Kitabı oku: «Klingen, um in sich zu wohnen 2», sayfa 2

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12.2 Vom Atem in die Stimme

Wir haben anfangs schon gesagt, dass die Stimme tönender Atem ist, Atem mit Klang. Doch auch das Atmen selbst ist hörbar und oft ist es sinnvoll, KlientInnen darauf aufmerksam zu machen:

„Sucht euch einen Platz zum Stehen oder Sitzen und schenkt eurem Atem Aufmerksamkeit …

Lauscht eurem Atem, hört auf ihn …

Vielleicht hört ihr Geräusche, vielleicht erahnt ihr nur die Klänge eures Atmens, lauscht ihnen …

Wenn ihr mit dem Mund geatmet habt, atmet nun durch die Nase und lauscht; wenn ihr durch die Nase geatmet habt, atmet nun durch den Mund und lauscht …

Was empfindet ihr, wenn ihr euren Atem hört, euer Einatmen und euer Ausatmen?“

Viele Menschen sind überrascht von den Klängen ihres Atems, manche angerührt, viele bezeichnen das, was sie hören, mit bestimmten Qualitäten wie z. B. zart, fordernd, gelassen, friedlich usw. Manche KlientInnen erinnern sich an störende Klänge ihres Atmens, z. B. beim Einschlafen oder wenn sie in der Nacht durch eigene Schnarchgeräusche erwachen. Und andere können ihren Atem nicht oder kaum hören, weil z. B. der Magen grummelt oder – am häufigsten – das eigene Herz plötzlich so laut wahrnehmbar ist, dass es die Atemgeräusche übertönt. Häufig spüren die KlientInnen, dass in der Achtsamkeit des Atemhörens auch hier eine Weisheit liegt, z. B. die Weisheit, dass das Herz sehr beschäftigt ist, sehr laut ist und gehört werden möchte.

Aus dem Lauschen der Atemgeräusche kann sich ein Spiel ergeben, in dem wir auffordern, diese Geräusche lauter werden zu lassen und variantenreicher:

„Spielt nun mit den Atemgeräuschen, die ihr hört, probiert Varianten. Lasst sie lauter oder leiser werden, lauscht der Klangpalette eures Atems …

Probiert nun Geräusche, indem ihr durch die Nase ausatmet …

Probiert nun Geräusche, indem ihr durch die Nase einatmet …

Probiert nun Geräusche, indem ihr durch den Mund ausatmet …

Probiert nun Geräusche, indem ihr durch den Mund einatmet …

Probiert nun Geräusche aller Art, egal ob durch den Mund oder durch die Nase, egal ob beim Einatmen oder Ausatmen, probiert Tiergeräusche, probiert anständige und unanständige Geräusche, verliebte und zornige, lasst euren Atem auf unterschiedliche Weise erklingen.“

Zumeist entsteht in Gruppen eine lebhafte Atmosphäre. Manchmal tritt auch Scham neben spielerischer Lust auf, Kindheitserinnerungen können wach werden, verbunden mit unterschiedlichen Gefühlen oder Stimmungen.

In der Einzeltherapie ergibt sich die Arbeit in der Verbindung von Atem und Stimme aus den Themen, die die KlientInnen mitbringen. Eine Klientin hatte darüber geklagt, dass in ihr „viel los“ sei, dass sie aber nicht wisse, was. Auf hier nicht näher zu beschreibenden Wegen war sie dahinter gekommen, dass sie einen Spiegel für ihr Herz suchte. Sie bekam von anderen Menschen häufig Rückmeldungen bezüglich ihres Verstandes, aber nicht bzw. zu selten zu dem, was ihr Herz bewegte. Und wenn sie eine Rückmeldung bekam, verschloss sich ihr Hals, sie fühlte sich leer und taub. Sie suchte nach einer Verbindung zwischen Innen und Außen, zwischen ihrem Herzen und anderen Menschen. Der Therapeut schlug ihr ein Experiment vor:

„Ich schlage ihnen einen Weg vor, wie Sie aus Ihrem Herzen über Ihren Atem einen Klang entstehen lassen können. Was für ein Klang das sein wird, weiß ich nicht. Lassen Sie sich von Ihrem Atem und von Ihrem Herzen überraschen.“

Die Klientin stimmte zu. Der Therapeut bat sie, aufzustehen und auf ihren Atem zu achten. Die Klientin tat dies.

„Legen Sie nun eine Hand oder beide Hände auf Ihr Herz und lauschen Sie weiter Ihrem Atem.“

Die Klientin legte ihre rechte Hand auf ihr Herz und atmete weiter. Der Atem war sehr aufgeregt, stockte immer wieder und floss dann weiter. Der Therapeut stand ca. zwei Meter von ihr entfernt und fragte die Klientin:

„Stehe ich hier richtig oder möchten Sie mich an einem anderen Platz?“

„Da sind Sie zu weit weg. Kommen Sie bitte näher an mich heran. Hier so neben mich, ein bisschen hinter mich.“

Der Therapeut stellte sich an den gewünschten Platz. Er begleitete mit seinem Atem den Atem der Klientin und versuchte sich auf ihren Atem einzustellen, der nun allmählich ruhiger wurde.

„Nun bitte ich Sie, sich auf Ihr Ausatmen zu konzentrieren. Nehmen Sie wahr, wie Ihr Ausatmen beginnt, wie es sich weiterentwickelt, wie es endet … Sie brauchen nichts zu verändern, es gibt kein Richtig und kein Falsch, nehmen Sie nur wahr, seien Sie achtsam für Ihr Ausatmen …“

Und nach einiger Zeit:

„Begleiten Sie nun Ihr Ausatmen mit einem Summen. Lassen Sie sich überraschen, welcher Klang entsteht, welche Töne kommen. Sie halten eine Hand auf Ihr Herz, Ihr Atem berührt Ihr Herz, Ihr Atem fließt aus Ihnen heraus und so fließt auch etwas aus Ihrem Herzen heraus, lassen Sie es hörbar werden, indem Sie Ihr Ausatmen mit einem Summen begleiten.“

Die Klientin begann zu summen, erst verhalten, dann immer hörbarer und deutlicher. Nach einigen Ausatemzügen bat der Therapeut:

„Und nun bitte ich Sie während des Ausatmens und des Summens allmählich den Mund zu öffnen und daraus einen Atemklang entstehen zu lassen. Lassen Sie sich auch hier überraschen, welcher Klang entstehen möchte, vertrauen Sie auf Ihren Atem, vertrauen Sie auf Ihr Herz, vertrauen Sie auf die Klänge, die in Ihnen sind.“

Die Klientin folgte diesem Wunsch. Es entstanden hauchzarte Töne, die auf den Therapeuten und die Klientin, wie sie später sagte, scheu und kindlich wirkten. Die Klientin musste weinen, als sie diese Klänge hörte. Irgendwann stockte ihr der Atem und sie folgte ihrem alten Muster, in die Starre und die Leere zu gehen.

Doch der Therapeut, der neben ihr stand, ermutigte sie mit seinem Atem und den Worten:

„Atmen Sie bitte weiter, lassen Sie erklingen, was erklingen möchte.“

Das Herz, das wenig gespiegelt worden war, das Herz, das wenig sprechen konnte, das Herz, das wenig Ermunterung erfahren hatte, wurde hörbar. Es fand über den Atem seine Stimme, eine zarte und scheue Stimme, ungewohnt, sich in die Welt hinaus tastend.

Auf solche Weise kann der Weg vom Atem in die Stimme zu einem Weg vom Herzen in die Stimme werden. Jedes Mal, wenn dieser Weg in der Einzeltherapie beschritten wird, ertönt Wahrheit. Wie immer in der Atemarbeit führt die Achtsamkeit für den Atem und dessen Klänge zu dem Wesentlichen, zu dem, was vielleicht verborgen war, zu dem, was zu kurz gekommen ist, zu dem, was als wahrhaftes Erleben hörbar und sichtbar werden möchte. Dabei können die KlientInnen unterschiedliche Qualitäten ihres Atems wahrnehmen und diese über sein Stimmhaft-Werden hören. Mit diesem Aspekt kann in der Einzel- und Gruppenarbeit auch gesondert gearbeitet werden, teilweise spielerisch. Ein Beispiel aus der Gruppenarbeit:

„Ich bitte euch ein Experiment zu wagen, mit eurem Atem und eurer Stimme. Wenn Menschen atmen und ihrem Atem lauschen und ihren Atem hörbar werden lassen, ertönen immer unterschiedliche Qualitäten des Erlebens. Ich werde euch nun solche Qualitäten als Themen vorgeben und bitte euch auszuwählen, welches Thema euch hier und jetzt interessiert.“

Der Gruppenleiter oder die Gruppenleiterin hängt Zettel in unterschiedliche Ecken des Raumes mit Themen, von denen sie oder er vermutet, dass sie in der Gruppe gerade von Interesse sind. Zum Beispiel: „Der Atem der Leidenschaftlichkeit“, „Der Atem der Zärtlichkeit“, „Der Atem des gerechten Kampfes“, „Der Atem der Lust und Fülle“, „Der Atem der Gelassenheit“, „Der Atem des Eigensinns“ oder „Der Atem der Unverschämtheit“. Die GruppenteilnehmerInnen treffen sich in der Nähe des Zettels mit dem Thema, das sie gerade besonders neugierig macht, und bilden somit Kleingruppen.

„Ihr habt nun in der kleinen Gruppe jeweils eine halbe Stunde Zeit, euch mit diesem Thema zu beschäftigen. Beginnt damit, dass ihr, jede und jeder für sich, euren Atem der jeweiligen Qualität ausprobiert und anschließend dazu den anderen aus der Gruppe etwas mitteilt. Versucht dann als zweiten Schritt, diesen Atem z. B. der Leidenschaft hörbar werden zu lassen, nutzt dazu eure Stimme oder ein Instrument. Sucht dann als dritten Schritt eine Form oder legt den Einstieg in eine Improvisation fest, mit der ihr diese Klänge gemeinsam in irgendeiner Art und Weise den anderen mitteilen könnt.“

Anschließend werden „Sessions“ von den jeweiligen Gruppen für die anderen dargeboten.

12.3 Atem-Rhythmen

Der Herzrhythmus und der Atemrhythmus sind zwei Rhythmen, die jedem Menschen körperlich eigen sind. Der Atemrhythmus ist jedem Menschen zugänglich, jede Atem-Achtsamkeit schenkt auch dem Atemrhythmus Aufmerksamkeit. Musikalisch kann der Atemrhythmus in zweierlei Weise betont werden:

„Achtet auf euren Atem, nehmt das Einatmen wahr und das Ausatmen …

Lauscht dem Rhythmus eures Atmens …

Achtet besonders auf den Wendepunkt zwischen dem Ausatmen und dem Wieder-Einatmen, macht dort vielleicht eine kleine Pause – vielleicht habt ihr das Bild, dass euer Atem in ein Tal fließt und von dort aus sich wieder erhebt – ganz gleich, welche Vorstellung ihr habt, ganz gleich, wie ihr diesen Wendepunkt wahrnehmt, schenkt ihm eure Aufmerksamkeit …

Macht nun jeweils am Wendepunkt zwischen dem Ausatmen und dem Wieder-Einatmen ein Geräusch, einen Klang, indem ihr z. B. mit euren Händen klatscht oder auf euren Körper oder auf den Boden trommelt oder ihn mit einem Instrument erzeugt …

Lauscht diesem Klang, dem Klang eures Atemrhythmus …“

Die andere Möglichkeit, diese Einheit anzuleiten, beginnt genauso und fährt dann fort:

„Lauscht nun den beiden Wendepunkten eures Atmens, dem zwischen dem Einatmen und dem Ausatmen und dem zwischen dem Ausatmen und dem Einatmen … Gebt diesen beiden Wendepunkten einen Ton, indem ihr mit den Händen klatscht oder trommelt oder mit einem Musikinstrument einen Ton erzeugt …

Lauscht dem Rhythmus eures Atems …“

Bei dieser Möglichkeit haben meistens die beiden Töne unterschiedliche Klangfarben und Dynamik. An dieser Stelle liegen die Fragen nahe:

„Wie erlebst du deinen Atemrhythmus? Welche Bilder, welche Assoziationen ruft er bei dir hervor?“

„Was hat dieser Rhythmus mit dem Rhythmus deines Lebens zu tun? Ist er Teil deines Lebens oder gehört er eher zur Wunschseite?“

In der Einzeltherapie führt die Arbeit mit dem Atemrhythmus zumeist zu einer Zentrierung, zu einer Achtsamkeit nach Innen. Rhythmen bestimmen unser Leben, werden zum Teil unseres Lebens. Auch der Atemrhythmus, der ja nicht statisch ist und sich je nach Lebensbedingungen verändert, ist Teil der Lebensrhythmen und regt an, über die verschiedenen Rhythmen nachzudenken, Probleme zu erkunden, Wünsche wahrzunehmen und dergleichen mehr.

Der eigene Atemrhythmus einer Klientin oder eines Klienten kann auch Auftakt für einen musikalischen Dialog zwischen Therapeut/Therapeutin und Klient/Klientin werden. In der beschriebenen Weise lässt die Klientin oder der Klient den eigenen Atemrhythmus ertönen. Der Therapeut bzw. die Therapeutin lässt dies auf sich wirken, spielt Töne dazu, „klingt sich ein“. Die Klientin oder der Klient kann das zum Anlass nehmen, ihre oder seine Töne zu variieren, die wiederum Resonanz bei der Therapeutin oder dem Therapeuten finden, so dass eine gemeinsame Improvisation entsteht.

In der Gruppe ist es für viele Menschen eine besondere Erfahrung, wenn der eigene Atemrhythmus Grundlage einer gemeinsamen Gruppenimprovisation wird, wenn andere Menschen sich (musikalisch) auf den eigenen Atemrhythmus einstellen, ihn ernst nehmen, ihn zum Ausgangspunkt ihrer eigenen Klänge machen:

„Eine oder einer von euch lässt den eigenen Atemrhythmus erklingen … Fahre damit fort, während die anderen diesen Atemrhythmus auf sich wirken lassen und darauf achten, welche Resonanzen er in ihnen hervorruft.

Lasst nun aus diesen Resonanzen und aus den Wirkungen des Atemrhythmus, den ihr hört, Impulse entstehen, musikalische Impulse, und lasst diese erklingen …

Nun lasst daraus eine gemeinsame Improvisation entstehen, diejenige oder derjenige von euch, die mit ihrem oder seinem Atemrhythmus den Anfang gemacht hat, kann seinen oder ihren Rhythmus beibehalten, kann aber auch freier spielen und dem folgen, was nun entstehen möchte, unabhängig davon, ob dies noch mit dem Rhythmus des Atems etwas zu tun hat. Der Atemrhythmus ist indirekt Grundlage des gesamten Spiels. Improvisiert …“

13

Aktives Symbolisieren
13.1 Symbole und Symbolisieren in der Musiktherapie

Symbole sind Zeichen, Gegenstände oder Sinnbilder, die ihre Bedeutung über den Moment und über die konkrete Situation hinaus innehaben. Zumeist sind es Kennzeichen oder Erkennungszeichen wie z. B. das Kreuz des Christentums. In unserer Zivilisation werden aus Symbolen häufig Markenzeichen, der Stern von Bethlehem ist mittlerweile vielleicht weniger bekannt als der Mercedes-Stern als Statussymbol für Wohlstand und Erfolg. Viele Gegenstände können Symbole sein, z. B. der Ehering als Zeichen der Verbundenheit zweier Menschen, die sie sich zumindest einmal versprochen haben.

Auch in der Musik gibt es Symbole. Das ta-ta-ta-taaa eröffnet nicht nur eine Sinfonie, sondern steht für Beethoven, ja für Klassik. Oder denken wir an die Erkennungsmelodien von „Bonanza“, von „Spiel mir das Lied vom Tod“, des „Tatorts“, der „Tagesschau“, der Eurovision oder an die Nationalhymne: Alle bislang genannten musikalischen und anderen Symbole, vom Ehering bis zur Nationalhymne, haben gemeinsam, dass sie Bedeutung für viele Personen, ja für ganze Kulturen haben. Welche konkrete Bedeutung der einzelne Mensch ihnen gibt, ist unterschiedlich. Der Ehering kann für den einen Glück und Liebe symbolisieren, für den anderen Unterdrückung und Gefängnis. Die Erkennungsmelodie von „Bonanza“ symbolisiert für viele Menschen Kindheit und 60er-Jahre. „Spiel mir das Lied vom Tod“ mag ein Symbol sein für tiefes Entsetzen oder verliebtes Händchenhalten im Kino, die Erkennungsmelodie des „Tatorts“ für einen gemütlichen Sonntagabend oder die Einsamkeit. Die Nationalhymne kann Stolz oder Heimatgefühle oder Ekel und Schuldgefühle hervorrufen oder belanglos sein. Wenn solche Symbole in der therapeutischen Arbeit auftauchen, gilt es, die individuelle Bedeutung herauszufinden, die das jeweilige Symbol für die Klientin oder den Klienten hat. Dies möchten wir an dieser Stelle ausdrücklich betonen, denn uns scheint besonders bei der Beschäftigung mit Symbolen, die einen hohen Verbreitungsgrad haben, die Gefahr zu lauern, dass Menschen mit großer Selbstverständlichkeit davon ausgehen, dass sie das Gleiche meinen, hören und empfinden wie andere bzw. dass andere das Gleiche meinen, hören und empfinden wie sie selbst.

Es gibt auch Symbole, die von vorneherein und ganz deutlich nur für eine bestimmte Person Bedeutung haben können und sollen. So der Talisman der Freundin, den man in der Tasche trägt, oder das Schmuckstück, das man vom Geliebten erhalten hat. Im Kapitel „Die musikalische Biografie“ (s. Kap. 2) sind mehrere Beispiele aufgeführt, welche Bedeutungen Musikstücke oder Lieder für Menschen haben können. Auch in der Arbeit mit traumatisierten Menschen erfahren wir oft, dass bestimmte Klänge oder Geräusche Symbole für Bedrohung, Todesangst, Ohnmacht o. Ä. sind und Auslöser von Flashbacks, erlebten Wiederholungen traumatischer Erfahrungen, sein können. Werden musikalische Symbole eines Klienten oder einer Klientin im therapeutischen Prozess hörbar, heißt es, sie ernst zu nehmen und näher zu erkunden. Häufig weist die Existenz eines musikalischen Symbols auf einen bedeutenden Lebensabschnitt oder auf Szenen im Leben der Klientin oder des Klienten hin, die nachhaltig wirken und Leiden hervorrufen oder verstärken. Hier ist es notwendig, den Kontext zu erkunden, das Feld, in dem das Symbol entstanden ist, wieder lebendig werden zu lassen und aus diesem Erleben heraus Veränderungen des Erlebens und Handelns zu suchen.

In der musikalischen Improvisation hören TherapeutInnen und manchmal auch KlientInnen, dass sich bestimmte Themen oder andere Klangfolgen wiederholen. Ein solches Thema kann auf vieles verweisen, es kann auch ein musikalisches Symbol sein. Ein Klient spielte in seinen Improvisationen, die er gerne am Klavier vornahm, häufig die Tonfolge c d e g g. Ihm selbst fiel es nicht auf. Als der Therapeut ihm dieses Motiv spiegelte, meinte er: „Ja, das kenne ich, das ist mir vertraut.“ Der Therapeut bat ihn, nur dieses Motiv zu spielen, es mehrmals zu wiederholen, vielleicht verschiedene Rhythmen, Phrasen, Oktavensprünge und Tempi auszuprobieren. Er spielte, er probierte und blieb schließlich dabei, mit der rechten Hand diese Tonfolge zu wiederholen, wieder und immer wieder, wie in Trance. Dabei veränderte sich sein Gesichtsausdruck, er wurde blasser, die Augen schauten ins Leere. Der Therapeut vermutete, dass im Klienten eine andere Zeit seines Lebens lebendig geworden war und fragte: „Wie alt sind Sie jetzt?“ Der Klient sagte: „Sieben Jahre, acht Jahre, elf Jahre, vielleicht auch jünger, fünf Jahre, drei Jahre …“, und er spielte sein Tonfolge weiter.

Plötzlich unterbrach er, klappte den Klavierdeckel zu und trommelte mit seinen Fingern den gleichen Rhythmus, in dem er eben seine Tonfolge gespielt hatte. Zeigefinger c, Mittelfinger d, Ringfinger e – dann mit dem Zeigefinger zwei mal g. Und wieder und wieder und wieder.

Er schaute auf und sagte: „Jetzt weiß ich es. So habe ich immer mit den Fingern getrommelt, wenn ich mich als Kind beruhigen wollte. Ich war sehr unruhig und habe mich aufgeregt und bekam dafür ständig eins auf den Kopf. Allen Menschen fiel ich auf den Wecker, also riss ich mich zusammen. Die Unruhe blieb in den Fingern, blieb in der rechten Hand.“ Die Tonfolge war Symbol für diese Zeit, war Ausdruck seiner Unruhe, symbolisierte seine Bemühungen, diese Unruhe bzw. die Folgen dieser Unruhe zu bewältigen.

Wir beschäftigen uns nicht nur mit Symbolen, die in der Musiktherapie auftauchen, sondern unterstützen KlientInnen darin, ihre eigenen Symbole zu schaffen. Symbole sind nicht natürlich vorgegeben, sind nicht genetisch angelegt, sondern von Menschen geschaffen worden, um Bedeutsamkeiten ihres Lebens zu ordnen. Also können Menschen ihre eigenen Symbole schaffen. Sie tun dies im Alltag, warum nicht auch in der Therapie.

Einige Beispiele:

 Eine Klientin schuf einen „Angstverscheucher“. Sie spannte die Lippen so an, dass der Mund nur noch leicht geöffnet war und stieß zwischen den Lippen einen Ton hervor, der zwischen einem Fauchen und einem Pfeifen lag. Sie entdeckte diesen Ton, als sie danach suchte, was ihr gegen ihre Angst helfen könne, nicht nur in der Therapie, sondern auch im Alltag. Später erzählte sie: „Den Angstverscheucher benutze ich überall. Ich kann ihn sehr laut für mich machen und ich kann ihn im Supermarkt, wenn mir jemand begegnet, vor dem ich Angst habe, so leise von mir geben, dass ihn außer mir niemand hört.“

 Eine andere Klientin „vergaß“ immer wieder ihre Sehnsucht. Die Therapeutin bat sie, ein Lied oder ein Musikstück herauszusuchen, das sie an ihre Sehnsucht erinnern könne, und dies zur nächsten Therapiestunde mitzubringen. Zur nächsten Sitzung erschien sie mit einem Lied („Fallin“ von Alicia Keys), das zum Symbol ihrer Sehnsucht wurde. Sie hatte es auf Kassette im Auto immer dabei, in der Wohnung lag es neben ihrem CD-Player.

 Ein Klient hatte auf dem Klavier in einem langen musiktherapeutischen Prozess seinen eigensinnigen Ton herausgefunden, der zwischen dem hohen Ton, Symbol für seine Mutter, und dem tiefen Ton, Symbol für seinen Vater, lag. Um sich diesen eigenen Ton symbolisch zu sichern, um nicht wieder im Alltag innerlich zwischen den Tönen seiner Eltern unterzugehen, wählte er sorgfältig einen Stein aus unserem Angebot aus, um ihn mitzunehmen und bei sich zu tragen. Er schwor „Stein auf Bein“, dass diesem Stein sein Ton innewohnte.

 Schutzengel haben unserer Erfahrung nach eine hohe symbolische und therapeutische Kraft. KlientInnen nutzen ein schier unerschöpfliches Potenzial, um sie zum Klingen zu bringen. Nicht nur Kalimba, Rainmaker, Trillerpfeifen, Tanzrasseln und Fußschellen, Saiteninstrumente, Barchimas und Glockenspiele werden gewählt. Über alle Arten von Instrumenten und über die eigene Stimme hinaus regt dieses Sinnbild viele dazu an, Materialien mit bestimmten Klangqualitäten auszusuchen oder sich Klangkörper selbst zu basteln: knisterndes Papier unterschiedlicher Art und Stärke, Stoffe, die aneinander gerieben oder an der Wand entlang gezogen werden, Wasser, das in Schwingungen gebracht wird. Körperklänge sind sehr beliebt, weil man sie jederzeit „bei sich hat“, so wie man den Schutzengel jederzeit bei sich haben möchte, z. B. den Körperklang, der zu hören ist, wenn man mit den Füßen über den Boden gleitet oder aufstampft, wenn man sich mit der Hand fest über den Nacken streift oder die Hand vor den Mund hält und kräftig dagegen atmet.

 Sehr gerne nutzen wir das Sinnbild der Zauberflöte (s. a. Kap. 21.2.8). Sie wurde Mozarts Opernhelden geschenkt, um ihn zu begleiten und zu unterstützen. Wenn wir KlientInnen fragen, was ihre Zauberflöte sein könne, greifen sie nur selten zur Flöte, meistens zu anderen Instrumenten, oft nutzen sie auch die Stimme. Immer regen wir an, einen eigenen Klang, eine eigene Melodie zu finden, die sie persönlich und individuell unterstützen und bei den Herausforderungen, die vor ihnen stehen, begleiten kann.

Türler ve etiketler

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306 s. 11 illüstrasyon
ISBN:
9783934933460
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