Kitabı oku: «Route 66», sayfa 5
14. Cahokia oder Die großen Hügel bei St. Louis
Der American Bottom ist eine niedrig gelegene Flussebene entlang des Mississippi, die von der Mündung des Illinois River bei Alton, Illinois, bis in den Süden bei Dupo, Illinois, reicht. Der »Boden« ist in seiner größten Ausdehnung ungefähr 40 Kilometer lang und 15,7 Kilometer breit. Er ist geprägt durch die mäandernden Läufe des Mississippi und des Missouri, die Sümpfe und kleine Seen bildeten. So wuchs eine Landschaft von großer Vielfalt, mit Wasser, Wild und essbaren Wildpflanzen. Die Flussebene bot fruchtbaren Boden. Hier entwickelte sich die indianische Cahokia-Kultur mit der wahrscheinlich größten prähistorischen Bevölkerungsgruppe nördlich von Mexiko. In ihrer Blütezeit zwischen 1050 und 1250 – also noch vor dem Eintreffen der Weißen in der Neuen Welt – hatte sich die Siedlung von Cahokia über eine Fläche von 13 Quadratkilometern ausgedehnt. Auf ungefähr 800 Hektar der zentralen, von Osten nach Westen verlaufenden Erhebung standen Häuser, in denen um die 30.000 Menschen wohnten. Sie lebten in Holzbauten, die mit Schilf gedeckt waren. Mehrere Hektar Land gehörten in der Regel zu einem Wohnhaus. Über Generationen wurden dieselben Bauplätze benutzt. Die Gebäude selbst waren unterschiedlich groß, wahrscheinlich entsprechend dem sozialen Status der Bewohner. Sie dürften sich in Gruppen um einen künstlichen Hügel und einen Dorfplatz geschart haben. So kam es zur Unterteilung der Gesamtgemeinde.
Das Cahokia-Volk errichtete über die Jahrhunderte mehr als einhundert künstliche Erdhügel von verschiedener Größe und Form. Die meisten von ihnen lagen an der in der Mitte der Siedlung verlaufenden Erhebung, auf dem trockensten Teil des gesamten Geländes. Sie gruppierten sich um einen Bezirk, der einen offenen Platz gebildet haben dürfte. Der eindrucksvollste unter den Hügel wird heute Monk’s Mound genannt und stellt das wahrscheinlich größte Erdwerk aus der prähistorischen Zeit Nordamerikas dar. Dieser künstliche Hügel steigt über zwei Terrassen an und ist mit 30,4 Metern Höhe und einer Fläche von 316 auf 240 Meter doppelt so groß wie alle anderen Mounds in seiner Umgebung. Zu seiner Aufschüttung wurden 614.478 Kubikmeter Erdreich bewegt – so jedenfalls versichern uns die Archäologen. Von dem großen Gebäude auf der Höhe dieser Aufschüttung muss man einen ausgezeichneten Blick über die ganze Ortschaft gehabt haben. Der konische Hügel südlich von Monk’s Mound scheint der Begräbnisplatz gewesen zu sein. Eine Palisade aus Holzstämmen, Wachtürmen und Toren umgab einen zentralen Bereich von 80 Hektar. Die Befestigungen dort wurden mindestens viermal erneuert. Der Archäologe Melvin Fowler hat die Vermutung geäußert, dass es sich um eine Verteidigungsanlage gehandelt haben könnte oder dass hochgestellte Persönlichkeiten sich auf diese Weise von den übrigen Einwohnern abgrenzten.
Die Wissenschaftler können nicht sagen, ob Cahokia auf einen Schlag entstand oder sich nach und nach entwickelte; jedenfalls war es schon um 900 nach Christus eine große, komplexe Ansiedlung. Die Bevölkerung scheint ihre höchste Zahl anderthalb Jahrhunderte später erreicht zu haben. Als im 17. Jahrhundert die Europäer in dieses Gebiet kamen, war Cahokia von den American Natives allerdings längst aufgegeben worden.
Monk’s Mound ist ein außerordentlich eindrucksvolles Monument. Man hat errechnet, dass bei einem Einsatz von 2000 Arbeitern rund 200 Tage Arbeitszeit darauf verwandt worden sein müssen. Tatsächlich ging der Bau wohl nicht in einem Stück vonstatten, sondern scheint sich in einem Zeitraum von ein bis zwei Jahren abgespielt zu haben. Letzte Forschungen haben die Annahme, Cahokia sei eine prähistorische Stadt gewesen, allerdings widerlegt. Vielmehr scheinen nie mehr als 500 Menschen im zentralen Bereich der Anlage gelebt zu haben, während sich die restliche Bevölkerung über die umliegende Flussebene verteilte.
Auch steht fest, dass Cahokia das Zentrum einer Anzahl von Orten gewesen sein muss, über die wenig bekannt ist. An die vierzig kleine Dörfer und Gehöfte sind im Bereich des Bottoms entdeckt worden.
Gewisse Aufschlüsse über die Begräbnissitten ergaben sich 1972 bei der Öffnung eines Hügels. Dort fand man einen männlichen Leichnam auf einer Schicht von schätzungsweise 20.000 Muschelperlen. Er scheint ein wichtiger Mann gewesen zu sein. In seiner unmittelbaren Nähe waren drei weitere männliche und weibliche Tote beigesetzt. Um die 800 Pfeilspitzen, Kupferplatten und fünfzehn polierte Steinscheiben, wie man sie bei einem bestimmten Spiel benutzte, wurden ebenfalls in dieser Begräbnisstätte gefunden: möglicherweise Opfergaben von Verwandten der Toten. Außerdem stieß man auf die Skelette von vier enthaupteten Männern, denen man die Hände abgeschlagen hatte. In einer Grube lagen außerdem rund fünfzig junge Frauen im Alter zwischen 18 und 23 Jahren, die wahrscheinlich erdrosselt wurden.
Cahokia war entschieden die Größte unter den Gemeinden der indianischen Mississippi-Kultur. Ihr Niedergang scheint um 1250 begonnen zu haben, als andere Orte ihr den Rang abliefen.
Wir wissen zudem, dass die Bevölkerung von Mais, Bohnen und anderen Wildfrüchten lebte und dass dort, wo Jagd betrieben wurde, Wasservögel und Rehe erlegt worden sind. Eine wichtige Rolle spielte in den Gemeinden der Mississippi-Kultur die Nussernte. Hunger muss eine ständige Bedrohung dargestellt haben, was sich am Knochenbau der gefundenen Skelette ablesen lässt. Wie überstanden die Cahokia-Menschen die Notzeiten? Meist versuchten die einzelnen Familien, sich autark mit Lebensmitteln zu versorgen. Aber ein- bis zweimal in einem Jahrzehnt scheinen die Erträge der häuslichen Gärten und Nussbäume zur Versorgung nicht mehr ausgereicht zu haben. Jedenfalls hatte wohl jede Familie mehrere Gärten an Orten, die unterschiedlichen Umwelteinflüssen unterlagen. Außerdem konnten sich Familien, die in einem Jahr nicht genügend Nahrungsmittel ernteten, auf die Unterstützung durch ihre dann vielleicht bessergestellten Verwandten verlassen. Oder eine größere Verwandtschaftsgruppe mag aus Überschüssen Vorräte angelegt haben. Die Personen, die die Planung übernahmen, dürften schließlich im Verwandtschaftsverband oder in der Stammesgruppe zu Anführern aufgestiegen sein.
Es bestand ein Netzwerk von mehreren hundert Gemeinden, das neben der gegenseitigen Unterstützung in Notzeiten auch den Handel mit Salz und Kieselschiefer, der in den Steinbrüchen in Illinois gefunden und zur Herstellung von Hacken verwendet wurde, abwickelte. Diese Werkzeuge kamen im ganzen nördlichen Mississippi-Tal zutage. Die Salzproduktion, die fast noch wichtiger als die Kultivierung von Mais war, scheint sich an der großen Salzquelle nahe dem Saline River im südöstlichen Illinois abgespielt zu haben.
Soweit sich das feststellen ließ, verlief der Tauschhandel von Person zu Person und bildete zusammen mit der Austeilung von Geschenken die einzige Form der Warenverteilung. Getreide wurde häufig bei Festen ausgegeben.
Brian M. Fagan schreibt in seinem Buch Ancient North America: »Cahokia bietet einen eindrucksvollen Anblick für jemanden, der an die relativ kleinen Maßstäbe der prähistorischen Gemeinden in Nordamerika gewöhnt ist. Selbst heute noch wirken die großen Erdwerke ehrfurchterheischend, vor allem, wenn man sie mit den Gebäuden in den nahe gelegenen städtischen Vororten von Ost-St. Louis vergleicht.«
Die Ausmaße der Anlage hat die Archäologen dazu verleitet, Spekulationen über einen Zusammenhang zwischen den Fundstätten der Mississippi-Kultur und den Staaten und Zivilisationen in Mexiko anzustellen.
Diese These ist nicht unumstritten. Der Bau von Hügeln, auf deren Anhöhen Tempel errichtet wurden, begann in Mexiko mit der Olmeken-Kultur um 1000 vor Christus und erreichte seine höchste Entwicklung in Orten wie Teotihuacán, Tikal, Copan und der Hauptstadt der Azteken, Tenochtitlán. Die mesoamerikanische Kultur beruhte auf einer komplizierten, stark symbolisch ausgeprägten und höchst komplexen religiösen Kosmologie, die man sich in öffentlichen Zeremonien, die auf großen Plätzen durchgeführt wurden, vergegenwärtigte. Leitete sich, so fragten sich die Wissenschaftler, die Architektur, die Kosmologie und der religiöse Symbolismus hier am Mississippi von jener ausländischen Kosmologie her? Breitete sich die Kultivierung von Mais und Bohnen von Mexiko durch Wanderbewegungen und religiöse Motive aus? Die Antwort kann nicht von den Ähnlichkeiten der Architektur in beiden Gegenden abgeleitet werden, die ja auch zufällig sein könnten. Vielmehr muss man den Stil der Fundstücke aus der Mississippi-Kultur und deren weiteren Bereich, der sogenannten Southern Culture, sorgfältig vergleichen.
American Memories
»Ein Weißer wollte von einem Indianer wissen, wie Amerika genannt worden sei, ehe der weiße Mann es entdeckte. ›Es wird wohl ein schwieriges Wort sein‹, fügte er hinzu, ›bitte sprechen Sie es langsam und deutlich aus, damit ich es notieren kann.‹ Der Indianer schüttelte den Kopf. ›Es ist ganz einfach‹, antwortete er. ›Wir nannten es Unser.‹«
»Als Kolumbus in der Neuen Welt landete und den ersten Indianern begegnete, raunten diese sich zu: ›Here goes the neighbourhood‹ (in etwa: Mit der guten Nachbarschaft ist es vorbei).«
Witze der Red-Power-Bewegung, Ende der 60er Jahre
Zunächst meinte die Wissenschaft, es am Mississippi mit einer Anzahl von Gesellschaften zu tun zu haben, die in Staaten organisiert waren und an Orten wie Cahokia ihr zeremonielles Zentrum hatten. In den Begräbnisstätten fand man Artefakte mit recht kunstvoller Verzierung und ausgeprägten Motiven. Da gab es Äxte, bei denen Schneide und Schaft aus einem Stück Stein geschnitten waren, Kupferanhänger, verziert mit Kreisen und weinenden Augen, Muschelschalen, auf denen Spechte und Klapperschlangen abgebildet waren, Trinkgefäße, die männliche Gestalten in zeremonieller Kleidung darstellten.
Man vermutete einen Zusammenhang mit einem anderen Gebiet, das vom Atlantik und der Golfküste bis weit ins Landesinnere reichte. Manches erinnert in der Tat an Funde in Mesoamerika und könnte durch mexikanische Kaufleute, die Pochteca, in dieses Gebiet gelangt sein.
Doch auch diese Hypothese ist heute weitgehend entkräftet. Der Stil der Southern Culture, so der letzte Stand der Forschung, scheint weit mehr mit der Kultur des östlichen Waldlandes als mit Mexiko im Zusammenhang zu stehen. Die Übernahme der Kultivierung von Mais und Bohnen ging offenbar Hand in Hand mit der Vermittlung mythologischer Symbole. Die ältesten Kunstgegenstände aus der frühen und mittleren Waldlandkultur weiter im Osten haben Ähnlichkeit mit den am Mississippi benutzten Dingen. Hier wie dort kannte man beispielsweise die Symbole des Vogels und der weinenden Augen. Das heißt aber nicht, dass es im gesamten Süden und Südosten eine gemeinsame künstlerische Tradition oder einen weit verbreiteten Glauben gegeben hat. Vielmehr ergibt sich die Verbindung aus der Verbreitung des Rohmaterials, beispielsweise der Seemuscheln. Es muss bis ins 13. Jahrhundert ein über Tausende von Jahren hin intaktes Tauschnetz für Kupfer, Seemuscheln und Produkte aus diesen Materialien gegeben haben. Auch die Ähnlichkeiten der religiösen Motive in diesem weiten Raum dürften sich so ergeben haben. Andererseits widersprechen die Archäologen der Vorstellung von einer »Staatsreligion des Südostens«, und reden in ihrer Fachsprache vielmehr von »komplexen, sehr variablen religiösen Mechanismen«, auf die sich die Autorität der örtlichen Häuptlinge stützte. Ohne Zweifel waren somit einige der zeremoniellen Fundstücke Abzeichen für Rang und Status, während der Glaube der Mississippi-Kultur seinen Ursprung in Traditionen und Ritualen hatte, die damals schon tausend Jahre alt waren.
15. Oklahoma Dustbowl
Auf der Route 66 gelangt man nun nach Oklahoma und in jenen Teil von Texas, der wie ein Pfannenstiel in diesen Bundesstaat hineinreicht. Auch heute noch ist dies eine Gegend, der eine gewisse Rückständigkeit oder besser: Entlegenheit anzumerken ist, sobald man die Route 66 oder die Interstates verlässt.
Das nordwestliche Oklahoma ist ein Teilgebiet der Großen Ebenen, in dem gemischte Grasprärien die vorherrschende Landschaftsform sind. Das Land ist überwiegend baumlos. Kleine Wäldchen mit Pappeln und China-Berries finden sich lediglich in den Senken nördlich des North Canadian River und seiner Nebenflüsse. Rote Zedern wachsen in den zerklüfteten Canyons des Cimarron, die zusammen mit denen des North Canadian River von Nordwesten nach Südosten die Region durchziehen.
Regen, im Durchschnitt 58 Zentimeter jährlich, fällt reichlich oder gar nicht. Eine Redensart der Gegend lautet: »Manchmal regnet es für vier Jahre auf einmal und dann wieder überhaupt nicht.« Die Alteingesessenen behaupten, dass das Salbeigebüsch während der Dürreperioden das Erdreich zusammenhält, dazu kommen Yucca, Sandpflaumen und dichte Gebüsche einer Eichenart.
Die Natur hat die Gegend zum Weideland bestimmt. Über 10.000 Jahre hin grasten hier Büffel. Indianische Stämme lebten fast ausschließlich von diesen Tieren. Durch die Einführung der Pferde im 16. Jahrhundert verbesserten sich die Jagdbedingungen grundlegend.
Ab 1877 aber begann auf der Prärie die systematische Abschlachtung der Büffel durch die Weißen. Die weißen Jäger, denen die Regierung 50 Cent pro Büffel zahlte, häuteten die Tiere ab, schnitten ihnen die Zungen als Beweis heraus und ließen die Kadaver dann liegen.
Im Osten bestand ein wachsender Bedarf an Rindfleisch. In Texas gab es große Rinderherden, andererseits war 1866, kurz nach dem Ende des Sezessionskriegs, das Bargeld rar. Also trieb man die Longhorn-Rinder auf den Markt von Texas, durch das heutige Oklahoma an die Endpunkte der Eisenbahnstrecken und brachte sie von dort als Schlachtvieh nach Chicago und in die Städte des Ostens. Mitte der 70er Jahre schob sich dann der Schienenstrang immer weiter nach Westen vor, bis er Dodge City in Kansas erreichte.
Nun grasten die Longhorns dort, wo zuvor die Büffel gegrast hatten. Oklahoma war offiziell als Indianer-Territorium bekannt. Es war eines der Gebiete östlich der Rockys, das noch nicht Bundesstaat geworden war. Es war ein weißer Fleck auf der Wirtschaftskarte des Landes, ein Vakuum, das die Eisenbahnmagnaten und Landspekulanten verzweifelt zu füllen versuchten. Tatsächlich aber war das Land besetzt, nämlich von den fünf »zivilisierten Stämmen«, den Choctaw, den Cherokee, den Chickaw, Creek und Seminolen.
Die Stämme wurden »zivilisiert« genannt, weil sie den weißen Mann dadurch zu beeindrucken versucht hatten, dass sie seine Zivilisation nachahmten und als Gegenleistung auf eine zivilisierte Behandlung hofften. Sie hatten gesetzgebende Körperschaften eingerichtet, eine Schriftsprache zur Übersetzung der Bibel entwickelt und hielten Sklaven. All dies half ihnen wenig, als die Weißen sie um 1830 aus ihren Heimatgebieten im Südosten der USA vertrieben, weil sie eine Konkurrenz für die weißen Bauern in dieser Gegend darstellten. Man schickte sie auf einen erniedrigenden »Marsch der Tränen« in das Indianer-Territorium westlich des Mississippi, ein Gebiet, das – wie man ihnen versicherte – den Indianern so lange gehören sollte, »wie das Gras grünt und die Wasser der Flüsse fließen«.
Tatsächlich war das, wenn man die Haltung der meisten weißen Amerikaner damals berücksichtigt, die sich in dem Spruch »Nur ein toter Indianer ist ein guter Indianer« ausdrückt, eine vergleichsweise humane Lösung. Die Indianer ließen sich in ihrer neuen Heimat nieder und gründeten in dem Land der »rollenden Hügel«, die allmählich in eine Ebene auslaufen und zur Trockensteppe werden, ihre Nationen neu.
American Memories
»Dies«, sagte der Neuankömmling, »wäre ein gutes Land, wenn es hier nur Wasser gäbe.« – »Tja«, antwortete ein anderer, der eben seinen Wagen wieder beladen hatte und in den Osten zurück wollte, »das sagt man in der Hölle auch.«
»Keine Frau sollte in diesem Land zu leben versuchen, die nicht auf eine Windmühle klettern oder ein Gewehr abfeuern kann.«
»Freilich wird es hier manchmal auch trocken«, erzählen die Leute, »so trocken, dass die Rinder ganz zusammenschrumpeln und durch die Löcher des Maschendrahts in den Hühnerhof kriechen. Dann verstecken sie sich unter den Hühnern. Das ist schon unangenehm.«
Und die Leute sagen auch, dass einer so lange ein Greenhorn ist, wie er den Unterschied zwischen Texas, Oklahoma, Colorado, Kansas und den Dakotas nicht in der Luft schmeckt.
Mündlich von Leuten im Mittelwesten
Es war ein Land, in dem man Baumwolle anbauen und Vieh züchten konnte. Aber die fünf Stämme machten sehr bald einen fatalen Fehler. Da sie schwarze Sklaven besaßen, vielleicht aber auch aus Empörung über die ihnen während der Deportation zugefügten Leiden, schlugen sie sich im Sezessionskrieg auf die Seite der Südstaaten. Als der Norden den Krieg gewonnen hatte, erklärte die siegreiche Union, die Indianer hätten durch ihre Parteinahme alle Rechte auf Grund und Boden für immer verwirkt.
Die Konfiszierung erfolgte nicht sofort. Zunächst wurden nur die westlichen Teile eingezogen, die man nun Oklahoma-Territory nannte. Territory war die staatsrechtliche Bezeichnung für Gebiete, die noch nicht die Rechte und Pflichten eines Bundesstaates besaßen. Die Osthälfte des Indian Territory blieb den fünf Stämmen, die alle eine eigene Stammesregierung besaßen. Es kam zu einer Folge von spekulativen Landkäufen und auch zur Vereinnahmung des Westteils. Die Weißen drangen nun in das verbliebene Gebiet der American Natives vor, einige pachteten von den Indianern Land, andere ließen sich einfach nieder und beanspruchten die von ihnen bebauten Ackerflächen. Wem an Grund und Boden was gehörte, wurde immer undurchsichtiger.
Hinzu kam die Gesetzlosigkeit der Gegend. Weiße Kriminelle, die sich dem Arm des Gesetzes entziehen wollten, flohen dorthin. Mit dem Stammesgesetz der Indianer waren sie nicht zu belangen, ausgeliefert werden konnten sie nicht. Die James-Brüder, die Daltongang, die Doolins, Belle Starr und Cherokee Bill – der behauptete, schwarzes, weißes und indianisches Blut zu haben – tauchten auf und verblüfften ihre Nachbarn durch ihr friedfertiges Verhalten. Mit ihnen begann in Oklahoma eine Tradition, Outlaws als Volkshelden anzusehen.
Die Auswirkungen der Rinderzucht und die Einwanderung von Weißen veränderte die unberührte Natur dieser Landschaft immer weiter. Meilenweit wurden Zäune gezogen, um das Vieh während der Winterstürme in einer bestimmten Gegend zu halten. Es entstanden sogenannte Dugouts oder andere Unterkünfte für die Cowboys. Das Land wurde nicht selten überweidet.
Am 16. September 1893 wurde das Indian Territory endgültig für die Besiedlung durch die Weißen freigegeben. Zehntausende lieferten sich ein Wettrennen, jeder wollte sich als erster kostenloses Farmland sichern. Bis ins Frühjahr 1902 entstanden überall auf der Prärie im nordwestlichen Oklahoma schwarze Flecken. Bis zum Herbst war das Land mit ihnen übersät. Entstanden waren sie durch Menschenhand. Die Homesteader begannen das alte Weideland der Prärie in Ackerland umzuwandeln. »Das wilde Land erobern« nannten sie es. Dazu wurden die Rinderherden zusammengetrieben. Mit der Viehzucht auf der offenen Prärie war es vorbei. Für Chicago bedeutete dies das langsame, aber sichere Ende der Schlachthöfe.
Die Homesteader benutzten drei wirksame Waffen auf ihrem Eroberungszug: Stacheldraht, Windmühle und Sodenpflug. Aber was würde auf dem umgepflügten Land wachsen? Zuerst wurde vor allem Mais angepflanzt, mit dem auch die Hühner und das Milchvieh gefüttert wurden. Mit dem Ersten Weltkrieg wuchs die Nachfrage nach Weizen, und immer größere Maschinen wurden zur Aussaat und Ernte benutzt. Letztlich führte die Einführung von ausgesätem Gras und Weizen – Pflanzen, die Dürreperioden und Hitze nicht überstanden – zu der großen Katastrophe der 30er Jahre.
Um Pflanzen kultivieren zu können, muss man die Erdoberfläche für den Aussaatvorgang aufwühlen. Dadurch wird die normale geologische Verwitterung beschleunigt. Die fruchtbare Oberflächenschicht der Erde, die sich in Jahrhunderten gebildet hat, ist dem Zugriff durch Wind und Wasser schutzlos ausgeliefert. Erosion ist die Folge.
In den Vereinigten Staaten haben physikalische, ökonomische und soziale Umstände dazu geführt, dass sich die Erosion in einem Maße ausbreitete, die in der Geschichte ihresgleichen sucht. Physikalisch unterliegen drei Viertel des kontinentalen Landgebiets der USA in bestimmtem Umfang einem Erosionsvorgang. Indem der Mensch diese verwundbaren Landflächen bearbeitete, hinterließ er mit der Ausbreitung der Landwirtschaft eine breite Spur der Erosion.
Axt und Pflug der Pioniere griffen empfindlich in das Spiel der natürlichen Kräfte ein, die über lange Zeit fruchtbare Böden geschaffen hatten. Gleichzeitig bewegte sich die Frontier von der Atlantikküste immer weiter in Richtung Westen, und die Pionierszüge samt einer wachsenden Besiedlung nahmen dem Boden seinen stabilisierenden Mantel aus Bäumen und Gräsern. Sogar die Böden in den Trockengebieten waren ursprünglich sehr fruchtbar gewesen, sie waren reich an Nitrogen und anderen Elementen, die für den Pflanzenwuchs wichtig sind. Die Fruchtbarkeit dieser halbdürren Böden war zunächst ein Segen, bald aber auch die Ursache für ihren schlimmsten Missbrauch. In Jahren mit starken Regenfällen sind dort die Erträge so üppig, dass in folgenden Jahren mit durchschnittlichem Niederschlag die Farmer versucht sind, die Produktion zu erhöhen. Ein fataler Irrtum. Es führt nämlich häufig zu verheerenden Missernten, wenn auf Jahre mit reichlichen oder auch nur durchschnittlichen Niederschlägen solche mit unterdurchschnittlichen Regenmengen folgen. Genau dies wurde Ende der 20er und während der 30er Jahre den damals ohnehin nicht sehr wohlhabenden Farmern in Oklahoma, spöttisch Okies genannt, zum Verhängnis. Ihr Land wurde heimgesucht von Staubstürmen in bisher unbekanntem Ausmaß. Hinzu kam, dass auch der Erdölboom, von dem die Gegend bis dahin profitiert hatte, zurückging. Schließlich war es für das gesamte Land die Zeit der großen Depression. Für viele Okies war die Landwirtschaft völlig unmöglich geworden, weil sich ihre Äcker in eine Staubwüste verwandelt hatten. Es kam zu einer gewaltigen Flüchtlingsbewegung in Richtung Kalifornien, das vielen als das Land erschien, in dem immer noch Milch und Honig fließen.
American Memories
»Ob Werbeschild oder Zapfsäulen-Globe, Roadside-Relikte aus der Auto-Urzeit, sie sind längst zu begehrten Collectables geworden und erzielen Höchstpreise auf dem Markt der Nostalgie.«
Bernd Polster, Kino durch die Windschutzscheibe
»Der Highway war ihr Zuhause und Bewegung ihre Ausdrucksform.«
John Steinbeck
Das Drama hatte gewissermaßen drei Akte: die Verarmung der kleinen Farmer in Oklahoma, die Probleme der Abwandernden (auf der Route 66 nach Westen) und die Verhältnisse in den kalifornischen Lagern. Man hat ausgerechnet, dass zwischen 1935 und 1938 300.000 bis 500.000 Okies in Kalifornien ankamen. Ironischerweise gab es sogar noch Regierungsprogramme, die diese Auswanderungsbewegung unterstützten. Washington zahlte den Landbesitzern, die auf ihrem Grund und Boden nichts mehr anbauten, Unterstützungsgelder und setzte somit Tausende von Pachtbauern und Erntearbeitern frei. In Kalifornien hingegen, einem reichen, von der Natur begünstigtem Staat, war die Abneigung gegen die unzähligen, wie die Heuschrecken einfallenden Menschen groß. Sie führte dazu, dass jene ausländischen Erntearbeiter, die aus China, Mexiko und den Philippinen stammten, mit den neu eingewanderten Habenichtsen konkurrieren mussten. In John Steinbecks großem amerikanischen Romanepos Die Früchte des Zorns kann man das nachlesen. Ein typisches Okie-Schicksal erlebte auch Woody Guthrie, der Folksänger, der mit seinem Song »This Land is Your Land« auch jenseits des Atlantik berühmt wurde.
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