Kitabı oku: «Hilfskreuzer „Chamäleon“ auf Kaperfahrt in ferne Meere», sayfa 8
13. Gegenmaßnahmen
Am 08. Februar 1940 herrschte in der Admiralität in London geschäftiges Treiben. In einem geräumigen Zimmer, im Westflügel des Gebäudes, stellte gerade eine junge Wren (Marinehelferin) eine Kanne Tee auf den Tisch, der von einem Ledersofa und drei wuchtigen Ledersesseln umrahmt wurde. In den ledernen Sitzmöbeln, die den Verschleißspuren nach wohl mindestens seit dem Weltkrieg diversen Offiziershinterteilen als behagliche Sitzflächen gedient haben dürften, saßen drei sehr unterschiedlich wirkende Offiziere, zwei im Kapitänsrang sowie ein großer, rotgesichtiger Admiral, dessen Ärmelstreifen ihn als Rear-Admiral auswiesen. Hierbei handelte es sich um Sir Walter Hawkens, einen großen, massigen, vornehmlich um die Körpermitte sehr zur Fülle neigenden Mann, dessen rotes, von Besenreißern (geplatzte Äderchen) durchzogenes Gesicht erkennen ließ, dass er – wie wohl die meisten Marineoffiziere der damaligen und noch länger zurückliegender Zeit – auch alkoholischen Getränken durchaus zugeneigt war. Rechts neben ihm saß im Range eines Vollkapitäns (vergleichbar mit dem deutschen Kapitän zur See) ein etwa 50jähriger, zwar fast gleich großer, aber deutlich schlankerer, dunkelhaariger Offizier, der Kommandant des schweren Kreuzers „Bristol“, der als Flaggschiff des Rear-Admiral Sir Walter Hawkens vorgesehen war. Bei der „Bristol“ handelte es sich um einen 1928 in Dienst gestellten schweren Kreuzer mit
Acht x 20,3-Zentimeter Geschützen in vier Zwillingstürmen, sechs Torpedorohren und acht x 10,2-Zentimeter Geschützen als Mittelartillerie/schwere Flak sowie vier x 4,7-Zentimeter und acht x 4-Zentimeter an leichten Flakgeschützen nebst sechs schweren Maschinengewehren im Kaliber 12,8 Millimeter. Auf der anderen Seite des Admirals saß der – an seinem roten Schnurrbart und den langen Koteletten sowie den ebenfalls roten, borstigen, Haaren unschwer als Schotte erkennbare, Kommandant des leichten Kreuzers „Watford“, der mit 7.130 Tons kaum kleiner war als die „Bristol“ und mit acht x 15,2-Zentimeter Kanonen sowie acht x 10,2-Zentimeter und vier x 4,7-Zentimeter Geschützen sowie 12 MG und acht Torpedorohren über eine mehr als respektable Bewaffnung verfügte. Diese beiden Schiffe sollten zusammen mit dem neuseeländischen leichten Kreuzer „Wellington“, der im Südatlantik zu ihnen stoßen sollte, dass von Sir Walter Hawkens befehligte Kreuzergeschwader bilden. Die „Wellington“, ähnlich bewaffnet und nur unwesentlich kleiner als die „Watford“ war ein neues Schiff, erst 1937 in Dienst gestellt, das 33 Knoten laufen konnte und damit gut 1,5 bis 2 Knoten schneller war als die beiden älteren Kreuzer. Von der Wren, die in ihrer Uniform mit dem deutlich über die Knie reichenden Rock wie eine graue Maus wirkte, wurde die Tür geöffnet und einer der Stellvertreter des ersten Seelords, Sir Lester Ferry, schob seine, Rear-Admiral Hawkens noch deutlich an Masse überbietende, Statur in den Raum, die ewig dampfende Zigarre in der Hand und ließ sich aufstöhnend in das für ihn freigehaltene Sitzmöbel fallen, das unter dieser Beanspruchung unwillig ächzte. Der massige Admiral legte die Zigarre in den, aus einer 15,2 Zentimeter Kartusche gefertigten, Aschenbecher und verschränkte die goldbetressten Arme über dem mächtigen Bauch und kam gleich zur Sache.
„Sie, Sir Walter, werden beschleunigt auslaufen und sich in der Nähe der Falklands (Falklandinseln im Südatlantik) mit dem neuseeländischen Kreuzer „Wellington“ vereinigen. Hauptaufgabe ist, den von uns in diesem Bereich vermuteten deutschen Kreuzer aufzuspüren. In den letzten zwei Wochen melden sich einige unserer Handelsschiffe nicht mehr und die letzten Standorte lassen vermuten, dass es einem Deutschen gelungen ist unsere Blockade zu überwinden und in den freien Atlantik durchzubrechen, der im Nordatlantik sein Unwesen begonnen hat und jetzt offenbar auf stetigem Südkurs befindlich ist. Leider sind ja die „Exeter“, die von der „Graf Spree“ ziemlich in Klump geschossen worden ist, wie wir natürlich nicht offiziell zugeben werden, auf lange Sicht nicht einsatzfähig und auch „Ajax“ und „Achilles“ werden erst in frühestens zwei Monaten wieder vollkommen gefechtsklar sein.“
Sir Walter Hawkens schaute die beiden, ihm unterstellten, Kommandanten mit einem prüfenden Blick an und wandte sich dann an den stellvertretenden ersten Seelord: „Sir, mit welchem Gegner habe ich voraussichtlich zu rechnen? Mit einem weiteren dieser verdammten Pocket Battle Ships?“
„Das glaube ich weniger, obwohl auch die „Admiral Scheer“ nach Auskunft unseres Nachrichtendienstes derzeit nicht im Kieler Hafen an ihrem üblichen Liegeplatz liegt. Ich vermute aber eher, dass die verdammten Nazis uns wieder Probleme mit Hilfskreuzern bereiten und bereits jetzt ein entsprechendes Schiff ausgerüstet und ausgesandt haben. Denken Sie nur an „Wolf“ und „Möwe“ im Weltkrieg. Also, ich erwarte das Sie in 48 Stunden auslaufklar sind und auf dem schnellsten Weg Port Stanley (Hafen der Falklandinsel) anlaufen, dort nachbunkern und sich mit „Wellington“ vereinigen.“ Damit wollte – nach einem Blick auf die Uhr – der stellvertretende erste Seelord das Gespräch beenden und sich einem reichhaltigen Mittagsmahl widmen, wurde aber nochmals von Rear-Admiral Hawkens aufgehalten, der durch Heben des rechten Armes zu erkennen gab, dass er noch etwas fragen wollte.
„Was ist denn noch, Sir Walter“, grunzte etwas unwillig der in Gedanken schon beim Essen befindliche 2. Mann der Admiralität. Sir Walter hingegen ließ sich hiervon nicht beeindrucken, kannte er doch seit langem den von Kommandanten wenig geschätzten 2. Seelord als meist im Dienst übellaunigen Menschen, der weit mehr weltlichen Genüssen als seinen dienstlichen Obliegenheiten zugeneigt war.
„Sir, ich wollte nur noch fragen, wie viel Schiffe denn überfällig sind? Auf dieser Route ist nämlich auch mein Neffe unterwegs, der eigentlich in den nächsten Tagen hier eintreffen sollte und den ich gern nach Übernahme in die Royal-Navy unter meinem Kommando hätte.“
„Na, das wird ja, zumindest für diese Reise, ohnehin nichts mehr, wenn er noch nicht hier ist.“
„Die bisher offenbar dem Gegner zum Opfer gefallenen Schiffe sind,“ hier unterbrach sich seine Lordschaft, schrie nach der Wren, die sofort herbeieilte, und ihm einen mit Maschine beschriebenen Bogen reichte. Nach einem unwilligen Blick hierauf, erfuhr Sir Walter Hawkens dann, dass sich unter den verschollenen und mutmaßlich versenkten Frachtern auch die „Jolante“ befand, auf der sein Neffe auf der Heimreise nach England als Funkoffizier Dienst tat. Ein Grund mehr für den Rear-Admiral beschleunigt in See zu gehen.
14. Anerkennungen und Weisungen
Die „Chamäleon“ wartete auf neue Beute. Seit 10 Tagen war keine Rauchfahne, geschweige denn Mastspitzen in Sicht gekommen und auch des Nachts erschienen keine Zacken auf dem Schirm des Dete-Gerätes. In großen Suchschlägen zackte „Chamäleon“ auf dem bekannten Dampfer-Track, oder ließ sich auch ganz einfach in der Strömung treiben. Die deutlich stärkeren Schiffsbewegungen während des Treibenlassens störte zwischenzeitlich das Wohlbefinden der Besatzung kaum mehr, waren doch nunmehr fast allen Seebeine gewachsen. Der LI mit seinem technischen Personal nutzte die Ruhepausen zur Pflege der Maschinen und Apparaturen an Bord und der IO sowie die zuständigen Ressortoffiziere sorgten mit allerlei Übungen dafür, dass es Hein Seemann nicht übermäßig langweilig wurde. Das vom Smutje und seinen Mannen gezauberte gute und reichhaltige Essen trug im Übrigen zum Wohlbefinden bei. Auch die drei „Gäste“ hatten sich mittlerweile gut eingelebt und auch Dita hatte ihre Ängste nunmehr weitgehend abgelegt. Auch wenn die beiden „Young Ladys“ wie sie auch von der Besatzung schnell getauft worden waren, da sie fast immer im Doppelpack auftraten, ihre Mahlzeiten häufig in den geräumigen, vormals für den Reeder des Frachtdampfers entworfenen, Räumen gemeinsam mit Dr. Willi Weißer, dem französischen Schiffsarzt, einnahmen, waren sie doch auch häufig Gäste in der Offiziersmesse. Bei diesen Gelegenheiten erschien fast unmittelbar, nachdem die Damen die Messe betreten hatten und selbstverständlich von anderen Offizieren gern an ihren Tisch gebeten worden wären, mit nachtwandlerischer Sicherheit Graf von Terra, um neben Suzanne Platz zu nehmen. Das auch der Kommandant es fast immer einrichten konnte, die Mahlzeiten dann am Tisch mit den Amerikanerinnen einzunehmen und hierbei immer wie selbstverständlich links neben Dita saß, wurde natürlich von allen Offizieren – manchmal auch etwas neidvoll – zur Kenntnis genommen. Doch zum einen war er der Kommandant und zum anderen hatte sich ja ohnehin in allen Decks sofort herumgesprochen, dass die größere, wohlproportionierte Amerikanerin an einer seltsamen Krankheit litt und deshalb mit ihren Ärzten, insbesondere wegen der besseren medizinischen Möglichkeiten, an Bord des Hilfskreuzers verblieben war, wie vom Kommandanten selbst durch Lautsprecherdurchsage klargestellt worden war, um gar nicht erst die ohnehin an Bord eines Kriegsschiffes nie verstummende Gerüchteküche ausufern zu lassen. Im Übrigen wurden Kommandant und auch IO, auch wenn sie Offiziere und Besatzung manchmal hart herannahmen, doch letztlich von allen Besatzungsmitgliedern aufgrund ihrer korrekten, fairen und schließlich auch erfolgreichen Führung geschätzt.
Am 18. Februar 1940 gegen 11.00 Uhr Schiffszeit erschien der 1. Funkoffizier, Oberleutnant z.S. Fritz Borchard, aufgeregt auf der Brücke, mit einem FT-Formular wedelnd und meldete dem Kommandanten: „FT (Funkspruch) von der SKL (Seekriegsleitung), Herr Kaptän.“
„Geben Sie her, Herr Borchard, Sie sind ja ganz aus dem Häuschen. Außerdem haben Sie doch, wenn ich nicht irre, derzeit wachfrei.“
„Ja, ja, Herr Kaptän, aber als mir Obermaat Selmann das aufgenommene FT der SKL gemeldet hat, hielt ich es doch für angebracht, Ihnen dieses selbst zu reichen“, strahlte der Oberleutnant Didi Waldau an. Dieser warf einen Blick auf den relativ langen Funkspruch und auch seine in letzter Zeit meist nachdenklichen Gesichtszüge überzog ein Lächeln und er las den, selbstverständlich verschlüsselt gesendeten, an Bord entschlüsselt und in Klartext geschriebenen, Spruch:
SKL an Schiff 66 (amtliche Bezeichnung des HSK „Chamäleon“) in Anerkennung der bisherigen Leistungen befördert der Oberbefehlshaber der Kriegsmarine – jeweils mit Wirkung zum 01. Februar 1940 – den Kommandanten zum Fregattenkapitän, den IO zum Korvettenkapitän und den NO zum Oberleutnant zur See (S) und verleiht zudem Kommandant und IO das Eiserne Kreuz erster Klasse. Zudem erhält Schiff 66 zwanzig EK2 zugesprochen, die nach Weisung des Kommandanten zu verleihen sind.
xxx Prisenführung erfolgt unter Einschätzung Lage B.-Dienst (Beobachtungsdienst) direkt durch SKL.
xxx Weisung: Schnellstmöglich Planquadrat PT 2658 ansteuern zur Unterstützung/Reparatur U-131 mutmaßliches Eintreffen per FT melden. Feindberührung bis Beendigung Unterstützungsleistung unbedingt vermeiden.
Beim letzten Absatz schwand das Lächeln im Gesicht des Kommandanten und machte einem nachdenklichen Ausdruck Platz.
„Danke, Borchard“, wandte sich Waldau dem bereit stehenden BÜ (Befehlsübermittler) zu, „wahrschauen Sie IO, NO und LI. Ich erwarte die Herren in 15 Minuten in meiner Kabine.“
Didi Waldau faltete nachdenklich den Funkspruch, öffnete automatisch den Knopf der linken Brusttasche seines kurzärmlichen weißen Uniformhemdes und schob das gefaltete FT-Formular hinein und verschloss die Brusttasche wieder. Alsdann verließ er die Brücke, enterte den außen liegenden Niedergang an Steuerbordseite ab, um möglichst auf der großen Weltkarte der Ozeane noch vor Eintreffen der Anderen festzustellen, wo sich das aufzusuchende Planquadrat befand?
Gleich nach Ankunft in seiner Kabine schenkte der frisch beförderte Fregattenkapitän sich zunächst einmal einen großen Schluck Selterswasser ein und stellte die Flasche in den Kühlschrank zurück, leerte das große Glas auf einen Zug und entnahm dann dem kleinen Panzerschrank das Spezialbüchlein, das die in Quadrate unterteilte Weltkarte der Ozeane enthielt. Kurz danach traten, angeführt von seinem Freund Bodo, auch der LI sowie der ebenfalls frisch beförderte Navigationsoffizier ein. Waldau reichte den Funkspruch seinem Freund Bodo Graf Terra, der diesen dann an LI und NO weitergab.
„Zunächst einmal herzlichen Glückwunsch den Beförderten“, gratulierte der Kommandant und schüttelte Terra sowie Kleinhausen die Hand, „tut mir leid für Sie, LI, aber vor Ende der Reise werden sicherlich alle Herren und wohl auch die Unteroffiziere und Mannschaften mindestens einen Dienstgrad heraufgestuft werden.“ Alsdann wehrte Waldau die Glückwünsche zur eigenen Beförderung und Ordensverleihung ab und meinte: „Dazu kommen wir später, meine Herren, zunächst wollen wir uns einmal mit der Hilfeleistung befassen. So, wie ich das sehe, werden wir 800 Meilen zurückdampfen müssen, bei 15 Knoten, denn Vollspeed werden wir kaum gehen wollen, nicht war LI!“ Dieser nickte zustimmend: „Jawohl, Herr Kaptän, wir sollten alles vermeiden, die Maschinen ohne große Not zu überlasten, wer weiß wie viele Millionen Umdrehungen unsere Diesel noch leisten müssen!“
„Ja, ja, LI, besorgt um seine Motoren wie ein Vater um die Lieblingstochter“, blieb der unvermeidliche Kommentar Graf Terras nicht aus, der zur Abwechslung mal wieder auf seiner Pfeife herumkaute. Währenddessen guckte der Kommandant den NO fragend an, der den Blick sofort aufnahm und bestätigte: „Jawohl Herr Kaptän, ich werde sofort den Kurs absetzen und meine auch, dass wir in 2 ½ Tagen die Position erreichen müssten. Nur schade, dass wir auf Gegenkurs gehen müssen.“
Die SKL wurde durch Kurzsignal informiert und gab alsdann durch längeren Funkspruch bekannt, dass das Problem von U-131, das dieses mit Bordmitteln nicht beheben konnte, daran lag, dass durch einen Wasserbombenangriff beide Diesel aus den Fundamenten gerissen waren und das Boot aufgegeben werden müsste, wenn trotz des LI des Hilfskreuzers und seiner Mechanikergasten und technischen Spezialisten diese nicht wieder eingerichtet werden könnten.
Bloß das nicht, dachte der Kommandant als ihm dieses gemeldet wurde.
15. Totalverluste
60 Stunden später näherte sich „Chamäleon“ mit Umdrehungen für 15,5 sm dem zuletzt gemeldeten Standort des U-Bootes. Eben wollte die Nacht dem neuen Tage weichen, wie üblich um diese Tageszeit, der gefährlichsten für ein allein, in von fremden Mächten beherrschten Meeren, operierendes Kriegsschiff. Es wurde also verstärkte Kriegswache gegangen und nicht nur die Offiziere auf der Brücke, sondern auch die zusätzlichen Ausgucks beobachteten durch die schweren Marine-Nachtgläser ihre Sektoren.
„Funkraum an Brücke“, quäkten die beiden Brückenlautsprecher los. „Dete-Gerät meldet Signal Backbord 20 Grad, Entfernung mindestens 10 Seemeilen.“
Mit einem Satz war Didi Waldau am Hörer der Bordsprechanlage: „Hier Kommandant, laufend melden.“ Gleichzeitig drückte er den Alarmknopf und die Boschhörner dröhnten ihr Klar Schiff zum Gefecht durch alle Räume. Überall sprangen die, so unsanft aus dem Schlaf gerissenen, Besatzungsmitglieder aus ihren Kojen oder Hängematten, jumpten (Marineausdruck für springen) in die Klamotten und eilten an Geschütze, Torpedorohrsätze und ihre sonstigen Gefechtsstationen, sei es an den lichtstarken Scheinwerfern, im Maschinenraum, oder auch das Sanitätspersonal und die Bordärzte im Lazarett.
„IO“, ließ sich der Kommandant vernehmen, „wahrschauen Sie die Ausgucks, dass alle ihre Sektoren schärfstens im Auge behalten und nicht etwa alles nach 20 Grad Backbord schaut.“
„Funkraum an Brücke“, plärrten die Lautsprecher erneut los. „U-131 funkt offen und unverschlüsselt. Werde von feindlichem Zerstörer angegriffen.“ Im gleichen Moment zuckten feurige Blitze Backbord voraus des Hilfskreuzers durch das schwindende Dunkel und grollte unmittelbar darauf der Donner der Abschüsse über die See.
„Zerstörerkanonen“, riefen Kommandant und IO gleichzeitig aus. In schneller Salvenfolge blitzten die Abschüsse der Zerstörergeschütze auf, unmittelbar gefolgt vom rollenden Dröhnen des Geschützdonners. Jetzt blitzte es auch genau vor dem Bug des Hilfskreuzers. Das U-Boot antwortet mit seiner 8,8-Zentimeter Bordkanone, deren helleres Krachen sich deutlich zwischen den dumpferen Salven des Zerstörers, der jetzt auch von Bord des Hilfskreuzers aus in ersten Konturen im schwindenden Dunkel auszumachen war, unterschied.
„Enttarnen, heisst Flagge und Wimpel, AO, Feuer frei auf gegnerischen Zerstörer. IIAO sämtliche Flawaffen Feuererlaubnis, sowie in Schussweite. Torpedowaffe Ziel auffassen und Feuererlaubnis nach eigenem Ermessen, TO“, kamen die Kommandos des Kommandanten schnell hintereinander. Zwischenzeitlich hatte sich „Chamäleon“ bis auf etwa 5 Seemeilen genähert und sah auch das flach auf der See liegende U-Boot, das, nur mit der Kraft der E-Maschinen, deren Batterien kaum noch Leistung hatten, so gut wie keine Chance hatte, den jetzt deckend liegenden Salven des Zerstörers zu entgehen. Der Zerstörer hatte offenbar den sich nähernden deutschen Hilfskreuzer noch nicht als Gegner ausgemacht, sondern richtete die dortige Schiffsführung – zum Glück für „Chamäleon“ – die ganze Aufmerksamkeit auf die Vernichtung des U-Bootes. Rrrumms donnerten die vier 15 Zentimeter Geschütze des Hilfskreuzers, die den Gegner auffassen konnten, los. Gleich die erste Salve „Chamäleons“ lag deckend um den Zerstörer, der, durch die jetzt hoch aus der See springenden Aufschlagfontänen, die sich nun auch ihm nähernde Gefahr zur Kenntnis nahm. Noch schossen alle Geschütze des Zerstörers auf das U-Boot, das von Einschlägen eingedeckt war und zeitweise unter den aus der See springenden Wasserkaskaden fast verschwand. Während die zweite Salve die 15-Zentimeter Geschütze der „Chamäleon“ verließ, schlug plötzlich ein heller Explosionsblitz aus dem U-Boot und formte sich zu einer wasser- und rauchdurchsetzten über 100 Meter hohen Sprengsäule. Entsetzt starrten Offiziere und Besatzung auf die See. Dort, wo eben noch das deutsche U-Boot gelegen hatte und sich nach wie vor mit seiner einen Bordkanone tapfer aber erfolglos zur Wehr gesetzt und gerade auch begonnen hatte seine Flawaffen mit einzusetzen, kochte das Wasser. Das immerhin knapp 70 Meter lange und gut 6 Meter breite U-Boot hingegen war nicht mehr zu sehen. Dort wo dieses eben noch gelegen hatte, fielen jetzt die mit der Detonationswolke empor gerissenen Einzelteile in die aufspritzende See.
„Dreimal AK, hart Steuerbord“, kommandierte Fregattenkapitän Waldau und unter der Wirkung des Ruders drehte „Chamäleon“ hart auf die ersten Aufschläge, die jetzt auch um den Hilfskreuzer herum aus der See sprangen, zu in der Hoffnung dadurch den nächsten Salven des Zerstörers zu entgehen. Der Torpedooffizier der „Chamäleon“ hatte nunmehr, am Zielgeber stehend, den gegnerischen Zerstörer im Visier und Eigenfahrt, Entfernung, vermutete Gegnerfahrt in den Torpedorechner eingegeben. Dieser meldete schließlich „Hartlage“ und Oberleutnant z. S. Carstens kommandierte: „Backbordrohrsatz Dreierfächer – Rohr I – looos, Rohr II looos, Rohr III loos.“ Nacheinander sprangen die mehrere Meter langen Aale, wie die Torpedos in der deutschen Kriegsmarine genannt wurden, in die See und nahmen, Pressluft getrieben, Kurs auf den Gegner. Anhand der aufsteigenden Luftbläschen der Pressluft war der Lauf der Torpedos gut zu verfolgen. Unablässig schoss währenddessen die Artillerie des Hilfskreuzers auf den Zerstörer. „Treffer!“, schrie der neben dem Kommandanten stehende Rudergänger und alle auf der Brücke fielen freudig ein, als in Höhe des vorderen Geschützes des zwischenzeitlich als britischen Zerstörer ausgemachten Gegners, eine hohe Sprengwolke aufstieg. Gleichzeitig hieb es allerdings auch auf dem Achterdeck des Hilfskreuzers ein, was auf der Brücke aber kaum bemerkt wurde. Mittlerweise hatten auch die Flawaffen des Hilfskreuzers in das Gefecht eingegriffen und bestrichen die Brücke und das Oberdeck des Gegners mit ihren kleinkalibrigen Granaten. Auch die Maschinenwaffen des britischen Schiffs hämmerten los. Trotz des durch eigene Abschüsse, einschlagende Treffer hüben und drüben durch das Schnellfeuer der kleinkalibrigen Maschinenwaffen, sowie das Krachen der Artillerie herrschenden Infernos tat jeder seine Pflicht. Der harte Drill zahlte sich hier aus. Pjämg schlug eine 12,7-Zentimeter Granate des Gegners in der Backbordbrückennock der „Chamäleon“ ein und verließ, Gott sei Dank ohne zu detonieren, auf der anderen Seite die Brücke, genau durch eine der dortigen Fensteröffnungen, wieder. Durch den Sog der Granate von den Beinen gerissen, rappelten sich Kommandant, IO, die beiden Gefechtsrudergänger sowie Befehlsübermittler gerade wieder auf, als an dem mittlerweile auf 3 ½ Meilen angenäherten Zerstörer eine hohe Sprengwolke in Höhe der Brücke empor sprang. Der erste Torpedo aus dem Dreierfächer des Hilfskreuzers hatte getroffen. Sofort kam die Fahrt aus dem Gegnerschiff und gleichzeitig hieben zwei 15-Zentimeter Granaten, aus den beiden vorderen Geschützen der „Chamäleon“ abgefeuert, in den Bug des Zerstörers.
Hohe Flammen schlugen jetzt aus dem vorderen Bereich des Bugs und der Brücke des Gegners.
„Feuer einstellen, Rettungsmannschaften klar machen“, kommandierte Waldau.
„Da, Herr Kaptän“, ließ sich der Gefechtsrudergänger Karl-Heinz Tedsen vernehmen, „der Zerstörer bricht in der Mitte durch.“
Sowohl Didi Waldau, als auch Bodo Graf von Terra sahen ebenfalls, wie der stark in Schlagseite gekommene und deutlich im Sinken begriffene Zerstörer in Höhe des Torpedotreffers V-förmig einknickte und kurz darauf auseinander brach. Währenddessen sprangen, vom deutschen Schiff aus deutlich zu sehen, einige britische Seeleute vom Bord ihres sinkenden Untersatzes in die nur leicht bewegte See. Gebannt verfolgten Offiziere und Soldaten auf der Brücke des deutschen Hilfskreuzers den Untergang des Gegners, der längst keiner mehr war.
„Die armen Teufel werden vom Sog mit in die Tiefe gerissen“, ließ sich Graf von Terra sichtlich erschüttert vernehmen und warf einen Blick auf seinen Freund Waldau, der ebenso betroffen auf das schreckliche Geschehen starrte.
„Wohl, wohl“, ließ sich da eine tiefe Stimme hinter Kommandant und IO vernehmen. „Wir sollten aber auch nicht vergessen, dass die Tommys vorher unser U-Boot mit der gesamten Besatzung in die Luft geblasen haben.“ Der Leutnant (S) Rolf Wilms, ein 52jähriger Kapitän der Handelsmarine, der jetzt als vorgesehener Prisenoffizier im Range eines Leutnants (S) einberufen war, hatte die Brücke betreten und machte keinen Hehl daraus, dass seiner Meinung nach die Briten ihr gerechtes Schicksal erfahren hatten.
„Ich bin selbst im Weltkrieg als Steuermannsmaat U-Boot Fahrer gewesen, Herr Kaptän“, bemühte sich Leutnant Wilms hinzuzufügen, als er die Blicke vom Kommandant und IO gleichermaßen auf sich gerichtet sah. Den Freunden blieb eine Antwort erspart, da in diesem Moment der 2. Offizier, Oberleutnant zur See Uwe Semmler, die Brücke betrat, einen erstaunten Blick auf die, durch die Granate des Zerstörers hervorgerufenen, Beschädigungen warf und meldete: „Rettungsmannschaften klar mit zwei Booten zum Ablegen, Herr Kaptän.“
„Gut, Semmler, hoffen wir, dass wir noch Überlebende finden.“ Der Kommandant nahm Verbindung mit dem Maschinenraum auf. „Maschine, kleine Fahrt!“ Waldau wandte sich dann dem Rudergänger zu. „Kurs Steuerbord 20.“ Währenddessen ließ der IO Rettungsnetze an Steuerbord- und Backbordreling ausbringen, um evtl. auch direkt vom Hilfskreuzer aus den einen oder anderen Überlebenden bergen zu können.
Die Hoffnung des Kommandanten erfüllte sich indes nicht. Vom deutschen U-Boot konnte niemand gerettet werden. Es wurden lediglich einige Trümmerstücke aufgefischt. Hingegen gelang es 8 Seeleute des gesunkenen Gegners, darunter den 1. Offizier, Lieutenant (Oberleutnant) John Watson an Bord zu nehmen. Zwei schwer verletzte Matrosen sowie ein leichtverwundeter Unteroffizier kamen in die Obhut der Bordärzte der „Chamäleon“, die sich bereits um drei, Gottlob nur leichtverwundete deutsche Seeleute gekümmert hatten. Die anderen Briten wurden, nachdem sie frische Wäsche, Zigaretten und einen starken Kaffee, versetzt mit einem Schluck Whisky aus den Beständen der „Yvonne La Porte“, bekommen hatten, getrennt von ihrem Offizier, in den entsprechend hergerichteten Laderäumen des Hilfskreuzers untergebracht und vorsorglich weggeschlossen sowie unter Bewachung gestellt. Alsdann verließ „Chamäleon“ mit Höchstfahrt den Ort des Gefechtes mit Kurs Süd. Höchstfahrt deshalb, weil der Funkraum bereits regen Funkverkehr britischer Seestreitkräfte meldete, die offenbar nicht weit entfernt waren und laufend nach dem Zerstörer „Bramble“ riefen, ohne indes eine Antwort zu erhalten.
Kommandant und IO inspizierten die erfreulicherweise nur geringen Gefechtsschäden, die zudem den Gefechtswert des Hilfskreuzers nicht beeinträchtigten und, wie der LI mit seinen Technikern versicherte, innerhalb weniger Tage zu beheben waren. Nur auf der Brücke, so ließ der LI Kommandant und IO wissen, würde es für ein, zwei Tage etwas ungemütlicher werden, weil hier die Folgen des Granattreffers durch das Einschweißen neuer Stahlplatten und auswechseln des Fensters eine Menge Lärm mit sich bringen würden.
„Kaum zu glauben“, wandte sich Graf von Terra an seinen Freund Didi, „dass seit Gefechtsbeginn erst 3 Stunden und 20 Minuten vergangen sind. Ich glaube, wir sind der erste Hilfskreuzer, der einen aktiven Zerstörer versenkt hat. Ob das Jupp Klump eine Sondermeldung mit Fanfaren im Großdeutschen Rundfunk wert ist?“ Dietrich Waldau, dem die Erleichterung über das erfolgreich bestandene Gefecht anzumerken war, erwiderte mit schmalem Grinsen, das allerdings seine Augen nicht ganz erreichte: „Schämen Sie sich, Korvettenkapitän, wie reden Sie von unserem Propagandaminister, Herrn Dr. Joseph Goebbels? Nicht, dass es mich nicht auch irgendwie stolz macht und insbesondere bin ich froh, dass wir keine eigenen Verluste an Bord zu beklagen haben. Aber, und da hat Wilms schon recht, wenn ich an die armen Eltern und natürlich die Frauen des einen oder anderen schon verheirateten Kameraden auf dem U-Boot denke, weiß ich wirklich nicht, ob ich mich freuen soll.“ Bodo von Terra nickte: „Stimmt, aber auch die Tommys sollten wir nicht ganz vergessen. Ich glaube nicht, dass die den Krieg gewollt haben, den unser genialer Führer uns eingebrockt hat. Im Übrigen dürfte der eine Zerstörer nicht allein gewesen sein, wie ja auch die Funkrufe beweisen. Fritze Borchard sagte gerade noch zu mir, er habe mindestens drei verschiedene Stationen unterscheiden können, die nach der Lautstärke seiner Meinung nach nur eben unter der Kimm (Kimm = Sichtgrenze, wo für das menschliche Auge Himmel und Wasserfläche zusammentreffen) stehen.“
„Ja“, versetzte Waldau, „Du solltest Dich jetzt sofort mit der Kombüse in Verbindung setzen, damit alle ein ordentliches Essen bekommen. Zwei Flaschen Bier pro Nase sind bewilligt!“
Als er den Blick seines Freundes und IO sah, setzte Waldau noch hinzu: „Nee, nee, mein Lieber, mehr gibt’s nicht. Es müssen alle 100 % auf Draht sein, falls wir auf die anderen Gegner treffen. Darum gib auch gleich bekannt, Offiziersbesprechung in einer Stunde in der Offiziersmesse.“
„Aye, aye“, bestätigte der schon wieder zu Scherzen aufgelegte Graf, „aber haben wir vorher nicht noch etwas Wichtiges zu tun?“
Überrascht sah Waldau den Freund an: „Was denn, auch wenn die SKL noch so dringend Lagebericht anfordert. Ich werde mir den Teufel tun, die Tommys jetzt durch ein FT auf unsere Spur zu locken.“
Der Graf grinste noch breiter: „Ich dachte eigentlich mehr daran, dass unsere Ladys wohl noch in ihrer Kabine sitzen, in die wir sie beim Klar Schiff zum Gefecht verbannt haben!“
Waldau, der sich bereits wieder in Bewegung gesetzt hatte, fuhr herum: „Oh, verflucht, wie konnte ich die beiden vergessen. Um den Doktor und die Französin mache ich mir ja nicht die großen Sorgen, aber wie hat die Judith das überstanden? Sie hatte sich doch gerade gefangen“, setzte Didi Waldau noch hinzu und nahm mit so langen Schritten Kurs auf die Kabine der „Amerikanerinnen“, dass Graf von Terra kaum folgen konnte, ohne ins Laufen zu geraten, was ihn allerdings nicht daran hinderte, das Grinsen auf seinem Gesicht noch breiter werden zu lassen.
Die vor den, von den Amerikanerinnen und dem französischen Arzt nunmehr bewohnten Kabinen, auf Befehl des IO, aufgezogenen Wachposten staunten nicht schlecht, als sie ihren Kommandanten im Geschwindschritt den Niedergang herabrauschen und alsdann um die Ecke biegen sahen, unmittelbar gefolgt vom fast ins Laufen gekommenen 1. Offizier. Kaum hatte der, mit Pistole bewaffnete, vor der Tür des Dr. Weißer postierte, Matrosenobergefreite Werner Richter Haltung angenommen, passierten ihn die beiden Offiziere bereits: „Abtreten, Auftrag beendet“, vernahm er die Worte seines IO, als dieser bereits drei Schritte weiter war. Vor der ehemaligen Reederkabine angekommen, wandte sich Fregattenkapitän Waldau an den dort, ebenfalls Haltung annehmenden, 28jährigen Bootsmannsmaaten Jan Wanner: „Danke, Wanner, tut mir leid, dass Sie hier noch stehen, aber im Eifer des Gefechts und der Rettungsaktion haben der IO und ich ganz vergessen Euch Bescheid zu geben, dass Ihr abtreten könnt. Finde ich aber gut vom IO, dass er trotz aller Hektik daran gedacht hat, für die Damen einen so erfahrenen und gewissenhaften Mann wie Sie abzustellen.“
„Jawohl, Herr Kaptän, danke gehorsamst“, nahm hocherfreut der so gelobte Bootsmannsmaat die Worte seines Kommandanten zur Kenntnis und entfernte sich stolz erhobenen Hauptes. Dietrich hob die Rechte um zu klopfen, hielt dann aber inne und sah fragend seinen Freund Bodo an: „Was meinst Du, ob sie große Angst gehabt haben? Wie viel haben Sie wohl mitgekriegt? Schnell und abgehackt kamen die Worte von Waldaus Lippen, dessen eben noch so forscher Gesichtsausdruck jetzt doch etwas Unsicherheit erkennen ließ.
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