Kitabı oku: «Das Holly Summer Lesebuch», sayfa 17
Ich schlinge mir das Badetuch um die Hüften und betrete nach ihm das Schlafzimmer. »Matthew?«
»Hm?« Er dreht sich zu mir um, grinst mich verliebt an und haucht einen zärtlichen Kuss auf meinen Mund. »Was ist los, mein Engel? Du machst so ein betrübtes Gesicht«, fragt er.
Ich lächle ihn entschuldigend an. »Es geht um uns.«
»Um uns?«, fragt er verwirrt.
»Wie stellst du dir vor, soll es jetzt weitergehen?«
»Ich dachte, das hätten wir heute Morgen geklärt«, antwortet Matthew. »Ich kann mich noch sehr genau an den Esstisch erinnern.« Dabei zeigt er mir wieder sein verführerisches Lächeln.
»Darum geht es nicht.« Oh Mann, er macht es mir auch wirklich nicht leicht. »Es geht um uns, unsere Beziehung. Wie wird sie in Zukunft aussehen?«
»Was meinst du damit, wie wird sie aussehen? Haben wir nicht heute Morgen alles geklärt? Ich bin davon ausgegangen, dass du zu mir nach Boston zurückkommst. Vivien, Süße, ich liebe dich«, erwidert er verwirrt.
»Sollten wir das nicht alles in Ruhe besprechen?«
Er wirft mir kurz einen Seitenblick zu, dann zieht er mich auf das Bett und setzt sich neben mich.
»Wo ist das Problem, Vivien? Ich dachte, wir wären uns einig«, fragt Matthew, während er mir provozierend lang in die Augen blickt.
»Einig? Über was? Ich rede hier von meiner und deiner Zukunft. Was wir gerade hatten, war Sex, okay, es war fantastischer Sex, überdimensionaler Sex. Aber die Frage ist, wie wird unsere gemeinsame Beziehung aussehen? Muss ich mir bei jedem Mann, der mich anspricht, Gedanken machen müssen, wie du darauf reagieren wirst? Ich möchte mir nicht bei jedem Satz, den ich sage, überlegen, ob ich dich damit vielleicht verärgern könnte. Und wirst du mich in deiner berühmten Stalkermanier an der kurzen Leine halten? Ich will dich, den Mann, den ich liebe, nicht deine ständige Kontrollsucht. Ich will mich dir nicht mit Haut und Haaren unterwerfen, bis nichts mehr von mir übrig ist. Matthew, ich möchte mein Studium beenden und ich kann nicht weiter in deiner Firma arbeiten. Und damit du es weißt, dein Geld interessiert mich einen Scheiß.«
Ich hole tief Luft, das war nötig. Sein linker Arm ruht auf meinem Knie, mit der rechten Hand streicht er mir über die Wange. Matthew schaut mich bewundernd an. Er nickt leicht, bevor er antwortet.
»Vivien, ich liebe dich, und ja, ich bin eifersüchtig, sehr eifersüchtig sogar – auf jeden, der dich nur ansieht. So bin ich nun mal. Du gehörst mir allein und ich teile nicht, was mir gehört. Aber ich habe dir versprochen, mich zu ändern, und das tue ich auch. Und ich verspreche dir, meine … wie nennst du es? Stalkerneigungen?« Er wirkt amüsiert und schüttelt leicht den Kopf.
Ich nicke und Matthew lacht. »Okay, Stalkerneigungen einzuschränken. Natürlich kannst du dich mit anderen Männern unterhalten, was denkst du denn von mir?«
Er macht eine kurze Pause, bevor er weiterredet. »An der kurzen Leine halten? Hm.« Er schmunzelt. »Das hat noch keine zu mir gesagt. Süße, ich lese dir doch jeden Wunsch von den Augen ab. Alles andere dient nur deiner Sicherheit. Muss ich dich an Wladimir erinnern? Ich habe niemals gesagt, dass das Leben an meiner Seite immer einfach sein wird, auch wenn dich die meisten Frauen beneiden werden. Hm, und was das Thema Unterwerfung betrifft, nun, das ist leider nicht verhandelbar, zumindest nicht in meinem Bett. Dort will ich dich unterwürfig. Oder habe ich dich in dieser Hinsicht jemals enttäuscht oder überfordert?« Er sieht mich eindringlich an.
»Nein«, antworte ich spitz. »Ich habe keine Vergleichsmöglichkeit, wie du weißt.«
»Du brauchst keine Vergleiche. Keiner wird dich in dieser Beziehung jemals glücklicher machen als ich. Das verspreche ich dir. Was dein Studium angeht, da hätte ich vielleicht eine Idee. Ich habe vor ein paar Jahren der Universität in Boston eine größere Geldsumme gespendet. Der Dekan wird sich sicher freuen, mir einen Gefallen zu erweisen und dich aufnehmen. Ich kann das heute noch für dich klären, wenn du magst. Außerdem kenne ich einige der Professoren aus meiner Zeit in Harvard. Das wird mir einige bürokratische Wege ebnen.«
Ich schnaufe und will ihn unterbrechen. Matthew legt den Kopf schräg und legt mir den Zeigefinger auf den Mund. »Ich weiß genau, was du gerade denkst. Aber ich kann nun mal nicht anders. Ich muss dich bei mir haben, und was ist schon schlimm an ein wenig Protektion?«
Ich rolle die Augen über seine Arroganz. »Also gut, dann kläre das für mich.«
»Ist schon so gut wie erledigt. Sieh dich als eingeschrieben an. Was mein Geld angeht, tja, das ist allerdings ein Problem. Ich könnte vielleicht alles wohltätigen Einrichtungen schenken, was meinst du?«
Ich schüttle nur mit dem Kopf und schubse ihn leicht an. »Du bist wirklich unmöglich, aber ich liebe dich.«
Dann zieht er meinen Kopf zu sich herüber und unterbindet jeglichen Protest von mir mit seinem erotischen Zungenspiel, und ich bin wieder mal verloren.
Holly Summer
Master of my Feelings
Master-Reihe Band 4
Zufrieden schaue ich mich in der großen Halle um und muss zugeben, dass sie stilistisch vollendet ist. Die Natursteinwände, die mit einem unterbrochenen Weiß getüncht sind, setzen die Struktur des Mauerwerks so richtig in Szene, dazu lässt der warme Farbton des dunklen Parkettbodens, der dem Raum das gewisse Etwas verleiht, ihn im Gegensatz zu den fast farblosen Wänden edel und harmonisch wirken. Die in den Boden eingelassenen Lampen strahlen die Bilder an den Wänden perfekt an und geben exakt das wieder, was unser Kunde erwartet hat. Der Auftrag lautete: klare Linien, aufeinander abgestimmte Farben, absolut dezent, aber wirkungsvoll. Ich denke, die Vorgaben habe ich alle erfüllt.
Ich muss zugeben, das Loft wirkt durch die dezente Farbzusammenstellung exklusiv und nicht verschwenderisch. Meine Aufmerksamkeit wird auf die große Skulptur in der Mitte des Raumes gelenkt. Sie ist noch mit einem Tuch verhüllt und wartet nur darauf, jeden Moment ihr Antlitz zu zeigen. Langsam nimmt die Besucherzahl derjenigen, die zu dieser Ausstellung eingeladen wurden, zu. Viele der Gäste kommen aus der Politik oder entstammen der oberen Gesellschaftsschicht Bostons. Der Bürgermeister steht mit seiner Frau in einer kleinen Gruppe am Eingang und lächelt mir zu. Er ist ein alter Bekannter meiner Eltern und war schon oft bei ihnen zu Hause zu Besuch.
Die Stimmen der Gäste werden lauter und vermischen sich mit der leisen Hintergrundmusik, die von dem Piano an der Fensterfront herüberweht. »As time goes by«. Die letzten Töne verklingen, bevor der Mann am Flügel die Seite umblättert, um sich dem nächsten sentimentalen Song zu widmen. Keiner der Gäste nimmt auch nur einen Moment den Klang der Musik wahr, stattdessen reden sie alle durcheinander. Aber ich liebe diese sanften emotionalen Balladen. Der Pianist konzentriert sich auf das neue Stück und spult sein Repertoire herunter. Ihm kann es egal sein, er wird für seine Zeit bezahlt. Trotzdem muss es frustrierend sein, nicht gewürdigt zu werden. Ich gehe wie von einem Magneten angezogen zum Flügel und lächle den Mann an, der mir mit einer Geste zu verstehen gibt, dass er das nächste Stück nur für mich spielen wird.
»In the mood« erklingt, ich lehne mich an den schwarzen Klangkörper des Instruments und vergesse für einen Moment, dass ich mich bei einer Charity-Veranstaltung unseres Auftraggebers befinde. Als der Pianist sanft die Hände von den Tasten hebt, bin ich die Einzige, die leise Beifall klatscht.
»Liz«, höre ich meinen Namen und drehe mich in Richtung der Stimme um. Es ist Jake Melone, mein Chef, der auf mich zukommt. Er wirkt gehetzt.
»Jake, du bist spät. Die Eröffnung fängt gleich an.«
»Tut mir leid, dass du warten musstest. Ich hatte noch einen Klienten, du kennst ihn. Der Immobilienmakler mit der großen Villa in Beacon Hill. Der konnte sich nicht entscheiden, ob er die Wände weiß oder doch lieber farbig haben wollte. Seine schrecklich impertinente Frau war auch dabei«, genervt verdreht Jake die Augen. »Wenn es nach ihr ginge, würden wir jetzt noch diskutieren. Ich kann diesen neureichen Snobs einfach nichts abgewinnen.« Jetzt gleitet sein Blick beeindruckt durch den Raum. »Perfekt.« Dabei lächelt er mich an. »Die Räume sind einfach perfekt. Ich wusste doch, dass du die Beste für diesen Auftrag bist.« Dabei lässt er seinen Blick erneut durch das Loft schweifen.
»Danke für den Zucker, aber ich trinke ohne. Wichtig ist doch nur, dass dein Kunde zufrieden ist, oder?« Dabei stupse ich ihn grinsend an.
»Das wird er sein. Da drüben steht er übrigens.«
Jake deutet mit dem Kopf Richtung Eingang. Ich folge seinem Blick. Ich bin gespannt, wer sich hinter Jayden Hunt verbirgt. So was kommt selten vor, dass ich den Klienten erst nach der Fertigstellung kennenlerne. »Welcher von den Dreien ist es denn?«
»Der Mann mit den dunklen Haaren.«
»Die haben alle mehr oder weniger dunkle Haare. Meinst du den Kleinen mit der Nerdbrille, der aussieht wie eine Mischung aus Louis de Funès und Donald Duck?« Dabei muss ich kichern. Auch Jake kann sich ein Grinsen nicht verkneifen. Eine schreckliche Angewohnheit von mir, ständig Gedankenverknüpfungen zu Menschen herzustellen und sie mit anderen Personen zu assoziieren. »Oder meinst du den Großen? Der mit den perfekt gegelten Haaren, der aussieht wie George Cloony, nur mindestens 25 Jahre jünger?«
Jake nickt.
»Genau der. Man sagt ihm sogar nach, dass er Geschäfte mit der Mafia macht«, flüstert er mir leise zu, sodass nur ich es hören kann. »Zumindest ist er an vielen Unternehmungen beteiligt. Keiner weiß genau, wie er zu seinem Vermögen gekommen ist. Es gibt überhaupt sehr wenig, was du über ihn nachlesen kannst, außer dem üblichen Klatsch. Ein Playboy und ein verdammt guter Geschäftsmann. Über seine Vergangenheit ist so gut wie nichts bekannt. Den Mann umgibt eine geheimnisvolle Aura. Aber jeder möchte mit ihm ins Geschäft kommen. Er ist der Gewinnertyp schlechthin.«
»Aha. Bist du fertig mit seinem Dossier?«
Jake wirkt irritiert. Er hat es nicht verdient, dass ich meine schlechte Laune, die mich überkommen hat, als ich das Gesicht unseres Auftraggebers erkannt habe, an ihm auslasse.
»Hey, entspann dich. Wir müssen nicht lange bleiben. Ich dachte, du magst solche Veranstaltungen. Oder liegt es an dem Mann, der seine Aufmerksamkeit schon seit einigen Minuten auf dich gerichtet hat?«, fragt er lächelnd.
Wie Recht Jake doch hat. Aber das werde ich ihm nicht auf die Nase binden und in der Regel mag ich diese Veranstaltungen wirklich. Ich stamme aus einer gut betuchten Familie. Mein Vater ist ein bekannter Arzt im Ruhestand, meine Mutter eine angesehene Autorin und meine beiden Brüder sind erfolgreiche Geschäftsmänner und nicht nur in Boston bekannt. Solche Partys gehören für mich zum normalen Leben. Es liegt auch gar nicht an der Ausstellung, dass meine Stimmung gerade in den Keller gerutscht ist. Es liegt vielmehr am Gastgeber.
»Warum schaut er mich so an?«, will ich wissen, während ich ihn noch für einige Sekunden anstarre, bevor ich mich zu Jake drehe. Jake folgt meinem Blick und sein Grinsen wird breiter.
»Vielleicht gefällst du ihm. Wer weiß das schon.«
»Er gefällt mir aber nicht«, rutscht es mir jetzt heraus, als ich ihn mir genauer betrachte und die Szene unseres ersten Zusammentreffens sich in meine Gedanken projiziert.
»Warum? Er sieht doch fantastisch aus. Genau dein Typ«, stichelt Jake. Sein Lachen kann er sich wirklich schenken. Vorsicht, Mr. Melone!, signalisiere ich ihm mit zusammengekniffenen Augen.
»Da muss ich dich leider enttäuschen, er ist ganz und gar nicht mein Typ. Von dieser Sorte Männer habe ich endgültig die Nase voll. Du hast es selbst gesagt, ein Playboy. Danke, mein Bedarf ist gedeckt. Außerdem hatte ich bereits das Vergnügen, ihn kurz kennenzulernen.« Wenn man diese Begegnung überhaupt als Kennenlernen bezeichnen kann.
»Aha. Das wusste ich nicht. Er ist doch erst seit heute wieder in den Staaten. Wann habt ihr euch denn getroffen?«
Ich winke ab. »Ich konnte ja nicht ahnen, wer er ist. Ich erzähle es dir ein anderes Mal. Ist nicht wichtig.« Das hoffe ich zumindest.
»Du machst mich wirklich neugierig, wenn du so eine Abneigung gegen ihn empfindest. Außerdem ist er nur ein Klient. Du sollst ihn ja nicht heiraten.«
»Was?«, rutscht es mir etwas zu laut heraus, sodass die Frau neben mir zusammenzuckt.
Jake zuckt die Schultern. »Ein Sprichwort, sagt man nicht so? Warum regt dich das so auf?«
»Tut mir leid. Ich bekomme heute wohl alles in den falschen Hals.«
»Ich sag dir was! Du brauchst dringend Urlaub.« Dann gleitet Jakes Blick wieder zu unserem Gastgeber. »Na ja, das musst du ihm ja nicht auf die Nase binden.«
»Was soll ich ihm nicht auf die Nase binden?«
»Dass er nicht dein Typ ist und du ihn nicht leiden kannst. Hat er sich etwa über deine Arbeit beschwert? Das kann ich mir gar nicht vorstellen«, grübelt er.
»Nein, ich kenne ihn eigentlich gar nicht. Vergiss es einfach.« Warum habe ich überhaupt davon angefangen und Jake gegenüber Andeutungen gemacht? Jetzt wird er keine Ruhe geben, bis ich ihm alles erzählt habe.
»Er kann schon manchmal ein verdammter Mistkerl sein, was man so hört. Zumindest ist er ein aalglatter Geschäftsmann. Einige behaupten, er sei unnachgiebig, und was er will, das nimmt er sich. Ich kann mich nicht beklagen, wir hatten bisher ein gutes Verhältnis. Außerdem ist er sehr großzügig und hilft unbekannten Künstlern, ihre Werke hier auszustellen.«
Ich schaue mich in dem Raum um. Die Bilder, die an den Wänden hängen, sind nicht gerade das, was ich als moderne Kunst bezeichnen würde, aber ich habe auch keine Ahnung von der Szene.
»Ich habe gehört, dass er ein altes Herrenhaus in England gekauft hat, das er renovieren lassen will, um ein kleines exklusives Hotel daraus zu machen«, wechselt Jake das Thema, als ich nicht auf seine Lobeshymnen eingehe. »Schätzchen, wenn wir ihn mit diesem Projekt überzeugt haben, dann winken noch ganz andere Aufträge. Wer weiß, vielleicht vergibt er den Auftrag an unser Büro. Das hier war doch nur ein Test. Sozusagen die Feuerprobe, die wir meiner Meinung nach bestanden haben.«
Immer noch starrt mich unser Gastgeber mit einem geheimnisvollen Grinsen von Weitem an, während Jake unentwegt euphorisch seinen Monolog führt. Unser Kunde ist attraktiv, und das weiß er. Ich hatte den Fastzusammenstoß vor zwei Wochen eigentlich vergessen. Zumindest bis heute, denn jetzt kommt die Szene gerade wieder in meinem Bewusstsein hoch, und ich spüre Ärger in mir aufsteigen. Dieses selbstgefällige Lächeln, das ich ihm am liebsten aus dem Gesicht wischen möchte, erkenne ich sofort wieder. Aber mich wird er nicht um den Finger wickeln.
Braucht er auch nicht, denn die Frauen fliegen nur so auf ihn, was ich gar nicht verstehen kann. Gutes Aussehen kann nicht über seine arrogante Art hinwegtäuschen. Ich muss mich korrigieren, er sieht nicht nur verdammt gut aus, er ist vielmehr der heißeste Typ, der mir seit Langem unter die Augen gekommen ist. Schon wieder drängt sich eine Frau – dieses Mal eine Rothaarige – an seine Seite und lächelt ihn herausfordernd an, um seine Aufmerksamkeit zu erhaschen. Aber er scheint mit seinen Gedanken ganz woanders zu sein. Bei mir, was mir ganz und gar nicht gefällt. Ich wüsste nicht, womit ich sein Interesse geweckt haben sollte.
Womöglich erinnert er sich genau wie ich an unsere erste Begegnung. Ob er weiß, dass ich für die Gestaltung der Räume zuständig war? Ich habe den Auftrag kurzfristig von Jake übernommen, der die Gespräche mit dem Kunden geführt hat. Offiziell vorgestellt wurden wir uns bis jetzt noch nicht, aber wie ich meinen Chef kenne, wird er diesen Umstand in Kürze ändern. Peinlich berührt – warum, weiß ich eigentlich nicht – drehe ich schnell meinen Kopf zur Seite und schenke Jake wieder meine volle Aufmerksamkeit.
»Na, dann wünsche ich dir viel Spaß in England, Jake. Falls wir den Auftrag überhaupt bekommen sollten.«
»Das ist so sicher wie das Amen in der Kirche. Vertrau mir, ich habe ein Gespür dafür. Und wieso ich? Du wirst den Auftrag ausführen. Du bist prädestiniert dafür, oder willst du, dass uns dieser Job durch die Lappen geht?«
»Ich?«, stoße ich entsetzt aus.
»Natürlich du. Du bist die Beste, wenn es darum geht, alten Häusern ihren Charme zurückzugeben, und das weißt du auch. Meine Leidenschaft ist das Futuristische. Gib mir einen alten Bürokomplex und ich zaubere dir ein Objekt, nach dem sich jede Firma die Finger lecken würde.«
Ich rolle genervt mit den Augen. Jake und ich sind ein Team, das sich prima ergänzt. Er behandelt mich nicht wie seine Angestellte, im Gegenteil, ich genieße vielmehr den Status eines gleichberechtigten Partners. Einen besseren Chef könnte ich mir nicht wünschen. Aber manchmal möchte ich ihn erwürgen.
Kaum hat Jake den letzten Satz ausgesprochen, kommt der Mann, der mich immer noch mit seinem Blick hypnotisiert, auf uns zu. Allein sein aufrechter Gang drückt Souveränität und ein Selbstbewusstsein aus, das beunruhigend auf mich wirkt. Wie ein Tiger bewegt er sich auf uns zu, bereit, seine Beute zu umgarnen, um dann gezielt zupacken zu können. Ich schüttle innerlich den Kopf über meine verworrenen Fantasien und rufe mich selbst zur Ordnung. Ich weiß nicht, was es ist, das die Menschen um ihn herum in seinen Bann zieht. Ist es seine Ausstrahlung von Macht und Stärke oder sein fantastisches Aussehen? Sein Lächeln, gepaart mit diesem durchdringenden Blick, der alles andere als unangenehm ist?
Dummerweise hat sich in den letzten Minuten mein Herzschlag beschleunigt. Ich verstehe nicht, was mit mir los ist, denn eigentlich bin ich ein Mensch, der mit beiden Beinen im Leben steht, und über arrogante Typen wie diesen Charming-Bad-Boy-Mix kann ich nur lachen. Im Gegenteil, ich bin dafür bekannt, in jeder Situation ruhig und gelassen zu bleiben. Mich kann so schnell nichts aus der Ruhe bringen, und doch hat Mr. Hunt es bereits geschafft, meine Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen und mich nervös werden zu lassen.
Am liebsten würde ich ihm mit ein paar kräftigen Worten meine Meinung ins Gesicht schleudern. Aber selbstverständlich tue ich es nicht und lächle stattdessen gespielt freundlich, sodass sich meine Mundwinkel ein Stück nach oben ziehen, während ich immer noch den Blickkontakt mit ihm halte. Es ist wie ein Spiel zwischen uns. Wer wird zuerst peinlich berührt wegschauen? Darauf kannst du lange warten, Mister!
»Jake. Ich freue mich, dass Sie hier sind. Wie gefällt Ihnen die Ausstellung?«, wendet sich unser Gastgeber an meinen Chef und schüttelt ihm die Hand. Sein Interesse an mir scheint wie ausgelöscht. Aber ich fühle mich von ihm magnetisch angezogen. Seine markanten Gesichtszüge sind heute entspannt, und wenn er lächelt wie jetzt, bildet sich ein kleines Grübchen neben seinem Mundwinkel, was ihm eine Sanftheit verleiht, die ihn noch anziehender wirken lässt.
»Ich bin beeindruckt, Jayden. Eine fantastische Ausstellung. Werden die Künstler heute Abend auch anwesend sein?«
»Aber natürlich. Ich bin übrigens angenehm überrascht, was Sie in der kurzen Zeit hier geleistet haben«, lobt er meinen Chef. Immer noch behandelt er mich, als wäre ich Luft. »Ich bin sehr zufrieden mit den Räumen. Sie haben meine Wünsche auf den Punkt erfüllt.«
Jakes Mundwinkel verziehen sich zu einem wissenden Lächeln, bevor er sich mir zuwendet.
»Danke, Jayden. Aber das Lob gilt nicht mir. Darf ich Ihnen meine Mitarbeiterin Elizabeth McQueen vorstellen?« Dabei tritt er einen Schritt zur Seite, sodass ich wieder in den Vordergrund gerückt werde. »Sie war für die Gestaltung hier verantwortlich. Außerdem ist sie meine beste Innenarchitektin. Sie hatten Glück, dass ich selbst verhindert war. Liz hat ein Gespür dafür, alten Gemäuern den richtigen Touch zu verleihen und sie in neuer Eleganz erstrahlen zu lassen. Nicht zu vergessen ihr Blick für das Zusammenspiel von Farben und Materialien. Ich wäre niemals auf die Idee gekommen, in diesem Gebäude mit Holz zu arbeiten, aber Elizabeth versteht es, zu provozieren, ohne den Stil anzugreifen«, lobt er mich nicht ohne Stolz in der Stimme. Und jetzt könnte ich ihm wirklich den Hals umdrehen, mich so in die Enge zu drängen. Ich ahne schon, was er vorhat und wohin er das Gesprächsthema lenken will. Er weiß genau, wie ich Beweihräucherungen hasse. Besonders, wenn sie so aufgesetzt rüberkommen.
»Elizabeth, das ist Jayden Hunt, unser Auftraggeber. Ich glaube, ihr seid euch noch nicht vorgestellt worden. Jayden, ich freue mich, Sie mit Elizabeth McQueen bekannt machen zu dürfen.«
Wieder gleitet Mr. Hunts Blick über mein Gesicht und bleibt an meinen Augen haften. Seine sind blau, so was von blau, dass es fast unnatürlich wirkt. Manche Leute tragen Kontaktlinsen, um die Wirkung ihrer Augenfarbe zu verstärken. Aber bei Mr. Hunt trifft dieser Verdacht nicht zu. Seine Augen sind blau wie der azurfarbene Himmel, das fällt mir jetzt erst auf. Bei unserem ersten Zusammentreffen haben die meiste Zeit Sonnenbrillengläser seine Augen verdeckt.
Er ist mindestens eins neunzig groß, schätze ich, da er mich um einiges überragt, obwohl ich hohe Schuhe trage. Hat einen athletischen Körperbau und einen breiten Rücken. Sicher hält er sich täglich im Fitnessstudio auf, um den Frauen dort den Kopf zu verdrehen und eine nach der anderen flachzulegen. Seine pechschwarzen Haare sind mit Gel perfekt modelliert, was ihm ein verwegenes Aussehen verleiht. Ganz zu schweigen von seinem dunklen Teint, der ihn wie einen südamerikanischen Polospieler wirken lässt. Diese Augen, die eher zu einem Engel passen als zu einem Mann, der wie der Teufel wirkt, ziehen mich sofort in seinen Bann, obwohl ich das überhaupt nicht verstehen kann. Besonders, wenn sie mich anschauen, als wollten sie in mich hineinkriechen und meine Seele ergründen.
Ich kann überhebliche Typen auf den Tod nicht ausstehen und Mr. Hunt ist einer von der Sorte, das habe ich sofort gespürt. Er hat seine Hände lässig in den Hosentaschen seines Maßanzuges vergraben und macht sich nicht einmal die Mühe, mir die Hand zu reichen. Im Gegenteil, er grinst mich nur herausfordernd an. Unhöflich ist er also auch noch. Arrogant und unhöflich. Mein Gott, er könnte wenigstens so tun, als hätte er eine gute Kinderstube genossen. Er ist genau der Typ Mann, der mich noch nie interessiert hat, und doch löst er in mir das kribbelige Gefühl aus, mich ihm nicht entziehen zu können.
Meine letzte Beziehung war die reinste Katastrophe, auf eine weitere Erfahrung mit einem Playboy kann ich gut verzichten. Und trotzdem hat sich mein Puls, seit er neben mir steht, beschleunigt. Etwas, das bei mir völlig ungewöhnlich ist. Ganz unbewusst trete ich einen Schritt zurück, um Distanz zwischen uns zu bringen. Und endlich bricht er das peinliche Schweigen.
»Wir kennen uns bereits. Gratuliere, Miss McQueen«, sagt er kurzangebunden mit einem Lächeln im Gesicht und doch spüre ich förmlich, dass er mich herausfordern will. »Im Provozieren ist sie wirklich ein Ass«, setzt er noch hinzu und fixiert mich weiter, was von Jake mit einem Stirnrunzeln kommentiert wird.
»Danke, Mr. Hunt«, antworte ich ebenso einsilbig herablassend, um ihm zu signalisieren, dass er mit mir keine Spielchen treiben kann.
Wenn es darum geht, wer schlagfertiger ist, dann spielen wir beide in der gleichen Liga. Um seine Mundwinkel kann ich ein leichtes Zucken erkennen. Meine kühle Art scheint ihn beeindruckt zu haben.
Hat er etwa angenommen, ich würde mich wie ein verschrecktes Reh benehmen, mich mit hochrotem Kopf peinlich berührt zurückziehen? Da kann ich nur lachen. Lassen wir die Spiele beginnen, Mr. Hunt, ich habe keine Angst vor Ihnen. Seine unverschämte zweideutige Bemerkung hätte er sich in Gegenwart von Jake wirklich sparen können.
»Ich hatte ebenfalls bereits das Vergnügen, einige von Mr. Hunts hervorragenden Eigenschaften kennenzulernen«, kontere ich, ohne den Blickkontakt mit dem Mann mir gegenüber zu unterbrechen. Und jetzt bin ich mir ganz sicher, als er lächelnd eine Augenbraue hochzieht, dass er alles andere als Desinteresse an mir zeigt. Im Gegenteil, ich scheine sein Interesse gerade herausgefordert, mich in seinen Fokus gerückt zu haben.
»Nennen Sie mich Jayden, das tun alle meine Freunde.«
Ich bin aber nicht Ihr Freund, würde ich ihm am liebsten entgegenspucken, halte mich aber zurück und lächle ihn mit einem gestellt freundlichen Grinsen an. Meine Gefühle zu verbergen, darin bin ich Profi.
Warum plötzlich so freundlich, Mr. Hunt, oder sollte ich lieber sagen Hunter? Denn so wirkt er auf mich, wie ein Jäger, der seine Beute fixiert, um sie dann zu hetzen und zu erlegen. Aber mich wirst du nicht erlegen!
Jake scheint von der Spannung, die zwischen uns herrscht, nichts mitbekommen zu haben. Sein Blick gleitet durch den Raum, bis er findet, wonach er Ausschau gehalten hat.
»Elizabeth, Jayden, ihr entschuldigt mich bitte. Ich habe dort jemanden gesehen, den ich unbedingt begrüßen möchte.«
Zornig starre ich Jake an, aber er schenkt mir nur sein schönstes Lächeln und verschwindet in der Menschenmenge. Bevor ich mich umdrehen und diesem arroganten Snob die kalte Schulter zeigen kann, spricht er mich an.
»Ich hoffe, Sie sind jetzt vorsichtiger im Straßenverkehr. Sie hatten Glück, dass nicht mehr passiert ist.«
»Wenn Menschen wie Sie sich an die Verkehrsregeln halten, haben wir sicher kein Problem«, kontere ich.
»Sie sind immer noch verärgert?« Das ist keine Frage, sondern eher eine Feststellung, und doch legt er den Kopf ein wenig schräg und wartet auf eine Äußerung von mir.
Was soll ich darauf antworten? Wenn ich es bestätige, wird er annehmen, ich sei eine nachtragende Emanzenzicke, und das bin ich nicht. Also zucke ich gleichgültig die Schultern und antworte stattdessen: »Wären Sie das nicht, wenn Ihr Morgenkaffee auf der Motorhaube eines Sportwagens landet?«
»Sie sind also ein Morgenmuffel?«
Ich öffne empört den Mund, aber er lässt mich sofort innehalten.
»Vergessen Sie diesen Zwischenfall«, bestimmt er. »Ich verspreche Ihnen, ich mache es wieder gut.« Jetzt wirkt er versöhnlich, so als hätte er genug von den Wortgefechten. Das kann mir nur recht sein.
»Dann geben Sie also zu, dass es Ihre Schuld war und nicht meine?« So langsam nimmt er ja wirklich menschliche Züge an. Das gefällt mir. Womöglich habe ich ihn falsch eingeschätzt und er hatte einfach nur einen schlechten Tag.
»Ich gebe nie etwas zu. Etwas zuzugeben heißt, Schwäche zu zeigen und Fehler einzugestehen, und diese Wörter gehören nicht in mein Vokabular. Aber einigen wir uns darauf, dass ich tatsächlich ein wenig zu schnell unterwegs war und Sie nicht aufgepasst haben. Einverstanden?«
Ich nicke, was sollte ich auch sonst tun, und jetzt zeigt sich auf seinen Lippen ein ehrliches Lächeln, das ihn einfach nur sympathisch wirken lässt.
»Möchten Sie, dass ich Sie ein wenig herumführe, Miss McQueen, oder darf ich Elizabeth sagen?«
»Meine Freunde nennen mich Liz. Warum nicht.«
»Elizabeth?« Jayden greift nach meinem Arm und leitet mich durch den Raum. Natürlich hat er ganz bewusst darauf verzichtet, mich mit meinem Spitznamen anzusprechen, oder will er mich immer noch provozieren? Ich weiß wirklich nicht, woran ich bei ihm bin.
»Wie gefallen Ihnen die Bilder?«, lenkt er jetzt das Gesprächsthema auf eine neutrale Ebene.
Ich zucke mit den Schultern. Es sind alles Aktbilder, die Frauen in verschiedenen Posen zeigen.
»Dieses zum Beispiel ist von einem Künstler, der noch vor einem Jahr auf der Straße gelebt hat.« Er bleibt stehen und betrachtet interessiert eine der Bleistiftzeichnungen einer Frau, die eine intensive Ausstrahlung hat, deren Blick aber traurig und resigniert wirkt.
Wir gehen weiter und stehen jetzt vor Bildern, die in Ölfarbe gemalt wurden. Es sind vier Gemälde, die eine andere Frau zeigen, nackt, ohne anrüchig zu wirken, geschweige denn mehr zu enthüllen als nackte Haut. Die Bilder zeigen sie meist von hinten, sodass keine Geschlechtsteile oder Brüste zu sehen sind, was die Bilder sehr ästhetisch wirken lässt.
»Auf diesen Bildern ist immer die gleiche Frau zu sehen«, stelle ich fest.
»Ja, sie ist sehr begabt.« Dabei betrachtet er nachdenklich das Kunstwerk und ein melancholischer Ausdruck zeichnet sich auf seinem Gesicht ab.
»Begabt, wofür?«, rutscht es mir heraus und ich möchte am liebsten im Boden versinken. Jetzt bleibt er stehen und taxiert mich regelrecht.
»Fürs Modellstehen natürlich. Oder an was haben Sie gedacht?«, sagt er nüchtern und wirkt leicht pikiert. Ich spüre, dass ich einen Fehler gemacht habe und wie ich bei seiner zweideutigen Frage rot werde. Er bringt mich total aus dem Konzept. Verdammt, was ist nur los mit mir? Wieso behandle ich ihn wie einen arroganten Spießer? Das hat er nicht verdient. Gerade haben wir uns noch nett über die Bilder unterhalten und jetzt ist die Stimmung angespannt und peinlich.
»Natürlich.« Beschämt wende ich mich ab und halte nach Jake Ausschau, der aber irgendwo in der Menschenmasse abgetaucht ist.
»Welches sind Ihre Begabungen, außer Ihren architektonischen Fähigkeiten?«
Ich drehe den Kopf zu ihm und in diesem Moment ist er mir ganz nah, so nah, dass ich sein frisches Aftershave riechen kann. Tom Ford, Tuscan Leather, ein sehr holziger, aber frisch-intensiver Duft. Er passt zu ihm und das weibliche Pendant dazu ist mein Lieblingsduft. Ich kenne ihn, da mein Bruder den gleichen Geschmack für diesen Duft entwickelt hat. Ich kann nur hoffen, dass die Leidenschaft für exklusive Düfte die einzige Gemeinsamkeit ist, die uns verbindet. Ich schlucke und rufe mich wieder mal selbst zur Ordnung.
»Ich habe viele Talente«, antworte ich etwas zu herablassend. Schon wieder habe ich es getan. Ihn von oben herab meine Abneigung spüren lassen.