Kitabı oku: «13 Jahre», sayfa 3

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Zu den ersten tief greifenden Änderungen nach der totalen Machtübernahme der Kommunisten gehörte das Gesetz vom 11. Juni 1948 zur „Nationalisierung“, also Enteignung, der wichtigen Industrieunternehmen, der Bergwerke, Banken, Versicherungen und Transportunternehmen. Im August wurde dann die sogenannte Schulreform beschlossen. Beide Gesetze wurden vom „Volksdemokratischem Parlament“, das jetzt „Große Nationalversammlung“ hieß, verabschiedet. Was die Schulreform angeht, so waren die weitestreichenden Änderungen bei den Humanfächern zu verzeichnen. In der Literatur zum Beispiel waren plötzlich die russischen Schriftsteller die wichtigsten der Weltliteratur und im Geschichtsunterricht drehte sich plötzlich alles um sozialpolitische Bewegungen, Revolten, Bauernkriege und Revolutionen, die zu den größten Ereignissen der Menschheitsgeschichte hochstilisiert wurden. Weitere Änderungen, wie etwa die Tatsache, dass infolge der Reform zukünftig auch Mädchen in unserer Schule zugelassen waren, wirkten sich weniger einschneidend aus. Um die Umerziehung – besonders der Jugend – noch gründlicher zu gestalten, wurden frühere Publikationen aller Art geprüft und nach politisch-ideologischen Gesichtspunkten aussortiert. Aus öffentlichen Bibliotheken wurden mancherorts bis zu 90 Prozent der Bestände entnommen und vernichtet. Täglich rollten Eisenbahnwagen voller aussortierter Bücher zur Schuhfabrik „Banat“, wo mit diesen Büchern die Dampfkessel der Fabrik befeuert wurden. Diese Bücherverbrennung geschah freilich, ohne weltweite Proteste und Empörungen auszulösen.

Diese Zustände wurden keineswegs immer widerstandslos hingenommen. Es gab fast überall örtliche Erhebungen und auch ganz aktive Widerstandsgruppen, hauptsächlich unter dem Kommando ehemaliger Offiziere, die jahrelang die Securitate in Atem hielten. Was aber fehlte, war eine zentrale Organisationsstruktur, weshalb es natürlich nur eine Frage der Zeit war, bis eine Gruppe nach der anderen aufgespürt und vernichtet war. Tausende ehemalige Widerständler sollten, wenn sie nicht hingerichtet wurden, in den folgenden zwei Jahrzehnten die ungezählten Lager und Gefängnisse durchleiden müssen.

In der Zwischenzeit wechselte ich auf die neu entstandene Sportschule, deren Leiter, Professor Iovănescu, ich bereits aus dem Verein für Leichtathletik „Prima Banat“ – später aus politischen Gründen in „Spartac“ umbenannt – kannte. Hier lernte ich neue Freunde kennen, von denen viele Mitglieder unserer Widerstandsbewegung werden sollten. So etwa Jakob Stein, Ernst Warga, Dietmar Brössner und Andreas Jasberenyi. Ferner Emmerich Hochstrasser, Sohn einer angesehenen und wohlhabenden Familie aus Temeschburg, und Egon Zirkl, Sohn des Arztes Emil Zirkl aus Ulmbach, der an den Folgen von Misshandlungen, die er durch serbische Partisanen während seiner zusammen mit seiner Familie im Herbst 1944 versuchten, aber missglückten Flucht nach Deutschland erlitten hatte, schon 1946 verstorben war.

Unser Widerstand 1948–1951

Vor dem Hintergrund der geschilderten Gesamtumstände jener Zeit reifte bei meinen Freunden und mir der Entschluss, gegen die neuen Machthaber Widerstand leisten zu müssen, und zwar organisierten Widerstand. Gleichzeitig wollten wir uns für den großen Krieg zwischen Ost und West, von dessen Ausbruch in naher Zukunft wir – und nicht nur wir – felsenfest überzeugt waren, vorbereiten. Wir dachten an einen freiwilligen Einsatz als Untergrundkämpfer im Falle des Ausbruchs eines Dritten Weltkrieges und wollten zu diesem Zweck weitere Mitstreiter, aus Sicherheitsgründen vorerst nur Deutsche, in einer großen Organisation zusammenfassen.

Die konkrete Gründung unserer Geheimorganisation erfolgte im Herbst 1950, als wir unser Hauptziel definierten: Wir wollten die kommunistische Gewaltherrschaft in enger Zusammenarbeit mit dem rumänischen Widerstand mit allen verfügbaren Mitteln beseitigen. Sozusagen als Solidaritätsbeitrag der deutschen Minderheit.

Zu diesem Zweck wollten wir:

•neue Mitglieder werben und in die Organisation eingliedern,

•Material und Ausrüstung für den bewaffneten Kampf beschaffen,

•Ausrüstungsgegenstände – soweit möglich – fertigen,

•uns eine theoretische Kampfausbildung aneignen bzw. eine solche vermitteln,

•praktische Gelände- und Schießübungen durchführen,

•Propagandamaterial fertigen und verteilen,

•Maßnahmen der Gegenpropaganda durchführen,

•Sabotageaktionen durchführen und

•eine Zusammenarbeit mit gleichgesinnten Geheimorganisationen versuchen.

Wegen meiner schon im Vorfeld gezeigten Initiative sollte ich die Führungsrolle übernehmen. Zu den ersten Mitgliedern unserer Gruppe gehörten Fredi Prack, Franz Bayer und später Harry (Engelhard) Mildt, mein verlässlichster und aktivster Mitstreiter.

Das Sammeln von pyrotechnischen Materialien hatte – wie bereits geschildert – bei uns „Tradition“. Von den seinerzeit gesammelten Materialien hatten wir einen ganz ansehnlichen Haufen gelagert, vor allem Elektron aus Stabbrandbomben, Thermitpulver (ebenfalls aus Brandbomben), militärisches Schießpulver aus Artilleriegranaten und einige Kilogramm TNT in Form von Stangen, Würfeln und Bruchstücken. Dazu ein 0,5-Kilogramm-Würfel Nitrozellulose aus Wehrmachtsbeständen. Wir sammelten auch fleißig deutsche Granatwerfer- und Artilleriegeschosse, manche ohne Zünder, was besonders günstig war, weil man dann gefahrlos an die Sprengstoffladung gelangen konnte. Von meinem Bekannten Hans Portscheller erfuhren wir zum Beispiel von einem aufgegebenen Munitionslager außerhalb der Stadt. Wir begaben uns hin, sammelten etwa 20 Sprengkörper und vergruben sie in einem Granattrichter, von welchen es viele in der Umgebung gab. Geplant war, später den gesamten Munitionsbestand nach und nach in die Stadt zu schaffen. Vorläufig nahmen wir jedoch nur zwei oder drei Geschosse mit, aus welchen ich fast zwei Kilogramm TNT gewinnen konnte.

Eine heiklere Aufgabe war die Fertigung von brauchbaren Brandsätzen, Nebeltöpfen, Zündkapseln, Zündschnüren und der Kleinkalibermunition für Schießübungen. Als Material für Brandsätze besaß ich noch die erwähnten unverbrannten Wandungsstücke der Brandbomben, doch konnten wir deren Bearbeitung nur während der Abwesenheit meines Vaters in dessen Werkstatt vornehmen. Das war meistens sonntags möglich, und zwar im Sommer, wenn meine Eltern beim Angeln waren. Ich blieb an solchen günstigen Tagen daheim, für gewöhnlich mit der Ausrede, dass ich zu einer sportlichen Veranstaltung müsse. Dann wurden meine Kameraden schnell zur Arbeit zusammengetrommelt und es wurden aus Stabbrandbombenresten zylindrische Körper gedreht, aus denen Brandsätze gefertigt werden sollten. Wir haben nach und nach etwa ein Dutzend hergestellt und gelagert. Die Erprobungen dieser von mir entwickelten Brandsätze wurden im Gelände an der Temesch durchgeführt. Im letzten Jahr unserer geheimen Tätigkeit wurde Herbert Winkler zu unserem Chemiker. Die von ihm geschaffenen Zündschnüre brannten verlässlich, sogar unter Wasser, und nachdem es ihm gelungen war, auch Füllungsmaterial für Nebelgranaten zu mischen, bauten wir auch solche.

Die Beschaffung von Waffen und Munition war ebenso ein permanentes Ziel unserer Tätigkeit. Neben meinen bereits erwähnten Schusswaffen besaß Franzi noch zwei Taschenpistolen, eine Sauer & Sohn und eine französische FN, beide im Kaliber 6,35, sowie eine halbautomatische sechsschüssige KK-Büchse. Außerdem hoffte ich, eine beschädigte, nicht komplette russische Schpagina-Maschinenpistole einsatzbereit machen zu können. An KK-Munition besaß ich damals noch einige Dutzend originale „Geco“-Patronen, die ich aber zu Übungszwecken nicht vergeuden wollte, denn im Handel gab es diese nicht mehr. Da wir für unsere Übungen jedoch so viel Munition als nur möglich brauchten, begannen wir, verschossene Patronenhülsen neu zu befüllen, was uns auch mit Erfolg gelang. Das notwendige militärische Schießpulver war in Mengen vorhanden und die passenden Bleigeschosse wurden in Serie gegossen. Einen guten Teil dieser Patronen verschossen wir aus meinem Flaubert, als Übungswaffe zum Pistolenschießen diente die Frommer-Baby.

Seit ich im Herbst 1950 auf die Sportschule gewechselt war, durfte ich an den dort vorgesehenen Schießübungen und Wettbewerben mit KK-Gewehr und Pistole teilnehmen. Eines Tages sprach mich unser Schießlehrer, Professor Silviu Bejan, an und fragte mich, ob ich eine kleinere Reparatur an einem der KK-Gewehre der Schule vornehmen könne. Ich bejahte und wurde ab da der „Waffenmeister“ der Schule. Dass er sich mit dieser Frage an mich wandte, war kein Zufall, denn er kannte als Kunde unserer Firma meinen Vater als guten Feinmechaniker. Vielleicht dachte er auch, dass mein Vater schon einspringen würde, wenn es zu Schwierigkeiten käme, und damit würde die Instandsetzung auf jeden Fall kostenlos erfolgen. Es gab aber keine Probleme, denn ich konnte die Waffe gut allein reparieren. Weil wir für einen der folgenden Tage eine Geländeübung eingeplant hatten – wir nannten sie etwas großspurig Frühjahrsmanöver –, brachte ich die reparierte Waffe jedoch nicht umgehend zum Schießstand zurück. Wir nahmen das Gewehr eingewickelt in eine Decke und aufs Fahrrad gebunden wie ein unauffälliges Gepäckstück mit. Draußen im Gelände an der Temesch konnten wir ungestört unsere Übungen durchführen. Wir fühlten uns dort sicher, zumal abwechselnd je einer von uns auf einem Weidenbaum sitzend die Umgebung beobachtete. Hier hatten wir die Möglichkeit, Ziele weit über 100 Meter anzuvisieren und zu beschießen, was im Schießstand der Schule nicht möglich gewesen wäre. Es wurden an diesem Tag mehr als 200 Schuss unserer selbstgefertigten KK-Munition verschossen, ohne dass es dabei einen einzigen Versager gegeben hätte, was schon bemerkenswert war. Auch die damals von uns probeweise gezündeten Brandsätze und Rauchgranaten funktionierten einwandfrei.

Ein anderes Areal, in welchem wir uns auch einige Mal aufhielten, war eigentlich ein richtiges militärisches Übungsgelände und wurde von der Armee sporadisch genutzt. Harry und ich hatten hier schon in unserer Jugendzeit gespielt. Hier gab es immer wieder neu angelegte Schützengräben und auch Stellungen für leichte Artillerie und Granatwerfer. Wenn das Militär nicht übte, war das Gelände für jedermann frei zugänglich. Wir nutzten das Areal, um die militärischen Anlagen zu studieren und um – meist unter Harrys Anleitung – Geländeübungen wie etwa Anschleichen und Orientieren zu veranstalten.

Im Rahmen der theoretischen Kampfausbildung betrachteten wir es auch als nützlich, einschlägige Filme zu gucken und zu analysieren. Es waren ausnahmslos ausländische Filme, die zumeist den Widerstand gegen die deutschen Besatzer zum Thema hatten. Viele dieser Streifen kamen aus Frankreich und waren ziemlich gut gemacht. Die Methoden der Untergrundtätigkeit wurden darin zum Teil sehr ausführlich und plastisch dargestellt. Einer der besten damals gesehenen Filme war der holländische Streifen „Kämpfer im Schatten“. Ebenfalls als eine Art der theoretischen Vorbereitung betrachtete ich die Gespräche, die ich damals mit verschiedenen Kriegsteilnehmern führen konnte.

Zum Beispiel wohnte seit Kurzem bei uns im Haus der junge Ernst Höhr mit seiner Frau. In Ernst, mit welchem ich mich schnell anfreundete, fand ich einen guten Erzähler, der bereitwillig von seinen Fronterlebnissen bei der Division „Florian Geyer“ berichtete. Er war einer der vielen volksdeutschen Jungen, die ihren Dienst ab 1941 in der rumänischen Armee an der Ostfront taten. Unzufrieden mit der rüden Behandlung durch die Vorgesetzten und die miserable Verpflegung nutzte er eine Gelegenheit, die sich bei einer chaotischen Situation ergab, und türmte zu den verbündeten deutschen Truppen. Als er sich dort bei einem Offizier meldete, wollte dieser ihn, um Ärger zu vermeiden, zu den Rumänen zurückschicken. Es bestand in dieser Hinsicht ein Abkommen zwischen beiden Mächten, wonach jede Seite verpflichtet war, Deserteure des anderen auszuliefern. So gab es mit der Zeit mehr als hundert Fälle volksdeutscher Soldaten, die aus den geschilderten Gründen zu den Deutschen desertierten, aber entsprechend dem Abkommen an die Rumänen ausgeliefert wurden. Diese „Fahnenflüchtigen“ wurden in Rumänien zu sehr schweren Strafen verurteilt, es wurden zur Abschreckung sogar einige Todesstrafen verhängt. Trotzdem mehrten sich im Sommer 1942 die Fälle dieser Art Fahnenflucht, und nach Intervention der deutschen Volksgruppe unter Führung von Andreas Schmidt, der forderte, dass die Praxis der Auslieferung eingestellt werde, überstellte man die desertierten Volksdeutschen nicht mehr den rumänischen Behörden, was natürlich zu Ärger mit den Rumänen führte. Letzten Endes gelang es den deutschen Verhandlungsführern, ein Abkommen mit der rumänischen Seite zu schließen, aufgrund dessen ab dem 12. Mai 1943 fast alle rumäniendeutschen Männer in der Wehrmacht dienen konnten. Ausgenommen waren nur jene, die durch ihre Ausbildung oder ihren Beruf als Spezialisten galten, wie Lkw-Fahrer, Elektriker, Ärzte oder Ingenieure. Ernst Höhr entkam mit Glück der Auslieferung und diente später in der Kavallerie-Division „Florian Geyer“. Von ihm erfuhr ich viel über den modernen Kampf der Infanterie, besonders über das Verhalten der kleinen Kampfgruppen, aber auch über die Spezialausbildung als Scharfschütze und als Einzelkämpfer. Ich hatte später noch Gelegenheit, ähnliche Themen auch mit anderen gewesenen Kriegsteilnehmern zu besprechen.

Im Rahmen der von uns geplanten Gegenpropaganda sollten politische Vorhaben der Kommunisten gestört werden. Eine gute Gelegenheit zu solch einem Einsatz bot sich, als Sowjetsoldaten den Strandclub ihrer Offiziere am Begaufer, den gewesenen Deutschen Ruderklub, zur Feier des 9. Mai herausputzten. Da gab es eine Bühne, ebenfalls noch aus deutscher Zeit, welche nun mit Girlanden, Spruchbändern, sechs Fahnen und vier großen Bildern der Schöpferväter und großen Führer der Kommunisten Marx, Engels, Lenin und Stalin geschmückt waren. Wir beschlossen, ihnen die Freude zu versalzen. Dabei ging es nicht ums blinde Zerstören, sondern vielmehr darum, ein Zeichen zu setzen. Wir waren zu fünft, als wir am 8. Mai zuschlugen. Meine Erkundungen in den letzten Tagen hatten ergeben, dass das Grundstück abends von den Russen verlassen war. Auch in der benachbarten Anlage, jetzt Klub der Sportschule, die sich bis zur Bischofsbrücke erstreckte, hielt sich nach dem Dunkelwerden niemand auf. In der entgegengesetzten Richtung, also begaaufwärts, befand sich ein dicht bewachsenes umzäuntes Gelände. Nach 21 Uhr trafen wir, das heißt Emmerich Hochstrasser, Egon Zirkl, Jakob Stein, Ernst Warga und ich, uns beim Capitol-Kino. Nachdem wir uns vergewissert hatten, dass sowohl die Umgebung als auch die Anlage selbst unbewacht waren, sprangen wir über den Zaun und machten uns an unsere „Arbeit“. Spruchbänder, Fahnen und die großen Bilder wurden von uns schwer beschädigt, sodass die Fetzen im Wind nur so flatterten. Es war unsere Absicht, die Zerstörung gut sichtbar zu machen, denn wir rechneten damit, dass am nächsten Morgen, wenn tausende Menschen zu Fuß die Bischofsbrücke überqueren würden, diese unser Werk erblicken und gebührend schätzen würden.

Am nächsten Tag nach 7 Uhr, als der Verkehr auf der Bischofsbrücke am größten war, fuhr ich mit meinem Fahrrad auch dorthin. Schon von Weitem konnte ich viele Zuschauer auf der Brücke sehen. Ich blieb stehen und fragte jemanden, was es denn hier gäbe, worauf dieser – nicht ohne ein leichtes Schmunzeln im Gesicht – fragte, ob ich denn nicht sähe, dass die „Reaktion“ zugeschlagen und den Club der Roten Armee verwüstet habe. Ich spielte den Erstaunten und fragte, wie so etwas möglich sei, ob denn die Anlage nicht bewacht gewesen sei? Während ich mit dem Mann plauderte, beobachtete ich die vielen Leute, die um uns herum stehen geblieben waren. Es gab solche, die die „Reaktionäre“ beschimpften, den meisten jedoch konnte man die Genugtuung über den gelungenen Streich an ihren Gesichtern ablesen. Im Inneren der Anlage erschienen einige Soldaten, die sich unter dem Kommando eines Offiziers daranmachten, die Trümmer und Fetzen, die vom Festputz übrig geblieben waren, zu beseitigen. Ich verspürte jedenfalls eine große Genugtuung und später in der Schule eine diabolische Freude, als ich merkte, dass das Ereignis bei vielen Kommilitonen der Gesprächsstoff des Tages war.

Eine ähnliche, allerdings spontane Aktion am Bahnhof in Schag, einer Gemeinde 15 Kilometer südwestlich von Temeschburg, wurde von Fredi, Edi und Andreas durchgeführt. Es war am 6. Mai 1951, einem Sonntag, und wir hatten einen gemeinsamen Badeausflug an die Temesch unternommen. Ich war mit dem Fahrrad unterwegs, während die anderen mit der Bahn fuhren. Die Rückfahrt erfolgte ebenfalls getrennt. Am nächsten Tag dann überraschte mich Fredi mit der Nachricht, dass sie im Wartesaal des Bahnhofs in Schag „aufgeräumt“ hätten. Dieser war noch wegen der Feierlichkeiten zum 1. Mai mit Spruchbändern, Fahnen und den obligatorischen Fotos der „geliebten“ Staats- und Parteiführer unseres Landes und der glorreichen Sowjetunion verziert. Sie meinten, es wäre eine Sünde, diese prächtige Gelegenheit nicht zu nutzen, und im Handumdrehen hatten sie den ganzen Zierat von den Wänden und aus den Rahmen gerissen und zu Müll gemacht. Bald darauf kam der Zug und sie fuhren frisch und froh nach Temeschburg zurück. Über Reaktionen nach dieser Heimsuchung des Bahnhofs haben wir allerdings nichts gehört.

Eine weitere Aktion dieser Art führte ich am 28. April 1951 im Alleingang durch. Die Anlage der Sportschule an der Bega war wegen des bevorstehenden Maifeiertages herausgeputzt. Dietmar Brössner und Andreas Jasberenyi, Schüler im dritten Jahr, hatten als Mitglieder der kommunistischen Jugendorganisation UTC an der Verschönerungsaktion des Clubs mitgewirkt, während wir, UTC-Leute des vierten Jahrgangs, erste Absolventen der Sportschule, von solchen „freiwilligen“ Arbeiten enthoben waren, um uns auf die noch bevorstehenden letzten Prüfungen konzentrieren zu können. Dietmar meinte, dass sich hier eine gute Gelegenheit böte, der UTC-Führung „Pfeffer zu geben“, also begab ich mich nach 21 Uhr, als unser Club bereits verlassen und abgeschlossen war, dorthin. Auf dem gegenüberliegenden Ufer der Bega befand sich der Eisenbahnerclub, wo noch immer Hochbetrieb mit Festbeleuchtung, Musik und Tanz herrschte, ein Umstand, der mir gut zupasskam, denn er lenkte von meinem Vorhaben ab. Also kletterte ich schnell über den Zaun und vernichtete in zehn Minuten den ganzen Schmuck, der in stundenlanger Arbeit mühsam von dutzenden Schulkollegen geschaffen worden war. Ich rechnete damit, dass die Verwüstung schon am kommenden Morgen entdeckt würde, dass aber dennoch keine Zeit mehr bliebe, den Schaden rechtzeitig bis zum Feiertag zu beheben. Am nächsten Tag war das Aufsehen erwartungsgemäß groß: Manche lachten insgeheim, andere, die „Linientreuen“, schimpften. Ich bedauerte lediglich die ebenso mühevolle wie nunmehr vergebliche Arbeit meiner Schulkollegen, die alles so „schön“ vorbereitet hatten.

Die Mitglieder unserer Geheimorganisation waren fast alle auch in der UTC, was wir als wichtige Tarnung betrachteten. Ausgenommen waren lediglich Emmerich Hochstrasser und Jakob Stein, die beide als Kinder ehemaliger Großgrundbesitzer im Jahr zuvor wegen „ungesunder sozialer Herkunft“ (!) (Origine socială nesănatoasă) aus der UTC ausgeschlossen worden waren. Professor Iovănescu, unser Direktor, hatte sich zwar gegen den Ausschluss dieser guten Schüler ausgesprochen, sich jedoch nicht durchsetzen können. Die Oberen der UTC waren offensichtlich wild entschlossen, das „klassenkämpferische Prinzip“ zu wahren. Dass ich in diesem letzten Schuljahr „organizatoricul“, also Klassensprecher geworden war, verdankte ich ebenfalls Professor Iovănescu. Ich war erst von meiner Ernennung, durch welche ich zugleich auch zum UTC-Chef der Klasse wurde, nicht sehr begeistert, fand mich jedoch schnell damit ab, als ich erkannte, dass diese Funktion für mich nicht viele Verpflichtungen mit sich brachte, zugleich aber die bestmögliche Tarnung für meine geheime Tätigkeit darstellte.

Im Laufe des Jahres 1950 beschlossen wir, sogenannte scharfe Einsätze durchzuführen, also Sabotageaktionen, die zugleich auch als Übung für spätere noch gefährlichere Einsätze dienen sollten. Die erste Aktion dieser Art war die Zerstörung einer Telefonleitung der Sowjets, die als Verbindung des Clubs mit der Kommandantur diente. Einen Monat danach folgte unser nächster Streich, bei welchem Emmerich Hochstrasser, Egon Zirkl und ich beteiligt waren. Nach gründlichen Beobachtungen wussten wir, dass es im Parkgelände, durch welches die Leitung zum Club führte, keine Wache gab. Wir zerschnitten die Kabel an zwei Stellen, nahmen ein Teilstück von etwa 50 Meter mit und ließen dieses in der Bega verschwinden. Gerne hätten wir die Reaktion der Russen auf unsere Frechheit gesehen. Den letzten Schlag dieser Art führten wir am 5. Sept. 1951 in dem kleinen Park östlich des Kapitol-Kinos durch, wo ein ganzer Strang von Fernsprechleitungen der sowjetischen Kommandantur vorbeiführte. Mit dabei waren diesmal: Fredi, Harry, Emmerich, Dietmar, Stefan und ich.

Entsprechend unserer Zielsetzung berieten wir oft über die Notwendigkeit der Verbindungsaufnahme zum landesweiten, leider zersplitterten Widerstand. Die bereits angebahnte Beziehung zu einer dieser Gruppen lief aus Sicherheitsgründen nur über Franzi Bayer, was vorläufig auch so bleiben sollte. Wie es sich dann später nach unserer Verhaftung zeigte, war diese Entscheidung richtig. Auf der Suche nach weiteren Widerständlern stieß Fredi im Frühjahr 1951 auf eine kleine Gruppe, bestehend unter anderem aus Hans Engrich und Rudi Kohl. Wir fanden ihre Einstellung im Prinzip ganz in Ordnung, die Jungs ansonsten jedoch noch ziemlich unreif, weswegen ich keine engeren Beziehungen zu ihnen aufnehmen wollte. Jahre später sollten wir noch recht unerfreuliche Erfahrungen mit ihnen machen.

Um erfolgreich zu sein, musste die Organisation ausgebaut und eine Hierarchie beziehungsweise eine Kommandostruktur gebildet werden. Als Ziel schwebte uns vorerst die Bildung dreier Gruppen vor, von welcher jede aus einem Gruppenoberführer, einem Gruppenführer und mindestens sechs bis acht Schützen bestehen sollte. Von den Letzteren sollte möglichst ein Mann eine sanitäts- und ein weiterer eine technische Ausbildung vorweisen können. Unsere vordringlichste Aufgabe blieb aber die Rekrutierung weiterer Mitglieder für die Organisation. Kandidaten suchten wir in unseren Freundeskreisen. Jede vertrauenswürdig erscheinende Person wurde gezielt nach ihrer politischen Einstellung und eventuellen Bereitschaft, in einem geheimen Widerstand gegen den Kommunismus mitzumachen, befragt. Bei positiver Einschätzung unsererseits, das heißt der Führungsgruppe Prack, Mildt, Resch, wurde der Kandidat durch einen von uns näher befragt. Bei weiterer positiv eingeschätzter Entwicklung dieser Befragung – sie dauerte meistens einige Monate – wurde dem Kandidaten der konkrete Vorschlag zum Eintritt in die Organisation unterbreitet. Dabei war vorgesehen, dass der Neuling nur die Mitglieder seiner Gruppe kennen sollte. Die eigentliche Rekrutierung wurde – mit einer einzigen Ausnahme – durch mich durchgeführt. Hierbei verpflichtete ich in einem Vieraugengespräch den Kandidaten auf unbedingte Treue auf Leben und Tod zur Organisation, worauf dieser einen Treueeid zu leisten hatte. Damit wurde er Mitglied der Organisation und konnte mit seinen zukünftigen Gruppenkameraden bekannt gemacht werden. Es war ihm ab sofort gestattet, an unseren gemeinsamen Lehrgängen, Ausbildungsübungen, Arbeiten und Einsätzen teilzunehmen. Ferner war er verpflichtet, einen monatlichen Geldbeitrag in Höhe von 40 Lei zu erbringen.

Das Geld wurde hauptsächlich zur Vervollständigung unserer umfangreichen Ausrüstung verwandt. So wurden zum Beispiel haltbare Lebensmittel für Notverpflegung und insbesondere viel Sanitätsmaterial eingekauft und gelagert. Mit der Zeit hatten wir einen beachtlichen Vorrat an Injektionsspritzen, Ampullen mit blutstillendem Inhalt, Scheren, Pinzetten, Wundklammern und sogar medizinische Knochenbruchschienen, gespendet von Egon Zirkl aus Restbeständen seines verstorbenen Vaters Dr. Emil Zirkl. Ferner wurden Chemikalien zur Fertigung von pyrotechnischen Materialien, Papier, das wir zum Drucken der Flugblätter brauchten, zwei Marschkompasse, ein Feldstecher, Trockenspiritus und eine größere Menge Dextroenergen erstanden. Diese speziellen Waren stammten alle noch aus erbeuteten Beständen der ehemaligen deutschen Wehrmacht, die zum Großteil in einem staatlichen Gebrauchtwarenladen, der „Consignaţia“, feilgeboten wurden.

Eines Vormittags erschien der Schulleiter Professor Iovănescu auf dem Schulhof und sagte, als er mich sah, ganz aufgeregt: „Gut, dass du da bist, wir kriegen hohen Besuch. Der Ministerpräsident Dr. Petru Groza wird gleich da sein. Er will die ersten Absolventen unserer Schule sehen. Versammle so schnell wie möglich alle Mädchen und Jungen des vierten Jahrganges und lasse sie antreten. Wenn der Ministerpräsident ankommt, erstatte ihm Meldung.“ Von meinen Kameraden waren nur Egon und Jakob zugegen. Inzwischen war der Ministerpräsident schon angekommen und erschien mit unserem Schulleiter, drei Securitate-Offizieren als Leibwächter und einem Fotografen im Hof. Als er sich uns näherte, erstattete ich ganz militärisch, wie damals üblich, Meldung für beide Klassen und nannte meinen Namen. Der Ministerpräsident trat näher, gab mir die Hand und beglückwünschte uns alle zu unseren bestandenen Prüfungen. Er fragte Herrn Iovănescu, ob ich ein guter Sportler und zukünftiger Lehrer sein werde. Dieser bejahte und meinte, ich wäre einer der besten Sportler der Schule, Zehnkämpfer und in Zukunft auch ganz bestimmt ein sehr guter Sportlehrer. Während er noch mit den Schülern und Schülerinnen sprach, wurden vom mitgekommenen Fotografen viele Bilder geschossen, von welchen ich später auch welche erhielt. Der Zufall wollte es, dass ich an diesem Tag Groza noch einmal begegnen sollte. Es war bereits spät am Nachmittag und ich war zu Fuß unterwegs zu Harry, als beim Durchqueren des Rosengartens plötzlich der Ministerpräsident mit seinen Begleitern vor mir stand. Ein Ausweichen war für mich nicht mehr möglich, umso mehr, da Groza mich sofort wiedererkannte und ansprach, und zwar in einem Ton, als ob wir uns schon immer gekannt hätten. Er sagte: „Da kommt ja der Klassenführer und Zehnkämpfer!“ Er gab mir die Hand und wir plauderten kurz, bevor er sich verabschiedete.

Ende Juli erhielt ich dann die Mitteilung der Sporthochschule in Bukarest über meine Zulassung zur Aufnahmeprüfung im August des gleichen Jahres. Von meinen Kameraden war außer mir nur noch Fredi dabei, während Jakob, Emmerich und Egon als Turnlehrer ihren Dienst an verschiedenen Schulen im Lande antreten sollten. Die Aussicht, dass ein Teil unserer Organisation im Lande zerstreut werden würde, ergab ein Problem, das es noch zu lösen galt. Vorerst sollte während unserer Abwesenheit Harry, der seit April wieder daheim war, das Kommando in Temeschburg übernehmen. Er und Edi waren von der Militärfliegerschule aus politischen Gründen ausgeschlossen und aus dem Militärdienst entlassen worden. Harry entschloss sich daher kurzfristig, sich zur Aufnahmeprüfung an der Hochschule für Wasserkraftwerke zu melden, welche ebenfalls gegen Ende August stattfinden sollte. So fuhren also Fredi und ich nach Bukarest zum „Institut de Cultură Fizică“ (Institut für Leibesübungen), um an der dortigen Prüfung teilzunehmen. Die Prüfung wurde bestanden und der Weg für ein Sportstudium in der Hauptstadt schien vorgezeichnet. Zwischenzeitlich war jedoch ein anderes, größeres Ereignis eingetreten, welches unser aller Lebensweg maßgeblich beeinflussen sollte.

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