken — nur träumen. Und ich für mein Teil, ich habe genug. Ich wünsche nicht zu erwachen zu neuem Leben, wann mir dereinst der Speer im Herzen steckt.«
Da trat Graf Thorismut, von seinem Ritt zurückgekehrt, ins Gemach und sprach: »Getrost, Herr König, ich habe selbst noch einmal nachgesehen. Die Reiter des Korsen stehen auf dem rechten Fleck bereit. Schon sind auch die ersten seiner nachrückenden Hunderte eingetroffen. Aber dreihundert der Tapfersten erwartet er noch; du mögest morgen den Angriff der Langobarden hinhalten, bis er ihr Eintreffen dir melden lasse: ‘Sie sind die grimmigsten’, sprach Furius, ‘sie dürfen mir nicht fehlen’.«
»Wohlan«, rief heiter lächelnd Totila, den Goldpokal erhebend, »das will ich wohl durch Reiterkunst erreichen; und nun den letzten Becher! Suchen wir das Lager. Willst du, Teja? Die Schlacht von Taginä morgen entscheide unsern Streit. Ein wahres Gottesurteil! Ein Urteil Gottes selber, ob er lebt! Ich sage: es lebt ein Gott — drum siegt die gute Sache.«
»Haltet ein«, rief Julius bewegt, »ihr sollt nicht Gott versuchen!«
»Siehst du«, sagte Teja aufstehend und den Schild auf den Rücken werfend — »ihm bangt für seinen Gott.«
SECHSUNDDREISSIGSTES KAPITEL
Leuchtend stieg am andern Morgen die Sonne am Himmel empor, und ihre ersten Strahlen fanden das Lager der Goten schon in kriegerischer Bewegung.
Als der König aus seinem Hause auf den Marktplatz von Taginä trat, eilten ihm Herzog Adalgoth, Graf Thorismut und Phaza, der Arsakide, der treu ergebene Gefangene von Neapolis, entgegen: »Heil, Herr, und Sieg. Hier sendet dir deine Braut dein milchweißes Schlachtroß und deine Waffen, reich geschmückt zum Siege.«
Und der König setzte auf das lang wallende Goldhaar den blitzenden, offenen, visierlosen Helm mit dem hoch ragenden Silberschwan, um dessen Hals und gewölbte Flügel Valeria ein Geflecht von roten Rosen gewunden. Und er streichelte Hveit-fulas glänzenden Bug, dem Valeria Mähne und Schweif mit hochroten Bändern und goldenen Borten durchflochten hatte.
Klirrend schwang er sich in den Sattel.
Ein Mariskalk führte noch zwei Ersatzpferde für den König: darunter Pluto, des Präfekten unwillig schnaubenden Rappen.
Von seinen Schultern floß der weit wehende weiße Mantel, von einer breiten, schweren, mit Edelsteinen besetzten Riegelspange unter der Kehle zusammengehalten. Sein Panzer war von glänzendem Silber, reich mit Gold eingelegt, den fliegenden Schwan darstellend; die Enden des Harnisches, an den Armen, dem Halse und um den Gürtel, waren mit Purpurseide eingefaßt. Die Arme und Beine zeigten den Wappenrock von silberweißer Seide, der auch die Hüften bedeckte. Breite, goldne Ringe und Kampfhandschuhe schützten die Arme, Beinschienen die Knie und die Vorderseite der Füße. Der schmale, zierlich geschweifte, längliche Schild zeigte in drei Feldern Silber, Gold, Purpur und den fliegenden Schwan von weißer Lasur in dem Goldfeld. Purpurfarben und mit Silber besetzt waren Behäng und Riemenzeug des Rosses. In der Rechten schwang er den Speer, an dessen Spitze Valeria vier langflatternde Wimpel von purpurnen und weißen Bändern angebracht hatte, — fröhlich flatterten sie im Morgenwind.
So geschmückt und schimmerstrahlend ritt der König durch die Straßen von Taginä an der Spitze seiner Reiter: Graf Thorismut, Phaza, der Armenier, und Herzog Adalgoth, auch Julius beritten in seinem Gefolge; dieser ohne Trutzwaffen, aber mit dem Schilde von Tejas Waffengeschenk.
Niemals hatte er so herrlich in Schönheit geleuchtet.
Und alles Volk begrüßte ihn auf seinem Ritt mit jubelndem Zuruf. An dem Nordtor von Taginä ritt ihm Aligern entgegen.
»Du solltest ja auf dem rechten Flügel fechten«, fragte der König. »Was führt dich zu mir?«
»Mein Vetter Teja hat befohlen«, sprach Aligern, »ich sollte in deiner Nähe bleiben und dein Leben hüten.«
»Der unermüdlich Treubesorgte!« rief der König.
Aligern schloß sich an sein Gefolge.
Graf Thorismut übernahm nun in dem Städtlein den Befehl über das in den Häusern verborgene Fußvolk.
Vor dem Nordtor von Taginä ritt der König die Stirn seiner nicht starken Reiterschar ab und enthüllte jetzt den Reiterführern seinen Plan. »Ich mute euch das Schwerste zu, Waffenbrüder: Flucht. Aber die Flucht ist nur Schein, die Wahrheit ist euer Mut: — und der Feinde Verderben.«
Und nun ritt das kleine Geschwader auf der flaminischen Straße über die Stelle des Hinterhalts zwischen den beiden Hügeln vorbei. Der König überzeugte sich, daß des Korsen Perserreiter wachsam in beiden Hügelwäldern lauerten; zur Rechten von Furius selbst, zur Linken von ihrem Häuptling Isdigerd geführt.
In Caprä durchs Südtor eingeritten, schärfte Totila dem hier verteilten Fußvolk der Bogenschützen unter Graf Wisand, dem Bandalarius, nochmal ein, erst wann die persischen Reiter ihren Angriff auf die Langobarden gemacht, aus den Häusern, wo sie bis dahin verborgen lagen, wie aus dem Südtor vorzubrechen und Alboin im Rücken zu fassen, indes aus Taginäs Nordtor das speertragende Fußvolk entgegenstürme.
»So werden die Langobarden und was etwa von des Narses Fußvolk nachdringt, zwischen Caprä und Taginä von allen vier Seiten zugleich umfaßt und erdrückt, von mir und Thorismut von vorn, von Furius und Isdigerd aus den Flanken, von Wisand im Rücken. Sie sind verloren.«
»Sieht er nicht aus wie der Sonnengott?« fragte Adalgoth entzückt den Mönch.
»Still! keinen Götzendienst mit Sonne oder Menschen. Und heut’ ist Sonnenwende!« antwortete dieser.
Nun erreichte der König das Nordtor von Caprä, ließ es öffnen und sprengte mit seiner dünnen Schar auf das weite Blachfeld vor Caprä gegenüber Helvillum.
Hier hielt das Mitteltreffen des Narses gerade gegenüber. In erster Reihe Alboin mit seinen langobardischen Reitern: hinter diesen, in weitem Zwischenraum, Narses in seiner Sänfte, umgeben von Cethegus, Liberius, Anzalas und andern Führern.
Narses hatte eine böse Nacht, mit leichten Krampfanfällen, hinter sich: er war schwach und konnte sich nicht lange stehend erhalten in seiner zu Boden gestellten, offenen Sänfte. Er hatte Alboin noch einmal eingeschärft, nicht anzugreifen ohne ausdrücklichen Befehl.
König Totila gab nun seinen Reitern das Zeichen: und im Trabe ging die schmale Reihe gegen die gewaltige Übermacht der Langobarden vor. »Sie werden uns doch nicht den Schimpf antun, mit den paar Lanzen uns anzugreifen!« rief Alboin.
Angriff schien zunächst nicht des Königs Zweck.
Er war den Seinen, die plötzlich halt gemacht, weit vorangeritten und zog nun aller Augen durch seine Reiter— und Fechterkunst auf sich. Den Byzantinern war das Schauspiel, das er gewährte, so wundersam, daß die Augenzeugen es mit Staunen Prokop berichteten, der, selber staunend, uns davon erzählt. »An diesem Tage«, schreibt er, »wollte König Totila seinen Feinden zeigen, welch ein Mann er sei. Seine Waffen, sein Roß schimmerten von Gold. Von der Spitze seines Speers flatterten der schimmernden Purpurwimpel so viele, daß schon dieser Schmuck von fern den König verkündete. So pflog er, auf herrlichem Roß, in der Mitte zwischen beiden Schlachtreihen, kunstvollen Waffenspiels. Er ritt bald Kreise, bald zierliche Halbkreise zur Rechten und Linken, warf im Galopp den bänderreichen Speer hoch über sein Haupt in die Luft und fing ihn, ehe der zitternde niederfiel, geschickt in der Mitte des Schaftes, bald mit der Rechten, bald mit der Linken: und er zeigte so vor den staunenden Heeren seine Reit— und Waffenkunst.« Nach der Schlacht erfuhren übrigens auch die Byzantiner, daß die Absicht, Zeit zu gewinnen, bis eine erwartete Schar Reiter einträfe, der ernste Grund des heitern Spiels gewesen.
Eine Weile sah sich Alboin dies mit an. Dann rief er dem neben ihm haltenden Langobardenführer zu: »Der reitet in die Schlacht, wie zur Hochzeit geschmückt. Welch kostbares Rüstzeug! Das sieht man nicht bei uns daheim, o Vetter Gisulf! Und noch immer nicht angreifen dürfen! Schläft denn Narses wieder?«
SIEBENUNDDREISSIGSTES KAPITEL
Endlich sprengte ein persischer Reiter, durch die Reihe der Goten sich Bahn brechend, an den König heran: er brachte eine Meldung und jagte spornstreichs zurück.
»Nun endlich!« sprach Totila, »jetzt ist’s genug des Spiels! — Tapfrer Alboin, Audoins Sohn«, rief er laut hinüber, »so willst du wirklich für die Griechen fechten, gegen uns? Wohlan, so komm, Königssohn —: dich ruft ein König!«
Da hielt sich Alboin nicht länger: »Mein muß er werden mit Panzer und Roß«, schrie er und sprengte mit eingelegter Lanze wütend heran.
Totila brachte, mit leisestem Schenkeldruck, sein tänzelndes Pferd plötzlich zum Stehen: er schien den Stoß erwarten zu wollen. Schon war Alboin heran. Da: — abermals ein leiser Schenkeldruck und ein feiner Seitensprung des Pferdes: — und an Totila vorbei sauste der Langobarde. Im Augenblick aber war Totila in seinem Rücken — und ohne Mühe hätte er ihn mit dem gezückten Schwert von hinten durchbohrt.
Laut auf schrien die Langobarden und eilten ihrem Königssohn zu Hilfe.
Aber Totila schwenkte die Lanze in seiner Hand herum und begnügte sich, mit dem stumpfen Schaftende dem Gegner einen solchen Stoß in die linke Seite zu geben, daß er auf der rechten Seite aus dem Sattel zur Erde flog.
Ruhig ritt darauf Totila zu seiner Reihe zurück, den Speer über dem Haupte schwenkend.
Alboin war wieder zu Pferd gestiegen und führte nun den Angriff seiner Geschwader auf die schwache gotische Reihe.
Aber bevor der Anprall erfolgte, rief der König: »Flieht! Flieht in die Stadt!« warf sein Roß herum und jagte davon, auf Caprä zu. Eilfertig folgten ihm seine Reiter.
Einen Augenblick stutzte Alboin verblüfft. Aber gleich darauf rief er: »Es ist nicht anders. Es ist eitel Flucht! Da rennen sie schon in das Tor. Ja, Reiterkunststücke und Kampf sind zweierlei. Nach, meine Wölflein! Hinein in die Stadt.«
Und sie sprengten auf Caprä los, rissen das von den Fliehenden nur zugeworfene, nicht verriegelte Nordtor auf und jagten durch die lange Hauptstraße auf das Südtor zu, durch welches eben die letzten Goten verschwanden.
Narses hatte sich in seiner Sänfte mühsam aufrecht erhalten bis jetzt und alles mit angesehen. »Halt«, rief er nun heftig. »Halt! Blast die Tuba! Blast zum Halten! Zum Rückzug! Es ist die plumpste Falle der Welt! Aber dieser Alboin meint, es muß Ernst sein, wenn einer vor ihm läuft.«
Aber die Trompeter hatten gut blasen. Das Siegesgeschrei der verfolgenden Langobarden übertönte das Signal: oder die es hörten, verachteten es.
Stöhnend sah Narses die letzten Reihen der Langobarden in dem Tore von Caprä verschwinden.
»Ach«, seufzte er, »so muß ich sehenden Auges eine Torheit begehen. Ich kann sie nicht untergehen lassen für ihre Dummheit, wie sie es verdienten. Ich brauche sie noch. Also vorwärts, im Namen des Unsinns! Bis wir sie einholen, können sie schon halb zerhauen sein. Vorwärts, Cethegus, Anzalas und Liberius, mit den Isauriern, Armeniern und Illyriern. Hinein nach Caprä. Aber bedenkt, die Stadt kann nicht leer sein! Es ist eine Falle, in die wir jenen Stieren nachspringen, mit sehenden Augen. Meine Sänfte folgt euch. Aber ich kann nicht mehr stehen.« Und er lehnte sich müde zurück: ein leiser Schauer, wie er ihn oft in der Aufregung ergriff, schüttelte ihn.
Im Sturmschritt eilte des Cethegus und Liberius Fußvolk gegen die Stadt: beide Führer ritten voraus.
Inzwischen hatten Fliehende und Verfolger das schmale Städtlein durchflogen, auch die letzten Langobarden Caprä durcheilt und die ersten derselben mit Alboin die Stelle der flaminischen Straße halbwegs vor Taginä erreicht, wo die beiden Waldhügel links und rechts die Straße einengten.
Noch eine Pferdelänge floh der König : dann hielt er, wandte sich und winkte. Adalgoth an seiner Seite stieß ins Horn —: da brach aus dem Nordtor von Taginä Thorismut mit den Speerträgern: und aus dem Doppelhinterhalt stürzten von links und rechts, mit gellendem Zinkengeschmetter, die persischen Reiter des Korsen.
»Jetzt kehrt, meine Goten, vorwärts zum Angriff! Jetzt wehe den Getäuschten.«
Ratlos blickte Alboin nach allen drei Seiten. »So übel sind wir noch nirgends reingetrabt, meine Wölflein!« sagte er. Er wollte zurück. Aber aus dem Südtor von Caprä, den Rückweg sperrend, brach nun gotisches Fußvolk.
»Jetzt heißt’s nur noch lustig sterben, Gisulf. Grüße mir Rosimunda, wenn du davonkommen solltest.« Und so wandte er sich gegen einen der Reiterführer mit reichem, offnem Goldhelm, der nun die Straße erreicht hatte und gerade auf ihn einsprengte.
Schon waren sie ganz nahe aneinander: da rief der mit dem Goldhelm: »Wende, Langobarde! Dort stehen unsre gemeinsamen Feinde. Nieder mit den Goten.«
Und schon durchrannte er einen gotischen Reiter, der Alboin bedrohte.
Und schon hieben auf beiden Seiten die persischen Reiter, an den Langobarden vorüberjagend, auf die entsetzten Goten ein.
Einen Augenblick noch hielten diese, überrascht, inne.
Aber als sie sahen, daß es kein Mißverständnis war — daß der Hinterhalt ihnen, nicht den Langobarden galt —, da riefen sie: »Verrat! Verloren!« und stoben, diesmal in unverstellter Flucht, zurück gegen Taginä, alles mit sich fortreißend, ihr eigenes, eben aus dem Tore rückendes Fußvolk niederreitend.
Auch aus des Königs Antlitz wich die Farbe, als er den Korsen an der Seite Alboins auf die Goten einhauen sah.
»Ja, das ist Verrat!« rief er. »Ah, der Tiger! Nieder mit ihm!« Und er sprengte auf den Korsen los. Aber bevor er ihn erreichen konnte, war von der linken Seite her Isdigerd, der Perser, mit seiner Schar, zwischen dem König und dem Korsen, auf die Straße gestürmt. »Auf den König!« rief er den Seinigen zu. »Alle Wurfspeere auf den König! Der dort, der Weiße! mit dem Schwanenhelm! Alle auf den.«
Ein Hagel von Wurfspeeren sauste durch die Luft.
Im Nu starrte des Königs Schild von Geschossen.
Da erkannte auch der Korse von weitem die hohe, die leuchtende Gestalt. »Er ist’s! Mein muß sein Herzblut werden.« Und er bahnte sich einen Weg durch seine und Isdigerds Reiter. Nur einige Pferdelängen trennten noch die ergrimmten Feinde. Vorher traf noch Totila auf Isdigerd. Augenblicks flog dieser, vom König durch Hals und Genick gestoßen, tot vom Pferd.
Alsbald mußten nun Totila und Furius sich begegnen.
Schon hob der Korse zielend den Wurfspeer: er zielte auf das offene, ungedeckte Antlitz des Königs.
Aber plötzlich war der leuchtende Schwanhelm verschwunden und der helle Mantel.
Zwei Wurfspeere hatten des Königs weißes Roß niedergestreckt und gleichzeitig ein dritter seinen Schild durchbohrt und seinen Schildarm schwer getroffen. Roß und Reiter stürzten.
Wild jauchzten die Perser Isdigerds und drangen ein: auch Furius und Alboin spornten ihre Rosse vor.
»Schont des Königs Leben! Nehmt ihn gefangen! Er hat auch mich verschont!« rief Alboin.
Denn tief gerührt hatte ihn, was ihm Gisulf erzählt, der Totila deutlich die Lanzenspitze mit dem Schaftende vertauschen gesehn.
»Nein! Nieder mit dem König!« rief Furius.
Und schon war er heran und warf den Speer auf den Verwundeten, den eben Aligern auf des Präfekten Rappe hob und aus dem Gefecht führen wollte. Jenen ersten Wurfspeer des Korsen fing Julius mit dem trefflichen Schilde Tejas auf. Furius ließ sich einen zweiten Wurfspeer reichen und zielte auf das Gedränge um den König: Phaza, der Arsakide, wollte den Speer mit dem Schilde fangen, aber durch Schild und Panzer flog er, der wutbeflügelte, ihm ins Herz.
Da schwang Furius, der sein Roß nun ganz nahe herangespornt hatte, den langen, krummen Säbel gegen den König. Jedoch ehe der Streich fiel, flog der Korse rücklings aus dem Sattel. Der junge Herzog von Apulien hatte ihm den Fahnenspeer mit aller Kraft gegen die Brust gerammt, daß der Schaft brach.
Allein nun geriet Totilas Banner — das kunstvolle und kostbare Werk Valerias und ihrer frommen Schar — in äußerste Gefahr in Adalgoths Hand. Denn alle Reiter drängten jetzt auf den kühnen, jungen Fahnenträger ein: — der Beilhieb des Langobarden Gisulf traf den Schaft, der nochmal splitterte. Rasch entschlossen riß Adalgoth das Seidentuch von der gebrochenen Fahnenstange und barg es fest im Schwertgurt.
Nun war Alboin heran und rief dem König zu:
»Gib dich gefangen, Gotenkönig: mir, dem Königssohn.«
Da war Aligern mit seiner Arbeit, den König auf des Präfekten Rappen zu heben, fertig: er wandte sich gegen den Langobarden. Dieser wollte des Königs Flucht hemmen und doch den König nicht töten; er führte, sich tief vorbeugend, einen Speerstoß gegen den Rappen, der dessen Hinterbug traf. Aber im gleichen Moment schlug ihn Aligern durch den geiergeflügelten Helm: betäubt wankte er im Sattel.
So gewannen, nachdem die Führer der Verfolgung für den Augenblick gelähmt, Adalgoth, Aligern und Julius Zeit, den König aus dem Getümmel zu führen bis an das Nordtor von Taginä.
Hier hatte Graf Thorismut seine Speerträger wieder geordnet.
Der König wollte daselbst den Kampf leiten, aber er vermochte kaum, sich im Sattel zu halten. »Thorismut«, befahl er, »du hältst Taginä; Caprä wird einstweilen verloren sein. Ein Eilbote holt Hildebrands ganzen Flügel zurück hierher: es muß die Straße nach Rom um jeden Preis gehalten werden. Teja ist, wie ich erfahren, schon mit seinem Flügel im Gefecht —: Deckung des Abzugs nach Süden —: das ist die letzte Hoffnung.« Und das Bewußtsein verging ihm.
Graf Thorismut aber sprach: »Ich halte Taginä mit meinen Speerträgern bis auf den letzten Mann. Reiter kommen mir nicht herein: die Perser nicht und die Langobarden nicht: ich decke dem König Leben und Rücken, solang ich eine Hand heben mag. Schafft ihn weiter zurück —: auf die Berge dort, ins Kloster — aber rasch! —: Denn schon naht dort, aus dem Südtor von Caprä, die Entscheidung —: des Narses Fußvolk, und seht dort —: Cethegus der Präfekt mit den Isauriern. Caprä und unsere Schützen sind verloren.«
Und so war es.
Wisand hatte, dem Befehle gemäß, Caprä nicht verteidigt, sondern Cethegus und Liberius eindringen lassen: erst als sie darin waren, begann der Straßenkampf und bedrohte zugleich die Langobarden-Reiter auf der Straße, indem er eine Tausendschaft gegen sie aus dem Südtore schickte.
Aber da der Angriff der Perser auf dem Hinterhalt die Goten traf, nicht die Langobarden, da jene, Alboin und Furius vereint, die wenigen Gotenreiter vernichteten oder zerstreuten und der Angriff der Speerträger von Taginä her ausblieb, wurden die gotischen Schützen zuerst in Caprä selbst, dann auf der flaminischen Straße zwischen Caprä und Taginä von der furchtbaren Übermacht rasch erdrückt.
Verwundet entkam, wie durch ein Wunder, Wisand nach Taginä und meldete dort die Vernichtung der Seinen. Des Narses Sänfte wurde nach Caprä eingetragen: und der Sturm der Illyrier auf Taginä begann. Graf Thorismut widerstand heldenhaft: er focht, den Goten den letzten Ausweg zu decken.
Bald wurde er durch Tausendschaften von Hildebrands in Eile herangezogenem Flügel verstärkt, während den größten Teil seiner Truppen der alte Waffenmeister südlich hinter Taginä herum auf die Straße nach Rom führte.
Eben als der Sturm auf Taginä beginnen sollte, traf Cethegus auf Furius und Alboin, die sich von ihren Stößen erholt hatten. Cethegus hatte das allentscheidende Eingreifen des Korsen erfahren. Er schüttelte ihm die Hand.
»Siehe da, Freund Furius: endlich doch auf der rechten Seite — gegen den Barbarenkönig.«
»Er darf nicht lebend entkommen«, knirschte der Korse.
»Was? Wie? Er lebt noch? Ich denke — er fiel?« forschte Cethegus hastig.
»Nein, sie haben ihn noch herausgehauen, den Wunden.«
»Er darf nicht leben«, rief Cethegus, »du hast recht! Das ist wichtiger, als Taginä erobern. Diese Heldentat kann Narses von der Sänfte aus vollbringen. Sie sind siebzig gegen sieben. Auf, Furius: wozu stehen deine Reiter hier müßig?«
»Die Gäule können nicht die Mauern hinaufreiten.«
»Nein, aber schwimmen können sie. Auf, nimm du dreihundert, gib mir dreihundert. Zwei Wege führen links und rechts vom Städtlein über — nein! die Brücken haben sie abgebrochen — also: durch den Clasius und durch die Sibola — laß ihn uns verfolgen. — Gewiß ist der wunde König... — kann er noch kämpfen?«
»Schwerlich.«
»Dann ist er über Taginä geflüchtet worden — nach Rom oder —«
»Nein, zu seiner Braut!« rief Furius: »Gewiß zu Valeria ins Kloster. Ha, in ihren Armen will ich ihn erdolchen! Auf, ihr Perser, folgt mir. Dank, Präfekt! Nimm Reiter, soviel du willst. Und reite du rechts. Ich reite links um die Stadt: denn zwei Wege führen nach dem Kloster.« Und schon war er, links abschwenkend, verschwunden.
Cethegus redete den Rest der Reiter persisch an und befahl ihnen, ihm zu folgen. Dann ritt er zu Liberius heran und sprach: »Ich fange den Gotenkönig.« — »Wie? Er lebt noch? Dann eile.«
»Nimm du einstweilen dies Taginä«, fuhr Cethegus fort: »ich lasse dir meine Isaurier.« Und er sprengte mit Syphax und dreihundert Persern, rechts umschwenkend, davon.
Einstweilen hatten den wunden König die Freunde durch Taginä hinaus in ein kleines Piniengehölz an der Straße gebracht, wo er aus einer Quelle trank und sich etwas erholte. »Julius«, mahnte er, »reite hinauf zu Valeria. Sag’ ihr, diese Schlacht sei verloren: aber nicht das Reich, nicht ich, nicht die Hoffnung. Ich reite, sowie ich mich gekräftigt, hinauf nach der Spes bonorum: in jene feste hohe Stellung habe ich Teja und Hildebrand beschieden nach Lösung ihrer Aufgaben. Geh, ich bitte, tröste die Geliebte und bringe sie selbst aus dem Kloster dorthin. Du willst nicht? Dann reit’ ich selbst den steilen Weg ins Kloster: nimm mir das doch ab.«
Nicht gern schied Julius von dem Wunden.
»O hebe mir Helm und Mantel ab: sie sind so schwer«, bat dieser, Julius löste ihm beide.