Kitabı oku: «Systemische Wirtschaftsanalyse», sayfa 4
2. Aufmerksamkeit – Die Konstruktion der Wirklichkeit
Aufmerksamkeit als kostbares Gut
Als ich die systemische Organisationsanalyse in Unternehmen eingeführte, erregte die Frage nach dem derzeitigen Fokus der Aufmerksamkeit Erstaunen. Dies geschieht, wenn man über eine Selbstverständlichkeit nachdenkt. Natürlich sind die Mitarbeiter in einem Unternehmen aufmerksam. Aber ist die Aufmerksamkeit auch dort, wo sie sein soll? Oder sind die Menschen abgelenkt durch die jüngste Personalie oder die Nachricht, dass eine Unternehmensberatung ins Haus kommt oder durch unklare Führungsstrukturen, die zu Reibungsverlusten führen? Erst durch Reflexion wird klar, dass Aufmerksamkeit eine große Kraft ist und fehlgeleitete Aufmerksamkeit Kraft kosten kann oder Arbeitsstunden, Kreativität, Sorgfalt. Wo Aufmerksamkeit ist, geht die Energie hin. Oder man kann auch sagen: Wo die Aufmerksamkeit ist, geht das Geld hin. Das gilt im kleinen Unternehmen, wie in der Wirtschaft als Ganzes. Aufmerksamkeit ist das kostbarste Gut des Menschen, so der Philosoph Wilhelm Schmid (Schmid 2007). Das kostbare Gut, das »Leben«, wie es der Buddhismus bezeichnet, hat sehr viel mit Aufmerksamkeit zu tun.
Zunächst aber ist die Wahrnehmungsfähigkeit des Menschen theoretisch unbegrenzt. Er nimmt körperliche Befindlichkeiten wahr, er sieht, er hört, er denkt, er hat Gefühle. Um produktiv zu sein, muss er seine Aufmerksamkeit lenken. Der Mensch hat dabei die besondere Fähigkeit zur Bewusstheit. Mittlerweile fanden Wissenschaftler auch bei unseren Verwandten im Tierreich unterschiedliche Formen von Bewusstheit. Jedoch der Mensch hat durch seine Bewusstheitsfähigkeit und seine Aufmerksamkeitssteuerung die Erde in seinem Sinne gestaltet, wie es die Bibel im Alten Testament vorhersagt: »Macht Euch die Erde untertan«.
Wirtschaftspolitische Fragestellungen haben typischerweise unterschiedliche Aufmerksamkeitsfokusse. So gibt es, obwohl dies mittlerweile häufig geleugnet wird, in unserer Gesellschaft immer noch eindeutig rechte und linke Positionen. Ist jemand eher konservativ und pocht auf die weitestgehende Eigenverantwortung des Einzelnen? Oder möchte jemand die Gesellschaft in Richtung von mehr Teilhabe der Menschen, mehr Verteilungsgleichheit entwickeln, und sieht gerade in der wirtschaftlichen Aktivität die Gefahr von Machtzusammenballung? Dies sind schon manifeste Unterschiede, die die Aufmerksamkeit auf verschiedene Sachverhalte lenken und unterschiedliche Konsequenzen mit sich bringen.
Als deutlich wurde, dass sich gerade in der Finanzindustrie ein System aus Selbstbedienungsmentalität und Exzessen entwickelte, die die Wirtschaft beinahe zum Kollabieren brachte, wurden manche bekehrt und änderten ihre Einstellung. Zum Beispiel Frank Schirrmacher, der verstorbene Herausgeber der konservativen Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ), der in seinem Buch Ego schrieb: »Ein Jahrzehnt enthemmter Finanzmarktökonomie entpuppt sich als das erfolgreichste Resozialisierungsprogramm linker Gesellschaftskritik.« (Schirrmacher 2013)
Es existiert sogar eine durchaus reichhaltige psychologische Forschung über die Zusammenhänge und Auswirkungen linker und rechter politischer Einstellungen. So leiden Linke emotional mehr, weil sie das fokussieren, was noch nicht gut in der Gesellschaft ist und wo noch Bedarf besteht. Sie versuchen dann die Aufmerksamkeit darauf zu lenken.
Aufmerksamkeit als Steuerungsgröße
In der unüberschaubaren Weite der Möglichkeiten des Denkens und Handelns von Humansystemen stellt sich die Frage, wie überhaupt eine Orientierung zustande kommt. Menschliche Systeme lösen dies per Aufmerksamkeit. Es gibt in der Konstruktion von Wirklichkeit offene und unterschwellige Aufmerksamkeiten, Nichtausgesprochenes, das einfach gilt, oder Tabuthemen, die niemand anspricht. Aber nur da, wo die Aufmerksamkeit sich konzentriert, scheint etwas zu passieren. Gelingt es, die Aufmerksamkeit auf einen Ausschnitt der Realität zu fokussieren, kann man dort beispielsweise wirtschaftliche Ressourcen hinlenken. In Gruppen von Menschen, sogenannten Humansystemen, wird die Lenkung der Aufmerksamkeit auf bestimmte Ideen offensichtlich zur Stabilisierung benötigt. Wenn viele Leute an das gleiche glauben, funktioniert das System besser. Dies können beispielsweise Ideologien sein, die dann über allem stehen. Oder tradierte Gesellschaftsübereinkünfte. Historisch hatte beispielsweise die Vorstellung, Gesellschaft und Wirtschaft könnten durch Ritter, Adel und Klerus sinnvoll gelenkt werden, lange Zeit Bestand.
In der Wirtschaft gilt: Nur dort wird investiert, wo Aufmerksamkeit herrscht.
Man kann sogar sagen: Nur dort wird investiert, wo Aufmerksamkeit konstruiert wird. Gerade in der wirtschaftspolitischen Diskussion, die sehr ideologie- und medienabhängig ist, erhalten Themen nach sehr merkwürdigen Kriterien Aufmerksamkeit. In Japan geht ein Atomkraftwerk in die Luft und in Deutschland werden die Atomkraftwerke abgestellt. Was die Atomkraftgegner in 30 Jahren des Protests nicht erreichen konnten, was weder die Atomunfälle in Harrisburg (1979) noch in Tschernobyl (1986) geschafft haben, nämlich die Aufmerksamkeit auf die Gefahren der Atomkraft zu lenken, ist Fukushima gelungen.
Die Aufmerksamkeit folgt einer bestimmten psychologischen Logik und Lenkung. Nur so findet größere wirtschaftliche Initiative und Aktivität statt. Dies gilt für Marktwirtschaften wie für Planwirtschaften. Ökonomisch könnte man sagen: Die systemische Währung ist Aufmerksamkeit. Daher ist immer die Frage zu stellen: Wo ist die wesentliche Aufmerksamkeit in der Wirtschaft?
• Ist die Aufmerksamkeit gerade auf das bedrohte Klima gerichtet?
• Attestiert man gerade Unternehmern zu wenige Entfaltungsmöglichkeiten?
• Oder sieht man gerade ein Verteilungsproblem weil einfache Arbeiten nur mit »Hungerlöhnen« bezahlt werden?
• Ist die Aufmerksamkeit bei der Angst, dass kriselnde Staaten ihre Schulden nicht mehr zahlen können und damit alle in den Abgrund ziehen?
• Steht gerade die Weltmarktkonkurrenz mit alten Freunden wie den USA oder neuen wie den Schwellenländern im Fokus?
• Oder, oder, oder …
Ob mit dem jeweiligen Aufmerksamkeitsfokus tatsächlich relevante Themen getroffen werden, erscheint oft fraglich. Zahlreiche Lobbyvertreter pushen die Interessen ihrer Geldgeber. Medienberichte werden zum größten Teil durch diese Impulse gesteuert und weniger dadurch, was tatsächlich gerade wichtig und wesentlich wäre. Der laufende Wechsel der Themen und ihre kurze Halbwertzeit in der Aufmerksamkeit machen dies deutlich. Die Politik und die Medien sind Systeme, die wunderbar dem radikal-konstruktivistischen Paradigma folgen, in dem es keine Wirklichkeit an sich gibt, sondern diese immer konstruiert wird.
Hinzu kommt eine Ausweitungstendenz des mit Geld verbundenen Teils der menschlichen Existenz. Heute werden immer mehr zwischenmenschliche Vorgänge und wichtige Lebensthemen über Märkte abgewickelt (Sandel 2013). Soziale Kommunikation findet über soziale Netzwerke statt, das Kennenlernen eines Partners erfolgt über eine Internet-Agentur und die Organisation von Festen übernimmt der Eventmanager. Die darin enthaltenen psychologischen Themen und Transaktionen werden zunehmend von verschiedenen Formen der Inszenierung überlagert. Die Frage, was überhaupt im menschlichen Leben wichtig ist, wird mit kommerziellen Angeboten beantwortet. Gelingendes Leben und Glück gelten heute häufig als Summe der erlebten Topevents, die entweder direkt zu kaufen sind (mein Auto, mein Haus, meine Yacht, mein Urlaub) oder einem als Auszeichnung mit entsprechenden Inszenierungen (gigantische Firmenveranstaltungen, Gewinnspiele) zu Gute kommen.
Der Grund für die Entstehung der herrschenden Aufmerksamkeiten ist letztlich nicht klar. Es scheint aber darum zu gehen, sich als Gemeinschaft zu identifizieren und zugehörig zu fühlen. Hinzu kommt, dass die Wirtschaft nur ein – wenn auch sehr mächtiges – gesellschaftliches Teilsystem ist. Auch die Politik, die Wissenschaft oder die Bürgergesellschaft können Einfluss gewinnen. Wirtschaft hat die Tendenz, alle anderen gesellschaftlichen Bereiche zu dominieren, vermeintlich weil sie die Lebensgrundlage schafft. Tiefenpsychologisch ist, wie oben beschrieben, – zumindest bis zur Generation der Baby Boomer – die Knappheitsvorstellung (»Es genügt nicht.« »Wohlstand ist ständig bedroht.«) stark verankert. Anstatt dies infrage zu stellen, werden mittlerweile selbst das Gesundheitssystem und die Kirchen nach fragwürdigen, neoliberalen ökonomischen Prinzipien gesteuert. Dennoch gibt es immer wieder Enklaven, die sich dem kapitalistischen wirtschaftlichen Verwertungszusammenhang zu entziehen versuchen. So gibt es Projekte, die Leistungen, etwa Haare schneiden, gegen andere Leistungen, wie juristische Beratung, tauschen und versuchen, so wenig Geld wie möglich auszugeben. Aber die Dinge im Leben, die man nicht mit Geld kaufen kann, werden immer weniger, wie der US-amerikanische Ökonom Michael J. Sandel erkannt hat (Sandel 2013).
Pendelbewegungen in der Aufmerksamkeit
Dennoch entstehen auch Pendelbewegungen in der Aufmerksamkeit, die, wenn es eine Zeit lang sehr stark in eine Richtung geht, plötzlich umschlagen. Seit einiger Zeit steht nicht mehr die Deregulierung nach dem neoliberalen Denken, sondern das Thema der gerechteren Einkommens- und Vermögensverteilung in der herrschenden Aufmerksamkeit. Dies mag für viele eine gute Nachricht sein. Doch auch hier steht die herkömmliche Wirtschaftslogik – mit der Verteilung von materiellen Ressourcen – im Fokus der Aufmerksamkeit.
Und ist die Verteilungsfrage für die etablierten Beschäftigten heute relevanter als Anfang der 2000er-Jahre? Damals war der Wohlstand insgesamt geringer, die Verteilung aber ebenso ungleich. Insofern entwickeln wirtschaftliche Systeme Aufmerksamkeit für bestimmte Phänomene, während andere ausgeblendet werden. Dies betrifft die Fakten und besonders die Interpretationen. Gerade bei den Fakten scheinen bestimmte Phänomene wie Armut und Reichtum sehr offensichtlich. Es gibt in Deutschland Menschen, das sogenannte Prekariat, die ihr Leben lang von Leistungen des Staates abhängen. Selbst wer Arbeit hat, kann nicht sicher sein, dass es für die Existenz seiner Familie reicht. Ob der Mindestlohn daran wirklich etwas ändern wird, muss sich erst noch erweisen.
Auf der anderen Seite ist das, was in einem Land Armut ist, im anderen schon Reichtum. Und beruht der Reichtum der Einen nicht auf der Armut der Anderen? Es gibt eine makabere Definition für Entwicklungshilfe: »Man nimmt es den Armen in den reichen Ländern und gibt es den Reichen in den armen Ländern«. Der Scheinwerfer der Aufmerksamkeit ist sehr subjektiv. Er zieht auch sehr schnell implizite Bewertungsmechanismen nach sich. Der deutsche Hartz IV-Empfänger wäre in Kalkutta ein reicher Mann. Aufmerksamkeit, inklusive der damit zusammenhängenden Wahrnehmungs- und Bewertungsprozesse, ist somit immer kontextabhängig.
Shareholder-Value: Trugschluss der Theorie
Ein sehr menschliches Anliegen ist auch die Reduzierung von Komplexität in der Welt. Die Idee der neoliberalen Ära, der Shareholder-Value, also die Wertsteigerung, die ein Aktieninhaber erhält, solle als einzige Größe maximiert werden und damit würden alle anderen Ziele eines Unternehmens automatisch erfüllt, war so ein Trugschluss der Wirtschaft. Dabei erwies sich, dass die Aufmerksamkeit allein auf dieser einen Kennziffer beispielsweise langfristige Investitionen eines Unternehmens nicht goutierte. Börsenhändler, die den Aktienkurs der Unternehmen beeinflussen, haben von vielen Märkten lediglich ein Minimalwissen und folgen daher simplen Regeln: Wer investiert, also Geld ausgibt, rutscht auf »sell«, der Empfehlung die Aktie zu veräußern. Wer Leute entlässt und damit die Kosten senkt, kriegt ein »buy«, also die Empfehlung die Aktie zu kaufen, egal ob es für das Unternehmen sinnvoll ist oder nicht. Die Handlung an den Börsen – kaufen oder verkaufen – wirkt sich auf den Aktienkurs und damit auf den Shareholder-Value aus.
Die Idee »Wenn der Börsenwert eines Unternehmens am höchsten ist, haben automatisch Mitarbeiter, Kunden und Gesellschaft auch das Beste erreicht«, hat sich als großer Irrtum erwiesen.
Hier lag und liegt, wo es immer noch versucht wird, ein klarer Fall von Abwertung der wirklichen Komplexität vor.
Bedürfnisorientierte Wirtschaft
Menschen und auch menschliche Gemeinschaften sind in ihrer Aufmerksamkeit durch Bedürfnisse gesteuert. Der Begründer der Transaktionsanalyse, Eric Berne, postulierte solche Grundbedürfnisse und benannte sie »hungers«. Dazu zählt ganz generell das Bedürfnis nach Reizen (Überraschung, Gefühle, Stimulierung), dann das Bedürfnis nach Zuwendung, aber auch das Bedürfnis nach Struktur, zum Beispiel durch wiederkehrende Muster im Leben (siehe Abbildung 2).
Die Wirtschaft versucht, diese Bedürfnisse zu bedienen. Die Werbung suggeriert Zuwendung: Gemeinschaftsgefühl soll bei jeder Marke entstehen, Konsum soll Stimulierung bewirken, wiederkehrende Events sollen Struktur geben. Doch häufig werden die Bedürfnisse durch die Bemühungen der Wirtschaft nur unvollständig befriedigt. Ein schales Gefühl bleibt zurück. Der Einzelne spürt, dass letztlich nicht seine Bedürfnisbefriedigung das Ziel der Veranstaltung ist, sondern dass er nur Mittel zum Zweck des kommerziellen Erfolgs ist. Diese Unerfülltheit führt zu einem Streben nach immer mehr vom selben. Auch innerhalb von Organisationen werden solche Anreize geschaffen. Wenn üppige Boni dabei nicht mehr ausreichen, geht man konsequenterweise auf ganz archaische Instinkte ein. Die Versicherung, die in die Schlagzeilen kam, weil sie Bordellbesuche und Prostituierte auf der Party als Belohnung für ihre Vertriebsmitarbeiter organisierte, ist ein Beispiel.
Die Verkürzung des Menschlichen auf die mit Anreizen steuerbare und konditionierbare Kreatur ist im wirtschaftstheoretischen und auch wirtschaftspraktischen Denken nicht selten, wie überhaupt in der Wirtschaft ein mechanistisch-psychologisches Denken verbreitet ist. In der Psychologie ist allerdings nachgewiesen (Deci 1975), dass bei Menschen die Motivation sinkt, wenn ein bisher intrinsischer Anreiz (»Ich mach es um der Sache willen«) durch einen extrinsischen Anreiz (»Das machen sie jetzt auf Anweisung und kriegen dafür aber Geld«) ersetzt wird. Bei der oft wenig humanen Haltung in wirtschaftlichen Unternehmen wundert es nicht, dass statistisch gesehen fast jeder vierte Arbeitnehmer innerlich gekündigt hat. Dies zeigt eine Gallup-Studie. Das amerikanische Marktforschungsunternehmen befragt jährlich Mitarbeiter in deutschen Unternehmen über ihr Engagement. Vor zehn Jahren hatte jeder sechste keine emotionale Bindung zu seinem Arbeitgeber mehr. Hauptursache für die steigende Demotivation: schlechte Chefs (Gallup-Studie 2012). Doch das Thema Führung steht in Unternehmen häufig nicht im Fokus der Aufmerksamkeit.
Wie können wirtschaftliche Akteure wie Unternehmen so initiiert werden, dass sie die wirklichen Auswirkungen ihres Handelns im Auge behalten? Dies bedeutet auch, dass sie verantwortlich handeln können.
Die neue Ökonomie legt die Aufmerksamkeit auf den Menschen mit seinen gesamten Bedürfnissen.
Das alte Ökonomiebild hatte allenfalls die ersten beiden Stufen der Maslowschen Bedürfnispyramide im Auge: Körperliche Grundbedürfnisse sowie Schutz- und Sicherheitsbedürfnisse. Die sozialen und Mitgestaltungsmotive des Menschen waren außen vor. Allenfalls konnten Wirtschaftskapitäne und Manager ihre Jungenspiele, wer stärker und geschickter ist, im wirtschaftlichen Wettkampf weiterspielen. Verantwortliches Handeln war dabei nur sehr eng auf das jeweilige Eigene – Scharmer spricht vom Ego-System im Gegensatz zum Eco-System – beschränkt. Alternative Bedürfniskonzepte (Berne 1961, English 1976/1991, Mohr 2008, Scharmer 2009) benennen weitere essenzielle Punkte, die im Wirtschaften und gerade bei politischen Interventionen in den Wirtschaftsprozess auch zu berücksichtigen sind: Bedürfnis nach Sinn, Bedürfnis nach Anerkennung, Bedürfnis nach Struktur, Bedürfnis nach verantwortlicher Führung, Überlebenstriebkraft, Gestaltungstriebkraft, Ruhetriebkraft.
Am Anfang war das Feuer
Jetzt ein kleiner Zeitensprung: Im kollektiven Unbewussten (s. Anhang) des Menschen sind seine Vergangenheit und die Erlebnisse seiner Vorfahren weiter virulent vorhanden. Überleben ist für Menschen als Beute- und Raubtier in der Evolution nicht leicht gewesen. Lange Zeit lebten auf unserem Planeten verschiedene Menschenarten. Es gab den Australopithecus, den Homo Erectus und den bekannten Neandertaler, um nur einige zu nennen. Der Neandertaler und der Homo Floriensis lebten noch zur gleichen Zeit wie unsere Vorfahren. Heute gibt es nur noch eine Art, den Homo Sapiens. Der Rückgang von Artenvielfalt ist eigentlich ein gefährliches Signal in der Umwelt. Aber was unterschied uns vom letzten mit uns auf der Erde lebenden weiteren Menschen, dem Neandertaler? Entscheidend war bei aller Vorsicht nach dem, was wir heute wissen, möglicherweise die größere Gemeinschaftsorientierung. Während der Neandertaler bevorzugt im engen Familienverband blieb, bevorzugten unsere Vorfahren die größeren Gemeinschaften bestehend aus mehreren Familien. Dort – etwa am Lagerfeuer im Winterlager – entwickelte sich eine größere Vielfalt an Ideen, Lösungen und Varianten. Durch eine höhere Gemeinschaftsorientierung fand man intelligentere Lösungen und war in der Lage, Naturgewalten wie Eiszeiten langfristig besser zu überleben. Es war also nicht die Gehirngröße, die den Homo Sapiens von seinem ursprünglichen Konkurrenten, dem Neandertaler, unterschied, sondern ein wesentlicher sozialpsychologischer Punkt. Die Neandertaler verschwanden dann vor etwa 25.000 Jahren aus der lebendigen Geschichte. Gemeinschaften zu bilden, liegt also unserer Menschenart offensichtlich inne. Sie erhöhen die Existenzsicherheit und vermitteln Zugehörigkeit.
Gesellschafts- und Gemeinschaftsbildung ist auch heute noch eine Perspektive, wie man sich wirtschaftliche Verbünde wie Unternehmen und Organisationen erklärt.
Betriebswirtschaftlich werden Unternehmen aus der Motivation erklärt, etwas zu produzieren oder Geld zu verdienen. Sozialpsychologisch ist der Aspekt der Gemeinschaft, die sich in einem Unternehmen bildet, nicht zu vernachlässigen. Vielleicht ist der wirtschaftliche Vorteil durch die Arbeitsteilung nur ein zufällig entdeckter zusätzlicher Effekt. Wir neigen dazu, daraus schon das Motiv zu konstruieren. Dies zeigt aber nur, wie weit ökonomische Begründungen für viele unserer Verhaltensweisen üblich sind. Ob Menschen eher gerne Gemeinschaften bilden und kommunizieren und sich nebenbei auch ökonomisch (Handel, Güterproduktion) betätigen oder ob sie sich primär gerne materiell entwickeln, wäre noch zu prüfen. Hierbei legen verschiedene Kulturen unterschiedliche Hypothesen nahe. Wir sind heute eindeutig vom westlichen Menschenbild des tatkräftigen Individuums geprägt, das seine Wurzeln in der griechisch-jüdisch-christlichen Tradition hat und auf stetige Höherentwicklung (»Wachstum«) gerichtet ist. Östliche Menschenbilder sind da bedeutend weniger materiell und fortschrittsorientiert und betonen eher einen ständig sich wiederholenden Kreislauf des Lebens, der allumfassende Machbarkeit infrage stellt und zuweilen Demut gegenüber Natur und Leben in den Vordergrund rückt. Interessanterweise begegnen sich diese Welten heute zunehmend, indem der Westen die meditative Gelassenheit des Ostens und der Osten westliche Geschäftigkeit importiert.
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