Kitabı oku: «Friedrich Gerstecker: Reise in die Südsee», sayfa 2
Die Matrosen waren meist Engländer und Irländer, aufgelesen in San Francisco wie sie zu bekommen gewesen waren, für 40 Dollars den Monat, und das in Betracht gezogen eine so gute Mannschaft, wie sich unter dergleichen Umständen erwarten ließ. Unser wackeres Fahrzeug segelte dabei vortrefflich, und wir passierten mehrmals andere Fahrzeuge bei vollkommen günstigem Wind, ohne ein einziges Leesegel auf zu haben, während die anderen Schiffe jeden nur möglichen Lappen von Leinwand gesetzt hatten, erreichten auch Honolulu, trotz dem dass wir die Nacht draußen vor der Bai vor Anker gelegen, zwei Tage eher als vier andere mit uns zu gleicher Zeit ausgelaufene Fahrzeuge.
Doch ich will mein Tagebuch wieder aufnehmen, denn wir nähern uns den Inseln, und der Leser hat ja jetzt ungefähr eine Idee von der Schiffsmannschaft der „JANE REMORINO“, die übrigens dennoch zu wenig interessant ist, die Südseeinseln deshalb zu vernachlässigen.
Die Nord-West- und Nord-Nord-West-Passate herrschen nicht die ganze Strecke bis zu den Inseln vor. Je weiter wir deshalb südwestlich steuerten, desto mehr ging der Wind über Norden herum nach Osten, und vom 4. Dezember an hatten wir Ost zu Süd und Ost-Süd-Ost-Wind.
Sonntag den 8. Dezember. Wind vortrefflich – ging heute wieder nach Ost zu Nord herum, und wir halten jetzt Süd-West, gerade auf die größte der Sandwichsinseln zu; die wir heute hoffentlich nach einer Fahrt von 16 Tagen in Sicht bekommen werden.
Das Wetter ist herrlich, der Thermometer steht morgens halb 11 Uhr in der ziemlich kühlen Kajüte auf 22° Réaumur oder 79° Fahrenheit etwa. Die Reise selbst ist in dieser Jahreszeit etwas monoton, da man in und auf der See fast gar nichts von Fischen oder anderen Seetieren zu sehen bekommt. Fliegende Fische haben sich einige seit dem 25° nördlicher Breite gezeigt, aber auch nicht viele. Die Walfische (Wale sind keine Fische, sondern Säugetiere) haben sich in dieser Jahreszeit ebenfalls hier fortgezogen, also auch mit ihnen die Walfischfänger, und selten ist's dass einmal ein Segel am fernen Horizont sichtbar wird. Selbst der Kapitän hatte Langeweile, der doch gewiss daran gewöhnt ist sich mit nichts zu beschäftigen, und schikanierte seinen Hund; aber das Land konnte nicht weit sein, und dann kam wieder Leben in die schon fast erschlaffte Existenz.
Unter den Südseeinseln hatte ich mir bis in letzter Zeit übrigens einen Ort gedacht, der alles in sich vereinigte was die tropische Vegetation nur Herrliches hervorbringen könne. Die Ufer mussten unter jeder Bedingung mit Palmen, Pisang und Bananen, Brotfrucht und Orangen dicht bedeckt sein, und das innere Land mit seinen vollbewaldeten Gebirgen üppig daraus hervorsteigen.
Mit diesen Erwartungen sah ich am 9. Dezember morgens das erste Land in blauer Ferne, und konnte den Augenblick nicht erwarten, wo wir dort Anker werfen würden. An jenem Tage kamen wir indessen noch nicht dazu; das erste Land das wir erblickten war die Insel Maui, und nördlich an dieser und der nächsten, Molokai hin, liefen wir gegen Oahu zu, um die Südostspitze dieser Insel herum, kreuzten als es Nacht wurde südlich daran, und liefen am nächsten Morgen mit Tagesanbruch nördlich gegen den Hafen von Honolulu hinauf, auf dessen äußerer Reede, oder eigentlich vor der Insel und dem Hafen draußen, wir etwa um 10 Uhr morgens Anker warfen.
Aber, lieber Gott, wie wenig fand ich meine schönen Hoffnungen von Palmenwäldern bestätigt, als wir der Insel nahe genug kamen sie mit dem Fernrohr erkennen zu können! Kahle, vulkanische Berge streckten sich, von nebligen Wolken umlagert, schroff und trostlos aus dem Meer empor, und lange, lange Zeit war auch nicht ein Zeichen von Vegetation zu erkennen. Wir lagen freilich noch zu weit ab um das niedere Uferland überschauen zu können. Endlich wurden die weißen Gebäude von Honolulu sichtbar, mit ihnen die Masten der dort vor Anker liegenden Schiffe, und nach langem, langem Suchen konnte ich auch einzelne dicht am Strand stehende Kokospalmen erkennen. Aber wie einzeln standen sie! „Und das sind die Südseeinseln?“ rief ich fast unwillkürlich.
„Das sind die am wenigsten schönen“, sagte zu meinem Trost ein neben mir stehender Matrose, „die Inseln südlich vom Äquator haben viel mehr Früchte und sehen viel schöner aus.“ Und von dem Augenblick an beschloss ich die südlich gelegenen Inseln, wenn sich mir irgend Gelegenheit dazu böte, ebenfalls zu besuchen.
Je näher wir übrigens Oahu kamen, desto freundlicher gestaltete sich das ganze Äußere der kleinen Stadt und Umgegend, die Berge fingen an sich da und dort mit einem Anflug von Grün zu decken, das die beginnende Regenzeit hervorgerufen, der untere Teil derselben ließ dichtere Gebüsche kenntlich werden, und zwischen den Häusern der Stadt gaben die allerdings nur einzeln aufsteigenden herrlichen Kokospalmen dem Ganzen den südlichen tropischen Charakter. Ja oberhalb der Stadt ließ sich sogar ein förmliches kleines Kokoswäldchen erkennen, das aber freilich abgeteilt war, und mehr das Ansehen einer Pflanzung als eines natürlichen Waldes hatte.
Einen eigentümlichen Anblick bot die Küste selber, an der die Brandung, über die hochaufdrängenden Korallenriffe hin, in langen schneeigen Schaumwellen tanzte und brauste und dem Ufer zustrebte, während in und zwischen ihr die, mit ihr vertrauten Eingeborenen, teils in und zwischen den Wellen spielten und badeten, teils mit ihren wunderlichen kleinen Kanus, ungestört durch das Gelärm der Wogen hindurchglitten und fischten, oder auch, eine sehr häufige Beschäftigung dieser Stämme, eben nur in der Sonne lagen und ihren Gedanken nachhingen, während das schwanke kleine Fahrzeug zwischen den Korallenriffen, ebenso faul wie die Bemannung, herumtrieb.
Diese Korallenriffe sah ich hier zum ersten Mal, und sie gaben der ganzen Insel etwas ungemein Charakteristisches, wie damit zugleich auch für mich etwas sehr Ansprechendes. Sonderbarer Weise sollen sie sich auch in fast all diesen Inselgruppen, nördlich und südlich von der Linie, gleich bleiben. Eine ungeheure Wand von Korallenbäumen, so ineinander verwachsen und ausgefüllt dass sie eine eigentliche Mauer bilden, die schroff, fast senkrecht aus der Tiefe des Meeres aufsteigt, und zwar so dass sie hier bis an die Oberfläche selber ragen, und die anstürmenden Wellen in weißem Wogenkamm über sie fortstürzen, während kaum hundert Schritt davon Schiffe schon keinen Ankergrund mehr finden, und mit günstiger Brise in dem dunkelblauen und kristallhellen Wasser, das die kleinste Untiefe deutlich verrät, dicht daran hinsegeln können.
Doch ich komme auf diese Korallenriffe weiterhin schon noch ausführlicher zu sprechen – für jetzt will ich dem Leser ja doch nur den ersten Eindruck des Ganzen schildern, und der beschäftigte sich wahrhaftig nicht mit den einzelnen Bestandteilen, wo ihn die wildschöne bunte Welt in so heiterer, sonniger Pracht umgab. Ich brauchte nicht unter die Oberfläche des Wassers zu gehen, die Oberwelt bot Stoff genug, und vorn auf der Back unseres guten Schiffes stehend sog ich mit wirklichen trunkenen Blicken – nur in anderer Art wie B'mann Geogio – das ganze Wunderliche, Pittoreske und Fremde der Landschaft ein, die sich mit doppelter Schnelle voraus entrollte, als das Schiff sich erstlich rasch dem Lande näherte, und die Morgennebel ebenfalls, die bis dahin noch wie ein dünner, halbdurchsichtiger Schleier auf der Küste gelegen, teils in die Höhe stiegen von der Kraft der aufgehenden Sonne, teils in Duft und Atem, wie sie waren, zerstoben.
Wirklich außerordentlich ist die Einfahrt des Hafens, der jetzt noch, außer den durch die Regierung gelegten Bojen (schwimmende, vor Anker liegende Fässer oder Balken), welche die Fahrstraße andeuten, durch die Wracks zweier an beiden Seiten gestrandeten Schiffe bezeichnet wird. Hohe Korallenriffe schließen nämlich die ganze Küste ein, und nur an der einen Stelle, wo dieser Einfahrt wegen Honolulu hin gebaut wurde, senken sie sich zu einer förmlichen schmalen Straße hinunter, welche, bei einiger Vorsicht, die größten Fahrzeuge in den sicheren Hafen einlässt. Die beiden Wracks sollen Walfischfänger sein, die heimlicher Weise von den eigenen Matrosen in Brand gesteckt wurden, damit die Leute nicht wieder mit ihnen in See zu gehen brauchten.
Schon bei unserer Anfahrt zeigte sich übrigens Leben und Bewegung genug. Vor dem Hafen glitt eine Masse von Kanus mit ihrer eigentümlichen Form und den Augen eines Europäers allerdings sonderbar erscheinenden „Seitenkufen“ herüber und hinüber, und im Hafen selber lagen mehr Schiffe als ich hier vermutet hatte, obgleich mir später versichert wurde, dass jetzt gerade die Zeit wäre, wo sich die wenigsten Walfischfänger hier aufhielten, da sie fast alle schon nach den südlichen Inseln, Sperm-Fische zu fangen, ausgefahren seien.
Mir blieb aber nicht lange Zeit die Schiffe zu beobachten, denn unser Anker rollte noch draußen, etwa anderthalb englische Meilen von der Küste entfernt, in die Tiefe, und bald darauf erschien auch der Hafenmeister, ein dicker behäbiger früherer Kapitän eines amerikanischen Schiffes, an Bord, und erkundigte sich nach unserem Befinden.
Der Leser muss übrigens nicht glauben, dass das eine bloße Höflichkeitsformel gewesen wäre, Gott bewahre, der Mann meinte es ernstlich, denn als er uns fragte: „Wie geht es euch allen an Bord?“ und ich ihm lachend antwortete: Dank, vortrefflich, und euch? – schüttelte er sehr bedeutend mit dem Kopf, und meinte, nein, so sei die Sache nicht verstanden, und er müsse in der Tat wissen, wie es mit unserer Gesundheit stehe.
Nun hatten wir allerdings befürchtet, dass Honolulu für die von San Francisco kommenden Schiffe eine Quarantäne haben möchte, da gerade auch in dieser Zeit die San Francisco-Zeitungen einen Weheruf über die in ihrer Stadt zunehmende Krankheit ausstießen, und mehrere Schiffe dicht vor uns abgegangen, also wahrscheinlich auch schon hier eingetroffen waren. In San Francisco hatten sie aber trotzdem unserer „JANE REMORINO“ einen ganz vortrefflichen Gesundheitspass mitgegeben, und in Honolulu selber waren sie zu vernünftig, große Vorkehrungen gegen eine Seuche zu treffen, gegen die sie ihr vortreffliches Klima schon allein und viel vollständiger schützte. Nur Schiffe, die wirklich Cholerakranke an Bord hatten, wurden, wie ich glaube, einer kurzen Quarantäne unterworfen, da sich aber an Bord unseres Fahrzeuges alles glücklicherweise wohl befand (mit Ausnahme des Steuermanns, der noch etwas von den Folgen seines „stillen Suffs“ litt), machte man auch nicht die mindeste Schwierigkeit, uns an Bord zu lassen.
In Ermanglung einer als Zeichen gelten sollenden weißen Flagge hissten wir ein allerdings schon etwas gebrauchtes Handtuch am Fockmast auf, und fuhren dann gleich nach dem Hafenmeister (der zugleich auch hier Lotse ist, und jetzt erst noch einige andere mit uns gekommene Schiffe besuchen musste) an Land.
* * *
Honolulu und die Sandwichinseln
Honolulu und die Sandwichinseln
Zwischen den Korallenriffen, über denen sich die schäumende Flut brach, und den schon im Hafen liegenden Walfischfängern, schoss unser gutes Boot, von vier Matrosen gerudert, hin, und bald lagen wir an dem aus weißen rauen Korallenblöcken behauenen Werft, wo eine bunte Schaar in die lebendigsten Farben gekleideter Eingeborner gleich über uns herfiel, und meine im Boot liegenden Habseligkeiten vor allen Dingen als gute Beute nach Gott weiß wie viel verschiedenen Hotels und Restaurants abschleppen wollte. Natürlich jagte ich sie gleich wieder an Land, und beschloss mich erst selber einmal nach einem Orte umzusehen, wo ich „mein Haupt hinlegen könnte“ (lieber Gott, in der Nähe der vielen Missionare fange ich schon selber an, Bibelstellen zu zitieren), ehe ich mich den ungewissen Händen und der noch viel ungewisseren Ehrlichkeit dieser „christlichen Naturmenschen“ überließ. Ich war übrigens erstaunt, hier schon so viel „Kultur“ zu finden, denn in New-York oder Berlin hätten es die vereidigten und unvereidigten Kofferträger nicht um ein Haar breit schlimmer machen können. Die Kultur sollte ich aber noch viel weiter vorgerückt finden, denn wie mich zuerst das dem Anscheine nach unfruchtbare Aussehen der Insel bei der Annäherung überrascht hatte, so setzte mich jetzt wieder die, wirklich nicht geahnte Zivilisation in Erstaunen, die ich überall fand.
Ich war in dem Glauben nach Honolulu gekommen, eine noch ziemlich wilde Insel der Südsee zu finden, und ungestört in den Kokoswäldern mit den wilden Eingeborenen umherstreifen zu können, und fand an dessen Statt, an der Stelle, wo ich eben diese üppige tropische Vegetation vermutet hatte, nichts weniger als tropische Kegelbahnen, Billard- und Schenkzimmer, und so nüchterne Gesichter, wie ich sie mir nur in irgendeiner großen Stadt Europas oder Amerikas hätte wünschen können.
Doch nein, alles Eigentümliche hatte der christliche Einfluss der Missionare den Eingeborenen doch nicht geraubt; die gelbbraune Haut, das schwarze lockige Haar, das funkelnde lebendige Auge, die raschen kräftigen Bewegungen und Gestikulationen hatten sie noch, und die wunderlichsten Gruppen begegneten meinem froh umherschweifenden Blick schon am Strand, wo eine ziemliche Anzahl teils an den Häusern herumkauerte, teils müßig stand, teils Früchte und Gemüse feilhielt, Kisten und Pakete schleppte, Handkarren zog, Ochsen trieb, Straßen reinigte und sich jedem weiteren Segen der Zivilisation, allem Anscheine nach willig, unterzog.
Aber mir blieb nicht lange Zeit solche Betrachtungen anzustellen, denn vor allen Dingen musste ich mich nach einem Aufenthalt für mich selber umsehen, zu welchem Zweck mir von einem deutschen Handelshaus dort das Hôtel de France, ein französisches Gasthaus, empfohlen wurde, und wenige Stunden später war ich auch dort schon vollkommen häuslich eingerichtet. Meine Sachen hinauf zu transportieren, erlaubte mir Herr Hackfeldt, ein früherer Schiffskapitän und jetziger sehr angesehener Kaufmann in Honolulu, seinen Güterkarren, und einige Kanakas, wie die dortigen Eingeborenen sich selber nennen, zu nehmen, und mich vorher nach dem Preis erkundigend, den ich ihnen etwa zu zahlen hatte, machte ich mich mit ihnen auf den Weg – hätte aber auf dem Marsch dorthin beinahe noch ganz unschuldiger weise einen Volksauflauf verursacht.
Ich trug nämlich eine Flasche mit in Spiritus aufbewahrten kalifornischen Schlangen, Eidechsen, Käfern, Raupen, Spinnen u. s. w., damit sie auf dem Wagen nicht zu sehr geschüttelt werden sollten, in der Hand, und einer der „Kanakas“ bekam die Witterung davon. Neugierig, wie sie alle sind, trat er rasch näher, die wunderlichen Dinge zu beschauen, andere, an denen wir vorbeikamen, mussten ebenfalls wissen um was es sich handle, und ehe zwei Minuten vergingen, hatte ich einen Schwarm von wenigstens fünfzig Menschen um mich herum, der jetzt wie eine Lawine anwuchs. Ich musste die Flasche auf den Karren und zwischen das übrige Gepäck tun, und nur froh sein, dass sich die Polizeidiener (deren es in Honolulu fast so viel gibt wie in irgendeiner deutschen Stadt) der Sache schon tätig angenommen hatten.
Aber auch noch ein junger Weißer schien sich für die Gegenstände, wenigstens für einen Teil derselben, lebhaft zu interessieren. Es war dies ein junger Bursche von etwa vierzehn oder fünfzehn Jahren, der, wie es schien, unter jeder Bedingung einen von meinen kalifornischen Bogen und Köchern mit Pfeilen kaufen wollte, und sich nun unbeschreiblich erstaunt bezeigte, dass es jemanden auf der Welt geben konnte, dem eine solche Sache nicht feil sei, noch dazu da ich zwei davon hatte. Endlich rückte er mit der Ursache heraus, weshalb er die Gegenstände nicht allein zu haben wünschte, sondern haben müsste, er gehöre nämlich zu der Gesellschaft Kunstreiter – war ich denn auf den Sandwichsinseln? – die eben von San Francisco herüber gekommen wäre, und hier ihre Vorstellungen gäbe, und da er selber gerade beabsichtige, am nächsten Abend einen nordamerikanischen Wilden vorzustellen, so würde ich wohl einsehen, dass er das nicht gut ohne Bogen und Pfeile tun könne, und ihm einen der meinigen, sei es zu welchem Preis es auch wolle, überlassen möge. Da ich übrigens, selbst nicht einmal im Interesse der Kunst darauf eingehen mochte, musste er seinen nordamerikanischen Indianer wirklich ohne Pfeil und Bogen reiten.
Ich logierte also im Hôtel de France (der Leser darf freilich nach dem Titel keinen europäischen Maßstab anlegen), und allerdings sehr gut, aber auch ganz nach kalifornischen Preisen, nach denen sich überhaupt diese Insel, ihrer bedeutenden Verbindung mit San Francisco wegen, stark zu richten beginnt. Kost und Logis war 12 Dollars die Woche, der Platz aber sonst freundlich und luftig, und der Wirt, ein Franzose, artig und zuvorkommend.
Honolulu selbst ist ein kleines freundliches Städtchen, dem in den meisten Straßen Alleen von einem lindenartigen Tulpenbaum (hibiscus tiliaceus), der im Inneren wild wächst, etwas ländliches oder sogar gemütliches geben. Die Häuser sind meistens niedrig, aber großenteils mit Gärten versehen, hie und da ragen einzelne stattliche Kokospalmen empor, und die häufig vorkommenden palmenartigen Farren und sehr hübschen Ölnussbäume (aleurites tribola, dort Kui Kui oder Kukui genannt) geben dem ganzen Orte jenen tropischen Anstrich, der ihn für den Nordländer natürlich nur noch so viel interessanter macht. Manche glauben dabei, dass die Stadt noch an vielen Stellen durch die strohgedeckten Hütten der Eingeborenen entstellt werde, gerade die aber waren es, die ich ungern in dem Ganzen entbehrt hätte, denn eben diese ganz aus Stroh oder Schilfgras aufgeführten Gebäude mit ihren geflochtenen Türsimsen und glatt und fest bis auf den Boden hinunterreichenden Dächern, über denen die federartigen Farren und Bananen ihre breiten Blätter ausstreckten, und vor denen die sauber geflochtenen Matten lagen, bildeten den alten Urstamm der Gebäude von Honolulu, und all die anderen aus China und den Vereinigten Staaten eingeführten hölzernen Häuser standen nur wie geduldete Fremdlinge zwischen den, sich dort heimisch fühlenden Eingeborenen.
Hie und da trifft man auch Steinhäuser, wie z. B. das Regierungsgebäude, mit seiner goldenen Krone über dem gewölbten Tor, und viele andere Privatwohnungen und Kirchen; durchschnittlich bestehen aber doch die meisten, besonders im Geschäftsteile der Stadt, aus Holz, und die Strohhütten bilden mehr die Vorstädte Honolulus.
Die beiden festesten Gebäude – das Fort selbst nicht ausgenommen – sind jedenfalls das Zollhaus und einige Kirchen, sämtlich aus Korallblöcken aufgeführt.
Hier muss ich mich vor allen Dingen mit dem Leser über den Ausdruck Korallen verständigen, der mir da nur zu leicht einen viel zu romantischen Begriff von dem, sonst roh genug aussehenden Baumaterial bekommen könnte; ich weiß wenigstens, wie es mir selber früher mit solchen Beschreibungen gegangen. Die Korallenart, die sich hier findet, ist die weiße, und steht allerdings, wenn in jungen Schösslingen angesetzt, zart und fein genug aus, mit ihren alabasterartigen Armen und Auszweigungen; mit der Zeit füllen sich aber diese Räume zwischen den Zweigen vollkommen aus, und bilden dann eine schmutzig weiße, sehr poröse und leichte, aber doch feste Steinmasse, die besonders viel Kalk enthält, und aus welcher auch Kalk gebrannt wird, während man die, so gut es gehen will, behauenen Steine oder Blöcke zu Werften, Mauern und Häusern verwendet. Dem Aussehen nach hat diese Korallenmasse Ähnlichkeit mit dem Tropfstein, nur dass sie nicht so fest und hart ist.
Dicht am Werft und nur eine kurze Strecke vom Fort entfernt, steht ein geräumiges luftiges Markthaus, ebenfalls von Stein aufgeführt; die Eingeborenen sind aber so an ihre alten strohgedeckten Plätze, teils diesem gegenüber, teils in anderen Teilen der Stadt gewöhnt, dass es wahrscheinlich erst eines ganz bestimmten Gesetzes bedarf sie dort, wo sie, wenn auch keinen bequemeren, doch gewiss reinlicheren Platz haben, hineinzubringen. Die bisherigen Marktplätze zeichnen sich durch nichts vor anderen derartigen Orten südlicher Städte aus, ja selbst der Fischmarkt ist nicht besonders reichhaltig, und an Früchten sind diese Inseln so arm, dass gute Apfelsinen sogar von Tahiti hierher verschifft und mit Nutzen verkauft werden. Selbst die Apfelsinen aber, die hier wachsen, eine saure, sehr geringe Qualität, sind sehr teuer, jedes einzelne Stück kostete nach deutschem Gelde 2½ Ngr., Kokosnüsse 10 Ngr., und selbst für Bananen zahlte man das Vierfache dessen, was man in Rio de Janeiro dafür zu zahlen hatte.
In demselben Verhältnis stand es mit den Kartoffeln, die der kalifornische Markt und der stets sich mehrende Bedarf dorthin auf eine wahrhaft unnatürliche Weise in die Höhe getrieben; überhaupt waren sämtliche Lebensprodukte, besonders im letzten Jahre, auf eine für die dort anlaufenden Walfischfänger besonders sehr unangenehme Weise gestiegen, und es bedurfte später fast noch eines vollen Jahres, ehe sie, durch die immer vergrößerte Einfuhr sowohl nach San Francisco, hauptsächlich aber durch den dort rasch steigenden Acker- und Gartenbau, wieder ebenso rasch fielen, immer aber noch die auf die Kultur des Landes verwandte Arbeit reich vergüteten.
Wenn der Markt auch nicht selber, so haben doch die einzelnen, in der Stadt herumgehenden Verkäufer manches Eigentümliche, die nach Art der Chinesen alles, was sie zum Verkauf bei sich führen, an einem, etwa vier Fuß langen Stock und bis fast zum Boden niederhängenden Kalebassen tragen, von denen die wieder, die den aus den Tarowurzeln bereiteten Brei oder Poë enthalten, mit ebensolchen Kalebassenstürzen bedeckt sind. Sie schlendern damit höchst gemütlich durch die Straßen, oder kauern auch geduldig an den Ecken, bis sich ein Käufer findet.
Diese Händler, welche Früchte, Fische, Hühner, Truthühner, Schweinchen, Eier etc. in der Stadt herumtragen, sind nur Männer, bei den Märkten halten jedoch auch Frauen feil. Der Hawaiier oder Kanaka, wie er allgemein genannt wird, kann aber mit sehr wenig Arbeit auskommen; oft sieht man einzelne von ihnen, die mit einem Dutzend Eiern oder zwei Hühnern stunden-, ja tagelang in der Stadt herumlaufen, und mit einer fabelhaften Geduld immer wieder zu demselben Preis ihre Ware feilbieten – sie haben sich einmal den Preis gesetzt, und gehen nicht davon ab, und sollten sie auch genug Zeit versäumen, indessen noch dreimal so viel zu verdienen, bis sie ihn erhalten haben. Von dem Wert der Zeit scheint der Kanaka überhaupt nur einen sehr unvollkommenen Begriff zu haben, denn Leute die dort schon lange ansässig sind, haben mir versichert, man könne bei ihm, und wenn er an dem entferntesten Teil der Insel wohne, die Produkte die er erzieht, um nichts billiger am eigenen Platze bekommen, als er im Stande ist, sie auf dem Markt von Honolulu zu verwerten – die Tage, die er dazu braucht, sie dorthin zu schaffen, zu verkaufen und wieder zurückzukehren, rechnet er gar nicht.
Was nun den Volksstamm selber betrifft, so lässt sich da allerdings nach Honolulu kein vollkommener Maßstab mehr anlegen. Die Leute sind hier in moralischer wie physischer Hinsicht entartet, und Christentum wie Walfischfänger haben sich in die Hände gearbeitet (so verschieden diese beiden Begriffe auch sonst immer von einander sein mögen) das arme Volk von der Erde so viel wie möglich zu vertilgen, oder was zurück blieb an Geist wie Körper zu Grunde zu richten. Es klingt das scharf und übertrieben, und die amerikanischen Geistlichen würden darüber die Hände über dem Kopf zusammen und die Augen zum Himmel aufschlagen, wenn sie es läsen – aber es ist leider eine Tatsache, die man nicht allein fühlt und empfindet, wenn man unter den Leuten selber wohnt, sondern die sich auch sogar durch statistische Tabellen auf die kleinste unbedeutendste Seele hinunter berechnen ließe.
Was nun die Eingeborenen der Insel, vorzüglich die Oahus betrifft, so sind sie was man so „zivilisiert“ nennt. Die Männer tragen statt des sonst einzigen schmalen Schamgürtels, Hemden, und auch manchmal Hosen, und die Frauen gehen in bunten Kattun oder Seide gekleidet. Viele von ihnen können auch, dank den wirklich tätigen – oft zu tätigen – Bemühungen der Missionare schreiben und lesen, und zu tätig nenne ich sie deshalb, weil sie an mehreren Stellen sogar anfingen Gesetze zu geben (natürlich alles durch die Häuptlinge, später bis aufs Blut leugnend, dass sie selber auch nur das mindeste damit zu tun hätten), dass junge Leute, die einander heiraten wollten, nicht mit einander getraut werden durften, wenn sie nicht schreiben und lesen konnten. Welchen moralischen Einfluss ein solches Gesetz ausübte, lässt sich etwa denken, noch dazu wenn man die jetzige weibliche Bevölkerung der Inseln dabei sieht.
Die Bücher, die sie haben, sind ihnen von den Missionaren übersetzt und geschenkt und bestehen, außer einigen Lehrbüchern, nur in religiösen – streng orthodoxen Schriften, die Bibel – ein circa 12–13 Zoll dickes Buch,– nimmt den ersten Rang darunter ein, denn ich zweifle nicht im geringsten, dass die Kanakas ebenso die meiste Achtung vor den dicksten Frauen, wie vor den dicksten Büchern haben werden, und wie es eine Riesenarbeit für die Missionare gewesen sein muss, dieses Buch in die Kanakasprache zu übersetzen (wobei nicht allein die einfache Übersetzung nötig war, sondern eine wahre Unmasse von Worten, ja selbst Wortlaute erst förmlich für ihre Sprache erfunden und ihnen verständlich gemacht werden musste), ebenso ist es jetzt sicherlich eine noch viel größere Arbeit für die Kanakas, das Geschriebene, das für sie von einer ganz fremden Welt handelt, zu begreifen und – zu glauben. Wir können ja das Beispiel nur an uns Christen selber nehmen, von denen kaum die Hälfte wirklich glaubt, und von dieser Hälfte kein Viertel wieder begreift, was es glaubt, während sich die Geistlichen der verschiedenen Sekten selber über Wortbedeutungen in den Haaren liegen. Was müssten die Folgen sein, gäbe sich der Kanaka mit all seinen geistigen Kräften dem Studium dieser Lehren hin? Glücklicherweise ist er weit davon entfernt, sich die Bücher oder die Lehren sehr zu Herzen zu nehmen oder gar viel darüber nachzudenken, Einzelne natürlich ausgenommen. Er betet, wenigstens öffentlich, keine Götzen mehr an, zahlt und tut für seine Priester und Lehrer was sie von ihm verlangen, ist getauft worden und betrachtet sich nun als einen vollkommenen guten und „fertigen“ Christen, der, wenn er stirbt, ohne weitere Vorrede in den Himmel und zur ewigen Seligkeit eingeht.
Erst in seiner letzten Stunde, wo er sonst seiner Auflösung mit froher Zuversicht, oder wenigstens mit Gleichgültigkeit entgegen ging, packt ihn das, was er von den ewigen Strafen der Christen gehört – er sieht meist nur den zürnenden Gott der neuen Lehre, für den er, wie er recht gut weiß, gerade nichts Besonderes getan hat, ihn sich zum Freunde zu machen, und Angst und Entsetzen vor dem nimmer endenden Strafgericht fasst ihn, bis ihn der mitleidige Tod endlich von sich selbst befreit, und ihm die Zweifel löst, die seine bange Seele in Nacht und Grauen gefangen hielten.
Die Herzen der Eingeborenen mag übrigens der Eifer der Missionare auf diesen Inseln vollkommen gebessert haben, das ist möglich; ich kann wenigstens das Gegenteil nicht behaupten, äußerlich hat er auf den Eingeborenen aber wenig Einfluss gehabt, und ihn weder gebessert noch veredelt. Die Insulaner stehlen nicht, weil ihnen das unter den strengsten und unnachsichtlich ausgeführten Strafen verboten ist, sie betrügen aber wo sie können, und die Frauen? – mit Sonnenuntergang wimmelten in Honolulu die Straßen von bunt gekleideten Frauen und Mädchen, und Leute die dort ansässig waren und das Leben kannten, versicherten mir, dass unter allen diesen auch nicht eine sei die nicht feil wäre. So viel was die Moralität dieser neuen Christen betrifft.
Der Leser wird aber auch etwas Näheres über Tracht und Aussehen der Eingeborenen hören wollen, denn trotz hawaiischen Ministern und Konsuln sind das doch unbedingt die interessantesten Persönlichkeiten auf den ganzen Inseln, und jedenfalls verdient hier wieder das schöne Geschlecht die erste Erwähnung. Die Beschreibung der weiblichen Tracht dieser Inseln macht mir dabei keine Schwierigkeiten, denn sie ist einfach genug, und besteht nur aus einem Hemd und Oberkleid, das nach Art unserer deutschen Staubhemden gemacht, einzig und allein ziemlich dicht am Hals anschließt und bis auf die Knöchel in weiten Falten niederfällt. Der Stoff und die Farbe dieses Oberkleides ist aber sehr verschieden: Es besteht teils aus dem einfachsten, bescheidensten Kattun, teils aus kostbar schwerer Seide, immer jedoch in dem ganz gleichen einförmigen Schnitt. Manche tragen über diese noch seidene Schals oder Tücher, das aber nur sehr wenige, und bloß die reicheren vielleicht, während jedoch irgendein Haarschmuck keinem Eingeborenen Mädchen fehlt. Es ist dies noch ein Überrest der alten Heidenzeit, und ein Glück, dass die Missionare nie erfuhren sie trügen diese Girlanden und Kränze ihrer Lieblingsgöttin „Natur“ zu Ehren, sie wären sonst mit dem ganzen übrigen Bilder- und Götzendienst ebenfalls ausgerottet worden.
Dieser Haarschmuck ist allgemein, und die vorherrschenden Farben dabei sind gelb und rot und grün. Viele tragen Blumen und Kränze. Der eigentliche Originalschmuck der Insulaner besteht aber aus einem schmalen Band von geflochtenen gelben und roten Federn, die sehr hoch unter ihnen geschätzt werden, da sie ihrer Seltenheit wegen schwer zu erlangen sind. Da es vielleicht zu kostspielig für alle war, sich diesen Federschmuck zu verschaffen, alle aber einen Schmuck haben mussten, so ersetzte man die Federn häufig durch runde Binden von geschorener Wolle in diesen Farben, und diese kann sich jetzt jeder verschaffen.
Trotz der schönsten Kleider und Haarputz gehen übrigens die meisten, ja fast alle barfuß, was allerdings für europäische Augen nicht recht zusammenpasst.