Kitabı oku: «Erinnerungen eines "Kofferträgers"», sayfa 4

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SPD Bundesparteitag in Saarbrücken 1971

Bei der Anreise war es mir und vielen anderen gar nicht in den Sinn gekommen, mich nach dem Wetter vor Ort zu erkundigen. So war die Überraschung riesig groß, dass Saarbrücken vollkommen überschwemmt war und die Hotels selbst bis in höhere Etagen nicht mehr benutzt werden konnten. Toiletten und Wasser waren außer Betrieb und die Hotelküche geschlossen. So zog der Parteivorstand zur Übernachtung kurzfristig nach Kaiserslautern um. Nur Schiller beschloss, trotzdem in Saarbrücken zu bleiben, weil die Hin- und Rückfahrt nach Kaiserlautern einige Zeit in Anspruch nehmen würde. Für mich war es erstaunlich, dass jemand, der ansonsten auf Hotelkomfort so großen Wert legte, mit einem Mal alles beiseite wischte mit dem Hinweis: »Ich habe während des Krieges in Schützengräben gelegen und werde dies auch überstehen.« Folglich haben wir beide in dem leeren Hotel übernachtet, abends in höher gelegenen Restaurants gegessen, dort auch die Toiletten benutzt und am nächsten Morgen mit Mineralwasser Kaffee gekocht.

Die Krupp-Krise 1967

Bleiben wir noch ein bisschen in der Heimat. An einem Freitag gegen Abend brachte uns ein »Hansa Jet« nach Hamburg zum Ostasiatischen Liebesmahl im Hotel Atlantic. Dort wurde der Minister von einem aufdringlichen Spiegel-Reporter im Fahrstuhl und im Beisein anderer Gäste regelrecht angerempelt mit der Bemerkung: »Herr Minister, wir brauchen für unsere nächste SPIEGEL-Ausgabe von Ihnen noch ein paar zusätzliche Informationen zur Krupp-Krise.« Auf diese Weise erfuhren wir zum ersten Mal, dass sich bei Krupp offenbar etwas zusammenbraute. Also für mich nichts Wichtigeres, als mit den Krupp Leuten zu telefonieren, um Näheres zu erfahren. Abgesehen davon, dass man sich dafür zunächst die Telefonnummern besorgen musste, war das aber auch sonst nicht einfach, denn der Bevollmächtigte Bertold Beitz befand sich in Tallin auf einer Segel-Olympiadekonferenz, und der Krupp Chef selbst war auf seiner Hazienda in Marokko.

Kein Wunder, dass Schiller sauer war, weil kein Verantwortlicher von Krupp angesichts der aufziehenden Krise vor Ort war, mit dem man hätte sprechen können. Insofern sah sich Schiller in eine Rolle gedrängt, angesichts der abwesenden Krupp-Verantwortichen seitens der Bundesregierung tätig zu werden, und dies am Rande eines traditionellen Festessens. Offenbar ging es bei Krupp, wo sich – wohl aufgrund von Rückstanden von Kunden – erhebliche Außenstände angehäuft hatten, um eine ernsthafte Liquiditätskrise, die bis zu 300.000 Arbeitsplätze hätte gefährden können. Hierüber sollten die Banken am kommenden Montag, also an dem Tag, an dem der Spiegel erscheinen sollte, beraten. Als Schiller daraufhin Rudolf Augstein anrief und im nationalen Interesse auf die Brisanz eines Presseartikels zur Unzeit aufmerksam machte, antwortete ihm dieser, dass er bei allem Verständnis angesichts des Mitarbeiter-Statuts keinen Einfluss auf redaktionelle Entscheidungen des Spiegel-Managements habe.

Folglich erschien der Spiegel am Montag mit der Krupp-Geschichte, und am Abend trafen sich die Bankenvertreter verabredungsgemäß unter Abs im Bundeswirtschaftsministerium. Beitz wurde zunächst im Wartezimmer »geparkt«, was ihm das Gefühl gab, wie ein Angeklagter behandelt zu werden. Das gab mir als »Betreuer« Gelegenheit, ausführlich mit ihm über seine beeindruckende Lebensgeschichte zu plaudern, die im Übrigen, was seine überraschende Berufung ins Krupp-Management angeht, seinerzeit in Hamburg begann, wie er mir erzählte.

Im Rückblick lässt sich vielleicht mit Erleichterung feststellen, dass der Spiegel-Artikel zum Glück nicht die befürchtete Bedeutung erlangte und im Übrigen die Reaktion der Banken offenbar von Panik geprägt war. Das mag auch erklären, dass zur Lösung der Krise sofort nach dem Staat gerufen wurde, anstatt zuvörderst um eine bankeninterne Bewältigung bemüht zu sein, die im Rückblick durchaus möglich gewesen wäre, zumal es sich nicht – wie Jahrzehnte später während der Eurokrise um Griechenland – um Milliarden-Beträge handelte. Jedenfalls war das traditionelle Festessen in seiner Heimatstadt Hamburg für Schiller leider völlig von der sich anbahnenden Krupp-Krise überschattet, die ihn bei seiner Ankunft völlig überraschte.

Schillers Dissertation

Gleichfalls in Hamburg, dem Sitz der ZEIT, ist anekdotisch über eine kleine Geschichte zu berichten. So hatte sich ein renommierter Kulturredakteur in einem Artikel kritisch mit der agrarpolitischen Dissertation Schillers Mitte der 30er Jahre beschäftigt, welche er am Kieler Institut für Weltwirtschaft verfasst hatte. Vor diesem Hintergrund fand der Redakteur es bezeichnend, dass diese Schrift auch nicht (mehr) in der Hamburger Universitätsbibliothek vorhanden sei.

Dies hat mich veranlasst, ohne von Schiller damit beauftragt gewesen zu sein, eigene Recherchen anzustellen, und so fand ich heraus, dass die Behauptung in dem Artikel nicht stimmte und die Dissertation sehr wohl im Katalog der Hamburger Universitätsbibliothek aufgeführt und verfügbar war. Nur hatte der Journalist schlampig recherchiert und bei einem falschen Veröffentlichungsdatum nachgeschaut. Ich fand es damals erstaunlich, dass ein solcher »Rufmord« in einer so renommierten Zeitschrift möglich war.

Die EWG

Zu meiner Zeit war die deutsche Vertretung bei den EWG-Gremien zunächst noch durch zwei Besonderheiten gekennzeichnet: Zum einen war dies – seit Ludwig Erhards Zeiten – die unangefochtene Domäne des Wirtschaftsministeriums. Schließlich handelte es sich, wie der offizielle Name sagte, um eine Wirtschaftsgemeinschaft. Insofern kamen immer dann, wenn wir die Präsidentschaft hatten, besondere Aufgaben auf den Wirtschaftsminister zu, während die anderen Länder zumeist durch ihre Finanzminister vertreten waren. So musste Schiller beispielsweise eine Rede vor dem Europäischen Parlament in Straßburg halten, die vorher unter den Gremien in Brüssel abgestimmt war und die er praktisch nicht mehr ändern konnte. Kein Wunder, dass dies für einen Politiker unbefriedigend war. Ähnliches galt für repräsentative Veranstaltungen im Ausland. Ich erinnere mich an eine bevorstehende Tagung in der Türkei, mit der schon damals ein Assoziierungabkommen bestand. Hier hatte Schiller andere wichtige Termine zuhause wahrzunehmen und bat mich deshalb, unter seinen Kabinettskollegen um einen Ersatz bemüht zu sein. So konnte ich den Bundesratsminister Carlo Schmid dazu bewegen, mit einer Bundeswehrmaschine nach Ankara zu fliegen und anstelle von Schiller diese Repräsentationspflichten zu übernehmen. Dabei war mein Hinweis auf die Prädominanz des Französischen besonders hilfreich. Im Übrigen bat Schiller während der arbeitsreichen deutschen Präsidentschaft seinen Kollegen vom Auswärtigen Amt, ihn ausnahmsweise zu vertreten, was dann letztlich zu einer ständigen Übertragung der Zuständigkeit führte, die insbesondere auch die Besetzung der enorm wichtigen Ständigen Vertretung in Brüssel durch das Auswärtige Amt mit einschloss.

Die zweite deutsche Besonderheit, wie sie vor allem die Wirtschafts- und Finanzministertreffen der EWG betraf, führte dazu, dass wir im Unterschied zu den meisten anderen Ländern oft durch zwei Minister vertreten waren, nämlich »Plisch und Plum«: Schiller und Strauß.

Allgemein ist vielleicht ein Wort darüber angezeigt, ob sich deutsche Minister bei den EWG-Treffen wohlfühlten oder nicht. Es wird heutzutage in der Bevölkerung und in den Medien so viel über die Unzufriedenheit mit der EU und ihr Demokratiedefizit gesprochen, aber wenig über das berufliche Ambiente in der Gemeinschaft für die anreisenden Minister, an der aber mit einem Beamtenapparat aus verschiedenen (heutzutage) 27 Mitgliedern nichts zu ändern ist. Da gibt man z. B. als Persönlicher Referent einem Unbekannten in der Verwaltung ein Papier zum Ablichten und hat dann wenig Einfluss darauf, wie schnell und von wem das erledigt wird. Das kann durchaus ein Bediensteter aus Italien, Holland oder jetzt auch Bulgarien oder Spanien sein.

Hierzu ein Beispiel: Ein britischer Finanzminister übergab ein kurzes Papier an das Sekretariat zur allgemeinen Verteilung an alle Kollegen. Als er nach einiger Zeit nach dem Sachstand fragte, wurde letztendlich das Dokument verteilt. Doch der Minister erkannte seinen Text nicht wieder, weil er eine ganz andere Wortfassung enthielt. Was war passiert? Inzwischen war das Papier auf Französisch übersetzt und sodann auf Englisch rückübersetzt worden. Auf ähnliche Weise erfuhr Schiller als Ratsvorsitzender, dass seine Rede vor dem Europäischen Parlament nach einigem Nachfragen unsererseits endlich an die deutschen Journalisten verteilt wurde, aber das nach deren Redaktionsschluss und zudem auf französisch und nicht in der deutschen Originalfassung. Kurzum, Schiller »was not amused«. Das galt auch für die vielen Fälle, wo bei den Sitzungen kurz vor Beginn noch neue Dokumente verteilt wurden, die zumeist auf deutsch noch nicht verfügbar waren, so dass man sich mit englischen oder französischen Versionen zufriedengeben musste. Zudem erinnerte ich mich an eine geplante Ratssitzung, bei der wir nach der Landung in Brüssel erfuhren, dass die Ständigen Vertreter sie kurzfristig abgesagt hatten.

Nächtelange Debatten, zum Teil bis in die frühen Morgenstunden, und dabei oft geschwätzige Interventionen – nicht selten für den Hausgebrauch – tragen zu einem allgemeinen Unbehagen bei, das nun mal systemimmanent ist und durch die inzwischen stark angewachsene Zahl der EU-Mitglieder die Sache nicht einfacher machen dürfte. Im Übrigen wurde mein Vertrauen in ein von Lobbyisten freies Ambiente bei Ratssitzungen geschmälert, als ich feststellte, dass ein Vertreter des Deutschen Bauernverbandes bei den Treffen der Agrarminister quasi wie selbstverständlich im Vorraum anwesend war. Ich weiß nicht, ob das auch bei den anderen Ländern ähnlich war oder heute noch so ist.

Andererseits war es interessant zu beobachten, wie die witzige Bemerkung eines Ministers ihre Runde durch die Dolmetscher-Kabinen machte, bis sie dann schlussendlich bei allen Teilnehmern ankam. Inwieweit die Pointe dabei unterging, war nicht immer nachzuvollziehen.

Als enger Mitarbeiter eines Ministers, der per Flugzeug zu den Ratssitzungen anreiste, stellte sich des Öfteren das Problem, dass das Ende solcher Tagungen zumeist nicht vorhersehbar war. Gleichwohl musste der Pilot Flugpläne mit Abflugzeiten angeben, die dann immer wieder angepasst werden mussten. Das galt auch für die übrigen Länder und dürfte sich durch die Erweiterung der Mitgliederzahl auf damals 28 Staaten weiter kompliziert haben. Da solche Ratssitzungen alle paar Monate auch in Luxemburg stattfanden, kann man sich vorstellen, wie manchmal auch die dortige Flugsicherung besonders gefordert war.

Bei den Ratssitzungen kommen Mentalitätsunterschiede in den verschiedenen Kulturen und Sprachen zum Tragen, die oft vor lauter Traditionen den Kern der Aussagen verdecken oder gar verfälschen. Hierzu ein Beispiel: Ziemlich zu Beginn meiner Tätigkeit bei Schiller versuchten wir bei einem internen Mittagessen in Brüssel, eine erste Bilanz über die bisherige Vormittagssitzung zu ziehen. Dabei bemerkte Schiller, er sei froh, dass der britische Kollege den deutschen Vorschlägen zugestimmt habe.

Auf die Gefahr hin, meine weitere Karriere zu gefährden, wagte ich die Frage, wie denn unser Minister zu dieser Einschätzung komme. Seine Antwort: »Der britische Kollege hat unseren Vorschlag als ›interesting‹ bezeichet.« Daraufhin bemerkte ich, dass dies die englische Art sei, einen Vorschlag abzulehnen, dies aber aus Höflichkeit nicht so formuliert würde. Schiller wies dann des Weiteren darauf hin, dass dann doch der französische Kollege zustimmend reagiert habe. Schließlich habe er gesagt: »Bis auf einige technische Einzelfragen sind wir grundsätzlich einverstanden.« Auch hier wies ich darauf hin, dass dies die französische Art des Neinsagens sei. Letztlich ist noch anzumerken, dass bei nunmehr 27 Mitgliedern immer irgendwo Wahlen stattfinden, auf die dann Rücksicht genommen werden muss und die eine Einigung zusätzlich erschweren und dabei auch »faule« Kompromisse begünstigen.

Im Anschluss an das separate Arbeitsessen mit Mitarbeitern in Brüssel noch eine kleine Anekdote: Ich habe zunächst die Endrechnung bezahlt, sodann den Betrag durch die Zahl der Teilnehmer geteilt und ihn von allen entsprechend eingezogen. Hierbei bemerkte Schiller mit ernsthaft erscheinendem, aber letztlich auch scherzhaftem Stirnunzeln: »Herr Dr. Fischer, wollen Sie im Ernst einem Minister in die Tasche greifen? Gibt es dafür keinen Repräsentationsfonds?« Darauf meine Antwort: »Ja, es gibt einen Repräsentationsfonds unter der Voraussetzung, dass Sie ministeriumsfremde Gaste bewirtet haben. In unserem Fall handelte es sich aber um eine sog. ›Repräsentation nach innen‹ mit ausschließlich Mitarbeitern des Ministeriums. Sie alle erhalten – wie Sie auch – ein Auslandstagegeld, aus dem die Kosten zu bezahlen sind.« Ich merkte abschließend an, ich würde im Interesse des Ministers auch künftig darauf achten, dass alles seine Ordnung habe und er als Minister nicht »angreifbar« würde. Darauf Schiller, der einen Hundertmarkschein herauszog: »Ich nehme nicht an, dass Sie das wechseln können.« Doch ich hatte das genaue Wechselgeld in der Hand.

Auch wenn die Brüsseler Essensumlage bei den übrigen Teilnehmern problemlos akzeptiert wurde, fühlte sich doch ein veritabler Ministerialdirektor genötigt, mich »kleinen« Regierungsrat anzurufen und dem von ihm eingeforderten Betrag mit dem Hinweis zu widersprechen, er habe keine Suppe und kein Getränk gehabt und sollte daher auch weniger zahlen. Darauf habe ich erwidert, dass ich – zur Vermeidung einer längeren Diskussion – den Unterschiedsbetrag aus meiner eigenen Tasche zahlen würde, aber ihn bei einer ähnlichen Essensrunde in der Zukunft erkennbar von einer Kostenbeteiligung ausnehmen würde. Die Entgegnung des Anrufers war, so habe er es nicht gemeint. Dem widersprach ich mit dem Hinweis, dass er das aber genau beabsichtigt habe. Sonst hätte er ja nicht angerufen.

Das allgemeine Unbehagen bei EU-Sitzungen wird letztlich oft noch dadurch gestört, dass ein Minister nach dem Ende der oft nächtelangen Debatten möglichst schnell nach Hause fliegen möchte. Doch ist dann oft die Sache nicht so einfach, denn – wie erwähnt – muss vom Piloten erst ein Flugplan eingereicht und dieser von der Flugsicherung akzeptiert werden. Herrschen überdies Eis und Schnee, ist eine zeitaufwändige Enteisung der Tragflächen notwendig, und dafür muss erst einmal das entsprechende Gerät verfügbar sein.

Mit den obigen Anmerkungen soll keineswegs meine EU-Begeisterung für dieses größte Friedenswerk nach dem Zweiten Weltkrieg geschmälert, aber doch auf gewisse Eigenarten hingewiesen werden, die nun einmal da sind und zu berücksichtigen sind, zumal sie die Einflussmöglichkeiten eines Persönlichen Referenten begrenzen, weil er bei den Sitzungen von Leuten umgeben ist, die er zumeist nicht kennt und oft mangels Namen auch nicht kontaktieren kann, um beipielsweise den Sachstand bei angeforderten Dokumenten oder Kopien zu erfahren.

Internationale Währungskonferenz in Bonn 20.–22. November 1968

Von der Öffentlichkeit damals wenig beachtet, verdient diese bedeutende Konferenz der wichtigsten Industrieländer auch angesichts der vielen logistischen Besonderheiten eine angemessene Würdigung. Wegen der währungspolitischen Turbulenzen mit eventuellen französischen Abwertungserwartungen sowie DM-Aufwertungsforderungen und der hohen Devisenzuflüsse bei der Bundesbank, die kurz vor der Konferenz an einem einzigen Tag 800 Mio. US-$ betrugen, lud Schiller als Vorsitzender der sog. »Zehnergruppe« am 19. November 1968 kurzfristig zu einer Sonderkonferenz nach Bonn ins Bundeswirtschaftsministerium ein, die bereits am nächsten Tag begann. Es erhellt, dass damit besonders auf den Persönlichen Referenten vielfältige organisatorische Aufgaben zukamen, die zudem durch den dazwischen liegenden Feiertag (Buß- und Bettag) noch potenziert wurden, weil u. a. die Lebensmittelgeschäfte geschlossen und auch notwendige Logistikhelfer wie Köche und Kellner schwer erreichbar waren.

So mussten in Vorbereitung der Konferenz innerhalb weniger Stunden ein ganzer Ministeriumsflügel und andere Büroräume des Hauses für die Benutzung der zahlreichen ausländischen Gäste »umfunktioniert« werden, die Telefone mussten entsprechend sprachlich gekennzeichnet sein und überdies die von der »Besetzung« betroffene Belegschaft am nächsten Werktag entsprechend unterrichtet und sodann anderweitig untergebracht werden. Die Telefonzentrale musste nicht nur besetzt und verstärkt werden, sondern auch über die zu erwartenden Ferngespräche (u. a. nach Japan) unterrichtet werden, und überall mussten für die zahlreichen Delegationen Hinweisschilder in verschiedenen Sprachen angebracht werden. Es mussten die Fahrer der Dienstwagen des Ministeriums herbeigerufen und für die Autos der Botschaften Parkplätze eingerichtet werden. Für die Personenkontrolle und die Sicherheit mussten Ausweise gedruckt und dafür auch die entsprechenden Namen beschafft werden, all dies innerhalb weniger Stunden und im Hinblick auf einen Feiertag. Überdies mussten trotz Feiertag Dolmetscher sowie Anlagen und Kopfhörer bereitgestellt werden.

Ferner musste auch die Essensversorgung für alle Teilnehmer organisiert werden. Zudem mussten für die mitgereisten Delegationsmitglieder der Brötchen-Nachschub und die Bereitstellung von Kartoffelsalat und Würstchen sowie von Getränken gewährleistet sein. Trotz des Feiertages musste kurzfristig ein ausreichendes Catering organisiert werden, und in einem Fall musste sogar ein Koch von seiner eigenen Hochzeit weggelotst werden. Kurzum, als Persönlicher Referent des Gastgebers hatte man an viele Sachen auf einmal zu denken, deren Erledigung anzuordnen und zu überwachen.

Zudem mussten für die Journalisten Arbeitsmöglichkeiten geschaffen und extra Fernsehgeräte aufgestellt werden. So habe ich in den Kellerräumen auch Tischtennisplatten aufstellen lassen, um Begleitpersonen anderweitig zu beschäftigen.

Wie es gelang, diese große, internationale Ad-hoc-Konferenz einigermaßen reibungslos durchzuführen und in Rekordzeit zu organisieren, ist mir immer noch ein Rätsel.

Dabei schwebte über allem zu Beginn eine große Unsicherheit: Während alle anderen Finanzminister aus fern und nah pünktlich einschwebten (sogar aus Japan), blieb der amerikanische Kollege zunächst verschollen und war nicht aufzutreiben. So konnte zwar festgestellt werden, dass er rechtzeitig von Washington abgeflogen und auch auf dem Militärteil des Frankfurter Flughafens gelandet war. Auch war klar, dass er dort in einen Wagen mit einem Soldaten als Fahrer eingestiegen war. Alles andere blieb unklar. Doch offenbar hatte sich der Fahrer, der überdies offensichtlich kein Deutsch sprach, mehrere Male verfahren, so dass die Fahrt von Frankfurt nach Bonn auf einer gut beschilderten Autobahn fast eine ganze Nacht in Anspruch nahm und die glückliche, wenn auch verspätete Ankunft dieses wichtigen Partners mit Erleichterung begrüßt wurde.

Im Übrigen teilten sich die beiden Minister Plisch und Plum die Gastgeberrolle, und Finanzminister Strauß stand dabei – auch aus sprachlichen Gründen – etwas im Schatten seines Kollegen und Hausherrn Schiller. Er hatte am Tagungsort auf dem Bonner Hardtberg auch kein eigenes Ministerbüro und war insofern auch Gast des Wirtschaftsministers.


»Plisch« (Schiller) und »Plum« (Strauß) auf der internationalen Währungs-Konferenz in Bonn 1968

Zum Atmosphärischen der Konferenz ist zu bemerken, dass damals die im Raum stehende Abwertung der französischen Währung – wie im Übrigen auch jede andere Abwertung – noch als großer Prestigeverlust empfunden wurde. Das erklärt auch, dass der französische Minister mehrfach Anlass gesehen hat, die französische Botschaftsresidenz außerhalb Bonns aufzusuchen, um von dort (abhörsicheren?) Kontakt mit Paris zu halten. Als Ergebnis der Konferenz ist festzuhalten, dass es zwar nicht zu den erwarteten Währungsverschiebungen (sog. »realignment«) kam, doch stellten die verschiedenden Notenbanken kurz danach zusätzliche Kreditfazilitäten bereit und trugen damit wesentlich, wenn auch nur vorübergehend, zu einer internationalen Beruhigung bei. Im Übrigen wurde die reibungslose Durchführung dieser Ad-hoc-Konferenz mit Mammutcharakter in einem Ambiente, das nicht – wie zumeist üblich – durch ein englisches oder französisches Umfeld geprägt war, allgemein gewürdigt und die erstmals erkennbar wichtige Rolle der Bundesrepublik im internationalen Währungsbereich allen Beteiligten und der Presse deutlich.

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