Kitabı oku: «Das Leben des Antonio Filarete, Benozzo Gozzoli, Vittore Carpaccio und weiterer Künstler», sayfa 6

Yazı tipi:

Einleitung zum Leben des Benozzo Gozzoli

Giorgio Vasari stellt uns mit Benozzo Gozzoli einen fleißigen Maler vor, der Großes geleistet habe. Auch wenn er im disegno nicht der Beste gewesen sei, so habe er mit seinem Arbeitseifer doch alle anderen Künstler seiner Zeit übertroffen. Gleich zu Beginn betont der Biograph die Mühen, die der Florentiner auf dem »Pfad der Tugend« (strada della virtù) auf sich nahm, und spart nicht mit Lob: Ein Werk von »ungeheuerlichster Art« (opera terribilissma) sei da entstanden, geschaffen mit »größter Erfindungskraft« (invenzione grandissima); Bewertungsmodi, die im Cinquecento auch Michelangelo zur Ehre gereichten. All dieses Lob bezog sich auf die Freskierung des Camposanto in Pisa mit alttestamentlichen Szenen, die der Maler über sechzehn Jahre, zwischen 1468 bis 1484, als größte Einzelleistung eines Künstlers des Quattrocento ausführte und die als solche von Vasari enthusiastisch gewürdigt wird. Doch bemüht Vasari einleitend auch moralisierend die antike virtus, die Mühsal als aller Tugend Anfang, für die der Ruhm als Lohn nur folgerichtig war. Dem heidnischen Ruhmerwerb entsprach unter christlich-moralischer Perspektive die Allegorie des steinigen und dornenreichen Wegs, von dem Vasari in der Figur Benozzos ein sprechendes Beispiel gibt. Es ist keineswegs ein Zufall, daß schon in den einleitenden Sätzen der Vita der Begriff ›fatica‹ (Mühe, Anstrengung), auch in seinen verschiedenen Derivaten, fünfmal zu finden ist, belegt diese Häufung doch die besondere Rolle des Labor als vorbildhaftes Muster und anzustrebendes Künstlerideal.1 Die Befolgung dieses Prinzips – so suggeriert Vasari – sichert einem Maler, Bildhauer oder Architekten den Werdegang und den Einzug in den Künstlerolymp. Vasaris poetische Umschreibung dieses Ziels, das man nach einem langen, beschwerlichen Auftieg schließlich erreichen würde, »un largo piano con tutte le bramate felicità«, erinnert an die elysischen Gefilde, jenen Ort in der griechischen Mythologie, an den Helden entrückt wurden, die von den Göttern geliebt oder gar mit Unsterblichkeit beschenkt wurden.

Vasari beschreibt die heute größtenteils zerstörten Bildszenen im Camposanto recht ausführlich, schließlich stand Pisa damals unter Florentiner Herrschaft und war gut erreichbar, nur zwanzig Kilometer von Florenz entfernt. Die Camposanto-Ausmalung war zudem der größte und wichtigste Auftrag der damaligen Zeit. Für die revidierte Ausgabe von 1568 befaßte sich der Biograph deshalb gezielt erneut mit den dort angebrachten Fresken, nicht nur um die Vita Benozzos ergänzen zu können, sondern auch die aller anderen am Camposanto tätigen Maler.

Abgesehen von dieser als herausragend bewerteten Mammutaufgabe wird beim Lesen von Benozzos Lebensbeschreibung zwischen den Zeilen jedoch klar, daß Vasari in ihm keinen inspirierten Künstler sah oder einen, der andere zu künstlerischen Höhenflügen inspirierte, geschweige denn einen, der die Kunstentwicklung in irgendeiner Weise vorangetrieben hätte. Vasaris mangelnde Wertschätzung zeigt sich etwa in der lückenhaften Lebensbeschreibung, für einen Künstler der Toskana untypisch, war der Biograph und Autor über Florentiner Künstler des Quattro- und Cinquecento doch meist gut informiert. Wir erfahren nichts über Benozzos familiäre Herkunft (sein Vater war Schneider), auch wenn er ihm 1568 den Nachnamen Gozzoli verpaßt (dieser Nachname ist in den Akten nur als Vorname naher Verwandter dokumentiert), nichts über seine Mitarbeit unter Lorenzo und Vittorio Ghiberti an den Paradiestüren des Florentiner Baptisteriums (immerhin drei Jahre) und nichts über viele jener Werke, die er für größere und kleinere Kirchen in Umbrien, in Latium und natürlich in der Toskana schuf (etwa das Tabernakel der Heimsuchung in Castelfiorentino, Museo di Benozzo Gozzoli).2

Letzteres ist am wenigsten verwunderlich, legte Vasari schließlich stets den Schwerpunkt auf die Zentren und nicht auf die Provinz. Benozzos erste eigenständige und signierte Wandgemälde in Montefalco bei Assisi aus dem Jahr 1452 finden bei Vasari ebensowenig Beachtung wie das ein Jahr später freskierte Leben der Rosa von Viterbo in der ihr dort geweihten Kirche.

Doch selbst der noch heute gut erhaltene Zug der Heiligen Drei Könige in der Kapelle des Palazzo Medici-Riccardi in Florenz wird in beiden Editionen Vasaris nur in einem Nebensatz abgehandelt. Vom vielteiligen Freskenzyklus in San Gimignano erzählt der Biograph zwar die Szenen aus dem Leben des Heiligen Augustinus und erwähnt auch weitere Arbeiten, die in dem südtoskanischen Städtchen entstanden; immerhin sind aus Benozzos zweijähriger Tätigkeit in San Gimignano auch die meisten Werke erhalten. Anders als vom Autor dargestellt, siedelte Benozzo aber nicht von Rom zu seinem Großauftrag nach Pisa über, sondern von San Gimignano aus, wo er sich mit dem vollendeten Augustinus-Zyklus quasi für die Aufgabe im Camposanto geeignet gezeigt hatte.

Innerhalb der gesamten Vite vergleicht Vasari Benozzo mehrmals mit Kollegen seines Faches, stets mit demselben Ergebnis, er sei nicht so gut gewesen wie die anderen Künstler. Dennoch war es Benozzo, der sich das Großprojekt am Camposanto in Pisa zutraute. Viele andere Maler hatten laut Vasari Angst gehabt, es anzugehen. So lobt und respektiert der Biograph diese Leistung und außer seinen Bilderfindungen auch die Perspektive, die Landschaftsgestaltung und sogar die Figurenzeichnung, selbst wenn er Benozzo eigentlich für keinen guten Zeichner hielt.

In der Vita des Lorenzo Costa berichtet Vasari, daß jener eigens aus Ferrara in die Toskana gekommen sei, um die Werke von Filippo Lippi und Benozzo Gozzoli zu studieren, da ihm deren Stil gut gefiele, besonders was die Wiedergabe der Natur betraf. Für eine gelungene Nachahmung der Natur wird Benozzo auch in seiner eigenen Vita gelobt. Speziell im Porträt habe er reüssiert, und Vasari ergänzte 1568 einige Namen von Männern, die er in den Pisaner Fresken wiedererkannte. Verwunderlich bleibt, daß er die porträtierten Mitglieder der Familie Medici im Zug der Heiligen Drei Könige unidentifiziert ließ.

Neben Filippo Lippi war also Benozzo der gefragteste Florentiner Künstler seiner Zeit. Tafelbilder und Fresken für kirchliche und weltliche Herren beschäftigten den unermüdlichen Maler über viele Jahrzehnte. Als Florentiner Künstler mit guten Verbindungen zu den Medici war er die meiste Zeit seines Lebens in toskanischen Städten aktiv, die unter Florentiner Herrschaft standen: in San Gimignano, Pisa und Pistoia. Immer mit Aufträgen versorgt und beliebt bei den Zeitgenossen, zeichnet Vasari das Bild eines fleißigen, gesitteten, christlichen Meisters, der ganz klar seiner zweiten Stilepoche, der maniera vecchia, zuzuordnen sei, auch wenn er sich an das gigantische Werk in Pisa wagte, das im 16. Jahrhundert erst von Michelangelo in Rom übertroffen wurde. Lob und Kritik bitetet die Vita reichlich, doch werden sie zum Teil fast wortwörtlich wiederholt und sind insofern redundant.

Nur wenige Änderungen nahm Giorgio Vasari an Benozzos Lebensbeschreibung vor, als er sie für die zweite Edition überarbeitete. Neu hinzu kamen, abgesehen von kleinen sprachlichen Retuschen und Ergänzungen bei den Camposanto-Fresken, lediglich Angaben zu weiteren Werken in Pisa und zu den Werken in Rom, sogar einige biographische Details flocht er ein. Während Vasari bereits 1550 die zwischen Benozzo und Melozzo da Forlì schwankende Zuschreibung eines Freskos in der römischen Kirche Santi Apostoli diskutierte, schrieb er es letzterem 1568 eindeutig zu.

Das Ende von Benozzos Mühen sah Vasari nach Vollendung der Camposanto-Fresken. Er verortet seinen Tod in der Stadt seines Ruhms, wo es zur außergewöhnlichen Ehrung durch ein Epitaph der Bürger – noch zu Lebzeiten – gekommen war. Vasari zitiert den Text hingegen als Grabesinschrift. Offensichtlich wußte er nicht, daß Benozzo noch einmal nach Florenz zurückgekehrt war. Aufgrund neuer Aufträge brach er von dort zusammen mit seinen Söhnen ein letztes Mal nach Pistoia auf, wo er verstarb und im örtlichen Dominikanerkloster seine Grabstätte – ohne Epitaph – fand.

AZ

DAS LEBEN DES FLORENTINER MALERS BENOZZO

Vita di Benozzo. Pittore Fiorentino (1568)

Wer in seinen Bemühungen den Pfad der Tugend geht, und sei er auch, wie sie sagen, noch so steinig und voller Dornen, wird sich am Ende des Aufstiegs schließlich auf einer weiten Ebene inmitten der ersehnten Freuden wiederfinden. Und schaut er hinunter und sieht die schlechten Wege, die er unter Gefahren genommen hat, dankt er Gott, der ihn dort sicher entlanggeführt hat, und preist mit größter Befriedigung jene Mühen, die ihm eben noch so unerträglich erschienen waren. Und während die vergangenen Strapazen in der Heiterkeit einer glücklichen Gegenwart Linderung erfahren, müht er sich nun unermüdlich, denen zu zeigen, die ihn sehen wollen, wie Hitze, Frost, Schweiß, Hunger und Durst und all die Unannehmlichkeiten, die man auf dem Weg zu künstlerischem Verdienst erdulden muß, einen aus der Armut befreien können und in jene sichere und friedvolle Lage versetzen, in der ein unermüdlicher Benozzo Gozzoli sich zu seiner großen Zufriedenheit ausruhen durfte.1 Jener war ein Schüler des engelgleichen Fra Giovanni, von dem er zu Recht geliebt wurde,2 so wie er jedem, der ihn kannte, als erfahrener Meister mit großem Erfindungsreichtum galt, der Tiere, perspektivische Darstellungen, Landschaften und Ornamente überaus vielfältig zu gestalten wußte. Er hat in seinen Tagen so viel gearbeitet, daß er für andere Vergnügungen offenbar nicht viel übrig hatte. Und war er auch im Vergleich zu vielen anderen, die ihn im disegno überlegen waren, nicht besonders vortrefflich, so übertraf er mit seinem Arbeitseifer doch alle anderen seiner Zeit, weil ihm in der Fülle seiner Werke durchaus auch ein paar gute gelangen. In Florenz malte er in seiner Jugend für die Bruderschaft von San Marco die Tafel für den Altar3 und in San Frediano einen sterbenden Heiligen Hieronymus, der im Zuge der Instandsetzung der Kirchenfassade längs der Straße zerstört worden ist.4 In der Kapelle des Medicipalastes freskierte er die Geschichte der Heiligen Drei Könige5 und in Aracoeli in Rom schuf er in der Cesarini-Kapelle Szenen mit dem Heiligen Antonius von Padua, wo er Kardinal Giuliano Cesarini und Antonio Colonna naturgetreu porträtierte.6 Außerdem schuf er im Turm der Conti, und zwar über einer Durchgangstür, das Fresko einer Madonna mit vielen Heiligen;7 und in Santa Maria Maggiore in einer Kapelle linker Hand vom Haupteingang der Kirche viele Figuren in Fresko, die angemessen gelungen sind.8

Aus Rom nach Florenz zurückgekehrt, begab Benozzo sich nach Pisa, wo er auf dem Friedhof, den sie Camposanto nennen, neben dem Dom die Fläche einer Mauer gestaltete, die sich über die gesamte Länge des Gebäudes hinzieht und auf der er mit großem Erfindungsreichtum Szenen aus dem Alten Testament darstellte.9 Dabei handelt es sich, man darf das sagen, um ein wirklich ungeheuerliches Werk, sieht man darin doch alle Szenen der Erschaffung der Welt, die Tag für Tag wiedergegeben sind. Es schließen sich die Arche Noahs und die Überschwemmung der Sintflut an, die er mit wunderschönen Kompositionen und großem Figurenreichtum wiedergegeben hat.10 Daneben Nimrods hochmütiger Turmbau,11 der Brand von Sodom und anderer benachbarter Städte12 und die Szenen mit Abraham, in denen es wunderschöne Gemütsregungen zu beobachten gibt, denn obgleich Benozzo die Figurenzeichnung nicht besonders gut beherrschte, demonstrierte er in der Opferung Isaaks doch effektvoll seine Kunst, weil er dort einen verkürzt gemalten Esel so plazierte, daß er sich in beide Richtungen zu wenden scheint, was als eine wunderbare Sache gilt.13 Es folgt die Geburt Mose mit den vielen Zeichen und Wundern, bis zu der Zeit, als er sein Volk aus Ägypten führte und viele Jahre lang in der Wüste ernährte.14 Diesen fügte er alle jüdischen Szenen bis zur Zeit von David und seinem Sohn Salomon hinzu.15 Und in dieser Arbeit hat Benozzo eine wirklich mehr als kühne Haltung gezeigt, als er solch eine große Unternehmung, die einer ganzen Legion von Malern zu Recht Angst eingeflößt haben würde, komplett alleine gestaltet und zur Vollendung gebracht hat.16 Und weil er dafür unglaublichen Ruhm erntete, hat man ihm verdientermaßen in der Mitte des Werks folgendes Epigramm gesetzt:

WAS BETRACHTEST DU VÖGEL, FISCHE UND SONDERBARE WILDE TIERE UND GRÜNE WÄLDER UND HIMMELHOHE HÄUSER

UND KNABEN, JÜNGLINGE, MÜTTER UND ERGRAUTE GROSSELTERN,

DENEN LEBENDIGE ANMUT UNVERGÄNGLICH IM ANTLITZ ATMET?

NICHT HAT DIESE BILDER MIT [IHREN] SO VERSCHIEDENARTIGEN GESTALTEN GEFORMT

DIE NATUR, DIE JA DURCH IHR WESEN ZUR HERVORBRINGUNG BEFÄHIGT IST.

ES IST DAS WERK EINES KÜNSTLERS; BENOZZO HAT DIESE LEBENDIGEN MIENEN GEMALT.

IHR HIMMLISCHEN, LASST NUN LEBENDIGE LAUTE AUS [IHREN] MÜNDERN FLIESSEN.17

Im ganzen Werk sind zahllose nach dem Leben gemalte Porträts verteilt, weil man aber nicht über alle Nachricht hat, werde ich nur jene nennen, die ich darin als bedeutende Persönlichkeiten wiedererkannt habe oder an die ich mich in irgendeiner Form erinnere. So sind in der Szene, in der die Königin von Saba zu Salomon geht, unter mehreren Prälaten Marsilio Ficino, der hochgelehrte Grieche Argyropulos18 und Battista Platina wiedergegeben, den er zuvor schon in Rom porträtiert hatte,19 dazu er selbst in Gestalt eines schon betagten kahlen Mannes zu Pferd, mit schwarzem Barett und einem weißen Papier in der Krempe, vielleicht ein Zeichen, oder weil er darauf seinen Namen schreiben wollte.20

In derselben Stadt Pisa malte er für die Nonnen von San Benedetto a Ripa d’Arno alle Episoden aus dem Leben jenes Heiligen21 und in der Bruderschaft der Florentiner, die ihren Sitz damals an der Stelle hatte, an der heute das Kloster San Vito steht, auch das Tafelbild und viele andere Malereien.22 Im Dom malte er hinter dem Stuhl des Erzbischofs auf eine kleine, in Tempera ausgeführte Tafel den Heiligen Thomas von Aquin und eine unendliche Zahl von Gelehrten, die über seine Werke disputieren, darunter die Porträts von Papst Sixtus IV. und einer Reihe von Kardinälen und vieler Oberhäupter und Generäle verschiedener Orden; und dies ist das am meisten vollendete und beste Werk, das Benozzo je geschaffen hat.23 Im Sitz der Dominikanermönche Santa Caterina in derselben Stadt schuf er zwei Tafeln in Tempera, die an ihrem Stil bestens zu erkennen sind;24 eine weitere schuf er in der Kirche San Nicola25 und noch zwei andere in Santa Croce außerhalb von Pisa.26 Auch gestaltete er noch als junger Mann in der Pieve von San Gimignano gegenüber der Hauptkapelle den Altar vom Heiligen Sebastian im Zentrum der Kirche.27 Und im Ratssaal gibt es ein paar Figuren, die teilweise von seiner Hand stammen, teilweise aufgrund ihres Alters von ihm restauriert worden sind.28 Für die Mönche des Konvents von Monte Oliveto auf demselben Territorium schuf er ein Kruzifix und weitere Malereien;29 das beste Werk aber, das er an jenem Ort schuf, waren in Sant’Agostino in der Hauptkapelle einige Fresken des Heiligen Augustinus, will heißen von der Bekehrung bis zum Tod,30 ein Werk, das sich, von seiner Hand gezeichnet, vollständig in unserem libro befindet, zusammen mit vielen Blättern der obengenannten Szenen aus dem Camposanto in Pisa.31 Auch in Volterra schuf er einige Werke, die aber nicht weiter erwähnenswert sind.32

Weil es zu der Zeit, als Benozzo in Rom tätig war, dort einen anderen Maler namens Melozzo gab, der aus Forlì stammte,33 haben viele, als sie den Namen Melozzo geschrieben fanden und die Zeiten miteinander verglichen, geglaubt, Melozzo müsse Benozzo meinen. Darin irren sie sich aber, weil besagter Maler zur selben Zeit lebte und sich intensiv mit der künstlerischen Materie beschäftigte, wobei er besondere Hingabe und Sorgfalt auf die Wiedergabe von Verkürzungen verwendete, wie man es in der Apsishalbkuppel über dem Hauptaltar von Santi Apostoli in Rom sehen kann, wo zur Verzierung des Werks in einem perspektivisch verkürzten Fries einige Figuren beim Traubenernten und ein Faß gezeigt sind, die viel Gutes haben.34 Noch deutlicher sieht man dies allerdings in der Himmelfahrt Jesu Christi inmitten eines Reigens von Engeln, die ihn in den Himmel geleiten, wo die Christusfigur so gut verkürzt ist, daß sie die Wölbung zu durchstoßen scheint, und gleiches gilt für die Engel, die mit vielfältigen Bewegungen durch jenen Luftraum kreisen. Auch die Apostel unten auf der Erde sind in unterschiedlichen Haltungen derart gut verkürzt, daß es ihm damals wie heute viel Lob von den Künstlern eingebracht hat, die aus seinen Bemühungen viel lernen konnten. Auch war er ein großartiger Perspektivenmaler, wie es die gemalten Gebäude in diesem Werk zeigen, das ihm Kardinal Riario, der Neffe von Papst Sixtus IV., in Auftrag gegeben hat und ihn dafür reich belohnte.35

Um aber zu Benozzo zurückzukehren, fand dieser geschwächt durch die Jahre und Mühen im Alter von achtundsiebzig Jahren schließlich seine wahre Ruhestätte in der Stadt Pisa, wo er in einem Häuschen wohnte, das er sich dort während seines langen Aufenthaltes in der [Via] Carraia di San Francesco gekauft hatte, ein Haus, das er dann sterbend seiner Tochter hinterließ.36 Und von der ganzen Stadt betrauert, wurde er im Camposanto ehrenvoll beigesetzt, mit folgendem Epitaph, das man dort noch lesen kann:

DIESE GRABSTÄTTE IST DIE DES BENOZZO VON FLORENZ, DER DIESE GESCHICHTEN HIER IN DER NÄHE GEMALT HAT. DIE FREUNDLICHKEIT DER PISANER HAT SIE IHM GESTIFTET. 1478.37

Benozzo hat als wahrer Christenmensch immer höchst sittsam gelebt und sein ganzes Leben mit ehrenvoller Arbeit verbracht. Dafür und für seinen guten Stil und seine Qualitäten war er in jener Stadt über einen langen Zeitraum wohlangesehen. Als seine Schüler hinterließ er den Florentiner Zanobi Machiavelli und andere, die nicht weiter erwähnenswert sind.38

Ende der Lebensbeschreibung des Florentiner Malers Benozzo.39


Einleitung zum Leben des Francesco di Giorgio und des Lorenzo di Pietro, genannt Vecchietta

Vasaris mangelndes Interesse an der mit Florenz seit jeher rivalisierenden Stadt Siena, die zwischen der ersten und zweiten Edition der Vite ihre politische Eigenständigkeit an Florenz verlor, wird in der Doppelvita von Francesco di Giorgio und Lorenzo di Pietro (genannt Vecchietta) in den knappen Ausführungen, den vielen Auslassungen und den teilweise fehlerhaften Zuschreibungen offensichtlich. Positive Bemerkungen über die südtoskanische Stadt, die man in der ersten Vitenausgabe von 1550 noch finden konnte, wurden getilgt, etwa daß dort viele hochgelobte Künstler miteinander konkurrieren würden. Dieser die Künste fördernde Status galt 1568 nur noch für Florenz und Rom.

Schon in der ersten Edition hatte Vasari Francesco di Giorgio und Vecchietta je nur eine kurze Abhandlung gewidmet. In der 1568er Ausgabe fügte er sie zusammen, wobei er Francescos Teil wichtige neue Informationen und den Titelholzschnitt mit seinem Bildnis hinzufügte, die Ausführungen zu Vecchiettas Werken aber nahezu unverändert beließ. Während die beiden Künstler in der ersten Edition also separat und durch etliche andere Künstlerviten chronologisch voneinander getrennt aufgeführt worden waren, entsteht nun der Eindruck, Vecchietta sei jünger als Francesco di Giorgio gewesen. Dieser war jedoch fast dreißig Jahre früher als Francesco in Siena geboren und hatte bereits eine Generation vor diesem bedeutende Aufträge in der Stadt erhalten. Vasari, der beider Leben 1480/82 beendet sah, kannte schlichtweg die richtige Reihenfolge nicht.

Ein häufig vermutetes Lehrer-Schüler-Verhältnis der beiden vielseitigen Künstler ist nicht direkt nachweisbar, doch mögen Francesco und sein Kompagnon Neroccio di Bartolomeo de’ Landi Verrocchios Werkstatt mit eigenen Rechten angehört haben. Dokumentiert ist lediglich eine Zusammenarbeit im Jahr 1460, als sie von der Dombauhütte in Siena gemeinsam für handwerkliche Tätigkeiten bezahlt wurden.

Vasari strich beim Zusammenfügen ihrer Biographien die jeweiligen moralisierenden Eingangspassagen der ersten Edition und stellt beide Künstler als herausragende Bildhauer vor. Ihre Werke in der Malerei ignoriert er nahezu gänzlich, obwohl Vecchietta seine Skulpturen gerne mit seinem Namen und dem Zusatz »Maler« und umgekehrt seine Gemälde mit Namen und »Bildhauer« signierte. Für Vecchietta wiederum erwähnt Vasari keinerlei architektonische Tätigkeiten.

Francesco di Giorgio wird schon im Titel als Bildhauer und Architekt bezeichnet, was für seine Rezeption in den folgenden Jahrhunderten einflußreich blieb. Zuvor hatte zwar Raffaels Vater, Giovanni Santi, 1490 Francesco di Giorgio in einer Reimchronik in allen Bereichen seines Schaffens gewürdigt – nämlich als Architekt, Bronzebildner und Maler. Erst im 18. Jahrhundert warf Guglielmo Della Valle jedoch einen kritischen Blick auf Vasaris Vita und fügte ihr einige Gemälde hinzu.

Tatsache ist, daß in der zweiten Hälfte von Francesco di Giorgios Arbeitsleben die Aufträge als Baumeister überwogen und er als Berater in architektonischen Fragen von Mailand bis Neapel gefragt war. Auch wenn Vasari davon nicht im einzelnen berichtet, lobt er Francescos Fähigkeiten in der Ingenieurskunst und Architektur über alle Maßen. Er schrieb ihm die Alleinverantwortung für den Ausbau des Fürstenpalasts in Urbino zu, ebenso für die Planung der Stadt Pienza – ein gravierender Fehler und weiteres Indiz dafür, daß Vasari in der Chronologie der seconda età nicht recht firm war. Für Pius II., der vor seinem Tod 1469 seinen Geburtsort von Bernardo Rossellino zur idealen Renaissanceanlage hatte ausbauen lassen, arbeitete nicht Francesco di Giorgio, sondern Vecchietta, der allerdings nur ein Altarbild für den neuen Dom schuf.

In den Vite vernachlässigt Vasari vollständig die von Francesco entworfene, ab 1485 unterhalb der Stadt errichtete und gut dokumentierte Monumentalkirche Santa Maria delle Grazie al Calcinaio. Die dort befindlichen Glasfenster des französisch-aretinischen Glasmalers Guillaume de Marcillat erwähnt Vasari in dessen Lebensbeschreibung ebenfalls nicht. Diese Kirche kommt lediglich in der Vita von Antonio da Sangallo dem Älteren kurz vor, als Vasari behauptet, dieser habe ein Modell für sie geschaffen, das seiner Ansicht nach jedoch nicht realisiert worden sei.1 Dies ist erstaunlich, da Vasari im nahen Arezzo aufgewachsen war und 1554 aufgrund eigener Aufträge längere Zeit in Cortona zu tun hatte und nicht zuletzt dort vor den Toren die Kirche Santa Maria Nuova plante.

Vasari erkannte zwar Francesco di Giorgios große, universale Künstlerpersönlichkeit, sein Interesse an Kriegsgeräten und Antiken, vor allem im Bereich der Architektur wird aber der komplexen Künstlerpersönlichkeit in seiner kurz gehaltenen, eilig verfaßten Vita nicht gerecht. Immerhin bezeichnete er Francesco als ersten würdigen Nachfolger des Florentiner Baumeisters Filippo Brunelleschi und vergaß nicht zu erwähnen, daß sein eigener Auftraggeber, Cosimo I. de’ Medici, ein Manuskript von dessen als Trattati di architettura, ingegneria e arte militare zusammengefaßten Schriften besaß. Angesichts Francescos Herkunft aus Siena und womöglich auch seiner Aktivitäten für Montefeltre, einen Feind der Medici, konnte oder wollte er ihm offensichtlich nicht mehr Raum und Bedeutung beimessen. War Francesco di Giorgio eine Persona non grata für Vasaris Auftraggeber Cosimo I.? Bei der Pazzi-Verschwörung 1478 gegen die Medici war wohl Federico da Montefeltre der Planer und Auftraggeber gewesen und Francesco di Giorgio sein militärischer Ingenieur.

Der zweite Künstler der Vita, Lorenzo di Pietro, wurde von Vasari lediglich wegen einiger Bronze- und Marmorarbeiten gerühmt, um ihn in die Nachfolge von Jacopo della Quercia und Donatello zu stellen. Tatsächlich ist ein herausragendes Ziborium des Sienesen erhalten, das gleich zweimal in den Vite Erwähnung findet. Am Baptisterium in Siena verantwortete Lorenzo jedoch keine Bronzefiguren, wie Vasari angibt, sondern Fresken am Deckengewölbe und in der Apsis. Sie werden vom Biographen genauso kurz abgehandelt wie ein Fresko im Pilgerraum des Hospitals Santa Maria della Scala. Weder das Sujet noch die eindrucksvolle Komposition der Gründungslegende des Krankenhauses werden von ihm näher beschrieben. Vasari kannte die Örtlichkeiten wohl nicht aus eigener Anschauung, er besuchte Siena im Jahr 1560 lediglich für einen Tag auf der Durchreise nach Rom.

Nach der Kanonisierung der Heiligen 1461 von der Sieneser Kommune in Auftrag gegeben, prangt Vecchiettas Fresko der Heiligen Katharina von Siena an einem Pilaster in der Sala del Mappamondo des Palazzo Pubblico und diente dort als offizielle Bildvorlage.2 Altargemälde, Bildhauerarbeiten für den Kardinal von Narni oder architektonische Entwürfe, etwa für die Piccolomini-Loggia in Siena, sowie seine frühen Kontakte zu den Florentiner Künstlern Paolo Schiavo und Masolino bleiben in Vasaris Vita ebenfalls allesamt unerwähnt.3

MB und AZ

Türler ve etiketler
Yaş sınırı:
0+
Hacim:
619 s. 16 illüstrasyon
ISBN:
9783803141897
Tercüman:
Telif hakkı:
Bookwire
İndirme biçimi:
epub, fb2, fb3, ios.epub, mobi, pdf, txt, zip

Bu kitabı okuyanlar şunları da okudu