Kitabı oku: «Das Taschenbuch», sayfa 4
Grundlegend für die Beschäftigung mit der Tauchnitz-EditionAlbatross Modern Continental Library, The ist das umfangreiche Werk von Todd/Bowden 2003. Hier werden die Editionsgeschichte auf über 1.000 Seiten dargestellt und alle Bände sorgfältigst bibliografiert. Die jüngste Publikation zu TauchnitzTauchnitz im deutschsprachigen Bereich ist zugleich die umfassendste: Mienert u.a. 2017. Eine erste Einführung bietet Pressler 1978.
Das Format betrug 11,8 cm x 16,4 cm; es wurde bis in das Jahr 1935 (Nr. 5225) konsequent durchgehalten. Danach wählte der Verlag mit 11,2 cm x 18,1 cm ein schlankeres Format. Die weißen Broschuren kosteten einen halben Taler, später viele Jahre 1 Mark 60, dann 1 Mark 80 und in den 1930er Jahren zwei Mark. Originalbroschuren sind heute sehr selten. In Bibliotheken und Sammlungen finden sich zumeist Aufbindungen. Die zahlreichen Abbildungen in Todd/Bowden 2003 zeigen fast ausnahmslos gebundene Ausgaben.
Das Cover blieb mit seinem Linienrahmen mit Ornamenten in den vier Ecken über Jahrzehnte völlig unverändert. Erst 1914 wurde der schlichte, typografisch orientierte Umschlag leicht modifiziert und der Reihentitel auf Collection of British and American AuthorsCollection of British and American Authors erweitert (siehe Todd/Bowden 2003: 608).
Bis 1943 – bis zur kriegsbedingten Einstellung der Produktion – erschienen in der Tauchnitz-EditionAlbatross Modern Continental Library, The 5.372 Bände. Diese Zahl ist jedoch nicht identisch mit den veröffentlichten Werken, da ein Werk oft in zwei oder mehr Bänden erschien. Obwohl mit der Nr. 5 bereits ein Jahr nach dem Start der amerikanische Autor James Fenimore Cooper verlegt wurde, wurde der ursprüngliche Reihentitel Collection of British AuthorsCollection of British Authors erst 1914 um and American ergänzt, was wohl damit zusammenhängt, dass knapp 80 Prozent der insgesamt 714 Autorinnen und Autoren britischer und nur etwa ein Sechstel amerikanischer Nationalität waren. Bis 1934 wurden fast alle Bände in der verlagseigenen Druckerei hergestellt; danach ging die Produktion auf den neuen Eigentümer, die Großdruckerei Oscar Brandstetter in Leipzig, über.
Das Programm der Tauchnitz-EditionAlbatross Modern Continental Library, The war bis auf eine Reihe von Klassikern wie Shakespeare mit einer vollständigen Werkausgabe in den Anfangsjahren und einige Ausflüge in die literarische Moderne auf gediegene Unterhaltung ausgerichtet. Im Grunde gilt für die gesamte Geschichte der Reihe, was der Verlag 1933 in seinem Kleinen Führer durch die gute englische und amerikanische Literatur der neuesten Zeit als bewährte Programmstrategie verlauten ließ: „Die Sammlung bringt Bücher für jeden Geschmack, sowohl die literarisch wertvollen Werke der anerkannt besten und modernsten Autoren der betreffenden Länder, als auch leichte Literatur zur Unterhaltung und Auffrischung der Kenntnisse in der Umgangssprache. Jedoch selbst in der Unterhaltungslektüre wird immer ein gewisser Standard gewahrt und allzu flache Lektüre vermieden.“ (zit. nach Mienert u.a. 2017: 71)
Die Einschätzung des Programms wird durch die Rangliste der 20 Autorinnen und Autoren mit den meisten Bänden in der Reihe bestätigt. Außer Charles Dickens, Henry Rider Haggard, Edward Bulwer-Lytton, Wilkie Collins, H. G. Wells und Arthur Conan Doyle sind hier Verfasser zu finden, die heute nur noch Spezialisten bekannt sein dürften, darunter auch die ‚Spitzenreiterin‘ Mary Elizabeth Braddon, die mit 116 Bänden die Liste vor Dickens (97 Bände) anführte.
Die ersten Titel erschienen im September 1841 mit der Jahresangabe 1842. Unter dieser Jahreszahl erschienen 32 Titel. Auf Edward Bulwer-Lytton folgten als Nr. 2 und Nr. 3 die Pickwick Papers von Charles Dickens, danach etliche Titel von Bulwer-Lytton, eine Werkausgabe von Lord Byron sowie Bücher von James Fenimore Cooper, Captain Marrya und Oliver Goldsmith.
Schon Ende 1843 erschien der 55. Band, und 1850 waren bereits fast 200 Bände auf dem Markt. In den beiden folgenden Jahrzehnten stieg die Produktion kontinuierlich an; 1869 erschien der 1.000. Band. Waren es zu Beginn drei Bücher pro Monat, so verdoppelte sich diese Zahl danach. 1895, im Todesjahr von Christian Bernhard TauchnitzTauchnitz, waren über 3.000 Bände auf dem Markt. Absolutes Spitzenjahr war 1891 mit 105 Novitäten (statistische Angaben nach Todd/Bowden 2003 und Mienert u.a. 2017: 97–111).
Zu den Absatzzahlen finden sich nur punktuell Informationen. Laut einer Verkaufsstatistik der Jahre 1891 bis 1902 wurden in diesem Zeitraum 586 Titel in 809 Bänden veröffentlicht. Davon erreichten sechs Bücher einen Absatz von mehr als 10.000 Exemplaren, neun von mehr als 5.000 Exemplaren und sechs von mehr als 3.000 Exemplaren. 136 Titel verkauften weniger als 3.000 Exemplare, wurden aber lieferbar gehalten, während 429 Bücher so geringen Absatz fanden, dass sie nicht nachgedruckt wurden. Das sind immerhin fast drei Viertel aller Novitäten des Zeitraums. Erfolgreichste Autoren waren Jerome K. Jerome, Rudyard Kipling, Thomas Hardy und Arthur Conan Doyle (Todd/Bowden 2003: 453f.).
Der Verlag spricht 1937, dem Jubiläumsjahr der Verlagsgründung, von 40 Millionen produzierten Exemplaren. Recherchen zum Verhältnis von Erstausgaben zu Nachdrucken sind so gut wie nicht möglich, da der Verlag bis in die 1930er Jahre bis auf wenige Ausnahmen nur das Jahr der Erstpublikation angab, Nachauflagen jedoch nicht kennzeichnete (Pressler 1978: 11). Die Entwicklung der Collection of British and American AuthorsCollection of British and American Authors während des Ersten Weltkriegs und in den Jahren bis 1943 wird im nächsten Kapitel beschrieben.
Reutlinger VolksbücherVolksbücher, Reutlinger
Eine Reihe, die wohl um die Mitte des 19. Jahrhunderts zu erscheinen begann und die sich gänzlich von den literarischen Bibliotheken mit ihren Klassikern unterscheidet, sind die im 1818 gegründeten Verlag Ensslin und LaiblinEnsslin und Laiblin (siehe Galle 2006b, 122–126 und 191) erschienenen Reutlinger VolksbücherVolksbücher, Reutlinger. Es liegen nur rudimentäre Erkenntnisse dazu vor. Die Reihe ist ein weiteres Beispiel dafür, dass mangels bibliografischer oder falscher Erfassung eine wissenschaftliche Aufarbeitung sehr schwierig ist. Rudolf Schenda schreibt zu dieser erforschenswerten Serie: Es „erschienen hunderte von verschiedenen Nummern unter dem Reihentitel Reutlinger Volksbücher und rund 500 Nummern in der bis zum ersten Weltkrieg lebendigen Reihe Neue VolksbücherVolksbücher, Neue: jeweils eine wohlausgewogene Mixtur von Oldtimern – Der ewige Jude, Albertus Magnus’ Kräuterbuch, Kaiser Octavianus, Reineke Fuchs –, populären Klassikern des 19. Jahrhunderts – Christoph von Schmid, Wilhelm Bauberger, Ottmar F. H. Schönhuth, Gustav Schwab – und pseudoaktuellen Knüllern – In Kamerun, Soldaten-Liederbuch, Neuester (Liebes-)Briefsteller, Von billiger Nahrung und Arznei. Die Texte wurden umgearbeitet, verkürzt, beschnitten, modernisiert, kurzum: für das Massenpublikum manipuliert, sie waren Konsumware ohne Prätentionen, Unterhaltungsträger ohne Bildungs-Ideologie, Zeitvertreib ohne Zeitbezug, […] Seelentröster für alle Kümmernisse, Ratgeber für Küche und Kolik“ (Schenda 1970: 304). Aus den lückenhaften Bibliotheksbeständen lässt sich schließen, dass die ersten Bände der wohl knapp 400 Titel umfassenden Sammlung in den späten 1840er Jahren, die letzten um 1880 erschienen sind. Die Cover waren typografisch schlicht gestaltet, die Abbildungen eher grobschlächtig. Später verzichtete man auf die Titelillustrationen. Zumindest teilweise waren die Bände mit Holzstichen versehen.
Abb. 5:
Reutlinger Volksbücher 74: Hans Brunner: Hedwig, die Banditenbraut. Ensslin & Laiblin, Reutlingen o.J., 62 Seiten. Format 10,8 cm x 16,6 cm.
Unübersichtlicher wird die Situation dadurch, dass der 1852 gegründete Verlag Robert BardtenschlagerBardtenschlager, der wie Ensslin und LaiblinEnsslin und Laiblin ebenfalls in Reutlingen ansässig war, auch eine Reihe Reutlinger VolksbücherVolksbücher, Reutlinger herausbrachte (Galle 2006b: 128). Sie erschien wohl zwischen 1874 und 1883. Die wenigen nachgewiesenen Bestände in Bibliotheken lassen darauf schließen, dass wohl weniger als 400 Bändchen veröffentlicht wurden. Sie sind in Format und Aufmachung der Ensslin-und-Laiblin-Konkurrenz zum Verwechseln ähnlich.
Die Neuen VolksbücherVolksbücher, Neue (auch als Neue Reutlinger VolksbücherVolksbücher, Neue Reutlinger verzeichnet) sind in einem Verlagskatalog aus dem Jahr 1881 mit 233 Bändchen zu zwölf Pfennig dokumentiert und bis zur Nr. 527 (um 1900) nachgewiesen. Das Format betrug 11,5 cm x 17 cm. Auf dem Cover befand sich am Kopf der Seite in kleiner Schrift der Reihentitel. Darunter war bogenförmig der Titel platziert, der sich über eine großflächige vierfarbige Abbildung spannte. Diese illustrierte eine Szene aus dem Roman, die am Fuß des Umschlags textlich wiedergegeben wurde. Eine Autorennennung fehlt.
Diese Umschlaggestaltung wurde für viele vergleichbare Reihen zum Vorbild. Das gilt unter anderen für die Kleinen Volks-ErzählungenVolks-Erzählungen, Kleine (Verlag Julius BagelBagel), für die Volks- und JugenderzählungenVolks- und Jugenderzählungen (Verlag Adolf SpaarmannSpaarmann), für die Kleine Jugend-BibliothekJugend-Bibliothek, Kleine (Adolf Spaarmann), für Die VolksbibliothekVolksbibliothek, Die (Verlag E. BartelsBartels) und für die IndianerbücherIndianerbücher (Verlag E. BartelsBartels). Abbildungen entsprechender Titel finden sich bei Galle 2006b: 279–281 und 283f. Dieser Sektor der Jugendliteratur ist wissenschaftlich überhaupt nicht, durch Sammler wenigstens durch Titelverzeichnisse teilweise erschlossen. Siehe zum Beispiel http://vorkriegscomics.rotfuchs44.bplaced.net/vvk.htm. Die Validität der Angaben ist in diesem Rahmen nicht überprüfbar.
Indianererzählungen prägten vor allem in späteren Jahren das Programm der Neuen VolksbücherVolksbücher, Reutlinger. Doch es erschienen auch Bändchen mit Aktualitätsbezug, wie zum Beispiel zu den Unruhen auf Kuba oder zum Boxeraufstand in China. Gegen Ende der Reihe wurden eher historische Ereignisse wie etwa die Kolonialkriege aufgearbeitet.
Das Format beider Reihen betrug bei leichten Schwankungen 10,5 cm x 16,5 cm, der Umfang 32 bis 64 Seiten. Das außerordentlich erfolgreiche Neue, vollständige Kochbuch für die bürgerliche Küche von Caroline Müller – erschienen nach 1850 – lag 1880 in der 32. Auflage vor und wurde wie andere Erfolgstitel von den Reutlinger Volksbüchern in die Neuen VolksbücherVolksbücher, Neue übernommen.
Meyer’s Groschen-Bibliothek der Deutschen Classiker für alle StändeMeyer’s Groschen-Bibliothek der Deutschen Classiker für alle StändeGroschen-Bibliothek der Deutschen Classiker für alle Stände

Abb. 6:
MeyerMeyer's Groschenbibliothek der deutschen Classiker für alle Stände 83: Ernst Moritz Arndt: Gedichte. Bibliographisches Institut, Hildburghausen, und Hermann J. Meyer, New York o.J., 92 Seiten. Format 7,0 cm x 11,5 cm.
Die umfangreichste literarische Bibliothek, die das Bibliographische Institut verlegte, war Meyer’s Groschen-Bibliothek der Deutschen Classiker für alle StändeGroschen-Bibliothek der Deutschen Classiker für alle Stände. Hier erschienen zwischen 1850 und 1855 insgesamt 365 Bände. Bei wöchentlichem Erscheinen bedeutete das einen Titelausstoß von durchschnittlich fünf pro Monat, eine hohe Periodizität, die moderne Taschenbuchverlage in den ersten Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg kaum übertrafen. Wie der Name sagt, kosteten die Bändchen einen Groschen, was 1 ¼ Silber- oder Neugroschen bzw. 4 ½ Kreuzer sowie 2 Schilling Courant entsprach. Ganz unbescheiden war auf der Rückseite zu lesen: „Seitdem Bücher gedruckt werden, ist ein solcher Preis noch nicht erdacht worden.“
Die Reihe entsprach in der Aufmachung mit Stahlstichen und biografischen Abrissen sowie im Format (7,0 cm x 11,5 cm) der mehr als zwei Jahrzehnte zuvor begonnenen Miniatur-Bibliothek der Deutschen ClassikerMiniatur-Bibliothek der Deutschen Classiker. Deren Bände waren in einen reich mit Ornamenten verzierten Umschlag gehüllt, der nur den Reihentitel und den Verlag nannte. Im Unterschied dazu kam die Groschen-BibliothekGroschen-Bibliothek der Deutschen Classiker für alle Stände sehr spartanisch daher. Der Umschlag bestand aus farbigem Papier, auf dem gestürzt in großen Lettern der Reihentitel, kleiner der Preis und noch unauffälliger der Autor genannt waren. Auf der Rückseite fanden sich ein allgemeiner Text zur Reihe sowie vertriebliche Hinweise.
Die in der Miniatur-BibliothekMiniatur-Bibliothek der Deutschen Classiker verlegten Bände wurden in die Groschen-BibliothekGroschen-Bibliothek der Deutschen Classiker für alle Stände übernommen. Die deutliche zahlenmäßige Aufstockung resultiert in der Aufnahme zahlreicher neuer Autoren, überwiegend mit nur einem Band. Dazu gehörten eine Reihe romantischer Autoren wie die beiden Arnims, Brentano, Chamisso, Eichendorff und Wackenroder. Aber auch ältere Autoren wie Abraham a Santa Clara, Günther, Luther oder Winckelmann sowie Philosophen wie Feuerbach, Fichte, die Humboldt-Brüder, Kant oder Schleiermacher waren nun vertreten. Natürlich tauchten auch etliche Autoren auf, die heute vergessen sind oder kaum noch Beachtung finden. Doch insgesamt bot die Groschen-BibliothekGroschen-Bibliothek der Deutschen Classiker für alle Stände einen repräsentativen Querschnitt durch den Bildungskanon der Zeit.
Auf der Rückseite der einzelnen Bände wurde der Anspruch dieses verlegerischen Unternehmens herausgestrichen: „Meyers Groschenbibliothek enthält das Beste der deutschen classischen Literatur. Sie soll ein Werkzeug werden für die intellektuelle Emanzipation des Volks, – der Masse. – Sie soll es seyn; sie wird es seyn.“ Jeder, „selbst der Allerärmste“, könne „sich in Besitz bringen der reinsten und reichsten Quelle des Wissens, der Unterhaltung und der Erhebung von Herz und Geist“. Hier wird ein volkspädagogischer Anspruch formuliert, der in den kommenden Jahrzehnten immer wieder der Legitimation solcher Reihen dienen wird. Das legendäre Motto der Serie – „Bildung macht frei!“ – war auf dem Haupttitel platziert.
Universal-BibliothekUniversal-Bibliothek
Die Geschichte des 1828 in Leipzig gegründeten Anton Philipp ReclamReclam Verlags (bis 1837 unter dem Namen Verlag des Literarischen MuseumsVerlag des Literarischen Museums) und seiner Universal-BibliothekUniversal-Bibliothek ist eingehend dokumentiert und dargestellt worden, sodass es an dieser Stelle genügt, die wichtigsten Aspekte festzuhalten.
Zur Vereinheitlichung der divergierenden Urheberrechtsbestimmungen in den einzelnen deutschen Staaten hatte die Bundesversammlung in Frankfurt am Main am 6. November 1856 beschlossen, dass ab dem 9. November 1867 die Werke aller Autoren, die vor dem 9. November 1837 gestorben waren, gemeinfrei werden sollten. Wie eine Aufstellung der Klassikereditionen in den Jahren 1867 bis 1877 zeigt, arbeiteten viele deutschen Verlage auf diesen Tag hin. Dazu gehörten neben CottaCotta, dem Monopolisten auf diesem Sektor, GöschenGöschen (seit 1838 zu Cotta gehörend) und ReimerReimer als Verleger von Jean Paul auch Verlage, die heute weitgehend unbekannt sind wie GöpelGöpel in Stuttgart, GroteGrote in Berlin und ProchaskaProchaska in Teschen/Böhmen (Sippel-Amon 1974: Sp. 407–412). Neue Player waren neben den gerade Genannten das Bibliographische Institut, Brockhaus, HempelHempel und ReclamReclam.
Anton Philipp ReclamReclam (1807–1896) startete die Universal-BibliothekUniversal-Bibliothek genau einen Tag, nachdem das neue Urheberrecht in Kraft getreten war. Das Programm wurde in einer ersten Publikumsanzeige beschrieben, die am 4. Februar 1868 in der Leipziger Zeitung veröffentlicht wurde und in der die ersten 40 Titel aufgeführt sind: „Im Verlag von Philipp Reclam jun. in Leipzig erscheint in regelmäßiger Folge unter dem Titel: Universal-Bibliothek eine Sammlung von Einzelausgaben allgemein beliebter Werke. Preis jedes Bandes: 2 Sgr. […] Jeder Band wird einzeln verkauft. […] An der Fortsetzung dieser Sammlung wird unausgesetzt gearbeitet. Ihr Umfang wird von der Aufnahme abhängen, welche dieselbe beim Publicum findet. Das Erscheinen sämmtlicher classischer Werke unserer Literatur, die ein allgemeines Interesse in Anspruch nehmen und deren Umfang es gestattet, wird versprochen. Hierdurch sollen aber keineswegs Werke, denen das Prädicat ‚classisch‘ nicht zukommt, die aber nichts destoweniger sich einer allgemeinen Beliebtheit erfreuen, ausgeschlossen werden. Manches fast vergessene gute Buch wird wieder ans Tageslicht gezogen werden – andere Werke sollen, in die ‚Universal-Bibliothek‘ eingereiht, zum ersten mal vors Publicum treten. Die besten Werke fremder und todter Literaturen werden in guten deutschen Uebersetzungen in derselben ihren Platz finden.
Da die Bände einzeln käuflich sind, ist Jedermann in den Stand gesetzt, sich eine Bibliothek nach eigenem Geschmack und Bedürfniß zusammen zu stellen, ohne genöthigt zu sein, neben den gewünschten, auch ihm vollkommen gleichgiltige Werke mit in den Kauf nehmen zu müssen.“ (zit. nach Bode 2003: 23–25; Hervorhebungen im Original)
Der Verlag hat hier sehr geschickt die Vorteile seiner neuen Unternehmung herausgestrichen. Es wurde eine Sammlung deutscher Klassiker versprochen, ohne dass der Käufer sich durch eine Subskription zu einer Abnahme von Büchern verpflichtet sähe, die er nicht will. Auch wurden ausländische Autoren, vergessene Werke und Originalausgaben angekündigt, also ein breiter Strauß von Literatur, der über die Klassiker im engeren Sinn – und das waren zu dieser Zeit vor allem Goethe, Schiller, Lessing, Kleist und Klopstock – weit hinausging, eben eine „Universal-Bibliothek“. Damit unterschied sich ReclamReclam von Anfang an deutlich von den Konkurrenten, die mit dem Verlag am neu entstehenden Markt konkurrierten und sich auf die deutschen Klassiker beschränkten: Nationalbibliothek sämmtlicher deutscher ClassikerNationalbibliothek sämmtlicher deutscher Classiker (HempelHempel), Bibliothek der deutschen NationalliteraturBibliothek der deutschen Nationalliteratur (Bibliographisches InstitutBibliographisches Institut), Bibliothek der deutschen Nationalliteratur des 18. und 19. JahrhundertsBibliothek der deutschen Nationalliteratur des 18. und 19. Jahrhunderts (Brockhaus) und Hausbibliothek deutscher ClassikerHausbibliothek deutscher Classiker (GroteGrote).
Es wurde auch Wert darauf gelegt, dass es sich um Einzelausgaben von Werken handelte, dass umfangreichere Bücher also nicht in einzelnen Lieferungen erschienen, dass die Bibliothek offen war, also ohne numerische oder zeitliche Begrenzung, und dass sie regelmäßig erschien, dass also für Nachschub an Lesestoff gesorgt ist. Zudem waren die Bände mit zwei Silbergroschen (später 20 Pfennig) sehr preisgünstig.
Der umfassende Anspruch der Universal-BibliothekUniversal-Bibliothek, zu deren Vorläufern auch die ab 1838 in Frankreich erschienene Bibliothèque CharpentierBibliothèque Charpentier zu nennen ist (Olivero 1999: 49–88), wurde allerdings bei den ersten 40 Bänden nur zum Teil eingelöst. Goethe eröffnete zwar die Sammlung mit Faust I und Faust II, blieb aber zunächst ohne Folgeband. Lessing mit fünf und Schiller mit vier Werken waren die am häufigsten vertretenen deutschen Klassiker. Ganz vorn aber rangierte Shakspere (in dieser Schreibung) mit neun Dramen. Das lag nicht zuletzt daran, dass ReclamReclam zwischen 1865 und 1867 eine 25 Nummern umfassende Shakespeare-Ausgabe in vergleichbarer Ausstattung und zum gleichen Preis herausgebracht hatte und für die Universal-Bibliothek nun die Stereotypie-Platten verwenden konnte. Dem Zeitgeschmack wurde mit der Aufnahme von Börne, Körner, Iffland und Kotzebue Tribut gezollt. Der spanische Barockdichter Agustin Moreto mit dem Lustspiel Donna Diana, Michael Beer mit dem Trauerspiel Der Paria (1823) und Louis Angely mit der Komödie Die Reise auf gemeinschaftliche Kosten (1836) standen wohl für die Ankündigung, vergessene Werke zugänglich zu machen.
ReclamReclam hatte sich auf den 10. November 1867 gut vorbereitet, und so sollen zu diesem Zeitpunkt 35 Bände ausgedruckt vorgelegen haben. Das „Auflagenbuch“ des Verlags stützt diese Aussage, denn dort ist verzeichnet, dass die jeweils ersten Auflagen von Goethes Faust I und II sowie Lessings Nathan der Weise bereits im Mai bzw. Juli 1867 in Stückzahlen von 5.000 und 3.000 produziert worden waren (Bode 2003: 26).
Die broschierten Bändchen waren kleinformatig (9,5 cm x 15 cm) und geheftet, die Seiten eng bedruckt. Der blassrote Papierumschlag trug am Kopf prominent die Reihenbezeichnung. Auf der linken Seite rankte sich eine Rose noch oben, umgeben von einem Band mit der Aufschrift: „Jeder Band ist einzeln für 2 Sgr. käuflich.“ Umschlaggestaltung und Ladenpreis wurden über fast 50 Jahre hinweg beibehalten – ein beeindruckendes Beispiel einer Markenbildung in der Buchbranche. Der niedrige Ladenpreis war vor allem möglich, weil ReclamReclam in der hauseigenen Druckerei das neue Verfahren der Papierstereotypie, das die Gipsstereotypie ablöste, einsetzte.
Erfahrungen mit Sammlungen und preiswerten Ausgaben hatte ReclamReclam nicht nur mit der genannten Shakespeare-Ausgabe, die die 1858 erschienene zwölfbändige Ausgabe der Sämtlichen dramatischen Werke in 25 Einzelbändchen auflöste, sondern schon weit früher mit der Wohlfeilen Unterhaltungsbibliothek für die gebildete LeseweltUnterhaltungsbibliothek für die gebildete Lesewelt, Wohlfeil gesammelt. Sie erschien zwischen 1844 und 1847 in 61 Bändchen zum Preis von 50 Pfennig. Das Programm wird in der Reclam-Hagiografie etwas verschämt mit „nicht sehr hohem Anspruch“ charakterisiert (Bode 2003: 14). Hier erschienen zum Beispiel die heute längst vergessenen humoristischen Romane der französischen Erfolgsschriftsteller Pigault-Lebrun (1753–1835) und Paul de Kock (1794–1871).
Auffallend ist, dass es über die von ReclamReclam selbst meist anlässlich von Jubiläen herausgegebenen Verlagsgeschichten bzw. Chronologien wie Meiner 1942 (unangenehm ideologisch angepasst) und Meiner 1961, Bode 1978 und 2003 und Max 2003 und 2012 sowie Reclam 2017 hinaus keine Geschichte des Unternehmens aus unabhängiger Sicht gibt. Das gilt auch für den in Leipzig erschienenen Band Marquardt 1967. Thematisch am breitesten ist Bode 1992a angelegt. Zur Geschichte der Umschlaggestaltung siehe Kretschmar 1992 und Forssman 2012.
Die Universal-BibliothekUniversal-Bibliothek setzte sich schnell am Markt durch, was ebenfalls dem erwähnten „Auflagenbuch“ zu entnehmen ist. Schon im Dezember 1867 wurden die beiden Faust-Bände mit erneut je 5.000 Exemplaren nachgedruckt. Im Februar 1868 folgten weitere je 10.000 Exemplare, und im Mai 1869 produzierte der Verlag 10.000 Bücher von Faust I und im September des Jahrs 5.000 Exemplare von Faust II. Die Unterlagen zeigen, dass ReclamReclam jeweils ungefähr einen Jahresbedarf herstellte. Dieser betrug 1899 bereits 20.000 Exemplare und stieg 1908 auf 50.000 Exemplare.
Die Reihe wurde rasch ausgebaut; ein Jahr nach Erscheinen waren 100 Nummern auf dem Markt. Etwas mehr als die Hälfte davon sind Werke von Shakespeare (25), Schiller (15) und Goethe (11). Bühnenwerke machten mehr als zwei Drittel aus; Lyrik war nur mit vier Bänden vertreten. In den ersten zehn Jahren wurden durchschnittlich 80 Nummern pro Jahr, in den 1880er und 1890er Jahren rund 140 Nummern veröffentlicht. In der Regel brachte der Verlag in dieser Zeit alle vier Wochen zehn Nummern auf den Markt (Meiner 1942: 76). Bis zum Beginn des Ersten Weltkriegs erschienen rund 3.800 Hefte mit mehr als 5.800 Nummern.
Programmerweiterungen der Universal-BibliothekUniversal-Bibliothek begannen bereits in den 1870er Jahren mit skandinavischen und in den 1880er Jahren mit russischen Autoren. Sie waren zu dieser Zeit noch gemeinfrei, sodass keine Autorenhonorare zu zahlen waren. Deutsche Autoren wurden in die Sammlung aufgenommen, sobald die Schutzfrist abgelaufen war: Heine 1887, Stifter 1898, Grillparzer 1903, Wagner 1914.
Die Positionierung der Universal-Bibliothek wurde auch und in vermehrtem Maß durch die Aufnahme nichtfiktionaler Texte vorangetrieben. Ab 1877 wurden philosophische Werke, ab 1882 Gesetzessammlungen, ab 1889 Operntextbücher, ab 1905 Erläuterungen zu Meisterwerken der TonkunstErläuterungen zu Meisterwerken der Tonkunst und ab 1908 Bücher der NaturwissenschaftBücher der Naturwissenschaft als Reihen in der Reihe auf den Markt gebracht. 1915 existierten 14 spezialisierte Serien mit 248 Nummern. In der Relation zum Gesamtprogramm, das 1908 bereits 5.000 Nummern und 1917 rund 6.000 Nummern umfasste, war das sehr wenig, doch diese Titel dienten der Profilierung der Reihe (Jäger 1992: 33–37).
Kerngeschäft blieb die schöne Literatur, aber beileibe nicht nur die Klassiker und moderne ausländische Literaten, sondern auch „Hunderte von litterarisch weniger bedeutenden Humoresken- und Novellenbände“, wie 1899 im Börsenblatt für den deutschen Buchhandel festgestellt wurde (zit. nach Jäger 1992: 37). Man hat die Universal-Bibliothek zeitgenössisch daher auch eine „litterarische Volksküche“ (zit. nach Moldenhauer 1884: 222) genannt.
Diese ‚leichte‘ Literatur war das ideale Vertriebsobjekt für den Kolportagebuchhandel, der in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts seine größte Bedeutung erlangte. Die Universal-BibliothekUniversal-Bibliothek gehörte daher auch zu den für diesen Vertriebsweg besonders empfohlenen Objekten. Diese Literatur war aber auch der Stoff, den ReclamReclam ab 1912 in seinen Bücherautomaten anbot und sich damit eine neue Verkaufsschiene erschloss. Aufschlussreich ist, dass der Verlag in einem „Verzeichnis der 1. Füllung“ zwar am Kopf der beiden Seiten Schillers Wilhelm Tell, die Reichsverfassung sowie Erläuterungen zur Literatur und zu Musikwerken abbildete, dass jedoch keiner dieser Titel unter den 80 verzeichneten Bänden zu finden ist. Die Liste der Autoren reicht dort von Achleitner und Andrea über Höcker und Holzamer bis zu Wolf und von Zobeltitz (Abbildung bei Jäger 1992: 38f.). Die in den Automaten angebotenen Titel firmierten als Reclams Automaten BücherReclams Automaten Bücher und hatten ein eigenes Umschlagdesign (Abbildung bei Haefs 1992: 221).
Der ReclamReclam-Bücherautomat wurde von Peter Behrens (1868–1940) entworfen, der als Pionier des modernen Industriedesigns gilt. Der Verlag stellte ihn unter anderem auf Bahnhöfen, auf Ozeandampfern, Kasernen und in Kurorten auf. Bis 1917 kamen fast 2.000 Automaten zum Einsatz, in denen jeweils zwölf Titel angeboten wurden. Um 1916 sollen jährlich etwa 1,5 Millionen, zwischen 1913 und 1923 etwa 10 Millionen Exemplare über Automaten verkauft worden sein (Stöckle 1970: 17). Spätestens 1940 wurde diese Art des Vertriebs eingestellt, wohl wegen zu hoher Wartungs- und Reparaturkosten der Automaten.
Wie geschickt Reclams Marketingmaßnahmen waren, zeigt die Tatsache, dass zwischen etwa 1909 und 1918 über 500 Bände der Großen Effka-BibliothekGroße Effka-Bibliothek veröffentlicht wurden. Der Verlag arbeitete hier mit der Firma Effka Eigelb-Pflanzenmargarine zusammen, die jedem Karton ein kostenloses ReclamReclam-Heft als Werbegabe beilegte. Die unter dem Verlagsnamen verbreiteten Broschüren trugen auf der Rückseite den Vermerk „unverkäuflich“ und enthielten auf den letzten Seiten Hinweise auf die Universal-BibliothekUniversal-Bibliothek. Die Reihe erschien auch als Hardcover, wobei ein Band mehrere Einzelnummern enthielt (Unger 2015: 82–86).
Welche Spannbreite das Programm angenommen hatte, zeigt ein Einhefter im Deutschen Literaturkatalog 1907/08, in dem der Verlag sein Angebot dem Buchhandel anpries: „Der Inhalt der Sammlung ist so vielseitig wie nur irgendeine Bibliothek der Welt. Viel und gut, Berücksichtigung aller berechtigten Geschmacksrichtungen, multa et multum, das ist der oberste Grundsatz des Unternehmens. Da steht die leichtgeschürzte Muse neben der düsteren Tragik, der anspruchslose Plauderer neben dem gewichtigen Philosophen und der schlichte Mann aus dem Volke findet ebenso das Seine wie der literarische Feinschmecker […] – nur der Schund- und Hintertreppenlektüre ist in der Universal-BibliothekUniversal-Bibliothek keine Freistatt bereitet.“ (Deutscher Literaturkatalog 1907/08, unpaginiert)
Zum Zeitpunkt dieser Selbstbeschreibung war eine Neuorientierung personell bereits eingeleitet, denn 1906 trat Ernst ReclamReclam (1876–1953) neben seinem Bruder Hans Emil Reclam (1881–1943) als Gesellschafter in die Firma ein. Der Enkel des Verlagsgründers vollzog als Programmverantwortlicher in den folgenden Jahren „eine planmäßige Revision und Durchforstung der Universal-Bibliothek. Das Programm, das bislang expansiv entwickelt worden war, hatte einen Ausbauzustand erreicht, der eine Sichtung notwendig machte. Allzu leichte Tagesware, besonders einige Werkchen für die Berufs- und Dilettantenbühnen, werden nun nicht mehr nachgedruckt“ – so die Verlagschronik (Bode 2003: 66).
EngelhornsEngelhorn allgemeine Roman-BibliothekEngelhorns allgemeine Roman-Bibliothek
Abb. 7:
Engelhorns allgemeine Roman-Bibliothek: Ida Boy-Ed: Heimkehrfieber. J. EngelhornEngelhorn, Stuttgart 1904, 158 Seiten. Format 11,5 cm x 17,2 cm.
Zu den umfangreichsten Reihen des 19. Jahrhunderts gehört Engelhorns allgemeine Roman-BibliothekEngelhorns allgemeine Roman-Bibliothek (Bloch 2006). Sie trug den Untertitel Eine Auswahl der besten Romane aller Völker, und hier erschienen zwischen 1884 und 1930 insgesamt 756 Werke in 1.046 Bänden. Die Zählung erfolgte innerhalb der Jahrgänge jeweils neu, und die Bücher wurden vierzehntäglich ausgeliefert; beides war auf dem Umschlag vermerkt. Die Reihe hatte der Sohn des Verlagsgründers, Carl EngelhornEngelhorn (1849–1925), angestoßen, angeregt durch amerikanische Serien, die er bei einem Ausbildungsaufenthalt in den USA kennen gelernt hatte.
Die Bände hatten ein Format von 12 cm x 18 cm sowie einen Umfang zwischen 140 und 160 Seiten; umfangreichere Werke wurden in zwei Bände aufgeteilt. Die Umschläge waren in knalligem Rot gehalten und zeigten neben floraler Ornamentik das Verlagslogo mit dem Engel. Die Titel erschienen sowohl als Broschur zum Preis von 50 Pfennig als auch in rotes Leinen gebunden zu 75 Pfennig. In welchem zahlenmäßigen Verhältnis die beiden Ausgaben zueinander standen, ist unbekannt.