Kitabı oku: «Das Erbe des Bierzauberers», sayfa 5

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Bertram tat, wie ihm gesagt wurde, setzte sich aber noch nahe genug, um Bredelins Vorstellung mitzuerleben.

Zuerst wurden Neuigkeiten ausgetauscht, die fahrende Kaufleute immer reichlich mit sich führten und die in einer etwas abgelegenen Burg gerne gehört wurden.

Besonders die politische Lage, Kriege und Eroberungen wurden am liebsten kolportiert.

»Die Türken stehen schon in Bosnien, nach Wien ist es nicht mehr weit«, war eine der neuesten Schreckensmeldungen.

»Dafür zahlen es die Portugiesen den Arabern heim und belagern Tanger. Die Stadt wird bald in Christenhänden sein.«

»Und der englische König Heinrich VI. wurde im Tower zu London von seinem Rivalen Eduard, der sich jetzt als König ›der Vierte‹ nennt, ermordet.«

Schließlich war der Informationspflicht Genüge getan, die Vorstellung begann.

Eberwin nahm eine der sechs Hakenbüchsen, die sie mit sich führten, und Bredelin begann mit seinem Vortrag.

»Hochverehrte Herren von Eltz. Gewiss habt Ihr schon gehört von der Erfindung des Freiburger Franziskanermönchs Bertholdus Niger, obwohl dessen Erfindung bisweilen auch anderen klugen Köpfen zugeschrieben wird. Bertholdus hatte für ein Experiment in einem Mörser Salpeter, Schwefel und Kohle zerstampft. Den Mörser stellte er, zusammen mit dem Stößel, in einen Ofen und verließ seine Kammer. Kurz darauf erfolgte eine heftige Explosion. Alles war in die Luft geflogen. Der Stößel steckte sogar so fest in der Decke, dass er nicht einmal durch Berühren mit Reliquien der heiligen Barbara herausgezogen werden konnte.«

Er trank einen Schluck Wein, der ihm gereicht worden war.

»Dies geschah vor über 100 Jahren und ist wohl bekannt. Nun, resultierend aus dieser Erfindung, welche ›Schwarzpulver‹ genannt wurde, entstanden neue Waffen. Und die neueste Verteidigungswaffe möchten wir Euch vorstellen.«

Eberwin hielt die beinah acht Kilogramm schwere Büchse triumphierend über den Kopf, während Bredelin fortfuhr.

»Ihr braucht Euch in Zukunft nicht mehr allein auf Kriegsmaschinen wie Katapulte oder Schleudern zu verlassen. Auch Armbrüste oder Langbögen gehören der Vergangenheit an. Wir arbeiten in Nürnberg Hand in Hand mit einer Gießerei, einer Schmiede und einer Schleiferei. Dazu kommt noch feinste Drechslerarbeit für die Hölzer. Diese Hakenbüchsen haben ein Luntenschloss und werden von vorne geladen. Sie sind bestens geeignet, von einer Burgmauer herab auf einen Angreifer zu schießen.«

Einer der drei Herren von Eltz, deren Namen Bertram nicht verstanden hatte, hatte Eberwin die Büchse aus der Hand genommen und wog sie nun, fachmännisch begutachtend, in seinen Händen.

»Das ist das Beste, Leichteste und Durchschlagendste, was es derzeit an schießenden Verteidigungswaffen gibt!« Bredelin redete sich in eine regelrechte Euphorie.

»Seht Ihr diesen Haken?« Er zeigte auf einen eisernen Haken unter dem Lauf der Arkebuse.

»Damit könnt Ihr die Büchse auf der Mauer oder an einem Ast fixieren, um den Rückstoß aufzufangen. Und der ist enorm, glaubt mir, genauso wie die Geschwindigkeit der Geschosse.«

Dass die Treffsicherheit ab zehn Metern Entfernung rapide abnahm, verschwieg er wohlwissentlich.

»Wie schießt man damit?«, ergriff der erste Eltzer das Wort.

»Ganz einfach! Zuerst nehmt Ihr ein Zündkraut. Das ist ein nicht gekörntes Schwarzpulver. Und dann werde ich unsere neue Entwicklung vorstellen. Bislang wurden die Hakenbüchsen mit einem Luntenschloss ausgestattet. Damit konnte man bereits während des Abdrückens zielen und dadurch genauer schießen als mit den früheren Modellen. Es gab aber viele Nachteile: Man musste eine brennende Lunte mitführen, die Lunte am Schloss ständig korrigieren, und konnte nicht zuletzt bei Feuchtigkeit nicht schießen. Und bei starkem Wind wurde das Pulver aus der Pfanne geweht. Daher waren diese Büchsen bei Wind und Regen nutzlos. Mit unseren neuen Büchsen hingegen könnt Ihr Euch bei jedem Wetter verteidigen. Unsere Nürnberger Handwerker haben dieses ›Radschloss‹ neu entwickelt.«

Er ging zur Büchse, zeigte auf den Mechanismus, die Büchse ging von Hand zu Hand. »Seht dieses Zahnrad aus Eisen, das durch die Zündpfanne greift. Ihr dreht es mit einem Schlüssel an der Achse, dadurch wird diese Kette gespannt, die sich um seine Achse windet.

Am anderen Ende befindet sich die Schlagfeder. Durch Auslösen des Hahns wird die Feder gelöst, der Hahn, auf dem ein Stück Schwefelkies liegt, schlägt Funken in der Pulverpfanne, und der Schuss geht los.«

Eberwin schritt zur Demonstration.

Bertram verfolgte mit großer Spannung, was da kommen sollte.

»Habt Ihr ein Objekt, auf das ich schießen soll?«, fragte Eberwin.

Auf einen knappen Befehl eines Eltzers hin brachte ein Bursche einige größere, flaschenähnliche Pflanzen, die wie ein Gemüse aussahen, die Bertram aber völlig unbekannt waren.

»Ah, Churpizze, die sind hervorragend zur Demonstration geeignet«, rief Bredelin aus.

Sie hängten einen Churpiz an einem Seil vom Galgen herab, der im Hof stand.

Bredelin schickte mit warnenden Gesten die Herren von Eltz in sichere Entfernung, während Eberwin derweil umständlich die Arkebuse von vorne lud, die Pulverpfanne füllte, das Radschloss spannte, zielte – und abdrückte.

Die Wirkung war erstaunlich: ohrenbetäubender Lärm, Qualm und ein Eberwin, den der Rückstoß an die Wand einige Meter hinter ihm drückte.

Das Seil schwankte im Wind, vom Churpiz war nichts mehr zu sehen, außer einigen schmierigen Flecken an den Wänden des Innenhofes, einige Meter weit vom Galgen entfernt.

Höflicher Applaus der drei Herren von Eltz.

Bredelin und Eberwin verneigten sich kurz wie Künstler nach einer Darbietung und nahmen kurz darauf huldvoll die Bestellungen entgegen.

Bertram war tief beeindruckt. Das verheerende Resultat dieses Schusses übertraf alles, was er sich bisher unter einer Handwaffe hatte vorstellen können.

Es folgte ein üppiges Mittagessen, auch Bertram wurde eingeladen, allerdings nur, um mit dem Gesinde zu essen. Dennoch, die Küche von Eltz war gut und deftig, er trank sogar einen Moselwein, der mit Milch und Honig vermischt war.

Dann, mit leichterem Gepäck, verließen die drei die Burg. Fünf der sechs Büchsen waren gleich gegen bare Münze dagelassen worden. Eine wollten die Nürnberger Kaufleute behalten, »falls sich unterwegs noch ein Kunde ergibt, dem wir es vorführen möchten«.

Bei Koblenz trafen sie auf den Rhein, jetzt wusste Bertram wieder ungefähr, wo er sich befand. Das verhasste Straßburg lag stromaufwärts, Nürnberg glücklicherweise Richtung Osten.

Bredelin und Eberwin waren prächtiger Laune, eine gute Bestellung, reichlich Vorauszahlung, da konnten sie es sich leisten, großzügig zu sein. Sie luden Bertram zum Essen ein.

Der Weg ging entlang der Lahn, durchs Nassauische in Richtung Limburg. Viel Wald, nur wenige Menschen begegneten ihnen, Siedlungen waren noch seltener. Sie mussten im Wald übernachten. Die Nürnberger Kaufleute waren aber auch darauf vorbereitet.

»Wenn man wie wir dauernd auf Reisen ist, findet man nicht immer ein Gasthaus«, sagte Bredelin lachend, während Eberwin das Feuer anzündete.

Bertram nutzte die Gelegenheit, sich noch einmal ausführlich die Vorzüge der Hakenbüchse demonstrieren zu lassen.

»Kann man damit auch jagen?«

»Das Wild ist zu weit weg und wittert uns zu schnell, das dürfte schwierig sein. Die Büchse ist besser zur Verteidigung aus der Nähe geeignet.«

Tage später fand man die beiden Kaufleute im Wald. Bredelin war die Kehle mit einem scharfen Dolch durchschnitten worden, offensichtlich im Schlaf.

Eberwin war nicht mehr wiederzuerkennen. Eine gewaltige Explosion aus nächster Nähe hatte seinen Kopf weggerissen und seinen Oberkörper zerfetzt. Auch ihn hatte der Tod offenbar im Schlaf überrascht.

Geld fand man keines bei ihnen, auch keine Waffe, kein Pulver und keine Munition.

Von Bertram fehlte jede Spur.

Die letzten Menschen, die die beiden lebend gesehen hatten, berichteten von einem jungen Mann in ihrer Begleitung. Einem Mann mit entstelltem Gesicht, genauer gesagt, einer extrem schiefen Nase. Die Beschreibung deckte sich auch mit der, die der Schäfer bei Nattenheim seinem Vogt gegeben und die dieser an den Hof des Trierer Kurfürsten weitergereicht hatte. Auch hier wurde ein Protokoll erstellt und an verschiedene Städte gesandt. Als dieses in Bitburg ankam, erinnerte man sich auch hier an einen Burschen mit schiefer Nase, der im Brauhaus ›Zum lüsternen Eber‹ gesehen worden war.

5 Eine Ganerbengemeinschaft war nach altdeutschem Erbrecht das gemeinsame Familienvermögen, vorwiegend Grundbesitz, über das die Ganerben nur gemeinsam verfügen konnten.

Kaiser Friedrich III.

»Wo ist mein Medikus? Du verfluchter Quacksalber, komm endlich herbei!«

Gequält, aber donnernd hallte der Schrei des Kaisers an diesem Tag des Jahres 1474 durch die Hallen der kaiserlichen Residenz in Wiener Neustadt; das Echo der knallenden Türen, die der Kaiser aus Gewohnheit immer mit aller Kraft auftrat, drang sogar bis in die Frauenkapelle und störte dort die Andacht.

Geduckt, mit fliegenden Gewändern eilte der Medikus in Richtung der kaiserlichen Gemächer, ebenso sprangen und verdrückten sich die Bediensteten verschüchtert in Nischen und Türrahmen, als Friedrich III. mit wehenden rotblonden Haaren, das schmale Gesicht schmerzverzerrt, seinem Leibarzt ein Stück entgegenkam.

Der Kaiser, dem sonst im Allgemeinen eine unerschütterliche Robustheit des Körpers, gepaart mit einer spröden Unempfindlichkeit der Seele, nachgesagt wurde, wirkte an diesem Morgen ungewohnt wehleidig.

»Meine Bauchschmerzen bringen mich noch um! Tut endlich etwas dagegen.«

Andreas Reichlin von Meldegg, der kaiserliche Leibarzt, tastete sorgfältig den Bauch seines Patienten ab und sah hoch an dem schlanken, groß gewachsenen, mit etwa 1,80 Meter fast einen Kopf größeren Kaiser des Heiligen Römischen Reiches. Während er in der Magengegend einmal etwas fester drückte, rülpste dieser laut und vernehmlich, dann ließ er wie zur Antwort darauf einen kräftigen Furz fahren.

»Na, Ihr wisst immer wieder, wie Ihr meine Qualen lindern könnt.« Friedrich hörte sich bereits viel versöhnlicher an, obgleich seine gleichgültige Miene das Gegenteil ausdrückte.

»Ich gebe mir Mühe, Euch bestens zu versorgen«, erwiderte der aus Sankt Gallen stammende, ehemalige ›Physicus Iuratus‹ der Stadt Konstanz.

»Hier, schluckt dies. Das wird Euch guttun.«

Er rührte ein Pulver in einen Becher mit verdünntem Wein ein. Friedrich trank und rülpste erneut erleichtert.

Andreas schaute leicht angewidert, als er die Fahne vom Wein, vermischt mit halbverdautem Essen, aus dem Mund des Kaisers roch.

»Warum tue ich mir das immer wieder an? Dieser Teufel Alkohol! Als meine Frau, die gute Eleonora, noch lebte, da hatten wir beide nichts für dieses Zeug übrig. Jetzt ist sie schon seit sieben Jahren tot, und der Wein schmeckt immer noch sauer.«

Friedrich redete sich in Rage.

»Aber jetzt, im Alter, was bleibt mir anderes an Freuden, außer ab und an einmal gut zu essen und zu trinken!«

Er beruhigte sich wieder.

»War das eine Tafel gestern! Ein Bankett wie das der Söhne und Töchter Hiobs! Koteletten und Schulter, Teile vom Lamm, Rinderhaxe, Kalbsgekröse und dazu ein halber Kapaun, wie ich das alles hineinbekommen habe, ist mir ein Rätsel.« Friedrich lachte gequält.

Reichlin von Meldegg war weniger erfreut.

Trotz der schwierigen Zeiten und der politischen Nöte, in denen sich der Kaiser häufig befand, war der Kaiserhof eine Insel der Sorglosigkeit und Völlerei inmitten eines zerrissenen Landes. Die Bevölkerung fiel, was ihre Ernährung anging, von einem Extrem ins andere; ausgelassenen Festen folgten lange und intensive Fastenzeiten, deren Einhaltung streng überwacht wurde.

Am Hof hingegen waren selbst an normalen Tagen alle Portionen üppiger als anderswo, obwohl der Kaiser eigentlich als geizig verrufen war.

Über Mangel an Arbeit durfte sich der kaiserliche Leibarzt also nicht beklagen.

Mit 41 Jahren stand er in der Blüte seiner Jahre, er war einer der am höchsten angesehenen Medizi im ganzen Reich, bis zum Tod von Papst Pius II. im Jahre 1464 sogar päpstlicher und kaiserlicher Leibarzt in Personalunion gewesen.

Pius II., der bürgerlich Enea Silvio de’ Piccolomini geheißen hatte, hatte ihn auch mit dem Kaiser bekannt gemacht. Friedrich hatte Enea damals nicht nur als kaiserlichen Sekretär geschätzt, sondern auch seine lockeren Verse geliebt und ihm den Ehrentitel ›poeta laureatus‹ verliehen. Mit Vorlesungen über die Dichter der Antike an der Universität Wien war er einer der einflussreichsten Denker des Humanismus gewesen, bevor er 1456 zum Kardinal ernannt und zwei Jahre später sogar überraschend zum Papst gewählt worden war.

Enea, Andreas Reichlin von Meldegg, bis zu seinem Tode auch der kaiserliche Kanzler Kaspar Schlick sowie ihr gemeinsamer Freund, der Brixener Bischof Nikolaus Cusanus, hatten nächtelang mit Diskussionen über philosophische und politische Themen verbracht, so mancher Krug Wein war dabei geleert worden. Nachdem sich Friedrich, bis 1452 noch als König Friedrich IV., danach als Kaiser Friedrich III., regelmäßig hinzugesellt hatte, waren die Weinrationen reichlicher – obwohl Friedrich anfangs selten Wein trank –, der Wein aber keineswegs besser geworden.

Enea Piccolomini bemerkte des Öfteren mit spitzer Zunge, dass die Holzkannen, in denen der Wein ausgeschenkt wurde, ruhig öfter als einmal jährlich gereinigt werden könnten.

»Das wäre der Qualität des Weines sicherlich nicht abträglich.«

Saurer Wein aus Holzkannen, der mit Zucker so lange gesüßt wurde, bis er trinkbar war, das konnte auf Dauer auch der robusteste Magen nicht verkraften.

Und da der Kaiser, obwohl ansonsten eher menschenscheu, viele andere Verpflichtungen hatte, bei denen geschlemmt und gezecht wurde, denen seine humanistischen Freunde jedoch entgehen konnten, hatte ihn seit einigen Jahren eine heftige Gastritis fest im Griff.

Regelmäßig schrie der mittlerweile 60-jährige Kaiser nach dem Aufwachen wie ein weidwunder Löwe nach seinem Leibarzt, wie nun nach der gestrigen Schlemmerei.

Andreas Reichlin von Meldegg war anfangs nicht davon angetan, sich ausschließlich mit kaiserlichen Rülpsern und Fürzen abzugeben.

Die sechs Jahre jedoch, von 1458 bis 1464, in denen er zwei Hauptkunden hatte, noch dazu die beiden wichtigsten Herrscher Europas, waren sehr aufreibend gewesen.

Andauernd auf Reisen, zwischen Rom, Graz und Wiener Neustadt hin- und herpendelnd, auf lange Sicht konnte er keinen zwei Herren dienen. Obwohl er den Tod seines Freundes betrauerte, als Papst Pius II. im August 1464 in Ancona starb, war er auch erleichtert, zumindest was seine Profession betraf. Da im gleichen Monat wie Pius auch der Vierte im Bunde, Nikolaus Cusanus gestorben war, blieb ihm nur noch der verschlossene, wortkarge Kaiser Friedrich zur geselligen Diskussion. Das damit einhergehende, etwas ruhigere Leben hatte ihn mit den körperlichen und geistigen Launen des Kaisers wieder versöhnt.

Friedrich selbst wollte seinen Leibarzt um keinen Preis der Welt missen.

Seit 1438 trug das Haus Habsburg die Kaiserkrone des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation. Und im Jahre 1474 saß Friedrich III. bereits seit 34 Jahren auf dem Thron, 22 davon als Kaiser. Zum König gewählt in Frankfurt, gekrönt in Aachen, gefolgt vom Triumph der Kaiserkrönung in Rom – er sollte in der 400-jährigen Erfolgsgeschichte der Habsburger der Einzige bleiben, dem diese Ehre zuteil wurde, wanderte der Regent aus der Steiermark seither ruhelos zwischen Graz, Linz und Wiener Neustadt hin und her.

Er gab reichlich Anlass zum Spott. Zuerst hatte der Pöbel darüber gelacht, wie er immer jünger geworden war: Als Herzog von Österreich Friedrich ›der Fünfte‹ wurde er zu König Friedrich ›dem Vierten‹, und als Kaiser nahm er den Namen Friedrich ›der Dritte‹ an.

»Und sollte er noch Papst werden, wird er sich ohne Zweifel Friedrich ›der Zweite‹ nennen!«, war ein beliebter Spott auf den Kaiser.

Auch einige seltsame Angewohnheiten und Widersprüchlichkeiten Friedrichs hatten den Weg auf die Straße des Spotts gefunden. Er war geradezu als geizig verschrien, gleichzeitig aber als süchtig nach Gold, Schmuck und Juwelen und hatte den Ruf, einer der besten Experten der Welt zu sein, um eine gefälschte Preziose zu erkennen, aber nur, um beim Kauf nicht hereingelegt zu werden. Er galt als abergläubisch und fromm zugleich, vernarrt in Horoskope und gleichzeitig als Freund des Humanismus.

Die Wiener hassten ihn, das beruhte auf Gegenseitigkeit. Er zog seine Residenz in Wiener Neustadt allen Wiener Annehmlichkeiten vor.

»Wien ist ein Pestloch und eine Schlangengrube«, behielt er seine Meinung nicht für sich.

Verheiratet gewesen war er mit der 21 Jahre jüngeren Prinzessin Eleonore von Portugal. Von den sechs Kindern, die sie geboren hatte, lebten nur noch zwei: der 16-jährige Maximilian, der später selbst Deutscher Kaiser werden sollte, und Kunigunde, seine zehnjährige Tochter. Friedrich hatte von Beginn seiner Regentschaft an militärische Auseinandersetzungen gescheut und immer den Verhandlungsweg bevorzugt. Dies war ihm häufig als Mühseligkeit ausgelegt worden, und trotz vieler zäh errungener Erfolge hielt sich hartnäckig sein Spottname ›Des Römischen Reiches Erzschlafmütze‹.

Obwohl an diesem Morgen Andreas wieder einmal die kaiserlichen Leiden gelindert hatte, wusste er, dass dies nicht von Dauer sein würde.

Und, in der Tat, die Reue des Kaisers war kurz.

Am nächsten Abend saßen sie bereits wieder an einer so vorzüglichen Tafel, dass beiden das Wasser im Mund zusammenlief.

Angerichtet auf feinster Keramik aus Faenza, die als Neuheit italienischer Herkunft erst vor Kurzem ihren Weg an den kaiserlichen Hof gefunden hatte, standen die Speisen vor ihnen. Zuerst bewunderten sie wieder einmal die Feinheit der Struktur des Tafelgeschirrs.

»Schaut nur, die Farben, die Brillanz ist unübertroffen«, war Friedrich sichtlich stolz auf sein Tafelgeschirr. »Die Art, wie die Italiener auf den gebrannten Ton eine Zinnglasur aufbringen, ist einfach unvergleichlich.«

»Unser Freund Enea Silvio de’ Piccolomini hatte es schon immer verstanden, sich mit guten Leuten bekannt zu machen.« Andreas wusste genau, wem Friedrich dieses Fayence-Geschirr zu verdanken hatte.

»Dieser Luca Della Robbia, der die Erfindung gemacht hat, lebt er noch in Florenz?«

»Ich denke ja.«

»Wir sollten ihn an unseren Hof rufen und die Kunst dieser Keramik-Herstellung hier lehren lassen.«

»Daraus wird nichts werden. Della Robbia ist alt und gebrechlich. Diese Reise würde ihn umbringen. Und außerdem: Die Florentiner überwachen eifersüchtig ihre Waren und möchten nicht, dass irgendjemand sie nachmacht. Zwar gibt es schon Manufakturen auf der Insel Mallorca und anderswo, die ähnliche Keramik herstellen, aber alle sind sehr verschlossen. Das ist allgemein bekannt.«

Der Leibarzt war häufiger im Süden gewesen und wusste um die Praktiken des Handels und der Herstellung von gefragten Produkten.

Nachdem dieses Thema erledigt war, wandten sie sich dem Essen zu.

Andreas Reichlin von Meldegg war im Gegensatz zum nur mäßig gaumengebildeten Kaiser ein Feinschmecker. Auch wenn er seinen Patienten häufig davon abraten musste, er selbst wusste ein gutes Mahl sehr wohl zu schätzen. Und beinahe alles, was Friedrich III. über gutes Essen wusste, hatte dieser von ihm.

Friedrich erinnerte seinen Leibarzt hingegen gerne an die traumatischen Geschehnisse des Habsburger Bruderkriegs von 1462.

»Als mein eigener Bruder mich damals bekriegt und in der Wiener Hofburg eingeschlossen hatte, da war Haferbrei das Beste, was es zu essen gab. Hunde und Katzen haben wir in unserer Not gegessen, sogar die Aasgeier, die eigentlich auf unser Ende warteten, landeten zu ihrer eigenen großen Überraschung in unseren Kochtöpfen.«

Den Gourmet Reichlin von Meldegg schüttelte es bei dem Gedanken daran.

»Damals habe ich mir geschworen, dass ich nie wieder solch eine entsetzliche Speise zu mir nehmen muss.«

Nun stand vor ihnen eine Kalbsbrust, gefüllt mit in Wein eingeweichtem Weißbrot, Eiern, Butter und Rosinen. Das Fleisch duftete herrlich nach Muskatnuss und Thymian.

Friedrich ließ großzügig den Wein dazu einschenken.

»Unser Koch hat sich wieder einmal selbst übertroffen.«

»Wollen wir ihn nicht enttäuschen!«

Beide ließen sich die Kalbsbrust munden, dennoch konnte sich Andreas Reichlin von Meldegg einen Kommentar nicht verkneifen.

»Wenn Ihr weiter den sauren Wein in Euch hineinstürzt, werdet Ihr nicht mehr lange leben.« Friedrich stutzte, rümpfte seine lange, mächtige Nase und fragte indigniert:

»Was soll ich denn Eurer geschätzten Meinung nach trinken? Vom Wasser allein werde ich krank. Und guten Most gibt es nicht zu jeder Zeit des Jahres.«

Andreas erwiderte:

»Lasst Euch einen guten Brauer an den Hof kommen und trinkt kräftiges, süßes Bier. Das wird Euer Leiden vielleicht mildern, zumindest aber nicht so schädlich sein wie die zwei Liter vom sauren Wein, die Ihr täglich trinkt.«

Friedrich nickte und sagte:

»Dann helft mir aber bei der Suche.«

»Wie wäre es wieder einmal mit einer Kur? Vor zwei Jahren, als der Fürstentag in Baden-Baden tagte, habt Ihr dies gleich mit einer heilsamen Kur verbunden. Im Rheinischen gibt es gute Brauer. Lasst uns dort einen suchen.«

»Ein guter Gedanke! Dann möchte ich auch nach dem mir treu ergebenen Straßburg reisen. Das sind mir seit jeher mit die liebsten Untertanen gewesen. Und eine Heilige Messe im Straßburger Münster ist niemals zu verachten.«

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18+
Litres'teki yayın tarihi:
25 mayıs 2021
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405 s. 9 illüstrasyon
ISBN:
9783839234228
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