Kitabı oku: «Friedrich Gerstecker: Reise in die Südsee», sayfa 4
Aber weshalb? – um Gotteswillen weshalb? –
Weshalb? Hatte er nicht die abgeschnittenen Köpfe dreier Unglücklichen keck und frech hinter sein eignes Glasfenster zur Schau ausgestellt? – und musste er die armen Opfer nicht auf die boshafteste hinterlistigste Weise überrascht haben, dass sie selbst jetzt noch das freundliche unbefangene Lächeln auf ihren Gesichtern trugen und die Augen so klar offen, hielten, als ob gar nichts vorgefallen wäre, indessen ihre verstümmelten Glieder wahrscheinlich irgendwo verscharrt gegen den Mörder um Rache schrien? – Es wäre jedenfalls zu irgendeinem gewalttätigen Schritt gekommen, hätten sich nicht ein paar andere, schon länger dort angesiedelte Franzosen hineingelegt, und den Irrtum aufgeklärt.
Ein Eingeborener lebt aber auf dieser Insel, und sogar in der Residenz selber, der sich bis jetzt noch jeder Zivilisation auf das Hartnäckigste widersetzt, aber wie Goethes Mephisto, im Großen nichts verrichten kann, und es nun im Kleinen anfängt. Selbst die Polizei kann ihm nichts anhaben, oder – was weit wahrscheinlicher ist, steckt mit ihm unter einer Decke, und so durchzieht er die Straßen der Stadt, fortwährend nur seine ganze Aufmerksamkeit darauf gespannt, da zu zerstören, wo andere etwas begonnen zu haben glaubten.
Und dies Individuum ist nichts Geringeres als ein Ziegenbock, der merkwürdiger Weise seine ganzen geistigen Fähigkeiten darauf gerichtet hat, Zettel abzureißen, wo er sie irgend erlangen kann, und damit die verschiedenen Ankleber schon oft in Verzweiflung gebracht hat. Honolulu ist nämlich keineswegs ein so unbedeutender Platz, es hat Druckerpressen und Zeitungen und Kunstreiter und andere Fähigkeiten, die sämtlich angeklebt und gemeldet sein wollen. Die Regierung ebenfalls erlässt sehr häufig Anschläge, und ein Ziegenbock hat in der Tat alle Hände voll zu tun, die Ecken von Zetteln frei zu halten. Das Tier verhält sich dabei auf die schlauste Weise, und wer es sieht, soll nachher noch einmal behaupten, Tiere im Allgemeinen hätten keinen Verstand – oder treibt sie vielleicht ihr Instinkt auch nach angeklebten Zetteln? –
Es war am zweiten Morgen, als ich langsam, mich den neuen Eindrücken die überall auf mich eindrängten in voller Ruhe hingebend, durch die Straßen Honolulus schlenderte und unten, nicht weit vom Fort, einen großen schönen Ziegenbock fand, der mich im ersten Augenblick scheu und misstrauisch zu betrachten schien, dann aber wieder, nach einem vorsichtigen Blick rings umher, der dem Wilde selbst an den ruhigsten sichersten Stellen besonders eigen ist, zwischen den dort zu irgendeinem Bau aufgehäuften oder umhergestreuten Korallblöcken, nach dem reichlich da wuchernden Gras suchte. Ich hätte das schöne Tier vielleicht länger beobachtet, wäre meine Aufmerksamkeit nicht in dem Augenblick durch einen Eingeborenen gefesselt worden, der einen großen Arm voll Zettel zum Ankleben und einen Kleistertopf trug. Der Zettel hatte die Überschrift, „Makana“ irgendeine Belohnung für den Entdecker einer Brandstiftung aussetzend, und mir fiel damals schon das Betragen des Insulaners auf, der, als er auf einen niederen mitgeführten Tritt hinaufstieg, dem Ziegenbock einen misstrauischen Blick zuwarf, und mit der Hand in der er den Kleistertopf trug, nach ihm hinüber drohte. Der Ziegenbock nahm aber allem Anschein nach nicht die geringste Notiz von ihm, und musste gerade in diesem Augenblick ein sehr süßes Grasfleckchen entdeckt haben, denn er schob den Kopf fast ganz zwischen ein paar große Korallblöcke hinein – er hatte den Zettelträger jedenfalls gar nicht bemerkt.
Wunderbarer und wie es mir vorkam, höchst unnützer Weise klebte der braune Bursche seinen Zettel aber entsetzlich hoch, man konnte die Worte, trotz der großen Schrift, kaum erkennen, und erst nachdem er sich fast die Arme ausgerenkt hatte, und irgendetwas dabei in seiner Sprache murmelte, stieg er den Tritt wieder hinunter, nahm ihn unter den Arm und verschwand um die nächste Ecke, nach einer Weile aber – wohl zehn Minuten mochten darüber vergangen sein – kam sein Kopf mit dem Kleistertopf plötzlich noch einmal zum Vorschein, und nach einem langen misstrauischen Blick auf den Bock verschwand er zum zweiten Mal, ohne dass der Ziegenbock auch nur die geringste Notiz von ihm genommen hätte.
Mir kam das alles so merkwürdig und außergewöhnlich vor, dass ich dem Mann folgte, zu sehen was er weiter treibe, ich hatte aber kaum die Ecke erreicht, wo ich ihn mit einem anderen Zettel beschäftigt sah, als es der Ziegenbock wurde, für den ich mich zu interessieren anfing, denn dieser hob jetzt zum ersten Mal vorsichtig den Kopf, schaute aufmerksam die Straße erst hinunter und dann hinauf, und als er Niemand Verdächtiges sah, denn mir mochte er es ansehen, dass ich ihn in seinen Operationen nicht stören würde, kam er rasch zwischen den Korallblöcken vor, war mit ein paar Sätzen auf einem Haufen Bauholz, das wenige Schritte von dort aufgeschichtet lag, und von dem ein Balken schmal und schwankend bis dicht neben den Zettel hinausragte, lief auf diesem hin wie ein Seiltänzer, und ehe ich nur begreifen konnte was er da oben wollte, hatte er den eben frisch angeklebten Zettel erfasst, riss ihn herunter, und wie er den Boden wieder erreichte, war das nasse Papier auch schon, wenn noch nicht verschlungen, doch wenigstens umgekaut.
Ohne sich unten aber weiter aufzuhalten, wanderte er langsam die Straße hinauf, dem Zettelträger nach, und vier Zettel zog er herunter, bei denen ich gegenwärtig war, bis ein Polizeidiener die Straße nieder kam und der Ziegenbock, rasch in eine schmale Beistraße einbiegend, hinter den niederen Bambushäusern verschwand.
Der Eigentümer des Amerikanischen Zirkus, der einen von seinen eigenen Leuten herumgeschickt hatte seine Zettel anzukleben, behielt, da dieser sie nur kaum vier Fuß von der Erde anpappte, nicht einen einzigen oben, und das Ganze einer Schikane irgendeines Nebenbuhlers zuschreibend, beklagte er sich sogar deshalb bei den Gerichten. Gott weiß übrigens ob der Ziegenbock „tabu“ war, das heißt nicht berührt oder geschädigt werden durfte, oder ob es – das Wahrscheinlichere – den Eingeborenen selber Spaß machte das gemütliche Tier in solcher Weise beschäftigt zu sehen, kurz trotz all diesen verschiedenen Vergehungen geschah ihm gar nichts, außer dann und wann einmal vielleicht ein kleiner Klaps, wenn er eben zufälliger Weise gerade von dazu Beauftragten auf frischer Tat ertappt wurde.
Ich versuchte später mein Bestes, den Ziegenbock anzukaufen um die Rasse nach Deutschland zu verpflanzen; der Reingewinn bei einer Gattung Tiere, die allein an Makulatur gezogen werden konnte, wäre enorm gewesen, der Besitzer wollte ihn aber unter keiner Bedingung veräußern.
Was die Regierung des Landes betrifft, so ist diese rein monarchisch. Kamehameha III. regiert als unumschränkter Herrscher, d. h. seine Minister, zwei Amerikaner und ein Schotte, regieren für ihn, und Se. Majestät suchen indessen den Fremden, welche stets behaupten wollen er stünde unter der Herrschaft der Missionare, auf das Kräftigste zu beweisen, dass dies nicht allein keineswegs der Fall ist, sondern dass sie sogar, wenn dies nur die Missionare litten, das Verbot der Branntweineinfuhr total aufheben würden. Über diese beiden etwas schwer zu vereinigenden Beweisgründe soll der arme Mann in den letzten vierzehn Tagen noch gar nicht nüchtern geworden sein.
Wer weiß übrigens ob er, wenn sich selber überlassen, so stark trinken würde, und ob nicht gerade das Verbot und das Aufpassen und stete Mahnen der Missionare dem alten Häuptlingsstolz gegenüber viel dazu beiträgt ihn mehr aus Ärger als Betrübnis nach der Flasche greifen zu lassen. Was ich sonst über ihn gehört habe, war nur zu seinem Vorteil. Er soll, wenn sich selbst überlassen, ein gutmütiger, ja selbst liebenswürdiger, nur natürlich gegen Fremde etwas misstrauischer Mann und außerdem noch ein vortrefflicher Boxer und Reiter sein und, wenn auch eben nicht sehr groß und robust gebaut, doch ungemeine Körperstärke besitzen.
Über die Damen des Hofes habe ich leider in der kurzen Zeit meines dortigen Aufenthalts gar keine Erkundigungen einziehen können.
Was nun die Bewohner von Honolulu betrifft, so ist ihre Bevölkerung, wenn auch nicht so gemischt wie die San Franciscos, dieser doch ebenfalls gar nicht so viel nachstehend. Das Proletariat, um von unten anzufangen, besteht nur in den Kanakas selber, und einigen, sehr wenigen ganz ordinären Branntweinschenken für Matrosen, die von Europäern gehalten werden.
Die Kanakas selber leben ungemein einfach und mäßig, und das Einzige, was sie sich früher und heimlich auch wohl noch hie und da jetzt an Extravaganzen erlaubten, war ein aus der Awawurzel bereitetes ziemlich berauschendes Getränk; Spirituosen sind ihnen aber gänzlich verboten, und schwere Strafen darauf gesetzt, sie an Eingeborene zu verkaufen, während diese selber keineswegs solches Verlangen darnach zu zeigen scheinen, dem Genuss derselben etwa gierig nachzustreben. Ich kann mich nicht ein einziges Mal erinnern, auch nur einen angetrunkenen Eingeborenen gesehen zu haben.
Ihre Nahrung besteht hauptsächlich aus der Taro- oder Palowurzel (denn sie verwechseln in ihrer Sprache das T und P und L und R fortwährend mit einander, indem ihr Ohr gar keinen Unterschied dafür haben kann) die ihnen dasselbe zu sein scheint, was den südlichen Inseln die Brotfrucht, den Kalifornischen Insulanern die Eichel, den Indern der Reis ist. Der Taro ist eine große starke Wurzel von zwölf bis fünfzehn und selbst mehr Zoll im Umfang, von einer fast purpurähnlichen Farbe, große Stängel und fleischige Blätter treibend, die Ähnlichkeit mit Pfeilspitzen haben aber mehrere Fuß lang und zwölf bis sechzehn Zoll breit sind, während die Pflanze selber durchaus im Wasser oder wenigstens dünnem flüssigem Schlamme gezogen sein will. Die kleinen Plätze in welchen dieses Hauptnahrungsmittel wächst, gleichen deshalb auch vollkommen kleinen Teichen, deren Ränder Bananen, Orangen und Kokospalmen einfassen.
Roh ist die Wurzel ungenießbar, scharf und beißend, gekocht aber vortrefflich und der süßen Kartoffel nicht ganz unähnlich, ja eher noch nahrhafter als diese. Zum Gebrauch wird die Tarowurzel in der Erde gebacken, bis sie trocken und mehlig, dann mit einem Stein zu feinem Mehl und in Wasser zerrieben, bis sie zu einem zähen nicht zu dünnen Brei wird, und dann zum Jähren bei Seite gestellt. Nach vierundzwanzig Stunden etwa hat dieser den nötigen Wohlgeschmack erlangt, und selbst die Art dann ist appetitlich, wie die Masse verzehrt oder besser eingestrichen wird. Auf seine Matte halb ausgestreckt, oder mit eingezogenen Füßen neben der Kalebasse kauernd die das allbeliebte Gericht enthält, fährt der Insulaner mit dem rechten Zeigefinger – der so alleinig zu diesem Gebrauch bestimmt scheint, dass er selbst den Namen Poe-Finger ka rima poe erhalten hat, in den Brei, und mit einem gewandten Schwung, nichts von der dickflüssigen Masse abtropfen zu lassen, bringt er die Labung in den Mund, streicht ab und ist für einen zweiten „Löffel voll“ fertig. Getrockneter oder roher Fisch dient dem Mahl als Würze.
Zu Wassergefäßen benutzt der Insulaner, noch eigentlich aus seiner alten Heidenzeit herstammend, Flaschenkürbisse, die zierlich geschnitten und mit regelmäßigen, oft äußerst geschmackvoll ausgeführten Figuren und Arabesken verziert oder gewissermaßen tätowiert werden. Diese mit ein paar Poe-Kalebassen, bilden aber auch in der Tat sein ganzes Küchengerät, und kommt man in eine solche Hütte der Eingeborenen und ist nicht genau mit den Verhältnissen dieser Leute vertraut, wird man sicherlich veranlasst zu glauben, die ganze Familie sei eben mit Sack und Pack ausgezogen, und habe nur das Moskitonetz noch, zum später Nachholen, zurückgelassen. Ein solches Netz mit ein paar Matten gewöhnlich und einem oder zwei mit Faserwolle gestopften Kopfkissen ist auch wirklich das Einzige was sie besitzen, und hie und da sieht man auch die in die Kanakasprache übersetzten kolossalen Bibeln oder ein paar kleinere Gebetbücher herumliegen. Nur unter dem Dach stecken wohl ein paar lange Fischspeere oder Harpunen, oder ein Netz hängt in der einen Ecke, damit sind sie dann „eingerichtet.“
Die Hütten selber bestehen meist aus in die Erde gesteckten und mit Grasmatten dicht überflochtenen Stäben oder dann und wann auch aus Rohr und Bambus.
Die Mittelklasse Honolulus bilden schon einige dort eingewanderte Handwerker mit den besseren Wirten. Einen Mietpferdhalter etc., Schmied und Wagenmacher, Tischler und Schlosser gibt es, und besonders Amerikaner haben sich hier, von der günstigen Lage der Inseln angeregt, niedergelassen. Aber auch das deutsche Element ist vertreten, und außer einem unserer Landsleute, der eine Art Matrosenkneipe hält, gibt es noch mehrere Tischler dort, die sich vortrefflich stehen sollen.
Nach diesen kommen die Kaufleute, Spanier, Franzosen, Engländer, Amerikaner und Deutsche, ein paar Ärzte, Dr. Petri und Dr. Hofmann, Editoren etc., und von diesen schon nicht mehr getrennt, die haute volée der Inseln, einige reiche Grundbesitzer, die Minister des Reiches und – die Missionare.
Der König, Se. Majestät, wie er in allen öffentlichen Dokumenten mit „seinen Ministern und Edlen“ genannt wird, verkehrt meist nur mit seinen Häuptlingen und den Missionaren, doch gibt er auch häufig Audienz, wenn nämlich in einem hinlänglichen Zustand sich sehen zu lassen, und verkehrt außerdem gern in der Stadt, besonders Sachen einzukaufen, wobei sein Kredit bei den Kaufleuten jedoch nicht unumschränkt sein soll.
Nach und nach haben sich auch einige Söhne und Töchter des himmlischen Reiches hier herüber verloren, und Kaufläden und ein Esslokal gegründet, mir waren sie aber nichts Neues mehr, die langbezopften hemdlosen Gestalten in ihren weiten Überkleidern, mit den glatten verschmitzten Gesichtern, nichtsdestoweniger freute ich mich sie hier zu sehen, denn sie gaben dem ganzen Gemälde eine Originalität, die ich ungern daran vermisst hätte.
Die christliche Religion ist jetzt, wenigstens auf Oahu, die allein vorherrschende, obgleich es auf den größeren Inseln noch sehr viele Heiden geben soll. Ganz kürzlich erst haben übrigens die Missionare die Inseln für bekehrt und das Missionswerk dort für beendet erklärt, wie ich erst hier aus den Zeitungen ersah, und nennen sich dort jetzt glaub' ich, nicht mehr Missionare, sondern sind in den Rang angestellter Prediger getreten. Die Sache hat auch einen leicht ersichtbaren Grund. Die Plätze auf den Inseln wurden zu einträglich, die Insulaner bekamen, durch das hohe Steigen der Produkte, zu viel Geld in die Hände und das Augenmerk verschiedener anderer Missionsgesellschaften fing sich an auf die Sandwichsinseln zu richten; neue Sekten wurden deshalb befürchtet, oder überhaupt eine Konkurrenz, und eine solche Erklärung gab anderen Missionen – katholischen ausgenommen, die den Protestantismus nicht als Christentum anerkannten – einen Vorwand mehr, neue Lehrer hier herüber zu senden.
Die Missionare, was von ihnen also nicht in den Staatsdienst übergetreten ist (und es sind sogar einige davon Minister geworden, obgleich sie sich früher nie mit Politik befasst hatten) haben also von nun an ihre festen Gehalte.
Außer diesem besteht aber auch noch eine Seamen's Chapel oder Seemannskapelle, ausschließlich für die dort anlaufenden Schiffe berechnet, deren Prediger ein Mr. Damon, eine zwar im Ganzen religiöse, aber nichtsdestoweniger höchst interessante Zeitung, den „Friend“ redigiert, in dem er nicht allein alles das bespricht, was Religion oder Mäßigkeitsgesellschaften betrifft, sondern auch, durch den Verkehr mit den Seeleuten den Absatz für sein Blatt meist auf den Schiffen findend, ganz interessante Artikel über Reisen und fremde meist mit dem Walfischfang in Beziehung stehende Länder bringt. Die Seemannskapelle hat dabei ein selbstständiges kleines Lokal teils zur Kirche, teils zum Lesezimmer eingerichtet. Das Letztere besuchte ich und fand es mit vier schauerlichen Bildern, riesengroßen kolorierten Abbildungen der Leber des Menschen mit den vernichtenden Wirkungen des Alkohols darauf. Es mag das eine recht hübsche Unterhaltung sein die Tafeln anzublicken, besonders für Leute, die sich ihr Leben lang schon dem Trunk ergeben haben, und nun ziemlich genau beobachten können, wie sie inwendig aussehen, und ich will auch nicht leugnen, dass es viel Gutes haben mag, ihnen die entsetzlichen Folgen unmäßigen Trinkens vor Augen zu halten, da gerade diese auch noch dazu die nichtswürdigsten, mit allen schädlichen Stoffen versetzten Getränke bekommen; wer aber gerade nicht nötig hat, ein abschreckendes Beispiel fortwährend vor Augen zu haben, auf den macht es jedenfalls gerade einen solchen Eindruck wie jener auf einen Pfahl gespießte Kopf in den Pampas.
Gerade in dieser Zeit beschäftigte sich Mr. Damon, der seine Besuche auch versichert, dass er nicht zu den Missionaren gehört, sehr eifrig mit einer japanischen Angelegenheit. Von Kalifornien herüber waren nämlich mehrere geborene Japaner, die früher einmal von einem amerikanischen Schiffe in See aufgefischt waren, angekommen, und beabsichtigten in ihr Vaterland zurückzukehren. Die Amerikaner interessierten sich aber schon damals viel zu sehr für Japan, eine solche Gelegenheit unbenutzt vorübergehen zu lassen und Mr. Damon sammelte gerade, um für sie ein Walfischboot, „KOMPASS“, ein Gewehr, einige Kleider, Schuhe etc. zusammenzubringen. Kapitän Whitmore von dem amerikanischen Schiff „SARAH BOYD“ hatte sich nämlich erboten, sie in Sicht von den Lu-Chu-Inseln abzusetzen, von wo sie dann versuchen mussten die Küste zu erreichen, da sie, sobald die japanischen Autoritäten nur ahnen würden sie wären von einem fremden Fahrzeug dorthin gebracht, nicht allein ihre Freiheit, sondern auch ihre Leben in dringender Gefahr brächten. Wie ich höre ist die Summe in sehr kurzer Zeit zusammengekommen.
Für die Literatur der Sandwichsinseln ist ebenfalls schon manches geschehen, und verschiedene durch Amerikaner angelegte Druckerpressen sind teils beschäftigt Zeitungen, teils religiöse Traktate und Schriften zu drucken.
In Hawaiischer Sprache ist schon die ganze vollständige Bibel erschienen, dann das Neue Testament allein, ferner mehrere Gebetbücher, kleine Fibeln für Kinder sowohl, wie für die erwachsenen Eingeborenen, sie mit europäischen Gegenständen auch in der Abbildung bekannt zu machen und sie die Anfangsgründe ihrer eigenen Sprache in der Schrift zu lehren.
Außer dem „Friend“ dann, der, ein Mittelding zwischen religiösem und Unterhaltungsblatt, mehr für seemännische Leser berechnet ist, erscheint auch noch, in großem Format, der „Polynesian,“ das offizielle Journal der hawaiischen Regierung, das ebenfalls wöchentlich herauskommt, und früher auch noch ein kleines Blatt durchaus den Zwecken der Mäßigkeitsvereine bestimmt, was aber jetzt eingegangen ist und seine Tendenz zum Teil mit auf den Friend übertragen hat.
Früher erschien ebenfalls noch ein Monatsheft, der Hawaiiean Spectator, conducted by an association of Gentlemen, und ebenfalls in Honolulu gedruckt, der aber größtenteils dem Missionswesen gewidmet war und sich nur einige Jahre gehalten hat.
Außerdem sind übrigens schon förmliche Werke auf Honolulu erschienen, wie z. B. Jarves History of the Hawaiiean Isles mit, natürlich dazu in den Staaten angefertigten Holzschnitten, wie mehrere andere Bücher, und die Amerikaner haben hier wie überall bewiesen, dass sie, was sie anfassen, auch vollkommen gut durchzuführen wissen.
Um übrigens auch vom inneren Lande selber etwas zu sehen, machte ich mich eines schönen Morgens mit einem Dr. Petri aus Eisenach, den ich hier das Vergnügen hatte kennen zu lernen, auf den sogenannten Pali oder Pari, einen Felsenabhang, der die südliche Hälfte der Insel von der nördlichen trennt, zu besuchen.
Auf ziemlich guten und lebhaften Pferden ritten wir, der Hauptstraße folgend, gegen die Berge hinauf, und ich kann wohl sagen dass ich seit langer Zeit keinen froheren Nachmittag gehabt habe als damals, wo wir im flüchtigen Galopp durch die wirklich reizende Gegend dieser Insel sprengten, und mit vollen Zügen die balsamische Luft einsogen, die von den grünen Hügeln zu uns herüber wehte.
Als wir die Stadt verließen, hielten wir uns erst, noch eine ziemliche Strecke lang in einer dichten Allee jener lindenartigen Tulpenbäume, die zu gleicher Zeit, nach dem Weg zu, die Einfriedigung für die an die Straße stoßenden Taroteiche bildet, und zu diesem Zweck ganz dicht neben einander, förmlich heckenartig gepflanzt waren. Von Links herüber blitzten die kleinen Wasserspiegel der Teiche aus den breiten saftigen Blättern und den darum her gepflanzten Bananen heraus, und noch etwas weiter hin schaukelten über einzelnen Fischteichen und zwischen schlankem Zuckerrohr vor, hohe Kokospalmen ihre fächerartigen Riesenblätter.
Daran vorüber flogen wir hinein in das offene Land; hie und da schaute ein im europäischen Geschmack gebautes Lusthaus aus dem dunklen Grün der es umgebenden Gebüsche heraus, und bunt zerstreut darum her, aber alle mit kleinen Gärten und wo es irgend anging mit Taroteichen versehen, die der in einem tiefen Graben herüber geleitete Bergstrom mit Wasser versah, standen die niederen Strohhütten der Eingeborenen.
Je weiter wir uns von der Stadt entfernten, desto steiler zog sich der Weg bergan, und rechts ab hörten wir das Rauschen eines Wasserfalls. Der Doktor, obgleich noch nicht lange auf diesen Inseln, war hier doch schon ziemlich gut bekannt und ritt gegen eine Gartenpforte an. Ein kleiner Insulaner öffnete, und ein paar Mädchen mit einem alten Kanaka kamen aus der nächsten Hütte und hielten, als wir abgestiegen, unsere Pferde. Rechts, nur ein kleines Stück vom Haus ab, führte der Weg an den Abhang eines steilen Tales, über das hin wir die Aussicht nach dem gegenüber niedersprudelnden Wasserfall hatten.
Es war gerade kein großartiger, aber ein höchst lieblicher Anblick, den hellen Bach aus den schattigen Büschen herausbrechen und wie im tollen Übermut über die scharfen Felsen in das zwischen 40 bis 50 Fuß tiefe Tal hinabspringen zu sehen, wo er sich in einem kleinen Becken erst wieder von seinem gefährlichen Satz sammelte und erholte, und dann – wie ein „zivilisierter“ Insulaner welcher Christ und guter Bürger geworden – sein freies schönes Leben aufgab und ernst und gesetzt in das kultivierte Tal hinunterfloss. Vorbei war es für ihn mit Wald und Waldeshang, vorbei mit den Freuden, der Lust seiner Jugend; das lag hinter ihm in unersteigbarer Kluft und halb freiwillig halb gezwungen hatte er sich selber aus seinem Paradiese gestürzt. Nicht mehr nach eigenem Gutdünken konnte er jetzt durch das schattige Grün des Waldes brechen und Gottes Güte in seinem eigenen Murmeln und Plätschern preisen – nicht mehr mit den sich zu ihm niedereneigenden Blumen kosen, und unter den alten, langdurchwühlten Baumwurzeln nach bunten Kieseln suchen, die er dann spielend und tändelnd, und seine sorglose Bahn sorglos verfolgend mit ins Tal nahm, sondern jetzt war ihm gezeigt was wirkliches Leben sei, und der Zweck war ihm, nach so viel tausend Jahren von Lust und Freiheit, zum ersten Mal bekannt gemacht worden, weshalb ihn Gott eigentlich erschaffen habe, und weshalb er auf der Welt sei.
Vor allen Dingen musste er erst einmal denen, die ihm diese neue Weisheit verkündigt, die Taro-Teiche füllen, die Gärten wässern und Mühlen und Maschinen treiben, und außerdem noch sämtliche schwarze Wäsche für Stadt und Umgegend reinigen, und endlich, herüber- und hinübergehetzt und gejagt, fortgeleitet wo er im Wege war, hingezogen wo man ihn brauchte, lebensmüde und matt, seine kristallhelle Flut in eine Pfütze verwandelt, im weiten Meere des Unendlichen zu verschwinden. – Ich weiß nicht, was sie dem Bach dafür Alles, im Ozean einst, versprochen haben – aber er hat mir recht leidgetan.
Wir hatten noch ein ziemliches Stück zu reiten und konnten uns deshalb nicht so lang an dem Wasserfall aufhalten. Bald saßen wir wieder im Sattel und galoppierten bergan. Während der Weg hier schlechter wurde und hie und da tiefe Sumpfstellen die Pferde bis an die Knie versinken ließen, hatten wir auch Gesellschaft bekommen. Ein kleiner brauner Junge und ein Mädchen, beide zwischen acht und neun Jahre alt, sprangen in tollen Sätzen neben und vor den Pferden her, Schlamm und Steine mit ihren bloßen Füßen nicht mehr achtend als ob es weiche Teppiche gewesen wären. Trotz ihrer dem Laufen nicht so günstigen Kleidung hielt das Mädchen vollkommen gut Schritt, ja war immer noch 15 bis 20 Schritt voraus, während der braune Bursche endlich, um sich die Sache etwas zu erleichtern, mein Pferd beim Schwanz erwischte und sich nun, es mochte laufen wie es wollte, unter jeder Bedingung mitnehmen ließ. Der Doktor erklärte mir: Die kleine Bande liefe mit, um oben auf dem Pali die Pferde zu halten und einen Real zu verdienen.
Wir waren jetzt nicht weit mehr von dem oberen Ende der Schlucht entfernt, die fast aussieht als ob sie durch irgendeine furchtbare Erschütterung der Erde einmal auseinander gerissen wäre; der Nordost-Passat brauste hier durch das dichte Buschwerk, das mit wildem Pisang untermischt den Weg dicht einschloss, und weit von drüben herüber konnten wir das Rauschen der Brandung hören. Noch eine kurze Strecke, und rasch griff ich meinem Pferd in die Zügel, denn schroff und jäh fiel plötzlich der Boden vor mir ab, und viele hundert Fuß unter mir lag die nördliche Hälfte Woahu's.
Rechts und links hoben sich aber noch hoch und schroff die Abhänge des scheidenden Gebirgsrückens empor, und durch die schmale Schlucht die hierdurch gebildet wurde pfiff der scharfe Nordost so derb, dass wir vor allen Dingen unsere Hüte wahren mussten. Ich steckte den meinigen in die Tasche, stieg vom Pferd, dessen Zügel mein kleiner Begleiter schon gefasst hatte, und gab mich jetzt, in das Gras hingestreckt, ganz dem Eindruck des tief unter mir ausgedehnten Panoramas hin.
Wie ein halb abgerissener Kessel, dessen andere Hälfte das Meer verschlungen hatte und darüber hin brausend nun kochte und gährte und gegen die andere Hälfte anstürmte, stand das Tal, und von der See her stürmten die weißen Schaumwellen der Brandung über die aufragenden Korallenriffe an, und warfen sich in ohnmächtiger Wut bis weit über den Sand hinauf. Der untere fruchtbare Talboden war mit Grün bedeckt – was dort wuchs ließ sich der großen Entfernung wegen nicht bestimmen – und einzelne kleine gelbe Hüttendächer schauten nur still verdeckt daraus hervor. Weit hinten am Horizont glitt ein kleines weißes Segel, und tief im schattigsten Grund bewegten sich einzelne helle Punkte, die ich durch mein Taschenteleskop bald als weidende Kühe erkannte.
Der Himmel hing blau und klar darüber, und der weiße schlanke „Bootsmann,“ der von der See herüberstrich, schien ordentlich auf seinen Fittichen auszuruhen, wie er mit kaum bemerkbaren Flügelschlägen gegen uns anschwebte, als ob er die Fremden aus seinem Heiligtum verscheuchen wollte.
Lautes Sprechen und Lachen um mich her erinnerte mich daran dass ich hier oben nicht allein sei. Am Rande des Abgrunds war noch eine bunte Gruppe von Kanakas, Männern und Mädchen gelagert – alle hier um von heraufkommenden Fremden ein paar Real für Pferdehalten zu lösen. Ein paar Engländer, die aber nicht heraufgekommen schienen die Naturschönheiten des Pali zu bewundern, gesellten sich diesen zu, und einer von ihnen, etwas angetrunken, schien nicht übel Lust zu haben den steilen Weg in das vor uns liegende Tal hinab zu reiten. Er ließ sich zwar endlich von seinen nüchterneren Gefährten bewegen davon abzustehen. Um aber doch eine Entschädigung zu haben, zog er eine lederüberzogene Flasche aus seiner Tasche, bat den Doktor, den er in seinem Leben nicht gesehen hatte, um eine Zigarre, versicherte ihn dass er ihm dieselbe, wenn er einmal im „Old Miner“ vorspräche, von Herzen gern bezahlen wollte, und ließ sich dann neben einem wilden braunen Mädchen, das mit ihm gekommen war, ins Gras nieder, wo er seine Aufmerksamkeit, so lange ich ihn beobachtete, auf das gewissenhafteste zwischen diesem und der Flasche teilte.
Dieser Abgrund hat historische Berühmtheit, denn hier hinab stürzten sich der Fürst und die Häuptlinge dieser Insel, als Kamehameha der Erste oder der „Eroberer“, wie er auch genannt wird (der Großvater des jetzigen Königs), von Hawaii oder Owaihy herüber kam und sich die ganze Inselgruppe mit Gewalt der Waffen unterwarf.
Das Leben dieses alten kühnen Häuptlings hat im Ganzen ungemein viel Romantisch-Ritterliches, und in der alten Welt, wo ihm ein größerer Schauplatz seiner Taten geboten wäre, hätte er vielleicht Gewaltiges geleistet und die Welt von sich reden machen, während er die Regierungen seiner Nachbarstaaten über den Haufen warf, und seine siegreichen Fahnen über die Marken der Grenzer trug. Hier nun hat er das Höchste erreicht was in seinen Bereich gelegt worden – von Hawaii, der Hauptinsel segelte er mit einer kleinen Flotte schwanker Kanus, dem Element wie den Feinden trotzend, aus, unterwarf sich, mit der Kriegskeule in der Hand, sämtliche Inseln der ganzen Gruppe und hinterließ seinen Nachfolgern den glorreichen Titel eines Kamehameha – eines Königs der Könige.
Was würde aber der alte Kamehameha sagen, wenn er jetzt seinen Enkel, Kamehameha den III. in der Staatsuniform und von seinen ebenso aufgeputzten Ministern und Edlen umgeben, auf seinem alten Königssitze erblickte? – Ich glaube der alte Kamehameha hat sich in den letzten dreißig Jahren schon so oft im Grabe herumgedreht, dass er ganz schwindelig geworden sein muss.
Wir bestiegen jetzt unsere Pferde wieder um in die Stadt zurück zu galoppieren, bekamen aber von hier oben aus noch mehr Begleitung als wir hinauf gehabt. Es ging gegen Abend, Reiter wurden nicht mehr oben erwartet, und ein ganzer Kinderschwarm sammelte sich als wir aufsaßen um uns her. Des Doktors Pferd wies gleich von Anfang an jede Vertraulichkeit zurück, meines aber war gutmütiger, obgleich lebendig genug, die kleine Bande mochte es auch vielleicht schon kennen, und ich hatte kaum den rechten Fuß im Steigbügel, so saß mit einem kecken Sprung ein junges Ding von Insulanerin hinter mir auf dem Pferd; drei andere, die beiden ersten von vorhin und noch ein kleinerer Junge, fassten am Schwanz an, der kleinste gab dabei dem Tier mit einer Gerte eins über die Lende, und hinunter den Berg ging's was das Pferd laufen konnte, und die kleine wilde Schaar wollte sich bei den halsbrechenden Sätzen, bei denen sie oft ordentlich in der Luft mit fortgerissen wurde, halb tot lachen, ließ aber trotzdem nicht los bis wir etwa halbwegs zur Stadt und wahrscheinlich in die Nähe ihrer Hütten kamen, wo sie alle vier ebenso schnell verschwanden als sie gekommen.