Kitabı oku: «Stills Faszienkonzepte», sayfa 5
Der Zweck des Fragebogens war, von den antwortenden Osteopathen einige Vorab-Informationen einzuholen, um zu erfahren, wie häufig sie Faszien einschätzen und behandeln und wie sie selbst ihr Wissen über Stills Faszienkonzepte beurteilen. Auf der Basis dieser Antworten konnte die Interviewerin die Fragestellung dann individuell gestalten. Sobald der Fragebogen zurückkam, wurde ein Bestätigungsbrief versandt oder ein Telefongespräch geführt, um einen Interviewtermin zu vereinbaren.
Dieser Teil des Forschungsprojekts zielte darauf ab, von den Interviewpartner/ innen zu erfragen, was ihrer Ansicht nach Still mit seinen Äußerungen zu den physischen, philosophischen und spirituellen Aspekten der Faszien gemeint hat, und zudem ihre eigene Sichtweise in Bezug auf die Faszien deutlich werden zu lassen. Als Basis für die Diskussion mit den Interviewpartner/innen dienten je zwei aus Philosophy of Osteopathy entnommene Still-Zitate zu diesen drei Bereichen, also dem physischen, philosophischen und spirituellen. Die Zitate wurden den Befragten während des im Vieraugengespräch oder via E-Mail abgewickelten Interviews vorgelegt. Bei Telefoninterviews wurden die Zitattexte den Partner/inne/n vorab per Post oder Fax zugesandt, die Fragen dazu aber erst während des Telefonats gestellt.
Für persönliche Gespräche wurde eine nicht vorstrukturierte Interviewform verwendet, die es erlaubt, die auf diesem Weg gewonnenen Informationen gründlich zu analysieren und darauf basierend die Ansichten von Individuen und Gruppen zu einem bestimmten Thema zu erfassen.51
Bei diesem Interviewtyp legt der Interviewer klar definierte Themen fest, die auf das allgemeine Ziel des Forschungsprojektes bezogen sind. Der Interviewpartner wird über Thema und Ziel des Interviews infomiert und kann dann, geführt durch den Fragenkatalog und die Reihenfolge der Interviewfragen, den Fluss des Gesprächs selbst bestimmen. Der Fragenablauf muss hier im Gegensatz zum strukturierten Interview nicht bei jedem Befragten gleich sein, sondern kann, wo immer das in den Gedankengang des Interviewten passt, durch Einwürfe unterbrochen werden. Diese unstrukturierte Art der Interviewführung erlaubte eine gewisse Flexibilität beim Fragen. Nicht alle Osteopathen wurden mit allen (in APPENDIX B aufgelisteten) Fragen konfrontiert und es konnten auch zusätzliche Fragen gestellt werden, wenn ein offensichtlich tangierender Aspekt zu verfolgen war. So wollte insbesondere ein Osteopath auf Stills erweiterte Familie und auf Stills Schriften betreffende Familienangelegenheiten eingehen.
Alle Interviewten unterschrieben eine Einverständniserklärung, in der steht, dass das Interview für den persönlichen Gebrauch der Autorin bestimmt ist, um die vorliegende These zu erstellen. Die Osteopath/inn/en sollten im Zusammenhang mit ihren Antworten im Rahmen der Studie nicht namentlich genannt werden, damit sie sich möglichst offen äußern konnten. Osteopath 30 bestand aber auf seiner Identifizierung. Es handelt sich um Jerry Dickey, USA. Die fünf externen Experten erklärten per Unterschrift ihr Einverständnis, namentlich zitiert zu werden.
Alle Interviews wurden mit Einwilligung der Gesprächspartner aufgezeichnet. Jedes Interview ging von den Fragebogenantworten aus, von denen dann sanft in die ausgewählten Fragen übergeleitet wurde. Die Dauer der einzelnen Interviews reichte von 15 bis 220 Minuten, betrug aber in den meisten Fällen rund 25 Minuten. Vier der Interviews wurden auf Französisch geführt, zwei auf Französisch und Englisch, wobei die Fragen auf Englisch gestellt und die Antworten auf Französisch erteilt wurden. Die Mehrzahl der gestellten Fragen wurde beantwortet, wobei Jerry Dickey D.O. eine Ausnahme bildete: Er wollte zwar am Interview teilnehmen, aber keine Fragen beantworten.
Die Autorin hat jedes der auf Gesprächsbasis entstandenen Interviews wörtlich vom Band abgeschrieben und sie dann (ebenso wie die elektronischen) den interviewten Osteopathen zugesandt mit der Bitte um Prüfung (gegebenenfalls Korrektur) und Rücksendung des Typoskripts (ein an die Autorin adressierter, frankierter Umschlag lag jeweils bei). Kam innerhalb von sechs Wochen keine Antwort, wurde der Brief erneut zugesandt. Bei Diskrepanzen zwischen amerikanischem und britisch/kanadischem Englisch wurde jeweils die von dem interviewten Osteopathen benutzte Form beibehalten. Wenn die kanadische Autorin ein auf Französisch geführtes Interview übersetzte, wählte sie kanadisches Englisch.
Dreißig der vierzig Typoskripte wurden zurückgesandt. Alle seitens der Osteopathen gewünschten Veränderungen wurden akzeptiert und das Ganze in einer endgültigen Version gespeichert.
Sobald die abgeschlossenen Interviews in ihrer endgültigen Version vorlagen, wurde jedem interviewten Osteopathen eine Zufallsnummer zwischen 1 und 37 zugewiesen. Die Antworten aus allen Interviews wurden der jeweils entsprechenden Frage zugeordnet und zusammen mit dieser in einer eigenen Datei abgelegt. Mit Ausnahme von Osteopath 30, Jerry Dickey, wurden die Urheber der einzelnen Antworten jeweils nur über die ihnen zugewiesene Nummer identifiziert. Bei den Antworten, die sich auf die Still-Zitate zum physischen, philosophischen und spirituellen Aspekt der Faszien bezogen, war die Vorgehensweise ein wenig anders: Da den Befragten zu jedem dieser Aspekte zwei Still-Zitate vorgelegt worden waren und sie die Möglichkeit hatten, das erste, das zweite oder beide (zusammen oder einzeln) zu kommentieren, wurden die Antworten entsprechend gruppiert.
Analysieren der Interviewantworten
Durch Analysieren der Antworten auf die relevanten Interviewfragen sollte Forschungsfrage zwei (Wie werden Stills Faszienkonzepte, insbesondere die philosophischen und spirituellen, von erfahrenen Osteopathen verstanden und in der manipulativen Praxis umgesetzt?) beantwortet werden. Als relevant wurden dabei jene Interviewfragen definiert, die hohe Priorität hatten und geeignet waren, entweder das mit dem Einschätzen und Behandeln der Faszien zusammenhängende Faszien-Verständnis des Befragten sowie dessen eigenes Faszienkonzept zu ergründen oder sein Verständnis von Stills Faszienkonzepten aufzuzeigen.
Da nicht alle Fragen relevant waren, wurden sie in drei Gruppen unterteilt: vorbereitende, abschließende und zielorientierte Fragen (siehe vollständige Fragenliste unter APPENDIX B).
Nicht alle der insgesamt rund 20 Interviewfragen wurden analysiert. Einige vorbereitende Fragen wie „ Warum waren Sie damit einverstanden, an der Studie teilzunehmen?“ dienten lediglich als eine Art Hinführung zu den eigentlichen Fragen.
Einige abschließende Fragen wie: „Wenn A. T. Still Ihnen eine Frage zu den Faszien beantworten könnte, welche würden Sie ihm stellen?“ fungierten als sanfter Ausklang des Interviews.
Mithilfe der zielorientierten und entsprechend formulierten Fragen sollte bei dem jeweils befragten Osteopathen ermittelt werden:
inwieweit er Interesse an A. T. Stills Werk hat,
wie sein eigenes Faszienkonzept aussieht,
ob und wie er Faszien einschätzt und behandelt,
wie er Stills Faszienkonzepte interpretiert.
Schlüsse ziehen
In der letzten Phase des Forschungsprojektes, wo zur Beantwortung der dritten und letzte Forschungsfrage (Weichen moderne Faszienkonzepte wesentlich von Stills Konzepten ab? Was bedeutet dies für die Osteopathie?) eine vergleichende Gegenüberstellung der Interviewantworten und der hypothetischen Antworten von Still auf dieselben Fragen vorgenommen wurde, war sich die Autorin stets der Verantwortung des Forschers bewusst, eingeholte Information aufzunehmen, ohne sie in irgendeiner Weise durch vorgefasste eigene Meinungen zu verfälschen. Um wissenschaftliche Striktheit sicherzustellen, wendete sie auf die aus dokumentarischen Quellen und Interviews gewonnenen und hier zusammengeführten Informationen die bereits erwähnten Kriterien Glaubwürdigkeit, Nachvollziehbarkeit, Angemessenheit und Beweisbarkeit an. Sie folgte dabei den Methoden, die laut Sandelowski (1986) die Glaubwürdigkeit und Angemessenheit einer qualitativen Studie gewährleisten:
Überprüfen der Repräsentativität der Daten als Ganzes und Kodieren der Kategorien und Beispiele, die zum Reduzieren und Präsentieren der Daten verwendet werden.
Überprüfen, ob Beschreibungen und Erklärungen von Daten oder Theorien über sie die typischen und atypischen Elemente dieser Daten enthalten.
Bewusst versuchen, aus den Daten gezogene Schlüsse außer Acht zu lassen bzw. zu widerlegen.
Bestätigung aus dem Untersuchungsgegenstand selbst gewinnen.
Ebenso bewusst war sie sich auch der Bedeutung der Begriffe Tatsache, Wahrscheinlichkeit und Möglichkeit, da diese mit der Stichhaltigkeit historischer Forschung zusammenhängen.
Zusammenfassung
In diesem Kapitel wurden die beim Entwerfen, Recherchieren, Darstellen und Schreiben der vorliegenden Studie erfolgten methodischen Schritte beschrieben, die Vorgehensweisen in der historischen Forschung und bei den Interviews umrissen, die Charakteristika einer qualitativen Darstellung erläutert und die zur Sicherstellung wissenschaftlicher Striktheit notwendigen Kriterien genannt.
Ebenso wurden die einzelnen Forschungsphasen skizziert, die der Behandlung der drei Forschungsfragen dienten, und die gewählten Forschungsmethoden beschrieben.
Kapitel 2 – Still verstehen
„Ich glaube nicht, dass wir Stills Ideen losgelöst vom historischen Kontext verstehen können.“ 1
In diesem Kapitel geht es um den historischen Hintergrund von Andrew Taylor Stills Leben. Es wird der Versuch unternommen, einige der Einflüsse zu entdecken, die ihn schließlich zur Entwicklung der Osteopathie führten und richtungsweisend waren für seine Schriften. Um zu verdeutlichen, was und warum Still schrieb, werden auch die Geistesströmungen im Amerika des 19. Jahrhundert, darunter der Spiritismus, dargestellt. Dazu kommen, in Form einer kurzen biografischen Skizze, Elemente aus Stills Lebensgeschichte, die wichtige Einblicke in Stills Charakter und Wesen geben.
Stills metaphorischer Stil lässt sich u. a. auf seine Teilnahme am Bürgerkrieg, seine Basteleien an mechanischen Erfindungen und sein Vertrauen auf einen irrtumsfreien Gott zurückführen. Ein Vertrautsein mit Stills Leben, seiner Philosophie, seiner Ausdrucksweise und seinen Zielen bildet die Basis für die Untersuchung seiner Faszienkonzepte.
Sein Leben
„Eine Reihe von Faktoren, die Dr. Still zu dem machten, was er war und noch ist, ergeben sich aus seinen Lebensumständen.“ 2
Die 89 Jahre seines Leben verbrachte Still in zehn Pioniergemeinden des mittleren Westen Amerikas. Nach dem Wunsch seiner Mutter, die für ihre Kinder eine gute Bildung anstrebte, wählte er, in die Fußstapfen des Vaters tretend, den medizinischen Berufsstand. Er wurde in den Jahren vor und während des amerikanischen Bürgerkriegs erwachsen, heiratete zwei Mal und wurde Vater von 13 Kindern. Seine beiden Ehefrauen, acht seiner Kinder und viele Freunde starben vor ihm. Zielstrebig und mit leidenschaftlichem Engagement entwickelte er eine medikamentenfreie Heilkunst, die er Osteopathie nannte. In der Folge werden wesentliche Details seines Lebens und seiner Zeit dargestellt, die sowohl Still selbst als auch die erste Entwicklung der Osteopathie prägten. Mit Einzelheiten seiner medizinischen Ausbildung beschäftigt sich dann Kapitel drei, Über die Faszien.
Die Familiengeschichte
Stills Eltern
„Will man mit einem Menschen vertraut werden, sollte man sich mit seiner familiären Herkunft beschäftigen.“ 3
Andrew Taylor Still wurde als neuntes Kind von Abraham und Martha Still geboren, die sich einer Beschreibung nach „inmitten all der schwierigen Verhältnissen“ der damaligen Zeit als „Eroberer und Helden reinsten Wassers“ erwiesen.4 Stills Eltern waren Pioniere und Landwirte, deren Genealogie amerikanische, englische5, schottische und deutsche Wurzeln aufweist6.
ABRAHAM STILL
„Mein Vater war ein Mann mit strengen Überzeugungen, die er immer und an jeder Stelle verteidigte. Er stand stets für die Abschaffung der Sklaverei ein und kämpfte so lange dafür, bis er sie von jedem Fleck Nordamerikas entfernt sah, ob sie nun von Gott gewollt oder teuflisch war.“ 7
Neben der Landwirtschaft betätigte sich Abraham als erfahrener Schlosser,8 methodistischer Prediger,9 Wanderprediger zu Pferd,10 Arzt11 und Doktor der Theologie12 der Methodistischen Episkopalistischen Kirche. Sein Abenteuergeist gepaart mit seinem Drang, als Wanderprediger den Methodismus zu verbreiten, und seine starke Abneigung gegen die Sklaverei führten dazu, dass die Familie häufig umziehen musste.
Um 1820 herum13 nahm Abraham seine Wanderpredigertätigkeit auf. Wanderprediger benötigten eine sehr kräftige Konstitution, um die zahlreichen körperlichen Belastungen zu ertragen, die mit ihrer Berufung, die Religion bis in die entferntesten Gegenden des besiedelten Grenzlandes zu verbreiten, einhergingen.14 Sie „nahmen es auf sich, so viel möglich über Krankenbetreuung zu lernen.“15
MARTHA POAGE MOORE (1800–1888)
„ Sie war zeitlebens mein bester Freund.“ 16
Als Pioniersfrau konnte Stills Mutter Martha Felle gerben, Kleidung aus Rehfellen herstellen und Schweine schlachten, um Fleisch zu erhalten.17 Still beschrieb seine Mutter als „geborene Mechanikerin“18. Obgleich einige ihrer Vorfahren von Indianern des Shawnee-Stammes umgebracht worden waren,19 zog sie später mit ihrer Familie zu diesem Stamm, um dort zu leben. Seine Entschlossenheit und die Auffassung, dass Zurückweichen eine Schande und Blamage sei, schrieb Still „dem Schneid meiner Mutter“ und deren Einimpfungen zu20. „Sie ist der Leuchtturm meiner Kammer des Schließens.21“22
Johnsville, Lee County, Virginia, Mitte der 1820er Jahre bis 1833
Andrew Taylor Still wurde am 6. August 1828 in einem Blockhaus in Lee County, Virginia, geboren.23 Zusammen mit seinen Geschwistern James, Thomas und Barbara Jane24 besuchte er eine Privatschule, wo die Ausbildungsqualität allerdings so schlecht war, dass Stills Mutter auf Umzug bestand. Abraham entsprach ihren Wünschen und wurde 1834 Prediger für Newmarket, Tennessee.25
Newmarket, Jefferson County, Tennessee (1834–1837)
In Newmarket wurden Abraham und Martha zwei weitere Kinder geboren, John Wesley und Thomas. Es wird angenommen, dass die männlichen Familienglieder ihren Widerstand gegen die Sklaverei in Tennessee entwickelt haben, zumal Abraham dort Hausarzt des berüchtigten Parson Brownlow26 gewesen sein könnte, eines methodistischen Wanderpredigers, emporgekommenen Journalisten und politischen Aktivisten, der mit ätzender Zunge und scharfem Stift die Sklaverei und die Union verteidigte.27
1835 begann A. T. Stills Schulunterricht am Holston Seminary in Newmarket.28 Die Ausbildung wurde aber bald durch einen weiteren Umzug unterbrochen, entweder weil Abraham mit dem sesshaften Leben nicht zurechtkam oder weil er das preisgünstige Land im Westen unwiderstehlich fand.29 Wie auch immer: Abraham übernahm eine neue Stellung als erster methodistischer Prediger Still,30 in Macon County, im Norden Missouris,31 eines damals die Sklaverei befürwortenden Staates.32
Macon County, Missouri (1837–1839)
Die Stills gehörten zu den ersten Siedlern im Bereich Macon County,33 der so weit entfernt von der Zivilisation war, dass es dort keine Schulen, Kirchen oder Läden gab.34 Mehrere Familien verpflichteten einen Privatlehrer, der die Kinder im Winter 1839/40 unterrichte.35 Während der kurzen Zeit in Macon County wurde A. T. Stills Schwester Mary M. geboren. Im Frühling 1839 zog die Familie nach Schuyler County um, 80 km nördlich von Macon, damit der Methodismus auch in die entferntesten Gegenden gelange.36
Schuyler County, Missouri (1839–1845)
In Schuyler County wurde eine weitere Schwester, Marovia M. Still geboren. Die Stills zogen in den nächsten Jahren tatsächlich mehrmals in benachbarte Landkreise um, sodass den Kindern erneut ein, zwei Jahre ihrer Schulbildung verlorengingen, die erst 184137 oder 1842 wieder fortgesetzt wurde. Im Frühling 1845 kehrten die Stills nach Macon County zurück,38 weil Abraham in den Nachbarbezirken zwei methodistische Prediger lästig wurden mit ihren „Neigungen zur Sklaverei“.39
Macon County, Missouri (1845–1852)
Das letzte Kind von Abraham und Martha, Cassandra, kam 1845 in Macon County zur Welt. Zwischen 1845 und 1852 besuchte Still eine nahe gelegene Schule in La Plata, Missouri.40
Als es wegen der Sklavereifrage zur Spaltung der Methodistischen Episkopalistischen Kirche kam,41 verließ Abraham zunächst seine Kirche, schloss sich jedoch 1848 der nördlichen Kirchenorganisation an, die sich gegen die Sklaverei aussprach. Er predigte in feindseligem Indianergebiet,42 bis er zum Vorsitzenden Ältesten der kirchlichen Shawnee-Mission in Kansas bestimmt wurde.43 Zwei Jahre später, also 1852, ließ er seine Familie nach Kansas nachkommen.44
Schon Jahre vor diesem Umzug, am 29. Januar 1849, hatte A. T. Still Mary Margaret Vaughn geheiratet.45 Marusha Still, ihr erstes Kind wurde im Dezember 1849 geboren.46 A. T. Still betrieb nun Landwirtschaft, um die Familie zu ernähren, versuchte sich dann aber, nachdem am 4. Juli 1852 ein Hagelsturm ihr gesamtes Getreide vernichtet hatte,47 zusammen mit seiner Frau als Lehrer.48 Als auch dieser Versuch fehlschlug, zogen die beiden 1852 mit Stills Eltern zur Indianermission nach Kansas.49
Shawnee-Mission, Douglas County, Kansas (1853–1854)
Ungefähr 10 km östlich von Lawrence, Kansas, befand sich die Wkarusa-Shawnee-Mission,50 wo es ebenfalls keine Schulen, Kirchen oder Läden gab.51 A. T. Still betrieb dort wieder Landwirtschaft52 und praktizierte zusammen mit seinem Vater Medizin.53 Als 1854 die Mission geschlossen wurde, übersiedelte die Familie nach Coal Creek in Douglas County, Kansas,54 wo A. T. Still „ihre Sprache“,55 also die Sprache der Shawnee, erlernte.
Coal Creek, Douglas County (1854–1856)
Aufgrund des Kansas-Nebraska-Gesetz-Erlasses wurde die Entscheidungsschlacht darüber, ob Kansas als Staat für oder gegen die Sklaverei eintreten würde, sowohl politisch als auch in den Straßen und Siedlungen von Douglas County ausgetragen. Beide Lager, sowohl die hauptsächlich aus Missouri kommenden Befürworter der Sklaverei wie auch deren aus New England56, insbesondere Boston, angereiste Gegner, versuchten, die Entscheidung zu ihren Gunsten zu beeinflussen.
Da Stills zum Lager der Sklavereigegner gehörende Familie und deren Land von den Sklavereibefürwortern bedroht wurde, organisierten A. T. Still und Major James Burnett Abbott 1855 zusammen mit anderen ein Bataillon gegen die als sogenannte „Missourer“ berüchtigten Landräuber, das bis zum Ausbruch des Bürgerkriegs bestehen blieb.57
Still sagte über seinen lebenslagen Freund Major Abbott, mit dem er sich in offenen Gesprächen austauschte, dessen Meinung er sehr schätzte und der ihn entsprechend beeinflusste58: „Er war mir einer der besten Freunde, die ich je hatte. Er war der erste Mensch, der mir die Idee von der Osteopathie in den Kopf setzte oder von einer Heilwissenschaft, die auf Medikamente verzichtet.“59 „J. B. Abbott stammte von der Ostküste und sein Wissen und seine Umgangsformen waren dadurch entsprechend geprägt. Er arbeitete als Goldschmied und war ein allgemein kunstfertiger Mechaniker.“60 „Wenn er über Hellsichtigkeit sprach, dann so, als unterhielten wir uns über eine ganz alltägliche Kuriosität.“61 „Ob er nun die Hellsichtigkeit verwendete oder nicht, jedenfalls sagte er voraus, dass etwas entstehen werde, das Allopathie, Eklektizismus und Homöopathie ersetzen werde.“62
Eine Art Wendepunkt in Stills Leben war der Tod seines kleinen Sohns im April 1855. Im Monat darauf schrieb Still, dies sei der Zeitpunkt gewesen, wo „ich begann, Gründe für mein Vertrauen in die Gesetze des Lebens zu erschließen, die den Menschen, den Welten und den Lebewesen vom Gott der Natur gegeben worden sind.“63