Kitabı oku: «Pit Summerby und die Magie des Pentagramms», sayfa 6

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„Willst wohl da vorne Wurzeln schlagen?“,

hörte er Bergs ironische Stimme, die ihm unwirklich, wie aus weiter Ferne, auf sein Verweilen aufmerksam machte. Unwillkürlich fasste er sich ans Auge, täuschte ein Staubkorn vor. So konnte er sein Gesicht halbwegs verdecken. Beklemmt schlich er auf seinen Platz. Niemand beachtete ihn, nur Fauli fragte nach seinem Augenproblem und grinste. Noch immer in Gefühlsqualen, nahm er das übrige Geschehen im Klassenraum nicht wahr. Dort bemühte man sich schon, die Quadrate einiger Zahlen mit Hilfe der Zerlegung und der Binomischen Formeln im Kopf zu bestimmen. Das klappte recht gut, und der Eifer einiger wirkte ansteckend. Besonders Dicki brüstete sich, immer als Erster das richtige Ergebnis anbieten zu können, bis er aufgefordert wurde, sein Rechentalent unter Beweis zu stellen. Jetzt saß er in der Falle, denn wie so oft hatte er die Lösungen mit dem versteckten Rechner in seiner Federtasche ermittelt. Stotternd versuchte er, sich zu rechtfertigen. Seine Aufgabe sei besonders schwierig, schwerer als alle bisherigen, stammelte er zusammenhanglos. Aber Berg entlarvte seinen Betrug und drohte mit Konsequenzen. Danach schwieg er beleidigt. Pit wusste, dass er jetzt aus Frust in der nachfolgenden Pause die ganze Tüte mit dem süßen Backwerk in sich hineinstopfen würde. Er selber begriff inzwischen, dass seine Ängste betreffs Meli grundlos waren, er sich quasi umsonst in diese Misere manövriert hatte. Ob es ihm zukünftig gelingen würde, mit seinem Verhältnis zu ihr cooler umzugehen, wusste er nicht. Jedenfalls musste er es versuchen. Die Klasse interessierte am Ende der Mathestunde etwas ganz anderes. Immer noch stand Giuseppes Erklärung im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit. Berg ließ sie aber zappeln und forderte stattdessen, für die nächste Stunde am Mittwoch alle Hilfsmittel für den Geometrieunterricht mitzubringen, was scheinbar bei vielen auf Gleichgültigkeit stieß. Man wartete immer noch auf Fellinis großen Auftritt. Daraus wurde nichts. Der Lehrer schickte sein Häufchen in die Pause. Während des Hinausgehens tauschte man leise Mutmaßungen aus. Einige Mädchen, die die Referendarin mehrmals höhnisch mit dem Spitznamen bedacht hatten, schwiegen jetzt kleinlaut. Giuseppe befand sich mitten unter ihnen. Plötzlich drehte er sich um, schob die hinter ihm Gehenden zur Seite und drängte zurück in den Klassenraum. Der restliche Trupp blieb wie angewurzelt stehen, keiner sagte ein Wort. Man spürte förmlich, wie sich ihre Ohren spitzten. Drinnen im Klassenraum stürzte Besagter auf Frau Seidenfad zu. Mit erhobenen Händen, fast flehend, stammelte er: „Signorita Seidenfad, ich bitte Sie tausendmal um Verzeihung, nein, hunderttausendmal, für meinen Ausrutscher. Es soll nie wieder vorkommen, das schwöre ich bei meiner Mama.“

Sein Auftritt endete ganz anders, als die Klasse erwartet hatte. Die Referendarin lachte: „Was für eine großartige Entschuldigung! Aber ich bin nicht beleidigt, als Lehrer muss man auch etwas einstecken können. Es gab sicherlich einen Grund für den Vergleich mit Miss Piggy.“

Vollkommen irritiert murmelte Giuseppe:

„Weiß ich nicht“ und ging.

Niemand hatte darauf geachtet, dass auch Meli im Klassenraum zurückgeblieben war. Später erfuhr Pit von ihr, dass sie Frau Seidenfad im Beisein von Herrn Berg alles erklärt habe. Ab sofort gab es den Spitznamen „Miss Piggy“ nicht mehr. Respektvoll wurde die Referendarin jetzt mit ihrem wirklichen Namen angesprochen. Diese ließ sich dagegen nicht mehr im rosa T-Shirt während des Unterrichts sehen. Das eben noch vorherrschende Thema aller Gespräche wechselte sofort, als die Klasse den Schulhof erreichte. Vergessen „Miss Piggy“, vergessen Giuseppe. Der Vorfall mit dem Feuerlöscher rückte wieder in den Gesprächsfokus. Es wurde immer noch über die Verursacher gerätselt. Hellmer und Sauer verließen erneut das Schulhaus, sie hatten ihre Schultaschen dabei. Wortlos durchquerten sie den Pausenhof. Kaum waren sie auf der Straße, beschimpften sie Lehrer und Schule in unflätiger Weise. Sogar eine Bombendrohung stießen sie aus, als sie sich in sicherer Entfernung wähnten. Leider gab es auch jetzt einige Unbelehrbare auf dem Schulhof, die die wüste Schimpforgie der Beiden lustig fanden. Sie klatschten und johlten. Die Restlichen guckten neugierig oder schwiegen betreten. Unter ihnen gab es auch welche, die schämten sich sogar für die, die das gut fanden, dazu gehörten Meli und Pit. Sie sahen sich wortlos an und schüttelten nur voller Unverständnis ihre Köpfe. Als zwei Aufsicht führende Lehrer sich demonstrativ am Hoftor postierten, verdrückten sich die Unholde. Wie sich später herausstellte, waren sie an diesem Tag auf Beschluss der Lehrerkonferenz für alle Zeiten von der Schule verwiesen worden, was nicht bedeutete, dass sie ihr Unwesen in ihrem bisherigen Betätigungsfeld aufgegeben hatten. Was heute auffiel? Keiner der Schüler aus den oberen Klassen trieb sich vor dem Schulgelände rum und rauchte. Aber das interessierte nur wenige. Die Clique stand jetzt wieder zusammen. Mia schloss sich diesmal den Fünfen an.

„Was wollte denn Berg von dir?“,

erkundigte sich Dicki neugierig und noch schmatzend bei Meli. Er hatte ihren Verbleib im Klassenraum nach dem Unterricht mitbekommen.

„Habe die Wogen wegen Giuseppes Ausrutscher geglättet, jetzt ist alles paletti. Frau Seidenfad hat gelacht. Die ist ganz anders, als wir dachten".

Dicki, der immer noch mampfend seinen Frust vertrieb, knautschte:

„Coole Reaktion, coole Frau!“

Sein Spruch hinterließ aber nicht den erhofften Eindruck. Ein anderes Ereignis lenkte dagegen alle Aufmerksamkeit auf Guiseppe. Sich rhythmisch bewegend, ging er hin und her und stammelte dabei unverständliches Zeug. Viele Mädchen beobachteten verstohlen oder offen sein Treiben. Sie sahen in ihm so etwas wie ein Idol, weil sie nämlich ähnliche Wünsche hegten, nur sie schwiegen darüber, zumindest im Allgemeinen. Auch in der 7b gab es welche, die glaubten, mit Singen und Tanzen könne man die Welt für sich gewinnen. Dass sie bei der Eroberung auch noch ein paar andere Kenntnisse benötigen würden, ignorierten sie, jedenfalls mehr, als es ihnen gut tat. Pit schwirrte mit seinen Gedanken woanders rum, Überlegungen dieser Art waren ihm fremd.

„Heute ist einiges seltsam und unerklärlich. Vieles weicht von dem sonst üblichen Treiben auf dem Schulhof ab“,

stellte er nur fest, und warf Meli einen Blick zu, um sie aus der Runde zu locken.

„Ich muss dir etwas verraten.“,

begann er vertraulich tuend,

„Ich habe es zwar Mia versprochen, zu schweigen, aber dir will ich es einfach sagen. Ich möchte von Anfang an keine Geheimnisse vor dir haben.“

Dann schwieg er für Sekunden, als würde er überlegen, um mit holprigen Worten nachzulegen:

„Dir sag ich’s aber, weil du alle meine Geheimnisse kennen sollst.“

Er senkte seine Augen, denn er ihn plagte nach wie vor die Unsicherheit, ob Meli den ersten unbeholfenen Versuch, ihr seine uneingeschränkte Zuneigung zu erklären, verstehen würde. Er ahnte mehr, als er sah, dass sie nickte und ihn anlächelte. Ihr Lächeln, noch immer rätselhaft, beglückte zugleich, aber es verwirrte ihn auch als er aufblickte. Er hatte es bisher noch nie so bewusst wahrgenommen wie in diesem Augenblick. Schnell berichtete er von Mias Beobachtung, das verdrängte seine innere Aufwallung.

„Was machen wir jetzt?“,

fragte er, seine eigene Ratlosigkeit preisgebend und froh drüber, das Geheimnis mit ihr geteilt zu haben. Auch Meli wusste keine Lösung. Hellmer und Sauer kamen scheinbar nicht in Frage, die hatten genug anderes auf dem Kerbholz, was zum Rausschmiss reichte. Rocky und seine Gang könnten es gewesen sein, zuzutrauen wäre es ihnen, zumal Mias Beobachtungen die Vermutung stützte. Aber wer wollte sich schon mit diesem Kerl anlegen, der anscheinend bei allem Unsinn, den er verzapfte, mit Hilfe seiner Eltern wieder rein gewaschen wurde? Die Ratlosigkeit blieb, zumal auf dem Schulhof noch immer das Gerücht kursierte, Hellmer und Sauer könnten es doch gewesen sein. Was wirklich im Zimmer der Schulleitung ablief, blieb nach außen unbekannt. Im Beisein von Frau Stiehler mussten sich nämlich die Beiden zu dem Vorfall am Dienstag äußern. Zuerst logen sie, was das Zeug hielt und bestritten alles. Erst als mit Zeugen gedroht wurde, gaben sie klein bei und gestanden Häppchen weise ihre Missetaten. Der Rektor war so empört, dass er ihnen mit sofortiger Wirkung ein Hausverbot aussprach. Als ihr heuchlerisches Bitten um Nachsicht kein Gehör fand, begannen sie mit einer Anzeige zu drohen. Doch das Maß ihrer Vergehen überstieg alle Grenzen. Keine der schulischen Sanktionen hatte sie bisher zur Räson gebracht und zwang nun zu Konsequenzen. Hirschwald ließ sich kurz entschlossen mit dem Schulamt verbinden, das im Ergebnis des Gesprächs einem Schulwechsel zustimmte und das mit sofortiger Wirkung. Frau Stiehler informierte telefonisch die Eltern. Murrend verließen die Beiden darauf das Schulhaus, das sie in Zukunft nicht mehr betreten durften. Den Rest ihrer rüpelhaften Laufbahn bestritten sie öffentlich, dabei beschrieben sie bekanntlich kein Ruhmesblatt. Fast die gesamte Schülerschaft wurde Zeuge ihres schmählichen Abgangs. Es läutete. Die Klingeltöne trieben heute die ganze Schülerschaft ohne Drängeln und Schreien in die Flure. Den meisten saß die Neugier noch immer im Nacken. Pit blieb nach wie vor zurückhaltend. Ihm genügte vorläufig die Berührung von Melis Hand. Sie mussten in einen der oberen Klassenräume, die man inzwischen gesäubert hatte. Keine Spur einer Verschmutzung ließ sich entdecken, sie sahen aus wie immer. Das dämpfte auch das Verdächtigungspotenzial und wirkte beruhigend. Frau Helmer, nicht verwandt mit dem einen der Unholde, empfing sie an der Klassentür und spähte in die Runde. Als sie Nicki entdeckte, winkte sie sie zur Seite, sagte ihr etwas und schickte sie fort. Das nährte erneut den Boden der Spekulationen. Man tuschelte sofort wieder. Eine der wöchentlichen Religionsstunden stand auf dem Plan. Im Allgemeinen brauchten die, die sich nicht zum evangelischen Glauben bekannten, nicht teilzunehmen, aber heute fehlte keiner. Dazu gehörten Giuseppe, der der römisch-katholischen Kirche angehörte, und Sheila, eine Muslimin türkischer Abstammung. Frau Helmer sah es gern, denn sie vertrat die Auffassung, dass sich gläubige Menschen so besser verstehen lernen. Ihre Themen hatten oft nur indirekt etwas mit Glauben zu tun. So auch heute. Noch hatte sie den Unterricht nicht begonnen, als eine erneute Störung für Aufregung sorgte. Die Schulsekretärin erschien und forderte Helena und Bea auf, sich im Sekretariat zu melden. Noch im Weggehen der Beiden höhnte Fauli laut:

„Das Rauchertrio wird zum Rapport geladen“,

was vereinzelt mit Lachen bedacht wurde.

„Da wisst ihr ja mehr als ich“,

kommentierte die Lehrerin die Unruhe.

„Wenn ihr Recht haben solltet, haben wir heute das passende Kontrathema zu dieser Art, sich schon frühzeitig mit Teer und Nikotin krank zu machen.“

„Gesund essen, gesund leben“,

schrieb sie an die Tafel, um den Unterricht wieder auf den Punkt zu bringen. Mit etwas Mühe und Geduld gelang ihr das auch. Sie besaß das Geschick, die Probleme vieler Jugendlicher so darzustellen, dass der Eindruck entstand, sie selber, also alle, die es anging, müssten etwas unternehmen, um aus ihrem Dilemma herauszukommen. In erster Linie betraf das natürlich Dicki, der auch offen gestand, endlich mit der Völlerei aufhören und sich mehr bewegen zu wollen. Fauli konnte es nicht lassen, sein Geständnis zu kommentieren.

„Lass dich nicht immer von deiner Mutter in die Schule kutschieren, du fauler Sack. Schwing dich aufs Rad wie Pit, dann bist du bald schlank wie eine Tanne!“

„Bis auf die Tatsache, dass man nicht unaufgefordert in die Klasse quatscht, Herr Faulstich, hast du schon eine Möglichkeit für gesundes Leben genannt.“

Mit dieser teils ironischen Bemerkung wies ihn die Lehrerin zurecht, doch sie ließ auch sein Argument gelten. Es gab aber auch korpulente Mädchen, die zwar gern schlank gewesen wären, aber nichts dafür taten. Ihnen schien das heutige Thema weniger zu passen. Die Helmer wollte aber weniger auf die sportliche Betätigung eingehen, ihr ging es um gesunde Kost. Sie schlug deshalb vor, im Rahmen eines Projektes verschiedene Varianten eines adäquaten Frühstücks zu untersuchen, dabei könnte auch die türkische oder die italienische Küche Pate stehen. Mit diesem Hinweis nahm sie Bezug auf die Gäste und erreichte prompt, dass Giuseppe und Sheila sich als Erste für das Projekt meldeten. Als Nächster folgte Dicki. Es wurde gelacht.

„Ihr werdet schon sehen, dass ich kann, und meine Hilfe braucht ihr sowieso“,

verfiel er wieder in seinen gönnerhaften Stil. Er spielte damit auf das Internet an, von dem er glaubte, er sei der Einzige, der damit umzugehen wusste. Wieder wurde der Unterricht von außen gestört. Der Rektor erschien mit den drei Mädchen im Schlepptau. Er las das Stundenthema an der Tafel, schnappte das Wort „Projekt“ auf und erklärte; „Die jungen Damen haben offenbar mit der gesunden Lebensweise ein Problem. Von ihnen erwarte ich, dass sie sich besonders engagiert an diesem Projekt beteiligen. Außerdem schreiben sie eine Abhandlung über das Thema: ‚Die schädigende Wirkung des Rauchens auf den jugendlichen Organismus‘. Die Beiträge werden der Dokumentation des Projektes beigefügt."

Die Drei schlichen mit betretener Miene auf ihre Plätze. Weder Schadenfreude noch Mitleid begleiteten sie, doch die erneut entstandenen Turbulenzen brachten das Konzept der Pädagogin vollkommen durcheinander. Sie ließ kurzerhand eine Liste durch die Reihen gehen, in die sich die Interessenten für das Vorhaben eintragen sollten, um wenigstens die Teilnehmer namhaft zu haben. Die knappen Minuten bis zum Stundenschluss widmete sie einer Ausschreibung der Landesregierung zum Thema „Das Leben der Menschen am Ende des Zweiten Weltkrieges“. Als Preise für den vorgesehenen Wettbewerb innerhalb der Schulen des Landes wurden Geldprämien, Gruppenreisen und ein Empfang bei der Landesregierung angekündigt. Bis auf Meli, Bingo und Pit stieß das Angebot kaum auf Interesse. Sie gab den Dreien die Unterlagen mit der Überzeugung, dass sie auf fruchtbaren Boden fallen würden. Ergänzend wies sie noch auf die zur Verfügung stehende Zeit hin. Meli übernahm die Mappe und damit auch gleich die Regie. Bingo und Pit hatten nichts dagegen, im Gegenteil, versprach sich doch Pit viele gemeinsame Stunden mit ihr.

Wie von einem Virus verursacht, machte sich schleichend ein unbekanntes Gefühl breit, wenn er nur an sie dachte. Noch konnte er es nicht eindeutig definieren. Es handelte sich um ein Gemisch aus Sehnsucht, Unbeschwertheit, Glück und er fühlte sich unbeschreiblich wohl dabei. Als es klingelte, suchte er sofort Melis Nähe. Viele scharten sich jetzt neugierig um Nicki, die die ungewohnte Aufmerksamkeit der anderen genoss. Das machte Pits Vorhaben leichter. Meli, die interessiert in der Mappe blätterte, saß deshalb allein. Mia, ihre Banknachbarin, war verschwunden. Pit zwängte sich auf ihren Platz. Mutig und doch unsicher griff er nach ihren Arm und hangelte runter bis zu ihrer Hand. Sie ließ es geschehen. Ihn durchrieselte ein Schauer. Er spürte ihre Wärme, das erste Mal mit allen Sinnen. Dann erwiderte sie seinen Druck. Jetzt wäre er am liebsten aufgesprungen und hätte laut gejubelt, aber Mia kam zurück. Instinktiv wollte er Meli loslassen, doch diesmal hielt sie ihn fest. Mia stand daneben, sah alles und guckte verschämt weg.

„Mia plaudert nicht und wenn, was macht’s?“

Trotzdem räumte Pit den Platz . Meli schickte ihm noch einen verliebten Blick, den er aber nicht mehr erwischte, er lieh sein Ohr schon der Menge um Nicki.

Die tönte fast angeberisch;

„Meine Mutter war eben bei Hirschwald und hat wegen der Raucherei einen Megastress gemacht. Irgendeiner von der Straße soll mich erkannt und mich bei ihr verpfiffen haben. Gestern Abend hat sie schon so komisch an meinen Klamotten gerochen und kaum ein Wort mit mir geredet. Ich bekam schon Schiss, dass sie alles meinem Vater petzt, aber das hat sie, Gott sei Dank, gelassen. Kurz bevor ich heute Morgen weg bin, sagte sie nur: ‚Wir sehen uns nachher, mein Fräulein!’ Sie hat mir einen ganz schönen Bammel eingejagt und beim Big Boss aufgemischt, kann ich euch sagen! Wenn der nicht rechtzeitig die Notbremse gezogen hätte, hätte sie mir womöglich eine runter gehauen."

Meli hatte sich unbemerkt hinter Pit gestellt.

„Was hast du jetzt vor?“,

fragte sie, denn Nickis unangemessenes Auftreten wirkte schon fast peinlich. Irritiert und kleinlauter versuchte sie, sich zu rechtfertigen:

„Ich habe nur geraucht, weil mich Heli einen Feigling genannt hat. Mir war es danach kotzübel. Jetzt hab ich keinen Bock mehr auf Zigaretten. Zu Hause gibt es ohnehin noch Zoff, aber ich weiß schon, wie ich meine Eltern besänftige.“

„Dann wünsche ich dir Glück!“,

rief ihr Meli zu. Andere teilten schon aus Prinzip nicht Melis Meinung.

„Du kuscht doch nur vor deinen Alten!“,

gaben sie kontra, oder

„Warum warst du so blöd und hast dich erwischen lassen?“

Pit zog Meli weg. Bea verfolgte sie mit einem giftigen Blick, aber das merkten sie nicht. Die nächsten Stunden verliefen ruhiger. Die aufregenden Ereignisse vorher forderten ihren Tribut. In der Mittagspause erregte der Schaukasten im Flur Aufsehen. Man drängelte und schubste, um einen Aushang, den Beethoven verfasst hatte, zu studieren. Darin wurden die Schüler aller Klassen aufgefordert, Beiträge in Musik, Tanz und Kunst einzureichen, um das Schulfest am Schuljahresabschluss lebendig und erlebnisreich zu gestalten. Die Besten beabsichtige er, zum Kreiswettbewerb zu schicken, wurde versprochen. Draußen im Hof bildeten sich Gruppen. Giuseppe bestimmte das Geschehen in der größeren. Vor allem Mädchen bedrängten ihn, eine Tanz- oder Gesangseinlage vorzutragen. Er, geschmeichelt von den Verlockungen der Sirenen, tönte, ein einmaliges Event zu geben, an das sich all seine Fans noch lange erinnern würden. Solche Sprüche ließ er öfter ab, da kannte sein Hang zum Übertreiben keine Grenzen. Nach der Mittagspause teilte sich die Klasse. Die beiden Siebener mussten in getrennten Kursen zu Englisch oder Französisch. Meli besuchte den Französischkurs bei Madame Ruck-Zuck. Dort gab es seit kurzem einen sehr aufdringlichen Verehrer aus der 7a. Pit ahnte nichts davon. Ihm lag daran, seine Englischkenntnisse zu verbessern, schließlich wollte er seine Verwandten in den Staaten bei seinem Besuch in ihrer Sprache überraschen. Nach dem Unterricht wartete er auf Meli. Sie kam etwas später, gefolgt von dem Galan. Der redete unentwegt auf sie ein und fuchtelte mit den Armen vor ihr herum. Pit bekam mit, dass er ein Treffen mit ihr zu verabreden gedachte. Selbst als sie vor Pit stand, ließ er nicht ab. Pit wurde wütend, seine Augen blitzten.

„Zieh Leine, lass Meli in Ruhe!“,

zischte er drohend.

„Das bestimmst du doch nicht“,

grinste der andere streitlustig und postierte sich vor ihm auf. Der stieß ihn weg, so dass er einige Schritte rückwärts taumelte. In diesem Moment stellte sich Meli zwischen die Kampfhähne und schrie den aufdringlichen Kerl an:

„Los, verschwinde! Merkst du nicht, dass du überflüssig bist?“

Der so Gedemütigte bereitete sich aber auf eine neue Attacke vor, doch Pit, noch immer in Rage, ließ keinen Zweifel aufkommen, dass er ihn diesmal gnadenlos verprügeln würde. Das ließ ihn zögern. Schließlich drehte er um und trollte sich mit der Drohung, die Angelegenheit sei noch nicht abgeschlossen. Pit verspürte keinen Triumph, er war nur ärgerlich.

„Sehen wir uns später?“,

fragte Meli, die zum Bus wollte. Ihr Lächeln wirkte wie Balsam auf seiner Seele.

„Wenn du möchtest, um vier an der Eiche.“

Ihre Stimme klang sehr weich, fast zärtlich.

„Was sie nur aus mir macht?“,

gestand er sich fragend, als sie zur Haltestelle ging. Noch vor Tagen hätte er nicht kampflos das Feld geräumt. Jetzt entdeckte er zum wiederholten Male unbekannte, neue Züge an sich, die ihm Rätsel aufgaben. Auf dem Heimweg, er bog gerade in die Dorfstraße ein, stand plötzlich die ‚Schwarze Amalie' im Weg. In ihrem dunklen und zerlumpten Kleid bemühte sie sich gerade, das, was Kühe und Pferde hinter sich gelassen hatten, aufzukratzen, um es auf ihren Handkarren zu laden. Pit traute sich nicht, an ihr vorbeizufahren. Man sagte ihr nach, sie hätte das ‚Zweite Gesicht‘ und sie könne diejenigen, die ihren Weg kreuzten, verhexen. Das wurde vielen Dorfkindern schon früh eingebläut. Meist hatte er bisher gedankenlos einen Bogen um sie gemacht. Den Dorfklatsch hielt er zwar für Unsinn und war da auch mit seiner Oma einer Meinung, aber ein gewisses Unbehagen empfand er doch, wenn er in ihre Nähe kam. Die alte Frau schaute nicht auf, das tat sie nie, auch sprach sie mit Niemandem. Selbst ihren engsten Verwandten verweigerte sie die Antwort. Nur mit sich selbst führte sie einen nicht enden wollenden Monolog. Es handelte sich um ein kaum verständliches und wirres Zeug, das sie vor sich hin plapperte. Pit schnappte einiges aus ihrem Wortkauderwelsch auf. Sie schien vieles zu wiederholen, so dass er sich zumindest einen kompletten Satz zusammenreimen konnte.

„Die Zauberin Gertrud und ihre fünf Teufel sind Schuld an allem. Sie sind ein Unglück für die Menschen.“

Er erschrak, wunderte sich über die seltsamen Gedanken, die die alte Frau gebetsmühlenartig zu wiederholen schien. Ihm wurde plötzlich unheimlich. Er wollte schnell weiter, blieb aber wie gelähmt stehen. Er stand noch, als die Alte längst mit ihrem Karren weiter zog. Zum ersten Mal befasste er sich ernsthaft mit dieser Frau. Was trieb sie eigentlich in ihrer Einsamkeit? Jeder im Dorf kannte eins ihrer Grundstücke von außen. Es bestand aus einem von hohen Weißdornhecken eingegrenzten Geviert, dahinter lag wohl ihr Garten. Ihre verwahrloste Kate befand sich dagegen am Dorfrand. Dort hielt sie sich nur selten auf. Pit gehörte zu denen, die noch nie hinter die Hecke geschaut hatten, dorthin, wo Amalie ihren eingesammelten Dung und auch allerlei Gerümpel hinschaffte. Selbst Behörden verweigerte sie den Zutritt. Wovon sie lebte, wusste keiner. So bekam das Gerede im Dorf immer neue Nahrung, und der Aberglaube feierte wieder und wieder fröhliche Urständ.

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