Kitabı oku: «Denkwerkzeuge der Höchstleister», sayfa 4

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7.1 Weniger Verschwendung statt weniger Kosten

Der Controllingbegriff „Kosten“ verdeckt eine Unterscheidung: einerseits Kosten, die nichts zur Wertschöpfung beitragen, und andererseits Kosten, die die Wertschöpfung ermöglichen. Die ersten sind Verschwendung, die den Gewinn schmälern, die zweiten sind Investitionen, die Gewinn erst möglich machen. Kostensenkung hat nur Sinn, wenn sie sich auf die Verschwendung bezieht und Investitionen ungeschoren lässt.

In dynamischer Umgebung hat es zum Beispiel keinen Sinn, einen Prozess billiger zu machen, wenn dadurch die nächste Produktanpassung unmöglich wird. Eine Investition in flexible Alternativen brächte langfristig vielleicht mehr Gewinn als Kosten.

In dynamischen Märkten ist die Grenze zwischen Kosten und Investitionen ständig in Bewegung. Es ist schwierig, immer richtig zu unterscheiden. Wer es aber schafft, kann die fantasielosen Kostensenker schlagen. In dynamischer Umgebung sind konventionelle Kostensenkungsprogramme ein gefährlicher Blindflug.

Oder ein anderes Bild: Um im Notfall schnell zu steigen, hat ein Heißluftballon Ballast an Bord. Wer aber nicht nur die Sandsäcke, sondern auch die Gasflaschen abwirft, kann zwar einen grandiosen Effekt erzielen, aber keinen Wettbewerb gewinnen. (Es sei denn, die anderen sind auch nicht klüger.)

7.2 Mehr Steuerung heißt weniger Durchblick

Die meisten Manager wissen schon, dass es keine Erleichterung bringt, die zentrale Steuerung (Planung und Kontrolle) auszubauen. Doch solange die Alternative unbekannt ist, gilt das Motto: „Irgendwas muss man doch machen!“

Für die dynamischen Anteile des Managements ist Steuerung aber grundsätzlich untauglich. Bei hoher Dynamik kann sich die Steuerung nur an sogenannten internen Referenzen orientieren - auch wenn sie mit hohem Aufwand „modernisiert“ ist. Das heißt, sie beschäftigt sich immer schneller und besser mit sich selbst. Die Welt draußen bleibt jenseits des Horizonts. Man sieht sie zwar, reagiert aber nicht darauf.

Ein Bild: Einige Havarien in Kernkraftwerken sind entstanden, weil das Personal nur noch das Kontrollzentrum bedient hat und nicht mehr das Kraftwerk. Der Qualm wurde zwar bemerkt, er wurde aber ignoriert, weil die Instrumente nichts Ungewöhnliches angezeigt haben.

Um zu steuern, braucht man Messwerte. Wegen der gewachsenen Dynamik sind diese außerhalb des Unternehmens schwer zu beschaffen. Deshalb wird lieber intern gemessen. Die Begründung lautet meist, dass nur wichtig ist, was gemessen werden kann, über den Teich geschwappt als „What gets measured gets done“. Bei hoher Dynamik sind aber Ideen das Wichtigste und die sind nicht messbar. Sie können nur von talentierten Könnern mit dem Risiko des Irrtums beurteilt werden.

George Yau, ein begnadeter Controller der niederländischen Rabobank, hat den obigen Glaubenssatz abgewandelt zu: „What gets measured gets cheated upon.“ Dieser Aussage wird meistens zugestimmt. Wie sollte es auch anders sein: Wo Nichttriviales systematisch ausgeblendet werden muss, können talentierte Manager sinnvolle Entscheidungen nur dadurch begründen, dass sie die Zahlenbasis so lange fälschen, bis die Schlussfolgerungen wieder zu ihrer komplexen Realität passen.

7.3 Resümee

Solange die Steuerung nicht durch eine dynamikrobuste Kopplung von Zentrum und Peripherie1 ergänzt wird, entsteht immer wieder existenzgefährdende Verschwendung.Hilflos wird dann alles, was das Controlling Kosten nennt, gekürzt. Das führt oft zu gefährlicher Unterversorgung zukunftsträchtiger Bereiche, während anderswo die Verschwendung schnell wieder altes Niveau erreicht.

Überlastete Taylor-Unternehmen leisten sich einen unbewusst verschwenderischen Umgang mit knappen Ressourcen. Diese Verschwendung kann man auch als Reserve deuten. Höchstleister nutzen diese Reserve, indem sie Verschwendung systematisch aufspüren und unterbinden. Diese Optimierung der Wertschöpfung ist die intelligente Alternative zur üblichen Kostensenkung nach der „Rasenmähermethode“. Denn selbst wenn der Rasen so kurz ist, dass er nicht weiter gemäht werden kann, sind die Kosten immer noch um Größenordnungen höher als bei den Höchstleistern.

8 Der Erfolg macht gute Kultur - nicht umgekehrt

Die konventionelle Managementlehre sagt, dass die Kultur eines Unternehmens zu den sogenannten Erfolgsfaktoren gehört. Für den Erfolg sei sie mindestens so wichtig, wie schlanke Prozesse, der sparsame Umgang mit knappen Ressourcen oder eine moderne EDV. Auch die Höchstleister scheinen dies zu bestätigen. Wer dort einen Besuch macht, spürt die besondere Kultur und zieht den Schluss: Eine gute Unternehmenskultur ist eine der Voraussetzungen für ihren Unternehmenserfolg.

Das ist falsch. Hier erfahren sie, warum.

8.1 Was ist Kultur?

Kulturentwicklungsprojekte scheitern immer. Wer daher glaubt, Kulturentwicklung sei unmöglich, der irrt und hat recht. Kulturentwicklung ist ein unlösbares Problem, weil es keines ist.

Die Kultur ist nicht Ursache, sondern Folge der Verhältnisse im Unternehmen. Weil eine beeindruckende Kultur und Höchstleistung nur gemeinsam beobachtet werden kann, können Ursache und Wirkung leicht verwechselt werden. Kleinen Kindern kann man noch erzählen, der Wind komme von den Windrädern. Das ist aus den gleichen Gründen plausibel und genauso falsch.

Die Kultur einer Organisation ist wie ein Schatten. Sie folgt dem, was ist. Ändern sich die Verhältnisse, dann ändert sich die Kultur. Kultur stiftet die Identität sozialer Systeme, ähnlich wie das Gedächtnis die Identität von Personen stiftet. Wie sonst könnten wir beim Aufstehen noch wissen, dass wir der sind, der sich gestern schlafen legte.

Erfahrungen werden in Form von Werten aufgehoben. Sie sind die Atome der Kultur und wirken als Kraftfelder für Verhalten. Das heißt: Sie legen bestimmtes Verhalten nicht fest, erleichtern oder erschweren es aber. Etwa so, wie eine Landschaft keine Wege vorschreibt, aber manche Wege leichter zu gehen sind als andere. In einem Trauerzug wirken andere Werte als für einen Zug im Karneval. Man kann Werte ignorieren und sich auf einer Beerdigung aufführen wie im Karneval. Das hat aber unangenehme Konsequenzen.

Sind Erfahrungen erst einmal in das kulturelle Gedächtnis aufgenommen, kann sich jeder auf ihr Wirken verlassen. Sie sind für alles Denken und Handeln als selbstverständlicher Kontext gegenwärtig - wie ein Gedächtnis eben. Ohne das Kulturgedächtnis wäre Kommunikation zu schwierig. Nichts wäre selbstverständlich. Über alles müsste immer wieder neu verhandelt werden. Kultur erleichtert die Kommunikation in Organisationen, indem sie Selbstverständlichkeiten zeigt und Verstöße sanktioniert.

In diesem Sinne wirkt Kultur konservativ.

Andererseits gibt es im Zuständigkeitsbereich einer Kultur immer wieder Situationen, in denen die zuständigen Werte nicht passen oder sich gar widersprechen. Das ist gut so. Denn wären die Werte logisch konsistent, wäre irgendwann alles klar, alles wäre gesagt, Kommunikation nicht mehr nötig. Nur weil die Kultur so gebaut ist, dass sie nicht zur Ruhe kommen kann, ist sie noch da.

Weil die Kultur eben auch mit Unklarheit versorgt, provoziert sie Entwicklung. Immer wieder muss ausprobiert werden, ob und für welche Situation welcher Wert noch Geltung hat. Kultur ist eine unruhige Abbildung der Verhältnisse. Sie provoziert zum Bewahren und zum Lernen.

In diesem Sinne sorgt Kultur für Neugier und Innovation.

Weil die Kultur nur die bestehenden Verhältnisse abbildet, kann sich ein Unternehmen seine Kultur nicht aussuchen. Es muss mit der Kultur zurechtkommen, die es hat. Es ist sinnlos, von den Mitgliedern einer Organisation eine bestimmte Kultur zu fordern. Da sie ihre Kultur nicht „gemacht“ haben, können sie diese auch nicht ändern. Jeder ist beteiligt, aber keiner ist Autor der Kultur - so, wie auch keiner die Rushhour macht und doch alle gemeinsam im Stau stecken.

Kulturentwicklung als Erziehung von Menschen endet immer in einer Havarie. Weil das Kulturproblem nicht aus der Dummheit oder dem bösen Willen einzelner Personen besteht, kann es durch Belehrung und Ermahnung nicht gelöst werden.

Wer nun glaubt, sich mit einer unangenehmen Kultur auf immer abfinden zu müssen, liegt auch falsch. Kultur ist keineswegs starr. Sie ändert sich ständig. Wie jedes Gedächtnis nimmt sie alles auf, was geschieht. Was aber damit gemacht wird, was vergessen und was mit welcher Bedeutung erinnert wird, entscheidet sie selbst.

In diesem Sinne ist Kultur autonom.

8.2 Kultur zeigt das Dynamikproblem

Unternehmen, die in träger Marktumgebung erfolgreich waren, kennen nur die Kultur tayloristischer Wertschöpfung. Diese Kulturen stabilisieren Hierarchie, Disziplin, Ordnung und Gehorsam, weil ihre Träger über Generationen die Erfahrung gemacht haben, dass sie damit gut fahren. Diese Werte scheinen ohne Alternative zu sein; waren sie doch schon immer so - und: Wie sollte es denn anders gehen? Diese Haltung passt zur trägen Umgebung.

Heute bewegen sich auch diese Unternehmen in dynamischer Umgebung. Wegen der geringen Lernfähigkeit ihrer Organisation können sie sich nur schwer an veränderte Bedingungen anpassen. Die Konkurrenzkraft schwindet. Es kommt zu einer permanenten Überlastung der Organisation, ihrer Organe und Mitglieder - und damit zu einer weiteren Reduktion der Lernfähigkeit. Bleibt diese Situation länger bestehen, so „verblödet“ die Organisation schließlich. Die Kultur spiegelt diese Tragödie nur wider, sie ist nicht die Ursache.

8.3 Die zwei Aspekte der Unternehmenskultur

Verhaltenskultur der Vorderbühne

Den sichtbaren Teil einer Kultur nennen wir die Vorderbühne. Sie besteht aus Geschäftsordnungen, aus Prozesshandbüchern, Protokollen, Zielvereinbarungen, Verträgen, Betriebsvereinbarungen und dem Verhalten der Mitarbeiter im Umgang mit diesen Dokumenten. Wir nennen diesen Kulturaspekt Verhaltenskultur.

Hier kann man gestalten: Wenn’s in der Tiefgarage eng wird, gibt’s eine neue Parkplatzordnung. Tayloristische Organisation funktioniert schon, wenn Regeln eingehalten werden. Deshalb besteht tayloristische Kultur fast nur aus der gestaltbaren Vorderbühne, aus dem sichtbaren Verhalten von Menschen. Werden die gesetzten Regeln eingehalten, ist die Kultur in Ordnung. Wenn nicht, muss sie „repariert“ werden. Steht genügend Macht zur Verfügung, so ist dies mit den drei Werkzeugen „Argument“, „Belohnung“ und „Strafe“ relativ leicht möglich.

Wertekultur der Hinterbühne

Die unsichtbaren Anteile einer Kultur nennen wir die Hinterbühne. Sie besteht aus Gerüchten, Ängsten, Seilschaften und aus Werten wie Vertrauen, Hass, Ehrlichkeit, Misstrauen oder Humor. Wir nennen diesen Kulturaspekt die Wertekultur.

In dynamischer Umgebung gibt es viele Überraschungen. Für Überraschungen gibt es keine Regel - sonst wären sie ja keine. Trotzdem muss gehandelt werden. Wo Regeln fehlen, braucht es Entscheidungen. Als Orientierung gibt es nur die Kraftfelder individueller Werte. Damit die Vielfalt der zu treffenden Entscheidungen ein harmonisches Ganzes ergibt, müssen die individuellen Werte zueinander passen. Bei gesunden Unternehmen übernimmt die Hinterbühne diese Aufgabe. Sie harmonisiert die individuellen Werte durch Kommunikation und erzeugt so ein leistungsfähiges „Wir“. In überlasteten Unternehmen ist auch die Hinterbühne überlastet. Die Werte bleiben individuell. Das „Wir“ fehlt.

Kleines Fazit

Wenn Macht zur Verfügung steht, kann das Verhalten auf der Vorderbühne verändert werden, je nach Situation durch Argumente, Belohnung oder Strafe.

Die Hinterbühne als Kern der Kultur ist unsichtbar und nur an ihrer Wirkung erkennbar. Sie kann nicht verändert werden, sie verändert sich. Sie kann aber beobachtet werden, und sie reagiert auf die gewonnenen Erkenntnisse.

Denkzettel 4: Kultur - Verhalten und Werte


Verhaltenskultur ist das, was man sieht und gestalten kann (Vorderbühne). Die Wertekultur steckt unsichtbar dahinter und gestaltet sich (Hinterbühne).

Die Kultur eines Unternehmens hat eine sichtbare Vorderbühne und eine unsichtbare Hinterbühne. Die Vorderbühne besteht aus dem Verhalten der Mitarbeiter. Nur dieses kann direkt beobachtet werden. Die Hinterbühne wirkt durch unsichtbare Werte. Werte sind Gefühle, die ein bestimmtes Verhalten angenehm oder unangenehm machen. Aus dem sichtbaren Verhalten kann nur sehr schwach auf die unsichtbaren Werte geschlossen werden: Menschen können lügen und heucheln.

Bei niedriger Dynamik gibt es viel Routine und wenig Überraschung. Es ist möglich, Regeln für richtiges Verhalten zu formulieren und ihre Einhaltung zu fordern. Da das Verhalten dem Willen unterliegt, kann diese Forderung erfüllt werden. Verhalten sich Mitarbeiter richtig, so ist die Verhaltenskultur in Ordnung. Wenn nicht, so kann sie durch Argument, Belohnung und Strafe „repariert“ werden.

Bei hoher Dynamik muss auch dann gehandelt werden, wenn es keine Regeln gibt (Überraschung). Dieses autonome Handeln braucht Entscheidungen. Diese können nur im Kraftfeld eigener Werte getroffen werden. Anders als Verhalten können Werte nicht willentlich verändert werden. (Verändern Sie mal Ihre Lieblingsfarbe!)

Werte funktionieren wie ein Gedächtnis. Sie bilden und verändern sich ständig - aber nur durch Erfahrung, nicht durch willentliche Gestaltung. Kultur ist nicht Ursache der Verhältnisse, sondern ihr Abbild oder besser: ihr Schatten.

Fast alle großen Unternehmen lassen immer wieder ihre kulturellen Werte bearbeiten. Wenn überhaupt, verändert dies nur das Verhalten, die Werte bleiben wie sie sind oder reagieren negativ.

Höchstleister versuchen nie, ihre Kultur zu entwickeln. Sie entwickeln dynamikrobustes Geschäft. Kultur wird nur beobachtet, denn sie zeigt, ob und wie gut dies gelingt. So wird aus der eigenen Kultur eine Lernumgebung, aus der das Management die Qualität der eigenen Arbeit ablesen und verbessern kann.

8.4 Wer Werte fordert, bekommt Heuchelei

Weil das Verhalten einer Person ihrem Willen unterliegt, kann die Forderung nach einem bestimmten Verhalten erfüllt werden.

Werte sind Gefühle, sie unterliegen nicht dem Willen. Wie ein Gedächtnis ändern sich Werte oft und leicht. Das kann beobachtet, nicht aber gestaltet werden. Positive Werte zu fordern, erzeugt fast immer das Gegenteil.

Nehmen wir den Wert Vertrauen. Er gilt als Basis für dynamikrobuste Organisation. Was aber geschieht, wenn in einer Misstrauenskultur mit Argumenten, Belohnung oder Strafe Vertrauen gefordert wird? Da bleibt nur die Möglichkeit, Vertrauen zu spielen oder, wenn man Manager ist, Vertrauen „vorzuleben“. Meist fliegt die Heuchelei nicht auf. Wir erinnern uns: Werte sind unsichtbar. Nur das (geheuchelte) Verhalten kann direkt beobachtet werden. Allerdings: Wer den Zwang zur Heuchelei an sich bemerkt, vermutet ihn bei für anderen. Irgendwann wissen alle von allen, dass geheuchelt werden muss, um sich zu arrangieren. In dieser Situation ist es unvermeidlich, sich zu misstrauen. Die Forderung nach Vertrauen erzwingt also Misstrauen. Am Ende entsteht nicht die angestrebte Vertrauenskultur, sondern das Gegenteil.

Vertrauen ist das Kreditwesen der Kommunikation. Wie jeder Wert entsteht auch Vertrauen nur aus der Erfahrung, dass sich Vertrauen lohnt. Bleibt diese Erfahrung aus, entsteht Misstrauen. Wer das ändern will, muss die Ursache für Misstrauen finden und beseitigen. Wenn dann Vertrauen entsteht, war es die richtige Ursache, wenn nicht, muss man weiter suchen.

8.5 Das Problem formaler Befragung

Wer seine Kultur beobachten möchte, muss sie beschreiben. Dazu werden oft Mitarbeiterbefragungen empfohlen. Mit diesem Verfahren werden jedoch nur individuelle Meinungen erfasst und statistisch aufbereitet. Da die Kultur eines Unternehmens aber weder von Personen gemacht ist, noch aus ihnen besteht, ist Kulturbeobachtung so nicht möglich.

Beispiel: Applaus oder Buhrufe im Theater oder Stadion. Erst die (nichtverbale) Kommunikation unter Anwesenden erzeugt ein Publikum mit einer „Meinung“, der sich der Einzelne dann anschließt oder nicht. Dieses „Wir“ kann aus erfragten Einzelmeinungen nicht errechnet werden. Trotzdem wird es vielfältig gemacht. Aus Einschaltquoten beim Fernsehen, Wahlergebnissen oder Meinungsumfragen wird „der Fernsehzuschauer“, „der Wähler“, „der Bürger“ oder eben „der Mitarbeiter“ errechnet. Alles nur Pappkameraden ohne wirkliche Entsprechung.

Ein alternatives Beispiel stammt von einem Hersteller jugendlicher Sportschuhe. Die Entscheidung über Entwurfsalternativen wurde lange Zeit aus Umfragen abgeleitet. Als dies immer weniger funktionierte, wurde der Firmenparkplatz in ein Eventareal für Jugendliche umgestaltet. Die Jugendlichen hatten ihren Spaß, und das Management beobachtete, bei welchen der ausgestellten Schuhmodelle sich die größten Trauben bildeten. Diese wurden produziert, die anderen nicht. Der Erfolg hält bis heute an.

Hier wurde beachtet, dass kein Jugendlicher allein wissen kann, was „Hip“ ist oder sein wird. Erst die Kommunikation unter Anwesenden kann das. Der Einzelne wäre manchmal wohl selbst überrascht, wenn er schon vorher wüsste, was er am Ende für gut halten wird.

Wer sich an statistischen Phantomen orientiert, läuft Gefahr, Maßnahmen zu ergreifen, die zwar die Messwerte verbessern, nicht aber die Situation oder die Meinung darüber. Die Wertekultur eines sozialen Systems setzt sich nicht aus den Meinungen ihrer Mitglieder zusammen, sondern wird immer wieder neu durch Kommunikation erzeugt.

8.6 Kulturbeobachtung

Die Verhaltenskultur der Vorderbühne kann leicht beobachtet und verändert werden. Aber gerade deshalb gibt die Vorderbühne nur wenig Auskunft über die Wertekultur der Hinterbühne. Aus Verhalten kann nur dann auf Werte geschlossen werden, wenn es freiwillig geschieht und ohne Risiko unterbleiben könnte. Oder anders: Kultur lässt sich nur dort beobachten, wo keine Macht benutzt wird.

Wenn ein bestimmtes Tun oder Unterlassen mit Belohnung oder Strafe korreliert, wird nicht die Wirkung von Kultur, sondern von Macht beobachtet. Auch finanzielle Anreize oder Aktivitäten zur Kulturentwicklung behindern die Beobachtung von Kultur. Denn beides legt nahe, Werte auch dann zu zeigen, wenn sie nicht vorhanden sind. Um dazu nicht „heucheln“ sagen zu müssen, sagt man „vorleben“.

Beispiel: Die Kantine eines Software-Unternehmens hat eine Kasse, aber keinen Kassierer. Die Mitarbeiter legen das Geld für ihr Mittagessen in die Kasse und entnehmen das Wechselgeld. Wenn jemand, ohne zu bezahlen, an der Kasse vorbei geht, werden gute Gründe unterstellt. Vielleicht hat er sein Geld vergessen und zahlt morgen. Oder er zahlt nur einmal die Woche. Wichtig ist: Wenn die Kantine Gewinn macht, zeigt die Kultur auf keinen Mangel. Macht sie aber Verlust, muss der Grund gesucht und beseitigt werden.

Hier eine Liste mit weiteren Möglichkeiten zur Kulturbeobachtung:

 Beiträge in Kundenzeitschriften: langweilige Pflichtübung oder lesenswert?

 Betriebsrat: ein Sensor für Angst

 Zustand der Toiletten und der Kaffeeküche: Welche Zettel hängen an den Wänden?

 Krankenstand

 Fehlerraten, Kundenreklamationen

 Gerüchte (Intensität, Inhalt, Qualität …)

 Lebensdauer von Verschleißgegenständen (Notebooks, Büromöbel, Dienstwagen …)

 Alltagskleidung der Mitarbeiter: lebensfroh oder schlampig?

 Humor und seine Rolle im Alltag

 Gestaltung der Arbeitsplätze

 Betriebszeitung: freiwillige Beiträge, Leserbriefe …?

 Schwarze Bretter: Aktualität, Gestaltung …

 Zahl der Mails mit Absicherungskopien

 Gesprächsthemen in der Kantine: nur Urlaub und Fußball oder auch die Arbeit?

 Gestaltung von Betriebsfeiern: eigene Beiträge oder gekauftes Entertainment?

 Meldefloskel am Telefon: individuell oder gelernter Text?

 Umgang mit Anreizsystemen: Welche Rolle spielen sie bei der Verteilung und Organisation von Arbeit?

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22 aralık 2023
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