Kitabı oku: «Kirchliches Arbeitsrecht in Europa», sayfa 9
2. Die Stellung der Kirchen unter dem Grundgesetz
Das gegenwärtige deutsche Staatskirchenrecht steht als Folge der vorangehend skizzierten historischen Entwicklung auf zwei verfassungsrechtlichen Fundamenten: Einerseits garantiert Art. 4 Abs. 1 und 2 GG als Grundrecht die Religionsfreiheit. Dabei ist für das Wirken der Kirche und den ihr zugeordneten Einrichtungen dessen spezifische Ausprägung der korporativen Religionsfreiheit maßgeblich. Andererseits bestimmen die durch Art. 140 GG inkorporierten Kirchenartikel der Weimarer Reichsverfassung das institutionelle Grundverhältnis von Staat und Kirche.269 Insoweit ist das den Kirchen in Art. 137 Abs. 3 WRV garantierte Selbstbestimmungsrecht von zentraler Bedeutung.
Beide Gewährleistungen sind letztlich unterschiedliche Akzentuierungen derselben verfassungsrechtlich gewährten Freiheit.270 Die inkorporierten Kirchenartikel der WRV gewährleisten die für die Ausübung der Religionsfreiheit nach Art. 4 Abs. 1 und 2 GG förderlichen institutionellen Rahmenbedingungen.271 Im institutionellen Verständnis des Staatskirchenrechts ist aber Art. 137 WRV als Kernbestimmung272 anzusehen, da es die Grundprinzipien des staatskirchenrechtlichen Systems des Grundgesetzes enthält.
a) Korporative Religionsfreiheit, Art. 4 Abs. 1 und 2 GG
Leitender Bezugspunkt des staatskirchenrechtlichen Systems des Grundgesetzes ist Art. 4 Abs. 1 und 2 GG.273 Es handelt sich um ein einheitliches274 Grundrecht, das die Freiheit des Glaubens und des religiösen Bekenntnisses, sowie die ungestörte Religionsausübung schützt. Es ist in erster Linie Abwehrrecht gegenüber staatlicher Einflussnahme auf religiöse Überzeugungen und ihre Betätigung.275 Auch die Religionsgemeinschaften selbst sind vom persönlichen Schutzbereich erfasst und können sich entsprechend auf die korporative Religionsfreiheit berufen.276 Dies gilt auch, wenn sie – wie die verfassten Kirchen – als Körperschaften des öffentlichen Rechts nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV organisiert sind.277 Da Art. 4 GG keine ausdrückliche Schrankenregelung enthält, können grundsätzlich nur Rechte mit Verfassungsrang grenzziehend wirken.278 Der Ausübung der korporativen Religionsfreiheit dient im Wesentlichen das in Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV garantierte kirchliche Selbstbestimmungsrecht.279 Im Zusammenhang mit dessen Darstellung soll das Verhältnis zu Art. 4 Abs. 1 und 2 GG thematisiert werden.
b) Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 WRV - Fundament des deutschen Staatskirchenrechts
aa) Systematische Einordnung im Grundgesetz
Den Weimarer Kirchenartikeln kommt die gleiche Normqualität wie den sonstigen Bestimmungen des Grundgesetzes zu; mit ihrer Inkorporation durch Art. 140 GG sind sie vollgültiges Verfassungsrecht geworden.280 Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass sie im eher unscheinbaren Kapitel XI. der „Übergangs- und Schlussbestimmungen“ des Grundgesetzes aufgeführt sind. Daraus wird lediglich gefolgert, dass ihnen keine Grundrechtsqualität zukommt.281
Gemeinsam mit Art. 4 Abs. 1 und 2 GG bildet Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 ff. WRV ein organisches Ganzes.282 Der Bedeutungsgehalt der Weimarer Kirchenartikel hat sich daher gewandelt.283 Mit ihrer Inkorporation erhielten sie durch ihren engen Zusammenhang mit Art. 4 Abs. 1 und 2 GG einen neuen Kontext, der im Rahmen einer systematischen Auslegung Berücksichtigung finden muss.284 Dies hat das Bundesverfassungsgericht mit dem Interpretationsprinzip der Einheit der Verfassung begründet.285 Borowski veranschaulicht dies mit dem Ausdruck der „interpretatorischen Wechselwirkung“286. Daraus folgt insbesondere, dass sich die herausragende Bedeutung der Grundrechte im Grundgesetz – und damit auch der Glaubensfreiheit – im Verständnis der Weimarer Kirchenartikel zu manifestieren hat; insbesondere dem Umstand, dass durch Art. 4 Abs. 1 und 2 GG die Religionsfreiheit ohne Gesetzesvorbehalt gewährt wird, ist Rechnung zu tragen.287
bb) Die grundlegenden staatskirchenrechtlichen Elemente des Grundgesetzes
Das staatskirchenrechtliche System Deutschlands ist im Wesentlichen durch das Verbot einer Staatskirche und die Grundsätze der Neutralität und Parität konstituiert. Diese Prinzipien stehen in enger Verbindung zueinander und ergänzen sich.
(1) Verbot der Staatskirche
Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 1 WRV trifft die knappe, aber folgenreiche Aussage: „Es besteht keine Staatskirche.“ Darin liegt die Grundsatzentscheidung des deutschen Staatskirchenmodells. Eine institutionelle Verbindung zwischen staatlichen Organen und den Kirchen ist infolgedessen untersagt.288 Eine Zuordnung Deutschlands zu den Trennungssystemen im Sinne der grundlegenden Schematisierung von Staatskirchenmodellen wäre jedoch unscharf und vernachlässigte die feineren Akzentuierungen.289 Zwar besteht das Prinzip der Nichtidentifikation des Staates mit einer bestimmten Glaubensrichtung, doch muss dieser offen sein für das Phänomen Religion und darf es nicht ausgrenzen.290 So bestehen verfassungsrechtliche Ausnahmen der Trennung, wie etwa kooperative Strukturen beim Religionsunterricht291 oder die Religionsgemeinschaften zugestandene Möglichkeit zur Erlangung des Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 WRV. Es besteht somit auch ein Verhältnis von wechselseitiger Zugewandtheit und Kooperation zwischen Staat und Kirchen.292 Der Trennung wird aus diesem Grund ein wohlwollender und freundlicher Akzent beigemessen.293 Dies begründet einen elementaren Wesensunterschied gegenüber einem staatskirchenrechtlichen Gefüge im Sinne einer laizistischen Trennung.294 Als Folge dessen wird das deutsche Staatskirchensystem häufig dem gewissermaßen zwischen Trennungssystem und Staatskirchentum stehenden Kooperationsmodell zugerechnet.295
(2) Neutralität und Parität
Die Grundsätze der Neutralität296 und Parität297 als weitere staatskirchenrechtliche Grundsätze stehen mit dem Verbot der Staatskirche in engem Zusammenhang. Der Staat ist zur religiös-weltanschaulichen Neutralität verpflichtet, weil er nur so „Heimstatt aller Staatsbürger“298 sein kann. Daraus resultieren die Prinzipien des Beeinflussungs-299 und Identifikationsverbotes300. So dürfen staatliche Institutionen keine religiösen Überzeugungen und Ansichten vertreten und nicht Partei für eine Religionsgemeinschaft ergreifen.301 Auch ist dem Staat eine Einmischung in religiöse und weltanschauliche Fragestellungen der Kirchen untersagt. Als wesentliche Konsequenz darf er daher auch keine eigenständige Bewertung religiös geprägter Sachverhalte vornehmen, da ihm aufgrund seiner säkularen Natur keine Kompetenz für religiöse Angelegenheiten zukommt.302 Dieser Aspekt tangiert bereits den Gehalt des Selbstbestimmungsrechts aus Art. 137 Abs. 3 WRV.
Als Konsequenz aus dem Neutralitätsgebot erwächst zugleich auch der Grundsatz der Parität, der eine rechtliche Gleichbehandlung der Kirchen und Religionsgemeinschaften fordert und letztlich auch im allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG wurzelt.303 In diesem Sinne ist aber keine pauschale Gleichbehandlung gefordert, vielmehr können durch tatsächliche Verschiedenheiten der Religionsgemeinschaften begründete Differenzierungen geboten sein.304 Daraus folgt eine exponierte staatskirchenrechtliche Stellung der beiden christlichen Kirchen, die Ausdruck ihrer besonderen kulturellen und sozialen Bedeutung ist.305
cc) Das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen
Das in Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV normierte Selbstbestimmungsrecht der Religionsgemeinschaften ist für das Wirken der Kirchen in Deutschland von herausragender Bedeutung und schafft die Grundlage zur Erfüllung ihres Auftrags in der Welt. Danach „ordnet und verwaltet jede Religionsgesellschaft ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes“. Diese Garantie fungiert als Vervollkommnung des Verbots der Staatskirche und zieht die Konsequenzen aus dem Strukturprinzip der Neutralität.306 Durch die Freiheit der Ordnung und Verwaltung ihrer Angelegenheiten wird die Unabhängigkeit der Kirche von staatlicher Einflussnahme untermauert. Daher hat Johannes Heckel Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV in einer vielbeachteten Abhandlung als „lex regia“307 des deutschen Staatskirchenrechts bezeichnet.
Da jenes Selbstbestimmungsrecht zudem die wesentliche Quelle ist, aus der sich das deutsche kirchliche Arbeitsrecht speist, bedarf es einer vertiefteren Begutachtung.
(1) Dogmatische Grundlagen
Wegen der engen inhaltlichen Nähe des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts zur korporativen Religionsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG ist die systematische Frage des Verhältnisses beider Normen zueinander umstritten. Denn nach übereinstimmender Ansicht umfasst der sachliche Schutzbereich des Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG in seiner gebotenen extensiven Auslegung bereits das gesamte Leben und Wirken der Kirchen und somit zumindest die Essenz des Selbstbestimmungsrechts aus Art. 137 Abs. 3 WRV.308 Ein Teil des Schrifttums geht aber von einer vollständigen Schutzbereichsüberschneidung aus und degradiert Art. 137 Abs. 3 WRV auf diese Weise zu einer bereits in Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG enthaltenen Teilmenge.309
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und der herrschenden Ansicht in der Literatur hat das Selbstbestimmungsrecht jedoch einen eigenständigen Regelungsgehalt gegenüber der korporativen Religionsfreiheit.310 Damit ist freilich nicht ausgeschlossen, dass sich die Schutzbereiche erheblich überschneiden. Das Selbstbestimmungsrecht enthält aber „eine notwendige, wenngleich rechtlich selbständige Gewährleistung, die der Freiheit des religiösen Lebens und Wirkens der Kirchen und Religionsgemeinschaften die zur Wahrnehmung dieser Aufgaben unerlässliche Freiheit der Bestimmung über Organisation, Normsetzung und Verwaltung hinzufügt.“311 Diese Ansicht wird der systematischen Einordnung der unabhängig voneinander gewährten Garantien gerecht. Der eigenständige Schutzbereich des Art. 137 Abs. 3 WRV erweitert Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG um den dezidierten Schutz sämtlicher organisatorischer Aspekte des Wirkens der Kirchen, wie bspw. ihre Grundstücks- oder Vermögensverwaltung. Abstrakt lassen sich dieser Komponente all jene Aufgaben zuordnen, die nicht unmittelbar zur Erfüllung des religiösen Auftrags, aber zu dessen Vorbereitung und Unterstützung wahrgenommen werden.312 Gerade dies betrifft die Regelung von Arbeitsverhältnissen zur Wahrnehmung des kirchlichen Auftrags. Die Fragen, auf welcher Grundlage Beschäftigungsverhältnisse abgeschlossen werden, welchen Inhalt sie haben und in welcher Weise der kirchliche Betrieb zu ordnen ist, sind nicht unmittelbarer Vollzug der von Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG geschützten Freiheit des Glaubens und Bekennens. Es kann damit konstatiert werden, dass das Selbstbestimmungsrecht aus Art. 137 Abs. 3 WRV den Kirchen umfangreichere Freiheiten als die ihnen zustehende korporative Religionsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG gewährt.313 Das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen bietet daher dort eine notwendige Ergänzung zu Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG, wo die Organisation, Verwaltung und Ordnung ihrer eigenen Angelegenheiten nach ihrem Verständnis keine Religionsausübung im engeren Sinne darstellt.
Letztlich kann der Meinungsstreit zur Schutzbereichsabgrenzung aber nur zur Schärfung des Verständnisses von der Einordnung des Selbstbestimmungsrechts dienen, weist er doch kaum praktische Relevanz auf. Zwar bedingt die Zuordnung des institutionellen Selbstbestimmungsrechts zum jeweiligen Schutzbereich die Bestimmung der einschlägigen Schranke, die bei einer Anwendung von Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG lediglich verfassungsimmanente Güter umfassen würde. Aber auch wenn man das Selbstbestimmungsrecht als vollständig in Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG enthalten ansähe, würde bei dessen Inanspruchnahme ohnehin die Schranke des „für alle geltenden Gesetzes“ aus Art. 137 Abs. 3 WRV Anwendung finden. Denn das Bundesverfassungsgericht stellt für diesen Fall der sogenannten Schrankenspezialität fest, dass Art. 137 Abs. 3 WRV als speziellere Norm Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG bei Überschneidung der beiden Schutzbereiche vorgehe.314 In ständiger Rechtsprechung berücksichtigt das Bundesverfassungsgericht dann aber bei dem Ausgleich gegenläufiger Interessen im Rahmen von Art. 137 Abs. 3 WRV, dass die korporative Religionsfreiheit zugunsten der Kirchen ohne Gesetzesvorbehalt gewährleistet ist und misst dem Selbstverständnis der Kirchen ein besonders hohes Gewicht zu.315 Dieser Umstand stärkt die Rechtsstellung der Kirchen erheblich.
Schließlich kann auch trotz der fehlenden (formellen) Grundrechtsqualität des Art. 137 Abs. 3 WRV eine Verletzung des Selbstbestimmungsrechts prozessual mit der Verfassungsbeschwerde angegriffen werden.316 Da das Selbstbestimmungsrecht der Kirchen zumindest in seinem Kernbereich auch durch Art. 4 Abs. 1 und Abs. 2 GG geschützt ist, kann auf den Schultern des Grundrechts der Religionsfreiheit die Hürde der Zulässigkeit nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 GG überwunden werden.317 Dann ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Prüfungskompetenz hinsichtlich sämtlichen Verfassungsrechts – und damit auch Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV – innerhalb der Begründetheit der Verfassungsbeschwerde eröffnet.318
(2) Schutzbereich
Da die institutionelle Garantie des Selbstbestimmungsrechts aus Art. 137 Abs. 3 WRV materiell wie ein Freiheitsrecht zu verstehen ist, lässt sie sich in der dafür üblichen Struktur eines persönlichen („Religionsgesellschaften“) und sachlichen („Ordnen und Verwalten eigener Angelegenheiten“) Schutzbereichs, sowie einer Schranke („für alle geltendes Gesetz“) begreifen.319
(a) Die Kirchen und ihre Einrichtungen als Träger des Selbstbestimmungsrechts
Der persönliche Schutzbereich des Selbstbestimmungsrechts erstreckt sich nach dem Wortlaut von Art. 137 Abs. 3 WRV auf die „Religionsgesellschaften“320. Damit ist eine Vereinigung von Menschen gemeint, die in einem bestimmten Gebiet gemeinsam einer religiösen Überzeugung nachgehen.321 Dazu zählen ohne Zweifel die verfassten Kirchen.322
Werden bereits alle Religionsgemeinschaften unabhängig von ihrem rechtlichen Status in den Schutzbereich des Selbstbestimmungsrechts einbezogen,323 so nehmen nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts darüber hinaus auch die rechtlich selbständigen Untergliederungen der Kirchen an jenem Schutz teil. Danach sind auch „alle der Kirche in bestimmter Weise zugeordneten Einrichtungen ohne Rücksicht auf ihre Rechtsform (erfasst), (…) wenn sie nach kirchlichem Selbstverständnis, ihrem Zweck oder ihrer Aufgabe entsprechend berufen sind, ein Stück Auftrag der Kirche in dieser Welt wahrzunehmen und zu erfüllen“.324 Dem Schutzbereich zugeordnet werden kann eine Einrichtung aber nicht, wenn sie ganz überwiegend der Gewinnerzielung dient, da sie dann keinen ausreichenden Zusammenhang zum glaubensdefinierten Selbstverständnis aufweist.325 Die Mitwirkung von Laien an der Verwaltung steht der Zuordnung einer verselbständigten Einrichtung zur Kirche aber nicht entgegen.326 Diesem Ansatz ist die Literatur ganz überwiegend gefolgt.327 Neben der Teilhabe an der Verwirklichung eines kirchlichen Auftrages hat das Bundesverfassungsgericht in seiner weiteren Rechtsprechung auch noch einen Einklang der Einrichtung mit der verfassten Kirche und eine besondere Verbindung mit ihren Amtsträgern und Organwaltern gefordert.328 Die Inanspruchnahme des Selbstbestimmungsrechts durch eine rechtlich verselbständigte Einrichtung erfordert damit im Wesentlichen zweierlei: Die Erfüllung einer kirchlichen Grundfunktion sowie eine ausreichende Verbindung mit der verfassten Kirche.329 Einer besonderen Verbindung bedarf es schon deshalb, weil die Herleitung des kirchlichen Rechts eines Bindegliedes bedarf. Die rechtlich verselbständigten Einrichtungen können nur derivativ von der Kirchenautonomie Gebrauch machen.
Mit der Erfassung auch selbständiger kirchlicher Einrichtungen erfolgt eine entscheidende Weichenstellung für das kirchliche Arbeitsrecht. Denn könnten sich ausschließlich die verfassten Kirchen selbst zu den nach Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 WRV Berechtigten zählen, wäre ein auf dieser Grundlage modifiziertes Arbeitsrecht für die zahlreichen rechtlich verselbständigten karitativen und diakonischen Träger in der Gestalt von Krankenhäusern, Kindergärten und Pflegeeinrichtungen bereits aus diesem Grunde ausgeschlossen. Der Anwendungsbereich kirchlichen Arbeitsrechts wäre auf ein Minimum dezimiert. Die verfassten Kirchen selbst treten als Arbeitgeber nämlich nur numerisch untergeordnet in Erscheinung.330
Insbesondere im Kontext der betrieblichen Mitbestimmung sind vom BAG im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts spezifischere Ausführungen zu den Anforderungen einer Zuordnung der autonomen Rechtsträger an die jeweilige Kirche gemacht worden.331
(b) Ordnen und Verwalten
Das selbständige Ordnen umfasst die Rechtsetzungstätigkeiten der Kirchen, die Verwaltung in einem weiten Sinne die Vollzugsmaßnahmen zur Verwirklichung ihrer Aufgaben.332 Dies beinhaltet auch die Einwirkung auf den Bereich außerhalb des kirchlichen Rechtskreises.333 Die Beschäftigung von Arbeitnehmern unterfällt somit dem Feld des Verwaltens, die Aufstellung von einheitlichen Regelungen für Arbeitsverhältnisse der Ordnung.334
(c) Die eigenen Angelegenheiten
Damit ist aber die entscheidende Bestimmung des sachlichen Schutzbereichs des Selbstbestimmungsrechts noch nicht vorgenommen. Nicht jegliche Ordnung und Verwaltung per se ist geschützt, die entsprechenden Tätigkeiten müssen auch im Bereich der eigenen Angelegenheiten der Kirchen anzusiedeln sein. Jene Zuordnung betrifft die wegen ihrer Grundsätzlichkeit stets umstrittene Abgrenzungsfrage zwischen weltlichem und kirchlichem Bereich. Jene Bereichsbestimmung ist essentiell, definiert sie doch die Grundlage für die kirchliche Freiheit vor staatlicher Ingerenz. Ob die Kirchen diese Definition autonom mit weltlicher Verbindlichkeit vornehmen dürfen, ist in der Literatur umstritten;335 das Bundesverfassungsgericht legt für die Bestimmung der eigenen Angelegenheiten das Selbstverständnis der Kirchen zugrunde.336 Dabei vermag allein diese Herangehensweise zu überzeugen, denn dem Staat ist die Bewertung religiöser Sachverhalte schon zur Wahrung des Neutralitätsgebotes untersagt. Eine staatliche Definition kirchlicher Angelegenheiten könnte ohne eine solche Bewertung aber nicht erfolgen. Der Staat weiß nicht, „was religiöse Heilssetzung heißt, er weiß nur, dass er es nicht weiß“.337 Ihm fehlt aufgrund seiner ausschließlich weltlichen Perspektive die Kompetenz zur Bestimmung von Glaubensinhalten. Zudem entscheidet die faktische Bestimmung des Schutzbereichs von Art. 137 Abs. 3 WRV durch die Kirchen keineswegs final über die Reichweite ihrer Unabhängigkeit vor staatlichem Einfluss; denn ein etwaiger Konflikt zwischen staatlichem und kirchlichem Rechtskreis hat seine Auflösung im Rahmen der verfassungsrechtlichen Schranke zu finden.338
Die Bestimmung des Selbstverständnisses erfolgt nach den von der verfassten Kirche anerkannten Maßstäben.339 Jene vorgegebenen Maßstäbe unterliegen lediglich einer eingeschränkten richterlichen Plausibilitätskontrolle, bei der in Zweifelsfällen durch Auskunftseinholung bei den zuständigen Kirchenbehörden Klarheit zu verschaffen ist.340 Eine Limitierung des Schutzbereichs erfolgt nur insoweit, falls das Selbstverständnis der Kirchen gegen Grundprinzipien der Rechtsordnung verstoßen sollte, die im allgemeinen Willkürverbot (Art. 3 Abs. 1 GG), den guten Sitten (§ 138 Abs. 1 BGB) und dem ordre public (Art. 6 EGBGB) ihren Niederschlag gefunden haben.341