Kitabı oku: «Existenzielle Psychotherapie», sayfa 4

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Existenzielle Therapie und die akademische Gemeinschaft

Zuvor hatte ich die existenzielle Therapie mit einem heimatlosen Kind verglichen, das keinen Zugang zu der besseren akademischen Nachbarschaft hatte. Das Fehlen akademischer Unterstützung durch die akademische Psychiatrie und Psychologie hat bedeutsame Folgen für das Feld der existenziellen Therapie, da akademisch dominierte Institutionen all die entscheidenden Versorgungslinien kontrollieren, die die Entwicklung der klinischen Disziplinen beeinflussen: das Training von Klinikern und Akademikern, die Forschungsfinanzierung, Lizenzvergaben und Zeitschriftenveröffentlichungen.

Es lohnt sich, einen Augenblick darüber nachzudenken, warum der existenzielle Ansatz durch das akademische Establishment so unter Quarantäne gehalten wird. Die Antwort konzentriert sich vor allem auf die Frage nach der Grundlage des Wissens – das heißt, wie wissen wir, was wir wissen? Die akademische Psychiatrie und Psychologie, die in einer positivistischen Tradition steht, wertet empirische Forschung als die Methode, Wissen zu validieren.

Betrachten wir die typische Karriere des Akademikers (und ich spreche nicht nur aufgrund von Beobachtung, sondern aus meiner eigenen akademischen Karriereerfahrung): Der junge Dozent oder Assistenz-Professor wird angestellt, weil er oder sie die Fähigkeit und Motivation für empirische Forschung zeigt, und wird später auf der Grundlage sorgfältiger und methodisch abgesicherter Forschung belohnt und befördert. Die wesentliche Entscheidung über die Amtszeit wird auf der Grundlage der Menge empirischer Forschung, die in angesehenen wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlicht wurde, getroffen. Andere Faktoren, wie die Fähigkeit zu lehren oder nicht-empirische Bücher, Buchkapitel und Essays, werden ganz entschieden weniger berücksichtigt.

Es ist außerordentlich schwierig für einen Gelehrten, sich eine akademische Karriere auf der Grundlage empirischer Erforschung existenzieller Fragen zurechtzuschneidern. Die grundlegenden Annahmen der existenziellen Therapie sind so, dass empirische Forschungsmethoden oft nicht anwendbar oder unangemessen sind. Beispielsweise erfordert die empirische Forschungsmethode, dass der Erforscher einen komplexen Organismus studiert, indem er ihn in seine Komponenten aufteilt, wobei jede einfach genug sein muss, um empirische Untersuchungen zu ermöglichen.

Aber dieses Grundprinzip negiert ein grundlegendes existenzielles Prinzip. Eine Geschichte, die Viktor Frankl erzählte, mag das veranschaulichen.24

Zwei Nachbarn waren in einem bitteren Streit miteinander. Der eine behauptete, dass die Katze des anderen seine Butter gefressen hatte, und dementsprechend forderte er Wiedergutmachung. Da die beiden nicht in der Lage waren, das Problem zu lösen, gingen sie mit der Katze unterm Arm zum Dorfweisen, um sein Urteil zu hören. Der Weise fragte den Kläger, »Wieviel Butter hat die Katze gegessen?« »Zehn Pfund«, war die Antwort. Der weise Mann legte die Katze auf eine Waage. »Oh, schau an!«, sie wog genau zehn Pfund. »Mirabile dictu !«, rief er aus. »Hier haben wir also die Butter. Aber wo ist die Katze?«

Wo ist die Katze? Alle Teile zusammengenommen, ergeben keine Rekonstruktion der Kreatur. Ein grundlegendes humanistisches Credo ist, dass »der Mensch mehr ist als die Summe seiner Teile.« Ganz gleich, wie gründlich man die Bestandteile des Geistes versteht – zum Beispiel das Bewusste und Unbewusste, das Über-Ich, das Ich, und das Es – begreift man doch nicht die zentrale Lebensinstanz, die Person, deren Unbewusstes (oder Über-Ich oder Es oder Ich) es ist. Außerdem hilft empirische Forschung der Person, die diesen Teil besitzt, niemals dabei, etwas über die Bedeutung dieser psychischen Struktur zu erfahren. Bedeutung kann niemals aus dem Studium von Komponenten gewonnen werden, weil Bedeutung niemals verursacht ist; sie wird durch eine Person, die all ihren Komponenten übergeordnet ist, geschaffen.

Aber es gibt bei dem existenziellen Ansatz ein Problem mit empirischer Forschung, das sogar grundlegender ist als dasjenige von der Art »Wo ist die Katze?«. Rollo May spielt darauf an, wenn er Existenzialismus definiert als »das Bemühen, den Menschen zu verstehen, indem man die Kluft zwischen Subjekt und Objekt unterläuft, welche westliches Denken und westliche Wissenschaft seit der Zeit kurz nach der Renaissance belastet hat.«25 Die »Kluft zwischen Subjekt und Objekt« – ich möchte das genauer anschauen. Die existenzielle Position fordert die traditionelle kartesische Ansicht von einer Welt voller Objekte und Subjekte, die jene Objekte wahrnehmen, heraus. Offensichtlich ist dies die grundlegende Annahme der wissenschaftlichen Methode: Es gibt Objekte mit einer endlichen Zahl von Eigenschaften, die man durch objektive Erforschung verstehen kann. Die existenzielle Position unterläuft diese Kluft zwischen Subjekt und Objekt und betrachtet die Person nicht als ein Subjekt, das unter den richtigen Bedingungen externe Realität wahrnimmt, sondern als ein Bewusstsein, das an der Konstruktion der Realität teilhat. Um dies hervorzuheben sprach Heidegger immer von dem menschlichen Wesen als Dasein [im Original dt.]. Da bezieht sich auf die Tatsache, dass die Person da, ein geschaffenes Objekt (»empirisches Ich«) ist, und zur gleichen Zeit die Welt schafft (das heißt ein »transzendentales Ich« ist). Dasein ist gleichzeitig der Sinngeber und das Gewusste. Jedes Dasein erschafft daher seine eigene Welt; alle Wesen mit einem standardisierten Instrument zu erforschen, als wenn sie in der gleichen objektiven Welt lebten, bedeutet, dass man einen monumentalen Irrtum in seine Beobachtung einführt.

Es ist jedoch wichtig, sich bewusst zu sein, dass die Begrenzungen empirischer psychotherapeutischer Forschung nicht auf eine existenzielle Orientierung in der Therapie beschränkt sind; nur sind sie in dem existenziellen Ansatz offensichtlicher. Sofern Therapie eine tief persönliche, menschliche Erfahrung ist, wird eine empirische Studie der Psychotherapie jedweder ideologischen Ausrichtung Irrtümer enthalten und von begrenztem Wert sein. Es ist allgemein bekannt, dass die psychotherapeutische Forschung in ihrer dreißigjährigen Geschichte wenig Einfluss auf die Praxis der Therapie gehabt hat. Tatsächlich nehmen, wie Carl Rogers, der Gründer empirischer psychotherapeutischer Forschung traurig bemerkte, nicht einmal die Psychotherapieforscher selbst ihre Forschungsergebnisse ernst genug, um ihr Konzept von Psychotherapie zu verändern.26

Es ist auch allgemein bekannt, dass die große Mehrzahl der Kliniker aufhört, empirische Forschung zu betreiben, wenn sie einmal ihre Dissertation beendet haben oder in Amt und Würden sind. Wenn empirische Forschung ein gültiges wahrheitssuchendes und wahrheitsfindendes Bemühen ist, warum legen Psychologen und Psychiater ihre Zahlentabellen für Stichproben für immer beiseite, wenn sie einmal die akademischen Hürden überwunden haben? Ich glaube, dass er oder sie allmählich anzuerkennen beginnt, dass in einem empirischen Studium der Psychotherapie unglaubliche Probleme stecken.

Eine persönliche Erfahrung mag dies veranschaulichen. Vor einigen Jahren führten zwei Kollegen und ich ein großes Forschungsprojekt über den Prozess und die Ergebnisse von Encountergruppen durch. Wir veröffentlichten die Ergebnisse in einem Buch, Encounter Groups: First Facts,27 das gleichzeitig als ein Markstein für Genauigkeit in klinischer Arbeit bejubelt und durch viele humanistische Psychologen wild angegriffen wurde. Tatsächlich wurde eine Ausgabe des schon erwähnten Journal of Humanistic Psychology einem energischen Angriff auf diese Arbeit gewidmet. Meine Kollegen schrieben handfeste und wirkungsvolle Erwiderungen auf die Kritiken, aber ich lehnte das ab. Zum einen, weil ich vollständig damit beschäftigt war, ein Buch zu schreiben. Auf einer tieferen Ebene hatte ich Zweifel an der Bedeutung unserer Forschung – nicht aus den Gründen, die öffentlich aufgegriffen wurden, sondern aus anderen: Ich konnte nicht glauben, dass die wahre Erfahrung der Teilnehmer mit unserem hochtechnischen, computermäßigen Statistikansatz angemessen beschrieben wurde. Ein Ergebnis in dem methodologischen Hauptteil unserer Arbeit28 machte mir besonders Sorgen: Wir hatten eine ungeheure Batterie psychologischer Instrumente benutzt, um zu überprüfen, wie sehr sich ein Teilnehmer einer Encountergruppe verändert hatte. Die Maßstäbe für das Ergebnis wurden aus vier verschiedenen Perspektiven gewonnen: (1) vom Teilnehmer selbst, (2) vom Gruppenleiter, (3) von den Co-Mitgliedern des Teilnehmers, (4) aus dem sozialen Netz des Teilnehmers. Die Korrelation zwischen diesen vier Perspektiven des Wandels war null! Mit anderen Worten, es gab keinerlei Übereinstimmung zwischen den verschiedenen Informationsquellen darüber, wer sich verändert hatte, und wie viel er sich verändert hatte.

Nun gibt es natürlich statistische Möglichkeiten, um diesen Befund zu »handhaben«, aber es bleibt die Tatsache, dass Ergebnis-Evaluation hochgradig relativ ist und sehr stark von den Informationsquellen abhängt. Das ist auch kein Problem, das sich auf dieses Projekt beschränkt: Es ist eine Plage für jede psychotherapeutische Ergebnisstudie. Je mehr Methoden zur Messung des Ergebnisses benutzt werden, desto weniger ist sich der Forscher seiner Ergebnisse sicher!

Wie gehen Forscher mit diesem Problem um? Eine Methode ist, die Reliabilität zu erhöhen, indem man weniger Fragen stellt und sich auf eine einzige Datenquelle verlässt. Eine andere übliche Methode besteht darin, dass man die »weichen« oder subjektiven Kriterien meidet und nur objektive Kriterien wie zum Beispiel das Maß an Alkoholverbrauch misst, die Zahl der Unterbrechungen des anderen durch den Partner in einer bestimmten Zeiteinheit, die Zahl der Bisse bei Nahrung, die man zu sich nimmt, galvanische Hautreaktionen oder das Anschwellen des Penis beim Betrachten von Lichtbildern mit nackten Jugendlichen. Aber wehe dem Forscher, der versucht, die bedeutenden Faktoren zu messen wie die Fähigkeit zu lieben oder die Sorge für jemand anderen, die Lust am Leben, Zweckhaftigkeit, Großzügigkeit, Überschwang, Autonomie, Spontaneität, Humor, Mut oder Engagement im Leben. Immer wieder trifft man auf dieselbe Grundtatsache des Lebens bei psychotherapeutischer Forschung: Die Genauigkeit des Ergebnisses ist direkt proportional zur Trivialität der Variablen, die man erforscht hat. Eine seltsame Art von Wissenschaft! Welche Alternative gibt es? Die angemessene Methode, die innere Welt eines anderen Individuums zu verstehen, ist die »phänomenologische«, die direkt zu den Phänomenen geht, um dem anderen ohne »standardisierte« Instrumente und Vorannahmen zu begegnen. Man muss so weit wie möglich die eigene Weltsicht »ausklammern« und in die Erfahrungswelt der anderen eintreten. Solch ein Zugang zum Wissen über eine andere Person ist außerordentlich günstig in der Psychotherapie: Jeder gute Therapeut versucht, sich mit dem Patienten in dieser Art und Weise in Beziehung zu setzen. Das ist es, was mit Empathie, Präsenz, genuinem Zuhören, nicht-bewertender Akzeptanz oder einer Haltung »disziplinierter Naivität« – um Mays glücklichen Ausdruck zu verwenden29 – gemeint ist. Existenzielle Therapeuten haben immer darauf gedrängt, dass der Therapeut versucht, die private Welt des Patienten zu verstehen, anstatt sich darauf zu konzentrieren, wie der Patient von den »Normen« abweicht. Aber dieser phänomenologische Ansatz, der per Definition nicht empirisch ist, bringt erschütternde und bis jetzt noch ungelöste Probleme für den Forscher mit sich, der darum kämpft, hohe wissenschaftliche Standards in seinem oder ihrem Werk zu erreichen.

Trotz dieser Vorbehalte habe ich mich durch meine professionelle Ausbildung veranlasst gesehen, die vorhandene Forschung für jede der vier grundlegenden existenziellen Fragen – Tod, Freiheit, Isolation und Sinnlosigkeit – zu betrachten. Und natürlich kann sorgfältige Forschung Licht auf verschiedene wichtige Problembereiche werfen. Zum Beispiel kann Forschung uns darüber Auskunft geben, wie häufig Patienten ausdrücklich mit existenziellen Fragen beschäftigt sind oder wie häufig Therapeuten diese Fragen wahrnehmen.

Für die vielen existenziellen Themen, die niemals ausdrücklich von Forschern untersucht wurden, habe ich Forschungen aus angrenzenden Gebieten überprüft, die möglicherweise dazu etwas beitragen können. Beispielsweise wird im sechsten Kapitel die Forschung über die »Kontrollüberzeugung« diskutiert, weil sie für die Bereiche der Verantwortung und des Willens bedeutsam ist.

Andere Themen erlauben aus den erwähnten Gründen keine empirische Forschung. Die Forscher haben demgemäß einige Teilprobleme ausgewählt, die für Forschung leichter zugänglich sind. Beispielsweise gibt es, wie wir sehen werden, viele »Todesangst«-Skalen, die das Phänomen der Furcht untersuchen, aber in solch einer oberflächlichen und normierten Art und Weise, dass sie wenig zur Erkenntnis beitragen. Ich erinnere mich dabei an die Geschichte des Mannes, der in der Nacht nach einem verlorenen Schlüssel sucht, und zwar nicht auf dem Weg, wo er ihn fallen ließ, sondern unter einer Laterne, wo das Licht besser ist. Ich zitiere diese Forschung über Teilprobleme mit den entsprechenden Vorbehalten.

Es gibt auch noch andere Bereiche, wo das Wissen intuitiv bleiben muss. Bestimmte Wahrheiten über Existenz sind so klar und sicher, dass eine Erhärtung durch logische Argumentation oder empirische Erforschung höchst überflüssig erscheint. Karl Lashley, der Neuropsychologe, soll das einmal so kommentiert haben: »Wenn du einem Airedaleterrier beibringen willst, Geige zu spielen, dann brauchst du kein Streichquartett, um das zu beweisen.«

Ich habe versucht, dieses Buch in einem Stil zu verfassen, der klar genug ist und möglichst frei von Jargon, so dass es auch für den Laien verständlich ist. Die vorrangige Leserschaft, die ich ansprechen möchte, sind jedoch Studenten und praktizierende Psychotherapeuten. Es ist mir wichtig, darauf hinzuweisen, dass ich, auch wenn ich keine formale philosophische Vorbildung bei meinen Lesern voraussetze, doch von einigem klinischen Hintergrundwissen ausgehe. Ich halte dies nicht für einen »ersten« oder vollständigen Psychotherapie-Text, sondern erwarte, dass der Leser mit den herkömmlichen klinischen Erklärungssystemen vertraut ist. Wenn ich daher klinische Phänomene aus einem existenziellen Bezugsrahmen heraus beschreibe, biete ich nicht immer alternative Modi der Erklärung für sie an. Meine Aufgabe, wie ich sie sehe, ist es, einen zusammenhängenden psychotherapeutischen Ansatz auf der Basis existenzieller Fragestellungen zu beschreiben, welche den Vorgehensweisen, die die Mehrzahl der Therapeuten implizit verwendet, einen ausdrücklichen Stellenwert geben.

Ich behaupte nicht, die Theorie der Psychopathologie und Psychotherapie zu beschreiben. Stattdessen stelle ich ein Paradigma, ein psychologisches Konstrukt vor, das dem Kliniker ein Erklärungssystem anbietet, ein System, das es ihm oder ihr erlaubt, einer großen Vielfalt klinischer Daten Sinn zu geben, und eine systematischere Strategie der Psychotherapie zu formulieren. Es ist ein Paradigma, das beachtliche Erklärungskraft hat; es ist sparsam (das heißt, es beruht auf relativ wenigen, grundlegenden Annahmen), und es ist leicht zugänglich (das heißt, die Annahmen basieren auf Erfahrungen, die intuitiv von jedem Individuum durch Introspektion wahrgenommen werden können).

Darüber hinaus ist es ein humanistisch begründetes Paradigma, das mit der tief menschlichen Natur der therapeutischen Aufgabe übereinstimmt. Aber es ist ein Paradigma, nicht das Paradigma – nützlich für einige Patienten, nicht für alle Patienten; verwendbar für einige Therapeuten, nicht für alle Therapeuten. Die existenzielle Orientierung ist ein klinischer Ansatz unter vielen anderen Ansätzen. Er ordnet klinische Daten zu neuen Mustern wie andere Paradigmen auch, erhebt keinen Ausschließlichkeitsanspruch und ist nicht in der Lage, jedes Verhalten zu erklären. Das Wesen des Menschen ist zu komplex und voller Möglichkeiten, um so etwas zuzulassen.

Die Existenz ist unabdingbar frei und daher unsicher. Die kulturellen Institutionen und psychologische Konstrukte verdunkeln diese Tatsache häufig, aber die Konfrontation mit unserer eigenen existenziellen Situation erinnert uns daran, dass Paradigmen von uns selbst geschaffene, hauchdünne Barrieren gegen den Schmerz der Unsicherheit sind. Der reife Therapeut muss beim existenziellen theoretischen Ansatz, ebenso wie bei jedem anderen, diese grundlegende Unsicherheit zu tolerieren in der Lage sein.

I. Teil: TOD

In den nächsten vier Kapiteln werde ich die Rolle, die der Begriff des Todes in der Psychopathologie und Psychotherapie spielt, erforschen. Die grundlegenden Postulate, die ich beschreibe, sind einfach:

1. Die Todesfurcht spielt eine wesentliche Rolle in unserer inneren Erfahrung; sie verfolgt uns wie nichts anderes; sie rumort ständig unter der Oberfläche; sie ist eine dunkle, unstete Präsenz am Rande des Bewusstseins.

2. Das Kind ist im frühen Alter ausgiebig mit dem Tod beschäftigt und seine hauptsächliche Entwicklungsaufgabe ist es, mit den erschreckenden Ängsten vor der Vernichtung umzugehen.

3. Um mit diesen Ängsten umgehen zu können, errichten wir Abwehrmechanismen gegen die Bewusstheit des Todes, Abwehrmechanismen, die auf Verleugnung gründen, die die Charakterstruktur formen und die, wenn sie nicht gut angepasst sind, zu klinischen Syndromen führen. Mit anderen Worten, Psychopathologie ist das Ergebnis ineffektiver Modi der Transzendenz des Todes.

4. Schließlich kann ein solider und effektiver Ansatz der Psychotherapie auf der Grundlage der Bewusstheit des Todes konstruiert werden.

Das zweite Kapitel wird einen Überblick über die Rolle des Todesbegriffs in der Psychotherapie geben, wird relevantes klinisches Material und wissenschaftliche Belege präsentieren und wird Auskunft darüber geben, warum das traditionelle analytische Denken den Tod in peinlicher Weise ausgelassen hat, sowohl in der psychotherapeutischen Theorie als auch in ihrer Methodenlehre.

Das dritte Kapitel widmet sich der Entwicklung des Todesbegriffs bei Kindern und wird sich auf die Abwehrmechanismen konzentrieren, die auftauchen, damit sich das Individuum vor der Todesangst schützen kann. Im vierten Kapitel wird ein Paradigma der Psychopathologie vorgestellt werden, das auf diesen den Tod verleugnenden Abwehrmechanismen gegründet ist; und im fünften Kapitel wird sowohl die Theorie als auch die praktische Verwirklichung eines Therapieansatzes präsentiert werden, der auf Todesbewusstheit basiert.

2. Kapitel: Leben, Tod und Angst

»Kratzen Sie nicht, wo es nicht juckt«, riet der große Adolph Meyer einer Generation von Psychiatriestudenten.1 Ist dieser Spruch nicht ein ausgezeichnetes Argument gegen die Untersuchung der Einstellungen der Patienten zum Tod? Haben die Patienten nicht schon genug Angst und genug Furcht, ohne dass der Therapeut sie an den ärgsten Schrecken des Lebens erinnert? Warum soll man sich auf die bittere und unveränderliche Realität konzentrieren? Wenn es das Ziel der Therapie ist, Hoffnung einzuflößen, warum sollte man dann den die Hoffnung zerstörenden Tod beschwören? Das Ziel der Therapie ist es, dabei behilflich zu sein, wie der Mensch zu leben lernen kann. Warum sollten wir den Tod nicht schlicht den Sterbenden überlassen?

Diese Argumente erfordern eine Antwort, und ich werde sie in diesem Kapitel aufgreifen, indem ich behaupte, dass uns der Tod die ganze Zeit juckt, dass unsere Einstellungen zum Tod die Art, wie wir leben und wachsen und die Art, wie wir straucheln, beeinflusst. Ich werde zwei Behauptungen untersuchen, von denen jede wesentliche Implikationen für die Praxis der Psychotherapie hat:

1. Leben und Tod sind interdependent; sie existieren gleichzeitig, nicht in Folge; der Tod surrt ständig unterhalb der Membran des Lebens und übt einen großen Einfluss auf die Erfahrung und das Verhalten aus.

2. Der Tod ist eine ursprüngliche Quelle der Angst, und als solche ist er die primäre Quelle der Psychopathologie.